L 15 SF 99/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 99/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Eine Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden.
2. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen.
3. Über eine Nichterhebung gemäß § 21 GKG ist nach erfolgtem Kostenansatz im Weg der Erinnerung gemäß § 66 GKG zu entscheiden.
4. Zu den Voraussetzungen einer Nichterhebung von Kosten im Sinn des § 21 GKG.
5. Von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis kann nur unter strengen Voraussetzungen ausgegangen werden.
Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 29. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Urkundsbeamten in einem Verfahren einer weiteren Anhörungsrüge wegen einer gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Mit Beschluss vom 06.05.2015, Az.: L 15 RF 9/15, hatte der Senat die Entschädigung des damaligen Antragstellers und jetzigen Erinnerungsführers (im Folgenden: Erinnerungsführer) nach dem JVEG wegen der mündlichen Verhandlung am 28.11.2013 auf insgesamt 43,75 EUR festgesetzt. Nachdem der Senat eine dagegen vom Antragsteller erhobene Anhörungsrüge mit Beschluss vom 12.08.2015, Az.: L 15 RF 23/15, als unzulässig verworfen hatte, weil der Erinnerungsführer das ihm obliegende Darlegungserfordernis nicht erfüllt hatte, wandte sich dieser mit Schreiben vom 09.09.2015 erneut gegen die Entscheidung des Senats und beharrte auf einer höheren Entschädigung für Verdienstausfall.

Der Senat legte das Schreiben des Erinnerungsführers vom 09.09.2015 als weitere Anhörungsrüge aus und verwarf diese mit Beschluss vom 07.10.2015, Az.: L 15 RF 40/15, als unzulässig, da eine weitere Anhörungsrüge nach unstrittiger höchstrichterlicher Rechtsprechung offensichtlich unzulässig, da unstatthaft, ist. Zudem wurden dem Erinnerungsführer die Kosten des Verfahrens der weiteren Anhörungsrüge auferlegt. Die Kostenentscheidung wurde auf die entsprechende Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung gestützt. Begründet wurde dies damit, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Kostensenats des Bayer. LSG Regelungen wie z.B. § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG, die eine Gebührenfreiheit konstituieren, nicht zur Anwendung kommen, da eine gesetzliche Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren gilt, wie dies auch der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof (BGH) und Bundesfinanzhof (BFH) entspricht.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 29.01.2016 erhob der Kostenbeamte beim Erinnerungsführer Gerichtskosten in Höhe von 60,- EUR und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7504 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG) zugrunde.

Mit Schreiben vom 24.02.2012 beantragte der Erinnerungsführer Ratenzahlung und erklärte, dass die Zahlung "nur unter dem Vorbehalt höchstgerichtlicher Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Gerichtsbeschlusses vom 07.10.15" erfolge.

Anschließend hat er mit Schreiben vom 02.03.2016 Erinnerung eingelegt, ohne diese weiter zu begründen.

II.

Eine Verletzung des Kostenrechts ist weder vom Erinnerungsführer vorgetragen worden noch ersichtlich; der Kostenansatz ist nicht zu beanstanden.

1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung

Eine Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; BFH, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2016, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 18.12.2014, Az.: L 15 SF 322/14 E - m.w.N.). Gleiches gilt grundsätzlich auch für die dort getroffenen Verfügungen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.10.2014, Az.: L 15 SF 61/14 E, und vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E).

Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

Ebenfalls zum Gegenstand des Erinnerungsverfahrens kann die - nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen zu prüfende (vgl. Hartmann, a.a.O., § 21 GKG, Rdnr. 55) - Frage gemacht werden, ob wegen unrichtiger Sachbehandlung im Sinn des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG oder wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG Kosten nicht erhoben werden (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 10.04.2015, Az.: L 15 SF 83/15 E, und vom 10.02.2016, Az.: L 15 SF 362/15 E; vgl. auch Meyer, a.a.O., § 66 GKG, Rdnr. 13).

2. Einwand des Erinnerungsführers: Fehlerhaftigkeit des der Gerichtskostenfeststellung zugrunde liegenden Beschlusses

Der bei wohlwollender Auslegung erkennbare Einwand des Erinnerungsführers, der der Gerichtskostenfeststellung zu Grunde liegende Beschluss des Senats vom 07.10.2015 sei fehlerhaft, ist im Erinnerungsverfahren unbeachtlich.

Zwar hat der Erinnerungsführer in seinem Schreiben vom 02.03.2016, mit dem er die Erinnerung eingelegt hat, nicht angegeben, worauf er seine Erinnerung stützt. Bei einer für den Erinnerungsführer wohlwollenden Auslegung kann aber aus seinem zuvor eingegangenen Schreiben vom 24.02.2016 der Rückschluss darauf gezogen werden, dass er die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Senats vom 07.10.2015 anzweifelt, er also der Gerichtskostenfeststellung eine von ihm vermutete Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses entgegenhalten will.

Der Einwand einer Fehlerhaftigkeit des der Gerichtskostenfeststellung zugrunde liegenden Beschlusses ist jedoch einer Prüfung im Kostenansatzverfahren entzogen und daher im Erinnerungsverfahren unbeachtlich. Denn das Erinnerungsverfahren zu einer Gerichtskostenfeststellung ist kein Instrument zur erneuten Überprüfung der in der Hauptsache getroffenen Entscheidung. Der im Hauptsacheverfahren gefasste Beschluss vom 07.10.2015, mit dem vorliegend dem Erinnerungsführer die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, ist daher für das Kostenansatzverfahren bindend (vgl. oben Ziff. 1.).

Lediglich zum besseren Verständnis der gesetzlichen Systematik und der sich daraus ergebenden Konsequenzen weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn eine im Hauptsacheverfahren getroffene Entscheidung falsch sein könnte oder sogar erkennbar unrichtig wäre, wofür hier nicht die geringsten Anhaltspunkte vorliegen, sich das Gericht der Kostensache im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung nicht über die im Hauptsacheverfahren erfolgte bindende Entscheidung hinwegsetzen und diese durch eine eigene Bewertung ersetzen dürfte. Einer Korrektur im Rahmen der Erinnerung sind diese Fälle aufgrund der Rechtssystematik nicht zugänglich (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B).

3. Zur Überprüfung des Kostenansatzes über den vom Erinnerungsführer erhobenen Einwand hinaus

Der Kostenansatz vom 29.01.2016 ist auch im Übrigen im Ergebnis nicht zu beanstanden.

3.1. Zugrunde gelegter Gebührentatbestand in der Gerichtskostenfeststellung

Zwar ist dem Kostenansatz vom 29.01.2016, wie sich bei der von Amts wegen vorgenommenen Prüfung der Gerichtskostenfeststellung vom 29.01.2016 ergeben hat, mit der Nr. 7504 KV GKG ein vorliegend nicht einschlägiger Gebührentatbestand zugrunde gelegt worden. Dies kann aber eine Aufhebung der Gerichtskostenfeststellung nicht begründen, da der Erinnerungsführer gleichwohl Gerichtskosten in Höhe von 60,- EUR schuldet.

Der streitwertunabhängige Gebührentatbestand der Nr. 7504 KV GKG sieht die Erhebung einer Pauschale von 60,- EUR für im KV GKG nicht besonders aufgeführte Beschwerdeverfahren vor, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. In dem der Gerichtskostenfeststellung vom 29.01.2016 zu Grunde liegenden Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 RF 40/15 handelt es sich jedoch nicht um ein Beschwerdeverfahren, sondern um das Verfahren einer weiteren Anhörungsrüge. Der Gebührentatbestand der Nr. 7504 KV GKG kann dem Erinnerungsführer daher nicht in Rechnung gestellt werden.

Für das Verfahren der weiteren Anhörungsrüge schuldet der Erinnerungsführer aber nach dem Gebührentatbestand der Nr. 7400 KV GKG ebenfalls einen Betrag in Höhe von 60,- EUR. Denn für die hier zugrunde liegende (weitere und unstatthafte) Anhörungsrüge ist der Gebührentatbestand der Nr. 7400 KV GKG erfüllt.

Einer Ersetzung des im Kostenansatz vom 29.01.2016 zugrunde gelegten Gebührentatbestands der Nr. 7504 KV GKG durch den Gebührentatbestand der Nr. 7400 KV GKG im Erinnerungsverfahren steht nicht das Verbot der reformatio in peius entgegen. Denn dieses Verbot steht nur einer Verböserung im Endergebnis, nicht aber einer Prüfung der einzelnen Posten der Kostenfestsetzung und Ersetzung durch andere im Weg, da insofern nur die Begründung für den Kostenansatz ausgetauscht wird (ständige Rspr., vgl. z.B. BFH, Urteil vom 16.12.1969, Az.: VII B 45/68, und Beschluss vom 28.02.2001, Az.: VIII E 6/00; BGH, Beschluss vom 09.02.2006, Az.: VII ZB 59/05; Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.04.2011, Az.: 2 ZA (pat) 68/09; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20.04.2011, Az.: 11 F 429/11; Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 20.06.2011, Az.: 2 KO 3/11; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2014, Az.: 17 K 6189/06).

Die (endgültigen) Gerichtskosten sind gemäß § 6 Abs. 2 GKG mit dem zu Grunde liegenden Beschluss vom 07.10.2015, Az.: L 15 RF 40/15, fällig geworden.

3.2. Nichterhebung von Kosten gemäß § 21 GKG

Ein Fall des § 21 GKG liegt nicht vor.

3.2.1. Zuständigkeit für eine Entscheidung gemäß § 21 GKG

Die Zuständigkeit für eine Entscheidung gemäß § 21 GKG liegt beim Gericht der Kostensache. Über eine Nichterhebung gemäß § 21 GKG ist nach erfolgtem Kostenansatz im Weg der Erinnerung gemäß § 66 GKG zu entscheiden (vgl. BFH, Beschluss vom 02.10.1985, Az.: III E 3-4/85, III E 3/85, III E 4/85). Ob - daneben und zeitlich vorrangig - auch eine Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache gegeben ist (vgl. so wohl Hartmann, a.a.O., § 21 GKG, Rdnr. 56) kann vorliegend dahingestellt bleiben, da das Gericht der Hauptsache unter dem Gesichtspunkt des § 21 GKG keine Entscheidung getroffen hat (vgl. Beschluss des Senats vom 11.04.2016, Az.: L 15 SF 78/15). Einer expliziten Entscheidung über eine Nichterhebung von Kosten gemäß § 21 GKG des Kostenbeamten vor einer gerichtlichen Entscheidung bedarf es insofern nicht, wie sich aus § 21 Abs. 2 Satz 2 GKG ergibt, auch wenn eine solche Entscheidung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 GKG bis zur gerichtlichen Entscheidung möglich ist (vgl. Meyer, a.a.O., § 21 GKG, Rdnr. 18; Beschlüsse des Senats vom 25.09.2015, Az.: L 15 SF 195/15, und vom 11.04.2016, Az.: L 15 SF 78/15).

3.2.2. Voraussetzungen des § 21 GKG - Allgemeines

§ 21 Abs. 1 GKG sieht unter zwei Alternativen die Nichterhebung von Gerichtskosten vor.

3.2.2.1. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, wobei die unrichtige Sachbehandlung im Sinn des § 21 GKG ursächlich für die entstandenen (Mehr-)Kosten in dem Sinn sein muss, dass die Mehrkosten darauf beruhen.

Eine unrichtige Sachbehandlung in diesem Sinn ist nur dann gegeben, wenn ein schwerer Verfahrensfehler (vgl. BFH, Beschlüsse vom 31.10.1996, Az.: VIII E 2/96, und vom 13.11.2002, Az.: I E 1/02) im Sinn einer eindeutig und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 10.03.2003, Az.: IV ZR 306/00; Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 29.11.2012, Az.: B 13 SF 3/11 S; Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 31.03.2014, Az.: 10 KSt 1/14, 10 KSt 1/14 [10 B 7/14] - jeweils m.w.N.). Eine Nichterhebung von Kosten setzt daher "ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße gegen eindeutige Vorschriften" voraus (vgl. BFH, Beschluss vom 31.01.2014, Az.: X E 8/13 - m.w.N.).

Das Erfordernis der Schwere und Offensichtlichkeit des Verstoßes ergibt sich daraus, dass es nicht Sinn und Zweck einer Entscheidung gemäß § 21 GKG ist, die Entscheidung in der Hauptsache einer materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Nachprüfung zu unterziehen (vgl. Oberlandesgericht - OLG - Karlsruhe, Beschluss vom 10.12.2007, Az.: 17 U 85/07; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.11.2014, Az.: L 3 AS 528/14 B), wie dies grundsätzlich im Kostenansatzverfahren nicht möglich ist (vgl. oben Ziff. 1.). Dies bedeutet, dass nicht schon jede rechtsfehlerhafte Beurteilung oder Verfahrensführung auch einen schweren oder gar offensichtlichen Verfahrensverstoß, der die Anwendung des § 21 GKG rechtfertigt, begründet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.03.2003, Az.: IV ZR 306/00, und vom 04.05.2005, Az.: XII ZR 217/04; BFH, Beschluss vom 31.01.2014, Az.: X E 8/13).

3.2.2.2. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG steht kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der (der abweisenden Entscheidung zugrunde liegende) Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

Von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis kann nur unter strengen Voraussetzungen ausgegangen werden (vgl. Beschluss des Senats vom 10.02.2016, Az.: L 15 SF 362/15 E). Denn es gilt der rechtsbereichsübergreifende Grundsatz, dass eine Rechtsunkenntnis grundsätzlich einem Verschulden nicht entgegen steht (ständige Rspr., vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.01.1999, Az.: 2 BvR 729/96; BVerwG, Beschlüsse vom 01.11.2001, Az.: 4 BN 53/01, und vom 07.10.2009, Az.: 9 B 83/09; BFH, Beschluss vom 10.04.2006, Az.: VII S 9/06; BSG, Beschluss vom 10.02.1993, Az.: 1 BK 37/92, Urteile vom 15.08.2000, Az.: B 9 VG 1/99 R, vom 28.04.2005, Az.: B 9a/9 VG 3/04 R, und vom 06.05.2010, Az.: B 13 R 44/09 R). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der vorgenannte Grundsatz unabhängig vom Bekanntheitsgrad der im Raum stehenden gesetzlichen Regelung gilt, was sich aus dem Grundsatz der formellen Publizität ergibt (vgl. Beschluss des Senats vom 10.10.2014, Az.: L 15 SF 289/13). Aus dem Grundsatz der formellen Publizität ergibt sich auch, dass es ohne Bedeutung ist, wie lange eine gesetzliche Neuregelung bereits in Kraft ist, und dass es ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der alten Gesetzeslage nicht gibt (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2014, Az.: I-24 U 220/12, 24 U 220/12; Landgericht Heidelberg, Beschluss vom 05.02.2015, Az.: 3 T 4/15).

Bei der Auslegung des § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG ist auch zu beachten, dass diese Vorschrift nicht den Zweck verfolgt, der unterlegenen Partei das mit einem Prozess verbundene Kostenrisiko abzunehmen und von dem Beteiligten auf die Allgemeinheit abzuwälzen (vgl. BFH, Beschluss vom 25.03.1969, Az.: VII B 151/68; Bayer. Verwaltungsgerichtshof - VGH -, Beschluss vom 06.07.2012, Az.: 15 M 12.1358; Meyer, a.a.O., § 21 GKG, Rdnr. 11). Zudem wird von einem rechtsunkundigen Verfahrensbeteiligten auch regelmäßig erwartet, dass er sich vor der Inanspruchnahme weiterer Rechtsmittel juristischen Rat einholt (vgl. BVerwG, Beschuss vom 07.10.2009, Az.: 9 B 83/09; Bayer. VGH, Beschluss vom 06.07.2012, Az.: 15 M 12.1358; vgl. Meyer, a.a.O., § 21 GKG, Rdnr. 12).

Es wird daher nur selten von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis auszugehen sein, beispielsweise bei einer offenkundig fehlenden Prozessfähigkeit (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 06.03.2012, Az.: 14 W 124/12) oder einem hochgradigen Realitätsverlust des Rechtsmittelführers (vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 20.02.2012, Az.: 11 C 12.335).

Jedenfalls dann, wenn entgegen einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung gleichwohl ein unstatthafter Rechtsbehelf eingelegt wird, kann nicht von einer unverschuldeten Rechtsunkenntnis ausgegangen werden (vgl. Beschluss des Senats vom 10.02.2016, Az.: L 15 SF 362/15 E; so im Ergebnis auch BFH, Beschlüsse vom 16.02.2006, Az.: XI E 3/06, und vom 25.04.2006, Az.: VIII E 2/06; Bayer. VGH, Beschluss vom 06.12.2004, Az.: 1 B 03.1830).

3.3. Prüfung im vorliegenden Fall

Die Voraussetzungen des § 21 GKG sind nicht erfüllt.

3.3.1. Ein schwerer Verfahrensfehler im Sinn einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung, wie ihn § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG verlangt, ist durch das das Gericht im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 RF 40/15 nicht gemacht worden.

Wie im Beschluss vom 07.10.2015, Az.: L 15 RF 40/15, unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung ausführlich erläutert worden ist, sind derartige unstatthafte Verfahren nicht von der Gerichtskostenpflicht befreit. Von einer unrichtigen, geschweige denn von einer eindeutig und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung des Gerichts im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 RF 40/15 kann daher nicht ausgegangen werden.

Auch darin, dass das Gericht im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 RF 40/15 den Erinnerungsführer nicht im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs darauf hingewiesen hat, dass er mit der Erhebung von Gerichtskosten rechnen müsse, wenn er trotz Unstatthaftigkeit der von ihm erhobenen weiteren Anhörungsrüge auf einer Entscheidung des Gerichts durch Beschluss, der dann die Gerichtskostengebühr auslöst, bestehe, kann kein schwerer Verfahrensfehler im Sinn einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung, wie ihn § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG erfordert, gesehen werden. Aus dem dem Verfahren der weiteren Anhörungsrüge vorhergehenden Verfahren der ersten Anhörungsrüge und dem dort ergangenen Beschluss vom 12.08.2015, Az.: L 15 RF 23/15, hätte der Erinnerungsführer ersehen können und müssen, dass ihm keine weitere gerichtskostenfreie Anhörungsrüge eröffnet ist. Irgendein anderer Gesichtspunkt, der dem Erinnerungsführer Anlass dafür geben hätte können, dass er weiterhin kostenfrei gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen kann, ist nicht ersichtlich. Es gibt auch keinen Grundsatz, wonach ein Kläger oder Antragsteller im sozialgerichtlichen Verfahren für alle damit in Zusammenhang stehenden Verfahren von jeglichen Gerichtskosten freigestellt wäre, zumal im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland die Gerichtskostenfreiheit ohnehin die Ausnahme darstellt. Insofern hat es auch keines gerichtlichen Hinweises auf die Gerichtskostenpflicht und darauf bedurft, dass der Erinnerungsführer durch die Rücknahme seiner weiteren Anhörungsrüge einer Gerichtskostenpflicht entgehen könnte.

Von einem Verfahrensfehler des Gerichts, geschweige denn von einem schweren Verfahrensfehler kann daher keinesfalls ausgegangen werden.

3.3.2. Es ist auch nicht im Weg einer Ermessensentscheidung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG von der Erhebung der Gerichtskosten abzusehen.

Es ist nicht ansatzweise ein Grund dafür ersichtlich, dass der Erinnerungsführer der Meinung sein hätte dürfen, dass er eine weitere Anhörungsrüge einlegen könne, ohne dafür auch das Gerichtskostenrisiko zu tragen. In dem der weiteren Anhörungsrüge vorhergehenden Beschluss vom 12.08.2015, Az.: L 15 SF 23/15, ist der Erinnerungsführer explizit darauf hingewiesen worden, dass dieser Beschluss unanfechtbar sei. Der Erinnerungsführer hätte daher auch ohne Einholung rechtskundigen Rats erkennen können, dass ihm eine weitere Anhörungsrüge nicht zusteht. Wenn er gleichwohl eine weitere Anhörungsrüge erhebt, hat er auch das damit verbundene Gerichtskostenrisiko zu tragen. In einem solchen Fall von der Erhebung der Gerichtskosten gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abzusehen, wäre ermessensfehlerhaft.

Die Erinnerung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Rechtskraft
Aus
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