S 14 U 239/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 239/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Der Bescheid vom 26.05.2003 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2002 verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalles vom 14.12.1981 ab dem 26.03.2002 Verletztenrente nach einer MdE von 20 vom Hundert zu gewähren.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/4 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob dem Kläger wegen der Verletzungsfolgen eines Arbeitsunfalles Verletztenrente zu gewähren ist; maßgeblich ist dabei, ob Meniskus- und auch Knorpelschäden des rechten Kniegelenkes mit dem Arbeitsunfall in rechtlich wesentlichem Ursachenzusammenhang stehen.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 0000 Angestellter der Volksbank H.

Im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit war der Kläger am 12.12.1981 damit befasst, einen Tresor zu öffnen, um diesem Unterlagen zu entnehmen. Hierzu ging er vor dem Tresor in die Hocke und drehte sich in dieser mit dem Oberkörper, wahrscheinlich nach links, wobei er einen plötzlichen Knacks im rechten Kniegelenk und schlagartige Schmerzen verspürte. Er stellte sich nachfolgend am 14.12.1981 dem Arzt für Orthopädie Dr. B, C vor, welcher bei Schwellung des rechten Kniegelenkes mit leichter Ergussbildung, eingeschränkter Streck- und Beugefähigkeit sowie Druckschmerzhaftigkeit im Gelenkspaltbereich die Diagnose einer Distorsion des rechten Kniegelenkes mit Meniskusbeteiligung stellte; anlässlich der Erstbehandlung erfolgte eine Punktion, wobei 15 ml blutig seröses Punktat gewonnen wurde; der röntgenologische Befund, insbesondere auch der rückwärtigen Kniescheibe, war unauffällig. Eine von Dr. B wegen vermehrter Blockierungserscheinungen veranlasste Arthographie am 04.01.1982 belegte eine Ablösung des Innenbandes von der Meniskusoberfläche ohne Nachweis einer Zerreißung des Meniskus. Der Kläger war wegen dieser Gesundheitsstörungen arbeitsunfähig vom 14.12. bis 27.01.1982.

Mit erheblicher Schmerzhaftigkeit im rechten Knie bei Schwellung, eingeschränkter Streckfähigkeit und Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des mittleren Gelenkspaltes stellte sich der Kläger erneut Anfang September 1982 Dr. B vor, welcher den Kläger zur weiteren Klärung wegen dringenden Verdachts einer Meniskopathie in stationäre Behandlung des St. Josefs-Krankenhauses T überwies; dabei wies er der Beklagten gegenüber darauf hin, der vom Kläger geschilderte Ereignishergang, sich in extremer Beugestellung mit dem Oberkörper gedreht zu haben, sei geeignet gewesen, eine Meniskusschädigung auszulösen, zumal früher keine Kniebeschwerden bestanden hätten. Der Kläger wurde am 30.09.1982 operativ behandelt, wobei im Rahmen einer offenen Arthrotomie der Innenmeniskus resiziert wurde; die pathologisch-histologische Begutachtung des entnommenen Gewebes belegte nach gutachterlicher Beurteilung des Pathologischen Institutes des St. Johannisstifs Q einen nicht mehr frischen Meniskusriss mit stark ausgeprägten degenerativen Veränderungen des Meniskusgewebes in der Umgebung des Risses; Dr. H, Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des St. Josefs-Krankenhauses T, vertrat in einem abschließend erstellten Behandlungsbericht ebenso wie Dr. B die Auffassung, sollte eine degenerative Veränderung des Meniskus vorgelegen haben, wäre dennoch dem betrieblichen Ereignis die Bedeutung einer rechtlich wesentlichen Teilursache zuzumessen. Nachdem er im übrigen zu der Frage, welche Verletzungsfolgen noch vorlägen und wie diese sich auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers auswirkten, am 05.02.1983 ein erstes Rentengutachten erstattet hatte, bewilligte die Beklagte ihm hierauf fußend mit Bescheid vom 08.03.1993 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit -MdE- von 20 vom Hundert für die Zeit vom 02.11.1982 (Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit) bis zum 28.02.1983, wobei sie als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannte:

"Endgradige Bewegungseinschränkung nach Entfernung des rechten Innenmeniskus wegen Ablösung des Innenbandes".

Unter Hinweis auf vermehrte Schmerzen im rechten Kniegelenk und Bewegungseinschränkungen des rechten Kniegelenkes beantragte der Kläger im September 2001 erneute Rentengewährung, wobei er sich auf einen Befundbericht des Arztes für Chirurgie Dr. S, F, vom 23.08.2001 bezog; anlässlich von Behandlungen im August 2001 stellte dieser ein Reiben hinter der rechten Kniescheibe bei Unregelmäßigkeiten der rückwärtigen Gelenkfläche bei ansonsten unauffälligem Kniebefund fest und vertrat die Auffassung, bei unauffälligem inneren Kniegelenkspalt sei dieser rückwärtige Knorpelschaden nicht ursächlich mit den anerkannten Unfallfolgen zu sehen. Dementgegen bejahte Priv.-Doz. Dr. L, Chefarzt der F-Klinik P, welcher den Kläger am 30.10.2001 unter der Diagnosestellung einer IV.gradigen Chondropathie des rechten Kniegelenkes operativ arthroskopisch behandelte, einen derartigen Zusammenhang, was er mit ansonsten altersentsprechenden Knorpelverhältnissen am rechten Knie begründete. Nachdem hierzu Dr. X in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.06.2002 ausgeführt hatte, ein Zusammenhang sei abzulehnen, da degenerative Veränderungen wie die von Dr. L beschriebenen nicht traumatisch bedingt sein könnten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.06.2002 die Gewährung von Verletztenrente mit der Begründung ab, die anlässlich der Arthroskopie festgestellten Veränderungen seien nicht rechtlich wesentlich dem Unfall zuzurechnen. Mit dem hiergegen am 28.06.2002 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die festgestellten Schäden seien auf den Unfall zurückzuführende Folgeschäden, wobei er sich zur Bewertung der funktionellen Einschränkungen auf ein von Dr. C, M, im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens des Klägers gegen das Land Nordrhein-Westfalen auf Anerkennung als Schwerbehinderter erstattetes orthopädisches Gutachten vom 27.03.2002 (erstellt nach ambulanter Untersuchung am 26.03.2002) bezog, welcher die bestehenden Funktionseinschränkungen des rechten Kniegelenkes bei medialer und retropatellarer Kniearthrose mit einem Grad der Behinderung -GdB- von 30 vom Hundert bemaß. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück mit dem Hinweis, das in Bezug genommene Gutachten beinhalte keine Erkenntnisse hinsichtlich der Bemessung der MdE bzw. Feststellung der Unfallfolgen; unabhängig davon müsse festgestellt werden, dass die seinerzeitige Anerkennung des Meniskusschadens als unfallbedingt zu Unrecht erfolgt sei, da sowohl nach dem Ereignishergang als auch den vorliegenden Befundberichten ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang nicht begründet werden könne.

Hiergegen richtet sich die am 17.12.2002 erhobene Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, die bei ihm im Bericht des rechten Kniegelenkes bestehenden Gesundheitsstörungen seien sämtlich unfallbedingt und rechtfertigten den Ansatz einer rentenberechtigenden MdE.

Die Beklagte erteilte dem Kläger am 26.05.2003 einen weiteren Bescheid, mit welchem sie feststellte, dass der Bescheid vom 08.03.1983 insoweit rechtswirdrig sei, als die Entfernung des rechten Innenmeniskus als Folge des betrieblichen Ereignisses vom 12.12.1981 anerkannt worden sei; dieses stelle zwar einen Arbeitsunfall dar, jedoch lediglich mit der Folge einer binnen 4 bis 6 Wochen folgenlos ausgeheilten Zerrung des Kniegelenkes; hinsichtlich der Schädigung des Innenmeniskus fehle es an einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis und komme diesem lediglich die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zu, da der Ereignishergang eine Bewegung im Rahmen normaler alltäglicher Belastung, nicht jedoch eine auf das Kniegelenk einwirkende, eine Innenmeniskus beanspruchende erhebliche Gewalteinwirkung belege.

Dem tritt der Kläger dahingehend entgegen, es sei nicht ersichtlich, dass die konkret eingetretene Gesundheitsschädigung auch bei jeder anderen Tätigkeit eingetreten wäre.

Aus den vorbereitenden Schriftsätzen des Klägers ergibt sich sein Antrag,

den Bescheid vom 26.05.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des weiteren Bescheides vom 25.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2002 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht im wesentlichen die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen zum Gegenstand ihrer Klagewiderung und vertritt die Auffassung, der Ereignishergang sei nicht geeignet gewesen, eine Schädigung des Innenbandes bzw. des Meniskus rechtlich wesentlich zu verursachen. Da eine behandlungsbedürftige Unfallverletzung nicht vorgelegen habe, seien auch etwaige Folgen der weiteren Eingriffe am Knie nicht dem Ereignis zuzurechnen.

Das Gericht hat nach Maßgabe der Beweisanordnung vom 08.01.2003 Beweis erhoben und von Oberarzt Dr.T, Unfallchirurgische Klinik des Klinikums M, ein fachchirurgisches Gutachten eingeholt. Er sah Bewegungseinschränkungen im rechten Kniegelenk bei Muskelminderung des Oberschenkels sowie eine Arthrose im rechten Kniegelenk als Unfallfolge an und bewertete diese Gesundheitsstörungen mit einer MdE von 20 vom Hundert; dabei vertrat er die Auffassung, die Arthrose, welche den inneren Kniegelenksbereich beträfe, sei Folge der seinerzeitigen offenen Arthrotomie, im Zuge derer häufig Begleitverletzungen des Knorpels und Kapselbandapparates einhergingen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

II.

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und die Streitsache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies.

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2002 sowie der weitere Bescheid vom 26.05.2003, welcher Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens gemäß § 96 Abs. 1 SGG geworden ist, sind rechtswidrig und waren daher aufzuheben. Die im Bereich des rechten Kniegelenkes vorliegenden Gesundheitsstörungen sind Unfallfolge und begründen einen Rentenanspruch des Klägers ab dem Zeitpunkt der von Dr. C am 26.03.2002 durchgeführten gutachterlichen Untersuchung nach einer MdE von 20 vom Hundert.

Der Bescheid vom 26.05.2003 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte mit diesem die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 08.03.1983 hinsichtlich der Anerkennung der Entfernung des rechten Innenmeniskus als Folge des Arbeitsunfalles vom 12.12.1981 gemäß § 45 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches -SGB X- festgestellt hat. Dabei ist grundsätzlich darauf hinzuweisen, dass, da es um die Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 08.03.1983 geht, der tatsächliche und rechtliche Zustand im Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblich ist (BSG in SozR 3-2600, § 93 Nr. 3; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, § 45 SGB X Anm. 3). Bei Prüfung der sog. haftungsausfüllenden Kausalität, d.h., ob ein Gesundheitsschaden rechtlich wesentlich ursächlich in Zusammenhang mit einem Versicherungsfall zu sehen ist, im Rahmen der erneuten Zusammenhangsbeurteilung sind damit grundsätzlich die ursprünglich vorhandenen allgemeinen medizinischen Erkenntnisse zugrunde zu legen, so dass neuere Erkenntnisse, etwa über Folgen bestimmter Unfallmechanismen, für die erneute Kausalbeurteilung nicht herangezogen werden dürfen (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O.). In diesem Zusammenhang ist unklar, auf welche Erkenntnisse sich die Beklagte die jetzige Ablehnung des Ursachenzusammenhanges, gestützt auf den ihrer Ansicht nach ungeeigneten Ereignishergang, beruft; jedenfalls ist festzustellen, dass die seinerzeit behandelnden Ärzte Dr. B und Dr. H von einem Vorliegen der haftungsausfüllenden Kausalität bei der vom Kläger gegebenen Hergangsschilderung ausgegangen sind. Letztlich kann dies dahinstehen, da auch nach jetzigen Erkenntnissen der Traumatologie eine Rechtswidrigkeit, für welche die Beklagte die Beweislast trägt, nicht festgestellt werden kann, da jedenfalls gewichtige Umstände für eine positive Zusammenhangsbeurteilung sprechen, ein Ursachenzusammenhang jedenfalls nicht unwahrscheinlich ist. Der Rechtsauffassung von Steinwedel (in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X Anm. 24) folgend schlösse dies bereits die Annahme von Rechtswidrigkeit aus, insoweit hier bei etwaigen Zweifeln am Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen, insbesondere der haftungsausfüllenden Kausalität, gefordert wird, dass feststehen muss, dass die Voraussetzung nicht vorliegt, d.h. die als wahrscheinlich angesehene Verursachung unmöglich war (anderer Auffassung BSG in SozR 3-1300, § 48 Nr. 67, welches es ausreichend lässt, dass bei erstmaliger Prüfung die Leistung nicht zuerkannt würde, eine Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges bei jetziger Prüfung insoweit nicht bejaht würde). Auch dieser Meinungsstreit kann dahinstehen, da vorliegend immerhin noch gewichtige, nicht zu vernachlässigende Gründe für einen Zusammenhang der Innenmeniskusschädigung mit dem Arbeitsunfall sprechen und nicht festgestellt werden kann, dass jedenfalls eine Verursachung unwahrscheinlich war. In diesem Zusammenhang muss dabei insbesondere konstatiert werden, dass die Annahme der Beklagten, ein ungeeigneter, einen Meniskus stärker beanspruchender Ereignishergang habe vorgelegen, nicht schlüssig begründet werden kann. Nach den in der Akte befindlichen ärztlichen Berichten bzw. der Unfallanzeige, befand sich der Kläger im Rahmen des Ereignisses in tiefer Hockstellung und knickte, bedingt durch eine Drehung des Oberkörpers, mit dem rechten Knie um. Dies entspricht durchaus einer in der traumatologischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 691 f) als geeignet angesehenen, passiven Rotation des gebeugten Kniegelenkes; hierbei wird der Verletzungsmechanismus bei gebeugtem Kniegelenk durch Rotation zwischen Unter- und Oberschenkel bewirkt, wobei die passive Rotation des gebeugten Kniegelenkes verursacht wird durch eine Fixierung entweder des Ober- oder des Unterschenkels, letzterer insbesondere bei feststehendem Fuß. Hiervon kann durchaus ausgegangen werden, da bei der vom Kläger eingenommenen Hockposition bei auf dem rechten Bein bzw. Fuß lagerndem Körpergewicht es lebensnah erscheint, dass bei feststehendem Fuß der Unterschenkel dem Drehschwung des Körpers nicht folgen konnte. Ebenso spricht für einen rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang der Umstand alsbaldiger Arbeitsniederlegung. Nach Aktenlage hat der Unfall am 12.12.1981, einem Samstag, gegen 19.30 Uhr stattgefunden, ärztliche Vorstellung erfolgte am nachfolgenden Werktag, dem 14.12.1981, wobei der Kläger an diesem Tage nach wenigen Stunden seine Arbeit mit Beschwerden begleitet von den im Durchgangsarztbericht von Dr. B niedergelegten klinischen Befunden abgebrochen hat. Das Ergebnis des nachfolgend gewonnenen Punktates belegte einen blutig serösen Erguss, was, bei blutiger Beimengung, insbesondere bei frischen Meniskusrissen festgestellt werden kann. Soweit die Beklagte sich letztlich auf den histologischen Befund des anlässlich der Arthrotomie am 30.09.1982 entnommenen Gewebspräparates bezieht, stellt auch dieser keine tragfähige Grundlage für die Begründung eines rechtlich unwesentlichen Ursachenzusammenhanges dar. Zum Einen kann nämlich, wird der Meniskus erst einige Monate nach dem angeschuldigten Ereignis entfernt, der histologische Befund nicht weiterhelfen, da nach Ablauf von mehreren Monaten eine Aussage dazu, ob es sich um einen primär degenerativ veränderten Meniskus oder einen in Folge Traumatisierung nachfolgend degnerativ sich verändernden Meniskus handelte, nicht getroffen werden kann; zum Anderen ist der Aussagewert des vorliegend gewonnenen Meniskusfragmentes überdies eingeschränkt, da kein Vergleich mit rissfernen verbliebenen Meniskusanteilen vorgenommen wurde. Abschließend ist festzustellen, dass somit gewichtige, nicht zu vernachlässigende Umstände die Annahme einer wahrscheinlich nicht bestehenden Unfallbedingtheit nicht zulassen.

Unabhängig von diesen Darlegungen hat der Kläger Anspruch auf Verletztenrente, da die arthrotischen Veränderungen im inneren Kniegelenksbereich des rechten Kniegelenkes als Folge des Arbeitsunfalles des Klägers vom 12.12.1981 zu berücksichtigen sind, auch wenn dieser, wovon die Beklagte ausgeht, lediglich eine Zerrung des Kniegelenkes verursacht hat. Das Gericht stützt sich dabei auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. T, welcher schlüssig dargelegt hat, dass bedingt durch die seinerzeitige offene Arthrotomie Begleitverletzungen des Knorpels und Kapselbandapparates hervorgerufen worden sind, auf die der heutige Folgezustand mit arthrotischen Veränderungen im Bereichs des verletzten Knies zurückzuführen sind. Sie sind sog. mittelbare Folgeschäden. Mittelbare Unfallfolgen sind Gesundheitsstörungen, die im naturwissenschaftlich-phylosophischen Sinne auf die infolge des Arbeitsunfalles bestehenden Gesundheitsschäden zurückgehen und bei wertender Betrachtung wesentlich mit ihnen in Zusammenhang stehen. Dazu zählen zum Einen Gesundheitsstörungen, die ohne einen weiteren Unfall durch die Folgen des Arbeitsunfalles verursacht werden, zum Anderen aber auch neue Unfälle, zu deren Eintritt entweder unmittelbar die Folgen des Arbeitsunfalles oder aber bestimmte Tätigkeiten, die auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind, wesentlich beigetragen haben (Hauck, Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, § 8 SGB VII Anm. 307 ff). Insbesondere in dem Fall, dass die Behandlung eines Arbeitsunfalles zu weiteren Gesundheitsstörungen führt, sind diese aufgrund der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung durch den Arbeitsunfall bedingt und als mittelbare Folgen des Arbeitsunfalls zu entschädigen. Insoweit stellen nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mittelbare Folgen des Versicherungsfalles solche Komplikationen ärztlicher Eingriffe dar, die bei der Erkennung oder Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles auftreten. Dient ein Eingriff dazu, Art, Umfang oder Ausmaß von Folgen eines Versicherungsfalles abzuklären bzw. ist die ärztliche Handlungstendenz darauf gerichtet, Unfallfolgen zu behandeln, ist eine dadurch verursachte Gesundheitsstörung im Regelfall mittelbare Folge, auch wenn weitere Folgen des Versicherungsfalles im Rahmen eines solchen Eingriffes nicht festgestellt werden (BSG in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 59; Hauck, a.a.O. § 11 SGB VII Anm. 10), was sogar dann gilt, wenn eine fehlerhafte oder sogar grob fehlerhafte Behandlung vorliegt (Hauck, a.a.O.). Geregelt ist dies im Übrigen in § 11 SGB VII (früher § 555 Reichsversicherungsordnung -RVO-), nach dessen Abs. 1 Folgen eines Versicherungsfalles auch Gesundheitsschäden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung im Sinne von § 27 SGB VII sind. Da -unstreitig - seinerzeit die Handlungstendenz der den Kläger behandelnden Ärzte auf die Behandlung von Unfallfolgen ausgerichtet war und der Erkennung des bestehenden Unfallschadens diente, sind die im Rahmen des Eingriffes entstandenen Verletzungen, die ihre schicksalsmäßige Weiterentwicklung bis zur heutigen Arthrose genommen haben, unzweifelhaft als Unfallfolge zu berücksichtigen; ob dabei im Rahmen der Arthrotomie Behandlungsfehler unterlaufen sind, ist irrelevant.

Entsprechend den Sachverständigenfeststellungen rechtfertigt der funktionelle, auf diese Gesundheitsstörungen zurückzuführende Befund, den Ansatz einer MdE von 20 vom Hundert, wobei maßgebend ist die Beugebehinderung, insbesondere aber die Streckhemmung des rechten Knies, welche zu einer erheblichen Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Beines führt, womit auch die vom Sachverständigen belegte Muskelminderung korrespondiert. Die im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten MdE-Erfahrungswerte (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 723 f) sehen insoweit bei Bewegungseinschränkungen des Kniegelenkes mit Beugefähigkeit bis 120 Grad den Ansatz einer MdE von 10 vom Hundert, mit Beugefähigkeit des Kniegelenkes bis 90 Grad den Ansatz einer solchen von 20 vom Hundert vor, jeweils bei erhaltener voller Streckfähigkeit. Diese ist beim Kläger jedoch eingeschränkt, wobei zu beachten ist, dass eine Streckbehinderung im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten wesentlich einschneidender ist, als eine Beugebehinderung, da der Ausschluss voller Streckung zum Einen eine Gangstörung bedingt, zum Anderen das Kniescheibengleitlager unter verstärktem Druck durch die Kniescheibe aussetzt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.). Annähernd gleiche Befunde, insbesondere eine erhebliche Streckminderung des rechten Kniegelenkes, hat bereits Dr. C ausweislich seines Gutachtens vom 27.03.2002 erhoben, so dass es angemessen war, dem Kläger ab dessen Untersuchungszeitpunkt Verletztenrente zuzusprechen. Für die Zeit hiervor, beginnend ab dem im September 2001 gestellten Neufeststellungsantrag, konnte diesem nicht entsprochen werden, da die von der Beklagten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens beigezogenen ärztlichen Berichte von Dr. S sowie der Elisabeth-Klinik P entsprechende funktionelle Einschränkungen noch nicht belegten; Dr. S weist insoweit in seinem Bericht vom 04.10.2001 darauf hin, dass bei seinen Untersuchungen des Klägers im August 2001 das Knie bis auf ein Reiben hinter der Kniescheibe unauffällig gewesen sei; dem Entlassungsbericht der Elisabeth-Klinik ist ebenfalls nicht das hier relevante Streckdefizit bei Entlassung des Klägers zu entnehmen; bei voller Streckfähigkeit und Einschränkung der Beugefähigkeit bis 100 Grad können dem Entlassungsbericht insoweit noch nicht sicher rentenberechtigende Befunde entnommen werden, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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