L 11 R 838/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 152/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 838/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 03.03.2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf jeweils 52.562,68 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese nach Durchführung einer Arbeitgeberprüfung Gesamtsozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 210.250,72 EUR fordert.

Die Antragstellerin hat in der Rechtsform einer GmbH eine Gaststätte in S. betrieben; sie befindet sich derzeit in Liquidation. Das Finanzamt M.-N. führt im Rahmen einer Betriebsprüfung ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen den damaligen Geschäftsführer und jetzigen Liquidator der Antragstellerin A. A ... Ein daraufhin eingeleitetes Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wurde im September 2013 wegen des zu erwartenden Steuerschadens nach § 154 Strafprozessordnung eingestellt. Die Steuerfahndungsbehörden haben 31 Arbeitnehmer der Antragstellerin vernommen. Bei 29 davon ergaben sich Anhaltspunkte für Schwarzlohnzahlungen. Die Antragsgegnerin berechnete unter dem 13.02.2013 im Wege der Schätzung (Summenbeitragsbescheid nach § 28f Abs 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) einen Schaden von 283.983,96 EUR an Beiträgen und Umlagen zuzüglich 215.625 EUR Säumniszuschläge. Nach den Ausführungen im Zwischenbericht über die steuerlichen Feststellungen vom 10.06.2013 täuschten die in der Buchhaltung ausgewiesenen Lohnzahlungen für die Bereiche Küche, Bar, Service, Security und Putzkraft/Toilettenfrau bei jedem Arbeitnehmer eine monatlich nahezu gleichbleibende Vergütung vor, tatsächlich sei jedoch eine höhere Entlohnung monatlich schwankend vorgenommen worden. Darüber hinaus seien Lohnzahlungen an eine Vielzahl von kurzfristig Beschäftigten geleistet worden, ohne die Zahlungen zu verbuchen. Die nicht in der Buchhaltung erfassten Lohnanteile seien bar und ohne Quittung durch den Arbeitgeber ausgezahlt worden. Von 29 Fällen seien in 14 Fällen Lohn in der Spitze von über 400 EUR und in 15 Fällen von unter 400 EUR gezahlt worden. Im Umfang von 48,28% werde daher von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ausgegangen.

Mit Anhörung vom 12.12.2014 teilte die Antragsgegnerin die beabsichtigte Nachforderung von Beiträgen und Säumniszuschlägen für den Zeitraum 01.01.2004 bis 30.06.2012 iHv insgesamt 210.250,72 EUR mit. Die Antragstellerin verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass die Zeugenaussagen widersprüchlich seien, teilweise seien Angaben zu Arbeitszeiten und –Verdiensten Jahre zurück geschätzt worden. Ein Großteil der Beiträge könne zudem nur bei Vorsatz erhoben werden, hierzu sei noch nichts ermittelt worden.

Mit Bescheid vom 25.11.2015 forderte die Antragsgegnerin für namentlich genannte Beschäftigte personenbezogen für den Zeitraum 01.01.2004 bis 30.06.2012 Beiträge und Umlagen iHv 121.440,72 EUR zuzüglich Säumniszuschläge iHv 88.810 EUR nach. Es seien Mitarbeiter zum Teil nicht oder nicht für die gesamte Dauer der Beschäftigung gemeldet worden, zudem seien geringere Entgelte gemeldet worden als tatsächlich ausbezahlt. Aufgrund der schwankenden Arbeitszeiten hätten die Zeugen einen Durchschnittsverdienst angegeben. Für die Berechnung der Beiträge sei daher von einem Mittelwert ausgegangen worden. Die Schwarzlohnzahlungen seien nach § 14 Abs 2 SGB IV hochgerechnet worden. Für die geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer seien Pauschalbeiträge nachgefordert worden. Soweit bei als geringfügig gemeldeten Personen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden sei, werde die Differenz zwischen zu Unrecht gezahlten und geschuldeten Beiträgen geltend gemacht. Da die Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien, seien die Beiträge gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV nicht verjährt. Säumniszuschläge seien zu erheben, es habe Kenntnis von der Zahlungspflicht bestanden.

Mit ihrem Widerspruch vom 10.12.2015 machte die Antragstellerin geltend, der Bescheid beruhe auf unzureichenden Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung. Im Rahmen einer weiteren Durchsuchung (Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts M. vom 19.10.2015) seien weitere Unterlagen beschlagnahmt worden, die bislang noch nicht ausgewertet seien. Hinsichtlich der Verjährung werde darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer nicht Arbeitgeber der Angestellten gewesen sei und auch nicht die Entlohnung übernommen habe. Zudem sei er in den Jahren 2004 bis 2006 gar nicht Geschäftsführer gewesen.

Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids lehnte die Antragsgegnerin unter dem 14.01.2016 ab.

Am 18.01.2016 hat die Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Mannheim (SG) "Antrag auf Aussetzung der Vollziehung" gestellt. Die Antragsgegnerin habe keine eigenen Ermittlungen durchgeführt, sondern sich auf die vorläufigen Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsstelle gestützt. Die Aussagen der vernommenen Arbeitnehmer könnten angesichts der lange zurückliegenden Zeiträume ab 2004 nicht hinreichend zuverlässig sein, insbesondere nicht hinsichtlich möglicher nicht entlohnter Fehlzeiten. Im Übrigen werde Verjährungseinrede erhoben, ein bedingter Vorsatz der Geschäftsführung könne nicht festgestellt werden. In Betracht zu ziehen seien fahrlässige Berechnungsfehler oder Fehlbeurteilungen. Die Vollziehung des Beitragsbescheids bedeute zudem eine unbillige Härte, denn bei Betreibung der Gesamtforderung drohe der Antragstellerin Zahlungsunfähigkeit.

Mit Beschluss vom 03.02.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25.11.2015 komme nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht in Betracht, weil Erfolgsaussichten des Widerspruchs nicht ersichtlich seien und die Annahme einer unbilligen Härte schon deshalb ausgeschlossen sei, weil sich die Antragstellerin in Liquidation befinde und ihr Geschäft nicht weiter betreibe. Bei der gebotenen summarischen Prüfung griffen die Einwände der Antragstellerin nicht durch. Soweit sie geltend mache, auf die Erinnerung der vernommenen Arbeitnehmer sei wegen des Zeitablaufs kein Verlass, müsste es der Antragstellerin aus ihrer Sphäre heraus möglich sein, konkret darzulegen, welche Löhne den Zeugen tatsächlich gezahlt worden seien. Hinsichtlich der erneuten Durchsuchung der Geschäftsräume der Antragstellerin werde nicht einmal behauptet, dass dabei neue oder andere Ermittlungsergebnisse angefallen seien. Von einer Verjährung der Beiträge sei nicht auszugehen. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV erst in 30 Jahren. Der verantwortlichen Geschäftsführung der Antragstellerin sei zumindest bedingter Vorsatz vorzuhalten. Die in ihrem Betrieb verbreitete und von der Geschäftsführung geduldete Praxis, Schwarzlöhne zu zahlen, sei nicht auf lediglich fahrlässige "Berechnungsfehler" oder "Fehlbeurteilungen" zurückzuführen, sondern mit der Zulassung belegloser Barzahlungen an Bedienstete sei zumindest billigend in Kauf genommen worden, dass dadurch Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2016 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch zurückgewiesen. Die vom Finanzamt durchgeführten Vernehmungen von Personen seien ausgewertet worden. Von einer erneuten Befragung sei abgesehen worden, da den Aussagen zusätzliche Barlohnzahlungen über die üblichen Lohnabrechnungen hinaus zu entnehmen seien. Die Aussagen seien schlüssig. Da die wöchentlichen Beschäftigungszeiten schwankten, hätten die Zeugen eine durchschnittliche Verdiensthöhe angegeben. Der daraus gebildete Mittelwert sei zur Nachberechnung in Ansatz gebracht worden. Soweit weitere Ermittlungen gefordert würden, seien am 28.05.2015 und 05.08.2015 Stundenaufzeichnungen bezüglich der betroffenen Personen angefordert, jedoch nicht eingereicht worden. Arbeitgeberin und damit Adressatin des Bescheides sei die GmbH und nicht deren Gesellschafter. Für die Vorenthaltung der Beiträge sei der Geschäftsführer der GmbH rechtlich verantwortlich; dem stehe nicht entgegen, dass ggf andere Mitarbeiter mit der Abwicklung der Beitragszahlung beauftragt gewesen seien. Die Beiträge seien auch mit bedingtem Vorsatz vorenthalten. Nach Rücksprache mit der Steuerfahndung des Finanzamtes M. am 07.01.2016 sei eine Auswertung der neu beschlagnahmten Unterlagen noch nicht abgeschlossen, es seien jedoch keine Lohnunterlagen, Stundenaufzeichnungen, Schichtzettel oä in den beschlagnahmten Unterlagen vorhanden. Es komme nur zu steuerrechtlichen Auswirkungen. Am 22.03.2016 hat die Antragstellerin beim SG Klage erhoben, die dort unter dem Az S 5 R 853/16 anhängig ist.

Bereits am 03.03.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 03.02.2016 eingelegt. Zuletzt am 01.12.2015 seien Unterlagen beschlagnahmt worden. Hinsichtlich aller Steuerbescheide sei wegen des noch nicht ausermittelten Sachverhalts die Aussetzung der Vollziehung gewährt worden. Das SG habe seinen Schlussfolgerungen selbst einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt, es stelle lediglich pauschal fest, die Befragten hätten angegeben, Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben. Dies sei falsch, denn die befragten Zeugen hätten mehrheitlich angegeben, sich nicht mehr genau an ihren Lohn erinnern zu können, was angesichts des Zeitablaufs von fast 10 Jahren nicht verwunderlich sei. Soweit Zeugen Mehrzahlungen angegeben hätten, sei unklar, wie diese einzuordnen seien (als Lohn, Trinkgeld oder Umsatzbeteiligung). Zudem bestünden zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten. So habe die Zeugin L. in ihrer ersten Vernehmung 2010 noch angegeben, ab 2009 nur 100 EUR monatlich verdient zu haben und 10 Stunden in der Woche tätig gewesen zu sein. In der zweiten Vernehmung etwa ein Jahr später habe sie ausgesagt, sie habe bereits ab Mitte 2008 650 EUR im Monat verdient. Andere Zeugen hätten angegeben, zu "glauben", mehr Lohn als in den Abrechnungen enthalten, erhalten zu haben. Nahezu alle Zeugen hätten angegeben, den Lohn von den Schichtleitern und nicht vom Geschäftsführer erhalten zu haben. Andere Zeugen (Frau H., Frau L.) hätten gar nicht angegeben, zusätzliche Zahlungen erhalten zu haben. Weitere Ermittlungen zu diesen Unstimmigkeiten seien nicht erfolgt. Allein die Möglichkeit der Erlangung weiterer Erkenntnisse aufgrund der erneut erfolgten Durchsuchung reiche aus, um von einer rechtswidrigen Festsetzung auszugehen. Lägen die Ermittlungsergebnisse erst später vor, könne die Antragstellerin eine Änderung der dann bestandskräftigen Bescheide nicht mehr erreichen. Das SG behaupte einfach eine "im Betrieb verbreitete und von der Geschäftsführung geduldete Praxis Schwarzlöhne zu zahlen", ohne tatsächliche Feststellungen zum Vorsatz zu treffen. Die Vollziehung des Bescheids wäre trotz der gegenwärtigen Liquidation eine besondere Härte. Die Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin würde zu einem Insolvenzverfahren führen; bei den Einzugsstellen sei deshalb die Stundung beantragt worden. Zudem würde die Abwicklung im Rahmen einer Insolvenz sowohl der Antragstellerin als auch den Gläubigern schaden, es entstünden außerdem zusätzliche Kosten.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 03.02.2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2016 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin habe im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes die vorliegenden Beweismittel heranziehen dürfen, sie müsse die Ermittlungen nicht selbst und unmittelbar führen. Im Zwischenbericht des Finanzamts M.-N. sei bereits berücksichtigt, dass von 29 vernommenen Arbeitnehmern ein unterschiedliches Bild hinsichtlich getätigter Schwarzlohnzahlungen entstanden sei. Für die Schadensberechnung vom 13.02.2013 sei noch eine Schätzung als Summenbeitragsbescheid erfolgt, da eine Zuordnung nach Arbeitnehmern nach den Vorgaben des Finanzamts nicht möglich gewesen sei. Der Beitragsbescheid enthalte eine personenbezogene Zuordnung von geschätzten Schwarzlohnzahlungen, welche den Arbeitnehmern, aus deren Aussagen sich Schwarzlohnzahlungen ergeben hätten, zugeordnet worden seien. Die Schätzung habe auf der im Ermittlungsverfahren gebildeten Quote beruht. Es bestehe die Möglichkeit, dass die im Rahmen der Schätzung einzelnen Arbeitnehmern zugeordneten Beträge fehlerhaft sein könnten. Sollte dies der Fall sein, wäre die Antragsgegnerin grundsätzlich berechtigt, die nicht zuordenbaren Zahlungen im Wege eines Summenbeitragsbescheids nach § 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV nachzufordern, so dass sich an der Gesamthöhe der Nachforderung nur wenig verändern würde. Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes liege nicht vor, da die Schätzung der Höhe von Arbeitsentgelten, die der prüfende Rentenversicherungsträger nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln könne, nach § 28f Abs 2 Satz 5 SGB IV zulässig sei. Die bloße Möglichkeit der Nichtberücksichtigung einzelner Zeugenaussagen wegen Unglaubwürdigkeit würde zudem nicht die Aussetzung der Vollziehung des gesamten Beitragsbescheids rechtfertigen. Auch die verschuldensabhängigen Berechnungsmerkmale (Hochrechnung nach § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV, 30jährige Verjährung und Erhebung von Säumniszuschlägen) sei hinreichend belegt. Der Geschäftsführer sei verantwortlich für die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten; ein Verschulden betriebsangehöriger Personen sei ihm entsprechend § 278 BGB zuzurechnen, auch wenn es für die strafrechtliche Verantwortung auf persönliches Verschulden ankommen sollte. Soweit sich neue Erkenntnisse ergeben sollten, könnten diese selbst bei Bestandskraft der Bescheide nach § 44 SGB X berücksichtigt werden, erst recht während des laufenden Hauptsacheverfahrens. In einem Insolvenzverfahren der Antragstellerin würde ein Klageverfahren nach §§ 202 SGG, 240 Satz 2 ZPO unterbrochen werden, die Beitragsforderungen müssten zur Tabelle angemeldet werden und dürften von den Einzugsstellen nicht vollstreckt werden. Es bestünde dann kein Rechtsschutzbedürfnis für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Sie ist aber nicht begründet.

Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide des Rentenversicherungsträgers, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen (Beschlüsse des Senats vom 04.09.2013, L 11 2315/13 ER-B, 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, mwN und vom 29.07.2010, L 11 R 2595/10 ER-B, alle veröffentlicht in juris).

Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel in Sinne des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 Er-B mwN, juris). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).

Nach dem gegenwärtigen Stand ist es für den Senat nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 25.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2016 Erfolg haben wird.

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 174 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitsförderung.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (stRspr; vgl zB BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).

Hinsichtlich des Vorliegens abhängiger Beschäftigungen bezüglich der Tätigkeiten im Lokal C. in S. in den Bereichen Küche, Bar, Service, Security und Reinigung bestehen keinerlei Zweifel. Umstritten ist in tatsächlicher Hinsicht allein, in welchem Umfang die Mitarbeiter beschäftigt waren und in welcher Höhe sie Lohn erhalten haben.

Nach im Eilverfahren gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung bestehen auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragsgegnerin hat Beiträge nachgefordert für die namentlich genannten Beschäftigten mit genauer zeitlicher Zuordnung. Aufgrund der fehlenden Arbeitgeberaufzeichnungen hat sie die Entgelte nach § 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV geschätzt. Hierzu ist sie grundsätzlich berechtigt, wenn die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand des prüfenden Trägers der Rentenversicherung ermittelt werden kann. Die Schätzung ist so exakt vorzunehmen, wie dies unter Wahrung eines nach den genannten Maßstäben noch verhältnismäßigen Verwaltungsaufwands möglich ist. Sie ist nicht zu beanstanden und - bis zum Nachweis der tatsächlichen Höhe des Arbeitsentgelts (§ 28f Abs 2 Satz 5 SGB IV) - verbindlich, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, juris). Dies ist hier der Fall. Grundlage für die Schätzung sind vorliegend die Aussagen der von den Steuerfahndungsbehörden vernommenen Beschäftigten. Dieser Ansatzpunkt ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin darf sich im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht auf die Beweiserhebungen anderer Behörden stützen und diese auswerten, sie muss keineswegs sämtliche Ermittlungen selbst und unmittelbar durchführen. Die Schätzungsbefugnis besteht, weil (bislang) die Antragstellerin keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, welche eine genaue Aufschlüsselung der Arbeitsentgelte ermöglichen würde, solche sind auch im Rahmen der Durchsuchungen bei der Antragstellerin bislang nicht aufgefunden worden, wie die Steuerbehörden auch bezüglich der letzten Durchsuchung auf Anfrage der Antragsgegnerin bestätigt haben. Zutreffend können daher die von den Beschäftigten angegebenen Durchschnittslöhne als Ausgangspunkt der Berechnung zugrunde gelegt werden. Festzuhalten ist, dass die Antragsgegnerin gewisse Unstimmigkeiten in den Aussagen durchaus schon berücksichtigt und insbesondere nicht für alle vernommenen Mitarbeiter Beiträge nachgefordert hat. So erfolgt beispielsweise keine Nachforderung für G. B., die angegeben hat, nicht mehr als die ausgewiesenen 100 EUR pro Monat erhalten zu haben. Dies erfolgt zu Gunsten der Antragstellerin, denn laut Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle vom 22.12.2011 wurden die Angaben nicht für wahrheitsgemäß gehalten insbesondere im Hinblick auf die Aussagen anderer Beschäftigter zu den Arbeitszeiten der G. B ...

Soweit die Antragstellerin auf Unstimmigkeiten in den Aussagen der B. H. L. verweist, trifft dies zu. Frau L. hatte zunächst in ihrer schriftlichen Befragung unter dem 15.12.2010 angegeben, ca 2 Tage die Woche gearbeitet und hierfür 100 EUR bar pro Monat erhalten zu haben. In ihrer mündlichen Vernehmung am 10.10.2011 hat sie dann ausgesagt, sie habe (nur) zu Beginn ihrer Tätigkeit (Juli/August 2008) zwei bis drei Mal pro Woche gearbeitet, ab 2009 dann aber immer von Freitag bis Sonntag, gelegentlich noch mittwochs für wenigstens 600 bis 700 EUR pro Monat (bar auf die Hand). Soweit die Antragsgegnerin gleichwohl auch für August bis Dezember 2008 von einem Durchschnittslohn von 650 EUR (hochgerechnet auf 1.284,19 EUR) ausgegangen ist, dürfte dies unzutreffend sein und eine Korrektur des Beitragsbescheids erfordern. Angesichts des sehr begrenzten Zeitraums und damit einer nur marginalen Auswirkung auf die Gesamtforderung erscheint es jedoch nicht geboten, insoweit eine aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Eine Berücksichtigung kann im Rahmen des laufenden Klageverfahrens erfolgen.

Die auf der Basis der Aussagen der Mitarbeiter zugrunde gelegten Durchschnittslöhne sind von der Antragsgegnerin zu Recht nach § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV hochgerechnet worden. Nach dieser Vorschrift, die im Zuge der Bekämpfung illegaler Schattenwirtschaft ("Schwarzarbeit") eingeführt worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 13 RdNr 17), gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Demnach gelten als Arbeitsentgelt zunächst die Einnahmen des Beschäftigten. Hinzugerechnet werden auf den Nettobetrag entfallende Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungsbeitragsanteile des Arbeitnehmers (vgl Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 14 RdNr 134). Der Senat geht im Rahmen der summarischen Prüfung davon aus, dass vorliegend neben der objektiven Verletzung zentraler arbeitgeberbezogener Pflichten bei der Antragstellerin auch diesbezüglich mindestens bedingter Vorsatz vorgelegen hat (vgl zu dieser Voraussetzung BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254, SozR 4-2400 § 14 Nr 13 Rn 28).

Zunächst ist Voraussetzung das Vorliegen einer sog illegalen Beschäftigung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt hierzu in objektiver Hinsicht die Verletzung arbeitgeberbezogener Pflichten mit spezifischem Bezug zur Beschäftigung. Dies ist der Fall bei fehlender Zahlung von Lohnsteuer und Beiträgen unter Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung hierzu und gegen die vorausgehenden Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten. Ausreichend ist, wenn insoweit auch nur Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet und dadurch gesetzliche Abzüge umgangen werden (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB IV, § 14 RdNr 39; BGH 07.10.2009, 1 StR 320/09, juris). In subjektiver Hinsicht ist darüber hinaus zumindest bedingter Vorsatz bezogen auf die Vorenthaltung der Beiträge und Steuern zu fordern (BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254, SozR 4-2400 § 14 Nr 13). Bedingt vorsätzlich handelt, wer seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat (LSG Nordrhein-Westfalen 16.09.2013, L 8 R 361/13 B ER mwN). Bei der hier vorliegenden Konstellation der Zahlung des Lohnes bar ohne Quittung in abweichender Höhe zu verbuchten und gemeldeten Entgelten durch die jeweiligen Schichtleiter des Lokals C. über viele Jahre hinweg erscheint es ausgeschlossen, dass dieses Geschäftsmodell ohne Wissen und Wollen der Geschäftsführung erfolgen konnte, zumal ganz offensichtlich war, dass die zur Sozialversicherung gemeldeten Entgelte für den tatsächlichen Personaleinsatz im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb nicht ansatzweise ausreichen konnten. Die Antragsgegnerin hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass Fehlverhalten von Mitarbeitern der Geschäftsführung nach § 278 BGB zuzurechnen wäre.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf Verjährung berufen. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge jedoch erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich handelt, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlässt (BSG 21.03.2007, B 11 AL15/06 R, SozR 4-2400 § 25 Nr 1). Vorsätzlich handelt auch, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz, BSG 13.08.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr 6). Es genügt, wenn der Vorsatz zum Vorenthalten der Beiträge vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist, auch wenn der Beitragsschuldner anfänglich gutgläubig war (BSG 30.03.2000, B 12 RK 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr 7). Hatte der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht und hat die Zahlung nicht sichergestellt, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies Vorsatz im Sinne von § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (BSG 17.04.2008, B 13 R 123/07 R, BSGE 100, 215). Hier ist schon das ganz Modell der Barlohnzahlung ohne Meldung bzw abweichend von gemeldetem Lohn darauf ausgelegt, Beiträge zu hinterziehen. Für die Annahme von lediglich "fahrlässigen Berechnungsfehlern" oder "Fehlbeurteilungen" ist bei alledem kein Raum. Es gilt daher die 30jährige Verjährungsfrist.

Auch die Festsetzung der Säumniszuschläge ist zutreffend erfolgt und nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs 2 SGB IV ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Angesichts des hier vorliegenden Vorsatzes liegt ersichtlich keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vor.

Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 210.250,72 EUR bedeutet für die Antragstellerin keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat sich der Senat der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen. Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte, was vorliegend schon deshalb nicht ersichtlich ist, weil das Geschäfts gar nicht mehr betrieben wird (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier ein Viertel von 210.250,72 EUR, also 52.562,68 EUR. Der Senat ist insoweit berechtigt, auch die erstinstanzliche Kostenfestsetzung zu ändern (§ 197a SGG iVm § 63 Abs 3 Satz 1 Nr 2 GKG).

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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