Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 213/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 356/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin seit dem 1. Mai 2009 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 20. Dezember 1993 als Steuerberatungsgesellschaft mbH gegründet und am 15. November 1993 in das Handelsregister eingetragen. Die Beigeladene zu 1) war bei ihr vom 15. Januar 1997 bis zum 30. April 2009 als Steuerfachgehilfin beschäftigt. Durch Gesellschafterversammlung vom 1. Mai 2009 wurde die Beigeladene zu 1), mittlerweile Steuerberaterin, zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin bestellt. Die Klägerin hatte zu dieser Zeit ein Stammkapital von 27.000,- EUR, das in Höhe von 21.600,- EUR von der Sozietät H H K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte, geschäftsansässig in Bonn-B, und jeweils in Höhe von 2.700,- EUR durch Herrn J und Herrn C, beide wohnhaft in Brandenburg, gehalten wurde. Im Mai 2009 waren als Geschäftsführer der Klägerin in das Handelsregister eingetragen Herr H, Herr K, Frau A, Herr J und Herr C. Die Beigeladene zu 1) wurde in der Gesellschafterversammlung auch als Gesellschafterin mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 2.700,- EUR aufgenommen, den sie von der Sozietät HH K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte erwarb, wodurch sich der Gesellschaftsanteil der Sozietät auf 18.900,- EUR reduzierte. Nach § 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 1. Mai 2009 hatte die Beigeladene zu 1) den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Vereinbart für sie war ein monatliches Bruttogehalt von 3.600,- EUR sowie eine Tantieme in Höhe von 10 bzw. 15% des ermittelten Jahresüberschusses. Am 21. Juli 2009 schloss die Beigeladene zu 1) mit den anderen Gesellschaftern der Klägerin eine "Gesellschaftervereinbarung", in der (u.a.) bestimmt war, dass unabhängig von den gesellschaftsvertraglichen Regeln Beschlüsse über Abschluss, Änderungen und Aufhebung von Verträgen, die Leistungsbeziehungen zu Gesellschaftern und deren nahen Angehörigen im Sinne von § 15 AO zum Gegenstand hätten, nur mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) gefasst werden könnten. Die Bestellung der Beigeladenen zu 1) zur weiteren Geschäftsführerin mit Alleinvertretungsbefugnis wurde am 17. August 2009 in das Handelsregister eingetragen.
Die Klägerin beantragte am 24. September 2009 bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Nach Auswertung der dazu übersandten Unterlagen hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) am 21. Juli 2010 dazu an, dass sie beabsichtige, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Entsprechend der Ankündigung stellte die Beklagte durch Bescheid vom 20. August 2010 fest, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Klägerin seit dem 1. Mai 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) in einem gesonderten Arbeitsvertrag geregelt sei, dass mit dem vorhandenen Anteil am Stammkapital kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausgeübt werden könne und dass eine feste Vergütung vereinbart worden sei. Auf eine selbständige Tätigkeit deute dagegen hin, dass die Beigeladene zu 1) einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei und dass sie aufgrund der erfolgsabhängigen Tantiemen am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sei. Nach einer Gesamtwürdigung würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Dagegen erhob die Klägerin am 25. August 2010 und die Beigeladene zu 1) am 27. August 2010 Widerspruch. Zur Begründung führten sie aus, dass nach dem BSG auch ein Minderheitsgesellschafter sozialversicherungsfrei sei könne, sofern sich aus seiner Kapitalbeteiligung ein Unternehmerrisiko ableiten lasse. Unberücksichtigt seien auch die tatsächlich bestehende Weisungsfreiheit sowie die Gesellschaftervereinbarung v. 21. Juli 2009 geblieben, welche zugunsten der Beigeladenen zu 1) ein Zustimmungserfordernis aufstelle. Zudem sei die Vergütung der Beigeladenen zu 1) ganz wesentlich vom Ertrag abhängig. Der Abschluss eines Anstellungsvertrages für einen Geschäftsführer sei üblich, auch mit Regelungen für den Fall der Krankheit, des Urlaubs und einer Kündigung. Zudem sei die Beigeladene zu 1) mittlerweile gemeinsam mit Herrn J die einzige Gesellschafterin vor Ort, so dass schon aufgrund der räumlichen Entfernung von mehr als 500 Kilometern zu den anderen Gesellschaftern von ihrer Weisungsfreiheit auszugehen sei. Die Tätigkeit als Steuerberater gehöre ohnehin zu den freien Berufen. Die Gesellschafter J und C seien anders als die Beigeladene zu 1) bei gleichen Rahmenbedingungen als nicht abhängig beschäftigt angesehen worden.
Durch Bescheid vom 7. Dezember 2010 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 20. August 2010 dahingehend ab, dass sie für die Beigeladene zu 1) in der ab dem 1. Mai 2009 ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellte. In der Rentenversicherung sei die Beigeladene zu 1) dagegen wegen der Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung versicherungsfrei. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2011 zurück. Aus dem Vorbringen im Widerspruchsverfahren hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, so dass an der Entscheidung festgehalten werde. Was die zitierten Vergleichsfälle angehe, werde auf die mittlerweile vorliegende Rechtsprechung zu minderbeteiligten Geschäftsführern verwiesen.
Dagegen richtet sich die am 30. Juni 2011 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass Herr C seinen Gesellschaftsanteil am 8. Oktober 2009 an die Sozietät H H K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte verkauft und übertragen habe. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. Oktober 2013 abgewiesen. Für den Geschäftsführer einer GmbH sei anerkannt, dass er kein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts sei. Das spreche jedoch nicht zwingend dagegen, ihn als Beschäftigten im Sinne des Sozialversicherungsrechts anzusehen. Entscheidend komme es insoweit darauf an, ob er abhängig tätig sei. Ein wesentliches Kriterium dabei sei der sich aus einer Kapitalbeteiligung ergebende Einfluss auf die Gesellschaft. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sei nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig zu verneinen, wenn der Geschäftsführer eine Kapitalbeteiligung von mindestens 50% an der Gesellschaft halte. Bei einer Beteiligung unter 50% sei zu prüfen, ob der Geschäftsführer gleichwohl einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft habe, dass er jeden Beschluss, insbesondere jede ihm nicht genehme Weisung der Gesellschafter verhindern könne. Dies sei dann der Fall, wenn der Geschäftsführer einen Gesellschaftsanteil halte, der zu einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Sperrminorität führe. Liegt eine Sperrminorität nicht vor, könne in Ausnahmefällen gleichwohl noch von einem maßgeblichen Einfluss des Geschäftsführers ausgegangen werden. In Betracht kämen insoweit insbesondere eine beherrschende Stellung aufgrund besonderer Branchenkenntnisse oder anderer Umstände wie besondere Kundenverbindungen. Von einem solchen maßgeblichen Einfluss könne aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Mehrheitsgesellschafter faktisch nicht in der Lage seien, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Hier überwögen aber die Merkmale, die für ein Beschäftigungsverhältnis sprächen. Nach dem Gesellschaftsvertrag könne die Beigeladene zu 1), die lediglich 10 % des Stammkapitals halte, Entscheidungen nicht alleine herbeiführen oder verhindern, sondern sei an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden. Auch aus dem Anstellungsvertrag ergebe sich nichts Anderes. Die Beigeladene zu 1) sei zwar berechtigt, die Gesellschaft zu vertreten und habe auch die Befugnis zur Einzelgeschäftsführung. Dabei habe sie jedoch den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Nach dem Anstellungsvertrag müsse sie jederzeit zur Verfügung stehen, soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordere. Sie erhalte eine regelmäßige Grundvergütung und im Krankheitsfall Lohnfortzahlung. Außerdem habe sie Anspruch auf Urlaub. Diese Regelungen sprächen im erheblichen Maße gegen eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Ein Einfluss, der einer Sperrminorität oder einem mehrheitlichen Gesellschaftsanteil gleichkomme, sei nicht festzustellen. Zwar habe die Beigeladene zu 1) nach ihrem Vortrag einen eigenen Aufgabenbereich und konnte sich ihre Mandanten selbst auswählen. Da aber alle Geschäftsführer der Klägerin Steuerberater seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese faktisch nicht in der Lage seien, der Beigeladenen zu 1) Weisungen zu erteilen. Auch die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB sei nur ein Anhaltspunkt und kein Beleg für die selbstständige Tätigkeit. Unerheblich sei auch, ob die Beigeladene zu 1) tatsächlich alle Entscheidungen nur zusammen mit dem weiteren Geschäftsführer Herrn J ohne die anderen räumlich weit entfernten Gesellschaftergeschäftsführer getroffen habe. Das BSG habe dargelegt, dass eine so genannte "Schönwetter-Selbstständigkeit" nicht hinnehmbar sei. Entscheidend bleibe daher, dass die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung keine maßgeblichen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung hatte. Auch aus der Gesellschafter-Vereinbarung vom 21. Juli 2009 ergebe sich nichts Anderes. In dieser sei die Rechtsmacht der weiteren Gesellschafter nicht wirksam abbedungen worden. Die Stimmrechtsbindungs-Vereinbarung sei nicht notariell beurkundet worden, so dass in ihr keine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse der Gesellschaft gesehen werden könne. Zwar sei in der zivilrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass eine Stimmrechtsbindung auch mündlich vereinbart werden könne. Gegenüber den Sozialversicherungsträgern entfalte Wirkung aber nur eine schriftlich fixierte notariell beglaubigte Vereinbarung. Zudem sei durch die Vereinbarung der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag der Beigeladenen zu 1) nicht geändert worden, der ein Weisungsrecht festgesetzt habe.
Gegen das ihr am 5. November 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Dezember 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Das Sozialgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass nach dem Gesellschaftsvertrag für Beschlüsse, die Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter oder ihnen nahestehenden Person zum Gegenstand hätten, und für Satzungsänderungen eine Mehrheit von 90 % der abgegebenen Stimmen erforderlich sei. Auch habe das Sozialgericht übersehen, dass nach der Gesellschafter-Vereinbarung vom 21. Juli 2009 auch Satzungsänderungen nicht ohne die Zustimmung der Beigeladenen zu 1) beschlossen werden könnten. Unrichtig sei, dass die Wirksamkeit einer Stimmbindungs-Vereinbarung eine notarielle Beurkundung voraussetze. Die Beigeladene zu 1) habe als Gesellschafterin die Möglichkeit, die Stimmbindungs-Vereinbarung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene durchzusetzen. Deswegen sei nicht nachzuvollziehen, dass die Stimmbindungs-Vereinbarung gegenüber den Sozialversicherungsträgern keine Wirkung entfalten solle. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Hinweis auf BGH vom 27. Oktober 1986 – IIZR 42/85) habe die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage der Stimmrechtsvereinbarung die Möglichkeit, Beschlüsse bezüglich des Unternehmens und ihres Mitarbeiterverhältnisses zu beeinflussen, sie sei daher selbstständig tätig. Auch der erkennende Senat habe mit Beschluss vom 29. November 2012 – L 1 KR 355/12 B ER) eine schuldrechtliche Vereinbarung in einem Anstellungsvertrag zwischen Gesellschaftern und einem Geschäftsführer für wirksam gesehen, nach der sich der Geschäftsführer nicht an die Weisungen der Gesellschafter zu halten hatte. Eine etwaige Sozialversicherungspflichtigkeit der Beigeladenen zu 1) habe spätestens mit Abschluss der Gesellschaftervereinbarung vom 21. Juli 2009 geendet. Unrichtig sei auch die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, die Regelungen im Anstellungsvertrag über Arbeitsleistung, Vergütung, Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und Urlaub würden gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Zudem seien die vertraglichen Regelungen durch Änderungsvertrag vom 14. Oktober 2013 mittlerweile den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst worden. Regelungen zur Arbeitsleistung, Arbeitszeit und Urlaub gebe es seitdem nicht mehr. Gleichermaßen sei verschriftlicht worden, dass die Beigeladene zu 1) keinen Weisungen der Gesellschafter unterliege. Damit sei nur dem faktischen Verlauf den Tatsachen Rechnung getragen worden. Im Übrigen sei aus steuerlichen Gründen der Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages mit Vergütungsvereinbarung erforderlich. Das Sozialgericht habe schließlich unberücksichtigt gelassen, dass die Vergütung der Beigeladenen zu 1) zum großen Teil gewinnabhängig erfolge. Im Jahr 2009 habe dieser Anteil 40 % ausgemacht. Alle ihr - der Klägerin - aus langjähriger Tätigkeit bekannten Geschäftsführer-Anstellungsverträge enthielten Regelungen über Krankheit, Urlaub und zur Kündigungsfrist. Die Beigeladene zu 1) hätte zudem nach der Gesellschaftervereinbarung ihrer eigenen Kündigung zustimmen müssen. Spätestens mit dem Änderungsvertrag vom 14. Oktober 2013 würde die abhängige Beschäftigung und die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) enden Zu Unrecht gehe das Sozialgericht davon aus, dass die anderen Gesellschafter in der Lage seien, der Beigeladenen zu 1) Einzelweisungen zu erteilen. Tatsächlich seien die anderen Gesellschafter regelmäßig schon aufgrund der räumlichen Entfernung nicht in der Lage, in die Führung der Mandate durch die Klägerin einzugreifen. Bei ihr - der Klägerin – handele es sich um ein kleines mittelständisches Unternehmen, dessen Mitarbeiter die weiteren Gesellschafter in weiten Teilen gar nicht kennen würden oder bestenfalls einige Male gesehen hätten. Die Beigeladene zu 1) sei gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer Kopf und Seele des Büros. Der Mandantenstamm sei eher durch kleinere Mandate geprägt. Es bestehe eine erhebliche persönliche Bindung der Mandanten an die Person der Beigeladenen zu 1), so dass auch vor diesem Hintergrund ein Eingreifen der weiteren Gesellschafter in deren Tätigkeit nicht möglich und die Gesellschaft im erheblichen Maße von der Beigeladenen zu 1) abhängig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2010 in der Fassung des Bescheides vom 7. Dezember 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin seit dem 1. Mai 2009, hilfsweise seit dem 21. Juli 2009 und weiter hilfsweise seit dem 14. Oktober 2013 eine selbständige Tätigkeit ausübte und nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht sei die Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung nicht geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsvertrag darstelle, zu negieren. Diese Vereinbarung führe lediglich zu einer "Schönwetter-Selbstständigkeit", die für die vorausschauende versicherungsrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend sei. Die Beklagte verweist auf den Beschluss des BSG vom 31. März 2014 - B 12 R 53/13 B. Dort habe das BSG zu erkennen gegeben, dass eine außerhalb des Gesellschaftsvertrags geschlossene Stimmrechtsvereinbarung nicht zu einer beachtlichen Verschiebung der Rechtsmacht führe.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1) steht seit dem 1. Mai 2009 bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem sich Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ergibt.
Der Eintritt von Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn 16).
Die Beigeladene zu 1) ist für die Klägerin ab dem 1. Mai 2009 als Geschäftsführerin tätig geworden. Nach § 5 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom 1. Mai 2009 war sie verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft sowie ihr gesamtes Wissen und Können der Klägerin zur Verfügung zu stellen, wohingegen sie nach § 2 der Neufassung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom 14. Oktober 2013 nur noch gehalten ist, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt einer ordentlichen Kauffrau zu führen und ihre Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Die Neufassung der vertraglich formulierten Pflichten lässt aber unberührt, dass die Beigeladene zu 1) als Geschäftsführerin nicht im eigenen Unternehmen, sondern in einem fremden Betrieb arbeitete. Denn die Klägerin ist als GmbH eine juristische Person des Privatrechts und damit eine eigenständige Rechtspersönlichkeit. Sie muss deshalb unabhängig von den hinter ihr als Gesellschafter stehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden (vgl. Urteil des BSG vom 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -, juris Rn. 18).
Ausgehend von den geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträgen enthält auch die Fassung vom 14. Oktober 2013 noch einige Abreden, die für ein Arbeitsverhältnis typisch sind. Das sind insbesondere die Regelung in § 7 über ein festes monatliches Bruttogehalt von 4.400,00 EUR sowie die in § 8 enthaltenen Ansprüche auf Vergütungsfortzahlung bei Dienstverhinderung und der in § 10 erwähnte Anspruch auf Urlaub. Die Nähe zu einem Arbeitsvertrag ergibt sich deutlicher aus den Formulierungen in dem Vertrag vom 1. Mai 2009, der in seinem § 1 Abs. 2 bestimmte, dass die Beigeladene zu 1) den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten hatte. Diese Formulierung findet sich so zwar nicht mehr in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 14. Oktober 2013 wieder, ihre Weitergeltung der Sache nach lässt sich aber § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 29. Januar 1996 entnehmen.
Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht aus dem Gesetz. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, der gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris RdNr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris RdNr 17). Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV kommt es für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere an auf das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Für eine solche Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in eine ihr fremde betriebliche Organisation spricht, dass die Beigeladene zu 1) für die Gestaltung von Ort, Zeit und Gegenstand ihrer Tätigkeit auf organisatorische Vorgaben der Klägerin zurückgriff. Weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht waren die Abläufe der von der Beigeladenen zu 1) zu erbringenden Tätigkeit allein ihrer Verantwortung überwiesen. Die von ihr betreuten Mandanten waren rechtlich Mandanten der Klägerin. Die für die Ausübung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) erforderlichen personellen und sächlichen Mittel waren von der Klägerin bereitgestellt worden.
Die danach gegebene Eingliederung in eine fremde betriebliche Organisation ist nicht deswegen zu vernachlässigen, weil die Beigeladene zu 1) (Mit-)Geschäftsführerin und (Mit-)Gesellschafterin der Klägerin zu 1) war. Die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer GmbH bleibt nämlich fremdbestimmte Tätigkeit, solange der Gesellschafter-Geschäftsführer keinen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung in der Gesellschaft hat. Zwar war die Beigeladene zu 1) schon nach dem alten Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. Mai 2009 berechtigt zur Vornahme aller zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörenden Handlungen. Die Beschränkung auf die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörenden Maßnahmen ist dann in der Neufassung des Anstellungsvertrages vom 14. Oktober 2013 noch weggefallen, ihre Weitergeltung der Sache nach ergibt sich aber aus § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 29. Januar 1996. Im Übrigen folgt aus § 37 Abs. 1 GmbHG, dass die Geschäftsführer einer GmbH ihr Amt nach den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung zu führen haben. Insoweit ändert die Befugnis zur Führung der laufenden Geschäfte nichts daran, dass ein Geschäftsführer den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten hat. Auf das gesetzlich begründete Weisungsrecht der Gesellschafter nimmt der Anstellungsvertrag der Beigeladenen zu 1) auch in seiner Fassung vom 14. Oktober 2013 in § 1 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich Bezug.
Im gesetzlichen Regelfall entscheidet gemäß § 47 Abs. 1 GmbHG der Anteil am Stammkapital über die Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft. Deswegen ergeben sich aus dem Umfang der Teilhabe am Stammkapital wesentliche Auswirkungen für die Frage, ob ein mitarbeitender Gesellschafter-Geschäftsführer als Beschäftigter der GmbH anzusehen oder Selbständiger ist. Ein Alleingesellschafter als Geschäftsführer steht zu "seiner" GmbH in keinem Beschäftigungsverhältnis. Als Alleingesellschafter kann er die Willensbildung der Gesellschaft nämlich nach Belieben steuern. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mindestens über die Hälfte des Stammkapitals verfügt, hat einen vergleichbaren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, so dass er grundsätzlich ebenfalls nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG v. 24. Juni 1982 – 12 RK 45/80 – juris Rn 14; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht (Std.: 82. EL. 2014), § 7 SGB VI Rn. 89 ff.). Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer aber über weniger als 50 % des Stammkapitals, ist dieser Umstand in der Regel ein Indiz für seine abhängige Beschäftigung. Regelmäßig wird der mitarbeitende Gesellschafter-Geschäftsführer mit weniger als 50% Kapitalanteil die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung nicht endgültig beeinflussen können, so dass ihn fremde Entscheidungen binden und ihm Weisungen erteilt werden können.
Auch vorliegend ergibt sich aus den Bestimmungen des GmbHG und § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin v. 29. Januar 1996, dass die Beigeladene zu 1) Weisungen der Klägerin Folge zu leisten hatte, deren Ergehen sie nicht alleine verhindern konnte. Dieses Entscheidungsrecht der Gesellschafterversammlung ist nicht auf bestimmte Angelegenheiten eingeschränkt, kann sich demnach auf alle zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführerin gehörenden Angelegenheiten beziehen. Nach § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschaftsbeschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, dabei gewährt nach § 47 Abs. 2 GmbHG jeder EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme. Da die Beigeladene zu 1) nur 10% des Stammkapitals der Klägerin hielt, musste sie nach dem Gesellschaftsvertrag jederzeit damit rechnen, von den anderen Gesellschaftern überstimmt zu werden. Sie hatte damit nicht die rechtliche Möglichkeit, ihr nicht genehme Entscheidungen mit Bezug auf ihre Tätigkeit zu verhindern.
Es liegt auch kein Fall vor, in dem abweichend von dem Grundsatz, dass die Selbständigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers einen Anteil am Stammkapital von mindestens 50% voraussetzt, aus besonderen Gründen ausnahmsweise etwas anderes gelten würde. Zu den besonderen Umständen, welche bewirken, dass Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gleichwohl als Selbständige anzusehen sind, gehören zunächst Gestaltungen des Gesellschaftsvertrages, nach denen für die Wirksamkeit der Beschlüsse Einstimmigkeit Voraussetzung ist (Seewald a. a. O.). Entsprechendes gilt für einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der weniger als 50 % des Stammkapitals hält, wenn er über eine Sperrminorität verfügt, kraft derer er ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern kann. Dabei muss sich die Schutzklausel aber auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige besonders herausgehobene beziehen (Seewald a. a. O.). Zu Unrecht nimmt die Klägerin dafür die Klausel in § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages in Anspruch, wonach Beschlüsse, die dem Leistungsverkehr der Gesellschaft mit Gesellschaftern oder ihnen nahestehenden Personen im Sinne des § 15 AO zum Gegenstand haben, unbeschadet der Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG der Zustimmung von 90% der abgegebenen Stimmen bedürfen. In den sie betreffenden Angelegenheiten, die unter diese Klausel fallen, ist die Beigeladene zu 1) nämlich nicht selbst stimmberechtigt. Das ergibt sich aus dem Verweis auf § 47 Abs. 4 GmbHG, mit dem deutlich wird, dass der Regelungsbereich der Vertragsklausel identisch mit dem Tatbestand der Vorschrift ist: § 47 Abs. 4 GmbHG bestimmt, dass ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, kein eigenes Stimmrecht hat und auch nicht für andere ausüben darf.
Auch die Gesellschaftervereinbarung vom 21. Juli 2009, nach der Beschlüsse über bestimmte Gegenstände nur mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) gefasst werden können, begründet keine Sperrminorität für die Beigeladene zu 1). Diese Vereinbarung ist nicht Bestandteil des Gesellschaftsvertrages, sondern lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung der Gesellschafter untereinander. Ob solche Stimmbindungsvereinbarungen unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit ebenso wie eine gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität eine abhängige Beschäftigung auszuschließen vermögen, ist in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte bisher unterschiedlich gewürdigt worden (für eine Gleichstellung LSG Sachen v. 4. März 2014 – L 1 KR 9/11 R – juris Rn 44; LSG Hessen v. 15. Mai 2014 – L 1 KR 235/14 – juris Rn 41; LSG Baden-Württemberg v. 11. Juni 2014 – L 5 KR 2911/13 – juris Rn 38; dagegen aber LSG Hamburg v. 4. September 2013 – L 2 R 111/12 – juris Rn 49; LSG Nordrhein-Westfalen v. 3. September 2014 – L 8 R 55/13 – juris Rn 99-102; L 8 R 296/13 – juris Rn 95-97; LSG Thüringen v. 28. Januar 2014 – L 6 KR 696/11 – juris Rn 23). Nach der nunmehr vorliegenden Rechtsprechung des BSG zu dieser Frage, der sich der Senat anschließt, fehlt es an der Vergleichbarkeit, weil eine schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung jederzeit gekündigt werden kann, wonach die gesellschaftsrechtlichen Stimmgewichte wieder maßgeblich werden (BSG v. 18. November 2015 – B 12 KR 10/14 R und B 12 KR 13/14 R). Im Übrigen hat die Stimmbindungsvereinbarung schon nach ihrem Wortlaut einen eingeschränkten Inhalt und steht nicht entgegen, dass die Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) Weisungen in Bezug auf deren Tätigkeit erteilt.
Das Vorbringen der Klägerin, die Beigeladene zu 1) habe tatsächlich weisungsfrei gearbeitet, führt zu keinem anderen Ergebnis. Konkrete Handlungsanweisungen werden gerade bei Diensten höherer Art regelmäßig nicht, jedenfalls aber nur in einem sehr eingeschränkten Umfang erteilt. Das Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers reduziert sich insoweit zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (Urteil des BSG vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 12/05 R -, zitiert nach juris). Entsprechend reicht für die Fremdbestimmt von höheren Diensten aus, dass sie im Rahmen einer von einer anderen Stelle vorgegebenen betrieblichen-arbeitstechnischen Organisation geleistet werden, der Betroffene also insofern in einen ihm fremden Betrieb eingegliedert ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil über die betrieblichen Strukturen der Klägerin nicht die Beigeladene zu 1) alleine entscheidet, sondern die Gesamtheit der Gesellschafter. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beigeladenen zu 1) jemals tatsächlich Weisungen von der Gesellschafterversammlung erteilt worden sind. Entscheidend ist der rechtliche Bestand der Rechtsmacht. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der "Schönwetterselbständigkeit", in denen erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bereits bei Aufnahme der Tätigkeit und damit im Voraus feststehen muss (BSG Urt. v. 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R, zitiert nach juris). Entscheidend ist demnach, dass die Mehrheit der Gesellschafter der Klägerin die Rechtsmacht hatte, der Beigeladenen zu 1) eingehende Vorgaben für ihre Tätigkeit zu machen, ohne dass sich die Beigeladene zu 1) dagegen hätte wehren können.
Der Senat verkennt nicht, dass einige Umstände des Sachverhaltes auch für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechen, insbesondere der erhebliche Einfluss des wirtschaftlichen Erfolges der Klägerin auf die Höhe der Bezüge der Beigeladenen zu 1). Nach Auffassung des Senats ist aber das Fehlen eines maßgeblichen Einflusses der Beigeladenen zu 1) in der Gesellschafterversammlung von weit stärkerer Bedeutung für die vorzunehmende Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit.
Aufgrund der Höhe der von der Klägerin mitgeteilten Bezüge der Beigeladenen zu 1), die nach dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 1. Mai 2009 3.600,- EUR und nach dem vom 14. Oktober 2013 4.400,- EUR betragen, zuzüglich einer Vorauszahlung auf den zu erwartenden Gewinn in Höhe von 300,- EUR und später 500,- EUR, ist die Beklagte zu Recht nicht von einer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV ausgegangen. Auch die Versicherungspflichtgrenze zur Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist erst mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 14. Oktober 2013 überschritten worden. Der für die Befreiung nach § 8 SGB V notwendige Antrag ist aber bisher nicht gestellt. Für den Eintritt von Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV fehlt es ebenso bereits an einem entsprechenden Antrag der Beigeladenen zu 1).
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin seit dem 1. Mai 2009 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 20. Dezember 1993 als Steuerberatungsgesellschaft mbH gegründet und am 15. November 1993 in das Handelsregister eingetragen. Die Beigeladene zu 1) war bei ihr vom 15. Januar 1997 bis zum 30. April 2009 als Steuerfachgehilfin beschäftigt. Durch Gesellschafterversammlung vom 1. Mai 2009 wurde die Beigeladene zu 1), mittlerweile Steuerberaterin, zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin bestellt. Die Klägerin hatte zu dieser Zeit ein Stammkapital von 27.000,- EUR, das in Höhe von 21.600,- EUR von der Sozietät H H K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte, geschäftsansässig in Bonn-B, und jeweils in Höhe von 2.700,- EUR durch Herrn J und Herrn C, beide wohnhaft in Brandenburg, gehalten wurde. Im Mai 2009 waren als Geschäftsführer der Klägerin in das Handelsregister eingetragen Herr H, Herr K, Frau A, Herr J und Herr C. Die Beigeladene zu 1) wurde in der Gesellschafterversammlung auch als Gesellschafterin mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 2.700,- EUR aufgenommen, den sie von der Sozietät HH K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte erwarb, wodurch sich der Gesellschaftsanteil der Sozietät auf 18.900,- EUR reduzierte. Nach § 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 1. Mai 2009 hatte die Beigeladene zu 1) den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Vereinbart für sie war ein monatliches Bruttogehalt von 3.600,- EUR sowie eine Tantieme in Höhe von 10 bzw. 15% des ermittelten Jahresüberschusses. Am 21. Juli 2009 schloss die Beigeladene zu 1) mit den anderen Gesellschaftern der Klägerin eine "Gesellschaftervereinbarung", in der (u.a.) bestimmt war, dass unabhängig von den gesellschaftsvertraglichen Regeln Beschlüsse über Abschluss, Änderungen und Aufhebung von Verträgen, die Leistungsbeziehungen zu Gesellschaftern und deren nahen Angehörigen im Sinne von § 15 AO zum Gegenstand hätten, nur mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) gefasst werden könnten. Die Bestellung der Beigeladenen zu 1) zur weiteren Geschäftsführerin mit Alleinvertretungsbefugnis wurde am 17. August 2009 in das Handelsregister eingetragen.
Die Klägerin beantragte am 24. September 2009 bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Nach Auswertung der dazu übersandten Unterlagen hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) am 21. Juli 2010 dazu an, dass sie beabsichtige, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Entsprechend der Ankündigung stellte die Beklagte durch Bescheid vom 20. August 2010 fest, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Klägerin seit dem 1. Mai 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) in einem gesonderten Arbeitsvertrag geregelt sei, dass mit dem vorhandenen Anteil am Stammkapital kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausgeübt werden könne und dass eine feste Vergütung vereinbart worden sei. Auf eine selbständige Tätigkeit deute dagegen hin, dass die Beigeladene zu 1) einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei und dass sie aufgrund der erfolgsabhängigen Tantiemen am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sei. Nach einer Gesamtwürdigung würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Dagegen erhob die Klägerin am 25. August 2010 und die Beigeladene zu 1) am 27. August 2010 Widerspruch. Zur Begründung führten sie aus, dass nach dem BSG auch ein Minderheitsgesellschafter sozialversicherungsfrei sei könne, sofern sich aus seiner Kapitalbeteiligung ein Unternehmerrisiko ableiten lasse. Unberücksichtigt seien auch die tatsächlich bestehende Weisungsfreiheit sowie die Gesellschaftervereinbarung v. 21. Juli 2009 geblieben, welche zugunsten der Beigeladenen zu 1) ein Zustimmungserfordernis aufstelle. Zudem sei die Vergütung der Beigeladenen zu 1) ganz wesentlich vom Ertrag abhängig. Der Abschluss eines Anstellungsvertrages für einen Geschäftsführer sei üblich, auch mit Regelungen für den Fall der Krankheit, des Urlaubs und einer Kündigung. Zudem sei die Beigeladene zu 1) mittlerweile gemeinsam mit Herrn J die einzige Gesellschafterin vor Ort, so dass schon aufgrund der räumlichen Entfernung von mehr als 500 Kilometern zu den anderen Gesellschaftern von ihrer Weisungsfreiheit auszugehen sei. Die Tätigkeit als Steuerberater gehöre ohnehin zu den freien Berufen. Die Gesellschafter J und C seien anders als die Beigeladene zu 1) bei gleichen Rahmenbedingungen als nicht abhängig beschäftigt angesehen worden.
Durch Bescheid vom 7. Dezember 2010 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 20. August 2010 dahingehend ab, dass sie für die Beigeladene zu 1) in der ab dem 1. Mai 2009 ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellte. In der Rentenversicherung sei die Beigeladene zu 1) dagegen wegen der Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung versicherungsfrei. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2011 zurück. Aus dem Vorbringen im Widerspruchsverfahren hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, so dass an der Entscheidung festgehalten werde. Was die zitierten Vergleichsfälle angehe, werde auf die mittlerweile vorliegende Rechtsprechung zu minderbeteiligten Geschäftsführern verwiesen.
Dagegen richtet sich die am 30. Juni 2011 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass Herr C seinen Gesellschaftsanteil am 8. Oktober 2009 an die Sozietät H H K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte verkauft und übertragen habe. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. Oktober 2013 abgewiesen. Für den Geschäftsführer einer GmbH sei anerkannt, dass er kein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts sei. Das spreche jedoch nicht zwingend dagegen, ihn als Beschäftigten im Sinne des Sozialversicherungsrechts anzusehen. Entscheidend komme es insoweit darauf an, ob er abhängig tätig sei. Ein wesentliches Kriterium dabei sei der sich aus einer Kapitalbeteiligung ergebende Einfluss auf die Gesellschaft. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sei nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig zu verneinen, wenn der Geschäftsführer eine Kapitalbeteiligung von mindestens 50% an der Gesellschaft halte. Bei einer Beteiligung unter 50% sei zu prüfen, ob der Geschäftsführer gleichwohl einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft habe, dass er jeden Beschluss, insbesondere jede ihm nicht genehme Weisung der Gesellschafter verhindern könne. Dies sei dann der Fall, wenn der Geschäftsführer einen Gesellschaftsanteil halte, der zu einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Sperrminorität führe. Liegt eine Sperrminorität nicht vor, könne in Ausnahmefällen gleichwohl noch von einem maßgeblichen Einfluss des Geschäftsführers ausgegangen werden. In Betracht kämen insoweit insbesondere eine beherrschende Stellung aufgrund besonderer Branchenkenntnisse oder anderer Umstände wie besondere Kundenverbindungen. Von einem solchen maßgeblichen Einfluss könne aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Mehrheitsgesellschafter faktisch nicht in der Lage seien, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Hier überwögen aber die Merkmale, die für ein Beschäftigungsverhältnis sprächen. Nach dem Gesellschaftsvertrag könne die Beigeladene zu 1), die lediglich 10 % des Stammkapitals halte, Entscheidungen nicht alleine herbeiführen oder verhindern, sondern sei an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden. Auch aus dem Anstellungsvertrag ergebe sich nichts Anderes. Die Beigeladene zu 1) sei zwar berechtigt, die Gesellschaft zu vertreten und habe auch die Befugnis zur Einzelgeschäftsführung. Dabei habe sie jedoch den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Nach dem Anstellungsvertrag müsse sie jederzeit zur Verfügung stehen, soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordere. Sie erhalte eine regelmäßige Grundvergütung und im Krankheitsfall Lohnfortzahlung. Außerdem habe sie Anspruch auf Urlaub. Diese Regelungen sprächen im erheblichen Maße gegen eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Ein Einfluss, der einer Sperrminorität oder einem mehrheitlichen Gesellschaftsanteil gleichkomme, sei nicht festzustellen. Zwar habe die Beigeladene zu 1) nach ihrem Vortrag einen eigenen Aufgabenbereich und konnte sich ihre Mandanten selbst auswählen. Da aber alle Geschäftsführer der Klägerin Steuerberater seien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese faktisch nicht in der Lage seien, der Beigeladenen zu 1) Weisungen zu erteilen. Auch die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB sei nur ein Anhaltspunkt und kein Beleg für die selbstständige Tätigkeit. Unerheblich sei auch, ob die Beigeladene zu 1) tatsächlich alle Entscheidungen nur zusammen mit dem weiteren Geschäftsführer Herrn J ohne die anderen räumlich weit entfernten Gesellschaftergeschäftsführer getroffen habe. Das BSG habe dargelegt, dass eine so genannte "Schönwetter-Selbstständigkeit" nicht hinnehmbar sei. Entscheidend bleibe daher, dass die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung keine maßgeblichen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung hatte. Auch aus der Gesellschafter-Vereinbarung vom 21. Juli 2009 ergebe sich nichts Anderes. In dieser sei die Rechtsmacht der weiteren Gesellschafter nicht wirksam abbedungen worden. Die Stimmrechtsbindungs-Vereinbarung sei nicht notariell beurkundet worden, so dass in ihr keine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse der Gesellschaft gesehen werden könne. Zwar sei in der zivilrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass eine Stimmrechtsbindung auch mündlich vereinbart werden könne. Gegenüber den Sozialversicherungsträgern entfalte Wirkung aber nur eine schriftlich fixierte notariell beglaubigte Vereinbarung. Zudem sei durch die Vereinbarung der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag der Beigeladenen zu 1) nicht geändert worden, der ein Weisungsrecht festgesetzt habe.
Gegen das ihr am 5. November 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Dezember 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Das Sozialgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass nach dem Gesellschaftsvertrag für Beschlüsse, die Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter oder ihnen nahestehenden Person zum Gegenstand hätten, und für Satzungsänderungen eine Mehrheit von 90 % der abgegebenen Stimmen erforderlich sei. Auch habe das Sozialgericht übersehen, dass nach der Gesellschafter-Vereinbarung vom 21. Juli 2009 auch Satzungsänderungen nicht ohne die Zustimmung der Beigeladenen zu 1) beschlossen werden könnten. Unrichtig sei, dass die Wirksamkeit einer Stimmbindungs-Vereinbarung eine notarielle Beurkundung voraussetze. Die Beigeladene zu 1) habe als Gesellschafterin die Möglichkeit, die Stimmbindungs-Vereinbarung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene durchzusetzen. Deswegen sei nicht nachzuvollziehen, dass die Stimmbindungs-Vereinbarung gegenüber den Sozialversicherungsträgern keine Wirkung entfalten solle. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Hinweis auf BGH vom 27. Oktober 1986 – IIZR 42/85) habe die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage der Stimmrechtsvereinbarung die Möglichkeit, Beschlüsse bezüglich des Unternehmens und ihres Mitarbeiterverhältnisses zu beeinflussen, sie sei daher selbstständig tätig. Auch der erkennende Senat habe mit Beschluss vom 29. November 2012 – L 1 KR 355/12 B ER) eine schuldrechtliche Vereinbarung in einem Anstellungsvertrag zwischen Gesellschaftern und einem Geschäftsführer für wirksam gesehen, nach der sich der Geschäftsführer nicht an die Weisungen der Gesellschafter zu halten hatte. Eine etwaige Sozialversicherungspflichtigkeit der Beigeladenen zu 1) habe spätestens mit Abschluss der Gesellschaftervereinbarung vom 21. Juli 2009 geendet. Unrichtig sei auch die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, die Regelungen im Anstellungsvertrag über Arbeitsleistung, Vergütung, Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und Urlaub würden gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Zudem seien die vertraglichen Regelungen durch Änderungsvertrag vom 14. Oktober 2013 mittlerweile den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst worden. Regelungen zur Arbeitsleistung, Arbeitszeit und Urlaub gebe es seitdem nicht mehr. Gleichermaßen sei verschriftlicht worden, dass die Beigeladene zu 1) keinen Weisungen der Gesellschafter unterliege. Damit sei nur dem faktischen Verlauf den Tatsachen Rechnung getragen worden. Im Übrigen sei aus steuerlichen Gründen der Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages mit Vergütungsvereinbarung erforderlich. Das Sozialgericht habe schließlich unberücksichtigt gelassen, dass die Vergütung der Beigeladenen zu 1) zum großen Teil gewinnabhängig erfolge. Im Jahr 2009 habe dieser Anteil 40 % ausgemacht. Alle ihr - der Klägerin - aus langjähriger Tätigkeit bekannten Geschäftsführer-Anstellungsverträge enthielten Regelungen über Krankheit, Urlaub und zur Kündigungsfrist. Die Beigeladene zu 1) hätte zudem nach der Gesellschaftervereinbarung ihrer eigenen Kündigung zustimmen müssen. Spätestens mit dem Änderungsvertrag vom 14. Oktober 2013 würde die abhängige Beschäftigung und die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) enden Zu Unrecht gehe das Sozialgericht davon aus, dass die anderen Gesellschafter in der Lage seien, der Beigeladenen zu 1) Einzelweisungen zu erteilen. Tatsächlich seien die anderen Gesellschafter regelmäßig schon aufgrund der räumlichen Entfernung nicht in der Lage, in die Führung der Mandate durch die Klägerin einzugreifen. Bei ihr - der Klägerin – handele es sich um ein kleines mittelständisches Unternehmen, dessen Mitarbeiter die weiteren Gesellschafter in weiten Teilen gar nicht kennen würden oder bestenfalls einige Male gesehen hätten. Die Beigeladene zu 1) sei gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer Kopf und Seele des Büros. Der Mandantenstamm sei eher durch kleinere Mandate geprägt. Es bestehe eine erhebliche persönliche Bindung der Mandanten an die Person der Beigeladenen zu 1), so dass auch vor diesem Hintergrund ein Eingreifen der weiteren Gesellschafter in deren Tätigkeit nicht möglich und die Gesellschaft im erheblichen Maße von der Beigeladenen zu 1) abhängig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2010 in der Fassung des Bescheides vom 7. Dezember 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin seit dem 1. Mai 2009, hilfsweise seit dem 21. Juli 2009 und weiter hilfsweise seit dem 14. Oktober 2013 eine selbständige Tätigkeit ausübte und nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht sei die Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung nicht geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsvertrag darstelle, zu negieren. Diese Vereinbarung führe lediglich zu einer "Schönwetter-Selbstständigkeit", die für die vorausschauende versicherungsrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend sei. Die Beklagte verweist auf den Beschluss des BSG vom 31. März 2014 - B 12 R 53/13 B. Dort habe das BSG zu erkennen gegeben, dass eine außerhalb des Gesellschaftsvertrags geschlossene Stimmrechtsvereinbarung nicht zu einer beachtlichen Verschiebung der Rechtsmacht führe.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1) steht seit dem 1. Mai 2009 bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem sich Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ergibt.
Der Eintritt von Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn 16).
Die Beigeladene zu 1) ist für die Klägerin ab dem 1. Mai 2009 als Geschäftsführerin tätig geworden. Nach § 5 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom 1. Mai 2009 war sie verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft sowie ihr gesamtes Wissen und Können der Klägerin zur Verfügung zu stellen, wohingegen sie nach § 2 der Neufassung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom 14. Oktober 2013 nur noch gehalten ist, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt einer ordentlichen Kauffrau zu führen und ihre Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Die Neufassung der vertraglich formulierten Pflichten lässt aber unberührt, dass die Beigeladene zu 1) als Geschäftsführerin nicht im eigenen Unternehmen, sondern in einem fremden Betrieb arbeitete. Denn die Klägerin ist als GmbH eine juristische Person des Privatrechts und damit eine eigenständige Rechtspersönlichkeit. Sie muss deshalb unabhängig von den hinter ihr als Gesellschafter stehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden (vgl. Urteil des BSG vom 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -, juris Rn. 18).
Ausgehend von den geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträgen enthält auch die Fassung vom 14. Oktober 2013 noch einige Abreden, die für ein Arbeitsverhältnis typisch sind. Das sind insbesondere die Regelung in § 7 über ein festes monatliches Bruttogehalt von 4.400,00 EUR sowie die in § 8 enthaltenen Ansprüche auf Vergütungsfortzahlung bei Dienstverhinderung und der in § 10 erwähnte Anspruch auf Urlaub. Die Nähe zu einem Arbeitsvertrag ergibt sich deutlicher aus den Formulierungen in dem Vertrag vom 1. Mai 2009, der in seinem § 1 Abs. 2 bestimmte, dass die Beigeladene zu 1) den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten hatte. Diese Formulierung findet sich so zwar nicht mehr in dem Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 14. Oktober 2013 wieder, ihre Weitergeltung der Sache nach lässt sich aber § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 29. Januar 1996 entnehmen.
Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht aus dem Gesetz. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, der gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris RdNr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris RdNr 17). Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV kommt es für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere an auf das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Für eine solche Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in eine ihr fremde betriebliche Organisation spricht, dass die Beigeladene zu 1) für die Gestaltung von Ort, Zeit und Gegenstand ihrer Tätigkeit auf organisatorische Vorgaben der Klägerin zurückgriff. Weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht waren die Abläufe der von der Beigeladenen zu 1) zu erbringenden Tätigkeit allein ihrer Verantwortung überwiesen. Die von ihr betreuten Mandanten waren rechtlich Mandanten der Klägerin. Die für die Ausübung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) erforderlichen personellen und sächlichen Mittel waren von der Klägerin bereitgestellt worden.
Die danach gegebene Eingliederung in eine fremde betriebliche Organisation ist nicht deswegen zu vernachlässigen, weil die Beigeladene zu 1) (Mit-)Geschäftsführerin und (Mit-)Gesellschafterin der Klägerin zu 1) war. Die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer GmbH bleibt nämlich fremdbestimmte Tätigkeit, solange der Gesellschafter-Geschäftsführer keinen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung in der Gesellschaft hat. Zwar war die Beigeladene zu 1) schon nach dem alten Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. Mai 2009 berechtigt zur Vornahme aller zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörenden Handlungen. Die Beschränkung auf die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörenden Maßnahmen ist dann in der Neufassung des Anstellungsvertrages vom 14. Oktober 2013 noch weggefallen, ihre Weitergeltung der Sache nach ergibt sich aber aus § 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 29. Januar 1996. Im Übrigen folgt aus § 37 Abs. 1 GmbHG, dass die Geschäftsführer einer GmbH ihr Amt nach den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung zu führen haben. Insoweit ändert die Befugnis zur Führung der laufenden Geschäfte nichts daran, dass ein Geschäftsführer den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten hat. Auf das gesetzlich begründete Weisungsrecht der Gesellschafter nimmt der Anstellungsvertrag der Beigeladenen zu 1) auch in seiner Fassung vom 14. Oktober 2013 in § 1 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich Bezug.
Im gesetzlichen Regelfall entscheidet gemäß § 47 Abs. 1 GmbHG der Anteil am Stammkapital über die Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft. Deswegen ergeben sich aus dem Umfang der Teilhabe am Stammkapital wesentliche Auswirkungen für die Frage, ob ein mitarbeitender Gesellschafter-Geschäftsführer als Beschäftigter der GmbH anzusehen oder Selbständiger ist. Ein Alleingesellschafter als Geschäftsführer steht zu "seiner" GmbH in keinem Beschäftigungsverhältnis. Als Alleingesellschafter kann er die Willensbildung der Gesellschaft nämlich nach Belieben steuern. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mindestens über die Hälfte des Stammkapitals verfügt, hat einen vergleichbaren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, so dass er grundsätzlich ebenfalls nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG v. 24. Juni 1982 – 12 RK 45/80 – juris Rn 14; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht (Std.: 82. EL. 2014), § 7 SGB VI Rn. 89 ff.). Verfügt ein Gesellschafter-Geschäftsführer aber über weniger als 50 % des Stammkapitals, ist dieser Umstand in der Regel ein Indiz für seine abhängige Beschäftigung. Regelmäßig wird der mitarbeitende Gesellschafter-Geschäftsführer mit weniger als 50% Kapitalanteil die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung nicht endgültig beeinflussen können, so dass ihn fremde Entscheidungen binden und ihm Weisungen erteilt werden können.
Auch vorliegend ergibt sich aus den Bestimmungen des GmbHG und § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin v. 29. Januar 1996, dass die Beigeladene zu 1) Weisungen der Klägerin Folge zu leisten hatte, deren Ergehen sie nicht alleine verhindern konnte. Dieses Entscheidungsrecht der Gesellschafterversammlung ist nicht auf bestimmte Angelegenheiten eingeschränkt, kann sich demnach auf alle zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführerin gehörenden Angelegenheiten beziehen. Nach § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschaftsbeschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, dabei gewährt nach § 47 Abs. 2 GmbHG jeder EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme. Da die Beigeladene zu 1) nur 10% des Stammkapitals der Klägerin hielt, musste sie nach dem Gesellschaftsvertrag jederzeit damit rechnen, von den anderen Gesellschaftern überstimmt zu werden. Sie hatte damit nicht die rechtliche Möglichkeit, ihr nicht genehme Entscheidungen mit Bezug auf ihre Tätigkeit zu verhindern.
Es liegt auch kein Fall vor, in dem abweichend von dem Grundsatz, dass die Selbständigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers einen Anteil am Stammkapital von mindestens 50% voraussetzt, aus besonderen Gründen ausnahmsweise etwas anderes gelten würde. Zu den besonderen Umständen, welche bewirken, dass Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gleichwohl als Selbständige anzusehen sind, gehören zunächst Gestaltungen des Gesellschaftsvertrages, nach denen für die Wirksamkeit der Beschlüsse Einstimmigkeit Voraussetzung ist (Seewald a. a. O.). Entsprechendes gilt für einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der weniger als 50 % des Stammkapitals hält, wenn er über eine Sperrminorität verfügt, kraft derer er ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern kann. Dabei muss sich die Schutzklausel aber auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige besonders herausgehobene beziehen (Seewald a. a. O.). Zu Unrecht nimmt die Klägerin dafür die Klausel in § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages in Anspruch, wonach Beschlüsse, die dem Leistungsverkehr der Gesellschaft mit Gesellschaftern oder ihnen nahestehenden Personen im Sinne des § 15 AO zum Gegenstand haben, unbeschadet der Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG der Zustimmung von 90% der abgegebenen Stimmen bedürfen. In den sie betreffenden Angelegenheiten, die unter diese Klausel fallen, ist die Beigeladene zu 1) nämlich nicht selbst stimmberechtigt. Das ergibt sich aus dem Verweis auf § 47 Abs. 4 GmbHG, mit dem deutlich wird, dass der Regelungsbereich der Vertragsklausel identisch mit dem Tatbestand der Vorschrift ist: § 47 Abs. 4 GmbHG bestimmt, dass ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, kein eigenes Stimmrecht hat und auch nicht für andere ausüben darf.
Auch die Gesellschaftervereinbarung vom 21. Juli 2009, nach der Beschlüsse über bestimmte Gegenstände nur mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) gefasst werden können, begründet keine Sperrminorität für die Beigeladene zu 1). Diese Vereinbarung ist nicht Bestandteil des Gesellschaftsvertrages, sondern lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung der Gesellschafter untereinander. Ob solche Stimmbindungsvereinbarungen unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit ebenso wie eine gesellschaftsvertraglich eingeräumte Sperrminorität eine abhängige Beschäftigung auszuschließen vermögen, ist in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte bisher unterschiedlich gewürdigt worden (für eine Gleichstellung LSG Sachen v. 4. März 2014 – L 1 KR 9/11 R – juris Rn 44; LSG Hessen v. 15. Mai 2014 – L 1 KR 235/14 – juris Rn 41; LSG Baden-Württemberg v. 11. Juni 2014 – L 5 KR 2911/13 – juris Rn 38; dagegen aber LSG Hamburg v. 4. September 2013 – L 2 R 111/12 – juris Rn 49; LSG Nordrhein-Westfalen v. 3. September 2014 – L 8 R 55/13 – juris Rn 99-102; L 8 R 296/13 – juris Rn 95-97; LSG Thüringen v. 28. Januar 2014 – L 6 KR 696/11 – juris Rn 23). Nach der nunmehr vorliegenden Rechtsprechung des BSG zu dieser Frage, der sich der Senat anschließt, fehlt es an der Vergleichbarkeit, weil eine schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung jederzeit gekündigt werden kann, wonach die gesellschaftsrechtlichen Stimmgewichte wieder maßgeblich werden (BSG v. 18. November 2015 – B 12 KR 10/14 R und B 12 KR 13/14 R). Im Übrigen hat die Stimmbindungsvereinbarung schon nach ihrem Wortlaut einen eingeschränkten Inhalt und steht nicht entgegen, dass die Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) Weisungen in Bezug auf deren Tätigkeit erteilt.
Das Vorbringen der Klägerin, die Beigeladene zu 1) habe tatsächlich weisungsfrei gearbeitet, führt zu keinem anderen Ergebnis. Konkrete Handlungsanweisungen werden gerade bei Diensten höherer Art regelmäßig nicht, jedenfalls aber nur in einem sehr eingeschränkten Umfang erteilt. Das Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers reduziert sich insoweit zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (Urteil des BSG vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 12/05 R -, zitiert nach juris). Entsprechend reicht für die Fremdbestimmt von höheren Diensten aus, dass sie im Rahmen einer von einer anderen Stelle vorgegebenen betrieblichen-arbeitstechnischen Organisation geleistet werden, der Betroffene also insofern in einen ihm fremden Betrieb eingegliedert ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil über die betrieblichen Strukturen der Klägerin nicht die Beigeladene zu 1) alleine entscheidet, sondern die Gesamtheit der Gesellschafter. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beigeladenen zu 1) jemals tatsächlich Weisungen von der Gesellschafterversammlung erteilt worden sind. Entscheidend ist der rechtliche Bestand der Rechtsmacht. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der "Schönwetterselbständigkeit", in denen erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bereits bei Aufnahme der Tätigkeit und damit im Voraus feststehen muss (BSG Urt. v. 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R, zitiert nach juris). Entscheidend ist demnach, dass die Mehrheit der Gesellschafter der Klägerin die Rechtsmacht hatte, der Beigeladenen zu 1) eingehende Vorgaben für ihre Tätigkeit zu machen, ohne dass sich die Beigeladene zu 1) dagegen hätte wehren können.
Der Senat verkennt nicht, dass einige Umstände des Sachverhaltes auch für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechen, insbesondere der erhebliche Einfluss des wirtschaftlichen Erfolges der Klägerin auf die Höhe der Bezüge der Beigeladenen zu 1). Nach Auffassung des Senats ist aber das Fehlen eines maßgeblichen Einflusses der Beigeladenen zu 1) in der Gesellschafterversammlung von weit stärkerer Bedeutung für die vorzunehmende Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit.
Aufgrund der Höhe der von der Klägerin mitgeteilten Bezüge der Beigeladenen zu 1), die nach dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 1. Mai 2009 3.600,- EUR und nach dem vom 14. Oktober 2013 4.400,- EUR betragen, zuzüglich einer Vorauszahlung auf den zu erwartenden Gewinn in Höhe von 300,- EUR und später 500,- EUR, ist die Beklagte zu Recht nicht von einer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV ausgegangen. Auch die Versicherungspflichtgrenze zur Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist erst mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 14. Oktober 2013 überschritten worden. Der für die Befreiung nach § 8 SGB V notwendige Antrag ist aber bisher nicht gestellt. Für den Eintritt von Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV fehlt es ebenso bereits an einem entsprechenden Antrag der Beigeladenen zu 1).
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved