L 16 R 649/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 714/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 649/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2014 geändert. Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 7. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 verpflichtet, die Feststellung der Höchstbeträge der Arbeitsentgelte des Klägers im Bescheid vom 5. Juli 2004 teilweise zurückzunehmen und anstelle der bisherigen Entgelthöchstbetragsregelungen neue Höchstbetragsregelungen unter Einbeziehung von Verpflegungsgeldzahlungen für die Zeit vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1970 in Höhe von 101,90 M monatlich, vom 1. Januar 1971 bis 3. Oktober 1971 in Höhe von 114,05 M monatlich, für Oktober entsprechend anteilig, vom 1. September 1972 bis 31. Dezember 1972 in Höhe von monatlich 114,40 M, vom 1. Januar 1973 bis 31. Dezember 1973 in Höhe von 114,15 M monatlich, vom 1. Januar 1974 bis 31. August 1980 und 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1986 in Höhe von 129,35 M monatlich und vom 1. Juli 1986 bis 31. Januar 1990 in Höhe von 137 M monatlich festzusetzen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger drei Viertel der außergerichtlichen Kosten im gesamten Verfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für die Zeit seiner Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Deutschen Volkspolizei (DVP), der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs (Sonderversorgungssystem Nr. 2 der Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) die Feststellung weiterer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Verpflegungsgeld.

Der 1944 geborene Kläger war vom 19. September 1966 bis 31. Januar 1990 Angehöriger der DVP. Vom 4. Oktober 1971 bis 9. August 1972 besuchte er die Polizeischule in W und nahm an der dortigen Gemeinschaftsverpflegung teil. Vom 1. September 1980 bis 30. Juni 1983 studierte der Kläger an der Polizeihochschule "K-M" im Wege der Delegation. Der Polizeipräsident in B stellte mit Bescheid vom 5. Juli 2004 für die Zeiten vom 19. September 1969 bis 31. Januar 1990 die Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem nach der Anlage 2 Nr. 4 zum AAÜG sowie die Jahresentgelte nach § 8 AAÜG fest. Im Übrigen lehnte er entsprechende Feststellungen ab.

Der Kläger erhielt seinem Vortrag zufolge seit dem 19. Juni 1966 – mit Ausnahme der Studienzeit an der Polizeihochschule – Verpflegungsgeld in unterschiedlicher Höhe, und zwar bis Dezember 1970 "vermutlich" in Höhe von 101,90 MDN (= Mark der Deutschen Notenbank), ab Januar 1971 bis Dezember 1973 in Höhe von 114,15 M, von Januar 1974 bis Dezember 1986 in Höhe von 129,35 M und seit Januar 1987 bis zu seinem Ausscheiden in Höhe von 137 M.

Seit dem 1. Dezember 2007 bezieht der Kläger Altersrente für langjährig Versicherte (Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 26. Oktober 2007 und 11. Dezember 2007).

Mit seinem Antrag vom 18. September 2009 beantragte der Kläger bei dem Beklagten unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – die Überprüfung des Entgeltbescheides und insoweit die Feststellung "weiterer Zulagen/Zuschläge", die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der DVP vom 19. September 1966 bis zum 31. Oktober 1990 standen. Mit Bescheid vom 7. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bescheides vom 5. Juli 2004 zugunsten des Klägers ab. Verpflegungsgeld wäre nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG anzusehen; es hätte keinen Lohn-, sondern Aufwendungscharakter und wäre auch nicht lohnsteuerpflichtig.

Das Sozialgericht Berlin (SG) hat auf die hiergegen erhobene Klage des Klägers mit seinem schriftsätzlich präzisierten Antrag vom 24. Juni 2014 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidenten in B vom 7. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 verurteilt, den Bescheid vom 5. Juli 2004 zu ändern und das in der Zeit vom 19. September 1966 bis 31. Januar 1990 gewährte Verpflegungsgeld als Arbeitsverdienst nach dem AAÜG zu berücksichtigen.

Gegen das ihm am 4. Juli 2014 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 1. August 2014 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Berufung, mit der er ergänzend geltend macht, auch nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG sei das gegenständliche Verpflegungsgeld nicht als Arbeitsentgelt iSv § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu berücksichtigen. Es hätte sich nach seinem Sinngehalt – wie auch im Falle der anderen bewaffneten Organe – um eine sozialpolitisch und fürsorgerechtlich motivierte Zahlung gehandelt. Der gesetzlich verankerte Anspruch auf Vollverpflegung hätte umgesetzt werden sollen, so dass die Zahlung von Verpflegungsgeld und Gewährung von Vollverpflegung identische Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung gewesen wären. Schließlich hätte die Zahlung des Verpflegungsgeldes überwiegend eigenbetrieblichen Interessen iS staatlicher Kontrolle und ständiger Einsatzbereitschaft der Bediensteten, zumal im Falle der Kasernierung, gedient.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2014 aufzuheben und die Klage im noch anhängigen Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt – soweit er die Klage in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2016 nicht zurückgenommen hat – ergänzend vor, aus der Versorgungsordnung folge der unmittelbare Zusammenhang zur Besoldung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 24. Februar 2016 Bezug genommen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten nebst Besoldungsunterlagen des Klägers sowie die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auch hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist, soweit der Rechtsstreit nicht durch teilweise Klagerücknahme seine Erledigung gefunden hat (vgl § 102 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), nur teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und war entsprechend zurückzuweisen.

Das vom Kläger im Wege der Kombination (§ 56 SGG) einer Anfechtungs- und zweier Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) geltend gemachte Klagebegehren, den Bescheid des Beklagten vom 7. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 (§ 95 SGG) aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die bestandskräftigen (§ 77 SGG) Verwaltungsakte (§ 31 Satz 1 SGB X) zur Feststellung des Höchstbetrags der Arbeitsentgelte des Klägers im Überführungsbescheid vom 5. Juli 2004 für den allein noch gegenständlichen Zeitraum vom 19. September 1969 bis 31. August 1980 und vom 1. Juli 1983 bis 31. Januar 1990 teilweise zurückzunehmen und für diese Zeiten anstelle der alten Entgelthöchstbetragsregelungen neue Höchstbetragsregelungen unter Einbeziehung von Verpflegungsgeldzahlungen festzusetzen, ist überwiegend, nämlich in Bezug auf die Zeiten vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1970, vom 1. Januar 1971 bis 3. Oktober 1971, für Oktober entsprechend anteilig, vom 1. September 1972 bis 31. Dezember 1972, vom 1. Januar 1973 bis 31. Dezember 1973, vom 1. Januar 1974 bis 31. August 1980 und 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1986 sowie vom 1. Juli 1986 bis 31. Januar 1990 begründet. Insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger – wie vom SG zu Recht ausgeführt worden ist – in seinen Rechten. Denn dem Kläger steht für diese Zeiten der geltend gemachten Rücknahmeanspruch zu. Im Übrigen fehlt es an einem solchen, so dass das Urteil des SG entsprechend zu ändern und die Klage im noch anhängigen Umfang insofern abzuweisen war.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, ist ein (iSv § 45 Abs. 1 SGB X) nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er (anfänglich) rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs 2 Satz 1 aaO), soweit er noch Rechtswirkungen hat, also noch nicht iS von § 39 Abs. 2 SGB X erledigt ist. Die Rücknahme hat (gebundene Entscheidung) für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes "Sozialleistungen" zu Unrecht nicht erbracht oder "Beiträge" zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X). Das Gebot zur rückwirkenden Rücknahme gilt nicht in bestimmten Fällen der Bösgläubigkeit (Abs 1 Satz 2 aaO). Im Übrigen "kann" (Ermessen) der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen, also über die Fälle des Abs. 1 Satz 1 hinaus, für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs 2 Satz 2 SGB X). Da sich § 44 Abs. 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die – anders als die feststellenden Verwaltungsakte im gegenständlichen Überführungsbescheid – unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare "Sozialleistungen" (§ 11 Satz 1 SGB I) iS der §§ 3 ff und 18 ff SGB I betreffen (vgl BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R – juris Rn 12), kann sich der Rücknahmeanspruch des Klägers nur aus § 44 Abs. 2 SGB X ergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2).

Der bestandskräftige Überführungsbescheid vom 5. Juli 2004 wäre im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe (anfänglich) rechtswidrig gewesen, wenn (auch) tatsächlich gezahltes Verpflegungsgeld als erzieltes Arbeitsentgelt festzustellen gewesen wäre, welches der Beklagte im Überprüfungsverfahren mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt hat. Grundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 2 AAÜG. Nach § 8 Abs. 3 S 1 AAÜG hat das beklagte Land als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem der Anlage 2 Nr. 2 (§ 8 Abs 4 Nr 2 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 aaO bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat ua "das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" (= Arbeitsverdienste) zu enthalten (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R – juris Rn 13). Gemäß § 6 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Allerdings – so das BSG (aaO Rn 16) weiter – erfordert die Anwendung bundesrechtlicher Maßstabsnormen wie § 6 AAÜG die vollumfängliche Ermittlung und Feststellung des einschlägigen Sachverhalts durch die Tatsachengerichte. Hierzu gehört neben der Feststellung der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen (vgl etwa BSG, Urteil vom 7. Mai 2014 – B 12 R 18/11 R – juris) auch die Feststellung und exakte zeitliche Zuordnung desjenigen DDR-Rechts, aus dem sich der Sinn des in Frage stehenden Verpflegungsgeldes ergibt (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 4 Rn 29). Dessen abstrakt-generelle Regelungen dienen insofern – nicht anders als bei der Bestimmung von Zeiten der Zugehörigkeit nach § 5 AAÜG (BSG SozR 4-8570 § 5 Nr 10 Rn 18 ff) – als "generelle Anknüpfungstatsachen".

Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen wurde zur Überzeugung des Senats an den Kläger Verpflegungsgeld seitens seines Dienstherrn im Wege der Banküberweisung im tenorierten Umfang gezahlt, und zwar in Bezug auf die Zeiten vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1970 in Höhe von 101,90 M monatlich, vom 1. Januar 1971 bis 3. Oktober 1971 in Höhe von 114,05 M monatlich, für Oktober entsprechend anteilig bei einem Tagessatz von 3,75 M, vom 1. September 1972 bis 31. Dezember 1972 in Höhe von monatlich 114,40 M, vom 1. Januar 1973 bis 31. Dezember 1973 in Höhe von 114,15 M monatlich, vom 1. Januar 1974 bis 31. August 1980 und 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1986 in Höhe von 129,35 M monatlich und vom 1. Juli 1986 bis 31. Januar 1990 in Höhe von 137 M monatlich. Für die Zeit des Besuchs einer Polizeischule in W vom 4. Oktober 1971 bis 9. August 1972 erhielt der Kläger kein Verpflegungsgeld, da er an der dort gewährten Vollverpflegung teilgenommen hatte. Im Übrigen konnte der Kläger die Zahlung von Verpflegungsgeld nicht mit der für dieses Verfahren erforderlichen Sicherheit nachweisen. Entsprechende Belege oder auch sonstige Anhaltspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen des Senats hätten geben können, folgen weder aus den beigezogenen Besoldungsunterlagen noch aus den vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen bzw. seinen Angaben.

Grundlage für die Zahlung des Verpflegungsgeldes an den Kläger waren der vorliegende Beschluss des Präsidiums des Ministerrates über die Einführung von Wohnungs- und Verpflegungsgeld für die Angehörigen der bewaffneten Organe des Ministeriums des Innern vom 21. April 1960 – GRS Nr. 64/60 – sowie die darauf beruhende – zum Verfahren beigezogene – Ordnung Nr. 18/68 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 1. Juli 1968 – Ordnung über die Verpflegungsversorgung – III., und zwar in den jeweils für die entsprechenden Zeiträume geltenden Fassungen der Änderungsmitteilung vom 1. Januar 1971 zur Ordnung 18/68, ferner der Ordnung Nr. 21/73 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei vom 10. Januar 1973 – Ordnung über die Zahlung von persönlichen Vergütungen und Entschädigungen –, der Ordnung über die Zahlung von persönlichen Vergütungen und Entschädigungen vom 1. Januar 1973 (Buchst A I Ziff 1 Abs 1 b, Abs 3, II Ziff 1 Abs 2 und 3) sowie der Ordnung Nr. 18/74 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Verpflegungsversorgung – Verpflegungsordnung – vom 20. Dezember 1974 (III, IV 1.) und die Ordnung Nr. 18/87 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Organisation und Sicherstellung der Verpflegungsversorgung – Verpflegungsordnung – vom 21. November 1986 (B I Ziff. 1, 2, 3 Abs. 1, 2, 5).

Das dem Kläger gezahlte Verpflegungsgeld war "Arbeitsentgelt" iS des § 6 Abs. 1 S 1 AAÜG. Dieser Begriff bestimmt sich nach § 14 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV), wie der 4. Senat des BSG (vgl SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 24 ff) bereits entscheiden hat, der früher für das Recht der Rentenüberleitung zuständig gewesen ist. Dieser Rechtsprechung hat sich der 5. Senat des BSG (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R – juris Rn 15; vgl. auch BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 5 RS 9/14 R – juris Rn 13 sowie Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R – juris Rn 15) angeschlossen, dem der erkennende Senat folgt. § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG definiert den Begriff des Arbeitsentgeltes zwar nicht selbst. Aus dem Wort "erzielt", folgt aber im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4). Dabei muss es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln, wobei unerheblich ist, ob das erzielte Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag (vgl. BSG, ebda.). Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich, wie ausgeführt, nach dem Arbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB IV. Dabei ist ausschließlich die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (vgl. BSG, aaO). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei ist es – dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entsprechend – ausreichend, wenn ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 – B 4 RA 19/03 R = SozR 4-8570 § 8 Nr. 1), weil der Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich weit gefasst ist. Insofern stellen grundsätzlich alle direkten und indirekten Leistungen des Arbeitgebers eine Gegenleistung für die vom Beschäftigten zu erfüllende Arbeitspflicht dar und werden im Hinblick hierauf gewährt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise allerdings dann, wenn sich für die Einnahme eine andere Ursache nachweisen lässt. Leistungen, die aus einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden, sind keine Gegenleistungen für die Arbeitsleistung oder die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und daher kein Arbeitsentgelt. Dies gilt insbesondere für Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen (stRspr des BSG, vgl Urteil vom 26. Mai 2004 – B 12 KR 5/04 R = SozR 4-2400 § 14 Nr. 3; Urteil vom 1. Dezember 2009 – B 12 R708 R = BSGE 105, 66; Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 6; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 3/14 R – juris sowie des erkennenden Senats, vgl. etwa Urteil vom 13. Januar 2016 – L 16 R 770/12 –; ebenso: Knospe in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB IV, § 14, Rn 27 [Stand: Mai 2013]). Ein solcher zumindest mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht vorliegt in Bezug auf das gegenständliche Verpflegungsgeld, dessen Zahlung zumindest nicht ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interessen diente. Dies folgt zur Überzeugung des Senats bereits aus der Präambel zum vorgenannten Beschluss Nr. 64/60, wonach ua das Verpflegungsgeld maßgeblich zur Verbesserung des Einkommens der Angehörigen der bewaffneten Organe des Ministeriums des Inneren gezahlt werden sollte. Denn wie es ergänzend in der Begründung zu diesem Beschluss heißt, wären insbesondere bei Angehörigen der DVP die Gehälter nicht wie bei anderen Angehörigen bewaffneter Organen gestiegen, sondern diese wären ua mangels Zahlung des Verpflegungsgeldes schlechter gestellt. Es wäre notwendig, im Zuge der lohnpolitischen Maßnahmen zumindest in dieser Beziehung eine Angleichung herbeizuführen. Zwar heißt es darüber hinaus, die Zahlung ua von Verpflegungsgeld wäre "zur Einschränkung der starken Fluktuation und zur weiteren Festigung und Qualifikation des Kaderbestandes" beschlossen worden, und anders als im Falle der Angehörigen der Deutschen Grenzpolizei und Bereitschaftspolizei, die ein Wohnungs- und Verpflegungsgeld erhalten hätten, hätte sich die Nichtzahlung dieser Zuschläge hemmend auf die Festigung und Qualifizierung des Kaderbestandes ausgewirkt. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass ganz überwiegend eigenbetriebliche Interessen des Ministeriums des Innern zur Regelung der Verpflegungsgeldzahlung auch an Angehörige der DVP geführt hatte. Vielmehr wird der innere, sachliche Zusammenhang zur Beschäftigung und der Entlohnungscharakter des Verpflegungsgeldes deutlich, wenn es darüber hinaus heißt, dass auch die übrige geringere Entwicklung der Gehälter zu einer starken Fluktuation geführt hätte und die Mittel aus dem Fonds für "lohnpolitische Maßnahmen 1960" zur Verfügung gestellt werden sollten.

Soweit der Beklagte meint, dass die Zielsetzung für die Verpflegungsgeldzahlung letztlich dieselbe gewesen wäre, wie auch bei den seinerzeit schon finanziell besser gestellten Angehörigen der bewaffneten Organe, folgt dem der Senat nicht. Anders etwa als bei den Angehörigen der Zollverwaltung (vgl. zB die Urteile des Senats vom 21. August 2013 – L 16 R 670/11 – juris und vom 13. Januar 2016 – L 16 R 770/12 –) kann hinsichtlich der Zahlung des Verpflegungsgeldes an Angehörige der DVP auf der Grundlage der vorliegend allein maßgeblichen Regelungen als "generelle Anknüpfungstatsachen" nicht festgestellt werden, dass das Interesse der Volkspolizisten an der Zahlung von Verpflegungsgeld gegenüber dem eigenbetrieblichen Interessen des Dienstherrn deutlich hintan stand. Vielmehr war es gerade das im zitierten Beschluss niedergelegte Ziel, durch Angleichung der Gehälter die Abwanderung der Beschäftigten zu anderen bewaffneten Organen zu stoppen und insofern die – gerade bei der DVP – zu leistende Arbeit lohntechnisch aufzuwerten. Bei DVP-Angehörigen stand mithin – anders als bei Zöllnern, denen nach der Rspr. des Senats allein als Surrogat der Kasernierung einschließlich Vollverpflegung und dem überragenden betriebsfunktionalen Zweck einer möglichst effektiven Überwachung und Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren-, Post- und Zahlungsverkehrs ua dienend, Verpflegungsgeld ausgezahlt worden war – auch nicht die primäre Vollverpflegung der DVP-Angehörigen im Mittelpunkt der Regelungen.

Soweit hiernach im ersten Prüfungsschritt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R – aaO Rn 15) das Vorliegen von Arbeitsentgelt in diesem Sinne zu bejahen ist, ist im zweiten Schritt festzustellen, ob sich auf der Grundlage von § 17 SGB IV iVm § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) idF der Verordnung zur Änderung der ArEV und der Sachbezugsverordnung 1989 vom 12. Dezember 1989 (BGBl I 2177) ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt allein dann in Betracht, wenn ua "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" zu Löhnen oder Gehältern "zusätzlich" gezahlt werden und lohnsteuerfrei sind. Nur wenn daher kumulativ beide Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ausnahmsweise Beitragsfreiheit, während umgekehrt das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes logisch und rechtlich nicht allein im Blick auf die Steuerfreiheit von Einnahmen bejaht werden kann. Insofern es auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 – dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG – geltende Steuerrecht maßgeblich (BSG, ebda; ferner Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 6; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - juris). Gemäß § 1 ArEV sind einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich – was hier nicht der Fall ist – aus § 3 ArEV nichts Abweichendes ergibt. Ob Einnahmen lohnsteuerfrei und damit nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen sind (§ 1 ArEV), bestimmt sich, wie dargelegt, vorliegend nach dem am 1. August 1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrecht (vgl. BSG, aaO: Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – aaO; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 1/13 R – aaO, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 RS 3/14 R – aaO). Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG – (in der Fassung vom 7. September 1990 des Steuerreformgesetzes vom 25. Juli 1988, BGBl I 1093) gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden; insofern ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Dem Tatbestandsmerkmal "für eine Beschäftigung" ist nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile (auch steuerrechtlich) kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden (vgl. etwa BFH, Urteil vom 21. Januar 2010 – VI R 51/08 –, juris Rn 13ff zu einem Vorteil aus unentgeltlicher Verpflegung an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes, der ausnahmsweise keinen Arbeitslohn darstellen kann, sowie BFH, Urteil vom 5. Mai 1994 – VI R 55/92 ua – juris). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer wiegt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber (vgl. BFH, Urteil vom 21. Januar 2010, aaO Rn 14) – neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers – ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung. So liegt es, wie bereits zuvor zum Begriff des Arbeitsentgelts ausgeführt worden ist, hier.

Nachdem das Verpflegungsgeld auch nicht nach anderen Vorschriften des am 1. August 1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrechts steuerfrei war, insbesondere nicht nach § 3 Nr. 4c EStG wegen Verpflegungs- und Beköstigungszuschüssen während Einsätzen außerhalb des üblichen Dienstortes, oder gemäß § 3 Nr. 12, 13 oder 16 EStG (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. März 2014 – L 12 R 408/11 – juris Rn. 58), war das dem Kläger tatsächlich gezahlte Verpflegungsgeld im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG steuerpflichtig und ist damit im tenorierten Umfang vom Beklagten als weiteres Arbeitsentgelt zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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