Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2818/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2761/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.05.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Weitergewährung seiner Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 12.01.2010.
Der am geborene Kläger war als Wassermeister bei der Gemeinde O. beschäftigt. Als unentgeltlicher Helfer im landwirtschaftlichen Betrieb seines Schwiegervaters erlitt der Kläger am 11.04.2002 bei Baumfällarbeiten eine Oberschenkelfraktur rechts (vgl. Durchgangsarztbericht vom 11.04.2002, Bl. 1 der Verwaltungsakte der Beigeladenen - VA LBG - ), die in der Folgezeit mittels Femurnagel operativ versorgt wurde (vgl. Operationsbericht vom 12.04.2002, Bl. 29 f. VA LBG). Die Beigeladene als für diesen Unfall zuständige Berufsgenossenschaft holte Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. (lediglich unfallunabhängige neurologische Auffälligkeiten im Bereich beider Beine, daher auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE -) und dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. K. (Unfallfolgen: geringe Beugebehinderung im rechten Kniegelenk, Beinverkürzung rechts um 0,5 Zentimeter, Operationsnarbe, radiologische Veränderungen; MdE für die Zeit vom 06.07.2003 bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Arbeitsunfall 10 v.H., danach weniger als 10 v.H.) ein. Mit Bescheid vom 24.11.2003 erkannte die Beigeladene das Ereignis vom 11.04.2002 als Arbeitsunfall sowie als Unfallfolgen am rechten Bein einen knöchern in weitgehend achsengerechter Stellung fest verheilten Oberschenkelschaftbruch, eine geringe Beugebehinderung im Kniegelenk, eine Beinverkürzung um 0,5 Zentimeter sowie eine 9 cm lange reizlose Operationsnarbe an, lehnte jedoch die Gewährung einer Verletztenrente mit der Begründung ab, dass die MdE unter 20 v.H. liege. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
In der Folgezeit erfolgte wegen bestehenden Parästhesien in den Beinen eine ärztliche Abklärung, welche letztlich Ende 2003 die Diagnose einer multiplen Sklerose ergab und die Indikation einer Immunmodulation gestellt wurde, die der Kläger jedoch ablehnte. Im Januar und Februar 2007 befand sich der Kläger zur stationären Rehabilitation in der Rehaklinik K. (Diagnosen: Encephalomyelitis disseminata und Zustand nach jetzt knöchern konsolidierter Femurschaftfraktur rechtsseitig; Befund u.a.: konstant vorhandene kribbelnde und brennende Dysästhesien in beiden Beinen, Schwäche in den Beinen und allgemeiner Erschöpfungszustand, volle Beweglichkeit und Belastbarkeiten im rechten Bein, vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 21.02.2007, M5 der Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg VA DRV - ) sowie im Januar und Februar 2009 in der S.-klinik B. B. - Abteilung Neurologie - (Diagnosen: Schmerzstörung, Sensibilitätsstörung, Sehstörungen, Kraftreduktion, kognitive Störungen bei multipler Sklerose; Befund u.a.: Gleichgewichtsstörung, Störung der Feinmotorik, Sehstörung, Kraftreduktion des rechten Fußes, Verdacht auf kognitive Defizite mit Hinweisen auf Auffassungsverzögerung und dementiellen Prozess im Rahmen der multiplen Sklerose bei erheblicher mentaler Fatigué-Symptomatik und psychischer Überlagerung der Symptome; der Kläger führe seine Symptome auf den Unfall mit Oberschenkelfraktur zurück und zeige bezüglich der multiplen Sklerose auffällige Vermeidungstendenzen, vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 17.02.2009, M5 VA DRV).
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Wassermeister stürzte der Kläger am 12.01.2010 in einen ca. zwei bis drei Meter tiefen Schacht und zog sich hierbei einen Bruch des elften Brustwirbelkörpers (BWK) zu (vgl. Durchgangsarztbericht vom 12.01.2010, Bl. 4 Verwaltungsakte der Beklagten - VA - ), der osteosynthetisch in zwei Operationen im Januar und Februar 2010 versorgt wurde. Die Frakturbehandlung wurde am 06.08.2010 abgeschlossen (vgl. Zwischenbericht vom 06.08.2010, Bl. 248 VA).
In der Folgezeit bestanden wiederum Sensibilitätsstörungen in den Beinen und eine verringerte körperliche Belastbarkeit, weshalb sich der Kläger zur stationären Behandlung in der Klinik für Orthopädie der S. R. Kliniken B. S. im April und Mai 2010 befand, wo eine aktive und passive freie Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, brennende Dysästhesien diffus in beiden Beinen sowie ventral am Thorax- und Abdomenbereich, eine allgemeine Muskelschwäche und kognitive Störungen unklarer Ursache bestanden und der Kläger als erschöpft und affektiv eingeschränkt beschrieben wurde. Für diesen Zustand wurde eine Verschlechterung der bekannten multiplen Sklerose, aber auch andere Ursachen für möglich erachtet (vgl. Entlassungsbericht vom 31.05.2010, Bl. 132 ff. VA). Zur weiteren neurologischen Abklärung erfolgte im direkten Anschluss eine stationäre Behandlung im S. K.-krankenhaus H ... Hier wurden ein deutlich reduzierter Allgemeinzustand mit beinbetonter Tetraparese, eine verringerte Kraft an Armen und Beinen, brennende Missempfindungen im Bereich beider Arme und beider Beine bis hoch zum fünften BWK sowie ein sehr inkongruentes Verhalten des Klägers im Rahmen des diagnostischen Vorgespräches und der Testsituation (z.T. noch recht strukturiertes und sehr detailorientiertes Berichten, wenige Tage später hingegen affektiv völlig nivelliert, nahezu kaum ansprechbar und extrem schwer besinnlich) beobachtet (vgl. Entlassungsbericht vom 21.06.2010, Bl. 251 ff.).
Zu einem vom Kläger vorgelegten Befundbericht der HNO-Ärztin Dr. Sc. vom Juli 2010 (Diagnosen: Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits und Zustand nach Wirbelsäulenfraktur, vgl. Bl. 198 VA) holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Sch.-M. ein, wonach ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 12.01.2010 und der Hörminderung nicht bestehe, da sich kein Kopftrauma ereignet habe. Ein Zusammenhang könne nur bestehen, wenn eine Kopf- oder zumindest eine HWS-Beteiligung vorgelegen hätte, was nicht der Fall gewesen sei. Ergänzend merkte Dr. Sch.-M. an, dass ein schwankendes Gehör häufig bei multipler Sklerose zu finden sei (vgl. Bl. 259 VA).
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. ein, der auf Grund einer Untersuchung des Klägers im Dezember 2010 eine multiple Sklerose (vorherrschend schubförmiger Verlauf mit beinbetonter spastischer Tetraparese, inkomplettem sensiblem Querschnittssyndrom, neuropathischem Schmerz, leichter kognitiver Störung und Abhängigkeit vom Rollstuhl), einen Zustand nach Berstungsspaltbruch des elften Brustwirbels am 12.01.2010 ohne neurologische Folgen sowie einen Zustand nach Oberschenkelschaftbruch rechts am 11.04.2002 ohne neurologische Folgen diagnostizierte. Der von ihm erhobene klinische Befund - eine distale, an den Armen eher rechts-, an den Beinen eher links- und insgesamt deutlich beinbetonte spastische Tetraparese mit einer inkompletten sensiblen Querschnittssymptomatik unterhalb Th 5/6 mit Feinmotorik- und Koordinationsstörung der Hände, beinbetonter Zeigeataxie, unsicherem und leicht ataktischem Stand, massiv eingeschränkter Gehstrecke auf einige Meter bei breitbasig-ataktischem Gangbild mit Abhängigkeit vom Rollstuhl für weitere Wege - lasse sich nicht auf eine lokale Verletzung im unteren BWS-Bereich zurückführen, sondern würden Symptome eines nach Aktenlage ab ca. Anfang Februar 2010 manifest gewordenen Schubes der bekannten multiplen Sklerose darstellen, der schicksalhaft und nicht durch den Unfall und dessen Behandlungen ausgelöst oder verschlimmert worden sei. Die nach dem zweiten Arbeitsunfall aufgetretene Verschlechterung des Gesamtzustandes, der neurologischen, psychopathologischen und testpsychologischen Befunde, der Muskelkraft, der Feinmotorik, des Gehvermögens, der Selbständigkeit, der Koordination, des Gleichgewichts und der kognitiven Funktionen seien damit Folgen dieses unfallunabhängigen Erkrankungsschubes der multiplen Sklerose.
Des Weiteren beauftragte die Beklagte Prof. Dr. Q., Chefarzt der chirurgischen Abteilung am St. J.-krankenhaus H., mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser kam auf Grund einer Untersuchung des Klägers im Dezember 2010 zu dem Ergebnis, dass der Arbeitsunfall die multiple Sklerose nicht verschlimmert habe. Als unfallbedingte Einschränkungen sah er die durch die Operation hervorgerufenen Narben im Thoraxbereich mit leichten Dysästhesien an. Eine wesentliche Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule, neurologische Defizite, die auf den Unfall zurückzuführen seien, eine seitendifferente Bemuskelung der paravertebralen Muskulatur oder eine Thoraxdeformität mit Einschränkung der Atmung oder Beweglichkeit des Brustkorbes lägen nicht vor. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum Nachschautermin am 06.08.2010 bestanden. Danach liege eine MdE um 20 v.H. vor. Hierzu holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. O. ein, der - ausgehend von dem von Prof. Dr. Q. erhobenen Befund - die MdE für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 auf 20 v.H. und danach auf 10 v.H. einschätzte.
Mit Bescheid vom 02.05.2011 und Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger auf Grund des Arbeitsunfalls vom 12.01.2010 für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Darüber hinaus lehnte sie einen Rentenanspruch ab, weil der Kläger nicht mehr in rentenberechtigendem Grade in der Erwerbsfähigkeit gemindert sei.
Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und geltend gemacht, dass die von der Beklagten berücksichtigten Unfallfolgen eine MdE um 20 v.H. rechtfertigen würden, darüber hinaus noch weitere Unfallfolgen, nämlich eine Verschlimmerung der multiplen Sklerose und eine Hörminderung zu berücksichtigen seien und im Übrigen auch ein Stützrententatbestand wegen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 vorliege. Auch der Gutachter Dr. Q. habe eine MdE um 20 v.H. gesehen.
Das Sozialgericht hat zunächst ein Gutachten bei dem Neurologen Prof. Dr. M. eingeholt, der auf Grund einer Untersuchung des Klägers im März 2012 eine multiple Sklerose diagnostiziert hat, die sich seit 2004 allenfalls geringfügig verändert habe und auch ohne den streitigen Arbeitsunfall im aktuellen Ausmaß bestehen würde. Unabhängig von der multiplen Sklerose bestehe eine psychomotorische Verlangsamung, hinsichtlich derer Prof. Dr. M. eine psychiatrische Abklärung empfohlen hat.
Daraufhin hat das Sozialgericht den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Schr. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat auch nach zwei Untersuchungen des Klägers im November 2012 und März 2013 wegen fehlender Mitarbeit/Kooperation und Explorationsfähigkeit des Klägers keine sichere diagnostische Einordnung vornehmen und keinen Zusammenhang zwischen den psychischen Auffälligkeiten - eine kognitive Verlangsamung und eine affektive Verflachung - und dem Unfall herstellen können. Zur sicheren Einordnung hat er eine längere Verhaltensbeobachtung und erneute psychiatrische Diagnostik inklusive einer umfangreichen hirnorganischen psychiatrischen Abklärung im Rahmen eines stationären Aufenthaltes von mindestens drei bis fünf Tagen für notwendig erachtet, was vom Kläger abgelehnt worden ist. Differenzialdiagnostisch stünden die Diagnosen "affektive Nivellierung bei kognitiven Defiziten", posttraumatische Belastungsstörung, somatoforme Schmerzstörung, depressive Anpassungsstörung und "prononcierte Ausformung einer Verdeutlichungstendenz" im Raum.
Sodann hat das Gericht noch ein Gutachten bei Priv. Doz. Dr. R., Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Rheumatologie der S. R. Kliniken B. S., eingeholt. Dieser hat bei dem Kläger anlässlich der Untersuchung im Oktober 2013 als Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 eine körperferne, in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilte Oberschenkelschaftfraktur rechts ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und als Folgen des Arbeitsunfalles vom 12.01.2010 einen operativ versorgten Berstungsbruch des elften Brustwirbels ohne wesentliche Deformität oder Fehlstatik im Operationsbereich mit geringer schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und schmerzhaften Muskelverspannungen und Narben diagnostiziert. Die MdE auf Grund des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 hat der Sachverständige auf unter 10 v.H., die MdE auf Grund des Arbeitsunfalles vom 12.01.2010 seit 07.01.2011 auf 10 v.H. eingeschätzt.
Das Sozialgericht hat die für den Arbeitsunfall vom 11.04.2002 zuständige Berufsgenossenschaft zum Rechtsstreit beigeladen und die Klage mit Urteil vom 22.05.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht - gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. M., Prof. Dr. Schr. und Priv. Doz. Dr. R. sowie die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Sch.-M. - ausgeführt, dass die Folgen des Arbeitsunfalles vom 12.01.2010 mit einer MdE von unter 20 v.H. zu bewerten seien, der Arbeitsunfall vom 12.01.2010 nicht zu einer Verschlimmerung der multiplen Sklerose und auch nicht zu einer Hörminderung geführt habe und ein Stützrententatbestand ausscheide, weil die Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 nicht mit einer MdE um mindestens 10 v.H. zu bewerten seien.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 03.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.07.2014 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und wiederum geltend gemacht, dass als weitere Unfallfolgen eine Verschlimmerung der multiplen Sklerose, eine Hörminderung und auch psychische Erkrankungen bestünden. Die multiple Sklerose habe ab 2005 keine besonderen Probleme mehr gemacht. Nach dem Arbeitsunfall vom 12.01.2010 seien hingegen wieder Schübe der multiplen Sklerose aufgetreten. Im Übrigen liege auch ein Stützrententatbestand vor. Die Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 würden eine MdE von 10 v.H. bedingen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.5.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011 zu verurteilen, ihm über den 06.01.2011 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. bzw. 10 v.H. unter Berücksichtigung eines Stützrententatbestandes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Beigeladenen, die beigezogene Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011, mit dem die Beklagte - neben der Gewährung einer Verletztenrente für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 - die Weitergewährung der Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus ablehnte. Soweit der Kläger ursprünglich auch in Bezug auf die Feststellung von Unfallfolgen die Änderung des Bescheides vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011 begehrt hat, hat er dieses Begehren im Berufungsverfahren nach Hinweis des Senats nicht weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gerichtet auf die Weitergewährung von Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger verfolgten Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -) und die Grundsätze über die Kausalitätsbeurteilung und die Bemessung der MdE dargestellt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass beim Kläger keine rentenrelevanten Unfallfolgen, also auf den Arbeitsunfall zurückzuführende Gesundheitsstörungen mit einer MdE um wenigstens 20 v.H., vorliegen, dass hierbei als (weitere) Unfallfolgen insbesondere keine Verschlechterung der vorbestehenden multiplen Sklerose und keine Hörminderung zu berücksichtigen sind und dass letztlich auch kein Stützrententatbestand vorliegt. Es hat sich dabei zu Recht auf die zutreffenden Ausführungen von Prof. Dr. M. in Bezug auf das neurologische Fachgebiet, Prof. Dr. Schr. in Bezug auf das psychiatrische Fachgebiet, Priv. Doz. Dr. R. in Bezug auf das orthopädische Fachgebiet und Dr. Sch.-M. in Bezug auf das HNO-ärztliche Fachgebiet gestützt. Soweit Dr. Br. demgegenüber eine - auch von ihm als unfallunabhängig bewertete - Verschlechterung der multiplen Sklerose und Prof. Dr. Q. auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE um 20 v.H. auf Dauer angenommen haben, hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, weshalb diese Einschätzungen nicht überzeugen. Der Senat sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiterhin eine unfallbedingte Verschlimmerung seiner multiplen Sklerose behauptet, überzeugt dies aus den vom Sozialgericht und Prof. Dr. M. bereits dargelegten Gründen nicht. Diese haben insbesondere zu Recht darauf hingewiesen, dass entgegen der auch im Berufungsverfahren vorgetragenen Behauptung, dass von Seiten der multiplen Sklerose ab 2005 keine besonderen Probleme mehr aufgetreten seien, es vielmehr erst nach dem zweiten Arbeitsunfall wieder zu Schüben gekommen sei - darauf hingewiesen, dass eine anhaltende und gänzliche Rückbildung der MS-Folgen nach Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit im Jahr 2005 nicht eingetreten ist. Ausweislich der Reha-Entlassungsberichte der Rehaklinik K. über die im Januar und Februar 2007 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme bestanden zum damaligen Zeitpunkt u.a. konstant vorhandene kribbelnde und brennende Dysästhesien in beiden Beinen, eine Schwäche in den Beinen und ein allgemeiner Erschöpfungszustand (vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 21.02.2007, M5 VA DRV). Auch anlässlich der weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme im Januar und Februar 2009 in der S.-klinik B. B. - Abteilung Neurologie - wurden u.a. eine Gleichgewichtsstörung, eine Störung der Feinmotorik, eine Sehstörung, eine Kraftreduktion des rechten Fußes, ein Verdacht auf kognitive Defizite mit Hinweisen auf eine Auffassungsverzögerung und einen dementiellen Prozess im Rahmen der multiplen Sklerose bei erheblicher mentaler Fatigué-Symptomatik und psychischer Überlagerung der Symptome beschrieben (vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 17.02.2009, M5 VA DRV). Die vom Kläger zitierten, kurz nach den Operationen im Januar bzw. Februar 2010 erhobenen Befunde des Kreiskrankenhauses Buchen und der Gemeinschaftspraxis für Radiologie, Neurologie und Psychiatrie M. ("Brenndysästhesien in der Brust" sowie "ein allgemeines Schwächegefühl", vgl. Bl. 22 LSG-Akte unter Bezugnahme auf Bl. 35, 96, 74 und 109 VA) und der S. R. Kliniken B. S. ("Schub mit beinbetonter Tetraparese, verbunden mit Sensibilitätsstörungen und kognitiven Einschränkungen", vgl. Bl. 23 LSG-Akte unter Bezugnahme auf Bl. 132 ff. VA) lassen damit - worauf Prof. Dr. M. zutreffend hingewiesen hat - keine wesentliche Verschlimmerung der MS-Symptomatik erkennen. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M. beschriebene, zwischenzeitlich im Vordergrund stehende zunehmende psychomotorische Verlangsamung ist so der Sachverständige - nicht auf die multiple Sklerose zurückzuführen (vgl. Bl. 20 SG-Akte). Auch der Senat hat sich daher von einer nach dem Arbeitsunfall vom 12.01.2010 eingetretenen wesentlichen Verschlechterung der mit der multiplen Sklerose einhergehenden Symptome nicht überzeugen können. Eine Verschlimmerung der multiplen Sklerose wurde im Übrigen auch von den behandelnden Ärzten der Gemeinschaftspraxis für Radiologie, Neurologie und Psychiatrie M. (vgl. der vom Kläger zitierte Befundbericht vom 04.03.2010, Bl. 96 f. VA) verneint, die - so ausdrücklich auf Bl. 97 VA - keinen Hinweis auf eine schubhafte Verschlechterung der Grunderkrankung multiple Sklerose erkennen konnten.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch bei einer unterstellten Verschlechterung der multiplen Sklerose in Form eines akuten Schubs im Frühjahr 2010 ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 12.01.2010 nicht wahrscheinlich wäre. Dies ergibt sich für den Senat aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. sowie des Gutachters Dr. Br ... Prof. Dr. M. hat dargelegt, dass ein solcher Zusammenhang zwischen einem physischen Trauma und einem akuten Schub einer multiplen Sklerose zwar grundsätzlich denkbar erscheine, sich aber in wissenschaftlichen Untersuchungen bisher nicht belegen lasse. Diese Ansicht vertrat bereits Dr. Br., der gleichfalls unter kritischer Auswertung vorliegender Studien und Fallberichte keinen Anhalt für einen kausalen Zusammenhang zwischen einem physikalischen Trauma und der Entstehung einer multiplen Sklerose und/oder der Auslösung von Krankheitsschüben sah. Auch im vorliegenden Fall liegen neben dem rein zeitlichen Zusammenhang, der für die Bejahung einer rechtlichen wesentlichen Ursächlichkeit ebenso wenig ausreicht, wie die bloße Möglichkeit einer Verursachung, keine Hinweise dafür vor, dass der Arbeitsunfall rechtlich wesentliche Ursache für den (unterstellten) Erkrankungsschub der multiplen Sklerose im Frühjahr 2010 war. Dr. Br. führte hierzu aus, dass es bei einer - wie hier - unbehandelten multiplen Sklerose mit einem schubförmigen Verlauf bei mindestens 50% der Patienten nach ca. 10 Jahren zu einer sekundären Progredienz komme. Ein solcher Verlauf liege unter Berücksichtigung der dokumentierten Untersuchungsbefunde auch beim Kläger vor. Der nach der zweiten Operation aufgetretene erneute (so die damalige Annahme von Dr. Br.) Erkrankungsschub sei daher schicksalhaft und eben nicht durch den Unfall oder dessen Behandlung ausgelöst oder verschlimmert worden.
Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang die Einschätzung des Dr. J., Chefarzt am Kreiskrankenhaus B., wonach der Unfall mittel- oder unmittelbar wesentliche Ursache für die gesamte jetzt bestehende Gesundheitsbeeinträchtigung sei (vgl. Bl. 95 VA). Dr. J. ging hierbei von falschen Tatsachen, nämlich davon aus, dass sich der Kläger vor dem Unfall in einem körperlich guten Zustand befand (vgl. Bl. 95 VA), was - wie bereits dargelegt - gerade nicht der Fall war. Im Übrigen würde der von Dr. J. angenommene zeitliche Zusammenhang, wie dargelegt, nicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs ausreichen.
Im Hinblick auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. vom Juli 2010, auf die sich der Kläger beruft, ist ergänzend auszuführen, dass sich auch hieraus kein Anspruch auf Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus auf Dauer ergibt. Zwar sah Dr. M. eine durch die erhebliche Verletzung der Wirbelsäule verursachte vorübergehende Verschlimmerung in Form von thorakabdominellen Beschwerden (vgl. Bl. 171 f. VA). Die Beklagte trug dieser vorübergehenden Verschlimmerung jedoch dadurch ausreichend Rechnung, dass sie dem Kläger für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. gewährte. Eine dauerhafte Verschlimmerung der vorbestehenden multiplen Sklerose bejahte auch Dr. M. nicht.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiterhin geltend macht, die Hörminderung sei Folge des Arbeitsunfalls vom 12.01.2010, hat das Sozialgericht bereits zutreffend unter Verweis auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Sch.-M. dargelegt, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem angeschuldigten Unfallereignis und der erstmals in der Folgezeit diagnostizierten Hörminderung mangels eines beim Unfall erlittenen Kopf- und Halswirbelsäulentraumas nicht wahrscheinlich ist. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Dr. Sch.-M. wies in diesem Zusammenhang insbesondere noch darauf hin, dass ein schwankendes Gehör häufig bei multipler Sklerose zu finden sei (vgl. Bl. 259 VA). In Übereinstimmung hierzu hat auch der Kläger eingeräumt, dass nach ärztlicher Beurteilung die Hörminderung im Zusammenhang mit der multiplen Sklerose stehe (vgl. Bl. 23 LSG-Akte), welche jedoch weder (unstreitig) im Sinne der Entstehung noch - wie bereits dargelegt - im Sinne der Verschlimmerung wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 12.01.2011 zurückzuführen ist.
Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren das Vorliegen psychischer Erkrankungen als Unfallfolgen geltend macht, ergibt sich auch daraus kein für ihn günstiges Ergebnis. Vom Vorliegen psychischer Erkrankungen hat sich der Senat - wie bereits das Sozialgericht unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Schr. - nicht überzeugen können. Zwar liegen bei dem Kläger nach den Beobachtungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. eine psychomotorische Verlangsamung, eine affektive Nivellierung und eine eingeschränkte Schwingungsfähigkeit vor. Auch der Sachverständige Prof. Dr. Schr. hat eine kognitive Verlangsamung und eine affektive Verflachung beschrieben, die - so der Sachverständige - eine schwere, am ehesten hirnorganische psychiatrische Erkrankung anzeigen, eine genaue Zuordnung jedoch nicht erlauben würden. Eine sichere diagnostische Einordung bei differentialdiagnostisch in Betracht kommender "affektiver Nivellierung bei kognitiven Defiziten", posttraumatischer Belastungsstörung, somatoformer Schmerzstörung, depressiver Anpassungsstörung und "prononcierter Ausformung einer Verdeutlichungstendenz" ist dem Sachverständigen ebenso wenig möglich gewesen wie eine Bejahung des Unfallzusammenhangs. Die vom Sachverständigen zur weiteren Sachaufklärung für erforderlich erachtete längere Verhaltensbeobachtung und erneute psychiatrische Diagnostik inklusive einer umfangreichen hirnorganischen psychiatrischen Abklärung im Rahmen eines stationären Klinikaufenthaltes von mindestens drei bis fünf Tagen hat der Kläger abgelehnt. Dies geht - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - zu Lasten des Klägers. Auch aus den vorliegenden weiteren medizinischen Unterlagen lassen sich psychische Erkrankungen, welche rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 12.01.2010 verursacht wurden, nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen. Hinsichtlich der von den behandelnden Ärzten am S. K.-krankenhaus H. auf Grund des sehr inkongruenten Verhaltens des Klägers vermuteten posttraumatischen Belastungsstörung (vgl. Entlassungsbericht vom 21.06.2010, Bl. 253 VA) merkte Dr. Br. an, dass Flash-backs, Nachhallerinnerungen an den Unfall, ein emotionaler Rückzug gegenüber anderen Menschen, eine vegetative Übererregbarkeit und Schreckhaftigkeit als Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung vom Kläger weder spontan noch auf Befragen hin berichtet worden und auch im Rahmen der Untersuchung nicht aufgefallen seien, sodass Dr. Br. nachvollziehbar eine posttraumatische Belastungsstörung verneinte.
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung liegt ein Stützrententatbestand auf Grund des weiteren Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 nicht vor. Auch zur Überzeugung des Senats resultiert aus diesem weiteren Arbeitsunfall keine MdE um mindestens 10 v.H. Das Sozialgericht hat insoweit unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen Priv. Doz. Dr. R. zutreffend dargelegt, dass die am 11.04.2002 erlittene körperferne, in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilte Oberschenkelschaftfraktur rechts ohne wesentliche Funktionseinschränkungen lediglich eine MdE von unter 10 v.H. bedingt. Soweit der Kläger in Bezug auf die orthopädischen Unfallfolgen im Berufungsverfahren "Funktionsbehinderungen durch die Bewegungseinschränkungen im Knie" behauptet (vgl. Bl. 25 LSG-Akte), überzeugt dies angesichts des vom Sachverständigen Priv. Doz. Dr. R. erhobenen Befunds im Bereich des rechten Kniegelenks - freie Beweglichkeit ohne Schmerzangaben (vgl. Bl. 159 SG-Akte) - nicht.
Zur weiteren Sachaufklärung durch Einholung eines HNO-ärztlichen oder eines psychiatrischen Gutachtens sieht sich der Senat nicht gedrängt. Insbesondere hält der Senat die Einholung eines HNO-ärztlichen Gutachtens nicht für angezeigt, da der Sachverhalt insoweit durch die überzeugende beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Sch.-M. geklärt ist. Auch weitere Ermittlungen auf psychiatrischem Fachgebiet lehnt der Senat ab. Der vom Sozialgericht beauftragte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Schr. hat nachvollziehbar dargelegt, dass zur sicheren Einordnung eine längere Verhaltensbeobachtung und eine erneute psychiatrische Diagnostik inklusive einer umfangreichen hirnorganischen psychiatrischen Abklärung im Rahmen eines stationären Aufenthaltes von mindestens drei bis fünf Tagen notwendig ist, was vom Kläger abgelehnt worden ist. Auch im Berufungsverfahren hat sich der Kläger lediglich einer Begutachtung durch einen niedergelassenen Psychiater - und ausdrücklich nicht in einer Klinik - zur Verfügung gestellt (vgl. Bl. 24 LSG-Akte), was - angesichts der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Schr. - für eine weitere Sachaufklärung keinen Erfolg verspricht. Die Einholung einer Auskunft eines behandelnden Psychiaters scheidet ebenfalls aus, da sich der Kläger nach eigenen Angaben nicht in fachpsychiatrischer Behandlung befindet (vgl. Bl. 150 SG-Akte).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Weitergewährung seiner Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 12.01.2010.
Der am geborene Kläger war als Wassermeister bei der Gemeinde O. beschäftigt. Als unentgeltlicher Helfer im landwirtschaftlichen Betrieb seines Schwiegervaters erlitt der Kläger am 11.04.2002 bei Baumfällarbeiten eine Oberschenkelfraktur rechts (vgl. Durchgangsarztbericht vom 11.04.2002, Bl. 1 der Verwaltungsakte der Beigeladenen - VA LBG - ), die in der Folgezeit mittels Femurnagel operativ versorgt wurde (vgl. Operationsbericht vom 12.04.2002, Bl. 29 f. VA LBG). Die Beigeladene als für diesen Unfall zuständige Berufsgenossenschaft holte Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. (lediglich unfallunabhängige neurologische Auffälligkeiten im Bereich beider Beine, daher auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE -) und dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. K. (Unfallfolgen: geringe Beugebehinderung im rechten Kniegelenk, Beinverkürzung rechts um 0,5 Zentimeter, Operationsnarbe, radiologische Veränderungen; MdE für die Zeit vom 06.07.2003 bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Arbeitsunfall 10 v.H., danach weniger als 10 v.H.) ein. Mit Bescheid vom 24.11.2003 erkannte die Beigeladene das Ereignis vom 11.04.2002 als Arbeitsunfall sowie als Unfallfolgen am rechten Bein einen knöchern in weitgehend achsengerechter Stellung fest verheilten Oberschenkelschaftbruch, eine geringe Beugebehinderung im Kniegelenk, eine Beinverkürzung um 0,5 Zentimeter sowie eine 9 cm lange reizlose Operationsnarbe an, lehnte jedoch die Gewährung einer Verletztenrente mit der Begründung ab, dass die MdE unter 20 v.H. liege. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
In der Folgezeit erfolgte wegen bestehenden Parästhesien in den Beinen eine ärztliche Abklärung, welche letztlich Ende 2003 die Diagnose einer multiplen Sklerose ergab und die Indikation einer Immunmodulation gestellt wurde, die der Kläger jedoch ablehnte. Im Januar und Februar 2007 befand sich der Kläger zur stationären Rehabilitation in der Rehaklinik K. (Diagnosen: Encephalomyelitis disseminata und Zustand nach jetzt knöchern konsolidierter Femurschaftfraktur rechtsseitig; Befund u.a.: konstant vorhandene kribbelnde und brennende Dysästhesien in beiden Beinen, Schwäche in den Beinen und allgemeiner Erschöpfungszustand, volle Beweglichkeit und Belastbarkeiten im rechten Bein, vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 21.02.2007, M5 der Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg VA DRV - ) sowie im Januar und Februar 2009 in der S.-klinik B. B. - Abteilung Neurologie - (Diagnosen: Schmerzstörung, Sensibilitätsstörung, Sehstörungen, Kraftreduktion, kognitive Störungen bei multipler Sklerose; Befund u.a.: Gleichgewichtsstörung, Störung der Feinmotorik, Sehstörung, Kraftreduktion des rechten Fußes, Verdacht auf kognitive Defizite mit Hinweisen auf Auffassungsverzögerung und dementiellen Prozess im Rahmen der multiplen Sklerose bei erheblicher mentaler Fatigué-Symptomatik und psychischer Überlagerung der Symptome; der Kläger führe seine Symptome auf den Unfall mit Oberschenkelfraktur zurück und zeige bezüglich der multiplen Sklerose auffällige Vermeidungstendenzen, vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 17.02.2009, M5 VA DRV).
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Wassermeister stürzte der Kläger am 12.01.2010 in einen ca. zwei bis drei Meter tiefen Schacht und zog sich hierbei einen Bruch des elften Brustwirbelkörpers (BWK) zu (vgl. Durchgangsarztbericht vom 12.01.2010, Bl. 4 Verwaltungsakte der Beklagten - VA - ), der osteosynthetisch in zwei Operationen im Januar und Februar 2010 versorgt wurde. Die Frakturbehandlung wurde am 06.08.2010 abgeschlossen (vgl. Zwischenbericht vom 06.08.2010, Bl. 248 VA).
In der Folgezeit bestanden wiederum Sensibilitätsstörungen in den Beinen und eine verringerte körperliche Belastbarkeit, weshalb sich der Kläger zur stationären Behandlung in der Klinik für Orthopädie der S. R. Kliniken B. S. im April und Mai 2010 befand, wo eine aktive und passive freie Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, brennende Dysästhesien diffus in beiden Beinen sowie ventral am Thorax- und Abdomenbereich, eine allgemeine Muskelschwäche und kognitive Störungen unklarer Ursache bestanden und der Kläger als erschöpft und affektiv eingeschränkt beschrieben wurde. Für diesen Zustand wurde eine Verschlechterung der bekannten multiplen Sklerose, aber auch andere Ursachen für möglich erachtet (vgl. Entlassungsbericht vom 31.05.2010, Bl. 132 ff. VA). Zur weiteren neurologischen Abklärung erfolgte im direkten Anschluss eine stationäre Behandlung im S. K.-krankenhaus H ... Hier wurden ein deutlich reduzierter Allgemeinzustand mit beinbetonter Tetraparese, eine verringerte Kraft an Armen und Beinen, brennende Missempfindungen im Bereich beider Arme und beider Beine bis hoch zum fünften BWK sowie ein sehr inkongruentes Verhalten des Klägers im Rahmen des diagnostischen Vorgespräches und der Testsituation (z.T. noch recht strukturiertes und sehr detailorientiertes Berichten, wenige Tage später hingegen affektiv völlig nivelliert, nahezu kaum ansprechbar und extrem schwer besinnlich) beobachtet (vgl. Entlassungsbericht vom 21.06.2010, Bl. 251 ff.).
Zu einem vom Kläger vorgelegten Befundbericht der HNO-Ärztin Dr. Sc. vom Juli 2010 (Diagnosen: Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits und Zustand nach Wirbelsäulenfraktur, vgl. Bl. 198 VA) holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Sch.-M. ein, wonach ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 12.01.2010 und der Hörminderung nicht bestehe, da sich kein Kopftrauma ereignet habe. Ein Zusammenhang könne nur bestehen, wenn eine Kopf- oder zumindest eine HWS-Beteiligung vorgelegen hätte, was nicht der Fall gewesen sei. Ergänzend merkte Dr. Sch.-M. an, dass ein schwankendes Gehör häufig bei multipler Sklerose zu finden sei (vgl. Bl. 259 VA).
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. ein, der auf Grund einer Untersuchung des Klägers im Dezember 2010 eine multiple Sklerose (vorherrschend schubförmiger Verlauf mit beinbetonter spastischer Tetraparese, inkomplettem sensiblem Querschnittssyndrom, neuropathischem Schmerz, leichter kognitiver Störung und Abhängigkeit vom Rollstuhl), einen Zustand nach Berstungsspaltbruch des elften Brustwirbels am 12.01.2010 ohne neurologische Folgen sowie einen Zustand nach Oberschenkelschaftbruch rechts am 11.04.2002 ohne neurologische Folgen diagnostizierte. Der von ihm erhobene klinische Befund - eine distale, an den Armen eher rechts-, an den Beinen eher links- und insgesamt deutlich beinbetonte spastische Tetraparese mit einer inkompletten sensiblen Querschnittssymptomatik unterhalb Th 5/6 mit Feinmotorik- und Koordinationsstörung der Hände, beinbetonter Zeigeataxie, unsicherem und leicht ataktischem Stand, massiv eingeschränkter Gehstrecke auf einige Meter bei breitbasig-ataktischem Gangbild mit Abhängigkeit vom Rollstuhl für weitere Wege - lasse sich nicht auf eine lokale Verletzung im unteren BWS-Bereich zurückführen, sondern würden Symptome eines nach Aktenlage ab ca. Anfang Februar 2010 manifest gewordenen Schubes der bekannten multiplen Sklerose darstellen, der schicksalhaft und nicht durch den Unfall und dessen Behandlungen ausgelöst oder verschlimmert worden sei. Die nach dem zweiten Arbeitsunfall aufgetretene Verschlechterung des Gesamtzustandes, der neurologischen, psychopathologischen und testpsychologischen Befunde, der Muskelkraft, der Feinmotorik, des Gehvermögens, der Selbständigkeit, der Koordination, des Gleichgewichts und der kognitiven Funktionen seien damit Folgen dieses unfallunabhängigen Erkrankungsschubes der multiplen Sklerose.
Des Weiteren beauftragte die Beklagte Prof. Dr. Q., Chefarzt der chirurgischen Abteilung am St. J.-krankenhaus H., mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser kam auf Grund einer Untersuchung des Klägers im Dezember 2010 zu dem Ergebnis, dass der Arbeitsunfall die multiple Sklerose nicht verschlimmert habe. Als unfallbedingte Einschränkungen sah er die durch die Operation hervorgerufenen Narben im Thoraxbereich mit leichten Dysästhesien an. Eine wesentliche Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule, neurologische Defizite, die auf den Unfall zurückzuführen seien, eine seitendifferente Bemuskelung der paravertebralen Muskulatur oder eine Thoraxdeformität mit Einschränkung der Atmung oder Beweglichkeit des Brustkorbes lägen nicht vor. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum Nachschautermin am 06.08.2010 bestanden. Danach liege eine MdE um 20 v.H. vor. Hierzu holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. O. ein, der - ausgehend von dem von Prof. Dr. Q. erhobenen Befund - die MdE für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 auf 20 v.H. und danach auf 10 v.H. einschätzte.
Mit Bescheid vom 02.05.2011 und Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger auf Grund des Arbeitsunfalls vom 12.01.2010 für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Darüber hinaus lehnte sie einen Rentenanspruch ab, weil der Kläger nicht mehr in rentenberechtigendem Grade in der Erwerbsfähigkeit gemindert sei.
Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und geltend gemacht, dass die von der Beklagten berücksichtigten Unfallfolgen eine MdE um 20 v.H. rechtfertigen würden, darüber hinaus noch weitere Unfallfolgen, nämlich eine Verschlimmerung der multiplen Sklerose und eine Hörminderung zu berücksichtigen seien und im Übrigen auch ein Stützrententatbestand wegen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 vorliege. Auch der Gutachter Dr. Q. habe eine MdE um 20 v.H. gesehen.
Das Sozialgericht hat zunächst ein Gutachten bei dem Neurologen Prof. Dr. M. eingeholt, der auf Grund einer Untersuchung des Klägers im März 2012 eine multiple Sklerose diagnostiziert hat, die sich seit 2004 allenfalls geringfügig verändert habe und auch ohne den streitigen Arbeitsunfall im aktuellen Ausmaß bestehen würde. Unabhängig von der multiplen Sklerose bestehe eine psychomotorische Verlangsamung, hinsichtlich derer Prof. Dr. M. eine psychiatrische Abklärung empfohlen hat.
Daraufhin hat das Sozialgericht den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Schr. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat auch nach zwei Untersuchungen des Klägers im November 2012 und März 2013 wegen fehlender Mitarbeit/Kooperation und Explorationsfähigkeit des Klägers keine sichere diagnostische Einordnung vornehmen und keinen Zusammenhang zwischen den psychischen Auffälligkeiten - eine kognitive Verlangsamung und eine affektive Verflachung - und dem Unfall herstellen können. Zur sicheren Einordnung hat er eine längere Verhaltensbeobachtung und erneute psychiatrische Diagnostik inklusive einer umfangreichen hirnorganischen psychiatrischen Abklärung im Rahmen eines stationären Aufenthaltes von mindestens drei bis fünf Tagen für notwendig erachtet, was vom Kläger abgelehnt worden ist. Differenzialdiagnostisch stünden die Diagnosen "affektive Nivellierung bei kognitiven Defiziten", posttraumatische Belastungsstörung, somatoforme Schmerzstörung, depressive Anpassungsstörung und "prononcierte Ausformung einer Verdeutlichungstendenz" im Raum.
Sodann hat das Gericht noch ein Gutachten bei Priv. Doz. Dr. R., Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Rheumatologie der S. R. Kliniken B. S., eingeholt. Dieser hat bei dem Kläger anlässlich der Untersuchung im Oktober 2013 als Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 eine körperferne, in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilte Oberschenkelschaftfraktur rechts ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und als Folgen des Arbeitsunfalles vom 12.01.2010 einen operativ versorgten Berstungsbruch des elften Brustwirbels ohne wesentliche Deformität oder Fehlstatik im Operationsbereich mit geringer schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und schmerzhaften Muskelverspannungen und Narben diagnostiziert. Die MdE auf Grund des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 hat der Sachverständige auf unter 10 v.H., die MdE auf Grund des Arbeitsunfalles vom 12.01.2010 seit 07.01.2011 auf 10 v.H. eingeschätzt.
Das Sozialgericht hat die für den Arbeitsunfall vom 11.04.2002 zuständige Berufsgenossenschaft zum Rechtsstreit beigeladen und die Klage mit Urteil vom 22.05.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht - gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. M., Prof. Dr. Schr. und Priv. Doz. Dr. R. sowie die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Sch.-M. - ausgeführt, dass die Folgen des Arbeitsunfalles vom 12.01.2010 mit einer MdE von unter 20 v.H. zu bewerten seien, der Arbeitsunfall vom 12.01.2010 nicht zu einer Verschlimmerung der multiplen Sklerose und auch nicht zu einer Hörminderung geführt habe und ein Stützrententatbestand ausscheide, weil die Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 nicht mit einer MdE um mindestens 10 v.H. zu bewerten seien.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 03.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.07.2014 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und wiederum geltend gemacht, dass als weitere Unfallfolgen eine Verschlimmerung der multiplen Sklerose, eine Hörminderung und auch psychische Erkrankungen bestünden. Die multiple Sklerose habe ab 2005 keine besonderen Probleme mehr gemacht. Nach dem Arbeitsunfall vom 12.01.2010 seien hingegen wieder Schübe der multiplen Sklerose aufgetreten. Im Übrigen liege auch ein Stützrententatbestand vor. Die Folgen des Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 würden eine MdE von 10 v.H. bedingen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.5.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011 zu verurteilen, ihm über den 06.01.2011 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. bzw. 10 v.H. unter Berücksichtigung eines Stützrententatbestandes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Beigeladenen, die beigezogene Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011, mit dem die Beklagte - neben der Gewährung einer Verletztenrente für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 - die Weitergewährung der Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus ablehnte. Soweit der Kläger ursprünglich auch in Bezug auf die Feststellung von Unfallfolgen die Änderung des Bescheides vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011 begehrt hat, hat er dieses Begehren im Berufungsverfahren nach Hinweis des Senats nicht weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gerichtet auf die Weitergewährung von Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger verfolgten Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -) und die Grundsätze über die Kausalitätsbeurteilung und die Bemessung der MdE dargestellt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass beim Kläger keine rentenrelevanten Unfallfolgen, also auf den Arbeitsunfall zurückzuführende Gesundheitsstörungen mit einer MdE um wenigstens 20 v.H., vorliegen, dass hierbei als (weitere) Unfallfolgen insbesondere keine Verschlechterung der vorbestehenden multiplen Sklerose und keine Hörminderung zu berücksichtigen sind und dass letztlich auch kein Stützrententatbestand vorliegt. Es hat sich dabei zu Recht auf die zutreffenden Ausführungen von Prof. Dr. M. in Bezug auf das neurologische Fachgebiet, Prof. Dr. Schr. in Bezug auf das psychiatrische Fachgebiet, Priv. Doz. Dr. R. in Bezug auf das orthopädische Fachgebiet und Dr. Sch.-M. in Bezug auf das HNO-ärztliche Fachgebiet gestützt. Soweit Dr. Br. demgegenüber eine - auch von ihm als unfallunabhängig bewertete - Verschlechterung der multiplen Sklerose und Prof. Dr. Q. auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE um 20 v.H. auf Dauer angenommen haben, hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, weshalb diese Einschätzungen nicht überzeugen. Der Senat sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiterhin eine unfallbedingte Verschlimmerung seiner multiplen Sklerose behauptet, überzeugt dies aus den vom Sozialgericht und Prof. Dr. M. bereits dargelegten Gründen nicht. Diese haben insbesondere zu Recht darauf hingewiesen, dass entgegen der auch im Berufungsverfahren vorgetragenen Behauptung, dass von Seiten der multiplen Sklerose ab 2005 keine besonderen Probleme mehr aufgetreten seien, es vielmehr erst nach dem zweiten Arbeitsunfall wieder zu Schüben gekommen sei - darauf hingewiesen, dass eine anhaltende und gänzliche Rückbildung der MS-Folgen nach Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit im Jahr 2005 nicht eingetreten ist. Ausweislich der Reha-Entlassungsberichte der Rehaklinik K. über die im Januar und Februar 2007 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme bestanden zum damaligen Zeitpunkt u.a. konstant vorhandene kribbelnde und brennende Dysästhesien in beiden Beinen, eine Schwäche in den Beinen und ein allgemeiner Erschöpfungszustand (vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 21.02.2007, M5 VA DRV). Auch anlässlich der weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme im Januar und Februar 2009 in der S.-klinik B. B. - Abteilung Neurologie - wurden u.a. eine Gleichgewichtsstörung, eine Störung der Feinmotorik, eine Sehstörung, eine Kraftreduktion des rechten Fußes, ein Verdacht auf kognitive Defizite mit Hinweisen auf eine Auffassungsverzögerung und einen dementiellen Prozess im Rahmen der multiplen Sklerose bei erheblicher mentaler Fatigué-Symptomatik und psychischer Überlagerung der Symptome beschrieben (vgl. Reha-Entlassungsbericht vom 17.02.2009, M5 VA DRV). Die vom Kläger zitierten, kurz nach den Operationen im Januar bzw. Februar 2010 erhobenen Befunde des Kreiskrankenhauses Buchen und der Gemeinschaftspraxis für Radiologie, Neurologie und Psychiatrie M. ("Brenndysästhesien in der Brust" sowie "ein allgemeines Schwächegefühl", vgl. Bl. 22 LSG-Akte unter Bezugnahme auf Bl. 35, 96, 74 und 109 VA) und der S. R. Kliniken B. S. ("Schub mit beinbetonter Tetraparese, verbunden mit Sensibilitätsstörungen und kognitiven Einschränkungen", vgl. Bl. 23 LSG-Akte unter Bezugnahme auf Bl. 132 ff. VA) lassen damit - worauf Prof. Dr. M. zutreffend hingewiesen hat - keine wesentliche Verschlimmerung der MS-Symptomatik erkennen. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. M. beschriebene, zwischenzeitlich im Vordergrund stehende zunehmende psychomotorische Verlangsamung ist so der Sachverständige - nicht auf die multiple Sklerose zurückzuführen (vgl. Bl. 20 SG-Akte). Auch der Senat hat sich daher von einer nach dem Arbeitsunfall vom 12.01.2010 eingetretenen wesentlichen Verschlechterung der mit der multiplen Sklerose einhergehenden Symptome nicht überzeugen können. Eine Verschlimmerung der multiplen Sklerose wurde im Übrigen auch von den behandelnden Ärzten der Gemeinschaftspraxis für Radiologie, Neurologie und Psychiatrie M. (vgl. der vom Kläger zitierte Befundbericht vom 04.03.2010, Bl. 96 f. VA) verneint, die - so ausdrücklich auf Bl. 97 VA - keinen Hinweis auf eine schubhafte Verschlechterung der Grunderkrankung multiple Sklerose erkennen konnten.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch bei einer unterstellten Verschlechterung der multiplen Sklerose in Form eines akuten Schubs im Frühjahr 2010 ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 12.01.2010 nicht wahrscheinlich wäre. Dies ergibt sich für den Senat aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. sowie des Gutachters Dr. Br ... Prof. Dr. M. hat dargelegt, dass ein solcher Zusammenhang zwischen einem physischen Trauma und einem akuten Schub einer multiplen Sklerose zwar grundsätzlich denkbar erscheine, sich aber in wissenschaftlichen Untersuchungen bisher nicht belegen lasse. Diese Ansicht vertrat bereits Dr. Br., der gleichfalls unter kritischer Auswertung vorliegender Studien und Fallberichte keinen Anhalt für einen kausalen Zusammenhang zwischen einem physikalischen Trauma und der Entstehung einer multiplen Sklerose und/oder der Auslösung von Krankheitsschüben sah. Auch im vorliegenden Fall liegen neben dem rein zeitlichen Zusammenhang, der für die Bejahung einer rechtlichen wesentlichen Ursächlichkeit ebenso wenig ausreicht, wie die bloße Möglichkeit einer Verursachung, keine Hinweise dafür vor, dass der Arbeitsunfall rechtlich wesentliche Ursache für den (unterstellten) Erkrankungsschub der multiplen Sklerose im Frühjahr 2010 war. Dr. Br. führte hierzu aus, dass es bei einer - wie hier - unbehandelten multiplen Sklerose mit einem schubförmigen Verlauf bei mindestens 50% der Patienten nach ca. 10 Jahren zu einer sekundären Progredienz komme. Ein solcher Verlauf liege unter Berücksichtigung der dokumentierten Untersuchungsbefunde auch beim Kläger vor. Der nach der zweiten Operation aufgetretene erneute (so die damalige Annahme von Dr. Br.) Erkrankungsschub sei daher schicksalhaft und eben nicht durch den Unfall oder dessen Behandlung ausgelöst oder verschlimmert worden.
Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang die Einschätzung des Dr. J., Chefarzt am Kreiskrankenhaus B., wonach der Unfall mittel- oder unmittelbar wesentliche Ursache für die gesamte jetzt bestehende Gesundheitsbeeinträchtigung sei (vgl. Bl. 95 VA). Dr. J. ging hierbei von falschen Tatsachen, nämlich davon aus, dass sich der Kläger vor dem Unfall in einem körperlich guten Zustand befand (vgl. Bl. 95 VA), was - wie bereits dargelegt - gerade nicht der Fall war. Im Übrigen würde der von Dr. J. angenommene zeitliche Zusammenhang, wie dargelegt, nicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs ausreichen.
Im Hinblick auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. M. vom Juli 2010, auf die sich der Kläger beruft, ist ergänzend auszuführen, dass sich auch hieraus kein Anspruch auf Verletztenrente über den 06.01.2011 hinaus auf Dauer ergibt. Zwar sah Dr. M. eine durch die erhebliche Verletzung der Wirbelsäule verursachte vorübergehende Verschlimmerung in Form von thorakabdominellen Beschwerden (vgl. Bl. 171 f. VA). Die Beklagte trug dieser vorübergehenden Verschlimmerung jedoch dadurch ausreichend Rechnung, dass sie dem Kläger für die Zeit vom 07.08.2010 bis 06.01.2011 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. gewährte. Eine dauerhafte Verschlimmerung der vorbestehenden multiplen Sklerose bejahte auch Dr. M. nicht.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiterhin geltend macht, die Hörminderung sei Folge des Arbeitsunfalls vom 12.01.2010, hat das Sozialgericht bereits zutreffend unter Verweis auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Sch.-M. dargelegt, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem angeschuldigten Unfallereignis und der erstmals in der Folgezeit diagnostizierten Hörminderung mangels eines beim Unfall erlittenen Kopf- und Halswirbelsäulentraumas nicht wahrscheinlich ist. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Dr. Sch.-M. wies in diesem Zusammenhang insbesondere noch darauf hin, dass ein schwankendes Gehör häufig bei multipler Sklerose zu finden sei (vgl. Bl. 259 VA). In Übereinstimmung hierzu hat auch der Kläger eingeräumt, dass nach ärztlicher Beurteilung die Hörminderung im Zusammenhang mit der multiplen Sklerose stehe (vgl. Bl. 23 LSG-Akte), welche jedoch weder (unstreitig) im Sinne der Entstehung noch - wie bereits dargelegt - im Sinne der Verschlimmerung wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 12.01.2011 zurückzuführen ist.
Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren das Vorliegen psychischer Erkrankungen als Unfallfolgen geltend macht, ergibt sich auch daraus kein für ihn günstiges Ergebnis. Vom Vorliegen psychischer Erkrankungen hat sich der Senat - wie bereits das Sozialgericht unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Schr. - nicht überzeugen können. Zwar liegen bei dem Kläger nach den Beobachtungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. eine psychomotorische Verlangsamung, eine affektive Nivellierung und eine eingeschränkte Schwingungsfähigkeit vor. Auch der Sachverständige Prof. Dr. Schr. hat eine kognitive Verlangsamung und eine affektive Verflachung beschrieben, die - so der Sachverständige - eine schwere, am ehesten hirnorganische psychiatrische Erkrankung anzeigen, eine genaue Zuordnung jedoch nicht erlauben würden. Eine sichere diagnostische Einordung bei differentialdiagnostisch in Betracht kommender "affektiver Nivellierung bei kognitiven Defiziten", posttraumatischer Belastungsstörung, somatoformer Schmerzstörung, depressiver Anpassungsstörung und "prononcierter Ausformung einer Verdeutlichungstendenz" ist dem Sachverständigen ebenso wenig möglich gewesen wie eine Bejahung des Unfallzusammenhangs. Die vom Sachverständigen zur weiteren Sachaufklärung für erforderlich erachtete längere Verhaltensbeobachtung und erneute psychiatrische Diagnostik inklusive einer umfangreichen hirnorganischen psychiatrischen Abklärung im Rahmen eines stationären Klinikaufenthaltes von mindestens drei bis fünf Tagen hat der Kläger abgelehnt. Dies geht - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - zu Lasten des Klägers. Auch aus den vorliegenden weiteren medizinischen Unterlagen lassen sich psychische Erkrankungen, welche rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 12.01.2010 verursacht wurden, nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen. Hinsichtlich der von den behandelnden Ärzten am S. K.-krankenhaus H. auf Grund des sehr inkongruenten Verhaltens des Klägers vermuteten posttraumatischen Belastungsstörung (vgl. Entlassungsbericht vom 21.06.2010, Bl. 253 VA) merkte Dr. Br. an, dass Flash-backs, Nachhallerinnerungen an den Unfall, ein emotionaler Rückzug gegenüber anderen Menschen, eine vegetative Übererregbarkeit und Schreckhaftigkeit als Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung vom Kläger weder spontan noch auf Befragen hin berichtet worden und auch im Rahmen der Untersuchung nicht aufgefallen seien, sodass Dr. Br. nachvollziehbar eine posttraumatische Belastungsstörung verneinte.
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung liegt ein Stützrententatbestand auf Grund des weiteren Arbeitsunfalles vom 11.04.2002 nicht vor. Auch zur Überzeugung des Senats resultiert aus diesem weiteren Arbeitsunfall keine MdE um mindestens 10 v.H. Das Sozialgericht hat insoweit unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen Priv. Doz. Dr. R. zutreffend dargelegt, dass die am 11.04.2002 erlittene körperferne, in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilte Oberschenkelschaftfraktur rechts ohne wesentliche Funktionseinschränkungen lediglich eine MdE von unter 10 v.H. bedingt. Soweit der Kläger in Bezug auf die orthopädischen Unfallfolgen im Berufungsverfahren "Funktionsbehinderungen durch die Bewegungseinschränkungen im Knie" behauptet (vgl. Bl. 25 LSG-Akte), überzeugt dies angesichts des vom Sachverständigen Priv. Doz. Dr. R. erhobenen Befunds im Bereich des rechten Kniegelenks - freie Beweglichkeit ohne Schmerzangaben (vgl. Bl. 159 SG-Akte) - nicht.
Zur weiteren Sachaufklärung durch Einholung eines HNO-ärztlichen oder eines psychiatrischen Gutachtens sieht sich der Senat nicht gedrängt. Insbesondere hält der Senat die Einholung eines HNO-ärztlichen Gutachtens nicht für angezeigt, da der Sachverhalt insoweit durch die überzeugende beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Sch.-M. geklärt ist. Auch weitere Ermittlungen auf psychiatrischem Fachgebiet lehnt der Senat ab. Der vom Sozialgericht beauftragte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. Schr. hat nachvollziehbar dargelegt, dass zur sicheren Einordnung eine längere Verhaltensbeobachtung und eine erneute psychiatrische Diagnostik inklusive einer umfangreichen hirnorganischen psychiatrischen Abklärung im Rahmen eines stationären Aufenthaltes von mindestens drei bis fünf Tagen notwendig ist, was vom Kläger abgelehnt worden ist. Auch im Berufungsverfahren hat sich der Kläger lediglich einer Begutachtung durch einen niedergelassenen Psychiater - und ausdrücklich nicht in einer Klinik - zur Verfügung gestellt (vgl. Bl. 24 LSG-Akte), was - angesichts der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Schr. - für eine weitere Sachaufklärung keinen Erfolg verspricht. Die Einholung einer Auskunft eines behandelnden Psychiaters scheidet ebenfalls aus, da sich der Kläger nach eigenen Angaben nicht in fachpsychiatrischer Behandlung befindet (vgl. Bl. 150 SG-Akte).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved