L 8 KA 16/13 KL

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KA 16/13 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für das Jahr 2013

1. Auch für die Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung im Jahr 2013 gilt das Prinzip der Vorjahresanknüpfung (so schon BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 6/14 R - juris).
2. § 87a Abs. 4 SGB V bietet keine Grundlage für eine nicht auf Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr beruhende Anpassung des Behandlungsbedarfs.
3. Eine weitergehende Anpassung unter Berücksichtigung eines Nachholbedarfs im Vergleich zum Vergütungsniveau anderer Kassenärztlicher Vereinigungen - wie nunmehr in § 87a Abs. 4a SGB V (in der Fassung vom 23.07.2015) vorgesehen - konnte im Jahr 2013 nicht rechtmäßig vereinbart oder vom Schiedsamt festgesetzt werden.
I. Der Schiedsspruch des Beklagten vom 15. April 2013 wird insoweit aufgehoben, als in der Nr. 1.1 unter Berücksichtigung der Morbidität und Beachtung der Demografie in Sachsen die MGV für das Jahr 2013 um 2,81 % erhöht wird, und der Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Anpassung des Behandlungsbedarfs neu zu entscheiden.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 EUR festgesetzt, jedoch für die Zeit bis zur Verbindung hinsichtlich der ehemaligen Klage L 8 KA 16/13 KL auf 75.266,54 EUR und hinsichtlich der ehemaligen Klage L 8 KA 18/13 KL auf 2.500.000,00 EUR.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs des beklagten Landesschiedsamts betreffend die Festsetzung der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013.

Die zu 1. klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) sowie die zu 2. bis 7. klagenden Krankenkassen und Landesverbände der Krankenkassen sowie Ersatzkassen führten im Oktober und November 2012 Verhandlungen zur Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013 und damit auch zu den morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen (MGVen) gemäß § 87a Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Klägerin zu 1. hatte mit Schreiben vom 30.10.2012 u.a. eine Anpassung des Behandlungsbedarfs im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 SGB V gefordert, in der nicht nur eine Anpassung nach der prognostizierten morbiditätsbedingten Veränderungsrate für das Jahr 2013 gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 SGB V enthalten sein sollte (+1,7522 %), sondern darüber hinaus eine weitere Anpassung entsprechend der "tatsächlichen Morbiditätsentwicklung in Sachsen im Jahr 2012" (+1,95 %), da die gesetzlich angeordnete Anpassung gemäß § 87d SGB V in Höhe von 1,25 % unzureichend gewesen sei, sowie eine Anpassung "an den bundesdurchschnittlichen Behandlungsbedarf" (+2,35 %) und eine Anpassung "an die überdurchschnittliche Morbidität in Sachsen" (+8,00 %). Die Kläger zu 2. bis 7. entgegneten, dass diese Forderungen den gesetzlichen Vorgaben widersprächen.

Die Klägerin zu 1. erklärte die Verhandlungen daraufhin am 16.11.2012 für gescheitert und rief am gleichen Tage das beklagte Landesschiedsamt an. Mit Schriftsatz vom 22.11.2012 beantragte sie die Festsetzung der Gesamtvergütungsvereinbarung für das Jahr 2013 entsprechend ihren bisherigen Forderungen, wobei sie weitere Anträge zu Details der Vereinbarung ergänzte. Die Kläger zu 2. bis 7. traten den Anträgen mit Schriftsatz vom 14.01.2013 überwiegend, insbesondere hinsichtlich der morbiditätsbedingt begründeten Anpassung des Behandlungsbedarfs entgegen und stellten ihrerseits weitere Anträge.

Die Beteiligten erzielten im Verlauf des Schiedsverfahrens über die meisten Detailregelungen Einigkeit, insbesondere über die Festsetzung des regionalen Punktwerts nach § 87a Abs. 2 Satz 1 SGB V, über Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V sowie über die morbiditätsbedingte Veränderungsrate für das Jahr 2013 nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 SGB V in Höhe von +1,29 % bei einer Gewichtung der beiden vom Bewertungsausschuss empfohlenen Anpassungsfaktoren (+0,5677 % und +1,7522 %) von 61 % zu 39 %.

Die Klägerin zu 1. beantragte zuletzt nur noch, den Behandlungsbedarf – wie es in einem Schreiben vom 01.02.2013 heißt – zur Schaffung einer "angemessenen Ausgangsbasis für die Anwendung der Veränderungsrate gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V" unter Berücksichtigung der besonderen Morbidität und Beachtung der Demografie in Sachsen um weitere +12,88 % anzupassen. Da in ihrem Bezirk eine im Bundesvergleich weit überdurchschnittliche Morbidität vorzufinden sei, könne es nicht dabei bleiben, dass ein im Bundesvergleich unterdurchschnittlicher Behandlungsbedarf berücksichtigt werde bzw. dementsprechend auch die MGV pro Versicherten unterdurchschnittlich sei. Vielmehr müsse für das Jahr 2013 nunmehr auch ein überdurchschnittlicher Behandlungsbedarf vereinbart werden. Die Kläger zu 2. bis 7. lehnten diese Forderung erneut ab und beantragten ihrerseits, den Krankenkassen gegenüber der Klägerin zu 1. eine "Rückzahlungsoption" für den Fall einzuräumen, dass die vereinbarten Behandlungsbedarfe des Jahres 2013 nicht vollständig durch entsprechende Leistungen abgerufen würden.

Die Klägerin zu 1. wies zur Begründung ihres Antrags insbesondere auf eine Studie und eine Präsentation des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) hin, der zufolge im Bezirk der Klägerin zu 1. die MGV pro Versicherten unterdurchschnittlich, jedoch die Morbidität strukturell erheblich überdurchschnittlich sei. Daher müssten beide Parameter wieder aneinander angeglichen werden. Die Kläger zu 2. bis 7. hielten dem entgegen, dass es der Klägerin zu 1. der Sache nach um eine Basiskorrektur unabhängig von jahresbezogenen Veränderungen gehe, die vom Gesetzgeber aber nicht, insbesondere auch nicht nach § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V zugelassen sei.

Der Beklagte holte im Schiedsverfahren eine Stellungnahme des Instituts des Bewertungsausschusses u.a. zu den Einschätzungen des ZI ein. Demnach seien die Beträge der MGV pro Versicherten in den einzelnen KÄV-Bezirken aus verschiedenen Gründen nur bedingt vergleichbar. Allerdings ergebe sich nach der Altersstruktur der Versicherten ein klares Indiz für eine überdurchschnittliche Morbiditätslast im Bezirk der Klägerin zu 1. Soweit das ZI einen nach Alter, Geschlecht und Diagnosen erwarteten Leistungsbedarf ins Verhältnis zum vereinbarten Behandlungsbedarf setze, bringe dies eine Reihe von Problemen mit sich, die "vermutlich nicht einfach lösbar" seien.

Mit Schiedsspruch vom 15.04.2013, den Klägern zu 1. und 4. am 10.06.2013, der Klägerin zu 2. am 06.06.2013 sowie den Klägern zu 3. und zu 5. bis 7. am 11.06.2013 zugestellt, entschied der Beklagte schließlich unter Nr. 1.1: Unter Berücksichtigung der besonderen Morbidität und Beachtung der Demografie in Sachsen wird die MGV für das Jahr 2013 um 2,81 % erhöht.

Ferner setzte er unter Nr. 1.2 aufgrund des Antrags der Kläger zu 2. bis 7. fest: Die gesetzlichen Krankenkassen in Sachsen erhalten eine Rückzahlungsoption seitens der [Klägerin zu 1.], wenn die vereinbarten Behandlungsbedarfe des Jahres 2013 nicht vollständig durch Leistungen abgerufen werden konnten. Zur Verwendung dieser Mittel gilt die für das Jahr 2009 getroffene Entscheidung des [Beklagten] vom 14.11.2008 entsprechend.

Zur Begründung der Entscheidung gemäß Nr. 1.1 verwies der Beklagte zunächst auf den Wortlaut des § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V. Der Gesetzgeber habe, indem er das Wort "insbesondere" vor das Wort "Veränderungen" gestellt habe, ausdrücken wollen, dass nicht nur Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr – insbesondere der Morbiditätsstruktur – Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs sein könnten, sondern etwa auch das Morbiditätsniveau im Bezirk der betreffenden KÄV im Vergleich zu dem anderer KÄV-Bezirke. Auch die Regelung des § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V, nach der "weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen" werden dürfen, spreche für diese Auslegung. Denn wenn sich diese Bestimmung nur auf Veränderungen der Morbiditätsstruktur bezöge, sei nicht ersichtlich, welche weiteren Kriterien neben den in § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V genannten überhaupt noch sinnvollerweise herangezogen werden könnten. Die Regelung liefe quasi "ins Leere", was dem Ziel des Gesetzgebers widerspräche, die Gestaltungsverantwortung der regionalen Vertragspartner zu stärken. Mit dem GKV-Ver¬sor¬gungsstrukturgesetz (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) habe § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V somit eine andere Bedeutung erfahren als die vormalige Regelung in § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung. Die Bedeutung der Morbiditätsstruktur – nicht nur ihrer Veränderungen – werde zudem auch in § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V, ferner in anderem Zusammenhang in § 99 Abs. 1 Satz 3 SGB V betont. Mit der Berücksichtigung des Morbiditätsniveaus würden im Übrigen nicht die früheren Vergütungsvereinbarungen und die zugrunde liegende Gesetzgebung in Frage gestellt. Der Gesetzgeber habe die Gesamtvertragsparteien nicht daran hindern wollen, vom im Vorjahr vereinbarten Behandlungsbedarf auszugehen und diesen an das tatsächliche Morbiditätsniveau des betreffenden Jahres anzupassen. Schließlich sprächen auch die Angaben zu finanziellen Auswirkungen in der Gesetzesbegründung des GKV-VStG, nach der durch die Regionalisierung des Vergütungsgeschehens keine Mehrausgaben entstünden, nicht gegen seine – des Beklagten – Auffassung. Zum einen sei schon fraglich, ob ein Abstellen auf das tatsächliche Morbiditätsniveau bundesweit zu Mehrausgaben führen würde, zum anderen könnten Kostenschätzungen kein entscheidendes Auslegungskriterium sein. Ausgehend davon, dass bei der Anpassung des Behandlungsbedarfs nicht nur Veränderungen der Morbiditätsstruktur berücksichtigt werden dürfen, schätze er – der Beklagte – ein, dass die MGV pro Versicherten im Bezirk der Klägerin zu 1. – trotz aller Bedenken gegen die Vergleichbarkeit der vorhandenen Daten – im Bundesvergleich unterdurchschnittlich sei, zugleich aber die Morbidität der Versicherten im Bezirk der Klägerin zu 1. im Bundesvergleich – insbesondere aufgrund des höheren Anteils der Über-60-Jähri¬gen – überdurchschnittlich sei, sodass weiterhin ein Nachholbedarf bestehe. Dieser sei – so der Beklagte – mit einem Anpassungsfaktor von +2,81 % angemessen bewertet.

Zur Begründung der Festsetzung zu Nr. 1.2 des Schiedsspruchs führte der Beklagte aus, dass sich die Regelung entsprechend dem Schiedsspruch vom 14.11.2008 nach Mitteilung der Kläger zu 2. bis 7. bewährt habe; dem habe die Klägerin zu 1. nicht widersprochen.

Am 05.07.2013 haben die Kläger zu 2. bis 7. Klage erhoben, mit der sie sich gegen Nr. 1.1 des Schiedsspruchs wenden. Am 09.07.2013 hat die Klägerin zu 1. ebenfalls Klage erhoben und sie die Aufhebung der Nr. 1.2. des Schiedsspruchs begehrt.

Zur Rückzahlungsregelung in Nr. 1.2 des Schiedsspruchs hat die Klägerin zu 1. unter dem 26.11.2015 mitgeteilt, dass bei Durchführung der nach Krankenkassen gesonderten sog. Spitzabrechnung entsprechend den Vorgaben des Schiedsspruchs vom 14.11.2008 im Ergebnis 20 Betriebskrankenkassen nicht ausgeschöpfte Behandlungsbedarfe im Umfang von zusammengerechnet 75.266,54 EUR geltend machen könnten, teils nur Kleinbeträge (z.B. 26,73 EUR im Fall der BKK Mahle), obwohl den MGVen in Höhe von insgesamt 1.287.288.498,32 EUR entsprechende Leistungen nach der Sächsischen Gebührenordnung in Umfang von umgerechnet 1.397.528.543,21 EUR gegenüber gestanden hätten. Die Kläger zu 2. bis 7. haben daraufhin in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2015 zu Nr. 1.2 des Schiedsspruchs erklärt, dass ihrer Auffassung nach "für die Beurteilung der Nichtausschöpfung des Behandlungsbedarfs eine Gesamtbetrachtung maßgeblich" sei und sie "auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung" aus der Festsetzung gemäß Nr. 1.2 des Schiedsspruchs "keine Ansprüche geltend machen" werden. Die Kläger und der Beklagte haben sodann den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 1. übereinstimmend für erledigt erklärt.

Hinsichtlich der weiterhin streitigen Festsetzung gemäß Nr. 1.1 des Schiedsspruchs zur Anpassung des Behandlungsbedarfs um +2,81 %, die mit etwa 33,8 Mio. EUR zu Buche schlug, beanstanden die Kläger zu 2. bis 7., dass der Beklagte seine Befugnisse überschritten habe, indem er unabhängig von jahresbezogenen Veränderungen praktisch eine Neubestimmung des Behandlungsbedarfs vorgenommen habe. Denn nach § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V gelte – wie auch schon nach § 85 Abs. 3 SGB V in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung – das Prinzip der Vorjahresanknüpfung und das Prinzip der Anpassung des Vergütungsniveaus ausschließlich nach jahresbezogenen Veränderungen. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – ausdrücklich bestätigt. Dafür spreche – entgegen der Auffassung des Beklagten – gerade auch der Wortlaut des § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V. Der dort unmissverständlich geregelten zwingenden Anknüpfung an den für das Vorjahr vereinbarten Behandlungsbedarf sei immanent, dass die Anpassung nur nach jahresbezogen Veränderungen, d.h. nur unter Betrachtung der Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr, erfolgen dürfe. Eine Neubestimmung des Behandlungsbedarfs sei im Übrigen auch nicht nach § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V erlaubt. Ebenso wie § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V in der bis 31.12.2011 erlaube auch § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V lediglich eine Erweiterung der gesetzlich genannten Kriterien des § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V zu jahresbezogenen Veränderungen der Morbiditätsstruktur. Speziell hinsichtlich der Morbiditätsstruktur sei die Anpassung nach der "jeweils jahresbezogenen Veränderung" (§ 87a Abs. 4 Satz 1 Satz 3 SGB V) zwingend und abschließend vorgegeben. Träte man der Auffassung des Beklagten bei, nach der eine Anpassung des Behandlungsbedarfs nach einem – wie auch immer zu bemessenden – tatsächlichen Morbiditätsniveau zulässig wäre, wäre im Übrigen die Erweiterung der Kompetenzen der regionalen Vertragspartner um die bis 31.12.2011 dem Bewertungsausschuss vorbehaltenen Befugnis, bei der Bewertung der jahresbezogenen Veränderung der Morbiditätsstruktur gemäß § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V weitere Kriterien heranzuziehen, überflüssig. Zu beachten sei auch, dass der Gesetzgeber selbst in den Regelungen des § 87c Abs. 4 Satz 2 ff. SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung für das Jahr 2009 und des § 87d SGB V für die Jahre 2011 und 2012 nur die jahresbezogenen Veränderungen der Morbiditätsstruktur bemessen habe; die Auffassung des Beklagten, er dürfe nunmehr von der Jahresbezogenheit abweichen, gehe an dieser gesetzlichen Systematik völlig vorbei. Außerdem spreche gegen die Befugnis des Beklagten zur Neubestimmung des Behandlungsbedarfs, dass der Gesetzgeber keine Vorgaben zur Bestimmung des "richtigen" Behandlungsbedarfs vorgegeben habe. Die hohe Dichte der Regelungen zur Bestimmung der jahresbezogenen Veränderung der Morbiditätsstruktur illustriere, dass die regionalen Vertragspartner zur Neubestimmung des Behandlungsbedarfs nach der Morbiditätsstruktur unabhängig von den Veränderungen zum Vorjahr nicht befugt seien. Angesichts dessen, dass notwendige Regelungen und Informationen hierzu fehlten, sei die Annahme, die regionalen Vertragspartner seien zu einer derartigen Basiskorrektur befugt, geradezu abwegig. Dies zeige sich auch an der pauschalen Begründung des Schiedsspruchs, die im krassen Missverhältnis zu dem betriebenen Aufwand zur Bemessung der jahresbezogenen Veränderung der Morbiditätsstruktur nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 SGB V stehe. Schließlich sei die streitige Anpassung auch mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Anpassung der Behandlungsbedarfe für die Jahre 2011 und 2012 durch § 87d SGB V nicht vereinbar, mit denen nicht zuletzt eine Begrenzung der durch die Mengenentwicklung bedingten Ausgabenzuwächse erreicht werden sollte. Die auf eine Basiskorrektur hinauslaufende Regelung gemäß Nr. 1.1 des Schiedsspruchs mache die vom Gesetzgeber beabsichtigte Ausgabenbegrenzung für die Jahre 2011 und 2012 wieder rückgängig. Dies sei dem Beklagten ohne eine klare gesetzliche Ermächtigung, die es aber nicht gebe, untersagt.

Die Kläger zu 2. bis 7. beantragen, den Schiedsspruch des Beklagten vom 15. April 2013 insoweit aufzuheben, als in Nr. 1.1 unter Berücksichtigung der besonderen Morbidität und Beachtung der Demografie in Sachsen die MGV für das Jahr 2013 um 2,81 % erhöht wird, und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Anpassung des Behandlungsbedarfs neu zu entscheiden.

Der Beklagte und die Klägerin zu 1. beantragen, die Klage der Kläger zu 2. bis 7. abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass er mit der Festsetzung gemäß Nr. 1.1 des Schiedsspruchs weder im Entscheidungstenor noch in der Begründung gegen den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung verstoßen habe. Er habe lediglich ein weiteres Kriterium im Sinne des § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V zur Anpassung des Behandlungsbedarfs – die Altersstruktur und die daraus resultierende höhere Morbidität der Versicherten im Bezirk der Klägerin zu 1. – herangezogen. Er sei entgegen der vom BSG im Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – vertretenen Auffassung davon ausgegangen, dass bei der Anpassung nach § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht nur jahresbezogene Veränderungen berücksichtigt werden dürften. Für ihn – den Beklagten – sei weiterhin fraglich, welche weiteren Kriterien nach § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V es geben könne, wenn nur jahresbezogene Veränderungen berücksichtigt werden dürften; dies habe auch das BSG nicht erläutert. Der Sachverhalt sei nicht zu vergleichen mit dem vom BSG am 13.08.2014 entschiedenen Fall, in dem eine sockelwirksame Anhebung des Behandlungsbedarfs um 12 % beschlossen worden sei.

Die Klägerin zu 1. pflichtet dem Beklagten bei.

Dem Senat hat die Verwaltungsakte des Beklagten vorgelegen. Hierauf und auf die in der Gerichtsakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage der Kläger zu 2. bis 7., über die nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung zur Klage der Klägerin zu 1. nur noch zu entscheiden ist, hat Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig.

Das Gericht ist gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstinstanzlich zur Entscheidung berufen (Klage gegen die Entscheidung eines Landesschiedsamts).

Die Kläger zu 2. bis 7. sind berechtigt, den auf der Grundlage des § 89 Abs. 1 SGB V ergangenen Beschluss des Beklagten im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG anzugreifen, um einen neuen Schiedsspruch zu erreichen (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 20; Urteil vom 21.03.2012 – B 6 KA 21/11 R – juris RdNr. 20; Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 29/02 R – juris RdNr. 20). Die Festsetzung des Vertragsinhalts – hier einer Regelung zur Ermittlung der MGVen nach § 84 Abs. 3 Satz 1 SGB V für das Jahr 2013 – stellt einen Verwaltungsakt dar, den die Vertragspartner zulässigerweise im Klagewege angreifen können, wenn sie substantiiert geltend machen und geltend machen können, der Schiedsspruch sei rechtswidrig (vgl. schon BSG, Urteil vom 19.03.1997 – 6 RKa 36/96 – juris RdNr. 14). Die Kläger zu 2. bis 7. haben richtigerweise nicht beantragt, den Beklagten zum Erlass eines Schiedsspruchs mit einem bestimmten Inhalt zu verurteilen, sondern sich auf einen (Neu-) Bescheidungsantrag gemäß § 131 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. Abs. 3 SGG beschränkt.

Einer Nachprüfung der Entscheidung des Beklagten in einem Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 und 3 SGG) bedurfte es nicht. Aus der Eigenart der Tätigkeit des Schiedsamts, das bei der Vertragsfestsetzung an die Stelle der Vertragsparteien tritt, folgt, dass eine Überprüfung des Schiedsspruchs nur im gerichtlichen Verfahren erfolgen kann (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 21; Urteil vom 21.03.2012 – B 6 KA 21/11 R – juris RdNr. 21).

2. Die Klage der Kläger zu 2. bis 7 ist auch begründet. Der Schiedsspruch vom 15.04.2013 ist rechtswidrig, soweit nach Nr. 1.1 "unter Berücksichtigung der besonderen Morbidität und Beachtung der Demografie in Sachsen [ ] die MGV für das Jahr 2013 um 2,81 % erhöht" wird.

Schiedssprüche gemäß § 89 SGB V unterliegen im Falle einer Anfechtung durch die Gesamtvertragsparteien nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Denn die Vertragsgestaltungsfreiheit des Schiedsamts ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung. Seine Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 36 m.w.N.). Sie sind nur daraufhin zu überprüfen, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und ob dieser Sachverhalt zutrifft, ob der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. insbesondere zwingende rechtliche Vorgaben beachtet hat (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 36; Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 46/13 R – juris RdNr. 27).

a) Es kann offenbleiben, ob Nr. 1.1 des Schiedsspruchs vorstehenden Anforderungen bereits deshalb widerspricht, weil keine Begründung für die Höhe der Anpassung erkennbar ist. Weder dem Schiedsspruch noch der Verwaltungsakte ist zu entnehmen, wie der vom Beklagten als angemessen bezeichnete Anpassungsfaktor von +2,81 % ermittelt wurde, auch wenn dieser erheblich hinter den von der Klägerin zu 1. ursprünglich beantragten und begründeten +12,88 % zurückblieb und als Kompromiss gedacht war. Dies gilt umso mehr, als die vom Beklagten eingeholte Stellungnahme des Instituts des Bewertungsausschusses ergeben hatte, dass eine nachvollziehbare Berechnung kaum möglich sei, zumindest aber eine Reihe von Problemen mit sich bringe, die "vermutlich nicht einfach lösbar" wären.

b) Die Festsetzung gemäß Nr. 1.1 des Schiedsspruchs ist jedenfalls deshalb in materieller Hinsicht rechtswidrig, weil eine Anpassung des Behandlungsbedarfs für das Jahr 2013 ohne Bezug zu den gegenüber dem Vorjahr eingetretenen Veränderungen festgesetzt wurde.

(1) Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-VStG vereinbaren die Partner der Gesamtverträge bis zum 31.10. gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige KÄV zu zahlenden MGVen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV. Maßgebend für die Höhe der Gesamtvergütung ist gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V – neben dem Punktwert, der gemäß § 87a Abs. 2 Satz 1 SGB V auf der Grundlage des Orientierungswertes ermittelt wird – der mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundene Behandlungsbedarf, der zwischen den Partnern der Gesamtverträge als Punktzahlvolumen zu vereinbaren ist.

Die gesetzlichen und damit auch für das beklagte Landesschiedsamt verbindlichen Vorgaben zur Vereinbarung des Behandlungsbedarfs enthält § 87a Abs. 4 SGB V. Nach dessen Satz 1 sind Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer KÄV für das Vorjahr nach § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarf "insbesondere Veränderungen" 1. der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen KÄV, 2. der Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der jeweiligen KÄV, 3. von Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 SGB V beruhen, 4. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor und 5. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung.

Bei der Anpassung sind gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß § 87a Abs. 5 SGB V zu berücksichtigen. Die "jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur" im Bezirk einer KÄV (vgl. § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V) ist nach § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gemäß § 295 Abs. 1 Satz 2 SGB V einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) andererseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen nach § 87a Abs. 5 Satz 2 bis 4 SGB V mitgeteilten Raten zu vereinbaren. "Falls erforderlich" können nach § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V "weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden."

(2) Die Regelung des § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V geht nach ihrem eindeutigen Wortlaut (so BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 39) nicht davon aus, dass der Behandlungsbedarf jährlich neu zu vereinbaren ist, sondern dass eine "Anpassung des Behandlungsbedarfs" auf Basis des im KÄV-Bezirk insgesamt für das Vorjahr vereinbarten und bereinigten Behandlungsbedarfs vereinbart werden muss ("aufsetzend auf"). Der auf diese Weise ermittelte Behandlungsbedarf gilt nach § 87a Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V als notwendige medizinische Versorgung im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

Der Gesetzgeber hatte sich also bei der am 01.01.2012 mit dem GKV-VStG in Kraft getretenen Neufassung des § 87a Abs. 4 SGB V – aber auch schon bei der Erstfassung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I. S. 378) – erkennbar an dem vom BSG bereits zu § 85 Abs. 3 SGB V in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung entwickelten Prinzip der Vorjahresanknüpfung orientiert (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 40). Mit dem GKV-VStG wurde dies zuletzt noch klarer als bisher im Wortlaut des § 87a Abs. 4 SGB V ("aufsetzend auf") zum Ausdruck gebracht (BSG, a.a.O.). Nach dem Prinzip der Vorjahresanknüpfung ist nicht nur – was unstreitig ist – jeweils die Vorjahresvereinbarung zur Gesamtvergütung als Basis zugrunde zu legen. Diesem Prinzip ist es – wie die Kläger zu 2. bis 7. zu Recht betonen – zudem immanent, dass bei der neuen Vereinbarung allein die eingetretenen Veränderungen bezogen auf die gesetzlich erlaubten Kriterien zu berücksichtigen sind (BSG, a.a.O.). Ausnahmen von diesem Grundsatz müssen im Gesetz deutlich zum Ausdruck kommen (BSG, a.a.O.). Eine solche Ausnahme sieht § 87a Abs. 4 SGB V in den Fassungen des GKV-WSG und des GKV-VStG jedoch nicht vor. Mit der Einführung des neuen vertragsärztlichen Vergütungssystems durch das GKV-WSG wurden lediglich die Kriterien geändert bzw. mit dem GKV-VStG präzisiert, deren Veränderung in der Vereinbarung über die Anpassung des Vergütungsniveaus zu berücksichtigen sind (BSG, a.a.O., juris RdNr. 41). Ferner sind diese Kriterien nicht mehr im Gesetz abschließend geregelt (BSG, a.a.O., juris RdNr. 40; vgl. "insbesondere" in § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V), was im Gegensatz zur Rechtslage nach § 85 Abs. 3 SGB V in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung steht (z.B. BSG, Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 29/07 R – juris RdNr. 14).

(3) Vor allem folgt aus der Formulierung "insbesondere Veränderungen" in § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht, dass der Behandlungsbedarf zwar "insbesondere", jedoch nicht allein nach den Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr neu festgesetzt werden kann (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 42). Unter Berücksichtigung des vorstehend aufgezeigten Regelungszusammenhangs kann sich das Wort "insbesondere" nur auf die nachfolgende Aufzählung der Anpassungskriterien gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB V beziehen und nicht – wie der Beklagte meint – auf das Wort "Veränderungen" (BSG, a.a.O.). Die Gesamtvertragsparteien dürfen also – wie schon aufgezeigt – weitere Kriterien berücksichtigen, die eine Veränderung des Behandlungsbedarfs bedingen. Demgegenüber lässt sich die Zulässigkeit der Neubestimmung des Aufsatzwertes unabhängig vom Vorjahr aus dem Wort "insbesondere" nicht herleiten (BSG, a.a.O.).

(4) Das Prinzip der Vorjahresanknüpfung gilt auch für die Gesamtvergütung im Jahr 2013, wenngleich der Behandlungsbedarf für das Vorjahr 2012 nach den Sonderregelungen des § 87d Abs. 2 Satz 2 und 8 SGB V in der Fassung des GKV-Finanzierungsgesetzes (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl. I. S. 2309) bzw. § 87d Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-VStG festgelegt wurde, indem der für das Jahr 2011 vereinbarte, bereinigte Behandlungsbedarf je Versicherten um 1,25 % zu erhöhen war. Denn diese gesetzliche Festlegung änderte nichts daran, dass auch der Behandlungsbedarf gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V für das Jahr 2012 in der äußeren Form einer Vereinbarung festzulegen und somit auch ein "vereinbarter" Behandlungsbedarf im Sinne des § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V war. Ungeachtet dessen kann keinem Zweifel unterliegen, dass eine gesetzlich festgelegte Gesamtvergütung eine geeignete Basis für die Anpassung der Vergütung im Folgejahr darstellt bzw. ihr sogar eine höherer Rang zukommen muss als eine Vereinbarung der Gesamtvertragsparteien (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 44).

Gerade weil der Gesetzgeber den Behandlungsbedarf für das Jahr 2012 gemäß § 87d SGB V zur Begrenzung der Mengenentwicklung der vertragsärztlichen Leistungen und dadurch bedingter Ausgabenzuwächse selbst vorgegeben hatte (vgl. BT-Drs. 17/3040, S. 24), konnte es – anders als die Klägerin zu 1. meint – nicht in der Macht der Gesamtvertragsparteien und damit auch nicht in der Macht des beklagten Landesschiedsamts stehen, die dadurch bewirkten Kostensteigerungsdämpfungen unter Verweis darauf, dass der Gesetzgeber eine unzureichende Anpassung vorgenommen habe, im Folgejahr wieder zunichte zu machen. Umgekehrt folgt aus dem Prinzip der Vorjahresanknüpfung, dass gerade auch bei einer gesetzgeberischen Intervention zur vorjährigen Gesamtvergütung das dadurch bewirkte Vorjahresniveau der Ausgangspunkt für die nachfolgend zu vereinbarende Gesamtvergütung bleiben muss, soweit sich aus dem Gesetz keine andere Regelung ergibt. Eine Intervention des Gesetzgebers muss für die Folgevereinbarungen wirksam bleiben (vgl. schon BSG, Urteil vom 27.04.2005 – B 6 KA 42/04 R – juris RdNr. 16).

(5) Der Beklagte kann auch nicht geltend machen, dass § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V, nach dem erforderlichenfalls "weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden" können, eine Anpassung des Behandlungsbedarfs unabhängig vom Grundsatz der Vorjahresanknüpfung ermögliche. Diese mit dem GKV-VStG in Kraft getretene Bestimmung entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung, die sich an den Bewertungsausschuss richtete, dem zuvor die Bestimmung der Veränderung der Morbiditätsstruktur oblag.

Schon nach seiner systematischen, an § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V anschließenden Stellung kann § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V hinsichtlich der dort genannten "weiteren Morbiditätskriterien" nur als Öffnungsklausel im Hinblick an die in § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Morbiditätskriterien gemeint sein. Diese Regelung stellt wiederum – an § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V anknüpfend – klar, dass nur eine Vereinbarung zur "jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur" zu treffen ist und damit auf der Grundlage von Morbiditätskriterien gerade keine Neubestimmung des Behandlungsbedarfs vorgenommen werden darf (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 46).

Auch aus der Gesetzesbegründung können keine anderen Schlüsse gezogen werden. Soweit der Beklagte meint, für seine Auffassung spreche in besonderem Maße die vom Gesetzgeber beabsichtigte Stärkung der "Gestaltungsverantwortung" der regionalen Vertragspartner, ist darauf hinzuweisen, dies nur eine allgemeine Erwägung zur Neufassung des § 87a Abs. 4 SGB V war (vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 63). Speziell zu § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V heißt es dagegen (BT-Drs. 17/6906, S. 64): Satz 4 (neu) erhöht vor dem Hintergrund der weitgehenden Regionalisierung die Spielräume der gemeinsamen Selbstverwaltung bei der Gestaltung der Vergütung zusätzlich. Dies wird dadurch erreicht, dass die regionalen Vertragspartner die bisher nur dem Bewertungsausschuss gegebene Möglichkeit nunmehr regional anwenden können und somit weitere sachgerechte sowie für die Vereinbarung der Veränderung des ambulanten Behandlungsbedarfs und für die wirtschaftliche Versorgung der Patienten relevante Morbiditätskriterien für die Verhandlung des notwendigen Behandlungsbedarfs bei Bedarf heranziehen können. Für eine höhere vertragliche Flexibilität entfällt dabei auch die als Überregulierung anzusehende zwingende Anforderung des bisherigen Rechts, dass diese Kriterien mit den im jeweils geltenden Risikostrukturausgleich verwendeten Morbiditätskriterien vereinbar sein müssen.

Damit ist klargestellt, dass den regionalen Vertragspartnern die bisher dem Bewertungsausschuss vorbehaltenen Befugnisse nach § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung zugestanden und nur insoweit "Spielräume erhöht" werden sollten. Auch der Wegfall der bisherigen Beschränkung hinsichtlich der Kompatibilität der weiteren Kriterien mit denen des Risikostrukturausgleichs (RSA) erfolgte nicht, um der Öffnungsklausel eine inhaltlich andere Bedeutung zu verschaffen, sondern weil die bisherige Formulierung als "Überregulierung" angesehen wurde. Dass – wie der Beklagte meint – § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V eine neue und weitreichendere Bedeutung als § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung haben sollte, ist der Gesetzesbegründung gerade nicht zu entnehmen. Im Gegenteil heißt es, dass es – wie bisher – nur um weitere Kriterien zur Bemessung der "Veränderung des ambulanten Behandlungsbedarfs" im Vergleich zum Vorjahr gehe, also nicht um eine Grundlage zur Neubestimmung des Behandlungsbedarf (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 46).

Dementsprechend ist in der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG zu den finanziellen Auswirkungen erläutert, dass aufgrund der Neuregelungen zur Regionalisierung des Vergütungsgeschehens nicht mit Mehrausgaben zu rechnen sei bzw. höhere Gesamtvergütungen "wie bisher" nur zu erwarten seien, "wenn der morbiditätsbedingte Behandlungsbedarf der Versicherten im Zeitablauf ansteigt oder wenn Leistungen aus dem stationären Bereich in den ambulanten Bereich verlagert werden" (BT-Drs. 17/6906, S. 5, 47 f.). Auch dies spricht dagegen, dass die regionalen Vertragspartnern im Vergleich zur bisherigen Rechtslage neue Befugnisse mit der Möglichkeit eines Abweichens vom Prinzip der Vorjahresanknüpfung zur weiteren Anhebung des Vergütungsniveaus, insbesondere zur Angleichung desselben an einen höheren bundesweiten Durchschnitt, erhalten sollten (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 52, unter Hinweis auf eine Kostenschätzung der Bundesregierung in BT-Drs. 17/7735, S. 4; vgl. nunmehr auch BT-Drs. 18/4095, S. 60 zu Mehrausgaben aufgrund des neuen § 87a Abs. 4a SGB V).

(6) Es ist des Weiteren kein Zusammenhang zwischen dem nach § 87a Abs. 4 SGB V zu vereinbarenden Behandlungsbedarf und den Regelungen zum RSA gemäß § 266 SGB V in der Weise herstellbar, dass der Behandlungsbedarf unabhängig von einer Anknüpfung an das Vorjahr neu zu definieren wäre (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 48). Es handelt sich insofern um unterschiedliche Regelungskomplexe, die selbstständig nebeneinander stehen. Daran hat sich im Grundsatz weder durch die Änderungen der Vorschriften zur ärztlichen Vergütung noch durch die stärker morbiditätsorientierte Umgestaltung des RSA – zuletzt durch das GKV-WSG – etwas geändert (BSG, a.a.O.).

(7) Zu Recht haben die Kläger zu 2. bis 7. darauf hingewiesen, dass auch weitere systematische Gesichtspunkte gegen die Auffassung des Beklagten sprechen.

Zum einen enthält das Gesetz in § 87a Abs. 4 SGB V sehr detaillierte Regelungen zur Anpassung des Behandlungsbedarfs nach jahresbezogenen Veränderungen. Insbesondere sind nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V auch die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Abs. 5 SGB V zu berücksichtigen. Demgegenüber existieren für das Jahr 2013 keinerlei Regelungen zur Neubestimmung des Behandlungsbedarfs auf der Grundlage von Daten zur Morbidität oder zur Angleichung unterschiedlich hoher Gesamtvergütungen pro Versicherten in den einzelnen KÄV-Bezirken (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 50). Dabei kann der Beklagte auch nicht geltend machen, er habe den Behandlungsbedarf nicht neubestimmt, sondern lediglich der tatsächlich bestehenden, bisher nicht berücksichtigten Morbidität Rechnung tragen wollen. Denn das Gesetz enthält keine Regelung zur Ermittlung einer solchen morbiditätsbedingten Basis. Wenn die Vertragsparteien berechtigt wären, den Behandlungsbedarf unabhängig von den jahresbezogenen Veränderungen neu zu bestimmen, unterlägen sie mithin keinen gesetzlichen Beschränkungen. Die detaillierten Änderungen zur jahresbezogenen Anpassung des Behandlungsbedarfs würden dann ihren Sinn und ihre Bedeutung verlieren (BSG, a.a.O.). Es versteht sich von selbst, dass dies nicht gewollt sein kann.

Der Beklagte kann auch nicht darauf verweisen, dass nach § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V der "mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundene Behandlungsbedarf" zu vereinbaren sei und dies nahelege, dass eine Anpassung des Behandlungsbedarfs nach dem tatsächlichen Morbiditätsniveau – d.h. unabhängig von jahresbezogenen Veränderungen der Morbiditätsstruktur – erlaubt sei. Denn was "Grundlage der Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs" ist, wird nach der Systematik des § 87a SGB V abschließend und daher allein in § 87a Abs. 4 und 5 SGB V geregelt.

Soweit der Beklagte auf § 99 Abs. 1 Satz 3 SGB V verweist, ist ebenfalls nicht ersichtlich, weshalb diese bedarfsplanungsrechtliche und damit einen ganz anderen Regelungszusammenhang betreffende Vorschrift zur Auslegung des § 87a Abs. 4 SGB V dienen sollte.

(8) Die schon aus dem Wortlaut und der Systematik zu begründende vorstehende Auslegung des § 87a Abs. 4 SGB V wird nochmals durch seine Entstehungsgeschichte bestätigt.

Der Gesetzgeber hatte nach dem Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) ursprünglich vorgesehen, dass sich die Gesamtvergütungen ab dem Jahr 2007 an der Morbidität der Versicherten orientieren sollten und dabei dem Bewertungsausschuss gemäß § 85a Abs. 5 Satz 1 SGB V in der bis 31.03.2007 geltenden Fassung nicht nur die Entwicklung eines Verfahrens "zur Bestimmung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur" (Nr. 3), sondern auch die Entwicklung eines Verfahrens "zur Bestimmung der Morbiditätsstruktur und des damit verbundenen Behandlungsbedarfs" (Nr. 1) aufgegeben (vgl. dazu BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 51). Nachdem die entsprechenden Beschlüsse nicht zustande gekommen waren, bestimmte der Gesetzgeber gemäß § 87c Abs. 4 SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung im Grundsatz die im Jahr 2008 tatsächlich erbrachten Leistungen zur Grundlage der erstmaligen Vereinbarung der MGV für das Jahr 2009. Seitdem hat der Bewertungsausschuss im hier fraglichen Zusammenhang nur noch gemäß § 87a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB V über ein Verfahren "zur Bestimmung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur" zu beschließen. Nach Aufgabe der weitergehenden Ansätze des GMG (vgl. nochmals § 85a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB V a.F) wurde also im Ergebnis lediglich die bisherige Orientierung an der Veränderung des Beitragsaufkommens nach § 85 Abs. 3 SGB V in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung unter Beibehaltung bzw. weiterer Voraussetzung des Prinzips der Vorjahresanknüpfung zugunsten einer Orientierung an der Veränderung der Morbiditätsstruktur eingeschränkt (BSG, a.a.O., juris RdNr. 52). Daran hat sich bis in das Jahr 2013 – d.h. auch nach Inkrafttreten des GKV-VStG – nichts geändert (BSG, a.a.O.).

Erst recht kann nicht den Übergangsregelungen des § 87c Abs. 4 SGB V in der Fassung des GKV-WSG für die Jahre 2009 und 2010 sowie des § 87d Abs. 2 SGB V in den jeweiligen Fassungen des GKV-FinG und des GKV-VStG für die Jahre 2011 und 2012 eine Einschränkung des Grundsatzes der Vorjahresanknüpfung entnommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 53). Der Gesetzgeber hat mit diesen Regelungen lediglich Vorgaben zur Anpassung des Behandlungsbedarfs geschaffen, ohne die Anknüpfung an das Vorjahr in Frage zu stellen (BSG, a.a.O.). Im Gegenteil kann es – wie die Kläger zu 2. bis 7. zu Recht bemerkt haben – erst recht nicht eine Befugnis der Gesamtvertragspartner sein, vom allgemeinen Grundsatz der Vorjahresanknüpfung ohne eindeutige gesetzliche Ermächtigung abzuweichen, wenn sogar der Gesetzgeber im Rahmen von Übergangsrecht ohne Abstriche an diesem Prinzip festhält. Ob die Übergangsregelungen für die Jahre 2009 bis 2012 der Höhe nach jährliche Anpassungen des Behandlungsbedarfs vorsahen, die hinter der tatsächlichen Morbiditätsentwicklung im Bezirk der Klägerin zu 1. zurückblieben, kann dahinstehen. Maßgebend für die Anpassung des Behandlungsbedarfs sind nach den gesetzlichen Vorgaben – wie oben dargelegt – nur die seitdem eingetretenen Veränderungen (vgl. BSG, a.a.O., juris RdNr. 54).

Schließlich bestätigt die Entstehungsgeschichte des § 87a SGB V auch, dass die vom Beklagten mit der angegriffenen Festsetzung gemäß Nr. 1.1 des Schiedsspruchs im Ergebnis beabsichtigte Angleichung der Gesamtvergütungen im Bezirk der Klägerin zu 1. an das Vergütungsniveau anderer KÄV-Bezirke bzw. an einen bundesweiten Durchschnitt kein zulässiges Kriterium für die Anpassung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Abs. 4 SGB V sein kann (BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 55). Das Ziel einer Angleichung der Gesamtvergütungen pro Versicherten vor dem Hintergrund unterschiedlicher Strukturen und Ausgangsbedingungen in den KÄV-Bezirken – insbesondere in den alten und den neuen Bundesländern – war bereits Gegenstand verschiedener Gesetzesänderungen und ist kürzlich mit der Einfügung der Regelung des § 87a Abs. 4a SGB V durch das GKV-Versorgungs¬stär¬kungsgesetz (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211) weiterverfolgt worden. Vor Erlass des streitgegenständlichen Schiedsspruchs hatte der Gesetzgeber zuletzt mit § 87d Abs. 2 Satz 4 ff. SGB V in der Fassung des GKV-FinG eine asymmetrische Anpassung der Gesamtvergütungen mit dem Ziel einer gerechteren Verteilung zwischen den KÄV-Bezirken für das Jahr 2011 vorgesehen (vgl. BSG, a.a.O.). Insbesondere nachdem der Bewertungsausschuss aber keine Einigung über das gemäß § 87 Abs. 9 SGB V in der Fassung des GKV-FinG zu entwickelnde "Konzept für eine schrittweisen Konvergenz der Vergütungen" erzielen konnte, kann das Streichen aller Regelungen zur Erreichung einer Konvergenz mit den Änderungen des GKV-VStG – wie das BSG klargestellt hat – "nur als Ausdruck einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine weitere systematische Angleichung der Gesamtvergütungen für die Zeit ab 2012 angesehen werden" (BSG, a.a.O.) und nicht als Aufforderung an die regionalen Vertragspartner, die Konvergenz der Gesamtvergütungen nun selbst herbeizuführen.

Der Gesetzgeber hätte mit dem GKV-VSG nunmehr die Gelegenheit gehabt, dieser Annahme des BSG zu widersprechen. Er hat dies jedoch unterlassen und stattdessen die entsprechende Entscheidung des BSG ausdrücklich zum Anlass für die Einfügung der Regelung des § 87a Abs. 4a SGB V genommen, mit dem im Jahr 2016 einmalig ggf. unbegründete Unterschiede in den MGVen pro Versicherten zwischen den KÄVen festgestellt und mit Wirkung ab dem 01.01.2017 abgebaut werden können (BT-Drs. 18/4095, S. 96). Für die Annahme des Beklagten, dies sei im Grundsatz schon vor dem Jahr 2017 möglich gewesen, ergibt sich auch aus diesen Gesetzesmaterialen nichts.

(9) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit dem vorstehend dargestellten Regelungskonzept für das Jahr 2013 seinen Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte, sind nicht gegeben und auch nicht vom Beklagten oder der Klägerin zu 1. geltend gemacht worden (dazu BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – juris RdNr. 56). Die Entscheidung, ob eine Angleichung der unterschiedlich hohen Vergütungen im Bundesgebiet sinnvoll ist bzw. eine erneute Basiskorrektur mit einer Angleichung der MGVen pro Versicherten der einzelnen KÄV-Bezirke – wie nunmehr mit § 87a Abs. 4a SGB V erlaubt – erfolgen sollte, muss im Grundsatz dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (BSG, a.a.O.).

(10) Die vorliegend von den Klägern zu 2. bis 7. angegriffene Festsetzung des Beklagten unterscheidet sich qualitativ nicht von der vom BSG im Urteil 13.08.2014 – B 6 KA 6/14 R – beanstandeten Festsetzung des Landesschiedsamts Sachsen-Anhalt. Letzteres hatte eine basiswirksame Anpassung des Behandlungsbedarfs in den Jahren 2013 bis 2015 um jeweils 4 % – insgesamt also 12 % – mit der Begründung festgesetzt, dass in Sachsen-Anhalt ein überdurchschnittliches Morbiditätsniveau im Bundesvergleich bestehe, zugleich aber die MGV pro Versicherten im Bundesvergleich unterdurchschnittlich sei (BSG, a.a.O., juris RdNr. 8 ff.). Von daher entsprach die Argumentation des Landesschiedsamts Sachsen-Anhalt exakt der Argumentation des Beklagten. Dabei macht es keinen Unterschied, mit welchen Argumenten die Annahme, es bestehe ein überdurchschnittliches Morbiditätsniveau im jeweiligen Bezirk der KÄV, belegt wurde. Die Fälle unterscheiden sich im Wesentlichen nur hinsichtlich der Höhe und Dauer der Anpassungen (drei mal +4 % für die Jahre 2013 bis 2015 in Sachsen-Anhalt; einmalig +2,81 % für das Jahr 2013 in Sachsen).

Ungeachtet dessen stellt eine Anpassung "unter Berücksichtigung der besonderen Morbidität und Beachtung der Demografie" jedenfalls dann keine Anpassung aufgrund einer Veränderung gegenüber den Verhältnissen des Vorjahres mehr dar, wenn die Veränderung der Morbiditätsstruktur gegenüber dem Vorjahr gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V schon gesondert vereinbart wurde. Dies war sowohl in dem Fall des Landesschiedsamts Sachsen-Anhalt (+ 2,6931 % – vgl. BSG, Urteil 13.08.2014 – B 6 KA 46/13 R – juris RdNr. 7), wie auch vorliegend (+1,29 %) der Fall. Die weitere Erhöhung des Behandlungsbedarfs sollte erfolgen, um einem Nachholbedarf Rechnung zu tragen bzw. – wie es die Klägerin zu 1. im Schreiben vom 01.02.2013 ausdrückte – um eine "angemessene Ausgangsbasis für die Anwendung der Veränderungsrate gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V" zu schaffen.

Die Festsetzung gemäß Nr. 1.1 stellt also im Ergebnis eine Anpassung des Behandlungsbedarfs ohne Bezug zu den gegenüber dem Vorjahr eingetretenen Veränderungen dar, was von vornherein dem § 87a Abs. 4 SGB V – insbesondere unter Berücksichtigung seines Wortlauts, seiner Systematik und seiner Entstehungsgeschichte – widerspricht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich der von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärten Klage der Klägerin zu 1. entspricht es billigem Ermessen, die Klägerin zu 1. nicht mit Kosten zu belasten, nachdem die Kläger zu 2. bis 7. erst in der mündlichen Verhandlung am 09.12.2015 erklärt haben, aus Nr. 1.2 des Schiedsspruchs keine Rechte herzuleiten und damit auch nicht die Rückzahlung der insgesamt 75.266,54 EUR zu fordern, die sich bei einer nach Krankenkassen gesonderten Spitzabrechnung ergeben hätten.

4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.

5. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei ist der Höchststreitwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG (2,5 Mio. EUR) zu beachten. Die Streitwerte sind für die Zeit bis zur Verbindung der Klagen gemäß Beschluss vom 26.09.2013 mit Rücksicht auf bis dahin angefallene Gebühren nach dem GKG und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gesondert festzusetzen.

Dr. Wahl Kirchberg Stinshoff
Rechtskraft
Aus
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