L 1 U 4919/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1310/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4919/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.10.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen der gesundheitlichen Folgen des Arbeitsunfalls vom 01.08.2013 Anspruch auf Weitergewährung von Verletztengeld über den 21.11.2013 hinaus hat.

Der 1976 geborene Kläger türkischer Abstammung ist seit Februar 2005 bei dem Unternehmen A. A.-A. GmbH in B. als Gussputzer beschäftigt. Laut telefonischer Auskunft der Firma A. gegenüber der Beklagten vom 09.08.2013 (Bl. 3 Verwaltungsakte der Beklagten – VA) war der Kläger zum Unfallzeitpunkt als Stammmitarbeiter im Außendienst bei der C. in D. tätig. Ausweislich der Unfallanzeige vom 06.09.2013 hatte er am 01.08.2013 gegen 16:30 Uhr ein großes Gussteil, das auf dem Boden stand, zu bearbeiten. Mit einer "Flex" (=Winkelschleifer) in der Hand habe er sich über das Teil gebeugt und dabei die Flex nicht fest genug gehalten. Beim Versuch, die Maschine festzuhalten, habe er diese mit dem Daumen berührt und sich eine Schnittwunde zugezogen.

Um 16:38 Uhr traf der Kläger im Klinikum E. in D. ein. Der Durchgangsarzt und Chefarzt Dr. F. erhob den Befund einer 6 cm langen, längs verlaufenden Schnittverletzung über dem Grundglied D I streckseitig mit Eröffnung des Gelenks und partieller Durchtrennung der Strecksehnen bei intakter Sensibilität und Durchblutung, ferner einer oberflächlichen Schürfwunde in der Axillarlinie des Sulcus deltoideo pectoralis rechts.

Der Kläger wurde stationär aufgenommen und operiert (Wundrevision mit Gelenktoilette, Entfernung Metallstaub und Knochenfragmente, Verschluss Gelenkkapsel, Naht Extensor pollicis longus (EPL)- und Extensor pollicis brevis (EPB)-Sehne (lange und kurze Daumenstrecksehne), Wundverschluss und Anlage einer Daumenschiene). Intraoperativ zeigte sich ausweislich des Operationsberichts vom 01.08.2013 (Bl. 50 VA), dass das Interphalangealgelenk eröffnet war. Ausweislich des Befundberichts vom 06.08.2013 (Bl. 18 f. VA) hätte sich radiologisch neben einigen subkutanen metallischen Fremdkörpern radiodorsalseitig eine kleine Defektzone am MHK I Köpfchen gelenkseitig gezeigt; sonst hätten keine weiteren knöchernen Verletzungen bestanden. Am 03.08.2013 wurde der Kläger auf eigenen Wunsch aus der stationären in die ambulante Behandlung entlassen (Bescheinigung vom 06.08.2013, Bl. 20 VA).

Mit Zwischenbericht vom 11.09.2013 bescheinigte der ambulant weiterbehandelnde Durchgangsarzt Dr. F. fortdauernde Arbeitsunfähigkeit. Die Wunden seien verzögert abgeheilt; der Daumen sei trotz Physiotherapie lediglich wackelsteif. Auch die Langfinger und das Handgelenk seien noch deutlich bewegungseingeschränkt. Hierauf stellte sich der Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik G. vor (Bericht vom 20.09.2013, Bl. 66 VA). Auf deren Empfehlung kam es zur Durchführung einer komplex stationären Rehabilitation (KSR) vom 30.09.2013 bis 05.11.2013. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 08.11.2013 habe sich der rechte Daumen bei der klinischen Aufnahmeuntersuchung geschwollen und leicht livide verfärbt dargestellt. Die Narbe sei hypersensibel, der Daumen diffus druckschmerzhaft mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit gewesen. Im Verlauf der verlängerten Maßnahme habe eine deutliche Verbesserung der Beweglichkeit und Kraft sowie Reduktion der Schmerzen bei deutlichem Rückgang der Dystrophiezeichen erreicht werden können. Bei Entlassung sei der Spitzgriff bis zum Kleinfinger möglich gewesen, die Dystrophiezeichen seien vollständig abgeklungen gewesen, auch wenn der betroffene Finger weiterhin in einer Schonhaltung präsentiert worden sei. Die Beweglichkeit des "MP" (Metakarpophalangealgelenks (Daumengrundgelenks)) am rechten Daumen habe bei Aufnahme am 30.09.2013 0-15-25 betragen, bei Entlassung am 05.11.2013 0-15-40. Die Beweglichkeit des "IP" (Interphalangealgelenks (Daumenendgelenks)) habe bei Aufnahme 0-10-20 und bei Entlassung 0-10-35 betragen. Die Handkraft (Dynamometer-Messung) sei im Verlauf der Maßnahme von 11 kg auf 23 kg angestiegen (im Vergleich zu 38-41 kg links). Prof. Dr. H. kam zu dem Ergebnis, der Kläger sei ab dem 11.11.2013 wieder vollschichtig arbeitsfähig.

Mit Bericht vom 12.11.2013 teilte der behandelnde Durchgangsarzt Dr. F. mit, der Kläger habe am Vortag die Arbeit nach einer Stunde wegen zunehmender Schmerzen abbrechen müssen. Es zeige sich noch eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit des ersten Strahles an der rechten Hand, bei reizlosen Narben und Weichteilen. Falls er bis zum 22.11.2013 nicht arbeitsfähig werde, erfolge eine neuerliche Überweisung in die BG-Unfallklinik G ...

Am 14.11.2013 führte der Mitarbeiter R. der Beklagten einen Besuch bei der Firma A. in B. durch. Dieser führte in seinem Bericht aus, es handele sich um eine Gussputzerei, in welcher Gussteile unterschiedlicher Größen und Gewichte mit Werkzeugen wie Handschleifern, Presslufthämmern und Winkelschleifern unterschiedlicher Größen und Gewichte bearbeitet würden. Diese müssten in sehr unterschiedlichen Positionen gehalten werden, weshalb eine gute Funktion von Handgelenken und Armen erforderlich sei. Der Kläger sei im Bereich Arbeitnehmerüberlassung der Firma eingesetzt und für einen längeren Zeitraum an die C. in D. ausgeliehen gewesen. Grundsätzlich sei es nach Auskunft des Geschäftsführers Kilic auch möglich, den Kläger im Stammbetrieb in B. einzusetzen. Eine Belastungserprobung könne nur dort und nicht beim Kunden durchgeführt werden. Der Geschäftsführer habe angedeutet, mit der Arbeitsleistung und dem Engagement des Klägers nicht zufrieden zu sein. Der Arbeitsplatz verlange zwar Handgeschick, jedoch keine Fingergeschicklichkeit ab (Bericht Bl. 114 VA, Bilder Bl. 115 VA).

Am 21.11.2013 stellte im Rahmen einer Sondersprechstunde (Reha-Sprechstunde) der Oberarzt Dr. I. fest, dass der Kläger arbeitsfähig sei. Ausweislich des Aktenvermerks der Berufshelferin J. vom 22.11.2013 (Bl. 118 VA) habe der Kläger von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen am rechten Daumen sowie Schwierigkeiten beim Heben von Gegenständen berichtet. Demgegenüber habe Dr. I. ausgeführt, der Kläger habe eine Durchtrennung der Daumenstrecksehnen erlitten. Für das Heben von Gegenständen sei die Beugesehne verantwortlich, weshalb sein Vortrag medizinisch nicht nachvollziehbar sei. Die Sehnenverletzung sei gut verheilt, die Sehne funktioniere; die Beweglichkeit der Hand und des Daumens sei gut, ein Faustschluss möglich. Zwar sei es möglich, dass die körperliche Arbeit am Anfang mehr Beschwerden bereite, das Problem liege aber an der fehlenden Muskulatur, die durch intensives Training, also Arbeiten, wieder aufgebaut werden könne. In ihrem Bericht vom 22.11.2013 führten Dr. I. und Prof. Dr. H. aus, im Vergleich zum Entlassungsbericht vom 08.11.2013 habe sich keine wesentliche Änderung ergeben. Auch unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzbeschreibung mit Bildern bestehe seit dem 11.11.2013 vollschichtige Arbeitsfähigkeit. Die Beweglichkeit des rechten Daumens mit Abspreizen in der Hohlhandebene von 25° und quer dazu von 30° (gegenüber 30° links) sei zufriedenstellend. Am MP rechts betrage das Bewegungsmaß 0-10-20° (links 0-0-40°), am IP rechts 0-20-30° (links 10-0-60°). Damit erreiche der Kläger mit dem rechten Daumen sämtliche Langfingerkuppen und könne den Daumen am Kleinfinger bis zu dessen Mittelglied herabführen.

Mit Mitteilung vom 26.11.2013 entließ Dr. F. den Kläger aus der ambulanten Behandlung; Arbeitsfähigkeit bestehe ab dem 11.11.2013, ärztliche Behandlung sei nicht mehr erforderlich.

Mit Schreiben vom 22.11.2013 (Bl. 120 VA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie davon ausgehe, dass mit dem 22.11.2013 vollschichtige Arbeitsfähigkeit eintrete und der Anspruch auf Verletztengeld zum 21.11.2013 ende. Weitere Auszahlscheine würden nur noch anerkannt, wenn sie von der BG Klinik G. ausgestellt worden seien. Mit Bescheid vom 29.11.2013 stellte die Beklagte die Zahlung des bis dahin geleisteten Verletztengeldes mit Ablauf des 21.11.2013 ein. Bei der Abschlussuntersuchung der KSR sei festgestellt worden, dass der Kläger ab 11.11.2013 wieder in der Lage sei, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit durchzuführen. Nachdem er diese am 11.11.2013 nach ca. einer halben Stunde wieder eingestellt habe, seien im Rahmen einer Untersuchung in der BG Klinik G. am 21.11.2013 keine objektivierbaren Befunde festzustellen gewesen, welche den Kläger an einer Arbeitsaufnahme hindern hätten können. Er sei ab dem 22.11.2013 vollschichtig arbeitsfähig.

Am 06.12.2013 erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, er könne seiner Tätigkeit als Gussputzer nicht mehr nachgehen. Zu seinen ständigen Arbeitswerkzeugen zähle ein Trennschleifer mit einem Gewicht von 5-6 kg und ein schwerer Hammer mit einem Gewicht von 5 kg. Die sichere Handhabung dieser Werkzeuge erfordere einen festen Griff mit der rechten Hand (der Kläger sei Rechtshänder). Ein solcher fester Griff sei überhaupt nicht möglich.

Mit Zwischenbericht vom 02.12.2013 führte Professor Dr. H. aus, bei der klinischen Untersuchung habe sich keine Befundänderung zum vor Befund vom 22.11.2013 und zum Entlassbrief aus der KSR vom 08.11.2013 ergeben. Es bestehe weiterhin vollschichtige Arbeitsfähigkeit.

Am 03.12.2013 stellte sich der Kläger erneut bei dem ambulant behandelnden Durchgangsarzt Dr. F. vor und berichtete über Beschwerden am rechten Daumen, weshalb er regelmäßig Schmerzmittel benötige. Arbeitsunfähigkeit bescheinigte Dr. F. nicht.

Am 06.12.2013 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er habe vor dem gestrigen Tag täglich ca. eine Stunde gearbeitet. Obwohl ihm eine leichtere Tätigkeit zugewiesen worden sei, habe er nicht länger arbeiten können. Am 10.12.2013 stellte er sich erneut bei Dr. F. vor, da er nicht arbeiten könne. Dieser bescheinigte erneut, dass er seine bisherige Tätigkeit wieder uneingeschränkt ausüben könne. Am 18.12.2013 teilte die Firma A. A. A. GmbH der Beklagten mit, der Kläger habe am 11.11.2013, 22.11.2013, 25.11.2013, 29.11.2013, 02.12.2013 und 04.12.2013 Arbeitsversuche mit einer Dauer von zehn Minuten bis eineinhalb Stunden unternommen.

Mit Schreiben vom 16.12.2013 teilten Prof. Dr. H. und Dr. I. mit, auf den vorliegenden Röntgenbildern lasse sich ein winziger Schatten in Projektion auf die Streckerseite des rechten Daumengrundgliedes nachweisen. Das Pünktchen sei weniger als 1 mm groß und völlig unbedeutend. Eine Beeinträchtigung der Arbeitstätigkeit durch diese Veränderung sei ausgeschlossen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 22.11.2013 und 29.11.2013 zurück. Die Sehnenverletzung sei gut verheilt, lediglich eine Überstreckung im Daumengelenk sei nicht möglich. Eine Beteiligung der Beugesehne, die für das Heben von Gegenständen benötigt werde, habe nicht vorgelegen. Die objektivierbaren Befunde könnten eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 21.11.2013 hinaus nicht rechtfertigen.

Hiergegen hat der Kläger am 22.04.2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, er könne seine Arbeitstätigkeit bis zum heutigen Tage nicht ausführen. Er könne unfallbedingt seinen rechten Daumen nicht bewegen bzw. nicht zur Arbeit benutzen, was unbedingt notwendig sei. Die Sehnen seien nicht vollständig zusammengewachsen, der Daumen sei taub, kalt, druckempfindlich und sehr schmerzempfindlich. Greifen sei mit der rechten Hand nicht möglich; es bestünden deutliche Bewegungseinschränkungen. Einen Arbeitsversuch am 11.11.2013 habe er nach einer halben Stunde beenden müssen, da er die Arbeitsgeräte nicht mehr habe halten können und starke Schmerzen verspürt habe. Es gebe nur Arbeitsplätze für schwere handwerkliche Tätigkeiten, in denen die Hände naturgemäß ständig beansprucht seien. Der Kläger müsse mit einer großen Flex, die 5-6 kg wiege, mit Steinschleifgeräten und mit einem 6-8 kg schweren Vorschlaghammer Gussputzteile bearbeiten.

Im Bericht vom 04.03.2014 hat Dr. F. von noch deutlichen Bewegungseinschränkungen im rechten Daumenend- und -grundgelenk berichtet. Die Daumenstreckung im Endgelenk weise ein Defizit von 20° auf; die Daumenbeugung im Grundgelenk sei noch deutlich eingeschränkt. Es bestehe weiter Arbeitsfähigkeit. Im Zwischenbericht vom 10.04.2014 hat er ausgeführt, die aktive Streckung im Bereich des Endgelenks sei nicht möglich, passiv sei eine vollständige Streckung möglich. Im Bereich des Daumengrundgelenkes bestehe eine annähernde Einsteifung mit einem Bewegungsausmaß von Streckung/Beugung 0-10-20°. Er hat angegeben, derzeit sei noch nicht zu beurteilen, ob der Kläger seine bisherige Tätigkeit wieder ausüben könne. Der Kläger sei "weiter arbeitsunfähig" und ab 11.05.2014 voraussichtlich wieder arbeitsfähig. Telefonisch hat Dr. F. der Beklagten am 15.04.2014 (Aktenvermerk Bl. 226 VA) mitgeteilt, nach seiner Meinung bestehe aktuell Arbeitsunfähigkeit, wie in seinem Zwischenbericht vom 10.04.2014 beschrieben, da der Kläger im Endgelenk den Daumen nicht strecken könne und eine "Wackelversteifung" vorliege. Auf dessen Veranlassung hat sich der Kläger am 12.05.2014 erneut in der BG Klinik G. vorgestellt (Bericht vom 16.05.2014, Bl. 236 VA). Prof. Dr. H. hat ausgeführt, der Röntgenbefund sei unverändert zum Vorbefund. Die Bewegungsmaße im Grundgelenk hat er mit 0-15-35° aktiv bzw. 0-0-35° passiv, im Daumenendgelenk mit 0-30-40° aktiv und 0-0-50° passiv angegeben. Die EPL-Sehne ziehe regelrecht. Die Daumenopposition sei bis zur Grundgliedmitte des Ringfingers gelungen. Es bestehe weiter kein chirurgischer Behandlungsbedarf; der Kläger sei weiterhin arbeitsfähig.

Der Neurologe und Psychiater Dr. K. hat im Bericht vom 12.08.2014 ausgeführt, eine Nervenläsion lasse sich nicht objektivieren. Er könne auch nicht zur Angabe psychoreaktiver Folgeschäden des Unfalls und einer jetzt geklagten Anpassungsstörung Stellung nehmen. Organisch objektivieren lasse sich lediglich eine sensible Endastschädigung am rechten Daumen. Mit Befundbericht vom 18.08.2014 hat Professor Dr. L., Direktor der Klinik für Hand- Plastische und Rekonstruktive Chirurgie der BG Klinik M., das Bewegungsausmaß im Grundgelenk mit (Extension/Flexion) 0-0-30°, im IP-Gelenk 0-25-30° angegeben (keine aktive Streckung im Endgelenk) und intensive Physiotherapie und bedarfsabhängig orale Analgesie empfohlen. Die Handchirurgin Professor Dr. N.-N. hat am 29.08.2014 von einem aktiven Bewegungsumfang im DIP-Gelenk von 0-30-40° berichtet. Der passive Bewegungsumfang betrage 0-0-50°. Druckbelastungen des Endgliedes und Mittelgliedes sowie kraftvolles Zugreifen bereiteten dem Kläger starke Schmerzen. Dr. F. hat mit Zwischenbericht vom 17.09.2014 ausgeführt, der rechte Daumen sei für die Streckung anhaltend erheblich bewegungseingeschränkt. Auch die Beugung sei mindestens um ca. 1/3 eingeschränkt, die Kraft noch deutlich vermindert. Der Kläger sei weiter arbeitsunfähig und voraussichtlich wieder arbeitsfähig ab 06.10.2014.

Mit Urteil vom 29.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Es liege vollschichtige Arbeitsfähigkeit vor. Das ergebe sich aus dem Entlassungsbericht über die KSR, ebenso aus dem Bericht des Dr. F. vom 06.03.2014, der die uneingeschränkte Fähigkeit des Klägers, seine bisherige Tätigkeit wieder auszuüben, festgestellt habe. Aus dem Bericht des Dr. F. vom 10.04.2014 ergebe sich nichts anderes. Es erscheine widersprüchlich, einerseits von einer Arbeitsunfähigkeit auszugehen, andererseits aber nicht abschließend zu beurteilen, ob die bisherige Tätigkeit weiter ausgeübt werden könne. Außerdem habe die veranlasste Untersuchung in der BG Klinik G. die Einschätzung einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht bestätigen können.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 05.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.11.2014 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, das SG habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Es stütze seine Entscheidung ausschließlich auf ärztliche Unterlagen von Durchgangsärzten der Beklagten sowie auf Berichte der BG Klinik G., deren Objektivität aufgrund ständiger Zusammenarbeit mit der Beklagten angezweifelt werden müsse. Das SG hätte nicht entscheiden dürfen, ohne den Hausarzt Dr. O. und Prof. Dr. N.-N. zu vernehmen und ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen. Da der medizinische Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt sei, müsse aufgrund des im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes in jedem Fall ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.10.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 22.11.2013 und 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 21.11.2013 hinaus Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Mit Vorlage der Berufungsbegründung am 12.02.2015 hat der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren beantragt. Mit Beschluss vom 21.08.2015 hat der Senat die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 15.07.2015 hat der Kläger mitgeteilt, er habe am 29.06.2015 erneut einen Arbeitsversuch bei seinem Arbeitgeber unternehmen wollen. Dieser sei allerdings der Auffassung gewesen, dass der Kläger aufgrund seiner unfallbedingten Einschränkungen nicht in der Lage sei, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Er habe daher den Kläger einem Facharzt für Arbeitsmedizin zur Untersuchung vorgestellt. Dieser habe festgestellt, dass der Kläger nicht in der Lage sei, als Gussputzer zu arbeiten.

In dem Schreiben an die Beklagte vom 30.06.2015 hat der Facharzt für Arbeitsmedizin und Betriebsarzt der Firma A., Dr. P., ausgeführt, der Kläger könne eine Tätigkeit als Gussputzer im jetzigen Zustand nicht ausführen. Offenbar als Folge des Unfalls bestehe eine eingeschränkte aktive Beweglichkeit des rechten Daumens. Die grobe Kraft im Daumen sei erheblich reduziert, die grobe Kraft der Finger rechts erscheine unauffällig, die grobe Kraft der linken Hand sei ausgeprägt gut. Es bestehe ein deutlicher Druckschmerz am Grundgelenk D 1 sowie am MC 1. Es bestehe eine vermutlich dauerhafte Funktionseinschränkung. In einem kurzen an die Firma A. A.-A. GmbH gerichteten Schreiben vom selben Tag führte Dr. P. aus, der Kläger sei derzeit und bis auf weiteres nicht in der Lage, als Gussputzer zu arbeiten. Sofern nicht durch medizinische Maßnahmen eine wesentliche Besserung erreicht werden könne, sei von einer Einschränkung auf Dauer auszugehen.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom 23.09.2015 hat der Kläger einen Befundbericht des Orthopäden Q. vom 10.10.2014 zu den Akten gereicht. Dieser hat folgenden Untersuchungsbefund erhoben: "Glanzhaut, passive Streckung am Daumenendglied frei, aktiv Streckdefizit 10 Grad, Hauttemperatur vermindert am rechten Daumen." Er hat ein CRPS der rechten Hand, Stadium 1, und eine Allodynie der rechten Hand diagnostiziert.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.01.2016 hat der Kläger angegeben, seine Beschäftigung als Gussputzer bei dem Unternehmen A. A.-A. GmbH inzwischen wieder auszuüben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1, 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 22.11.2013 und 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2014 (§ 95 SGG), mit denen die Beklagte wegen Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit des Klägers die Gewährung von Verletztengeld mit Ablauf des 21.11.2013 eingestellt und die Gewährung von Verletztengeld über den 21.11.2013 hinaus abgelehnt hat.

Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen wie Verletztengeld (§ 45 SGB VII) oder der – hier nicht streitgegenständlichen – Verletztenrente – (§ 56 SGB VII). Nach § 45 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld geleistet, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch oder Mutterschaftsgeld hatten.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -, BSGE 94, 269). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 8/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 860).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt anknüpfend an die Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (vgl. etwa Urteil des BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 31/06 R -, Rn. 12 m.w.N. (juris)). Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist unerheblich. In welcher Weise sich der rechtliche Maßstab nach Aufgabe der zuletzt konkret ausgeübten Tätigkeit ändert, kann hier offen bleiben, denn der Kläger hat seine Tätigkeit nicht aufgegeben.

Der Kläger steht, wie bereits zum Zeitpunkt des am 01.08.2013 erlittenen Arbeitsunfalls, weiterhin in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Gussputzer bei der Firma A. A.-A. GmbH. Ausweislich seiner Einlassungen in der mündlichen Verhandlung hat er seine Beschäftigung inzwischen auch wieder aufgenommen. Es handelt sich um eine Tätigkeit, die Handgeschick, aber keine Fingergeschicklichkeit abverlangt. Zu bearbeiten sind Gussteile unterschiedlicher Größen und Gewichte mittels verschiedener Werkzeuge (Handschleifer, Presslufthämmer, Winkelschleifer, Vorschlaghammer). Auch die Bearbeitungswerkzeuge weisen unterschiedliche Größen und Gewichte von bis zu 6-8 kg auf. Sie müssen in sehr unterschiedlichen Positionen gehalten werden, weshalb eine gute Funktion von Handgelenken und Armen erforderlich ist. Daneben fallen Be- und Entladetätigkeiten an. Der Senat stützt seine Überzeugung auf die bebilderte Arbeitsplatzbeschreibung des Mitarbeiters der Beklagten, R., vom 14.11.2013, die Angaben im Befund- und Entlassbericht der BG Klinik G. über die KSR vom 08.11.2013 und die Angaben des Klägers in seiner Klagebegründung vom 30.06.2014.

Ein Anspruch des Klägers auf Weitergewährung von Verletztengeld über den 21.11.2013 hinaus besteht nicht. Spätestens seit dem 22.11.2013 bestand keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger seine Berufstätigkeit als Gussputzer seit dem 22.11.2013 wieder vollschichtig ausüben konnte. Der Kläger hat am Unfalltag, dem 01.08.2013, eine durch einen Winkelschleifer verursachte partielle Durchtrennung der langen und kurzen Daumenstrecksehne (EPL und EPB) und eine Eröffnung des Interphalangealgelenks (Daumenendgelenks) erlitten. Ausweislich des OP-Berichts konnten die EPL- und EPB-Sehnen gut und mit festem Halt mittels Naht wieder verbunden werden. Seine Hand- und Fingergeschicklichkeit ist seit Durchführung der KSR gut genug ausgeprägt, um die für die Ausübung der Tätigkeit eines Gussputzers benötigten Arbeitsgeräte zu bedienen. Der Senat stützt seine Überzeugung sowohl auf die Schlussfolgerungen von Prof. Dr. H., Dr. I. und Dr. S. im Befund- und Entlassbericht der BG Klinik G. über die KSR vom 08.11.2013 als auch die Berichte des Dr. I. und Prof. Dr. H. vom 22.11.2013, den Bericht von Prof. Dr. H., Dr. T. und Dr. U. vom 02.12.2013 und das Schreiben von Prof. Dr. H. und Dr. I. vom 16.12.2013, wonach ein im Röntgenbild nachweisbares Pünktchen völlig unbedeutend ist. Durchtrennt worden sind bei dem Arbeitsunfall lediglich die Strecksehnen; die Beugesehnen sind unbeeinträchtigt geblieben. Das Ergreifen und Festhalten von Arbeitsgeräten unter auf das Werkstück auszuübendem Druck belastet in erster Linie die Beugesehnen, nicht die Strecksehnen, wie Dr. I. gegenüber dem Kläger am 21.11.2013 ausgeführt hat. Die Beugesehnen aber wurden durch den Arbeitsunfall nicht beeinträchtigt. Nach Durchführung der KSR waren vorher bestehende Dystrophiezeichen vollständig abgeklungen, die Handkraft hatte sich während des mehrwöchigen Rehabilitationsaufenthalts deutlich verbessert (von 11 auf 23 kg rechts). Den vorgenannten Ärzten, allesamt tätig in der Klinik für Hand-, Plastische, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie der BG Klinik G., waren die körperlichen Anforderungen einer Tätigkeit als Gussputzer bei Abgabe ihrer Stellungnahmen bekannt. Aufgrund ihrer Ausbildung und Tätigkeit in einer großen Klinik im Fachgebiet Handchirurgie sind sie besonders kompetent, die Arbeitsfähigkeit des Klägers nach einer Handverletzung beurteilen zu können. Hinzu kommt, dass ihnen durch die mehrwöchige KSR des Klägers in der BG Klinik G. eine besonders breite und aussagekräftige Datenbasis zur Verfügung stand.

Soweit Dr. F. in seinem Bericht vom 10.04.2014 geäußert hat, der Kläger sei "weiter arbeitsunfähig", hat er diese Einschätzung auf Befunde gestützt, die sich bei der Untersuchung vom 12.05.2014 in der BG Klinik G. nicht reproduzieren ließen. Anstelle einer annähernden Einsteifung des Daumengrundgelenks (Streckung/Beugung 0-10-20°) hat man in G. ein Bewegungsausmaß von 0-15-35° (aktiv) bzw. 0-0-50° (passiv) gemessen, was dem nach Abschluss der KSR gemessenen Bewegungsmaß von 0-15-40° annähernd entspricht. Auch die Bescheinigung vorübergehender Arbeitsunfähigkeit im Zwischenbericht vom 17.09.2014 hat Dr. F. nicht nachvollziehbar mit genauen Bewegungsmaßen belegt, sondern nur von einer Einschränkung der Beugung "mind. um ca. 1/3" berichtet. Die Untersuchung durch Prof. Dr. L. am 05.08.2014 hatte nur einen leichten Rückgang der Beweglichkeit im Grundgelenk im Vergleich zur Untersuchung vom 12.05.2014 ergeben, was durch eine zum Untersuchungszeitpunkt nicht durchgeführte physiotherapeutische Behandlung erklärbar ist: Der Senat entnimmt aus dem Bericht von Prof. Dr. H./Dr. I. vom 22.11.2013, dass die Entwicklung von Kraft und Bewegungsmaß von der Dauer und Intensität des Einsatzes des rechten Daumens abhängig sind.

Die Schreiben des Facharztes für Arbeitsmedizin P. vom 30.06.2015 enthalten keine Befundangaben, die geeignet wären, eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes gegenüber dem Entlassungsbefund aus der KSR im November 2013 zu belegen. Die aktive Beweglichkeit des rechten Daumens wie auch die grobe Kraft waren bereits bei der Entlassung des Klägers aus der KSR am 05.11.2013 in dem im Bericht vom 08.11.2013 und den nachfolgenden Berichten des BG Klinik G. beschriebenen Ausmaß reduziert, aber noch ausreichend vorhanden, um die Arbeitsgeräte zu halten und zu bedienen, mit denen ein Gussputzer umzugehen hat. Zwar hat der Kläger eine Vielzahl von Arbeitsversuchen abgebrochen. Die Erforderlichkeit der Arbeitsniederlegung nach einer Arbeitszeit von wenigen Minuten bis zu 1,5 Stunden lässt sich aber aus den Befunden, soweit diese substantiiert und reproduzierbar sind, nicht ableiten. Nachdem der Geschäftsführer seiner Arbeitgeberin sowohl während der Arbeitsplatzbesichtigung am 14.11.2013 als auch während eines Gesprächs mit Sektionsleiter Dr. I. und der Berufshelferin J. am 21.11.2013 zum Ausdruck gebracht hat, dass es dem Kläger nach seinem Eindruck an der Motivation mangele, und dieser während der KSR zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich selbst eine Arbeit als Gussputzer bei der Firma A. nicht mehr vorstellen kann, ist der Senat davon überzeugt, dass der Abbruch der Arbeitsversuche aufgrund mangelnder Willensanspannung und nicht durch objektive Erfordernisse veranlasst erfolgt ist. Inzwischen hat der Kläger seine Tätigkeit als Gussputzer auch wieder aufgenommen.

Auch der Befundbericht des Orthopäden Q. vom 10.10.2014 dokumentiert keine wesentliche funktionelle Verschlechterung gegenüber den von der BG Klinik G. erhobenen Befunden. Er hat lediglich ein aktives Streckdefizit des Daumenendgliedes von 10° bei passiv freier Streckung beschrieben, aber keine Einschränkung der Beugefähigkeit. Darüber hinaus hat er in seinem Befund noch den Befund von "Glanzhaut" erhoben, ohne deren Lage näher zu verorten, eine Verminderung der Hauttemperatur am rechten Daumen beschrieben und Schmerzäußerungen des Klägers wiedergegeben. Angaben über eine Muskelverschmächtigung, verminderte Beschwielung oder sonstige Anzeichen für eine Atrophie der rechten Hand ergeben sich aus dem Befundbericht nicht.

Der Hausarzt Dr. V. O. hat den Kläger wegen der Unfallfolgen nach seinen eigenen Angaben nicht behandelt, weshalb weitere Ermittlungen dort ebenso entbehrlich sind wie bei der Handchirurgin Prof. Dr. N.-N., die den Kläger lediglich einmalig unter der Fragestellung einer operativen Arthrodese – und nicht einer Arbeitsunfähigkeit – untersucht hat.

Der Senat hat sich auch im Hinblick auf die Beweisanregungen in den Schriftsätzen des Klägerbevollmächtigten vom 23.09.2015 und vom 18.11.2015 (der angekündigte Beweisantrag wurde im Termin nicht gestellt) nicht gedrängt gesehen, zur Frage der unfallbedingten Arbeits(un)fähigkeit des Klägers ab dem 22.11.2013 von Amts wegen ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen. Den entscheidungserheblichen Sachverhalt sieht der Senat durch die jeweils zeitnah angefertigten und sehr aussagekräftigen Berichte des Prof. Dr. H., Dr. I. und der weiteren den Kläger behandelnden Ärzte der Klinik für Hand-, Plastische, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie der BG Klinik G. als ausreichend geklärt an. Außerdem liegt dem Senat jedenfalls für den Zeitraum vom 22.11.2013 bis zum 09.04.2014 keine einzige ärztliche Äußerung vor, aus der sich Anhaltspunkte für ein Fortbestehen der von der Beklagten bis zum 21.11.2013 anerkannten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ableiten lassen könnten. Nicht zu befinden hatte der Senat darüber, ob durch eine Wiedererkrankung nach dem 09.04.2014 möglicherweise ein neuer Anspruch auf Verletztengeld begründet worden sein könnte (§ 48 i.V.m. §§ 45 bis 47 SGB VII).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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