Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 633/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 112/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Zulassung der Berufung mangels Vorliegens von Zulassungsgründen.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.06.2015 - S 10 AS 633/15 - wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die vom Kläger begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens S 10 AS 1371/14 vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) nach der dort von ihm abgegebenen Erledigterklärung. Der Kläger hat gegen den Bescheid vom 23.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2014 wegen der Minderung des Anspruches auf Leistung zu Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund einer Verletzung der Meldepflicht Klage zum SG erhoben, in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2015 aber den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Erledigterklärung ist ihm vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Mit Schreiben vom 01.06.2015 hat der Kläger die Wiederaufnahme dieses Verfahrens begehrt. Das SG Gotha habe mit Beschluss vom 26.05.2015 (S 15 AS 5157/14) Sanktionen nach dem SGB II für verfassungswidrig gehalten. Im Übrigen sei er "wegeunfähig" gewesen. Dies hätte aufgeklärt werden müssen. Nach Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheides vom 17.06.2015 hat das SG diesen am 26.06.2015 erlassen. Es hat die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens verworfen und festgestellt, dass der Rechtsstreit S 10 AS 1371/14 durch Erledigterklärung beendet worden sei. Die Erledigterklärung sei vorliegend als Klagerücknahme auszulegen. Gründe für eine Wiederaufnahme gemäß § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 580 Zivilprozessordnung (ZPO) seien unabhängig davon, ob die Frist gemäß § 586 Abs. 1 ZPO für eine solche Klage eingehalten sei, nicht zu erkennen. In der Rechtsmittelbelehrung hat es auf die Möglichkeit der Berufungseinlegung hingewiesen. Der Kläger hat die daraufhin eingelegte Berufung nach Hinweis des Senates zurückgenommen und Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Das SG Dresden habe sich im Urteil vom 10.08.2015 (S 20 AS 1507/14) der Auffassung des SG Gotha angeschlossen. 117,30 EUR seien daher nachzuzahlen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und - nach unzutreffend erteilter Rechtsmittelbelehrung - fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht, streitig ist letztendlich ein Gesamtbetrag der Minderung in Höhe von 117,30 EUR. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich. Weder weicht das SG mit seinen Ausführungen zu den Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab, noch sind diesbezüglich Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Wirksame Prozesserklärungen - wie die vorliegend vom Kläger abgegebene Erledigterklärung - können nicht durch Anfechtung beseitigt und nur ganz ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 580 ZPO widerrufen werden (vgl. hierzu Urteil des Senates vom 19.12.2013 - L 11 AS 567/13). Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind. Verfahrensfehler des SG sind ebenfalls nicht ersichtlich, nachdem die Frist zur Stellungnahme zum Erlass eines Gerichtsbescheides unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten zwar unangemessen kurz war, der Kläger jedoch innerhalb der Frist Stellung genommen hatte. Vom Kläger werden Verfahrensfehler auch nicht geltend gemacht. Unabhängig hiervon bestünde auch, soweit es auf die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelung des SGB II ankäme, keine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreites, denn das Bundessozialgericht (BSG) hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit bereits mit Urteil vom 29.04.2015 (B 14 AS 19/14 R - veröffentlich in juris -) geklärt (vgl. Beschluss des Senates vom 27.10.2015 - L 11 AS 561/15 NZB).
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die vom Kläger begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens S 10 AS 1371/14 vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) nach der dort von ihm abgegebenen Erledigterklärung. Der Kläger hat gegen den Bescheid vom 23.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2014 wegen der Minderung des Anspruches auf Leistung zu Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund einer Verletzung der Meldepflicht Klage zum SG erhoben, in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2015 aber den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Erledigterklärung ist ihm vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Mit Schreiben vom 01.06.2015 hat der Kläger die Wiederaufnahme dieses Verfahrens begehrt. Das SG Gotha habe mit Beschluss vom 26.05.2015 (S 15 AS 5157/14) Sanktionen nach dem SGB II für verfassungswidrig gehalten. Im Übrigen sei er "wegeunfähig" gewesen. Dies hätte aufgeklärt werden müssen. Nach Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheides vom 17.06.2015 hat das SG diesen am 26.06.2015 erlassen. Es hat die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens verworfen und festgestellt, dass der Rechtsstreit S 10 AS 1371/14 durch Erledigterklärung beendet worden sei. Die Erledigterklärung sei vorliegend als Klagerücknahme auszulegen. Gründe für eine Wiederaufnahme gemäß § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 580 Zivilprozessordnung (ZPO) seien unabhängig davon, ob die Frist gemäß § 586 Abs. 1 ZPO für eine solche Klage eingehalten sei, nicht zu erkennen. In der Rechtsmittelbelehrung hat es auf die Möglichkeit der Berufungseinlegung hingewiesen. Der Kläger hat die daraufhin eingelegte Berufung nach Hinweis des Senates zurückgenommen und Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Das SG Dresden habe sich im Urteil vom 10.08.2015 (S 20 AS 1507/14) der Auffassung des SG Gotha angeschlossen. 117,30 EUR seien daher nachzuzahlen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und - nach unzutreffend erteilter Rechtsmittelbelehrung - fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht, streitig ist letztendlich ein Gesamtbetrag der Minderung in Höhe von 117,30 EUR. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich. Weder weicht das SG mit seinen Ausführungen zu den Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens von der obergerichtlichen Rechtsprechung ab, noch sind diesbezüglich Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Wirksame Prozesserklärungen - wie die vorliegend vom Kläger abgegebene Erledigterklärung - können nicht durch Anfechtung beseitigt und nur ganz ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 580 ZPO widerrufen werden (vgl. hierzu Urteil des Senates vom 19.12.2013 - L 11 AS 567/13). Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind. Verfahrensfehler des SG sind ebenfalls nicht ersichtlich, nachdem die Frist zur Stellungnahme zum Erlass eines Gerichtsbescheides unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten zwar unangemessen kurz war, der Kläger jedoch innerhalb der Frist Stellung genommen hatte. Vom Kläger werden Verfahrensfehler auch nicht geltend gemacht. Unabhängig hiervon bestünde auch, soweit es auf die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelung des SGB II ankäme, keine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreites, denn das Bundessozialgericht (BSG) hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit bereits mit Urteil vom 29.04.2015 (B 14 AS 19/14 R - veröffentlich in juris -) geklärt (vgl. Beschluss des Senates vom 27.10.2015 - L 11 AS 561/15 NZB).
Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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