L 8 SB 4096/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 SB 4517/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4096/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.08.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aufgrund einer Verschlimmerung seines Behinderungszustandes Anspruch auf Abänderung des bestandskräftig festgestellten Grads der Behinderung (GdB) von 30 hat.

Auf Antrag vom 17.08.2004 war mit Bescheid des Landratsamts B. – Versorgungsamt Außenstelle S. – (LRA) vom 12.01.2005 der GdB mit 30 seit 17.08.2004 festgesetzt worden. Zu Grunde lagen die Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks mit Instabilität des Kniegelenks und Knorpelschäden am linken Knie, operiert (GdB 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (GdB 20) und Bluthochdruck (GdB 10), wie in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.01.2005 vorgeschlagen worden war.

Ein nachfolgender Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 26.05.2006 hatte keinen Erfolg (Bescheid des LRA vom 14.08.2006 und Widerspruchsbescheid vom 18.10.2006).

Am 15.02.2012 beantragte der Kläger beim LRA erneut die Erhöhung seines GdB. Das LRA zog von Dr. T. medizinische Befundunterlagen bei, darunter Befundberichte • von Dr. H. vom 01.06.2010 – mit OP-Berichten von Dr. F. vom 26.05.2010 und 23.02.2010 – und vom 14.06.2011 (Diagnosen: Zustand nach ACT mediale Femurkondyle, Zustand nach Tibiakopfvalgisationsosteotomie linkes Kniegelenk, Zustand nach vorderen Kreuzbandplastik mehrfach linkes Kniegelenk, jetzt Verdacht auf therapiebedürftige Instabilität), • von der Internistin Dr. G. vom 03.10.2010 und 16.08.2011 (Diagnose: Arterielle Hypertonie), • des Zentrums für ambulante Rehabilitation (ZAR) über die ambulante Behandlung des Klägers vom 27.09. bis 18.10.2011 (Diagnosen: Chronische Instabilität des linken Kniegelenks bei alter vorderer Kreuzband(VKB)-Insuffizienz, Chondromalazie 4° mediale Femurkondyle, Tibiaplateu, Meniskusschaden, Zustand nach ACT mediale Femurkondyle, Tibiakopfosteotomie, chronisches LWS-Syndrom links bei NPP L4/5, muskuläre Dysbalance, arterielle Hypertonie), • des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. M. vom 16.12.2011 (Diagnosen u.a.: Lumboischialgie, Gonarthrose – nicht näher bezeichnet –, Fibromyalgie an mehreren Lokalisationen) sowie • des Neurologen und Psychiaters Dr. P. vom 10.02.2012 (Diagnose: Anpassungsstörung diverser Ätiologie, Lumbago, diffuse degenerative Wirbelsäulenbeschwerden). Nach versorgungsärztlicher Auswertung durch Dr. K., der die bisherigen Einzel-GdB-Werte für die Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, der Wirbelsäule und durch den Bluthochdruck bestätigte und für eine depressive Verstimmung neu einen GdB von 10 ansetzte (Stellungnahme vom 31.03.2012), lehnte das LRA mit Bescheid vom 17.04.2012 die Neufeststellung des GdB ab.

Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers holte das LRA Befundangaben von Dr. M. ein, der unter dem 11.05.2012 die Diagnosen in seinem Arztbrief vom 16.12.2011 wiederholte. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger erhob am 14.08.2012 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. M. (Aussage vom 13.09.2012), Dr. P. (Aussage vom 21.09.2012), Dr. G. (Aussage vom 20.09.2012) und Dr. F. (Aussage vom 26.09.2012) schriftlich als sachverständige Zeugen an. In der vom Beklagten zum Beweisergebnis vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 27.11.2012 wurde die depressive Verstimmung mit einem GdB 20 eingestuft und ein Gesamt-GdB 40 vorgeschlagen. Das hierauf gestützte Vergleichsangebot des Beklagten vom 04.12.2012 nahm der Kläger unter Berufung auf die Aussage von Dr. F. der für die Kniebeeinträchtigung einen GdB 30 angenommen habe, und von Dr. P., der eine mittelgradige Anpassungsstörung attestiert habe, nicht an.

Das SG holte von Amts wegen das orthopädische Gutachten von Dr. B.-S.vom 23.04.2013 mit Ergänzung vom 22.07.2013 ein, die für eine Gonarthrose links mit endgradiger Bewegungseinschränkung einen GdB von 20, für degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung bei Zustand nach Bandscheibenvorfall einen GdB von 20 und für eine beginnende Sprunggelenksarthrose links ohne Funktionseinschränkung einen GdB von 10 ansetzte. Eine Aufaddierung der Einzel-GdB-Werte von 20 sei nicht gerechtfertigt. Die Wirbelsäulenbeschwerden mit dem GdB 20 seien bei freier Funktion und vorwiegend nächtlichen Beschwerden hoch eingestuft und der Einzel-GdB beruhe auf den radiologisch erkennbaren degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Zeichen eines akuten Bandscheibenvorfalls hätten nicht vorgelegen.

Nach Anhörung der Beteiligten wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2015 die Klage ab, denn eine Änderung in den Verhältnissen seit Erlass des Bescheids vom 12.01.2005 sei nicht eingetreten. In den Entscheidungsgründen ist hierzu ausgeführt, dass aus den von der Sachverständigen Dr. B.-S. erhobenen Befunden der Wirbelsäule sich ein Wirbelsäulenschaden mit nur geringen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule ergebe, was einen GdB von 10 für die Wirbelsäule rechtfertige. Der beim Kläger vorliegende ausgeprägte Knorpelschaden am linken Kniegelenk bewirke keine Bewegungseinschränkung, anhaltende Reizerscheinungen seien von der Sachverständigen nicht festgestellt worden. Ein höherer Einzel-GdB als 20 sei nicht zu begründen. Die psychische Störung sei nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. P., der lediglich eine Anpassungsstörung ohne ausgeprägtere depressive Erkrankung oder schwere psychische Störung diagnostiziert habe, mit dem GdB 20 einzustufen. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lasse sich der Aussage von Dr. P. nicht entnehmen. Auch ergebe sich aus dem von Dr. B.-S. festgehaltenen Tagesablauf keine derartige Einschränkung der Alltagsgestaltung.

Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 28.08.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.09.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung gerügt, das SG habe trotz der mit Schreiben vom 25.06.2013 dargelegten Mängel des Gutachtens von Dr. B.-S. das eingeforderte weitere Gutachten nicht eingeholt. Zwar werde im Gerichtsbescheid ausgeführt, dass außergewöhnliche Schmerzen eine anhaltende Funktionsstörung infolge Wurzelkompression auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen mit einen GdB 30 rechtfertigen könnten. Andererseits sei das Fehlen von Schmerzäußerungen bei der Funktionsprüfung der Wirbelsäule mit einer Sensibilitätsminderung bis in den Bereich des linken Oberschenkels hinein verbunden gewesen. Eine Schmerzgewöhnung an die stets vorhandenen Schmerzen werde aber abgetan. Auch wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit seien unrichtig verneint worden. Nicht berücksichtigt werde, dass er sich wegen existenzieller Sorgen in die Arbeit unter Schmerzen schleppe, hohe Fehlzeiten aufweise und in seiner Arbeitssituation trotz Vollzeit nur eingeschränkt einsetzbar sei. Er gehe nur zur Vermeidung der Verschlechterung und Aufrechterhaltung seiner Beweglichkeit und Arbeitsfähigkeit ins Fitnessstudio, was sich aber als "Martyrium des Eisenstemmens" darstelle. Der vom SG erwähnte Spaziergang mit dem Hund erweise sich als "mal vor die Türe gehen". Auch die Begleitung der Tochter zum Reiten sei als Fahrdienst und Teilhabe am Familienleben überhaupt gegen ein sich Abschotten zu sehen. Die Ärzte Dr. R. und Dr. F. hätten zum Ausmaß der Beeinträchtigung seitens der Wirbelsäule und des Kniegelenks, insbesondere Schmerzäußerungen bei der Funktionsprüfung der Wirbelsäule mit Sensibilitätsminderung und teilweiser vollständiger Bewegungsunfähigkeit und mit dem Schmerzsyndrom zusammenhängenden Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit gehört werden müssen.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.08.2015 und den Bescheid des Beklagten vom 17.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von mindestens 50 seit 15.02.2012 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Befunde in Gutachten von Dr. B.-S., wonach beim Wirbelsäulenleiden nur von leichten Einschränkungen ausgegangen werden könne. Ein höherer GdB als 20 für die Kniebeeinträchtigung links sei nicht zu rechtfertigen. Der medizinische Sachverhalt sei im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend gewürdigt worden.

Der Senat hat Dr. H., der anstelle des angefragten Praxiskollegen Dr. Röhner geantwortet hat, und Dr. R. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.

In seiner Aussage vom 13.01.2016 hat Dr. H. angegeben, der Kläger sei letztmalig am 24.01.2012 zur Behandlung in der Praxis (Medizinisches Versorgungszentrum Rottenburg) gewesen. Über einen aktuellen Befund könne keine Auskunft gegeben werden. Dr. R. hat in seiner Aussage vom 14.01.2016 mitgeteilt, den Kläger seit 14.02.2014, zuletzt am 18.08.2015, zu behandeln. Er habe über Schmerzen in der oberen Brustwirbelsäule und der unteren Halswirbelsäule ohne Ausstrahlung in die Arme geklagten bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L4/5. Es bestünden persistierende Kniebeschwerden links mit Belastungs- und teilweise Ruheschmerzen sowie geringer Bewegungseinschränkung. Als Befund habe er bei Brustwirbelkörper TH 8 kein neurologisches Defizit, mäßige Muskelhartspann in der mittleren Brustwirbelsäule erhoben ohne relevante Fehlstellung. Am linken Knie bestünden viele, jedoch reizfreie Narben mit Muskelminderung am linken Oberschenkel, eine klinisch multidirektionale mäßige Instabilität, ROM (Range of Motion/Movement) nahezu frei, pdms. int. (periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität intakt). Die Beschwerden bestünden seit mehr als fünf Jahren.

Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten sich zu äußern.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 17.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Eine wesentliche Änderung ist im Vergleich mit dem im letzten Feststellungsbescheid des Beklagten vom 12.01.2005 mit einem GdB von 30 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers nicht eingetreten. Ein Anspruch des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 50 seit dem 15.02.2012 besteht nicht.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer anderen Entscheidung. Ein jeweils höherer Einzel-GdB für die Wirbelsäulen- und Kniegelenkserkrankung sowie die geltend gemachte psychische Gesundheitsstörung ist damit nicht zu begründen.

Die vom Kläger behauptete funktionelle Beeinträchtigung mit schweren Auswirkungen im Wirbelsäulenabschnitt der Lendenwirbelsäule, was den Einzel-GdB von 30 rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Der Einzel-GdB 10 für die Wirbelsäulenbeschwerden ist rechtlich zutreffend bemessen. Der Senat ist der Beweisanregung des Klägers gefolgt und hat den Orthopäden/Unfallchirurgen Dr. R. hierzu angehört. Funktionelle Einschränkungen der Lendenwirbelsäule sind von ihm für die seit Februar 2014 aufgenommene Behandlung des Klägers nicht berichtet worden, vielmehr wird nur der Zustand nach Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegmenten L4/5 erwähnt, der bereits durch die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 02.01.2005 Grundlage für den bestandskräftigen Bescheid vom 12.01.2005 mit der Feststellung des Gesamt-GdB von 30 war. Beschwerden hat Dr. R. nur für die obere Brustwirbelsäule und untere Halswirbelsäule, aber ohne Ausstrahlung in die Arme und mit wenigen Beschwerden bei Bewegungen angegeben. Ohne neurologisches Defizit, ohne Fehlstellung der Wirbelkörper und bei mäßigem Muskelhartspann der mittleren Brustwirbelsäule ist auch bei diesen Wirbelsäulenabschnitten davon auszugehen, dass allenfalls geringe Funktionseinschränkungen vorliegen. Ein Einzel-GdB von 30, weil jedenfalls in zwei Wirbelsäulenabschnitten mindestens mittelgradige Auswirkungen vorliegen, wie dies in Teil B Nr. 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) vorgesehen ist, ist für das Funktionssystem der Wirbelsäule auch unter diesem Blickwinkel nicht zu begründen. Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, das SG habe verkannt, dass bei der Funktionsprüfung der Wirbelsäule eine Sensibilitätsminderung vorgelegen habe und es nur deshalb nicht zur Schmerzäußerung gekommen sei, weil er sich an die stets vorhandenen Schmerzen gewöhnt habe, ist damit eine außergewöhnliche Schmerzhaftigkeit der Wirbelsäulenveränderung nicht zu belegen. Gegen außergewöhnliche Schmerzen spricht, dass sie nicht durch Druck- und Tastbefundung provozierbar waren bzw. die ärztliche Schmerzprovokation sowie die Überprüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit im Rahmen einer der Feststellung des GdB dienenden orthopädischen Untersuchung nicht zur spontanen Schmerzäußerung Anlass gaben, sondern erst auf Nachfrage Schmerzen behauptet worden sind. Außergewöhnliche Schmerzen unterliegen gerade nicht in diesem vom Kläger behaupteten Umfang einem Gewöhnungseffekt. Außerdem spricht gegen die behauptete außergewöhnliche Schmerzhaftigkeit der röntgenologische und orthopädische körperliche Befund, mit geringen Bewegungseinschränkungen und keinen (so die Sachverständige Dr. B.-S.) bzw. nur mäßigen (so Dr. R.) Muskelverhärtungen. Bei der Untersuchung durch Dr. B.-S. hatte der Kläger auch keine außergewöhnlichen Schmerzen geschildert, sondern nur von Rückenschmerzen vor allem nachts beim Liegen, die von der Lendenwirbelsäule in den ganzen Rücken ausstrahlten, gesprochen, was durch die Befunde der Sachverständigen und mit der Aussage von Dr. R. nicht bestätigt werden kann. Auch dass durch Wirbelsäulenschmerzen urologische Beeinträchtigungen, die den Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft belasten, hervorgerufen werden, sind den Befunden von Dr. R. nicht zu entnehmen.

Hinsichtlich der Kniebeschwerden sind die von Dr. R. mitgeteilten Befunde mit Belastungs- und teilweise Ruheschmerz sowie geringer Bewegungseinschränkung mit den Befunden der Sachverständigen Dr. B.-S. deckungsgleich. Anhaltende Reizerscheinungen oder relevante Bewegungseinschränkungen, die bei der diagnostizierten Knorpelschädigung oder Gonarthrose einen höheren GdB als 20 rechtfertigen könnte, werden auch von Dr. R. nicht dargelegt.

Die vom Senat eingeholte Aussage von Dr. H. vom 13.01.2016, der mit dem den Kläger operierenden Dr. F. in einer Gemeinschaftspraxis tätig ist, ergibt nichts anderes. Dr. H. hat den Kläger nur bis Januar 2014 behandelt. Die von ihm mitgeteilten Diagnosen weichen nicht von seinen vorhergegangenen Arztberichten ab und sind im Gutachten von Dr. B.-S. bereits berücksichtigt worden. Die in der mündlichen Verhandlung angedeutete Verschlechterung seit dem Gutachten von Dr. B.-S. ließ sich durch die aktuellen Befunde von Dr. R. und Dr. H. nicht objektivieren.

Soweit der Kläger mit der Berufung behauptet, an einer stärker behindernden psychische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu leiden, was einen Einzel-GdB von 30 und mehr rechtfertigen würde, ist dies seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Eine wesentliche Einschränkung von Freizeitaktivitäten, auch wenn sie mit der Motivation, sich Beweglichkeit und Arbeitsfähigkeit oder die aktive Teilhabe am Familienleben zu erhalten, unternommen werden, ist dem im Tatbestand wiedergegebenen Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Seine Angaben bei Dr. B.-S. geben eine geregelte, normale Tagesstruktur mit vollschichtiger Tätigkeit, Besuch des Fitnessstudios und Wahrnehmung häuslicher Aufgaben, wie die Begleitung der Tochter zum Reiten und Ausführen des Hundes, wieder. Der behandelnde Arzt Dr. P. hat in seiner schriftlichen Aussage vor dem SG "vom nervenärztlichen her den Gesamt-GdB" mit 20 eingeschätzt, wobei er allein die von ihm diagnostizierte Anpassungsstörung zugrunde gelegt und aus Sicht des Senats nachvollziehbar damit keine erhebliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit berücksichtigt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht auch insofern kein Widerspruch, als er zugleich sich der ihm mit den Beweisfragen übermittelten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.06.2012 anschloss und lediglich eine höhere Einstufung des "Psychischen", d.h. des Einzel-GdB für die psychischen Leiden, forderte. Zwar ist in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.06.2012 dem Einzel-GdB 10 eine depressive Verstimmung zugrunde gelegt, die in der Liste der Diagnosen von Dr. P. in seiner schriftlichen Aussage nicht angeführt wird. Im psychischen Befund seiner Aussage werden aber depressive Züge genannt, wie z.B. matt in der Lebenseinstellung, den Alltag prägende Grübeleien, missmutig, aber nicht mürrisch, Mangel an Selbstvertrauen, schüchtern, emotional unreif, verkrampft. Diese mit der Anpassungsstörung einhergehende Persönlichkeitsmerkmale werden von Dr. P. der GdB-Stufe für leichte psychische Störungen, die ausdrücklich in seiner Aussage zitiert wird, zugeordnet und sind auch zur Überzeugung des Senats damit rechtlich zutreffend mit dem am oberen Rahmen dieser GdB-Bewertungstufe liegenden GdB von 20 bewertet. Dieser Bewertung hat sich Dr. W. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.11.2012 angeschlossen, dem bereits das SG gefolgt ist. Eine belangvolle depressive Verstimmung oder sogar eine ausgebildete Depression hat Dr. P. nicht diagnostiziert, was den Senat überzeugt. Wer zur Erhaltung der Arbeitskraft und zur Aufrechterhaltung des Familienlebens lästige und teilweise als quälend empfundene Belastungen auf sich nimmt, leidet nicht an der typischen Antriebslosigkeit depressiver Menschen. Die vom Kläger geschilderten Belastungen des Alltags sind aber mit dem GdB 20 hinreichend berücksichtigt. Auch aus dem vom Kläger auf die psychische Belastung zurückgeführten Schwitzen, was er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, ergeben sich keine Umstände für eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung, die mit dem GdB 20 nicht hinreichend berücksichtigt ist.

Eine Schmerzerkrankung oder somatoforme Schmerzstörung ist darüber hinaus von keinem Arzt als Diagnose mitgeteilt worden. Lediglich Dr. W. erwähnte eine Fibromyalgie in seinem Befundbericht vom 13.09.2012. Eine solche Diagnose ist aber weder vorher noch nachher von einem anderen Arzt gestellt worden. Die mit der Anpassungsstörung von Dr. P. seit Beginn seiner Behandlung im Januar 2012 umschriebenen funktionellen Einschränkungen mögen teilweise auch auf schmerzbedingten Beeinträchtigungen beruhen, was nach dem psychischen Befund aber eine höhere GdB-Einstufung, wie dargelegt, nicht rechtfertigt.

Der Senat hat sich nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst gesehen. Das Sozialgericht hat bereits auf die Einwendungen des Klägers zum Gutachten von Dr. B.-S. die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 22.07.2013 eingeholt. Darin hat sie auch zur Überzeugung des Senats ihre gutachterlichen Bewertungen nachvollziehbar dargelegt und die missverständliche Äußerung auf Seite 9 des Gutachtens, die Muskulatur der Beine sei seitengleich ausgebildet, einleuchtend korrigiert. Denn auf der gleichen Seite ist im unteren Abschnitt eine erkennbare Muskelminderung am linken Oberschenkel problematisiert und im Hinblick auf das völlig reizlose, schwellungsfreie und ohne Ergussbildung sich darstellende linke Kniegelenk insoweit dem kein GdB-relevanter Aussagewert beigemessen worden. Nachdem auch die Beweisaufnahme des Senats durch Befragung der behandelnden Ärzte auf orthopädischem/unfallchirurgischem Gebiet keine von der im überzeugenden Gutachten von Dr. Bender-Schäfer abweichende Befundlage ergeben hat, musste der Senat sich nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen. Auch das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, seit der letzten gutachterlichen Untersuchung im Jahr 2013 bei Dr. B.-S. habe sich sein Zustand weiter verschlechtert, er habe stärkere Schmerzen am linken Kniegelenk, er sei mittlerweile anderweitig in Behandlung, ist nicht so hinreichend substantiiert gewesen, dass der Senat deshalb weitere Ermittlungen als dringend geboten hätte erachten müssen. Einen konkreten medizinischen Befund der ihn nun behandelnden Ärzte hat der Kläger trotz Kenntnis der Beweisanordnung des Senats vom 07.01.2016, mit der die von ihm als Behandler angegebenen Ärzte seiner Anregung folgend befragt worden sind, auch nach Eingang der sachverständigen Zeugenaussage dieser Ärzte weder vorgetragen noch vorgelegt. In seinem Hinweis auf die Funktionseinschränkung wegen Schmerzen ist eine für die GdB-Bewertung relevante Änderung nicht zu erkennen. Denn die Beeinträchtigung durch Schmerzen ist sowohl hinsichtlich der Bewertung der somatischen wie auch der psychischen Beschwerden berücksichtigt, wobei entgegen dem Vorbringen des Klägers dem Senat nicht allein die von Dr. B.-S. erhobenen Befunde aus dem Jahr 2013 vorgelegen haben, sondern auch die von Dr. R. mit seiner vom Senat eingeholten Aussage vom 14.01.2016 mitgeteilten Befunde bis August 2015. Der sachkundig vertretene Kläger hat auch auf Nachfrage hiervon abweichende Befunde nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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