Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 1011/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1426/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. April 2016 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 19. Februar 2016 gegen den Bescheid vom 10. Februar 2016 betreffend die Aufhebung der mit Bescheid vom 20. Juli 2015 verfügten Bewilligung des Barbetrages aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen.
Gründe:
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist in der Sache erfolgreich.
1. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist in der Sache das Begehren des Antragstellers auf Auszahlung des mit Bescheid vom 20. Juli 2015 für die Zeit vom 26. März 2015 bis zum 31. März 2017 bewilligten Barbetrages in Höhe von monatlich 107,73 EUR nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII), nachdem der Antragsgegner die Leistungen ab 1. Juni 2015 "storniert" (vgl. Aktenvermerk vom 30. November 2015, Bl. 61/Rückseite der Verwaltungsakten) und diese mit Bescheid vom 10. Februar 2016 aufgehoben hat. Gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016, der mit dem Bewilligungsbescheid vom 10. Februar 2016 eine rechtliche Einheit bildet, hat der Antragsteller - ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakten - am 19. Februar 2016 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt (vgl. § 84 SGG), was mittlerweile auch der Antragsgegner eingesteht. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden.
2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.
3. Vorliegend kommt allein die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG bzw. für den Fall, dass dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016 bereits aufschiebende Wirkung zukommt, die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers (dazu z.B. Bundessozialgericht, Beschluss vom 11. Mai 1993 - 12 RK 82/92 - juris -; Keller in Meyer-Ladewig u.a., 11. Aufl. 2014, § 86b Rdnr. 15) in Betracht. Denn das Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, den Barbetrag im bisher bewilligten Umfang (Bescheid vom 20. Juli 2015) zu erhalten. Dieses Ziel ist dadurch erreichbar, dass hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016 die aufschiebende Wirkung angeordnet bzw. festgestellt wird. Denn käme dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10. Februar 2016 gem. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu, dürften die Bescheide vom 10. Februar 2016, die gegenüber dem bestandskräftigen Bescheid vom 20. Juli 2015 einen belastenden Verwaltungsakt beinhalten, vorläufig nicht vollzogen werden (vgl. Keller, a.a.O., § 86a Rdnr. 4) und der Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2015 wäre für den Antragsgegner vorläufig weithin maßgeblich.
Dabei kommt dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016 gem. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Ein Fall des § 86a Abs. 2 SGG liegt nicht vor. Insbesondere ist weder eine Angelegenheit der Sozialversicherung i.S. des § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG noch eine bundesgesetzlich vorgeschriebene Anordnung gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG gegeben. Schließlich hat der Antragsgegner keinen Sofortvollzug angeordnet (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG), so dass dem Widerspruch des Antragstellers gegen die in dem Bescheid vom 10. Februar 2016 enthaltene Aufhebungsentscheidung von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt. Die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs erfolgt durch (deklaratorischen) Beschluss, ohne dass insoweit eine weitere Erfolgsaussichtenprüfung stattzufinden hätte. Nachdem der Antragsteller bereits im Antragsverfahren seinen Antrag auf den Barbetrag beschränkt hat, war auch nur insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs festzustellen. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsgegner die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer ggf. fristgerecht erhobenen Klage gegen einen Widerspruchsbescheid (vgl. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) beachten wird und sieht davon ab, den auf Basis des Bescheids vom 20. Juli 2015 auszuzahlenden Barbetrag im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung vorläufig zuzusprechen.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wird sich der Antragsgegner mit dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Juli 2015 (L 2 SO 4793/13 - juris) zu befassen und ggf. in Abstimmung mit dem Jobcenter Landkreis C. sicherzustellen haben, dass dem Antragsteller die zur Sicherung seines verfassungsrechtlich abgesicherten Existenzminimums erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
5. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 19. Februar 2016 gegen den Bescheid vom 10. Februar 2016 betreffend die Aufhebung der mit Bescheid vom 20. Juli 2015 verfügten Bewilligung des Barbetrages aufschiebende Wirkung hat.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen.
Gründe:
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist in der Sache erfolgreich.
1. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist in der Sache das Begehren des Antragstellers auf Auszahlung des mit Bescheid vom 20. Juli 2015 für die Zeit vom 26. März 2015 bis zum 31. März 2017 bewilligten Barbetrages in Höhe von monatlich 107,73 EUR nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII), nachdem der Antragsgegner die Leistungen ab 1. Juni 2015 "storniert" (vgl. Aktenvermerk vom 30. November 2015, Bl. 61/Rückseite der Verwaltungsakten) und diese mit Bescheid vom 10. Februar 2016 aufgehoben hat. Gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016, der mit dem Bewilligungsbescheid vom 10. Februar 2016 eine rechtliche Einheit bildet, hat der Antragsteller - ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakten - am 19. Februar 2016 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt (vgl. § 84 SGG), was mittlerweile auch der Antragsgegner eingesteht. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden.
2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.
3. Vorliegend kommt allein die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG bzw. für den Fall, dass dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016 bereits aufschiebende Wirkung zukommt, die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers (dazu z.B. Bundessozialgericht, Beschluss vom 11. Mai 1993 - 12 RK 82/92 - juris -; Keller in Meyer-Ladewig u.a., 11. Aufl. 2014, § 86b Rdnr. 15) in Betracht. Denn das Begehren des Antragstellers ist darauf gerichtet, den Barbetrag im bisher bewilligten Umfang (Bescheid vom 20. Juli 2015) zu erhalten. Dieses Ziel ist dadurch erreichbar, dass hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016 die aufschiebende Wirkung angeordnet bzw. festgestellt wird. Denn käme dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10. Februar 2016 gem. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu, dürften die Bescheide vom 10. Februar 2016, die gegenüber dem bestandskräftigen Bescheid vom 20. Juli 2015 einen belastenden Verwaltungsakt beinhalten, vorläufig nicht vollzogen werden (vgl. Keller, a.a.O., § 86a Rdnr. 4) und der Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2015 wäre für den Antragsgegner vorläufig weithin maßgeblich.
Dabei kommt dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 2016 gem. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung zu. Ein Fall des § 86a Abs. 2 SGG liegt nicht vor. Insbesondere ist weder eine Angelegenheit der Sozialversicherung i.S. des § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG noch eine bundesgesetzlich vorgeschriebene Anordnung gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG gegeben. Schließlich hat der Antragsgegner keinen Sofortvollzug angeordnet (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG), so dass dem Widerspruch des Antragstellers gegen die in dem Bescheid vom 10. Februar 2016 enthaltene Aufhebungsentscheidung von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt. Die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs erfolgt durch (deklaratorischen) Beschluss, ohne dass insoweit eine weitere Erfolgsaussichtenprüfung stattzufinden hätte. Nachdem der Antragsteller bereits im Antragsverfahren seinen Antrag auf den Barbetrag beschränkt hat, war auch nur insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs festzustellen. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsgegner die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer ggf. fristgerecht erhobenen Klage gegen einen Widerspruchsbescheid (vgl. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) beachten wird und sieht davon ab, den auf Basis des Bescheids vom 20. Juli 2015 auszuzahlenden Barbetrag im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung vorläufig zuzusprechen.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wird sich der Antragsgegner mit dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Juli 2015 (L 2 SO 4793/13 - juris) zu befassen und ggf. in Abstimmung mit dem Jobcenter Landkreis C. sicherzustellen haben, dass dem Antragsteller die zur Sicherung seines verfassungsrechtlich abgesicherten Existenzminimums erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
5. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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