Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 16 KR 485/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 69/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 LR 82/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist am 00.00.1977 in Wolgograd/Russland geboren und Mutter eines 13-jährigen Kindes. Sie absolvierte in Russland ihre Schulausbildung und studierte dann an der Wolgograder Staatlichen Pädagogischen Universität das Fach Psychologie mit dem Abschluss Diplompädagogin-Psychologin. Mit dem Universitätsabschluss arbeitete sie als Pädagogin im Sozialpsychologischen Zentrum für Kinder und Jugendliche in Wolgograd, später als Schulpsychologin im Gymnasium Wolgograd (2000 – 2003) und von 2003 – 2005 als Psychologin in der Personalabteilung einer privaten Firma.
Aufgrund des Aufnahmebeschlusses des Bundesverwaltungsamtes vom 10.12.2004 reiste sie am 25.07.2005 als Spätaussiedlerin in das Bundesgebiet ein. Sie hatte im Verfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz angegeben, deutscher Volkszugehörigkeit zu sein. Die Klägerin hatte dann von 2005 bis 2008 in Unna, Essen und Münster studienvorbereitende Deutschkurse belegt und bestand die Sprachprüfung für den deutschen Hochschulzugang am 10.01.2008. Seit dem Wintersemester 2008/2009 ist sie an der Universität Münster im Fach Psychologie als Studentin eingeschrieben. Sie erhielt eine Studienförderung nach dem BAföG und war krankenversichert bei der Beklagten.
Die Klägerin beantragte am 29.03.2012 gemäß § 5 Nr. 9 SGB V, sie als Studentin in einer günstigeren Beitragsklasse als Pflichtversicherte zu versichern. Sie werde schließlich auch nach dem BAföG trotz Überschreitung der in § 10 Abs. 3 bestimmten Altersgrenzen gefördert. Das Studium sei nötig, da es für ihr in Russland abgeschlossenes Studium hier kein Vergleichsstudium gebe, weshalb auch keine Gleichwertigkeitsbescheinigung ausgestellt werden könne.
Mit Ablehnungsbescheid vom 14.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach Voll-endung des 30. Lebensjahres seien Studenten nur dann versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre oder persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze von 30 Jahren oder eine längere Studienzeit rechtfertigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V). Ein in § 5 Abs. 1 Nr. 9 geregelter Ausnahmetatbestand liege nicht vor, wenn ein abgeschlossenes Studium im Ausland nicht anerkannt und hier ein weiteres Studium aufgenommen werde. Auch eine Förderung des Studiums aufgrund von
§ 10 Abs. 3 BAföG habe für die Krankenversicherung keine rechtliche Bedeutung. Darü-ber hinaus rechtfertige auch die Zeit der Teilnahme an studienvorbereitenden Sprachkursen oder Studienkollegs keine Verlängerung der studentischen Krankenversicherung.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.06.2012 Widerspruch ein. Die von ihr belegten Sprachkurse hätten nur dem Ziel gedient, möglichst zeitnah mit dem Studium beginnen zu können und gehörten damit zu den unmittelbaren Zugangsvoraussetzungen und seien zwingend erforderlich gewesen. Es sei ihr nicht möglich gewesen, am Zulassungsverfahren für das angestrebte Fachstudium ohne entsprechenden Sprachnachweis teilzunehmen. Demzufolge läge bei ihr ein Ausnahmetatbestand i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V vor, der einem früheren Beginn der Ausbildung entgegengestanden habe und unmittelbar ursächlich sei für die Überschreitung der Altersgrenze. Die Spätaussiedlung, mangelnde Verwertbarkeit des Berufsabschlusses im Herkunftsland sowie der Erwerb der sprachlichen Zugangsvoraussetzungen für das Studium in Deutschland hätten einem früheren Beginn der Ausbildung entgegengestanden.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2012 als zulässig, aber unbegründet zurück. Ein in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V geregelter Ausnahme-tatbestand, der eine Verlängerung der Versicherungspflicht als Student über das 30. Le-bensjahr hinaus begründe, läge nicht vor, wenn ein abgeschlossenes Studium im Ausland in Deutschland nicht anerkannt und hier ein weiteres Studium aufgenommen werde. Auch eine Förderung des Studiums aufgrund des § 10 Abs. 3 BAföG habe für die Krankenversicherung keine rechtliche Bedeutung. Darüber hinaus rechtfertigten auch Sprachprobleme infolge der Herkunft als Spätaussiedler keinen Anspruch auf Verlängerung der Versicherungspflicht über das 30. Lebensjahr hinaus. Die Voraussetzungen für ein Hinausschieben der Altersgrenze für die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten über das 30. Lebensjahr hinaus lägen somit nicht vor. Ausnahmevoraussetzungen, die das Sozialgericht Dortmund in einem Fall des Zweiten Bildungsweges gemacht habe, lägen hier nicht vor. Einen Anspruch auf Gewährung der Verlängerung der Versicherungspflicht aufgrund von Sprachproblemen infolge der Herkunft als Spätaussiedler habe auch das Sozialgericht Dortmund ausdrücklich ausgeschlossen.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid sowie gegen den Ausgangsbescheid richtet sich die vorliegende am 14.08.2012 erhobene Klage der Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.05.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2012 aufzuheben und eine rückwirkende Einstufung als gesetzlich Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Studenten i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V anzuerkennen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung und als Klageerwiderung auf den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2012 und die dort genannten Urteile der Sozialgerichte.
Die Beteiligten haben Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhand-lung erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte so-wie auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden; § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen ablehnenden Bescheide der Beklagten nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind.
Die Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie hat jedoch keinen Anspruch darauf, unterhalb des Mindestbeitrags in den besonders günstigen Tarif der Studentischen Krankenversicherung eingestuft zu werden.
Zur Argumentation der Klageabweisung wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf den Wider-spruchsbescheid des Widerspruchsausschusses der Beklagten vom 17.07.2012 verwie-sen. Dieser Begründung folgt das Gericht uneingeschränkt.
Ergänzt wird um Folgendes: Die Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 beginnt beim Wortlaut: Nr. 9. Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrie-ben sind, bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen.
Die Klägerin macht eine Ausnahme vom Grundsatz geltend. Ausnahmebestimmungen sind auch mit Blick auf Sinn und Zweck eng auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.1992 – 12 RK 40/91 – und LSG Berlin-Brandenburg vom 06.08.2008 – L 9 KR 680/07 –, beide speziell zur Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung der Studenten).
Keine der gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmegründe liegen hier vor. Sprachprobleme rechtfertigen eine Erhöhung der Altersgrenze nicht, auch nicht die Aus-siedlung. Vgl. zu diesen zwei Punkten: SG Dortmund, Urteil vom 23.01.2007 – S 40 KR 179/05 – Rdn. 26
Auch familiäre oder persönliche Gründe und die Art der Ausbildung rechtfertigen nicht die Überschreitung der Altersgrenze bei der Klägerin. Wesentliche Ursache für die Über-schreitung des Lebensalters ist bei der Klägerin letztlich der Umstand, dass ihr Studium im Ausland (Sowjetunion) in Deutschland nicht anerkannt wird und sie aus diesem Grund nochmals ein Studium aufgenommen hat. Hierbei handelt es sich allerdings um einen Umstand, der nicht individuell in der Person der Klägerin seine Grundlage – wenngleich seine Auswirkungen – findet. Er trifft letztlich alle sich in Deutschland aufhaltenden Ausländer und alle früher im Ausland wohnhafte Deutsche, deren Ausbildungsabschluss hier nicht anerkannt wird. Danach handelt es sich nicht um einen subjektiven persönlichen Grund, sondern vielmehr einen allgemeinen objektiven Grund. Die vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung beispielhaft aufgeführten Gründe verdeutlichen diese Auslegung, wenn dort u.a. Erkrankung, Behinderung, Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren als persönliche Gründe aufgeführt sind.
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 2. Halbsatz gebietet als Ausnahmevorschrift von den im 1. Halbsatz normierten Voraussetzungen eine Begrenzung ihrer Anwendungsmöglichkeit. Die Versicherungspflicht der Studenten mit der damit verbundenen beitragsgünstigen Krankenversicherung ist grundsätzlich zeitlich auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit oder Höchstalter des Studenten beschränkt, um Missstände zu vermeiden. Auf diesem Hintergrund ist die Ausnahme von dieser zeitlichen Begrenzung, die Regelung des 2. Halbsatzes, eng auszulegen. Vgl. hierzu LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.08.2000 – L 1 KR 14/00 –
Aus dem Hinweis, die Klägerin werde nach § 10 Abs. 3 BAföG gefördert, kann sie einen Anspruch ebenfalls nicht herleiten. Die Krankenversicherung der Studenten ist nicht mit der Regelung in § 10 Abs. 3 BAföG verknüpft worden, obwohl dies bei entsprechendem Willen des Gesetzgebers nahegelegen hätte. Vgl. auch hierzu LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.08.2000 – L 1 KR 14/00 –
Die Aussiedlung der Klägerin in hohem Alter ist letztlich im Übrigen auch nicht kausal für den späten Studienbeginn, die Klägerin hätte nach Auffassung der Kammer jedenfalls ab Vollendung des 18. Lebensjahres eigenständig das Aussiedlungsverfahren beginnen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin ist am 00.00.1977 in Wolgograd/Russland geboren und Mutter eines 13-jährigen Kindes. Sie absolvierte in Russland ihre Schulausbildung und studierte dann an der Wolgograder Staatlichen Pädagogischen Universität das Fach Psychologie mit dem Abschluss Diplompädagogin-Psychologin. Mit dem Universitätsabschluss arbeitete sie als Pädagogin im Sozialpsychologischen Zentrum für Kinder und Jugendliche in Wolgograd, später als Schulpsychologin im Gymnasium Wolgograd (2000 – 2003) und von 2003 – 2005 als Psychologin in der Personalabteilung einer privaten Firma.
Aufgrund des Aufnahmebeschlusses des Bundesverwaltungsamtes vom 10.12.2004 reiste sie am 25.07.2005 als Spätaussiedlerin in das Bundesgebiet ein. Sie hatte im Verfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz angegeben, deutscher Volkszugehörigkeit zu sein. Die Klägerin hatte dann von 2005 bis 2008 in Unna, Essen und Münster studienvorbereitende Deutschkurse belegt und bestand die Sprachprüfung für den deutschen Hochschulzugang am 10.01.2008. Seit dem Wintersemester 2008/2009 ist sie an der Universität Münster im Fach Psychologie als Studentin eingeschrieben. Sie erhielt eine Studienförderung nach dem BAföG und war krankenversichert bei der Beklagten.
Die Klägerin beantragte am 29.03.2012 gemäß § 5 Nr. 9 SGB V, sie als Studentin in einer günstigeren Beitragsklasse als Pflichtversicherte zu versichern. Sie werde schließlich auch nach dem BAföG trotz Überschreitung der in § 10 Abs. 3 bestimmten Altersgrenzen gefördert. Das Studium sei nötig, da es für ihr in Russland abgeschlossenes Studium hier kein Vergleichsstudium gebe, weshalb auch keine Gleichwertigkeitsbescheinigung ausgestellt werden könne.
Mit Ablehnungsbescheid vom 14.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach Voll-endung des 30. Lebensjahres seien Studenten nur dann versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre oder persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze von 30 Jahren oder eine längere Studienzeit rechtfertigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V). Ein in § 5 Abs. 1 Nr. 9 geregelter Ausnahmetatbestand liege nicht vor, wenn ein abgeschlossenes Studium im Ausland nicht anerkannt und hier ein weiteres Studium aufgenommen werde. Auch eine Förderung des Studiums aufgrund von
§ 10 Abs. 3 BAföG habe für die Krankenversicherung keine rechtliche Bedeutung. Darü-ber hinaus rechtfertige auch die Zeit der Teilnahme an studienvorbereitenden Sprachkursen oder Studienkollegs keine Verlängerung der studentischen Krankenversicherung.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.06.2012 Widerspruch ein. Die von ihr belegten Sprachkurse hätten nur dem Ziel gedient, möglichst zeitnah mit dem Studium beginnen zu können und gehörten damit zu den unmittelbaren Zugangsvoraussetzungen und seien zwingend erforderlich gewesen. Es sei ihr nicht möglich gewesen, am Zulassungsverfahren für das angestrebte Fachstudium ohne entsprechenden Sprachnachweis teilzunehmen. Demzufolge läge bei ihr ein Ausnahmetatbestand i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V vor, der einem früheren Beginn der Ausbildung entgegengestanden habe und unmittelbar ursächlich sei für die Überschreitung der Altersgrenze. Die Spätaussiedlung, mangelnde Verwertbarkeit des Berufsabschlusses im Herkunftsland sowie der Erwerb der sprachlichen Zugangsvoraussetzungen für das Studium in Deutschland hätten einem früheren Beginn der Ausbildung entgegengestanden.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2012 als zulässig, aber unbegründet zurück. Ein in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V geregelter Ausnahme-tatbestand, der eine Verlängerung der Versicherungspflicht als Student über das 30. Le-bensjahr hinaus begründe, läge nicht vor, wenn ein abgeschlossenes Studium im Ausland in Deutschland nicht anerkannt und hier ein weiteres Studium aufgenommen werde. Auch eine Förderung des Studiums aufgrund des § 10 Abs. 3 BAföG habe für die Krankenversicherung keine rechtliche Bedeutung. Darüber hinaus rechtfertigten auch Sprachprobleme infolge der Herkunft als Spätaussiedler keinen Anspruch auf Verlängerung der Versicherungspflicht über das 30. Lebensjahr hinaus. Die Voraussetzungen für ein Hinausschieben der Altersgrenze für die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten über das 30. Lebensjahr hinaus lägen somit nicht vor. Ausnahmevoraussetzungen, die das Sozialgericht Dortmund in einem Fall des Zweiten Bildungsweges gemacht habe, lägen hier nicht vor. Einen Anspruch auf Gewährung der Verlängerung der Versicherungspflicht aufgrund von Sprachproblemen infolge der Herkunft als Spätaussiedler habe auch das Sozialgericht Dortmund ausdrücklich ausgeschlossen.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid sowie gegen den Ausgangsbescheid richtet sich die vorliegende am 14.08.2012 erhobene Klage der Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.05.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2012 aufzuheben und eine rückwirkende Einstufung als gesetzlich Pflichtversicherte in der Krankenversicherung der Studenten i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V anzuerkennen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung und als Klageerwiderung auf den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2012 und die dort genannten Urteile der Sozialgerichte.
Die Beteiligten haben Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhand-lung erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte so-wie auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden; § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen ablehnenden Bescheide der Beklagten nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind.
Die Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie hat jedoch keinen Anspruch darauf, unterhalb des Mindestbeitrags in den besonders günstigen Tarif der Studentischen Krankenversicherung eingestuft zu werden.
Zur Argumentation der Klageabweisung wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf den Wider-spruchsbescheid des Widerspruchsausschusses der Beklagten vom 17.07.2012 verwie-sen. Dieser Begründung folgt das Gericht uneingeschränkt.
Ergänzt wird um Folgendes: Die Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 beginnt beim Wortlaut: Nr. 9. Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrie-ben sind, bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen.
Die Klägerin macht eine Ausnahme vom Grundsatz geltend. Ausnahmebestimmungen sind auch mit Blick auf Sinn und Zweck eng auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.1992 – 12 RK 40/91 – und LSG Berlin-Brandenburg vom 06.08.2008 – L 9 KR 680/07 –, beide speziell zur Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung der Studenten).
Keine der gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmegründe liegen hier vor. Sprachprobleme rechtfertigen eine Erhöhung der Altersgrenze nicht, auch nicht die Aus-siedlung. Vgl. zu diesen zwei Punkten: SG Dortmund, Urteil vom 23.01.2007 – S 40 KR 179/05 – Rdn. 26
Auch familiäre oder persönliche Gründe und die Art der Ausbildung rechtfertigen nicht die Überschreitung der Altersgrenze bei der Klägerin. Wesentliche Ursache für die Über-schreitung des Lebensalters ist bei der Klägerin letztlich der Umstand, dass ihr Studium im Ausland (Sowjetunion) in Deutschland nicht anerkannt wird und sie aus diesem Grund nochmals ein Studium aufgenommen hat. Hierbei handelt es sich allerdings um einen Umstand, der nicht individuell in der Person der Klägerin seine Grundlage – wenngleich seine Auswirkungen – findet. Er trifft letztlich alle sich in Deutschland aufhaltenden Ausländer und alle früher im Ausland wohnhafte Deutsche, deren Ausbildungsabschluss hier nicht anerkannt wird. Danach handelt es sich nicht um einen subjektiven persönlichen Grund, sondern vielmehr einen allgemeinen objektiven Grund. Die vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung beispielhaft aufgeführten Gründe verdeutlichen diese Auslegung, wenn dort u.a. Erkrankung, Behinderung, Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren als persönliche Gründe aufgeführt sind.
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 2. Halbsatz gebietet als Ausnahmevorschrift von den im 1. Halbsatz normierten Voraussetzungen eine Begrenzung ihrer Anwendungsmöglichkeit. Die Versicherungspflicht der Studenten mit der damit verbundenen beitragsgünstigen Krankenversicherung ist grundsätzlich zeitlich auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit oder Höchstalter des Studenten beschränkt, um Missstände zu vermeiden. Auf diesem Hintergrund ist die Ausnahme von dieser zeitlichen Begrenzung, die Regelung des 2. Halbsatzes, eng auszulegen. Vgl. hierzu LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.08.2000 – L 1 KR 14/00 –
Aus dem Hinweis, die Klägerin werde nach § 10 Abs. 3 BAföG gefördert, kann sie einen Anspruch ebenfalls nicht herleiten. Die Krankenversicherung der Studenten ist nicht mit der Regelung in § 10 Abs. 3 BAföG verknüpft worden, obwohl dies bei entsprechendem Willen des Gesetzgebers nahegelegen hätte. Vgl. auch hierzu LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.08.2000 – L 1 KR 14/00 –
Die Aussiedlung der Klägerin in hohem Alter ist letztlich im Übrigen auch nicht kausal für den späten Studienbeginn, die Klägerin hätte nach Auffassung der Kammer jedenfalls ab Vollendung des 18. Lebensjahres eigenständig das Aussiedlungsverfahren beginnen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
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