S 5 AS 4299/15 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 4299/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II).

Die Antragsteller sind rumänische Staatsbürger. Der 1988 geborene Antragsteller zu 1. und die 1990 geborene Antragstellerin zu 2. sind seit dem Jahr 2014 miteinander verheiratet und die Eltern des 2007 geborenen Antragstellers zu 2. und der 2011 geborenen Antragstellerin zu 4. Nach eigenen Angaben reisten sie im Mai 2015 in diese Bundesrepublik Deutschland ein. Der Antragsteller zu 1. ist seit dem 1. Mai 2015 mit alleiniger Wohnung in M. gemeldet. Ausweislich einer Vereinbarung über ein Untermietverhältnis vom 7. September 2015 sind die Antragsteller zu 1. und zu 2. seit dem 1. September 2015 Untermieter einer von L. und C. S. (geboren 1982 und 1983) seit dem 1. Juni 2014 für einen monatlichen Mietzins in Höhe von 580 EUR gemieteten Wohnung von 3 Zimmern und einer Gesamtwohnfläche von 72,89 qm in 77 in M., für die - soweit lesbar - die Antragsteller zu 1. und zu 2. nach dem handschriftlichen Zusatz auf dem Untermietvertrag vom 7. September 2015 "1/2 Miete", d.h. monatlich 290 EUR als Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) zu zahlen haben. Am 24. Juli 2015 meldete der Antragsteller zu 1. unter Angabe seiner Wohnung als Betriebsstätte ein zum 1. Mai 2015 aufgenommenes Gewerbe mit einer als "Bauhelfer und Trockenbau" bezeichneten Tätigkeit an. Seit dem 14. September 2015 sind alle Antragsteller in M. mit alleiniger Wohnung gemeldet und leben darin gemeinsam mit L. und C. S ... Der Antragsteller zu 3. besucht gegenwärtig die Grundschule ... in M ...

Am 18. September 2015 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. In der dabei auszufüllenden sog. Anlage EKS gab der Antragsteller zu 1. mit dem Namen "V., F." - den das Gericht als Schreibfehler einordnet - für den Zeitraum von Mai bis September 2015 monatliche Betriebseinnahmen von jeweils 150 bzw. für Juli 2015 von 170 EUR und für den Zeitraum von Oktober 2015 bis März 2016 von jeweils 155 EUR an.

Mit Bescheid vom 10. November 2015 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Bei einem sich aus den Angaben des Antragstellers zu 1. ergebenden durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 128,33 EUR stelle sich dessen selbständige Tätigkeit als untergeordnet dar, so dass sich ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitssuche ergäbe, wofür kein Leistungsanspruch bestehe. Dagegen erhoben die Antragsteller am 4. Dezember 2015 Widerspruch.

Am 14. Dezember 2015 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Halle um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Der Antragsteller zu 1. habe ein mit seiner selbständigen Tätigkeit einhergehendes Aufenthaltsrecht, was auch dessen Familienangehörige, die Antragsteller zu 2. bis 4., erfasse. Die selbständige Tätigkeit mit monatlichen Einnahmen von ca. 150 EUR sei auch nicht nur untergeordnet, zumal das Gewerbe erst seit kurzer Zeit ausgeübt werde. Sofern ein Anspruch nach dem SGB II nicht bestehen sollte, wäre im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Beiladung des Landkreis S. als Leistungsträger nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) zu prüfen. Zur Glaubhaftmachung haben sie einen aus einem Blatt bestehenden Kontoauszug des Kontos des Antragstellers zu 1. für den Zeitraum vom 22. September bis zum 20. November 2015 vorgelegt, auf dem ein am 20. November 2015 vorhandener Kontostand von 4,21 EUR und als Kontobewegungen lediglich eine vom Antragsteller zu. 1 vorgenommene Einzahlung in Höhe von 10 EUR vom 3. November 2015 und eine Überweisung auf ein offensichtlich der Antragstellerin zu 2. gehörendes Konto in Höhe von 10 EUR vom 11. November 2015 wiedergegeben werden. Daneben haben die Antragsteller insgesamt vier Quittungen über erzielte Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers zu 1. vorgelegt, die jeweils den Stempelaufdruck "GEBUCHT 09. OKT 2015" tragen und - soweit lesbar - folgende Einnahmen für den Antragsteller zu 1. ausweisen: Quittung vom 15. Mai 2015: 150 EUR "Helferarbeiten Trockenbau" von "S.", Quittung vom 12. Juni 2015: 150 EUR "Pauschalarbeiten Bauhelfer" von "S.", Quittung vom 28. Juli 2015: 170 EUR "Arbeite Helfer Trockenbau" von "Fa. S." und Quittung vom 14. August 2015: 150 EUR "Pauschalarbeiten Tockenbau" von "Fa. S.".

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen ab Antragstellung vorläufig Leistungen zur Sicherung Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verweist auf seinen Bescheid vom 18. November 2015 und trägt ergänzend vor, es sei bislang - etwa durch Aufwendungs- und Stundennachweise - nicht nachgewiesen worden, dass die selbständige Tätigkeit einen für eine hauptberufliche Tätigkeit üblichen Umfang erreichen werde. Ein Leistungsausschluss der Antragsteller gemäß

§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei europarechtskonform. Der Entscheidung des BSG (Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 R - ( Terminsbericht )) werde nicht gefolgt.

Mit prozessleitender Verfügung vom 18. Dezember 2015 hat das Gericht die Antragsteller zur Glaubhaftmachung ihres Begehrens unter Fristsetzung bis zum 5. Januar 2015 beauflagt, a.) darzulegen, auf welches Konto Kindergeld seit dem Aufenthalt in Deutschland wann und in welcher Höhe gezahlt wird und den entsprechenden Kindergeldbescheid vorzulegen, b.) zu belegen, von welchen Einnahmen die Antragsteller seit ihrem Aufenthalt in Deutschland ihren Lebensunterhalt bestritten haben, da sich dies dem Kontoauszug vom 20. November 2015 nicht entnehmen lasse und darauf hingewiesen dass etwaiges pauschales Vorbringen, von Verwandten und/oder Freunden unterstützt worden zu sein, für sich genommen wenig glaubhaft erscheinen dürfte, c.) für die mittels Quittungen behaupteten Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit des Antragstellers zu. 1 die jeweiligen Auftraggeber mit Name und Anschrift zu benennen und jeweils nachvollziehbar darzulegen, wann wo welche Arbeiten verrichtet worden sind und dabei auch darzulegen, was der auf den Quittungen jeweils aufgebrachte Stempel "GEBUCHT 09. OKT 2015" bedeuten solle, d.) mittels geeigneter Belege glaubhaft zu machen, wann jeweils die behaupteten KdUH gezahlt worden sind, was sich aus dem übersandten Kontoauszug vom 20. November 2015 nicht ergäbe, e.) glaubhaft zu machen, wo die Antragsteller seit der Einreise nach Deutschland und bis zum 1. September 2015 (Beginn Untermietvertrag) gewohnt haben, f.) mitzuteilen, auf welche Schule geht der Antragsteller zu 3. geht und g.) mitzueilen, ob für den Antragsteller zu 4. gegebenenfalls weitere Kosten (z.B. Essen im Kindergarten o.ä.) anfallen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2015 hat der Antragsgegner den Widerspruch zurückgewiesen. Dagegen haben die Antragsteller am 8. Januar 2016 Klage erhoben (S 5 AS 43/16).

Zur Verfügung des Gerichts vom 18. Dezember 2015 haben die Antragsteller eine Schulbescheinigung über den Schulbesuch des Antragsteller zu 3. und eine Bescheinigung über eine Kindergeldbeantragung vom 3. Dezember 2015 vorgelegt und mitgeteilt, dass sie von den Einkünften aus ihrer selbständigen Tätigkeit und von der Unterstützung von Eltern und Schwiegereltern leben würden. Es habe sich bei ihnen als Roma aufgrund einer seit Jahrhunderten andauernden gesellschaftlichen Isolation ein hohes Maß an gegenseitiger Unterstützung etabliert. Es müsse außerdem davon ausgegangen werden, dass sie betteln und "containern". Der Stempelaufdruck "GEBUCHT 09. OKT 2015" stamme vom Steuerbevollmächtigten des Antragstellers zu 1. und bezeichne dessen Buchungsdatum. Der Antragsteller zu 1. könne die jeweiligen Hauptauftraggeber nicht benennen. Er habe lediglich mit den jeweiligen Vorarbeitern Kontakt gehabt und sei von diesen in L., L. und S. eingesetzt worden. Die Miete werde in bar gezahlt.

Mit weiterer prozessleitender Verfügung vom 12. Januar 2016 hat das Gericht den Antragstellern u.a. mitgeteilt, gegenwärtig nicht von einer hinreichenden Glaubhaftmachung ihrer Hilfebedürftigkeit auszugehen und den Antragstellern unter Fristsetzung bis zum 20. Januar 2016 aufgegeben, ihre vollständigen Einnahmen seit der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland glaubhaft zu machen, den für den Antragsteller zu 1. tätigen Steuerbevollmächtigten zu benennen und die von diesem geführten Unterlagen zu Einnahmen und Ausgaben in Kopie und nachvollziehbar geordnet vorzulegen und außerdem glaubhaft zu machen, wie sich die aktuelle Auftragslage des Antragstellers zu 1. darstellt, insbesondere ob weitere Aufträge zu erwarten sind und ob sich deren Anzahl bzw. die monatlichen Einnahmen künftig signifikant erhöhen werden.

Hierauf haben die Antragsteller nicht mehr reagiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet und hat keinen Erfolg. Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Eine Regelungsanordnung kann erlassen werden, wenn die Antragsteller glaubhaft machen, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und sie ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würden (Anordnungsgrund). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, 920 ff. der Zivilprozessordnung dürfen dabei aber nicht überspannt werden, sondern haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren (Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ), Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -). Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass den Antragstellern bei Abwägung ihrer Interessen gegenüber denjenigen des Antragsgegners nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache - das Klageverfahren S 5 AS 43/16 - abzuwarten. Insoweit käme selbst bei einem Vorliegen aller Voraussetzungen der hier begehrten behördlichen Entscheidung des Antragsgegners unter Beachtung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache regelmäßig allein eine vorläufige Regelung in Betracht, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Bei einem offenen Ausgang der Hauptsache, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - ). Das Begehren der Antragsteller muss bei der im einstweiligen Rechtschutz gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheinen.

Gemessen daran haben die Antragsteller bereits keinen Anordnungsanspruch und insbesondere keine Hilfebedürftigkeit i.S.v. § 9 SGB II glaubhaft gemacht. Die Kammer geht nicht davon aus, dass die Antragsteller zu 1. und 2. die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erfüllen. Demnach sind auch die Antragsteller zu 3. und 4. als deren nicht erwerbsfähige Kinder vom Leistungsbezug ausgeschlossen (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zwar haben die Antragsteller zu 1. und 2. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, sind offensichtlich erwerbsfähig und haben zumindest gegenwärtig ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Sie können sich jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU (Antragsteller zu 1.) bzw. hieran anknüpfend nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Freizügigkeitsgesetz/EU (Antragsteller zu 2. bis 4.) berufen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügigkeitsG/EU sind Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt, wenn sie zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige). Voraussetzung hierfür ist, dass eine Tätigkeit als Selbständiger im Aufnahmestaat, d.h. der Bundesrepublik Deutschland, tatsächlich ausgeübt wird. Allein ein formaler Akt der Gewerbeausübung reicht dabei nicht. Der Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit muss zwar (noch) nicht das notwendige Existenzminimum decken (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R -), allerdings darf die Tätigkeit nicht einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - ). Vorliegend ist eine behauptete selbständige Tätigkeit des Antragstellers zu 1., wenn sie denn tatsächlich in dem behaupteten Umfang ausgeübt werden sollte, in diesem Sinne untergeordnet und unwesentlich. Die behaupteten monatlichen Einnahmen von 150 EUR bzw. 170 EUR mit nur einem und vorliegend sogar demselben - allerdings auch auf Nachfrage des Gerichts in der Verfügung vom 18. Dezember 2015 nicht identifizierbaren - Auftraggeber bilden allenfalls den Umfang von jeweils wenige Stunden andauernden und lediglich unterstützenden Tätigkeiten ab und reichen auch ohne Berücksichtigung der nach eigenen Angaben in bar monatlich zu zahlenden Miete in Höhe von 290 EUR nicht ansatzweise für eine geordnete Lebensführung einer vierköpfigen Familie aus. Auch haben die Antragsteller nicht mehr auf die Verfügung des Gerichts vom 12. Januar 2016 reagiert und mithin nicht glaubhaft gemacht, ob und dass prognostisch eine (signifikante) Einkommenssteigerung einer noch im Aufbau befindlichen selbständigen Tätigkeit zu erwarten sein könnte, was ggf. geeignet gewesen wäre, eine nicht nur untergeordnete Bedeutung der selbständigen Tätigkeiten zu widerlegen. Demnach allein verbleibende Unwahrscheinlichkeiten der weiteren Entwicklung einer bislang nur temporär und lediglich für einen einzigen Auftraggeber ausgeübten selbständigen Tätigkeit reichen dementsprechend nicht aus, Anhaltspunkte für eine nicht nur untergeordnete und nicht nur unwesentliche selbständige Tätigkeit zu bieten. Hinzu kommt, dass bereits die behaupteten Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit, die insoweit "alt" sind und lediglich den Zeitraum bis August 2015 erfassen und keine gegenwärtigen Einnahmen darstellen, nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sind. Denn abgesehen davon, dass der genaue Ort und zeitliche Umfang solcher Tätigkeiten nicht klar benannt worden sind, lassen die vorgelegten und nicht nummerierten Quittungen nicht erkennen, welche Person bzw. welches Bauunternehmen Auftraggeber gewesen sein und die behaupteten Einnahmen gezahlt haben will, zumal der Antragsteller zu 1. dies trotz der gerichtlichen Verfügungen vom 18. Dezember 2015 und 12. Januar 2016 nicht weiter glaubhaft gemacht und auch sonst nicht entsprechend §§ 60, 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (Allgemeiner Teil - SGB I) mitgewirkt hat. Es ist widersprüchlich und nicht glaubhaft, einen behaupteten Auftraggeber angeblich nicht benennen zu können, anderseits aber tragfähig selbständig und allein für diesen mehrere Monate tätig (gewesen) sein zu wollen. Nicht nachvollziehbar ist zudem, weshalb die behaupteten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bei vorhandenem Konto nicht auf das Konto des Antragstellers zu 1. überwiesen worden sind, sondern stattdessen in bar und offenbar ohne entsprechende Rechnung übergeben worden sein sollen. Weitere Ermittlungen des Gerichts dazu, ob es eine im Baugewerbe tätige "Fa. S." gibt und ob diese der behauptete Auftraggeber des Antragstellers zu 1. ist, drängen sich weder im einstweiligen Rechtsschutz auf, noch wären solche Ermittlungen in einem Hauptsachverfahren "ins Blaue" geboten.

Demnach ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass den Antragstellern allein ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche für sich und ihre Familienangehörigen zur Seite steht (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 1 FreizügigkeitsG/EU), mit dem sie jedoch von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen sind, was auch europarechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. nur Europäischer Gerichtshof ( EuGH ), Urteil vom 4. Juni 2009 - C-22/08, C-23/08 - ( Vatsouras und Koupatantze ) ; EuGH Urteil vom 11. November 2014 - C-333/13 - ( Dano ) ; EuGH, Urteil vom 15. September 2015 - C-67/14 - ( Alimanovic )).

Auch ein Anspruch der Antragsteller nach dem SGB XII kommt nicht in Betracht. Eine Beiladung des Sozialhilfeträgers zum vorliegenden Verfahren hatte deshalb zu unterbleiben. Gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII haben nämlich Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich - wie hier - allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Soweit das BSG entgegen dieser Regelung in seinen Entscheidungen vom 3. Dezember 2015 (- B 4 AS 44/15 R - ) und 20. Januar 2016 (- B 14 AS 35/15 R -), wobei dazu bislang allerdings lediglich sog. Terminsberichte vorliegen, bei erwerbsfähigen EU-Ausländern meinen sollte, dass der Ausschluss gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII nicht erfasse, wonach im Übrigen Sozialhilfe geleistet werden kann, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist, und in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 20 Abs. 1 GG bei einer nach einem sechsmonatigen Aufenthalt eintretenden Verfestigung des Aufenthalts zu einer Ermessensreduzierung auf Null und mithin zu einem Leistungsanspruch führe, kann dem nicht gefolgt werden. Eine solche Rechtsprechung widerspricht dem Wortlaut von § 21 SGB XII, wonach Personen, die - wie hier - nach dem SGB II erwerbsfähig (Antragsteller zu 1. und 2.) bzw. als Angehörige leistungsberechtigt sind (Antragsteller zu 3. und 4.), keine Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten. Soweit mit dieser Rechtsprechung ein eigenständiger Anspruch auf existenzsichernde Leistungen von erwerbsfähigen EU-Ausländern und deren Angehörige geschaffen sein soll, die ihrerseits nach dem SGB II und dem SGB XII keine Leistungsansprüche haben, ist eine entsprechende Rechtsetzungskompetenz nicht erkennbar (vgl. auch SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015 - S 149 AS 7191/13 -), so dass die Kammer gegenwärtig keine Anhaltspunkte für eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII hat, hinsichtlich derer der Antragsgegner dann ggf. einen Erstattungsanspruch gegen den Träger der örtlichen Sozialhilfe geltend machen könnte.

Aber selbst wenn ein solcher Anspruch auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG (Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 1/11 - ) zu dem von Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG garantierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu prüfen wäre, ist keine Glaubhaftmachung der Voraussetzungen durch die Antragsteller erkennbar. Es ist - wie gezeigt - mangels entsprechender Mitwirkung und vollständiger Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller nicht erkennbar, dass diese gegenwärtig hilfebedürftig sind. Der übersandte Kontoauszug vom 20. November 2015 lässt keine nennenswerten und den allgemeinen Lebensunterhalt betreffenden Kontobewegungen erkennen, so dass nahe liegt, dass die Antragsteller über andere auskömmliche finanzielle Mittel (in bar) verfügen. Denn dass die Antragsteller nach ihrem eigenen Vorbringen mit monatlichen Einnahmenn von 150 EUR bzw. 170 EUR ihren gesamten Lebensunterhalt bestreiten und sie nach eigenem Vorbringen davon bereits eine monatliche Miete in Höhe von 290 EUR zahlen, ist andernfalls nicht nachvollziehbar. Insoweit spricht überwiegendes dafür, dass die Antragsteller offensichtlich über hinreichende Mittel verfügen, die ihnen ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich oder eventuell sogar ohne der Bezahlung einer Miete von 290 EUR ermöglichen und sie ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können (§ 27 SGB XII). Hinzu kommt, das die Antragsteller Kindergeld auch erstmals am 3. Dezember 2015 und damit etwa sieben Monate nach der behaupteten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland beantragt haben, was gegen einen Hilfebedarf spricht. Soweit die Antragsteller außerdem allgemein vorbringen, Unterstützung durch Verwandte und Freunde zu unterhalten, kann dem bereits mangels Glaubhaftmachung kein konkreter Hilfebedarf entnommen werden. Bei einer trotz der der Sachverhaltsaufklärung dienenden prozessleitenden Verfügungen des Gerichts vom 18. Dezember 2015 und 13. Januar 2016 unzureichenden Mitwirkung der Antragsteller scheidet eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegner aufgrund einer Ermessensleistung mithin aus. Weitere Aufklärung dazu ist im einstweiligen Rechtsschutz außerdem weder geboten noch mangels tatsächlicher Mitwirkung der Antragsteller zu erreichen.

Auch aufgrund einer Folgenabwägung scheidet eine vorläufige Leistungsgewährung aus. Denn selbst dann, wenn angenommen werden würde, dass die Antragsteller nicht über hinreichende Mittel verfügen und sie bei einer Ablehnung des Antrages keine existenzsichernden Leistungen erhalten würden, sind keine unzumutbaren und nicht hinzunehmenden Nachteile erkennbar. Soweit sich die Antragsteller dann ggf. veranlasst sehen würden, nach Rumänien zurückzukehren, handelt es sich bei Rumänien um einen EU-Mitgliedstaat, dem bei Geltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nach Art. 43 seiner Verfassung (www.verfassungen.eu/ro) die Gewährleistungen eines "anständigen Lebensniveau" für seine Staatsbürger obliegt und der dem Grunde nach verpflichtet ist, ärztlichen Beistand und Arbeitslosenunterstützung zu leisten. Zudem wäre es im Hinblick auf die in Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Menschwürde und eine insoweit gebotene Gleichbehandlung i.S.v. Art. 3 GG widersprüchlich, einerseits im Asylrecht Rumänien als Mitgliedstaat der EU als sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 2 Asylgesetz ( AsylG )) einzuordnen und demnach eine Abschiebung von Asylbewerbern in diese Staaten und einen dortigen weiteren Aufenthalt grundsätzlich für zumutbar zu halten, andererseits aber für Angehörige dieser Staaten im Hinblick auf existenzsichernde Leistungen im einstweiligen Rechtsschutz anzunehmen, dass diesen unzumutbare Nachteile drohen, wenn sie nicht in einem anderen Mitgliedstaat der EU dem SGB II bzw. SGB XII entsprechende Leistungen erhielten, sondern ebenso in diesen Staat zurückkehrten. Eine Verweisung auf eine ggf. erforderliche Inanspruchnahme dortiger Sozialleistungen ist insoweit nicht zu beanstanden (vgl. auch Landessozialgericht ( LSG ), Berlin-Brandenburg Beschluss vom 7. Mai 2013 - L 29 AS 514/ 13 B ER - ; SG Berlin, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

III.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) war abzulehnen, weil die Antragsteller zu 1. bis 4. bis zum Verfahrensende ihrem Antrag keinen ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllten Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt hatten (§ 117 Abs. 2 ZPO), so dass die Voraussetzungen für PKH dem Grunde nach bis zum Verfahrensende nicht vorgelegen haben und PKH - unabhängig von den Erfolgsaussichten - schon deshalb mangels formgerechten Antrags (§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO) abzulehnen ist. Soweit die Antragsteller zu 1. und 2. ein gemeinsames und sie betreffendes Formular ausgefüllt haben, reicht dies nicht aus, denn jeder Antragsteller hat ein gesondertes Formular auszufüllen. Es kann nämlich einer solchen gemeinsamen Erklärung in einem einzigen Formular mangels vollständiger Angaben etwa zum vorhandenen Vermögen nicht für jeden Antragsteller klar entnommen werden, ob ein entsprechender Prozesskostenhilfebedarf besteht. Es ist außerdem noch nicht einmal erkennbar, welche Person dieses Formular unterschrieben haben will und demgemäß unklar, ob nun der Antragsteller zu 1. oder die Antragstellerin zu 2. diese Erklärung abgeben wollte. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet gewesen, auf die Vorlage der Formulare gesondert hinzuweisen, denn die Antragsteller sind anwaltlich vertreten gewesen und müssen sich das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten über die Erforderlichkeit der Abgabe des amtlichen Vordruckes insoweit zurechnen lassen (vgl. dazu LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. Februar 2010 - L 5 AS 379/09 B - ; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Dezember 2008 - L 19 B 34/08 AL -).
Rechtskraft
Aus
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