L 13 VG 50/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 36 VG 4/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VG 50/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 32/16 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. November 2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Zuerkennung einer Elternrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Dem liegt zugrunde, dass ihr Sohn 1991 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, den die Kläger für vorsätzlich herbeigeführt halten. Dieser Verkehrsunfall ereignete dergestalt, dass der Fahrer des unfallverursachenden Pkw nach Entdeckung einer von ihm begangenen Straftat zur Nachtzeit auf der Flucht vor ihm nachstellenden Zeugen der Straftat befand und daher ohne Benutzung der Beleuchtung des Fahrzeuges und mit überhöhter Geschwindigkeit in einen Kreuzungsbereich einfuhr und dabei den vorfahrtsberechtigten vom Sohn der Kläger gesteuerten Pkw mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h traf.

Am 1. Oktober 2013 beantragten die Kläger beim Beklagten die Gewährung der Opferrente und trugen hierzu vor, bei der gebotenen sozialrechtlichen Würdigung des Unfallgeschehens sei festzustellen, dass der den Unfall verursachende Fahrer sein Kraftfahrzeug als Waffe "pervertiert" habe und sich das Geschehen als ein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff mittels eines Kraftfahrzeuges darstelle.

Mit Bescheid vom 12. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Kläger ab und führte zur Begründung aus, ein Anspruch nach dem OEG sei bereits deshalb nicht gegeben, weil § 1 Abs. 11 OEG das Gesetz nicht anzuwenden sei auf Schäden aus einem tätlichen Angriff, die von dem Angreifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder eines Anhängers verursacht worden seien. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2015 zurück.

Mit der am 11. März 2015 erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiter verfolgt und zur Begründung ausgeführt, die Sachlage liege nicht anders als in einem von ihrem Prozessbevollmächtigten ebenfalls bearbeiteten Fall, in welchem ein Kraftfahrzeug vorsätzlich manipuliert worden und hierdurch die in Unkenntnis der Manipulation gewesene spätere Fahrerin des betreffenden Kraftfahrzeuges bei einem schweren Verkehrsunfall verletzt und geschädigt worden sei.

Das Sozialgericht hat mit seinem im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil vom 25. November 2015 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die von den Klägern begehrte Gewährung einer Rente nach dem OEG sei rechtlich ausgeschlossen, da nach § 1 Abs. 11 OEG dieses Gesetz nicht anzuwenden sei auf Schäden aus einem tätlichen Angriff, die von dem Angreifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder eines Anhängers verursacht worden seien. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Entgegen der Ansicht der Kläger komme es auch nicht darauf an, ob das Kraftfahrzeug bewusst als Waffe eingesetzt und daher seiner eigentlichen Funktion als Beförderungsmittel entkleidet bzw. "pervertiert" worden sei, denn der Ausschluss der Anwendbarkeit des OEG finde seine Berechtigung darin, dass Schäden, die aus dem Gebrauch eines Kraftfahrzeuges herrührten, im Rahmen der als Pflichtversicherung für das jeweilige Fahrzeug ausgestalten Haftpflichtversicherung gedeckt seien. Hierin liege auch der entscheidende Unterschied zu dem von den Klägern angeführten Fall einer Manipulation an einem Kraftfahrzeug, dessen spätere Fahrerin bei einem auf die Manipulation zurückzuführenden Verkehrsunfall geschädigt wurde. In einem derartigen Falle greife nämlich nicht die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Pkw. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. November 2015 Bezug genommen.

Gegen das am 3. Dezember 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Dezember 2015 eingelegte Berufung der Kläger, mit der diese ihr Begehren weiter verfolgen und sinngemäß beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. November 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2015 zu verurteilen, ihnen eine Elternrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt der Streitakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu einer derartigen Verfahrensweise angehört worden.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn die Kläger können unabhängig davon, ob ihr Sohn Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne von § 1 Abs. 1 OEG geworden ist, Leistungen nach dem OEG nicht beanspruchen, weil die Anwendung des OEG nach § 1 Abs. 11 OEG hier ausgeschlossen ist. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteiles gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ohne Erfolg bleibt insbesondere auch die Berufung der Kläger auf einen von ihnen als Parallelfall angesehenen Fall, in dem aufgrund einer Schädigung bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug Versorgungsleistungen nach dem OEG gewährt worden seien. Sie übersehen hierbei, dass der Anwendungsausschluss gemäß § 1 Abs. 11 OEG jene Fälle erfasst, in denen der Schaden mit dem Gefahrenbereich, für den ein Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer deckungspflichtig ist, in einem haftungsrechtlich relevanten Zusammenhang steht, so dass sich die von dem Kraftfahrzeug als solchem ausgehende Betriebsgefahr auf den Schadensablauf ausgewirkt hat (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 30. November 2006, B 9a VG 5/06 B, juris, Randnummer 10). Wie bereits mehrfach im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren ausgeführt, liegt hier der maßgebliche Unterschied zu dem von den Klägern angeführten Fall, weil bei einer Schädigung des Fahrers des unfallverursachenden Fahrzeuges gerade kein Anwendungsbereich der Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Kraftfahrzeuges eröffnet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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