L 15 RF 31/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 RF 31/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen einer Vereinbarung gem. § 14 JVEG.
2. Aus den Vorschriften des JVEG ergibt sich keine Untergrenze für die Stundensatzhöhe der Vergütung in der Vereinbarung.
3. Die Formulierung "Dolmetscher" in der Vereinbarung umfasst sowohl die Tätigkeit des konsekutiven als auch des simultanen Dolmetschens.
4. Zu den gesetzgeberischen Motiven der Ermöglichung einer Vereinbarung zur Höhe der Vergütung.
Die Vergütung der Antragstellerin für die Dolmetschertätigkeit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2015 wird auf 119,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung der Vergütung für eine von ihr erbrachte Dolmetschertätigkeit durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Antragstellerin erbringt als GmbH durch bei ihr Beschäftigte Dolmetscherleistungen in diversen Sprachen. Sie hat (zuletzt) am 29.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts Landshut, eine Vereinbarung über die Erbringung von Dolmetscherleistungen geschlossen. In Ziff. 1 der Vereinbarung ist Folgendes geregelt: "Für die auf Anforderung eines Richters der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern erbrachte Leistung als Dolmetscher wird für alle Sprachen eine Vergütung in Höhe von 50,00 EUR je Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt." Weitergehende Differenzierungen hinsichtlich der Art der Dolmetschertätigkeit enthält die Vereinbarung nicht.

Mit Schreiben des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 20.04.2015 wurde die Antragstellerin als Simultandolmetscherin für die türkische Sprache zum Gerichtstermin am 20.05.2015 geladen. Der Gerichtstermin dauerte von 10.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Für ihre Tätigkeit am 20.05.2015 stellte die Antragstellerin dem LSG mit Schreiben vom 28.05.2015 einen Betrag in Höhe von insgesamt 178,50 EUR in Rechnung. Der Rechnung lag eine Dauer des Gerichtstermins von einer Stunde und eine Zeit von jeweils einer halben Stunde für die Hin- und die Rückfahrt zu Grunde. Die Rechnung weist einen Stundensatz von 75,- EUR sowie die Umsatzsteuer aus.

Die Kostenbeamtin des LSG bewilligte mit Schreiben vom 10.06.2015 unter Zugrundelegung der Zeitangaben der Antragstellerin lediglich einen Betrag in Höhe von 119,- EUR, den sie damit begründete, dass für die Dolmetschertätigkeit ein Stundensatz von 50,- EUR vereinbart worden sei.

Dagegen hat sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.2015 gewandt und mitgeteilt, dass sie mit der Kürzung nicht einverstanden sei. Vom Gericht sei ausdrücklich ein Simultandolmetscher geladen worden. Diese Leistung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung zu 50,- EUR je Stunde.

Der Kostensenat des LSG hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.08.2015 auf die am 29.08.2013 abgeschlossene Vereinbarung hingewiesen, die keine Differenzierung nach unterschiedlichen Dolmetschertätigkeiten vorsehe. Eine höhere Vergütung als gewährt komme daher nicht in Betracht. Sollte die Antragstellerin in der Zukunft die Abrechnung nach einen höheren Stundensatz wünschen, müsste dazu die bestehende Vereinbarung geändert werden, wofür nicht der Kostensenat, sondern die Gerichtsverwaltung zuständig wäre.

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte sinngemäß mit Schreiben vom 30.06.2015 die gerichtliche Festsetzung dadurch beantragt, dass sie mit der Festsetzung der Vergütung durch die Kostenbeamtin nicht einverstanden ist und eine höhere Vergütung begehrt.

Die Vergütung für die Dolmetschertätigkeit am 20.05.2015 ist auf 119,- EUR festzusetzen.

Einer Vergütung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe unter Zugrundelegung des gesetzlich vorgesehenen Stundensatzes von 75,- EUR steht der in der Vereinbarung vom 29.08.2013 geregelte Stundensatz von 50,- EUR entgegen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).

2. Vergütung nach Maßgaben der Vereinbarung vom 29.08.2013

Der Antragstellerin steht eine Vergütung in Höhe von 119,- EUR zu. Dies ergibt sich aus der zwischen der Antragstellerin und dem Freistaat Bayern geschlossenen Vereinbarung vom 29.08.2013. Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist der vereinbarte Stundensatz, nicht die gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 3 JVEG.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können Vereinbarungen mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den Abrechnungsvorschriften des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen, Dolmetscher oder Übersetzer zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss

Beim Abschluss der Vereinbarung vom 29.08.2013 hat für den Freistaat Bayern der Präsident des Sozialgerichts Landshut gehandelt. Dieser war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

"Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf."

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 29.08.2013 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, nicht überschreiten (§ 14 a.E. JVEG). Der in der Vereinbarung geregelte Stundensatz von 50,- EUR führt in jedem Fall dazu, dass die nach der Vereinbarung zu gewährende Vergütung erheblich unter der liegt, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergäbe, wenn keine derartige Vereinbarung getroffen wäre.

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Der in der Vereinbarung geregelte vergleichsweise niedrige Stundensatz steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass der vereinbarte Stundensatz von 50,- EUR nicht unerheblich unter den vom Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 JVEG vorgesehenen Stundensätzen von 70,- EUR bzw. 75,- EUR liegt. Denn aus dem JVEG ergibt sich nichts, was einer Vereinbarung Grenzen hinsichtlich der Vergütungshöhe nach unten setzen würde.

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a.a.O., § 14, Rdnr. 2) "eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich" ansehen, kann der Senat dieser Einschätzung jedenfalls dann nicht folgen, wenn mit den aufgezeigten Bedenken auch eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kostenersparnis für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) ("Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren."), der im Wesentlichen der Regelung des § 14 JVEG entspricht, weil in § 17 Abs. 1 ZSEG eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 13 ZSEG für Dolmetscher und Übersetzer angeordnet worden ist, Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

"Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht."

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens habe, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

"In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten."

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/Bach/Oberlack auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung "vor allem" in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. Bestätigt wird diese Annahme des Senats dadurch, dass zwar bei der Vergütung von Sachverständigen mit der Vereinbarung von Pauschalvergütungen der bei der Abrechnung von Gutachten teilweise nicht unerhebliche Aufwand für die Kostenbeamten verringert werden kann, diese Erwägungen aber nicht - zumindest nicht in gleicher Weise - auf die Vergütung von Dolmetschern übertragen werden können. Denn die Vergütung von Dolmetschern ist weit weniger kompliziert als die von Sachverständigen. Mit dem Ziel einer Vereinfachung der Abrechnung der Vergütung kann daher der Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern kaum begründet werden. Vielmehr sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Dolmetscher nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, diese andererseits dafür mit einem gewissen finanziellen Entgegenkommen des Dolmetschers erwartet, der naheliegende Grund für den Abschluss von Vereinbarungen mit Dolmetschern. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 i.V.m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zu Grunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt, da sich eine anderweitige überzeugende Begründung für die Erstreckung von § 13 ZSEG i.V.m. § 17 ZSEG bzw. § 14 JVEG auf Dolmetscher nicht finden lässt. Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern - überwiegend, wenn nicht ausschließlich - einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung (eines Sachverständigen) - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den "Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung" überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall "den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen" entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde die für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, sodass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss.

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung unter den gesetzlichen Stundensätzen wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Dolmetscher die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist. Von einem derartigen Fall ist vorliegend nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auch auf simultanes Dolmetschen

Die Vereinbarung vom 29.08.2013 umfasst auch simultanes Dolmetschen.

Soweit in der Vereinbarung die Formulierung "Leistung als Dolmetscher" verwendet worden ist, ergibt eine Auslegung, dass damit die Dolmetschertätigkeit in sämtlichen Ausprägungen umfasst ist.

Bei der Auslegung ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13). Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 3 JVEG ergibt, kennen die gesetzlichen Regelungen nur den Begriff des "Dolmetschers", nicht aber den eines "Simultandolmetschers" auf der einen und den eines "Konsekutivdolmetschers" auf der anderen Seite. Die im Gesetz verankerte unterschiedliche Stundensatzhöhe nach der Art des Dolmetschens begründet keine unterschiedliche Begrifflichkeit eines Dolmetschers abhängig von der Art seines Tätigwerdens. Vielmehr bleibt nach dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut ein "Dolmetscher" ein solcher auch dann, wenn er zum simultanen Dolmetschen herangezogen wird. Aus der Sicht eines verständigen Beteiligten aus dem Kreis der gerichtlich tätigen Dolmetscher spricht daher alles dafür, dass der in der Vereinbarung verwendete Begriff eines "Dolmetschers" identisch mit der gesetzlichen Begrifflichkeit verwendet worden ist. Dass in der Vereinbarung ein einheitlicher Stundensatz zu Grunde gelegt und nicht danach differenziert worden ist, ob das Dolmetschen konsekutiv oder simultan erfolgt, gibt keinen Anlass an dem aufgezeigten Begriffsverständnis zu zweifeln. Denn schon mit dem gegenüber der gesetzlichen Regelung deutlich niedrigeren Stundensatz wird belegt, dass die getroffene Vereinbarung nicht eine unmittelbare Orientierung an der gesetzlichen Vorschrift beabsichtigt. Auch der in der gesetzlichen Regelung vergleichsweise geringe finanzielle Unterschied zwischen den beiden Arten des Dolmetschens von 5,- EUR pro Stunde legt es nicht nahe, dass von der Pauschalvereinbarung nur die eine Art des (konsekutiven) Dolmetschens umfasst wäre.

2.4. Höhe der Vergütung im vorliegenden Fall

Bei einer objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer (§ 8 Abs. 2 JVEG) von 2 Stunden und einem vereinbarten Stundensatz von 50,- EUR ergibt sich einschließlich Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) eine Vergütung in Höhe von insgesamt 119,- EUR.

3. Abschließende Hinweise des Senats

Der Senat kann das Begehren der Antragstellerin, zumindest bei einem simultanen Dolmetschen einen höheren Stundensatz als 50,- EUR abrechnen zu können, angesichts des ausgesprochen niedrigen vereinbarten Stundensatzes durchaus nachvollziehen.

Für den Senat erscheint es nicht fernliegend, dass die Antragstellerin, möglicherweise bedingt durch eine Prägung der früheren Heranziehung im Wesentlichen nicht als Dolmetscherin für simultanes, sondern für konsekutives Dolmetschen, beim Abschluss der Vereinbarung subjektiv davon ausgegangen ist, dass die Heranziehung regelmäßig nur für konsekutives Dolmetschen erfolgt und der Fall des Simultandolmetschens nur die Ausnahme darstellt. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre es für den Senat durchaus plausibel, wenn die Antragstellerin mit einer gegebenenfalls verstärkten Praxis, sie vermehrt für simultanes Dolmetschen heranzuziehen, und einer Vergütung in Höhe von 50,- EUR pro Stunde dafür unzufrieden wäre. Ganz abgesehen davon, dass ein Stundensatz von 50,- EUR dem Senat ohnehin - auch mit Blick auf einen dem Senat bekannten Vergleichsfall - als ausgesprochen niedrig erscheint, wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin höhere Kosten dafür entstehen, wenn sie zu einem Gerichtstermin einen höher qualifizierten und damit vermutlich von ihr auch höher bezahlten Dolmetscher für simultanes Dolmetschen übersendet. Gleichwohl kann aus den aufgezeigten Gründen dieser von der Antragstellerin als unbefriedigend empfundenen Gesamtsituation im Weg der gerichtlichen Festsetzung der Vergütung nicht Rechnung getragen werden, da dem die abgeschlossene Vereinbarung entgegen steht.

Sollte die Antragstellerin diesen Zustand aus wirtschaftlichen Gründen für sich in der Zukunft nicht weiter als akzeptabel betrachten, stünde ihr einzig und allein die Möglichkeit offen, beim Präsidenten des Sozialgerichts Landshut auf eine Änderung der Vereinbarung zu drängen oder für den Fall, dass sich keine einvernehmliche Lösung finden lässt, die Vereinbarung zu kündigen. Für diesen Fall wäre die in der Vereinbarung geregelte Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ablauf der Laufzeit der Vereinbarung (zum 31.08. jeden Jahres) und die Schriftform zu beachten.

Wie eine gegebenenfalls abgeänderte Vereinbarung aussehen könnte, insbesondere ob es bei der pauschalen Vergütung sämtlicher Dolmetscherleistungen unabhängig davon, ob konsekutiv oder simultan gedolmetscht wird, bleibt und dann der pauschale Stundensatz erhöht wird oder ob eine finanzielle Differenzierung zwischen konsekutivem und simultanem Dolmetschen erfolgt oder ob gegebenenfalls sogar das simultane Dolmetschen aus der Vereinbarung ausgegliedert wird, bleibt den entsprechenden Verhandlungen der Antragstellerin mit dem Präsidenten des Sozialgerichts Landshut vorbehalten.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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