L 12 KA 29/13 KL

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 29/13 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Festsetzung des Orientierungspunktwerts nach § 87 Abs. 2e SGB V und die Empfehlungen des Bewertungsausschusses nach § 87a Abs. 5 SGB V sind für die Gesamtvertragsparteien und das Schiedsamt verbindlich.
2. Bei der Festsetzung des Orientierungspunktwerts und den Empfehlungen der diagnosebezogenen und demographischen Veränderungsarten (DÄ 2012, A 2322) für 2013 hat der Bewertungsausschuss seinen weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
I. Die Klage der Klägerin gegen den Beschluss des Landesschiedsamtes vom 18.12.2012 wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 5).

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Verfahrens ist die Klage gegen den Schiedsspruch des Landesschiedsamts vom 30.01.2013. Mit Schreiben vom 16.11.2012 beantragten die Beigeladenen zu 1 bis 6 die Durchführung des Schiedsamtsverfahrens. Sie beantragten, den regionalen Punktwert auf der Grundlage des für das Jahr 2013 festgelegten Orientierungswertes gemäß § 87 Abs. 2e SGB V auf 3,5363 Cent ohne Zuschläge nach § 87a Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB V festzusetzen und die morbiditäts- bedingte Gesamtvergütung (MGV) um die gewichtete morbiditätsbedingte Veränderungsrate gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V i.H.v. 0,2298 % zu erhöhen. Die Festsetzung des Orientierungswerts durch den Erweiterten Bewertungsausschuss (E-BA) sei für die Landesebene verbindlich. Eine abweichende Reglung des Regionalpunktwerts sei nicht möglich, da sich die Kostenstruktur in Bayern nicht von der bundesdurchschnittlichen Entwicklung abhebe. Dies ergebe sich aus den Daten des Bundesamts für Statistik und des Instituts des Bewertungsausschusses, die als Anlage beigelegt waren. Die Vereinbarung der MGV müsse sich an den Empfehlungen des Bewertungsausschusses (BA) zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur orientieren, so dass sich bei einer diagnosebezogenen Veränderungsrate von 0,1061 % und einer demographischen Veränderungsrate von 0,4233 % gewichtet eine Rate von 0,2298 % ergebe. Die Klägerin beantragte, den regionalen Punktwert auf der Grundlage des für das Jahr 2013 festgelegten Orientierungswertes auf 3,9720 Cent, hilfsweise auf 3,7414 Cent bzw. 3,6106 Cent und die gewichtete morbiditätsbedingte Veränderungsrate in Höhe von 0,9962 % festzusetzen. Der bundeseinheitliche Orientierungswert sei durch den E-BA in der Sitzung am 15./30.08.2012 rechtswidrig festgesetzt worden, da nach § 87 Abs. 2g Nr. 1 SGB V die Kostenentwicklung der für die Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten seit 2008 berücksichtigt und damit ein Orientierungswert von 3,8903 Cent festgesetzt hätte werden müssen. Außerdem sei bei der Festsetzung des regionalen Punktwerts ein weiterer Zuschlag in Höhe von 2,1 % notwendig, um die besondere Entwicklung der bayerischen Kostenstruktur hinreichend abzubilden. Die Kostenstruktur spiegle sich im Verbraucherpreisindex wieder, der in Bayern deutlich über dem Bundesdurchschnitt liege und von 2011 bis Oktober 2012 um 3 % gestiegen sei, von 2009 bis Oktober 2012 sogar um 6,7 %, so dass sich hilfsweise bei Zugrundelegung des bundeseinheitlichen Orientierungswerts eine Anpassung von 5,8 % auf 3,7414 Cent ergebe. Die MGV sei entsprechend der Vergleichswerte der alten Bundesländer ohne Bayern um eine diagnosebezogene Veränderungsrate von 0,9962 % anzuheben, da die Empfehlungen des E-BA zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur auf einer fehlerhaften bzw. auf unvollständigen Daten basierenden Berechnung beruhen würden; damit sei die diagnosebezogene Veränderungsrate für den KV-Bezirk Bayern falsch. Versicherte, die an einem Selektivvertrag teilgenommen hätten, würden rechtswidrigerweise nicht berücksichtigt. So seien aufgrund der Kündigung der Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung im Dezember 2010 rund 2,2 Mio. Versicherte mit höherem Altersprofil und höherem Morbiditätsniveau sowie höherer Veränderungsrate in den Kollektivvertrag zurückgekehrt. Als Anlage 8 übermittelte die Klägerin den Verbraucherpreisindex für Bayern von 2006 bis 2012, als Anlage 9 eine Übersicht über die Entwicklung der Netto-Kaltmieten, den Brutto-Stundenverdienst des Praxispersonals und die Energiekosten (Bund).

Zu den mündlichen Verhandlungen reichten die Vertragspartner weitere Statistiken ein. Die Klägerin legte eine Aufstellung zu den "strukturellen Abweichungen des Kostenniveaus in Bayern vom Bund" vor, aus der sich unter Berücksichtigung des kalkulatorischen Arztlohnes (+ 7,36 %) eine Divergenz von 4,4 % ergab. Die Beigeladene zu 1) legte eine Berechnung vor, wonach die maximale Abweichung des Verbraucherpreis- ndexes Bayern zu Bund 0,54 % betrage. Ein regionaler Zuschlag sei nicht erforderlich. Ferner legten die Beigeladenen zu 1) bis 6) eine Stellungnahme des AOK-Bundesverbands zur diagnosebezogenen MGV-Veränderungsrate vor, zu der die Klägerin eine Gegenäußerung übermittelte.

Aufgrund der mündlichen Verhandlungen am 10.12.2012 und am 18.12.2012 fasste der Beklagte den streitgegenständlichen Beschluss, der wiedergegeben wird, soweit er entscheidungserheblich ist:

Beschluss:

1. Der regionale Punktwert wird auf der Grundlage des für das Jahr 2013 festgelegten Orientierungswertes gemäß § 87 Abs. 2e SGB V auf 3,5363 Cent festgesetzt. Den Anträgen der KVB (Kassenärztliche Vereinigung Bayerns) auf einen Zuschlag auf den Orientierungswert gemäß § 87a Abs. 2 Satz 2 wird nicht entsprochen
...

4. Für die Anpassung des Behandlungsbedarfs gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Ziff. 2 bis 5 wird für das Jahr 2013 eine Veränderungsrate von 0,43 % festgesetzt
...

II. Entscheidungsgründe:

Zu 1.

Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat unter Berücksichtigung der Anpassungsfaktoren nach § 87 Abs. 2g SGB V den Orientierungswert zur Vergütung der vertrags- ärztlichen Leistungen gem. § 87 Abs. 2e SGB V für das Jahr 2013 auf 3,5363 Cent festgelegt. Dies entspricht einer Anpassung des Orientierungswertes um +0,9 %. Die Anpassung berücksichtigt die gestiegenen Investitions- und Betriebskosten ein- schließlich des kalkulatorischen Arztlohnes von 2010 nach 2011, dem letzten Stand der verfügbaren Daten über die Veränderung der Anpassungsfaktoren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung.

Der Erweiterte Bewertungsausschuss ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber mit dem GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010 den Orientierungswert für die Jahre 2011 und 2012 basiswirksam festgesetzt hat und es dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht, die Angemessenheit des Orientierungswertes mit Wirkung bis zum Ende des Jahres 2012 festzulegen. Diese Rechtsauffassung war innerhalb des Erweiterten Bewertungsausschusses zunächst umstritten. Die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben im Wege einer Kompromissfindung der Steigerung des Orientierungswertes um +0,9 % letztlich aber zuge-stimmt, nachdem der Bewertungsausschuss in seiner Sitzung am 22.10.2012 eine basiswirksame Anhebung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für eine gezielte Förderung im haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich von insgesamt 250 Mio. EUR jährlich, was einer Steigerung um 0,75 % entspricht, sowie eine Ausgliederung der psychotherapeutischen Leistungen aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ab dem Jahre 2013, was einer Steigerung um 0,3 % entspricht, beschlossen hatte.

Das Schiedsamt hat sich vor diesem Hintergrund der auf Bundesebene konsentierten Auffassung angeschlossen und den regionalen Punktwert für das Jahr 2013 in Bayern auf 3,5363 Cent festgesetzt. Nach § 87a Abs. 2 Satz 2 SGB V hätte das Schiedsamt einen Zuschlag auf den Orientierungswert festsetzen können, wenn regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur hätten festgestellt werden können. Maßgeblich für einen Zuschlag wäre allerdings der Nachweis von Abweichungen bei der Kosten- und Versorgungsstruktur im Verhältnis Bayern zum Bundesgebiet für den Zeitraum 2010 zu 2011 bzw. 2011 zu 2012 gewesen. Eine solche Entwicklung konnte auch auf Grundlage der von der KVB vorgetragenen Daten nicht festgestellt werden. Eventuelle unterschiedliche Entwicklungen aus den Vorjahren können unter Berücksichtigung der basiswirksamen Vorgaben des Gesetzgebers für die Jahre 2011 und 2012 für die Folgejahre nach Auffassung des Schiedsamtes nicht mehr berücksichtigt werden. Den Anträgen der KVB auf einen Zuschlag auf den Orientierungswert konnte deshalb nicht entsprochen werden ...

Zu 4.

Der Bewertungsausschuss hat in seiner Sitzung am 22.10.2012 einen Beschluss zu Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 gem. § 87a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB V für das Jahr 2013 gefasst. Hiernach beträgt die Veränderungsrate auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen nach § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V für den KV-Bezirk Bayern +0,1061 % und die Veränderungsrate auf der Grundlage demografischer Kriterien nach § 87a Abs. 5 Satz 3 SGB V für den KV-Bezirk Bayern +0,4233 %. Bei einer Gewichtung dieser Veränderungsraten von 61 % für die Diagnoserate und 39 % für die demografische Rate würde sich für Bayern eine Veränderungsrate von +0,2298 % ergeben. Dies entspricht dem Antrag der Krankenkassen.

Auffällig ist allerdings, dass die Veränderungsrate auf der Grundlage der Behandlungsdiagnosen in Bayern beträchtlich von allen anderen Bundesländern abweicht. Würde man eine Bundesrate West ohne Bayern für die diagnosebezogene Veränderungsrate ermitteln, so ergäbe sich ein Plus von 0,9962 %. Die KVB erklärt diese beträchtliche Abweichung durch die fehlende Berücksichtigung von Versicherten, die an einem Selektivvertrag teilnahmen. Auch wenn dies den Abstand allein nicht erklären kann, hat das Schiedsamt dennoch Zweifel an der für Bayern festgestellten Höhe von +0,1061 %. Diese Zweifel konnten von den Krankenkassen in der Verhandlung nicht schlüssig ausgeräumt werden. Aus diesem Grunde hat das Schiedsamt die Ermittlung des Bewertungsausschusses für die Veränderungsrate der Behandlungsdiagnosen für den KV-Bezirk Bayern außer Betracht gelassen und für seine Entscheidung nur die Veränderungsrate auf der Grundlage demografischer Kriterien von gerundet +0,43 % zugrunde gelegt
...

Unter Berücksichtigung des Beschlusses des Schiedsamtes, der vom Bewertungsausschuss empfohlenen und konsentierten Entscheidungen und der zwischen den Vertragsparteien unstrittigen Sachverhalte ergibt sich für das Jahr 2013 folgende Steigerung für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen:

* Erhöhung des regionalen Punktwertes 0,9 %
* Förderung der haus- und fachärztlichen Versorgung, Anteil Bayerns 37,5 Mio. EUR von 250 Mio. EUR 0,75 %
* Ausdeckelung Psychotherapie 0,3 %
* Anpassung des Behandlungsbedarfs 0,43 %
* besonders förderungswürdige Leistungen mit einem Fördervolumen von 12,5 Mio. EUR 0,25 %
* Förderung der Bereitschaftspraxen und des Bereitschaftsdienstes, soweit nicht schon in 2012 vereinbart 0,17 %
* Ausdeckelung aus der MGV aufgrund Empfehlung des Bewertungsausschusses, z.B. Strahlentherapie, künstliche Befruchtung 0,4 %

zusammen 3,2 %

Die vom Bundesministerium für Gesundheit ermittelte Veränderungsrate aufgrund der Steigerung beitragspflichtiger Einnahmen der Krankenkassen beträgt für das Jahr 2013 dagegen nur 2,03 %. Dies ist ein wesentlicher Orientierungswert für die Vertragspartner und damit auch für das Schiedsamt.

Weitergehende Anträge der KVB, auch wenn sie einzeln betrachtet in Teilen nachvollziehbar waren, konnten deshalb unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§§ 4 Abs. 4, 71 SGB V) nicht berücksichtigt werden.

Gegen den Schiedsspruch legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.04.2013 Klage beim Bayerischen Landessozialgericht ein und führte zur Begründung aus, dass der Beklagte den regionalen Punktwert rechtswidrig festgesetzt habe, da er keinen Zuschlag zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur vorgesehen habe. Außerdem sei der bundeseinheitliche Punktwert als Orientierungswert vom E-BA rechtswidrig festgelegt worden. Der Beklagte wäre zur Festsetzung eines Zuschlags verpflichtet gewesen. Die durch den Verbraucherpreisindex in Bayern abgebildete Steigerung bei der Bemessung der regionalen Kostenstruktur sei zwingend zu berücksichtigen. Damit sei ein Zuschlag von 2,1 %, d.h. 0,0817 Cent notwendig, um die besondere Entwicklung der bayerischen Kostenstruktur hinreichend abzubilden. Auch liege das Kostenniveau an sich, d.h. die Gehälter für Praxisangestellte, die Mieten, die Inanspruchnahme von Dienstleistungserbringern etc., deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Ferner sei der bundeseinheitliche Orientierungswert für 2013 rechtswidrig festgesetzt worden. Die Erhöhung um 0,9 % lasse die Inflationsrate seit 2008 unberücksichtigt. Da die Bewertungsrelation im EBM letztmalig für 2008 festgelegt worden sei, sei auf die Kostenentwicklung seit diesem Jahr abzustellen. Aus § 87d SGB V, durch den die Anpassung des Orientierungswerts für 2011 und 2012 ausgesetzt worden sei, folge nichts anderes. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass sich die Regelung auch auf nachgelagerte Zeiträume auswirke, hätte es einer expliziten Regelung bedurft. Die Festsetzung der Veränderungsrate der MGV i.H.v. 0,43 % sei ebenfalls rechtswidrig, da bereits die vom Institut des Bewertungsausschusses (InBA) für Bayern errechnete diagnosebezogene Morbiditätsrate fehlerhaft und damit rechtswidrig sei und nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Vielmehr hätten die bundesweiten Daten herangezogen werden müssen. Die diagnosebezogene Veränderungsrate sei mit 0,1061 % fehlerhaft, da bei ihrer Berechnung Selektivvertragsteilnehmer nicht berücksichtigt worden seien. 2011 seien jedoch mehr als 3 Mio. bayerische Versicherte wegen der Kündigung der Hausarztverträge in den Kollektivvertrag zurückgekehrt. Versicherte, die an Selektivverträgen teilnehmen würden, seien jedoch deutlich älter und wiesen ein höheres Morbiditätsniveau auf. Nach eigenen Berechnungen der Klägerin ergebe sich bei Selektivvertragsteilnehmern eine deutlich höhere Morbiditätsentwicklung von 8,18 % im Vergleich zu 0,61 %. Auch der E-BA habe Zweifel an der Datenlage gehabt und infolgedessen das InBA beauftragt, entsprechende Kennzahlen zusammenzustellen zur Beurteilung der Anzahl der Teilnehmer an bereinigungsrelevanten Selektivverträgen und der demographischen Entwicklung und Morbiditätsstruktur. Diese Daten seien erst im März 2013 vorgelegt worden, so dass mangels valider Datengrundlage auf die bundesweiten Daten zurückgegriffen und die diagnosebezogene Morbiditätsrate mit 0,9962 % festgesetzt hätte werden müssen. Der Vorsitzende des Beklagten wies darauf hin, dass die Klage mit dem Hauptantrag unzulässig sei. Der Gestaltungsspielraum des Beklagten sei keineswegs auf die von der Klägerin beantragte Festsetzung (regionaler Punktwert 3,9720 Cent, diagnosebezogene Veränderungsrate 0.9962 %) beschränkt. Die Hilfsanträge seien unbegründet. Für einen Zuschlag nach § 87 Abs. 2 Satz 2 SGB V wegen regionaler Besonderheiten habe kein genügender Grund bestanden. Unterschiede im Kostenniveau hätten sich nicht feststellen lassen. Die von der Klägerin angeführten Statistiken seien insoweit nicht ausreichend gewesen. Der Beklagte sei ferner an den vom E-BA festgesetzten Orientierungspunktwert gebunden gewesen, er habe keine Verwerfungskompetenz. Mit der Erhöhung des Behandlungsbedarfs habe der Beklagte seinen Gestaltungsspielraum bis zur äußersten Grenze genutzt. Die Beigeladene zu 1) führte aus, dass die Hauptanträge, gerichtet auf die Festsetzung eines Gesamtvertrags mit bestimmtem Inhalt, wegen des weiten Beurteilungsspielraums des Beklagten bereits unzulässig seien. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden, da eine inzidente Prüfung der Beschlüsse des E-BA ausscheide. Eine eventuelle Rechts-widrigkeit einer Entscheidung des E-BA, der Festsetzung des bundeseinheitlichen Orientierungswerts, hätte gerichtlich überprüft werden können. Die Beigeladene zu 8) habe ihre Klage aber zurückgenommen, so dass für die Klägerin das Rechtsschutzinteresse entfallen sei und auch eine inzidente Prüfung ausscheide. Außerdem könne die von der Klägerin vorgetragene Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in Bayern mit einer Steigerung von 3 % eine regionale Abweichung nicht rechtfertigen. Aus den bereits im Schiedsverfahren vorgelegten Daten des InBA ergebe sich keine relevante Abweichung von der bundesdurchschnittlichen Entwicklung. Für die Beurteilung etwaiger regionaler Besonderheiten in der Kostenstruktur sei aber immer nur die Abweichung zum Bund relevant, die sich zudem auf die Veränderung zum Vorjahr beziehen müsse. Die Festsetzung der Veränderungsrate sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die von der Klägerin auf der Basis eigener Datenbestände ermittelte Morbiditätsentwicklung mit einer Steigerungsrate von 8,18 % unter Berücksichtigung der Selektivvertragsteilnehmer sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr wiesen bei einer Vergleichsberechnung des AOK-Bundesverbands für 2013 auf der Grundlage des Berechnungsmodells des BA für 2014 die Teilnehmer an Selektivverträgen bei 75 % der fachärztlich kodierten Diagnosegruppen eine geringere Morbidität auf. Außerdem habe der E-BA die Selektivvertragsteilnehmer entgegen den Ausführungen der Klägerin sehr wohl im Rahmen einer Hochrechnung berücksichtigt, wie sich aus Ziff. 4.1.1.2 des Beschlusses vom 19./25.06.2012 ergebe. Die Ergebnisse der Untersuchung des InBA zur demographischen Entwicklung und Morbiditätsstruktur der Selektivvertragsteilnehmer seien bis 2014 immer noch nicht veröffentlicht. Da der Beklagte die Ursache für die geringe diagnosebezogene Veränderungsrate nicht habe aufklären können, habe er sich darauf beschränkt, die demographische Veränderungsrate heranzuziehen. Im Übrigen sei der Untersuchungsgrundsatz durch die Vorlagepflicht der Parteien (§ 15 SchiedsAmtsO) beschränkt und das sich aus § 89 SGB V ergebende Beschleunigungsgebot zu beachten. In den Schreiben vom 24.09.2015 und vom 14.01.2016 ergänzte und vertiefte die Beigeladene zu 1) ihren Vortrag und wies darauf hin, dass der Schiedsspruch deutlichen Kompromisscharakter habe. Der Beklagte habe sich im Rahmen seines Gestaltungsermessens gehalten und nicht gegen die Amtsermittlungspflicht verstoßen. Der Schiedsspruch sehe eine Gesamterhöhung von 3,2 % vor, die über der Veränderungsrate von 2,03 % liege und unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten das der Solidargemeinschaft zumutbare Maß erreiche. Der Beigeladene zu 7) legte zur Rechtmäßigkeit des bundeseinheitlichen Orientierungswerts dar, dass der Beschluss für 2013 nicht vom Bundesministerium für Gesundheit beanstandet worden sei und die Beigeladene zu 8) die hiergegen gerichtete Klage zurückgenommen habe. Bei der Anpassung des Orientierungswerts nach § 87 Abs. 2g SGB V sei ausdrücklich die Vorjahresanknüpfung vorgesehen; dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass zwingend auf die letzte relevante Änderung abzustellen und damit die Höhe der Investitions- und Betriebskosten im Jahr 2008 abzustellen sei. Auch die Gesetzesbegründung zu § 87d Abs. 1 SGB V enthalte keine Aussage, dass eventuelle Kostenentwicklungen in den Jahren 2011 und 2012 später nachgeholt werden müssten. Die diagnosebezogene Veränderungsrate sei vom Bewertungsausschuss zutreffend festgesetzt worden. Die gemäß Nr. 2.1.9 der Anlage zum Beschluss zunächst ausgeschlossenen an einem Selektivvertrag teilnehmenden Versicherten seien durch das Hochrechnungsverfahren berücksichtigt worden. Der E-BA habe damit ein rechtlich einwandfreies und pragmatisch umzusetzendes Verfahren beschlossen, da sich mit Blick auf die Veränderungsrate 2013 erstmals die Frage gestellt habe, wie Selektivvertragsteilnehmer berücksichtigt werden sollten. Die Festsetzung für 2010 sei auf der Basis der Jahre 2006 und 2007 erfolgt, in denen nur sehr wenige Selektivvertragsteilnehmer zu verzeichnen gewesen seien, die ohne sichtbare Effekte unberücksichtigt bleiben konnten. In den Jahren 2011 und 2012 sei die Veränderungsrate durch § 87b Abs. 2 SGB V gesetzlich auf 1,25 % festgesetzt worden. Wegen der mangelhaften Datengrundlage und der methodischen Probleme sei das vom E-BA beschlossene Hochrechnungsverfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Außerdem seien die Grundsätze zu Anfangs- und Erprobungsregelungen anzuwenden, da die Berücksichtigung der Selektivvertragsteilnehmer die Neuregelung einer komplexen Materie gewesen sei. Der E-BA sei mit der Beauftragung des InBA, Daten zur Berücksichtigung von Selektivvertragsteilnehmern vorzulegen, auch seiner Beobachtungspflicht nachgekommen. Einen Rückgriff auf bundesweite Daten sehe das Gesetz nicht vor. Ergänzend legte er in dem Schreiben vom 29.06.2015 dar, dass das Hochrechnungs- verfahren nicht die durchschnittliche, sondern die alters- und geschlechtsspezifische Morbidität der Selektivvertragsteilnehmer berücksichtige. Außerdem sei nicht das höhere Morbiditätsniveau der Selektivvertragsteilnehmer relevant, sondern ausschließlich die Veränderung der Morbidität in der kollektivvertraglichen Versorgung. So habe das InBA festgestellt, dass sich die absolut gesehen höhere Morbidität der Selektivvertragsteilnehmer (in 2014 10 bis 13 %) von der Veränderungsrate unterscheide, die je nach KV-Bezirk ca. einen Prozentpunkt höher bzw. niedriger sei als die bei Versicherten im Kollektivvertragssystem. Das InBA habe sich 2013 dahingehend geäußert, dass seiner Einschätzung nach die diagnosebezogenen Veränderungsraten durch die gewählte Vorgehensweise recht gut geschätzt werden konnten. Im Schreiben vom 22.09.2015 wies der Beigeladene zu 7) darauf hin, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität bei der Festsetzung des Punktwerts anzuwenden sei. § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V sehe lediglich für die morbiditätsbedingte Erhöhung der Leistungsmenge eine Ausnahme vor. Die Beigeladene zu 8) äußerte Bedenken gegen die Festsetzung des Orientierungspunktwerts auf 3,5363 Cent, da der E-BA verpflichtet gewesen wäre, die Kostenentwicklung in den Jahren 2011 und 2012 bei der Anpassung zu berücksichtigen. Sie wies ferner darauf hin, dass das InBA erst am 03.05.2013 die vom Bewertungsausschuss angeforderten Daten zur Berücksichtigung der Selektivvertragsteilnehmer vorgelegt habe und deshalb bei der Festsetzung der diagnosebezogenen Veränderungsrate für 2013 lediglich eine Hochrechnung auf der Basis der Nicht-Selektivvertragsteilnehmer erfolgt sei. Unter Zugrundelegung der Daten des InBA-Berichts hätte sich eine Veränderungsrate von 0,5102 % ergeben, also das knapp 5fache der beschlossenen diagnosebezogenen Veränderungsrate. Damit sei der Ausschluss der Selektivvertragsteilnehmer nicht sachgerecht. Die Klägerin wiederholte und präzisierte ihren Vortrag in den Schreiben vom 02.07.2015, 09.12.2015 und 22.12.2015. Es habe einen Investitionsstau gegeben, da die realen Einnahmen der Arztpraxen von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts abgehängt worden seien. Die Kostenstruktur habe sich auch nicht durch den Wegfall der Praxisgebühr verbessert, da bei der Einführung kein Ausgleich erfolgt sei. Das Kostenniveau in Bayern weiche strukturell von dem des Bundes ab. Die Werte müssten aufgrund der höheren Lebenshaltungskosten um 4,8 % nach oben angepasst werden. Der kalkulatorische Arztlohn liege um 7,36 % über dem Bundeswert, die Personalkosten um 3,10 %, die Mietkosten um 7,14 %. Die ärztliche Vergütung je Versichertem sei zwar deutlich höher als im Bundes- durchschnitt. Die resultiere aber auf einem größeren Leistungsspektrum im ambulanten Bereich und werde durch deutliche Einsparungen im stationären kompensiert. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität und damit die Anbindung an die Grundlohnsummensteigerung von 2,03 % gelte nicht mehr, wie § 87a Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz und auch § 87 Abs. 4 SGB V zeigen würden. Weiter wird erneut ausgeführt, dass die diagnosebezogene Veränderungsrate fehlerhaft und damit rechtswidrig festgesetzt worden sei. Die Klägerin legte ein Gutachten der Prof. Ulrich und Wille vom 19.11.2015 vor.

Die Klägerin stellt den Antrag aus dem Schriftsatz der Klageerhebung vom 02.04.2013.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen zu 1) bis 5) stellen den Antrag, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Akten des Landesschiedsamts im Verfahren L 12 KA 29/13 KL verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage gegen das Schiedsamt hat keinen Erfolg.

A.
Der Hauptantrag ist bereits unzulässig. Soweit die Klägerin neben der Teilaufhebung des Schiedsspruchs zugleich die Festsetzung des regionalen Punktwerts auf 3,9720 Cent und der morbiditätsbezogenen Veränderungsrate auf 0,9962 % durch den Senat beantragt, liegt eine Gestaltungsklage vor. Dies ist bezüglich der (isolierten) Teilaufhebung im Rahmen einer Anfechtungsklage unproblematisch. Eine unmittelbar rechtsgestaltende Festsetzung des Gesamtvertragsinhalts durch das Gericht ist jedoch nicht statthaft. Das Bayerische Landessozialgericht ist nicht befugt, eine vertragsersetzende Entscheidung zu treffen und durch konkrete Festsetzungen in das weite Gestaltungsermessen des Beklagten (und der Vertragsparteien) einzugreifen und einer Kompromissfindung vorzugreifen (§ 131 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 SGG; BSG Urteil vom 21.03.2012, B 6 KA 21/11 R, juris, Rn. 20; Aussprung in: Roos/ Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz, § 131 Rn. 77 m.w.N.). Seine Aufgabe ist alleine die Rechtmäßigkeitskontrolle der Schiedsamtsentscheidung.

B.
Der Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Der Hilfsantrag ist zulässig. Sachlich zuständig für die Entscheidung über die Klage ist das Bayerische Landessozialgericht nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGG. Die Anfechtung des Schiedsspruchs in Verbindung mit der be-antragten Verpflichtung zur Neubescheidung berücksichtigt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts durch ein Schiedsamt gegenüber den Vertragspartnern ein Verwaltungsakt ist (BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr. 1, Rn. 20; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 3, Rn. 10 m.w.N.).

II.

Die Klage ist jedoch bezüglich des Hilfsantrags nicht begründet. Der Beklagte hat den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten, so dass die Klägerin weder durch die Festsetzung des Punktwerts noch durch die Festsetzung der Veränderungsrate zur Berechnung der MGV in ihren Rechten verletzt wird.

1. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V ermächtigt das beklagte Landesschiedsamt zu einer vertrags- substituierenden Gestaltung der Gesamtverträge bzw. der Gesamtvergütung nach § 85 SGB V an Stelle der Gesamtvertragsparteien, wobei diese Gestaltungsermächtigung durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben begrenzt ist. Dem Schiedsamt kommt deshalb nach der Rechtsprechung des BSG bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages über die vertrags(zahn)ärztliche Vergütung gemäß § 89 Abs. 1 SGB V ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sein Gestaltungsermessen, das der gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als dasjenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 20 S. 131; BSGE 20, 74, 76 f = SozR Nr. 1 zu § 368h RVO; BSGE 36, 151, 152 f = SozR Nr. 7 zu § 368g RVO; BSGE 51, 58, 62 = SozR 2200 § 368h Nr. 3; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 73 Rn. 15; vgl. auch BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr. 37 S 295 m.w.N.). Die Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter. Schiedssprüche nach § 89 SGB V unterliegen insoweit - auf Anfechtung der Gesamtvertragsparteien hin - nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle (stRspr; grundlegend: BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 3, Rn. 11 m.w.N.; vgl. ferner: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 41, jeweils Rn.13 m.w.N.; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1 S. 5; jüngst BSG Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 6/14 R, juris Rn. 36) und sind inhaltlich nur daraufhin zu überprüfen, ob der vom Schiedsamt zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft, ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. insbesondere die zwingenden rechtlichen Vorgaben beachtet hat und ob der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Hohe Anforderungen an die Begründung der Abwägungsentscheidung können zwar nicht gestellt werden. Die Gründe für das Entscheidungsergebnis müssen aber wenigstens andeutungsweise erkenn- bar sein. Dies setzt voraus, dass tragfähige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, auf deren Grundlage die Abwägung vorgenommen wurde. Anderenfalls wäre eine Art. 19 Abs. 4 GG entsprechende gerichtliche Überprüfung, ob das Schiedsamt seinen Gestaltungsspielraum eingehalten hat, nicht möglich (BSG Urteil vom 23.06.2010, B 6 KA 4/09 R, juris Rn. 21; Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 6/14 R, juris Rn. 60 m.w.N.). Die gerichtliche Kontrolle ist darüber hinaus eingeschränkt, soweit die rechtlichen Vorgaben ihrerseits den Gesamtvertragsparteien - und bei einer vertragssubstituierenden Entscheidung dem Schiedsamt - einen Beurteilungsspielraum einräumen (Wenner in: Eichenhofer/ Wenner, SGB V, 2. Auflage 2016, § 89 Rn. 24).

2. In Anwendung dieser Grundsätze kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Hilfsantrag unbegründet ist.

a) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Beklagte von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und seiner Verpflichtung zur Amtsermittlung ausreichend nachgekommen ist.

aa) Bezüglich des Orientierungspunktwerts und der diagnosebezogenen Veränderungsrate war der Beklagte an die Beschlüsse des BA und des E-BA gebunden. Ihm stand kein Verwerfungsrecht zu, so dass insoweit auch keine (weiteren) Tatsachenermittlungen erforderlich waren. Die Beschlüsse des BA und des E-BA sind normvertragliche Regelungen, die die Gesamtvertragsparteien binden (vgl. BSG Urteil vom 21.03.2012, B 6 KA 21/11 R, juris Rn. 38 m.w.N.). Das ergibt sich bezüglich der Festsetzung des Punktwerts aus § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V, nach dem der Punktwert von den Gesamtvertragsparteien auf der Grundlage des Orientierungswerts zu vereinbaren ist. Dasselbe gilt hinsichtlich der Anpassung des Behandlungsbedarfs auf Basis der diagnosebezogenen Veränderungsrate nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V, wonach die Empfehlungen und Vorgaben des BA nach § 87a Abs. 5 SGB V zwingend zu berücksichtigen sind (vgl. insoweit auch die Materialien zum GKV-VStG, BT-Drs. 17/6906, S. 63: " ... eine Veränderung dieser einzelnen Raten ist ausgeschlossen"). Eine Überprüfung dieser normvertraglichen Regelungen ist nur durch die den Bewertungsausschuss tragenden Organisationen möglich, weil die Beschlüsse und anderen Entscheidungen im Bereich der Normsetzung gegenüber den an der Normsetzung beteiligten Organisationen als Verwaltungsakte ergehen (BSG, Urteil vom 27.06.2012, B 6 KA 28/11 R, juris Rn. 20). Eine abstrakte Normenkontrolle mit einer Antragsbefugnis der regionalen Gesamtvertragspartner entsprechend § 47 VwGO ist demgegenüber nicht vorgesehen.

bb) Im Übrigen konnte die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats darlegen, dass der Beklagte im Schiedsspruch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, d.h. Tatsachen nicht berücksichtigt oder nicht nachvollziehbar gewürdigt hätte. Aus den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs ergibt sich zunächst, dass der Beklagte den Vortrag der Klägerin zu den regionalen Besonderheiten der Kosten- und Versorgungsstruktur berücksichtigt und gewürdigt hat. In den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs, II., Zu 1., wird dargelegt, dass auch auf der Grundlage der von der Klägerin vor- getragenen Daten kein Nachweis von Abweichungen bei der Kosten- und Versorgungsstruktur in Bayern geführt worden sei. Dies gilt auch für den Vortrag der Klägerin zur Festlegung der diagnosebezogenen Veränderungsrate. Der Beklagte hat sich der Auffassung der Klägerin in diesem Punkt aufgrund der vorgetragenen Tatsachen sogar weitgehend angeschlossen und "Zweifel" an den für Bayern getroffenen, für ihn jedoch bindenden Empfehlungen geäußert.

b) In Anwendung der Grundsätze zur Überprüfung von Schiedssprüchen steht auch fest, dass das beklagte Landesschiedsamt den Punktwert nach § 87a Abs. 2 SGB V auf der Grundlage des § 87 Abs. 2e SGB V im Rahmen seines Gestaltungsspielraums rechtsfehlerfrei festgesetzt hat.

aa) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hat der E-BA den bundeseinheitlichen Orientierungswert nach § 87 Abs. 2e SGB V nicht rechtswidrig angepasst. Das Gericht ist bei der Anfechtung einer Entscheidung des Beklagten zur inzidenten Überprüfung normvertraglicher Regelungen, also auch der Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Orientierungswerts, verpflichtet, da eine umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung erfolgt. Die Inzidentprüfung ergibt, dass der E-BA den Orientierungswert 2013 korrekt festgesetzt hat. Rechtsgrundlage der Anpassung ist § 87 Abs. 2g SGB V. Danach sind bei der Anpassung insbesondere die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, die Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven und die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin - wie auch die Beigeladene zu 8) - geltend macht, dass die Kostenentwicklung seit 2008, auch der Kalenderjahre 2011 und 2012, zu berücksichtigen sei, verkennt sie den Regelungsgehalt des durch das GKV-Finanzierungsgesetz (BGBl. I, S. 2309) mit Wirkung vom 22.09.2010 eingefügten und durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (BGBl. I, S. 2983) ab 01.01.2012 redaktionell angepassten § 87d Abs. 1 SGB V und den Grundsatz der Vorjahresanknüpfung, der sich aus dem Prinzip der jährlichen Anpassung in § 87 Abs. 2e SGB V ergibt. Mit § 87d Abs. 1 SGB V wurde die jährliche Anpassung des Orientierungswerts ausgesetzt, nicht aufgeschoben. Hätte der Gesetzgeber lediglich einen Aufschub, nicht aber eine basiswirksame Aussetzung beabsichtigt, hätte er dies dadurch zum Ausdruck bringen müssen, dass er die Anpassung auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt. Dies ist weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Materialien ersichtlich. Vielmehr ergibt die Gesetzesbegründung des GKV-FinG, dass der Ausgabenzuwachs insgesamt begrenzt e (BT-Drs. 17/3040, S. 2, 17 und passim), nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollte, und die Leistungserbringer ihren Teil zur Konsolidierung beitragen sollten (BT-Drs. 17/3040, S. 17). Um Kostenrisiken für die Krankenkassen auszuschließen, wurde die Anpassung der Orientierungswerte für 2011 und 2012 ausgesetzt und damit das Preisniveau insgesamt auf dem Niveau des Jahres 2010 in Höhe von 3,5048 Cent stabilisiert (BT-Drs. 17/3040, S. 24). Außerdem sollte nicht vom Prinzip der Vorjahresanknüpfung abgewichen werden. Damit hat der E-BA die Rechtsgrundlagen zutreffend interpretiert.

bb) Bei der Festsetzung des Punktwerts nach § 87a Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V hat der Beklagte seinen weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Insoweit verkennt die Klägerin bereits, dass normativ die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur im Ermessen der Gesamtvertragsparteien und damit auch des Beklagten steht. Eine Pflicht zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgegeben. Gesichtspunkte, nach denen wie von der Klägerin vorgetragen eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden müsste, sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des ausführlichen klägerischen Vortrags insbesondere im Schreiben vom 09.12.2015 nicht. So ist auch nach dem Vortrag der Klägerin im Gerichtsverfahren nicht ersichtlich, dass - selbst wenn man eine abweichende Kostenstruktur unterstellt - ohne regionale Anpassung des Orientierungspunktwerts die Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung der Versicherten gefährdet und § 87a Abs. 2 Satz 4 SGB V verletzt wäre (zu dieser Ermessenseinschränkung vgl. Gesetzesbegründung zum GKV-WSG, BT-Drs. 16/3100, S. 120). Der Senat kann auch nicht erkennen, dass der Beklagte den Tatsachenvortrag der Verfahrensbeteiligten nicht zur Kenntnis genommen und in die Abwägung einbezogen hat. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung, dass er die von der Klägerin vorgetragenen Daten beweisrechtlich gewürdigt hat. Die Abwägungsentscheidung des Beklagten trägt im Gesamtergebnis dem Kompromisscharakter des Schiedsspruchs in überzeugender Weise Rechnung, wie sich aus der Gesamtwürdigung ergibt, bei der der Beklagte alle getroffenen Regelungen, nicht nur die mit der Klage angegriffenen, aufaddiert und unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots und des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität abschliessend würdigt. Ein Begründungsmangel liegt damit entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. oben) dürfen an die Begründung der Abwägungsentscheidung keine hohen Anforderungen gestellt werden, so dass es bereits ausreicht, wenn die Gründe andeutungsweise erkennbar sind. Diese Voraussetzungen erfüllt die Schiedsentscheidung, weil sie - neben der Beweiswürdigung - auch die Kriterien der Gesamtabwägung knapp darstellt.

c) Auch die Festsetzung der Veränderungsrate für 2013 in Ziff. 4 des Beschlusses ist rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Der Beklagte hat seine Entscheidung zutreffend auf die vom BA in seiner Sitzung vom 22.10.2012 beschlossenen Empfehlungen der diagnosebezogenen und demografischen Veränderungsraten für den Bezirk der Klägerin (DÄ 2012, A 2322) gestützt, die für ihn gem. § 87a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bindend waren (vgl. oben). Eine inzidente Kontrolle durch den Senat ergibt auch insoweit entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin, dass die Empfehlungen sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses bei der Konkretisierung des Inhalts gesetzlicher Regelungen (zuletzt BSG Urteil vom 27.06.2012, B 6 KA 28/11 R, juris, Rn. 28) halten und damit rechtmäßig sind. Die Klägerin richtet sich gegen die Berechnung der demografischen Veränderungsrate für ihren Zuständigkeitsbereich, soweit die Selektivvertragsteilnehmer im Wege einer Hochrechnung berücksichtigt wurden. Diese Vorgehensweise ist nach der Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Vortrags der Klägerin jedoch nicht zu beanstanden. Unstreitig ist zwischen den Verfahrensbeteiligten, dass im Entscheidungszeitraum keine geeignetere Datengrundlage und keine andere Methode zur Berechnung der Morbidität und insbesondere der morbiditätsbezogenen Veränderungsrate für den Personenkreis der Selektivvertragsteilnehmer vorlagen. Dies bestätigen insbesondere auch die Ausführungen der Klägerin in ihrer Antragsschrift, nach denen "erheblich falsche Diagnosedaten" vorgelegen hätten und die deshalb beantragte, die Bundesrate West zugrunde zu legen. Damit konnte der Bewertungsausschuss fristgerecht die Veränderungsrate für 2013 nur auf der Basis des Beschlusses des E-BA vom 19./25.06.2012 über das zur Ermittlung der diagnosebezogenen bzw. demographischen Veränderungsraten zu verwendende Klassifikationsmodell für das Jahr 2013 gemäß § 87a Abs. 5 SGB V, also auf der Basis einer demografischen Hochrechnung, beschließen. Dieses "pragmatische Vorgehen" (Entscheidungserhebliche Gründe, 3.) mit der bereits vorgesehenen Überprüfung nach den Analysen des InBA zur Struktur der Teilnehmer an Selektivverträgen nach §§ 73b, 73c und 140a ff SGB V hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums.

bb) Dass der Beklagte die diagnosebezogene und die demografische Veränderungsrate nicht gewichtet hat, sondern die höhere demographische mit gerundet 0,43 % zugrunde legte, hält sich ebenfalls noch im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Abweichungen von der Mittelung (Gewichtung) beider Veränderungsraten zulässig, wenn sie nachvollziehbar und unter Angabe der berücksichtigten Tatsachen begründet werden (BSG Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 6/14 R, juris, Rn. 62). Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Beklagte damit die Bedenken der Klägerin an der Berechnung der diagnosebezogenen Veränderungsrate aufgegriffen hat und dem Umstand Rechnung trug, dass der Bewertungsausschuss dem InBA zur Methodik der Berücksichtigung der Selektivvertragsteilnehmer einen Prüfungsauftrag erteilte. Geht man entgegen der Auffassung des Senats davon aus, dass die fehlende Gewichtung beider Veränderungsraten und die Rundung nicht mehr gesetzeskonform sind, ist der Hilfsantrag dennoch nicht begründet. Die Klägerin ist durch die im Vergleich zur Mittelung höhere und aufgerundete Festsetzung der Veränderungsrate jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt. Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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