Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 31 R 884/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 914/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.8.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für eine von der Klägerin selbstbeschaffte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Kurpark-Klinik V (Bodensee).
Die am 00.00.1949 geborene und bei der Techniker Krankenkasse (TK) krankenversicherte Klägerin ist als freiberufliche Architektin in F erwerbstätig.
Bei der Kurpark-Klinik V handelt es sich um eine Klinik für ernährungsbedingte Krankheiten, Innere Medizin, Diabetologie, Naturheilverfahren. Diese nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung betriebene Behandlungseinrichtung für Typ-2-Diabetiker erbringt stationäre Rehabilitationsleistungen für Versicherte der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg auf Grundlage eines mit dieser geschlossenen Belegungsvertrages (§ 21 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch [SGB IX]) sowie für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung auf Basis eines mit allen Krankenkassen abgeschlossenen Versorgungsvertrages (§ 111 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V]). Zudem bietet die Einrichtung stationäre Rehabilitationsleistungen für privat Krankenversicherte und Selbstzahler an. Einen Vertrag im Sinne des § 21 SGB IX hat die Klinik mit der Beklagten nicht geschlossen.
Therapeutische Schwerpunkte der Klinik sind die Intensivdiätetik mit spezifischer Ernährungstherapie einschließlich des klinisch-therapeutischen Fastens. Nach den veröffentlichten konzeptionellen Leitlinien der Einrichtung wird die Ernährungstherapie von einer individuell angepassten Bewegungstherapie, etwa in Form einer ausdauerorientierten Trainingstherapie durch individuell angepasste Gymnastikgruppen und muskelkräftigende Übungen, unterstützt. Ergänzend sollen durch ein Angebot von Entspannungstechniken, Stressbewältigungskonzepten und psychotherapeutischen Einzelgesprächen Ursachen der Erkrankung verdeutlicht und Konzepte für die Zeit nach der stationären Heilbehandlung entwickelt werden. Auf das Therapie- und Klinikkonzept der Kurpark-Klinik, Stand 17.1.2013, wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Versicherte der DRV Baden-Württemberg werden in der Klinik bei Vorliegen der Haupt-diagnose Adipositas (auch mit Essverhaltensstörung), Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, präoperative Gewichtsreduktion (z.B. vor einer totalendoprothetischen Versorgung oder vor Bypass-Operationen) behandelt.
Die Klägerin erlitt am 31.5.2011 einen - nicht nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) entschädigten - Verkehrsunfall, bei dem sie sich als unmittelbare Unfallfolge eine Flankenprellung rechts, eine Distorsion des lateralen oberen Sprunggelenkes links sowie des linken Kniegelenkes zuzog.
Am 16.9.2011 beantragte sie bei der TK die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. In einem ergänzenden Schreiben vom 22.9.2011 äußerte sie den Wunsch, die Rehabilitationsmaßnahme in der "ihr empfohlenen Kurpark-Klinik in V am Bodensee" durchführen zu wollen. Anlässlich eines vorsorglich erfolgten Gesprächs mit der Klinik sei ihr von Letzterer mitgeteilt worden, sie könne bereits ab dem 24.10.2011 stationär aufgenommen werden. Sie habe ihre beruflichen Termine und die Baustellenabläufe im Hinblick auf eine ab diesem Zeitpunkt stattfindende Rehabilitationsmaßnahme ausgerichtet und bitte um eine rasche Kostenzusage.
Bei der Beklagten ging dieser schriftliche Rehabilitationsantrag am 26.9.2011 nebst eines Befund- und Behandlungsberichtes des behandelnden Hausarztes der Klägerin, des Facharztes für Innere Medizin C, F, vom 22.9.2011 ein. In diesem stellte der Hausarzt das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Blockierung der Halswirbelsäule sowie einer Kniegelenksdistorsion links fest. Zugleich verwies er in der Krankheitsvorgeschichte auf einen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 31.5.2011.
Nach Auswertung des Befund- und Behandlungsberichtes und des Versicherungsverlaufes der Klägerin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.2011 die Gewährung einer Leistung zur stationären Rehabilitation ab. Die bestehenden Gesundheitsstörungen - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - erforderten eine Intensivierung der ambulanten Physiotherapie und des Rehabilitationssportes sowie eine Fortsetzung der regelmäßigen ambulanten nervenärztlichen Mitbehandlung. Darüber hinaus seien eine Richtlinien-Psychotherapie sowie eine Entspannungstherapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geboten. Die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung sei indessen nicht erforderlich. Auf den Inhalt des Bescheides vom 14.10.2011 wird wegen der weiteren Begründung Bezug genommen.
Nachdem die Klägerin am 20.10.2011 per E-Mail Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2011 eingelegt hatte, begab sie sich im Zeitraum vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 erstmals in die stationäre Rehabilitation der Kurpark-Klinik V. Die durch diesen Aufenthalt entstandenen Aufwendungen hat die Beklagte weder getragen noch bezuschusst.
Nach Beendigung dieser Maßnahme legte die Klägerin ein ärztliches Attest des Herrn C vom 23.11.2011 vor, in dem dieser u.a. darauf hinwies, dass die bisherigen ambulant durchgeführten therapeutischen Maßnahmen nicht den erwünschten Erfolg gezeigt hätten. Zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung/Chronifizierung bzw. Dekompensation und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin sei die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme "dringend angezeigt". Er schlage als Rehabilitationseinrichtung die Kurpark-Klinik V vor. Diese sei ihm gut bekannt und könne mit ihrem Konzept die Erkrankungen der Klägerin fachkompetent behandeln.
Nach Auswertung weiterer beigezogener Befund- und Behandlungsberichte (Bericht des Leitenden Arztes der Kurpark-Klinik V Dr. I v. 9.11.2011 betreffend die vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 durchgeführte Maßnahme, Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin M, F v. 14.12.2011, Bericht des Herrn C v. 15.12.2011) ließ die Beklagte die Klägerin durch Dr. J, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, A, begutachten. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 31.1.2012 eine Anpassungsstörung im Sinne einer länger andauernden depressiven Entwicklung im Rahmen einer dependenten Persönlichkeitsstruktur sowie eine posttraumatische Belastungsstörung fest. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung attestierte er bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ein quantitativ auf zwischen drei bis unter sechs Stunden täglich reduziertes Leistungsvermögen der Klägerin. Auf den weiteren Inhalt des Gutachtens vom 31.1.2012 wird Bezug genommen.
Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen bewilligte die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 2.3.2012 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von sechs Wochen. Zur Rehabilitationseinrichtung bestimmte sie das Klinikzentrum Lindenallee GmbH, Bad T. Dem Wunsch der Klägerin auf Durchführung der Maßnahme in der Kurpark-Klink V könne nicht entsprochen werden, da diese Einrichtung nicht geeignet sei, die festgestellten Gesundheitsstörungen zu behandeln und eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit zu gewährleisten. Zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrages und im Interesse der Klägerin sei die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Klinikzentrums Lindenallee getroffen worden. Auf den Inhalt des Bescheides vom 2.3.2012 wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 8.3.2012 Widerspruch. Anlässlich ihres ersten Aufenthaltes vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 habe sie in der Kurpark-Klinik gute Erfahrungen gesammelt. Die sie behandelnden Personen hätten sich über die erzielten Ergebnisse erstaunt gezeigt und seien der Meinung, dass eine Fortsetzung der stationären Behandlung dringend geboten sei; am besten in derselben Einrichtung, da die dort begonnene Behandlung angeschlagen habe. Die von der Beklagten ausgewählte Einrichtung biete nach ihren telefonischen Recherchen kein vergleichbares "Kombi-Programm".
Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 14.3.2012 darauf hingewiesen hatte, dass zur Behandlung ihrer Gesundheitsstörungen mehrere geeignete rentenversicherungseigene Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung stünden und es bei der Auswahl der von ihr bestimmten Rehabilitationseinrichtung verbleibe, bekräftigte die Klägerin schriftlich die Ausübung ihres Wunsch- und Wahlrechtes zu Gunsten der Kurpark-Klinik V. Sie verwies auf den seitens der Klinik mit der DRV Baden-Württemberg geschlossenen Vertrag nach § 21 SGB IX und erklärte eine Bereitschaft, etwaige Mehrkosten zu tragen. Überdies erhalte sie - die Klägerin - in der gewünschten Einrichtung "Hilfe zur Selbsthilfe", was ihrem individuellen Lösungsansatz entspreche.
In einer schriftlichen Mitteilung "über (die) erfolgte Buchung in V" vom 10.4.2012 setzte sie die Beklagte schließlich darüber in Kenntnis, dass sie angesichts der "unvorhersehbar langen Bearbeitungszeiten" für den 7.5.2012 eine Aufnahme vereinbart habe und bat, die erforderlichen Unterlagen zeitnah der Einrichtung zu übermitteln. Eine ad-hoc Abwesenheit ohne Rücksicht auf weitere Umstände, etwa vertragliche Zusagen gegenüber Bauherren und erforderliche Abstimmungen mit Vertretungspersonal, wäre unverantwortlich. Zudem gefährde die ständige Sorge um ihr Büro, ihre Mitarbeiter und die laufenden Baustellen den Erfolg einer Rehabilitation.
Entsprechend dieser Ankündigung nahm die Klägerin im Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 eine stationäre Rehabilitationsleistung der Kurpark-Klinik V in Anspruch. Hierfür entstanden ihr Aufwendungen in Höhe von 7.558,20 Euro (Rechnung der Kurpark-Klinik v. 13.6.2012).
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Art, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bestimme der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen. Entsprechend der Zielrichtung einer Rehabilitationsmaßnahme erfolge eine Auswahl zu Gunsten einer indikationsentsprechenden sowie qualitätsgesicherten Einrichtung. Grundsätzlich erbringe sie, die Beklagte, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur in Einrichtungen, die vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben würden oder mit denen ein Belegungsvertrag geschlossen worden sei (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]). Diese Voraussetzungen seien bei der von der Klägerin gewünschten Kurpark-Klinik nicht erfüllt. Weder bestehe mit dieser ein Belegungsvertrag, noch sei diese Einrichtung indikationsgerecht.
Mit der am 19.6.2012 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin die Erstattung der Aufwendungen für die in der Kurpark-Klinik V durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 begehrt. Sie hat gemeint, die Beklagte habe unter Verletzung verfahrensrechtlicher Mindeststandards versäumt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären. Der behördliche Auswahlermessensspielraum habe sich auf die von ihr in Anspruch genommene Rehabilitationseinrichtung reduziert. Nach Einschätzung ihres Hausarztes bringe sie jede Veränderung sofort in Panik und Unruhe mit nachfolgender Tachykardie. Vor diesem Hintergrund wäre jede andere Rehabilitationseinrichtung ein Stress- und Verlängerungsfaktor, da sie sich zunächst eingewöhnen müsse. Das Behandlungskonzept der Kurpark-Klinik V sei geradezu passgenau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2012 zu verurteilen, ihr die ungedeckten Kosten der von ihr durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Kurpark-Klinik in V im Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Vertiefung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid hat sie an ihrer Auffassung festgehalten, wonach die von der Klägerin ausgewählte Einrichtung nicht indikationsgerecht sei, da sie nicht die strukturellen Voraussetzungen einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik erfülle. Die Einrichtung habe ausdrücklich eingeräumt, nicht über ein spezifisches Therapiekonzept zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen zu verfügen; es handele sich bei dieser Klinik vielmehr um eine solche für ernährungsabhängige Erkrankungen, Innere Medizin, Diabetologie und Naturheilverfahren. Traumafolgestörungen erforderten hingegen eine fachlich fundierte Anamneseerhebung, Diagnose und Therapie, die in der Kurpark-Klinik V nicht gewährleistet werden könne. Die DRV halte psychosomatische Kliniken vor, welche auf wissenschaftlich fundierter Grundlage posttraumatische Belastungsstörungen rehabilitierten, überwiegend basierend auf dem Einsatz einer kognitiven Verhaltenstherapie im Rahmen von Gruppentherapien. Hierfür stehe etwa die AHG-Psychosomatische Klinik Bad Pyrmont zur Verfügung. Schließlich entspreche der Entlassungsbericht der Kurpark-Klinik V nicht den formellen Anforderungen der DRV.
Das SG hat einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. I vom 25.6.2012 nebst Stellungnahme der Dipl.-Psych. L vom 15.6.2012 beigezogen. Auf deren Ausführungen und den Inhalt des beigezogenen Therapie- und Klinikkonzeptes wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Dr. C1, Chefarzt der Abteilung Psychosomatik des Klinikzentrums Lindenallee Bad T, hat auf Anfrage des SG mitgeteilt, die Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung basiere dort auf einem zweiphasigen Behandlungsmodell. In der Einrichtung sei die Durchführung der vorrangig auf das Auffangen sog. Flashbacks ausgerichteten ersten Behandlungsphase gewährleistet; sofern die Behandlungszeit mit der Klinik abgesprochen werde, sei die Einrichtung auch in der Lage, die zweite Behandlungsphase durchzuführen. Den hinsichtlich der zweiten Behandlungsphase zu berücksichtigenden Abstimmungsbedarf hat Herr Dr. C1 mit dem Erfordernis der Anwesenheit einer Therapeutin begründet, die sich jedoch seinerzeit in der Abschlussphase der EMDR-Therapie ("Eye Movement Desensitization and Reprocessing") befunden habe. Auf die weiteren Ausführungen des Dr. C1 vom 17.4.2013 wird verwiesen.
Sodann hat das SG von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage von Dr. H, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie, Rehabilitationswesen, C, vom 26.3.2014, auf dessen Inhalt verwiesen wird.
Mit Urteil vom 26.8.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.9.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8.10.2014 bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt, mit der sie das auf die Erstattung ihrer Aufwendungen für die (zweite) Rehabilitationsmaßnahme vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 gerichtete Begehren weiterverfolgt. Das SG - so die Klägerin zur Begründung - gehe unzutreffend davon aus, dass es der Kurpark-Klinik an einer für eine neurologische bzw. psychosomatische Klinik "indizierten Ausstattung" mangele. Soweit das SG insoweit der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H gefolgt sei, übersehe dieser, dass die Einrichtung nach Auskunft des Dr. I sämtliche sozialmedizinischen Anforderungen erfülle. Der Nachweis einer adäquaten personellen Ausstattung ergebe sich aus der Stellungnahme der Dipl.-Psychol. L vom 15.6.2012. Entgegen der Annahme des SG weise der Entlassungsbericht der Kurpark-Klinik vom 25.6.2014 auch keine Defizite aus, sondern beschreibe sehr detailliert die bestehenden Gesundheitsstörungen und benenne die posttraumatische Belastungsstörung an erster Stelle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.8.2014 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2012 zu verurteilen, die ihr entstandenen Aufwendungen für die vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 in der Kurpark-Klinik V durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in Höhe von 7.558,20 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschriften des Erörterungstermins vom 4.9.2015, der mündlichen Verhandlung vom 23.3.2016 sowie die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 26.8.2014 hat keinen Erfolg.
I. Die am 8.10.2014 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 12.9.2014 zugestellte Urteil des SG Köln ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG).
II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die auf die Erstattung der Aufwendungen für die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung zur medizinischen Rehabilitation vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist zwar zulässig (hierzu 1.), aber unbegründet (hierzu 2.).
1. Die am 19.6.2012 bei dem SG Köln erhobene Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 ist zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthaft und form- und fristgerecht (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 90 SGG) eingelegt worden.
Der Anfechtungsklage ist auch ein Vorverfahren vorausgegangen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte weder in dem ausgangsbehördlichen Verwaltungsakt vom 2.3.2012 noch in dem Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 über den erst im Klageverfahren verfolgten Anspruch auf Erstattung der Aufwendung für die selbstbeschaffte Leistung befunden, sondern ausschließlich über den primärrechtlichen Sachleistungsanspruch auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation entschieden hat. Wird während eines Rechtsstreits die selbstbeschaffte Maßnahme, um deren Förderung als Leistung zur Teilhabe gestritten wird, beendet, ist der Klageantrag auf eine reine Kostenerstattung umzustellen, ohne dass es insoweit eines erneuten Vorverfahrens bedarf (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil v. 25.6.2013, L 6 R 921/11, NZS 2013, 740). Entsprechendes gilt in Fällen, in denen - wie im vorliegenden Fall - die Rehabilitationsmaßnahme zum Zeitpunkt der widerspruchsbehördlichen Sachentscheidung tatsächlich noch nicht abgeschlossen war und aus diesem Grund eine behördliche Entscheidung betreffend den Kostenerstattungsanspruch bereits mangels entstandener und der Höhe nach zu beziffernder Aufwendungen aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht getroffen werden kann.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die in dem Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 durchgeführte Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 SGB IX, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, nicht zu.
Kann über einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Erfolgt die Meldung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).
Zwar ist der Anwendungsbereich dieser Rechtsgrundlage zur Erstattung von Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Teilhabeleistung eröffnet [hierzu a)]; gleichwohl kann die Klägerin eine Kostenerstattung nach dieser Vorschrift unter keinem rechtlichem Gesichtspunkt beanspruchen [hierzu b)].
a) Der vor der Klägerin verfolgte Erstattungsanspruch richtet sich nach der ihrem Anwendungsbereich nach eröffneten Vorschrift des § 15 Abs. 1 SGB IX. Gegenstand des verfolgten Erstattungsanspruchs sind Aufwendungen, die der Klägerin durch eine vor ihr selbstbeschaffte Leistung zur Teilhabe entstanden sind. Als Leistung zur Teilhabe sind nach § 5 Nr. 1 SGB IX nämlich auch - die von der Beklagten mit Bescheid vom 2.3.2012 gewährten - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorgesehen. Die Beklagte ist als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zudem im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IX Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX; § 23 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]).
b) Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 SGB IX für eine Erstattung der entstandenen Aufwendungen sind indessen nicht erfüllt.
aa) Die Klägerin kann eine Erstattung ihrer Aufwendungen zunächst nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX beanspruchen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin der Beklagten nicht die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX erforderliche Frist gesetzt und erklärt hat, sie werde sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen, hatte die Beklagte eine Entscheidung über die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung bereits getroffen. Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX knüpft systematisch an Satz 2 an, dessen Rechtsfolgen indessen nur ausgelöst werden, wenn der Rehabilitationsträger weder seiner Bescheidungspflicht nach § 14 Abs. 2 SGB IX noch seiner Mitteilungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 nachgekommen ist oder er zwar dieser Mitteilungspflicht nachgekommen ist, ihm aber für die nicht rechtzeitige Bescheidung ein zureichender Grund nicht zur Seite steht (Majerski-Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 15 Rdnr. 3).
Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Beklagte hatte nämlich bereits mit Bescheid vom 2.3.2012 eine regelnde Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Primärleistungsanspruch getroffen. Dass die Klägerin die getroffene Auswahlentscheidung für fehlerhaft erachtet, ändert an der Erfüllung des Bescheidungsanspruchs durch die Beklagte nichts.
bb) Ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen folgt auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 4 Altern. 1 SGB IX. Hiernach besteht eine Erstattungspflicht, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann. Unaufschiebbarkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung sofort, d.h. ohne nennenswerten zeitlichen Aufschub erbracht werden muss und das Abwarten einer Entscheidung des Versicherungsträgers nicht zumutbar ist (BSG, Urteil v. 14.11.2006, B 1 KR 8/06 R; Luik, in: jurisPK-SGB IX, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 44 unter Hinweis auf Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 Rdnr. 49 zu § 13 Abs. 5 SGB V). Aus dem Sinn und Zweck der Rehabilitationsleistungen folgt, dass die Hinnahme eines zeitlichen Aufschubs unzumutbar ist, wenn dadurch die Zwecke der medizinischen Rehabilitation erschwert oder gar vereitelt werden (vgl. Bayerisches LSG, Urteil v. 26.11.2003, L 16 RJ 263/03).
Dass die Durchführung der streitigen Rehabilitationsmaßnahme aus medizinischen Gründen einen Aufschub in diesem Sinne nicht zuließ, lässt sich nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Beweisaufnahme nicht feststellen. Einmal hat es sich bei dem streitigen zweiten Aufenthalt in der Kurpark-Klinik V nicht um eine Anschlussheilbehandlung gehandelt hat, die sich konzeptionell einer Krankenhausbehandlung (unmittelbar) angeschlossen hätte. Zudem hat die Klägerin selbst in ihrer schriftlichen "Mitteilung über (die) erfolgte Buchung in V" vom 10.4.2012 nicht etwa medizinische Gründe für den von ihr bereits vereinbarten Klinikaufenthalt betont, sondern vielmehr betriebliche Planungserfordernisse, namentlich etwaige Vorabstimmungen mit Bauherren und ihrem Vertretungspersonal, in den Mittelpunkt gerückt.
cc) Schließlich folgt ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 4 Altern. 2 SGB IX. Die Beklagte hat eine Leistung weder zu Unrecht nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt [hierzu (1)], noch einen nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 SGB IX zu prüfenden Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach dem Recht anderer Rehabilitationsträger zu Unrecht nicht erfüllt [hierzu (2)].
(1) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können Leistungen nach § 9 Abs. 1 SGB VI erbracht werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI und die in § 11 SGB VI normierten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
(a) Dass im Fall der Klägerin die nach § 9 Abs. 2 SGB VI erforderlichen persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen (§ 11 SGB VI) erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten weder streitig noch Zweifeln unterworfen. Insbesondere ergibt sich aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. J vom 3.2.2012 und den sachverständigen Feststellungen des Dr. H in dessen Gutachten vom 26.3.2014 schlüssig und nachvollziehbar, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin krankheitsbedingt gefährdet und eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation grundsätzlich geeignet war, der krankheitsbedingten Beeinträchtigung entgegenzuwirken sowie ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern.
Ein Leistungsausschluss nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 SGB VI kommt gleichfalls nicht in Betracht, insbesondere schied ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nicht nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI aus, da die Klägerin mangels Vorliegen eines Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB VII gegenüber einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
(b) Sind die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erfüllt, bestimmt der Träger der Rentenversicherung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung hat einzelfallbezogen, d.h. ausgerichtet an den Erfordernissen des Einzelfalles zu erfolgen. Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ist die Auswahl danach zu treffen, welcher Dienst oder welche Einrichtung die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt (Stähler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 13 SGB VI Rdnr. 29).
Der sozialgerichtlich nur auf Ermessensfehler hin überprüfbare behördliche Auswahlermessensspielraum ist bei der Gewährung von - hier begehrten - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Vorschrift des § 15 Abs. 2 SGB VI begrenzt. Nach dessen Satz 1 werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder von dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein Vertrag nach § 21 SGB IX besteht. Zugleich hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei der pflichtgemäßen Ausübung seines Auswahlermessens das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nach näherer Maßgabe des § 9 SGB IX zu berücksichtigen. Nach Absatz 1 dieser Bestimmung wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen (Satz 1). Hierbei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 SGB I. Hiernach sind bei der Ausgestaltung der inhaltlich nach Art und Umfang nicht im Einzelnen bestimmten Rechte oder Pflichten die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 33 Satz 1 SGB I). Nach § 33 Satz 2 SGB I soll Wünschen des Berechtigten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.
Werden Leistungen eines Leistungserbringers gewünscht, der - wie die Kurpark-Klinik V - mit dem Leistungsträger keinen Vertrag (§ 21 SGB IX) abgeschlossen hat, steht dies dem Wunsch- und Wahlrecht grundsätzlich entgegen (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Auflage, § 9 Rdnr. 66). Das Wunschrecht beeinflusst nämlich nur die Ausgestaltung des bestehenden Leistungsrechts, begründet jedoch keinen Anspruch auf Schaffung weiterer Angebote über den bestehenden infrastrukturellen Rahmen hinaus. Allerdings kann ein berechtigter Wunsch die grundsätzlich bestehende Vertragsabschlussfreiheit des Leistungsträgers in Ausnahmesituationen so beeinflussen, dass, wenn der Vertragsabschluss der einzige Weg einer wirksamen Leistungserbringung ist, dass Ermessen sich zu einer Vertragsabschlusspflicht reduziert (Luthe, a.a.O., Rdnr. 68).
Aus der grundsätzlich maßgebenden Perspektive der vorausschauenden Betrachtung bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass die Beklagte sich bei ihrer Auswahlentscheidung zugunsten des Klinikzentrums Lindenallee, Bad T, von sachgerechten Ermessenserwägungen hat leiten lassen [hierzu (aa)]. Selbst wenn man dies aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse anders beurteilen wollte, wäre jedoch ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die streitige Maßnahme in der Kurpark-Klinik V nicht gegeben [hierzu (bb)].
(aa) Die pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessens zur Bestimmung der Rehabilitationseinrichtung hat regelmäßig auf Basis der in einem ordnungsgemäß durchgeführten Verwaltungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse aus einer gebotenen ex-ante-Perspektive zu erfolgen. Hiernach ist die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung auf Grundlage der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnisse ausgerichtet an den Erfordernissen des Einzelfalles zu treffen.
Ausgehend davon durfte die Beklagte die Auswahlentscheidung vorrangig an dem Erfordernis einer erfolgversprechenden Rehabilitation der bei der Klägerin bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung ausrichten. Hierbei erweist es sich aus Sicht des Senats auch grundsätzlich nicht als fehlerhaft, auf die verfügbaren und veröffentlichten Behandlungskonzepte der in Betracht kommenden Rehabilitationseinrichtungen zurückzugreifen. Nach dieser Maßgabe war es im Ansatz nicht zu beanstanden, zur Rehabilitationseinrichtung das Klinikzentrum Lindenallee, Bad T, zu bestimmen. Dieses ist ausweislich des vom SG beigezogen Behandlungskonzepts indikationsgerecht für die stationäre rehabilitative Behandlung von affektiven Störungen (Depression, Angst, phobische Störung), Konversionsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, somatoformen Störungen, psychosomatischen Störungen, psychischen Reaktionen (z.B. bei schweren körperlichen Erkrankungen, schweren Trauer- und Verlusterlebnissen, bei Mobbing am Arbeitsplatz und bei anderen exogenen Belastungen) sowie bei posttraumatischen Belastungsstörungen und Psychosen. Das Zentrum verfügt zudem über eine orthopädische und eine neurologische Abteilung und ist daher auch zur Therapie der weiteren, vom behandelnden Hausarzt der Klägerin u.a. in dessen Befund- und Behandlungsbericht vom 22.9.2011 beschriebenen Gesundheitsstörungen, namentlich der Blockierung der Halswirbelsäule und der Kniegelenksdistorsion, geeignet.
(bb) Selbst wenn sich jedoch aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren ex post gewonnenen Erkenntnisse Zweifel an der Geeignetheit des Klinikzentrums Lindenallee ergeben, weil die für die zweite Phase der Therapie einer posttraumatischen Belastungsstörung qualifizierte Therapeutin Dr. U nur nach einer Terminabstimmung in der Klinik verfügbar war, begründet dieser Umstand - auch unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Klägerin nach § 9 SGB IX hinsichtlich der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung - nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die selbstbeschaffte Leistung in der Kurpark-Klinik V. Da Letztere nicht von dem Träger der Rentenversicherung selbst betrieben wird, setzt der Aufwendungserstattungsanspruch vielmehr voraus, dass sich das Vertragsabschlussermessen zu einer Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages nach § 21 SGB IX mit der Kurpark-Klinik V reduziert hatte.
Von einer dahingehenden Reduzierung des Ermessens zu einer Vertragsabschlusspflicht ist indessen nach Überzeugung des Senats unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt auszugehen.
Eine solche Verpflichtung folgte zunächst nicht aus dem Vorliegen eines bei der Klägerin bestehenden besonderen Erkrankungsbildes. Zwar mögen medizinische Sachverhalte denkbar sein, in denen zur Gewährleistung einer wirksamen Leistungserbringung den Sozialleistungsträger ausnahmsweise eine Vertragsabschlusspflicht treffen kann, wenn eine medizinische Rehabilitation in Ermangelung geeigneter und von der Rentenversicherung selbst betriebener Einrichtungen oder mangels Verfügbarkeit einer Vertragseinrichtung im Sinne des § 21 SGB IX andernfalls nicht sicherzustellen ist. Dass ein solcher Sachverhalt vorliegt, macht jedoch selbst die Klägerin nicht geltend. Insoweit kann auch offen bleiben, ob die Kurpark-Klinik - wie die Klägerin behauptet - über die notwendige sächliche und personelle Ausstattung einer psychosomatischen Klinik verfügt. Einer dahingehenden Beweisaufnahme bedurfte es schon deshalb nicht, da auch unter Zugrundelegung der Richtigkeit dieser Tatsache nicht ersichtlich ist, dass eine andere Einrichtung im Sinne des § 15 Abs. 2 SGB VI die notwendige medizinische Rehabilitation der Klägerin nicht gewährleisten konnte. Es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert behauptet worden, dass die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen, insbesondere die posttraumatische Belastungsstörung, ausschließlich in der von ihr favorisierten Einrichtung erfolgversprechend rehabilitiert werden konnte.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit aus Gründen einer gebotenen Kontinuität einer Leistungsgewährung eine Vertragsabschlusspflicht erwachsen kann. Derartiges kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn der Leistungsträger das Leistungsgeschehen, dessen Kontinuität nunmehr gewährleistet werden soll, selbst (insbesondere durch einen entsprechenden Bewilligungsbescheid) in Gang gesetzt hat. So verhält es sich hier aber nicht. Vielmehr hat die Klägerin den ersten Klinikaufenthalt auf eigene Initiative veranlasst und die Beklagte die insoweit entstandenen Kosten weder getragen noch bezuschusst.
(2) Einen aufgrund ihrer formellen Entscheidungszuständigkeit gemäß § 14 SGB IX zu prüfenden Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach Maßgabe anderer Vorschriften hat die Beklagte ebenfalls nicht zu Unrecht abgelehnt.
Einen Anspruch auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung hat die Beklagte nicht zu Unrecht versagt. Zwar erbringt der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB V - sofern eine ambulante Rehabilitationsleistung nach § 40 Abs. 1 SGB V nicht ausreicht - auch Leistungen zur stationären Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a SGB IX zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht.
Allerdings war ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 40 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung werden Leistungen nach § 40 Abs. 2 SGB V nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können. Da Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 9 ff., 15 SGB VI, §§ 5 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX vorrangig gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn - wie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im vorliegenden Fall - die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, schied ein Anspruch der Klägerin auf dem Boden des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung von vornherein aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision haben nicht bestanden.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für eine von der Klägerin selbstbeschaffte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Kurpark-Klinik V (Bodensee).
Die am 00.00.1949 geborene und bei der Techniker Krankenkasse (TK) krankenversicherte Klägerin ist als freiberufliche Architektin in F erwerbstätig.
Bei der Kurpark-Klinik V handelt es sich um eine Klinik für ernährungsbedingte Krankheiten, Innere Medizin, Diabetologie, Naturheilverfahren. Diese nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung betriebene Behandlungseinrichtung für Typ-2-Diabetiker erbringt stationäre Rehabilitationsleistungen für Versicherte der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg auf Grundlage eines mit dieser geschlossenen Belegungsvertrages (§ 21 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch [SGB IX]) sowie für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung auf Basis eines mit allen Krankenkassen abgeschlossenen Versorgungsvertrages (§ 111 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V]). Zudem bietet die Einrichtung stationäre Rehabilitationsleistungen für privat Krankenversicherte und Selbstzahler an. Einen Vertrag im Sinne des § 21 SGB IX hat die Klinik mit der Beklagten nicht geschlossen.
Therapeutische Schwerpunkte der Klinik sind die Intensivdiätetik mit spezifischer Ernährungstherapie einschließlich des klinisch-therapeutischen Fastens. Nach den veröffentlichten konzeptionellen Leitlinien der Einrichtung wird die Ernährungstherapie von einer individuell angepassten Bewegungstherapie, etwa in Form einer ausdauerorientierten Trainingstherapie durch individuell angepasste Gymnastikgruppen und muskelkräftigende Übungen, unterstützt. Ergänzend sollen durch ein Angebot von Entspannungstechniken, Stressbewältigungskonzepten und psychotherapeutischen Einzelgesprächen Ursachen der Erkrankung verdeutlicht und Konzepte für die Zeit nach der stationären Heilbehandlung entwickelt werden. Auf das Therapie- und Klinikkonzept der Kurpark-Klinik, Stand 17.1.2013, wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Versicherte der DRV Baden-Württemberg werden in der Klinik bei Vorliegen der Haupt-diagnose Adipositas (auch mit Essverhaltensstörung), Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, präoperative Gewichtsreduktion (z.B. vor einer totalendoprothetischen Versorgung oder vor Bypass-Operationen) behandelt.
Die Klägerin erlitt am 31.5.2011 einen - nicht nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) entschädigten - Verkehrsunfall, bei dem sie sich als unmittelbare Unfallfolge eine Flankenprellung rechts, eine Distorsion des lateralen oberen Sprunggelenkes links sowie des linken Kniegelenkes zuzog.
Am 16.9.2011 beantragte sie bei der TK die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. In einem ergänzenden Schreiben vom 22.9.2011 äußerte sie den Wunsch, die Rehabilitationsmaßnahme in der "ihr empfohlenen Kurpark-Klinik in V am Bodensee" durchführen zu wollen. Anlässlich eines vorsorglich erfolgten Gesprächs mit der Klinik sei ihr von Letzterer mitgeteilt worden, sie könne bereits ab dem 24.10.2011 stationär aufgenommen werden. Sie habe ihre beruflichen Termine und die Baustellenabläufe im Hinblick auf eine ab diesem Zeitpunkt stattfindende Rehabilitationsmaßnahme ausgerichtet und bitte um eine rasche Kostenzusage.
Bei der Beklagten ging dieser schriftliche Rehabilitationsantrag am 26.9.2011 nebst eines Befund- und Behandlungsberichtes des behandelnden Hausarztes der Klägerin, des Facharztes für Innere Medizin C, F, vom 22.9.2011 ein. In diesem stellte der Hausarzt das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Blockierung der Halswirbelsäule sowie einer Kniegelenksdistorsion links fest. Zugleich verwies er in der Krankheitsvorgeschichte auf einen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 31.5.2011.
Nach Auswertung des Befund- und Behandlungsberichtes und des Versicherungsverlaufes der Klägerin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.2011 die Gewährung einer Leistung zur stationären Rehabilitation ab. Die bestehenden Gesundheitsstörungen - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - erforderten eine Intensivierung der ambulanten Physiotherapie und des Rehabilitationssportes sowie eine Fortsetzung der regelmäßigen ambulanten nervenärztlichen Mitbehandlung. Darüber hinaus seien eine Richtlinien-Psychotherapie sowie eine Entspannungstherapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geboten. Die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung sei indessen nicht erforderlich. Auf den Inhalt des Bescheides vom 14.10.2011 wird wegen der weiteren Begründung Bezug genommen.
Nachdem die Klägerin am 20.10.2011 per E-Mail Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2011 eingelegt hatte, begab sie sich im Zeitraum vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 erstmals in die stationäre Rehabilitation der Kurpark-Klinik V. Die durch diesen Aufenthalt entstandenen Aufwendungen hat die Beklagte weder getragen noch bezuschusst.
Nach Beendigung dieser Maßnahme legte die Klägerin ein ärztliches Attest des Herrn C vom 23.11.2011 vor, in dem dieser u.a. darauf hinwies, dass die bisherigen ambulant durchgeführten therapeutischen Maßnahmen nicht den erwünschten Erfolg gezeigt hätten. Zur Vermeidung einer weiteren Verschlechterung/Chronifizierung bzw. Dekompensation und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin sei die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme "dringend angezeigt". Er schlage als Rehabilitationseinrichtung die Kurpark-Klinik V vor. Diese sei ihm gut bekannt und könne mit ihrem Konzept die Erkrankungen der Klägerin fachkompetent behandeln.
Nach Auswertung weiterer beigezogener Befund- und Behandlungsberichte (Bericht des Leitenden Arztes der Kurpark-Klinik V Dr. I v. 9.11.2011 betreffend die vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 durchgeführte Maßnahme, Bericht der Psychologischen Psychotherapeutin M, F v. 14.12.2011, Bericht des Herrn C v. 15.12.2011) ließ die Beklagte die Klägerin durch Dr. J, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, A, begutachten. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 31.1.2012 eine Anpassungsstörung im Sinne einer länger andauernden depressiven Entwicklung im Rahmen einer dependenten Persönlichkeitsstruktur sowie eine posttraumatische Belastungsstörung fest. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung attestierte er bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ein quantitativ auf zwischen drei bis unter sechs Stunden täglich reduziertes Leistungsvermögen der Klägerin. Auf den weiteren Inhalt des Gutachtens vom 31.1.2012 wird Bezug genommen.
Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen bewilligte die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 2.3.2012 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von sechs Wochen. Zur Rehabilitationseinrichtung bestimmte sie das Klinikzentrum Lindenallee GmbH, Bad T. Dem Wunsch der Klägerin auf Durchführung der Maßnahme in der Kurpark-Klink V könne nicht entsprochen werden, da diese Einrichtung nicht geeignet sei, die festgestellten Gesundheitsstörungen zu behandeln und eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit zu gewährleisten. Zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrages und im Interesse der Klägerin sei die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Klinikzentrums Lindenallee getroffen worden. Auf den Inhalt des Bescheides vom 2.3.2012 wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 8.3.2012 Widerspruch. Anlässlich ihres ersten Aufenthaltes vom 24.10.2011 bis zum 7.11.2011 habe sie in der Kurpark-Klinik gute Erfahrungen gesammelt. Die sie behandelnden Personen hätten sich über die erzielten Ergebnisse erstaunt gezeigt und seien der Meinung, dass eine Fortsetzung der stationären Behandlung dringend geboten sei; am besten in derselben Einrichtung, da die dort begonnene Behandlung angeschlagen habe. Die von der Beklagten ausgewählte Einrichtung biete nach ihren telefonischen Recherchen kein vergleichbares "Kombi-Programm".
Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 14.3.2012 darauf hingewiesen hatte, dass zur Behandlung ihrer Gesundheitsstörungen mehrere geeignete rentenversicherungseigene Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung stünden und es bei der Auswahl der von ihr bestimmten Rehabilitationseinrichtung verbleibe, bekräftigte die Klägerin schriftlich die Ausübung ihres Wunsch- und Wahlrechtes zu Gunsten der Kurpark-Klinik V. Sie verwies auf den seitens der Klinik mit der DRV Baden-Württemberg geschlossenen Vertrag nach § 21 SGB IX und erklärte eine Bereitschaft, etwaige Mehrkosten zu tragen. Überdies erhalte sie - die Klägerin - in der gewünschten Einrichtung "Hilfe zur Selbsthilfe", was ihrem individuellen Lösungsansatz entspreche.
In einer schriftlichen Mitteilung "über (die) erfolgte Buchung in V" vom 10.4.2012 setzte sie die Beklagte schließlich darüber in Kenntnis, dass sie angesichts der "unvorhersehbar langen Bearbeitungszeiten" für den 7.5.2012 eine Aufnahme vereinbart habe und bat, die erforderlichen Unterlagen zeitnah der Einrichtung zu übermitteln. Eine ad-hoc Abwesenheit ohne Rücksicht auf weitere Umstände, etwa vertragliche Zusagen gegenüber Bauherren und erforderliche Abstimmungen mit Vertretungspersonal, wäre unverantwortlich. Zudem gefährde die ständige Sorge um ihr Büro, ihre Mitarbeiter und die laufenden Baustellen den Erfolg einer Rehabilitation.
Entsprechend dieser Ankündigung nahm die Klägerin im Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 eine stationäre Rehabilitationsleistung der Kurpark-Klinik V in Anspruch. Hierfür entstanden ihr Aufwendungen in Höhe von 7.558,20 Euro (Rechnung der Kurpark-Klinik v. 13.6.2012).
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Art, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bestimme der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen. Entsprechend der Zielrichtung einer Rehabilitationsmaßnahme erfolge eine Auswahl zu Gunsten einer indikationsentsprechenden sowie qualitätsgesicherten Einrichtung. Grundsätzlich erbringe sie, die Beklagte, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur in Einrichtungen, die vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben würden oder mit denen ein Belegungsvertrag geschlossen worden sei (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]). Diese Voraussetzungen seien bei der von der Klägerin gewünschten Kurpark-Klinik nicht erfüllt. Weder bestehe mit dieser ein Belegungsvertrag, noch sei diese Einrichtung indikationsgerecht.
Mit der am 19.6.2012 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin die Erstattung der Aufwendungen für die in der Kurpark-Klinik V durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 begehrt. Sie hat gemeint, die Beklagte habe unter Verletzung verfahrensrechtlicher Mindeststandards versäumt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären. Der behördliche Auswahlermessensspielraum habe sich auf die von ihr in Anspruch genommene Rehabilitationseinrichtung reduziert. Nach Einschätzung ihres Hausarztes bringe sie jede Veränderung sofort in Panik und Unruhe mit nachfolgender Tachykardie. Vor diesem Hintergrund wäre jede andere Rehabilitationseinrichtung ein Stress- und Verlängerungsfaktor, da sie sich zunächst eingewöhnen müsse. Das Behandlungskonzept der Kurpark-Klinik V sei geradezu passgenau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2012 zu verurteilen, ihr die ungedeckten Kosten der von ihr durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Kurpark-Klinik in V im Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Vertiefung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid hat sie an ihrer Auffassung festgehalten, wonach die von der Klägerin ausgewählte Einrichtung nicht indikationsgerecht sei, da sie nicht die strukturellen Voraussetzungen einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik erfülle. Die Einrichtung habe ausdrücklich eingeräumt, nicht über ein spezifisches Therapiekonzept zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen zu verfügen; es handele sich bei dieser Klinik vielmehr um eine solche für ernährungsabhängige Erkrankungen, Innere Medizin, Diabetologie und Naturheilverfahren. Traumafolgestörungen erforderten hingegen eine fachlich fundierte Anamneseerhebung, Diagnose und Therapie, die in der Kurpark-Klinik V nicht gewährleistet werden könne. Die DRV halte psychosomatische Kliniken vor, welche auf wissenschaftlich fundierter Grundlage posttraumatische Belastungsstörungen rehabilitierten, überwiegend basierend auf dem Einsatz einer kognitiven Verhaltenstherapie im Rahmen von Gruppentherapien. Hierfür stehe etwa die AHG-Psychosomatische Klinik Bad Pyrmont zur Verfügung. Schließlich entspreche der Entlassungsbericht der Kurpark-Klinik V nicht den formellen Anforderungen der DRV.
Das SG hat einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. I vom 25.6.2012 nebst Stellungnahme der Dipl.-Psych. L vom 15.6.2012 beigezogen. Auf deren Ausführungen und den Inhalt des beigezogenen Therapie- und Klinikkonzeptes wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Dr. C1, Chefarzt der Abteilung Psychosomatik des Klinikzentrums Lindenallee Bad T, hat auf Anfrage des SG mitgeteilt, die Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung basiere dort auf einem zweiphasigen Behandlungsmodell. In der Einrichtung sei die Durchführung der vorrangig auf das Auffangen sog. Flashbacks ausgerichteten ersten Behandlungsphase gewährleistet; sofern die Behandlungszeit mit der Klinik abgesprochen werde, sei die Einrichtung auch in der Lage, die zweite Behandlungsphase durchzuführen. Den hinsichtlich der zweiten Behandlungsphase zu berücksichtigenden Abstimmungsbedarf hat Herr Dr. C1 mit dem Erfordernis der Anwesenheit einer Therapeutin begründet, die sich jedoch seinerzeit in der Abschlussphase der EMDR-Therapie ("Eye Movement Desensitization and Reprocessing") befunden habe. Auf die weiteren Ausführungen des Dr. C1 vom 17.4.2013 wird verwiesen.
Sodann hat das SG von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage von Dr. H, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie, Rehabilitationswesen, C, vom 26.3.2014, auf dessen Inhalt verwiesen wird.
Mit Urteil vom 26.8.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.9.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8.10.2014 bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt, mit der sie das auf die Erstattung ihrer Aufwendungen für die (zweite) Rehabilitationsmaßnahme vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 gerichtete Begehren weiterverfolgt. Das SG - so die Klägerin zur Begründung - gehe unzutreffend davon aus, dass es der Kurpark-Klinik an einer für eine neurologische bzw. psychosomatische Klinik "indizierten Ausstattung" mangele. Soweit das SG insoweit der Beurteilung des Sachverständigen Dr. H gefolgt sei, übersehe dieser, dass die Einrichtung nach Auskunft des Dr. I sämtliche sozialmedizinischen Anforderungen erfülle. Der Nachweis einer adäquaten personellen Ausstattung ergebe sich aus der Stellungnahme der Dipl.-Psychol. L vom 15.6.2012. Entgegen der Annahme des SG weise der Entlassungsbericht der Kurpark-Klinik vom 25.6.2014 auch keine Defizite aus, sondern beschreibe sehr detailliert die bestehenden Gesundheitsstörungen und benenne die posttraumatische Belastungsstörung an erster Stelle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.8.2014 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2012 zu verurteilen, die ihr entstandenen Aufwendungen für die vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 in der Kurpark-Klinik V durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme in Höhe von 7.558,20 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschriften des Erörterungstermins vom 4.9.2015, der mündlichen Verhandlung vom 23.3.2016 sowie die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 26.8.2014 hat keinen Erfolg.
I. Die am 8.10.2014 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 12.9.2014 zugestellte Urteil des SG Köln ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG).
II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die auf die Erstattung der Aufwendungen für die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung zur medizinischen Rehabilitation vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist zwar zulässig (hierzu 1.), aber unbegründet (hierzu 2.).
1. Die am 19.6.2012 bei dem SG Köln erhobene Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 ist zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthaft und form- und fristgerecht (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 90 SGG) eingelegt worden.
Der Anfechtungsklage ist auch ein Vorverfahren vorausgegangen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte weder in dem ausgangsbehördlichen Verwaltungsakt vom 2.3.2012 noch in dem Widerspruchsbescheid vom 23.5.2012 über den erst im Klageverfahren verfolgten Anspruch auf Erstattung der Aufwendung für die selbstbeschaffte Leistung befunden, sondern ausschließlich über den primärrechtlichen Sachleistungsanspruch auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation entschieden hat. Wird während eines Rechtsstreits die selbstbeschaffte Maßnahme, um deren Förderung als Leistung zur Teilhabe gestritten wird, beendet, ist der Klageantrag auf eine reine Kostenerstattung umzustellen, ohne dass es insoweit eines erneuten Vorverfahrens bedarf (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil v. 25.6.2013, L 6 R 921/11, NZS 2013, 740). Entsprechendes gilt in Fällen, in denen - wie im vorliegenden Fall - die Rehabilitationsmaßnahme zum Zeitpunkt der widerspruchsbehördlichen Sachentscheidung tatsächlich noch nicht abgeschlossen war und aus diesem Grund eine behördliche Entscheidung betreffend den Kostenerstattungsanspruch bereits mangels entstandener und der Höhe nach zu beziffernder Aufwendungen aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht getroffen werden kann.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die in dem Zeitraum vom 7.5.2012 bis zum 15.6.2012 durchgeführte Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 SGB IX, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, nicht zu.
Kann über einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Erfolgt die Meldung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).
Zwar ist der Anwendungsbereich dieser Rechtsgrundlage zur Erstattung von Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Teilhabeleistung eröffnet [hierzu a)]; gleichwohl kann die Klägerin eine Kostenerstattung nach dieser Vorschrift unter keinem rechtlichem Gesichtspunkt beanspruchen [hierzu b)].
a) Der vor der Klägerin verfolgte Erstattungsanspruch richtet sich nach der ihrem Anwendungsbereich nach eröffneten Vorschrift des § 15 Abs. 1 SGB IX. Gegenstand des verfolgten Erstattungsanspruchs sind Aufwendungen, die der Klägerin durch eine vor ihr selbstbeschaffte Leistung zur Teilhabe entstanden sind. Als Leistung zur Teilhabe sind nach § 5 Nr. 1 SGB IX nämlich auch - die von der Beklagten mit Bescheid vom 2.3.2012 gewährten - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorgesehen. Die Beklagte ist als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zudem im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IX Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX; § 23 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]).
b) Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 SGB IX für eine Erstattung der entstandenen Aufwendungen sind indessen nicht erfüllt.
aa) Die Klägerin kann eine Erstattung ihrer Aufwendungen zunächst nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX beanspruchen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin der Beklagten nicht die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX erforderliche Frist gesetzt und erklärt hat, sie werde sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen, hatte die Beklagte eine Entscheidung über die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung bereits getroffen. Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX knüpft systematisch an Satz 2 an, dessen Rechtsfolgen indessen nur ausgelöst werden, wenn der Rehabilitationsträger weder seiner Bescheidungspflicht nach § 14 Abs. 2 SGB IX noch seiner Mitteilungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 nachgekommen ist oder er zwar dieser Mitteilungspflicht nachgekommen ist, ihm aber für die nicht rechtzeitige Bescheidung ein zureichender Grund nicht zur Seite steht (Majerski-Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 15 Rdnr. 3).
Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Beklagte hatte nämlich bereits mit Bescheid vom 2.3.2012 eine regelnde Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Primärleistungsanspruch getroffen. Dass die Klägerin die getroffene Auswahlentscheidung für fehlerhaft erachtet, ändert an der Erfüllung des Bescheidungsanspruchs durch die Beklagte nichts.
bb) Ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen folgt auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 4 Altern. 1 SGB IX. Hiernach besteht eine Erstattungspflicht, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann. Unaufschiebbarkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung sofort, d.h. ohne nennenswerten zeitlichen Aufschub erbracht werden muss und das Abwarten einer Entscheidung des Versicherungsträgers nicht zumutbar ist (BSG, Urteil v. 14.11.2006, B 1 KR 8/06 R; Luik, in: jurisPK-SGB IX, 2. Aufl., § 15 Rdnr. 44 unter Hinweis auf Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 Rdnr. 49 zu § 13 Abs. 5 SGB V). Aus dem Sinn und Zweck der Rehabilitationsleistungen folgt, dass die Hinnahme eines zeitlichen Aufschubs unzumutbar ist, wenn dadurch die Zwecke der medizinischen Rehabilitation erschwert oder gar vereitelt werden (vgl. Bayerisches LSG, Urteil v. 26.11.2003, L 16 RJ 263/03).
Dass die Durchführung der streitigen Rehabilitationsmaßnahme aus medizinischen Gründen einen Aufschub in diesem Sinne nicht zuließ, lässt sich nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Beweisaufnahme nicht feststellen. Einmal hat es sich bei dem streitigen zweiten Aufenthalt in der Kurpark-Klinik V nicht um eine Anschlussheilbehandlung gehandelt hat, die sich konzeptionell einer Krankenhausbehandlung (unmittelbar) angeschlossen hätte. Zudem hat die Klägerin selbst in ihrer schriftlichen "Mitteilung über (die) erfolgte Buchung in V" vom 10.4.2012 nicht etwa medizinische Gründe für den von ihr bereits vereinbarten Klinikaufenthalt betont, sondern vielmehr betriebliche Planungserfordernisse, namentlich etwaige Vorabstimmungen mit Bauherren und ihrem Vertretungspersonal, in den Mittelpunkt gerückt.
cc) Schließlich folgt ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 4 Altern. 2 SGB IX. Die Beklagte hat eine Leistung weder zu Unrecht nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt [hierzu (1)], noch einen nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 SGB IX zu prüfenden Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach dem Recht anderer Rehabilitationsträger zu Unrecht nicht erfüllt [hierzu (2)].
(1) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können Leistungen nach § 9 Abs. 1 SGB VI erbracht werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI und die in § 11 SGB VI normierten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
(a) Dass im Fall der Klägerin die nach § 9 Abs. 2 SGB VI erforderlichen persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen (§ 11 SGB VI) erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten weder streitig noch Zweifeln unterworfen. Insbesondere ergibt sich aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. J vom 3.2.2012 und den sachverständigen Feststellungen des Dr. H in dessen Gutachten vom 26.3.2014 schlüssig und nachvollziehbar, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin krankheitsbedingt gefährdet und eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation grundsätzlich geeignet war, der krankheitsbedingten Beeinträchtigung entgegenzuwirken sowie ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern.
Ein Leistungsausschluss nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 SGB VI kommt gleichfalls nicht in Betracht, insbesondere schied ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nicht nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI aus, da die Klägerin mangels Vorliegen eines Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB VII gegenüber einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
(b) Sind die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erfüllt, bestimmt der Träger der Rentenversicherung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung hat einzelfallbezogen, d.h. ausgerichtet an den Erfordernissen des Einzelfalles zu erfolgen. Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ist die Auswahl danach zu treffen, welcher Dienst oder welche Einrichtung die Leistung in der am besten geeigneten Form ausführt (Stähler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 13 SGB VI Rdnr. 29).
Der sozialgerichtlich nur auf Ermessensfehler hin überprüfbare behördliche Auswahlermessensspielraum ist bei der Gewährung von - hier begehrten - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Vorschrift des § 15 Abs. 2 SGB VI begrenzt. Nach dessen Satz 1 werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder von dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein Vertrag nach § 21 SGB IX besteht. Zugleich hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei der pflichtgemäßen Ausübung seines Auswahlermessens das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nach näherer Maßgabe des § 9 SGB IX zu berücksichtigen. Nach Absatz 1 dieser Bestimmung wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen (Satz 1). Hierbei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 SGB I. Hiernach sind bei der Ausgestaltung der inhaltlich nach Art und Umfang nicht im Einzelnen bestimmten Rechte oder Pflichten die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 33 Satz 1 SGB I). Nach § 33 Satz 2 SGB I soll Wünschen des Berechtigten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.
Werden Leistungen eines Leistungserbringers gewünscht, der - wie die Kurpark-Klinik V - mit dem Leistungsträger keinen Vertrag (§ 21 SGB IX) abgeschlossen hat, steht dies dem Wunsch- und Wahlrecht grundsätzlich entgegen (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Auflage, § 9 Rdnr. 66). Das Wunschrecht beeinflusst nämlich nur die Ausgestaltung des bestehenden Leistungsrechts, begründet jedoch keinen Anspruch auf Schaffung weiterer Angebote über den bestehenden infrastrukturellen Rahmen hinaus. Allerdings kann ein berechtigter Wunsch die grundsätzlich bestehende Vertragsabschlussfreiheit des Leistungsträgers in Ausnahmesituationen so beeinflussen, dass, wenn der Vertragsabschluss der einzige Weg einer wirksamen Leistungserbringung ist, dass Ermessen sich zu einer Vertragsabschlusspflicht reduziert (Luthe, a.a.O., Rdnr. 68).
Aus der grundsätzlich maßgebenden Perspektive der vorausschauenden Betrachtung bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass die Beklagte sich bei ihrer Auswahlentscheidung zugunsten des Klinikzentrums Lindenallee, Bad T, von sachgerechten Ermessenserwägungen hat leiten lassen [hierzu (aa)]. Selbst wenn man dies aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse anders beurteilen wollte, wäre jedoch ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die streitige Maßnahme in der Kurpark-Klinik V nicht gegeben [hierzu (bb)].
(aa) Die pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessens zur Bestimmung der Rehabilitationseinrichtung hat regelmäßig auf Basis der in einem ordnungsgemäß durchgeführten Verwaltungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse aus einer gebotenen ex-ante-Perspektive zu erfolgen. Hiernach ist die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung auf Grundlage der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnisse ausgerichtet an den Erfordernissen des Einzelfalles zu treffen.
Ausgehend davon durfte die Beklagte die Auswahlentscheidung vorrangig an dem Erfordernis einer erfolgversprechenden Rehabilitation der bei der Klägerin bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung ausrichten. Hierbei erweist es sich aus Sicht des Senats auch grundsätzlich nicht als fehlerhaft, auf die verfügbaren und veröffentlichten Behandlungskonzepte der in Betracht kommenden Rehabilitationseinrichtungen zurückzugreifen. Nach dieser Maßgabe war es im Ansatz nicht zu beanstanden, zur Rehabilitationseinrichtung das Klinikzentrum Lindenallee, Bad T, zu bestimmen. Dieses ist ausweislich des vom SG beigezogen Behandlungskonzepts indikationsgerecht für die stationäre rehabilitative Behandlung von affektiven Störungen (Depression, Angst, phobische Störung), Konversionsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, somatoformen Störungen, psychosomatischen Störungen, psychischen Reaktionen (z.B. bei schweren körperlichen Erkrankungen, schweren Trauer- und Verlusterlebnissen, bei Mobbing am Arbeitsplatz und bei anderen exogenen Belastungen) sowie bei posttraumatischen Belastungsstörungen und Psychosen. Das Zentrum verfügt zudem über eine orthopädische und eine neurologische Abteilung und ist daher auch zur Therapie der weiteren, vom behandelnden Hausarzt der Klägerin u.a. in dessen Befund- und Behandlungsbericht vom 22.9.2011 beschriebenen Gesundheitsstörungen, namentlich der Blockierung der Halswirbelsäule und der Kniegelenksdistorsion, geeignet.
(bb) Selbst wenn sich jedoch aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren ex post gewonnenen Erkenntnisse Zweifel an der Geeignetheit des Klinikzentrums Lindenallee ergeben, weil die für die zweite Phase der Therapie einer posttraumatischen Belastungsstörung qualifizierte Therapeutin Dr. U nur nach einer Terminabstimmung in der Klinik verfügbar war, begründet dieser Umstand - auch unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Klägerin nach § 9 SGB IX hinsichtlich der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung - nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die selbstbeschaffte Leistung in der Kurpark-Klinik V. Da Letztere nicht von dem Träger der Rentenversicherung selbst betrieben wird, setzt der Aufwendungserstattungsanspruch vielmehr voraus, dass sich das Vertragsabschlussermessen zu einer Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages nach § 21 SGB IX mit der Kurpark-Klinik V reduziert hatte.
Von einer dahingehenden Reduzierung des Ermessens zu einer Vertragsabschlusspflicht ist indessen nach Überzeugung des Senats unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt auszugehen.
Eine solche Verpflichtung folgte zunächst nicht aus dem Vorliegen eines bei der Klägerin bestehenden besonderen Erkrankungsbildes. Zwar mögen medizinische Sachverhalte denkbar sein, in denen zur Gewährleistung einer wirksamen Leistungserbringung den Sozialleistungsträger ausnahmsweise eine Vertragsabschlusspflicht treffen kann, wenn eine medizinische Rehabilitation in Ermangelung geeigneter und von der Rentenversicherung selbst betriebener Einrichtungen oder mangels Verfügbarkeit einer Vertragseinrichtung im Sinne des § 21 SGB IX andernfalls nicht sicherzustellen ist. Dass ein solcher Sachverhalt vorliegt, macht jedoch selbst die Klägerin nicht geltend. Insoweit kann auch offen bleiben, ob die Kurpark-Klinik - wie die Klägerin behauptet - über die notwendige sächliche und personelle Ausstattung einer psychosomatischen Klinik verfügt. Einer dahingehenden Beweisaufnahme bedurfte es schon deshalb nicht, da auch unter Zugrundelegung der Richtigkeit dieser Tatsache nicht ersichtlich ist, dass eine andere Einrichtung im Sinne des § 15 Abs. 2 SGB VI die notwendige medizinische Rehabilitation der Klägerin nicht gewährleisten konnte. Es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert behauptet worden, dass die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen, insbesondere die posttraumatische Belastungsstörung, ausschließlich in der von ihr favorisierten Einrichtung erfolgversprechend rehabilitiert werden konnte.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit aus Gründen einer gebotenen Kontinuität einer Leistungsgewährung eine Vertragsabschlusspflicht erwachsen kann. Derartiges kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn der Leistungsträger das Leistungsgeschehen, dessen Kontinuität nunmehr gewährleistet werden soll, selbst (insbesondere durch einen entsprechenden Bewilligungsbescheid) in Gang gesetzt hat. So verhält es sich hier aber nicht. Vielmehr hat die Klägerin den ersten Klinikaufenthalt auf eigene Initiative veranlasst und die Beklagte die insoweit entstandenen Kosten weder getragen noch bezuschusst.
(2) Einen aufgrund ihrer formellen Entscheidungszuständigkeit gemäß § 14 SGB IX zu prüfenden Rehabilitationsbedarf der Klägerin nach Maßgabe anderer Vorschriften hat die Beklagte ebenfalls nicht zu Unrecht abgelehnt.
Einen Anspruch auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung hat die Beklagte nicht zu Unrecht versagt. Zwar erbringt der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB V - sofern eine ambulante Rehabilitationsleistung nach § 40 Abs. 1 SGB V nicht ausreicht - auch Leistungen zur stationären Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a SGB IX zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht.
Allerdings war ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 40 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung werden Leistungen nach § 40 Abs. 2 SGB V nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können. Da Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 9 ff., 15 SGB VI, §§ 5 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX vorrangig gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn - wie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im vorliegenden Fall - die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, schied ein Anspruch der Klägerin auf dem Boden des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung von vornherein aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision haben nicht bestanden.
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