Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2342/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2915/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03.06.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Bei dem 1951 geborenen Kläger stellte das Landratsamt L. (LRA) zuletzt mit Teil-Abhilfebescheid vom 22.11.2011 wegen einer Herzleistungsminderung, Bluthochdrucks, koronarem Bypass und Aneurysma (GdB 30), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 20) sowie einer Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke (GdB 20) den GdB mit 50 fest.
Am 03.09.2012 beantragte der Kläger beim LRA wegen einer Bandscheibenoperation die Erhöhung des GdB. Das LRA nahm den Entlassungsbericht des S. Gesundheitszentrums Bad W. vom 18.07.2012 zu den Akten. In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes S. vom 14.09.2012 wurde wegen einer Herzleistungsminderung, Bluthochdrucks, koronarem Bypass und einem Aneurysma (GdB 30), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 30) sowie einer Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke (GdB 20) der GdB weiterhin mit 50 vorgeschlagen. Mit Bescheid vom 19.10.2012 entsprach das LRA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht.
Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2012 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule sowie seine Herzbeschwerden seien zu niedrig bewertet. Das LRA nahm weitere medizinische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte der Gemeinschaftspraxis Dr. Wa. und T. vom 23.01.2013, des Klinikums L. vom 21.03.2012, 12.05.2012 und 14.05.2012, der H. K. Klinik S. vom 22.03.2012 und 15.05.2012, der radiologischen Gemeinschaftspraxis L. vom 07.05.2012, des Dr. Schu. vom 01.06.2012, 03.08.2012, 27.09.2012, 18.12.2012 und 17.01.2013, der R.-M. -Kliniken vom 08.06.2012, des Dr. A. vom 12.09.2012, des Dr. E. vom 07.03.2012 sowie den Entlassbrief der R. Klinik Bad W. vom 21.03.2013) und holte den Befundschein des Dr. Wi. vom 25.03.2013 ein. In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes hielt Dr. M.-T. den GdB von 50 weiterhin für angemessen. Dementsprechend wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2013 zurückgewiesen. In den Verhältnissen des dem Bescheid vom 22.11.2011 zugrundeliegenden Gesundheitszustands sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten.
Am 15.07.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte zur Begründung geltend, sein Wirbelsäulenleiden sei mit einem Einzel-GdB von 30 deutlich zu niedrig bemessen. Eine wesentliche Veränderung bzw. Verschlechterung sei eingetreten. Er leide unter Schmerzen, Nervenblockaden, Taubheitsgefühlen und Kribbelparästhesien in den Beinen. Seine Gehfähigkeit sei eingeschränkt. Weiter sei zu rügen, dass der Einzel-GdB von 30 für sein Herzleiden zu niedrig sei. Für die Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke sei ein höherer Einzel-GdB als 20 zu erteilen. Seine schwere Erkrankung werde auch dadurch deutlich, dass er arbeitsunfähig erkrankt sei. Ihm sei es nicht möglich, auf seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Der Kläger legte medizinische Befundunterlagen vor.
Das SG hörte vom Kläger benannte Ärzte (unter Übersendung der Stellungnahmen des Versorgungsarztes S. vom 14.09.2012 und des Dr. M.-T. vom 17.05.2013) schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. A. teilte in seiner Stellungnahme vom 10.09.2013 die Wirbelsäulenbefunde mit und schätzte den Einzel-GdB auf 40 ein. Die Knie- und Hüftgelenke seien von ihm nicht behandelt und diagnostiziert worden; für die Knie- und Hüftgelenke seien getrennte GdB zu fordern. Der Neurochirurg Dr. Schu. teilte in seiner Stellungnahme vom 01.10.2013 - unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen - den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und Befunde mit. Er stimme mit dem sozialmedizinischen Gutachten überein; die Behinderungen seien vollständig erfasst. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Wi. teilte in seiner Stellungnahme vom 07.10.2013 - unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen - den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er erachtete vor allem das Wirbelsäulenleiden des Klägers als zu niedrig bewertet. Der Internist (Nephrologe und Kardiologe) Dr. E. teilte in seiner Stellungnahme vom 07.02.2014 - unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen - den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und Befunde mit. Er stimmte den Feststellungen und Bewertungsansätzen des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu.
Anschließend holte das SG (von Amts wegen) das orthopädische Gutachten des Dr. B. vom 01.08.2014 ein. Dr. B. diagnostizierte ein fortgeschrittenes, chronisch rezidivierendes, degeneratives LWS-Syndrom, ein Postnukleotomiesyndrom und ein degeneratives HWS-Syndrom bei Fehlhaltung, schmerzhafter Funktionseinschränkung und pseudoradikulärer Symptomatik (Einzel-GdB 30) sowie eine Coxarthrose mit schmerzhafter Einschränkung der Funktion beidseits (Einzel-GdB 20).
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. R. vom 13.05.2014 und 29.01.2015 der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.06.2015 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, für die Erkrankung der Wirbelsäule sei der GdB nicht höher als 30. Die Erkrankungen an der Hüfte zögen keinen höheren GdB als 20 und die internistischen Erkrankungen des Klägers einen GdB von 30 nach sich. Der Gesamt-GdB betrage jedenfalls nicht mehr als 50. Die Erhöhung des GdB auf 60 sei nicht gerechtfertigt.
Gegen den der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.06.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 10.07.2015 eingelegte Berufung. Der Kläger hat für sein Wirbelsäulenleiden einen GdB von 40 für angemessen erachtet. Weiter hat er unter Bezug auf Dr. A. gerügt, dass die Knie- und Hüftgelenke nicht gemeinsam mit einem GdB, sondern jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 zu veranschlagen seien. Unter Berücksichtigung der Herzerkrankung mit einem GdB von 30 sei der Gesamt-GdB mit mindestens 60 festzustellen. Der Kläger hat ihn behandelnde Ärzte namentlich benannt und eine Behandlung wegen einer Daumensattelgelenksarthrose geltend gemacht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03.06.2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 60 seit dem 03.09.2012 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das SG habe zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein höherer GdB als 50 zustehe.
Mit Beschluss vom 29.12.2015 hat der Senat einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das vorliegende Berufungsverfahren abgelehnt, da die Berufung keine hinreichende Erfolgsaussicht biete.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 19.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Neufeststellung eines höheren GdB von mindestens 60 seit dem 03.09.2012. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96-, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetz-liche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung seines im letzten Feststellungsbescheid (Teil-Abhilfebescheid) vom 22.11.2011 mit einem GdB von 50 berücksichtigten Behinderungszustand nicht eingetreten ist und der GdB unverändert 50 beträgt, wie auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden hat.
Das Wirbelsäulenleiden des Klägers rechtfertigt - entgegen der Ansicht des Klägers - keinen höheren Einzel-GdB als 30. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Die Obergrenze des GdB 40 ist erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Das Vorliegen schwerer funktioneller Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in wenigstens zwei Wirbelsäulenabschnitten kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Nach dem von Dr. B. in seinem Gutachten vom 01.08.2014 beschriebenen Wirbelsäulenbefunden ist die Beweglichkeit der Halswirbelsäule des Klägers (Kopfbeweglichkeit) mit Ausnahme der Seitneigung rechts/links nicht bzw. nur endgradig (Drehen rechts/links) eingeschränkt. Die Rumpfbeweglichkeit ist zu einem Drittel eingeschränkt. Der Finger-Boden-Abstand im Stehen beträgt 35 cm. Weiter besteht eine Einschränkung der Entfaltbarkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule (Maß nach Ort 30/31 cm und nach Schober 10/13 cm). Bedeutsame periphere sensomotorische Defizite/neurologische Ausfälle können nicht festgestellt werden. Dem entsprechen auch die im Entlassungsbericht vom "08/2014" der Klinik S. Bad W. , den der Kläger dem SG vorgelegt hat, beschriebenen Wirbelsäulenbefunde einer vollen und schmerzfreien HWS-Beweglichkeit sowie einer nicht wesentlich eingeschränkten Seitneigung und Rotation der Rumpf-/Lendenwirbelsäule. Aus diesen Befunden lassen sich noch keine mittelgradigen funktionellen Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden ableiten. Deshalb ist davon auszugehen, dass erst die von Dr. B. diagnostizierte schmerzhafte Funktionseinschränkung sowie die pseudoradikuläre Symptomatik und die von Dr. A. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.09.2013 genannten anhaltenden Wurzelkompressionssyndrome der vorwiegend betroffenen Lendenwirbelsäule einen Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers rechtfertigen. Von einem Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers geht auch Dr. B. in seinem Gutachten aus. Auch der den Kläger behandelnde Arzt Dr. Schu. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 01.10.2013 unter der Annahme bestehender mittelgradiger Schmerzen und Veränderungen an der Lendenwirbelsäule der Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zugestimmt und damit für die Wirbelsäule den vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB bestätigt. Der Befundbeschreibung von Dr. A. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.09.2013 sind schwere Bewegungseinschränkungen in wenigstens zwei Wirbelsäulenabschnitten und bedeutsame neurologische Defizite nicht zu entnehmen. Der Ansicht des Dr. A. , hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens des Klägers sei von einem Einzel-GdB von 40 auszugehen, kann deshalb nicht gefolgt werden. Dass sich der Kläger mehrfach Bandscheibenoperationen an der Lendenwirbelsäule hat unterziehen müssen, wie insbesondere Dr. Schu. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage sowie Dr. B. in seinem Gutachten beschrieben haben, rechtfertigt nach den VG Teil B 18.1 (5. Abs.) - ebenso wenig wie mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen zum Beispiel degenerativer Art - allein eine Erhöhung des Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers nicht.
Eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, die einen Teil-GdB wenigstens 10 rechtfertigt, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht festzustellen. Nach den VG Teil B 18.14 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90) einseitig einen GdB von 0 bis 10 und beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Eine solche geringgradige Bewegungseinschränkung kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Nach dem Gutachten des Dr. B. ist die Kniegelenksbeweglichkeit (Extension/Flexion 0-0-130° beidseits) vielmehr frei und nicht eingeschränkt. Die Kniegelenksbeweglichkeit ist lediglich endgradig schmerzhaft. Eine Bandinstabilität der Kniegelenke, Meniskuszeichen, Schubladenphänomene oder ein Kniegelenkserguss bestehen beidseits nicht. Eine Funktionsbehinderung der Kniegelenke die nach den VG Teil B 18.14 einen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt, liegt danach nicht vor. Eine solche Funktionsbehinderung der Kniegelenke lässt sich auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen. Vielmehr wird auch in dem vom Kläger vorgelegten Entlassbrief der R. Klinik vom 21.03.2013 die Kniegelenke des Klägers als frei beweglich beschrieben. Entsprechendes gilt für den vom Kläger vorgelegten Bericht des S. Bad W. vom "08/2014", in dem aus orthopädischer Sicht die (oberen und) unteren Extremitäten des Klägers als unauffällig beschrieben werden.
Soweit Dr. B. in seinem Gutachten hinsichtlich der Hüftgelenke von einem Teil-GdB von 20 ausgeht, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach den VG Teil B 18.14 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10 bis 20 und beidseitig einen GdB von 20 bis 30. Eine solche geringgradige Bewegungseinschränkung kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Nach den von Dr. B. im Gutachten beschriebenen Hüftgelenksbefunden besteht zwar eine schmerzhaft herabgesetzte Hüftgelenksbeweglichkeit (Streckungen/Beugung 0-0-100° beidseits). Nach den VG Teil B 18.14 rechtfertigt die von Dr. B. beschriebene Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke des Klägers jedoch noch keinen Teil-GdB von 20, worauf auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.01.2015 zutreffend hinweist.
Der Ansicht des Klägers, hinsichtlich der Hüft- und Kniegelenke sei jeweils von einem Einzel-GdB von 20 auszugehen, kann damit nicht gefolgt werden. Außerdem ist seine - auf Dr. A. gestützte - Ansicht, der GdB sei für die Hüft- und Kniegelenke nicht gemeinsam, sondern getrennt zu veranschlagen, nicht mit den rechtlichen Vorgaben der VG Teil A 2e) vereinbar, wonach zur Feststellung des (Einzel-)GdB im Allgemeinen u.a. die Beine als Funktionssystem zusammenfassend zu beurteilen sind, wozu der Senat die unteren Extremitäten einschließlich der Hüft- und Kniegelenke zählt.
Hinsichtlich der Herzerkrankung des Klägers ist beim Kläger keine Einschränkung der Herzleistung festzustellen, die einen Einzel-GdB von über 30 rechtfertigt. Nach den VG Teil B Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen besteht beim Kläger eine kardiale Belastbarkeit von 125 Watt ohne sicheren Nachweis für eine Koronarinsuffizienz (Aussage Dr. E. vom 07.02.2014). Auch nach dem von Kläger vorgelegten Entlassungsbericht des S. Bad W. war der Kläger bis 100 Watt belastbar; das Auftreten bedeutsamer Beschwerden oder pathologischer Messdaten bei der Ergometerbelastung wird im vorgelegten Entlassungsbericht nicht beschrieben. Vielmehr hat der Kläger nach seinen im vorgelegten Entlassungsbericht beschriebenen Angaben aus kardialer Sicht keine Beschwerden angegeben. Eine Leistungsbeeinträchtigung des Herzens bei mittelschwerer Belastung, die nach den VG Teil B 9.1.1 einen GdB von 20 bis 40 rechtfertigt, ist danach beim Kläger nicht festzustellen. Auch ein bedeutsames Bluthochdruckleiden des Klägers ist nicht anzunehmen. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach den VG Teil B Nr. 9.3 in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I-II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Nach den vorliegenden Befundberichten wird der Blutdruck des Klägers weitgehend im Normalbereich liegend beschrieben (zwischen RR 125/85 mmHg und 140/80 mmHg; Ausnahme RR 170/90 mmHg). Eine Hypertonie (Bluthochdruck) mittelschwerer Form, die nach den VG Teil B 9.3 einen GdB von 20 (bis 40) rechtfertigt, kann danach nicht festgestellt werden. Auch eine Gefäßerkrankung, die nach den VG einen GdB von mindestens 10 rechtfertigt, liegt beim Kläger nicht vor. Dass das beim Kläger diagnostizierte Aortenaneurysma (Bericht Dr. F. vom 01.07.2013) Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, die einen Teil-GdB von mindestens 10 rechtfertigen, ist nicht ersichtlich. Nach den VG Teil B 9.2.2 beträgt bei Aneurysmen (je nach Sitz und Größe) ohne lokale Funktionsstörung und ohne Einschränkung der Belastbarkeit der GdB 0 bis 10 ohne oder mit nur geringer lokaler Funktionsstörung mit Einschränkung der Belastbarkeit der GdB 20 bis 40 und bei große Aneurysmen der GdB wenigstens 50. Dass das Aortenaneurysma eine auch nur geringe lokale Funktionsstörung mit Einschränkung der Belastbarkeit hervorruft, kann nicht festgestellt werden. Keiner der vom SG schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte hat das Aortenaneurysma als zusätzlich zu berücksichtigende Behinderung des Klägers angesehen. Insbesondere hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Wi. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 07.10.2013 das Aneurysma nicht als zusätzlich zu berücksichtigende Behinderung des Klägers genannt. Danach ist im Funktionssystem Herz-Kreislauf ein Einzel-GdB von über 30 nicht gerechtfertigt, sondern der vom Beklagten berücksichtigte Einzel-GdB von 30 als großzügig anzusehen. Ein Einzel-GdB von 40 wird jedenfalls nicht erreicht. Dem entspricht auch die Bewertung des GdB durch Dr. E. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 07.02.2014, der hinsichtlich einer Herzleistungsminderung als Folge von Bluthochdruck, koronarer Bypass-Operation und Aneurysma einen GdB von 30 den VG entsprechend bestätigt hat. Insoweit hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen mehr erhoben.
Sonstige Gesundheitsstörungen, die Funktionsbehinderungen mit einem GdB von mindestens 10 hervorrufen, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, wegen einer Daumensattelgelenksarthrose in ärztlicher Behandlung zu sein, lässt sich seinem Vorbringen nicht ansatzweise entnehmen, dass die Daumensattelgelenksarthrose trotz ärztlicher Behandlung eine Funktionseinschränkung bewirkt, die nach den VG Teil B 18.13 einen GdB von wenigstens 10 rechtfertigt.
Damit ist beim Kläger eine wesentliche Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes, der die Neufeststellung eines GdB von mindestens 60 rechtfertigt, nicht eingetreten. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten welches Ausmaß die Behinderungen in ihrer Gesamtheit erreichen.
Nach diesen Grundsätzen ist ausgehend von einem Einzel-GdB von allenfalls 30 für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers der Gesamt-GdB mit 50 eher großzügig bemessen, worauf auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.01.2015 hinweist. Die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertende Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke erhöht den Gesamt-GdB nicht. Ein GdB von 60, wie der Kläger meint, liegt nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Allein durch die bloße Behauptung, wegen einer Daumensattelgelenksarthrose in ärztlicher Behandlung zu sein, sieht sich der Senat nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt. Denn Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R -, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -, veröffentlicht in juris).
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Bei dem 1951 geborenen Kläger stellte das Landratsamt L. (LRA) zuletzt mit Teil-Abhilfebescheid vom 22.11.2011 wegen einer Herzleistungsminderung, Bluthochdrucks, koronarem Bypass und Aneurysma (GdB 30), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 20) sowie einer Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke (GdB 20) den GdB mit 50 fest.
Am 03.09.2012 beantragte der Kläger beim LRA wegen einer Bandscheibenoperation die Erhöhung des GdB. Das LRA nahm den Entlassungsbericht des S. Gesundheitszentrums Bad W. vom 18.07.2012 zu den Akten. In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes S. vom 14.09.2012 wurde wegen einer Herzleistungsminderung, Bluthochdrucks, koronarem Bypass und einem Aneurysma (GdB 30), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 30) sowie einer Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke (GdB 20) der GdB weiterhin mit 50 vorgeschlagen. Mit Bescheid vom 19.10.2012 entsprach das LRA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht.
Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2012 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule sowie seine Herzbeschwerden seien zu niedrig bewertet. Das LRA nahm weitere medizinische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte der Gemeinschaftspraxis Dr. Wa. und T. vom 23.01.2013, des Klinikums L. vom 21.03.2012, 12.05.2012 und 14.05.2012, der H. K. Klinik S. vom 22.03.2012 und 15.05.2012, der radiologischen Gemeinschaftspraxis L. vom 07.05.2012, des Dr. Schu. vom 01.06.2012, 03.08.2012, 27.09.2012, 18.12.2012 und 17.01.2013, der R.-M. -Kliniken vom 08.06.2012, des Dr. A. vom 12.09.2012, des Dr. E. vom 07.03.2012 sowie den Entlassbrief der R. Klinik Bad W. vom 21.03.2013) und holte den Befundschein des Dr. Wi. vom 25.03.2013 ein. In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes hielt Dr. M.-T. den GdB von 50 weiterhin für angemessen. Dementsprechend wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2013 zurückgewiesen. In den Verhältnissen des dem Bescheid vom 22.11.2011 zugrundeliegenden Gesundheitszustands sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten.
Am 15.07.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte zur Begründung geltend, sein Wirbelsäulenleiden sei mit einem Einzel-GdB von 30 deutlich zu niedrig bemessen. Eine wesentliche Veränderung bzw. Verschlechterung sei eingetreten. Er leide unter Schmerzen, Nervenblockaden, Taubheitsgefühlen und Kribbelparästhesien in den Beinen. Seine Gehfähigkeit sei eingeschränkt. Weiter sei zu rügen, dass der Einzel-GdB von 30 für sein Herzleiden zu niedrig sei. Für die Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke sei ein höherer Einzel-GdB als 20 zu erteilen. Seine schwere Erkrankung werde auch dadurch deutlich, dass er arbeitsunfähig erkrankt sei. Ihm sei es nicht möglich, auf seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Der Kläger legte medizinische Befundunterlagen vor.
Das SG hörte vom Kläger benannte Ärzte (unter Übersendung der Stellungnahmen des Versorgungsarztes S. vom 14.09.2012 und des Dr. M.-T. vom 17.05.2013) schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. A. teilte in seiner Stellungnahme vom 10.09.2013 die Wirbelsäulenbefunde mit und schätzte den Einzel-GdB auf 40 ein. Die Knie- und Hüftgelenke seien von ihm nicht behandelt und diagnostiziert worden; für die Knie- und Hüftgelenke seien getrennte GdB zu fordern. Der Neurochirurg Dr. Schu. teilte in seiner Stellungnahme vom 01.10.2013 - unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen - den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und Befunde mit. Er stimme mit dem sozialmedizinischen Gutachten überein; die Behinderungen seien vollständig erfasst. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Wi. teilte in seiner Stellungnahme vom 07.10.2013 - unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen - den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er erachtete vor allem das Wirbelsäulenleiden des Klägers als zu niedrig bewertet. Der Internist (Nephrologe und Kardiologe) Dr. E. teilte in seiner Stellungnahme vom 07.02.2014 - unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen - den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und Befunde mit. Er stimmte den Feststellungen und Bewertungsansätzen des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu.
Anschließend holte das SG (von Amts wegen) das orthopädische Gutachten des Dr. B. vom 01.08.2014 ein. Dr. B. diagnostizierte ein fortgeschrittenes, chronisch rezidivierendes, degeneratives LWS-Syndrom, ein Postnukleotomiesyndrom und ein degeneratives HWS-Syndrom bei Fehlhaltung, schmerzhafter Funktionseinschränkung und pseudoradikulärer Symptomatik (Einzel-GdB 30) sowie eine Coxarthrose mit schmerzhafter Einschränkung der Funktion beidseits (Einzel-GdB 20).
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. R. vom 13.05.2014 und 29.01.2015 der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.06.2015 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, für die Erkrankung der Wirbelsäule sei der GdB nicht höher als 30. Die Erkrankungen an der Hüfte zögen keinen höheren GdB als 20 und die internistischen Erkrankungen des Klägers einen GdB von 30 nach sich. Der Gesamt-GdB betrage jedenfalls nicht mehr als 50. Die Erhöhung des GdB auf 60 sei nicht gerechtfertigt.
Gegen den der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.06.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 10.07.2015 eingelegte Berufung. Der Kläger hat für sein Wirbelsäulenleiden einen GdB von 40 für angemessen erachtet. Weiter hat er unter Bezug auf Dr. A. gerügt, dass die Knie- und Hüftgelenke nicht gemeinsam mit einem GdB, sondern jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 zu veranschlagen seien. Unter Berücksichtigung der Herzerkrankung mit einem GdB von 30 sei der Gesamt-GdB mit mindestens 60 festzustellen. Der Kläger hat ihn behandelnde Ärzte namentlich benannt und eine Behandlung wegen einer Daumensattelgelenksarthrose geltend gemacht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 03.06.2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 60 seit dem 03.09.2012 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das SG habe zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein höherer GdB als 50 zustehe.
Mit Beschluss vom 29.12.2015 hat der Senat einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das vorliegende Berufungsverfahren abgelehnt, da die Berufung keine hinreichende Erfolgsaussicht biete.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 19.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Neufeststellung eines höheren GdB von mindestens 60 seit dem 03.09.2012. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96-, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetz-liche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung seines im letzten Feststellungsbescheid (Teil-Abhilfebescheid) vom 22.11.2011 mit einem GdB von 50 berücksichtigten Behinderungszustand nicht eingetreten ist und der GdB unverändert 50 beträgt, wie auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden hat.
Das Wirbelsäulenleiden des Klägers rechtfertigt - entgegen der Ansicht des Klägers - keinen höheren Einzel-GdB als 30. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Die Obergrenze des GdB 40 ist erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Das Vorliegen schwerer funktioneller Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in wenigstens zwei Wirbelsäulenabschnitten kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Nach dem von Dr. B. in seinem Gutachten vom 01.08.2014 beschriebenen Wirbelsäulenbefunden ist die Beweglichkeit der Halswirbelsäule des Klägers (Kopfbeweglichkeit) mit Ausnahme der Seitneigung rechts/links nicht bzw. nur endgradig (Drehen rechts/links) eingeschränkt. Die Rumpfbeweglichkeit ist zu einem Drittel eingeschränkt. Der Finger-Boden-Abstand im Stehen beträgt 35 cm. Weiter besteht eine Einschränkung der Entfaltbarkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule (Maß nach Ort 30/31 cm und nach Schober 10/13 cm). Bedeutsame periphere sensomotorische Defizite/neurologische Ausfälle können nicht festgestellt werden. Dem entsprechen auch die im Entlassungsbericht vom "08/2014" der Klinik S. Bad W. , den der Kläger dem SG vorgelegt hat, beschriebenen Wirbelsäulenbefunde einer vollen und schmerzfreien HWS-Beweglichkeit sowie einer nicht wesentlich eingeschränkten Seitneigung und Rotation der Rumpf-/Lendenwirbelsäule. Aus diesen Befunden lassen sich noch keine mittelgradigen funktionellen Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden ableiten. Deshalb ist davon auszugehen, dass erst die von Dr. B. diagnostizierte schmerzhafte Funktionseinschränkung sowie die pseudoradikuläre Symptomatik und die von Dr. A. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.09.2013 genannten anhaltenden Wurzelkompressionssyndrome der vorwiegend betroffenen Lendenwirbelsäule einen Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers rechtfertigen. Von einem Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers geht auch Dr. B. in seinem Gutachten aus. Auch der den Kläger behandelnde Arzt Dr. Schu. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 01.10.2013 unter der Annahme bestehender mittelgradiger Schmerzen und Veränderungen an der Lendenwirbelsäule der Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zugestimmt und damit für die Wirbelsäule den vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB bestätigt. Der Befundbeschreibung von Dr. A. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.09.2013 sind schwere Bewegungseinschränkungen in wenigstens zwei Wirbelsäulenabschnitten und bedeutsame neurologische Defizite nicht zu entnehmen. Der Ansicht des Dr. A. , hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens des Klägers sei von einem Einzel-GdB von 40 auszugehen, kann deshalb nicht gefolgt werden. Dass sich der Kläger mehrfach Bandscheibenoperationen an der Lendenwirbelsäule hat unterziehen müssen, wie insbesondere Dr. Schu. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage sowie Dr. B. in seinem Gutachten beschrieben haben, rechtfertigt nach den VG Teil B 18.1 (5. Abs.) - ebenso wenig wie mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen zum Beispiel degenerativer Art - allein eine Erhöhung des Einzel-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers nicht.
Eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, die einen Teil-GdB wenigstens 10 rechtfertigt, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht festzustellen. Nach den VG Teil B 18.14 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90) einseitig einen GdB von 0 bis 10 und beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Eine solche geringgradige Bewegungseinschränkung kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Nach dem Gutachten des Dr. B. ist die Kniegelenksbeweglichkeit (Extension/Flexion 0-0-130° beidseits) vielmehr frei und nicht eingeschränkt. Die Kniegelenksbeweglichkeit ist lediglich endgradig schmerzhaft. Eine Bandinstabilität der Kniegelenke, Meniskuszeichen, Schubladenphänomene oder ein Kniegelenkserguss bestehen beidseits nicht. Eine Funktionsbehinderung der Kniegelenke die nach den VG Teil B 18.14 einen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt, liegt danach nicht vor. Eine solche Funktionsbehinderung der Kniegelenke lässt sich auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen. Vielmehr wird auch in dem vom Kläger vorgelegten Entlassbrief der R. Klinik vom 21.03.2013 die Kniegelenke des Klägers als frei beweglich beschrieben. Entsprechendes gilt für den vom Kläger vorgelegten Bericht des S. Bad W. vom "08/2014", in dem aus orthopädischer Sicht die (oberen und) unteren Extremitäten des Klägers als unauffällig beschrieben werden.
Soweit Dr. B. in seinem Gutachten hinsichtlich der Hüftgelenke von einem Teil-GdB von 20 ausgeht, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach den VG Teil B 18.14 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10 bis 20 und beidseitig einen GdB von 20 bis 30. Eine solche geringgradige Bewegungseinschränkung kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Nach den von Dr. B. im Gutachten beschriebenen Hüftgelenksbefunden besteht zwar eine schmerzhaft herabgesetzte Hüftgelenksbeweglichkeit (Streckungen/Beugung 0-0-100° beidseits). Nach den VG Teil B 18.14 rechtfertigt die von Dr. B. beschriebene Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke des Klägers jedoch noch keinen Teil-GdB von 20, worauf auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.01.2015 zutreffend hinweist.
Der Ansicht des Klägers, hinsichtlich der Hüft- und Kniegelenke sei jeweils von einem Einzel-GdB von 20 auszugehen, kann damit nicht gefolgt werden. Außerdem ist seine - auf Dr. A. gestützte - Ansicht, der GdB sei für die Hüft- und Kniegelenke nicht gemeinsam, sondern getrennt zu veranschlagen, nicht mit den rechtlichen Vorgaben der VG Teil A 2e) vereinbar, wonach zur Feststellung des (Einzel-)GdB im Allgemeinen u.a. die Beine als Funktionssystem zusammenfassend zu beurteilen sind, wozu der Senat die unteren Extremitäten einschließlich der Hüft- und Kniegelenke zählt.
Hinsichtlich der Herzerkrankung des Klägers ist beim Kläger keine Einschränkung der Herzleistung festzustellen, die einen Einzel-GdB von über 30 rechtfertigt. Nach den VG Teil B Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen besteht beim Kläger eine kardiale Belastbarkeit von 125 Watt ohne sicheren Nachweis für eine Koronarinsuffizienz (Aussage Dr. E. vom 07.02.2014). Auch nach dem von Kläger vorgelegten Entlassungsbericht des S. Bad W. war der Kläger bis 100 Watt belastbar; das Auftreten bedeutsamer Beschwerden oder pathologischer Messdaten bei der Ergometerbelastung wird im vorgelegten Entlassungsbericht nicht beschrieben. Vielmehr hat der Kläger nach seinen im vorgelegten Entlassungsbericht beschriebenen Angaben aus kardialer Sicht keine Beschwerden angegeben. Eine Leistungsbeeinträchtigung des Herzens bei mittelschwerer Belastung, die nach den VG Teil B 9.1.1 einen GdB von 20 bis 40 rechtfertigt, ist danach beim Kläger nicht festzustellen. Auch ein bedeutsames Bluthochdruckleiden des Klägers ist nicht anzunehmen. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach den VG Teil B Nr. 9.3 in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I-II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Nach den vorliegenden Befundberichten wird der Blutdruck des Klägers weitgehend im Normalbereich liegend beschrieben (zwischen RR 125/85 mmHg und 140/80 mmHg; Ausnahme RR 170/90 mmHg). Eine Hypertonie (Bluthochdruck) mittelschwerer Form, die nach den VG Teil B 9.3 einen GdB von 20 (bis 40) rechtfertigt, kann danach nicht festgestellt werden. Auch eine Gefäßerkrankung, die nach den VG einen GdB von mindestens 10 rechtfertigt, liegt beim Kläger nicht vor. Dass das beim Kläger diagnostizierte Aortenaneurysma (Bericht Dr. F. vom 01.07.2013) Funktionsbeeinträchtigungen hervorruft, die einen Teil-GdB von mindestens 10 rechtfertigen, ist nicht ersichtlich. Nach den VG Teil B 9.2.2 beträgt bei Aneurysmen (je nach Sitz und Größe) ohne lokale Funktionsstörung und ohne Einschränkung der Belastbarkeit der GdB 0 bis 10 ohne oder mit nur geringer lokaler Funktionsstörung mit Einschränkung der Belastbarkeit der GdB 20 bis 40 und bei große Aneurysmen der GdB wenigstens 50. Dass das Aortenaneurysma eine auch nur geringe lokale Funktionsstörung mit Einschränkung der Belastbarkeit hervorruft, kann nicht festgestellt werden. Keiner der vom SG schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte hat das Aortenaneurysma als zusätzlich zu berücksichtigende Behinderung des Klägers angesehen. Insbesondere hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Wi. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 07.10.2013 das Aneurysma nicht als zusätzlich zu berücksichtigende Behinderung des Klägers genannt. Danach ist im Funktionssystem Herz-Kreislauf ein Einzel-GdB von über 30 nicht gerechtfertigt, sondern der vom Beklagten berücksichtigte Einzel-GdB von 30 als großzügig anzusehen. Ein Einzel-GdB von 40 wird jedenfalls nicht erreicht. Dem entspricht auch die Bewertung des GdB durch Dr. E. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 07.02.2014, der hinsichtlich einer Herzleistungsminderung als Folge von Bluthochdruck, koronarer Bypass-Operation und Aneurysma einen GdB von 30 den VG entsprechend bestätigt hat. Insoweit hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen mehr erhoben.
Sonstige Gesundheitsstörungen, die Funktionsbehinderungen mit einem GdB von mindestens 10 hervorrufen, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, wegen einer Daumensattelgelenksarthrose in ärztlicher Behandlung zu sein, lässt sich seinem Vorbringen nicht ansatzweise entnehmen, dass die Daumensattelgelenksarthrose trotz ärztlicher Behandlung eine Funktionseinschränkung bewirkt, die nach den VG Teil B 18.13 einen GdB von wenigstens 10 rechtfertigt.
Damit ist beim Kläger eine wesentliche Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes, der die Neufeststellung eines GdB von mindestens 60 rechtfertigt, nicht eingetreten. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten welches Ausmaß die Behinderungen in ihrer Gesamtheit erreichen.
Nach diesen Grundsätzen ist ausgehend von einem Einzel-GdB von allenfalls 30 für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers der Gesamt-GdB mit 50 eher großzügig bemessen, worauf auch Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.01.2015 hinweist. Die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertende Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke erhöht den Gesamt-GdB nicht. Ein GdB von 60, wie der Kläger meint, liegt nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Allein durch die bloße Behauptung, wegen einer Daumensattelgelenksarthrose in ärztlicher Behandlung zu sein, sieht sich der Senat nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt. Denn Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R -, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -, veröffentlicht in juris).
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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