L 15 SF 75/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 75/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Ein Antrag gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG ist auch dann statthaft, wenn die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Erinnerung gegen den Kostenansatz begehrt wird. Eine Beschränkung der Statthaftigkeit eines Antrags gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG auf Fälle, in denen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde begehrt wird, ist mit dem Wortlaut des § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG nicht vereinbar.
2. Ist die Erinnerung gegen den Kostenansatz mit Beschluss vom gleichen Tag als unbegründet zurückgewiesen worden, kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Erinnerung nicht mehr in Betracht.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 19. November 2015 wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Erinnerung gegen eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten in einem gerichtskostenpflichtigen Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Das zugrunde liegende und unter dem Aktenzeichen L 15 SF 218/15 geführte Verfahren einer Nichtzulassungsbeschwerde der dortigen Beschwerdeführerin und jetzigen Antragstellerin (im Folgenden: Antragstellerin) wegen eines Beschlusses des Sozialgerichts zur Höhe der Entschädigung wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) (in der Folge: Hauptsacheverfahren) endete mit Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 30.09.2015. Darin verwarf der Hauptsachesenat die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig, da unstatthaft, erlegte die Kosten des Hauptsacheverfahrens der Antragstellerin auf und begründete die Entscheidung zu den Kosten wie folgt:

"Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gebührenfreiheit konstituierende Regelungen wie z.B. § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG, § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) kommen weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 07.08.2014, Az.: L 15 SF 146/14 E, vom 22.09.2014, Az.: L 15 SF 157/14 E, vom 13.07.2015, Az.: L 15 SF 347/13 E, und vom 28.09.2015, Az.: L 15 RF 36/15 B; vgl. auch Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07) und ein statthaftes Verfahren hier nicht vorliegt (vgl. oben Ziff. 2.). Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller oder Rechtmittelführer wie hier im Verfahren der Hauptsache gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenprivilegiert gewesen ist (vgl. Beschluss des Senats vom 28.09.2015, Az.: L 15 RF 36/15 B - mit ausführlicher Begründung)."

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 19.11.2015 erhob der Kostenbeamte bei der Antragstellerin Gerichtskosten in Höhe von 60,- EUR für das Hauptsacheverfahren und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7504 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG) zugrunde.

Dagegen hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 18.12.2015 Erinnerung eingelegt und diese wie folgt begründet: Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit seien für den Bürger, der als Versicherter, sonstiger Leistungsempfänger oder Behinderter klage, gerichtskostenfrei. Sie bekomme Arbeitslosengeld II und sei somit Leistungsempfängerin und Versicherte. Gerichtskosten dürften einem Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld II und Versicherten nicht auferlegt werden. Auch sei kein Rechtsstreit trotz Hinweises des Gerichts missbräuchlich fortgeführt worden, obwohl er offensichtlich aussichtslos sei. Das Gericht habe keinen Hinweis gegeben, dass Nichtzulassungsbeschwerden unter 200,- EUR Kosten verursachen könnten. Ihr sei nicht bekannt, dass Kosten anfallen könnten. Zudem dürften ihr als Bezieherin von Arbeitslosengeld II keine Gerichtskosten auferlegt werden; die Erhebung von Gerichtskosten gefährde ihr Existenzminimum. Schließlich sei der Beschluss in der Hauptsache nicht unterschrieben und enthalte keinerlei Beglaubigungsvermerke.

Mit Schreiben vom 05.02.2016 hat sie ergänzend erläutert, warum die Aufrechterhaltung der Gerichtskostenforderung aus ihrer Sicht eine unbillige Härte darstelle. Zudem hat sie die Aussetzung der Vollstreckung aus der Gerichtskostenfeststellung vom 19.11.2015 beantragt.

Die Erinnerung hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag, Az.: L 15 SF 362/15 E, zurückgewiesen.

II.

Dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung kann schon deshalb nicht stattgegeben werden, da heute bereits im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 362/15 E über die Erinnerung entschieden worden ist.

Nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG kann das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter die ansonsten nach § 66 Abs. 7 Satz 1 GKG nicht gegebene aufschiebende Wirkung der Erinnerung gegen einen Kostenansatz im Sinne des § 19 Abs. 1 GKG ganz oder teilweise anordnen.

Der Antrag gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG ist auch dann statthaft, wenn - wie hier - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Erinnerung gegen den Kostenansatz begehrt wird. Eine Beschränkung der Statthaftigkeit eines Antrags gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG auf Fälle, in denen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde begehrt wird, wie dies Hartmann (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 66 GKG, Rdnr. 44) vertritt, ist mit dem Wortlaut des § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG nicht vereinbar (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 03.07.2014, Az.: L 15 SF 182/14 ER; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 30.03.2009, Az.: 5 B 281/09, und vom 24.06.2009, Az.: 5 B 303/09; Sächsisches Finanzgericht, Beschlüsse vom 13.11.2009, Az.: 3 Ko 1557/09, und vom 21.04.2010, Az.: 3 Ko 531/10; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschlüsse vom 25.10.2005, Az.: IX S 17/05, und vom 03.07.2006, Az.: VI S 8/06, der ganz selbstverständlich von einer Statthaftigkeit ausgeht).

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung kommt aber dann nicht (mehr) in Betracht, wenn über die Erinnerung bereits entschieden worden ist. Denn mit dem Institut der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird nur die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen die von Gesetzes wegen (hier: gemäß § 66 Abs. 7 Satz 1 GKG) vorgegebene Vollziehung einer Verwaltungsentscheidung für die Zeit bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache, hier über die Erinnerung, auszusetzen. Ist die Entscheidung in der Hauptsache - wie hier mit dem heute im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 362/15 E erlassenen Beschluss - ergangen, ist für eine einstweilige Regelung daher kein Raum mehr (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 314/14 ER; BFH, Beschlüsse vom 13.06.1997, Az.: VII E 3/97, vom 13.06.2000, Az.: VIII E 4/00, und vom 25.10.2005, Az.: IX S 17/05).

Die Entscheidung ist unanfechtbar. Ob dies auf § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG zu stützen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 13.09.2006, Az.: VII B 150/06) oder darauf, dass mangels gesetzlicher Grundlage im GKG ein Rechtsmittel nicht eröffnet ist (vgl. Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 10.03.2009, Az.: 5 K 378/08.TR - m.w.N.), kann dahingestellt bleiben.

Die Entscheidung ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).
Rechtskraft
Aus
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