L 4 R 1425/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 4623/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1425/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Januar 2014 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Bescheid vom 2. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 aufgehoben wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 38.953,55 festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung einschließlich der Umlage nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG), im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 in Höhe von EUR 38.953,55. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Präsident des Klägers, der Beigeladene zu 1), beim Kläger abhängig beschäftigt ist.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit im streitigen Zeitraum ca. 16.500 Mitgliedern und acht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, dessen Tätigkeitsbereich sich auf das Gebiet des "bestimmten Anbaugebietes Württemberg" erstreckt. Die Satzung des Klägers in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung vom 25. Mai 2002 trifft unter anderem folgende Bestimmungen:

§ 3 Zweck des Verbandes (1) Zweck des Verbandes ist: 1. Die Vertretung der berufsständischen und wirtschaftspolitischen Interessen der Weingärtner und 2. die Erhaltung und Förderung des einheimischen Weinbaus. (2) Der Zweck des Verbandes ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.

§ 4 Aufgaben des Verbandes Aufgaben des Verbandes sind: 1. Wahrnehmung der Interessen des württembergischen Weinbaus in Zusammenarbeit mit allen dem Weinbau verbundenen staatlichen Stellen und sonstigen Organisationen. 2. Stellungnahme zu allen weingesetzlichen, weinwirtschaftspolitischen und die Weinwirtschaft betreffenden Fragen. 3. Untersuchung der Erzeugungsbedingungen und -methoden im Weinbau und der Kellerwirtschaft, Sicherung der Versorgung des Weinbaus mit hochwertigem Pflanzgut (Edelreiser) sowie Zusammenarbeit mit Lehre und Forschung. 4. Beobachtung der Entwicklung der Weinmarktlage und die Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse. Die Stärkung des Vertrauensverhältnisses zum württembergischen Wein, insbesondere durch die Landesprämierung für Wein und Sekt, durch die Vertiefung des Weinverständnisses und die Wahl einer württembergischen Weinkönigin. 5. Förderung der Meinungsbildung durch Unterrichtung der Weingärtner in allen wichtigen weinbaulichen, kellerwirtschaftlichen, weinrechtlichen und weinwirtschaftspolitischen Fragen. 6. Förderung der Weingärtner Jugend durch Unterstützung und Mitwirkung bei deren Aus- und Weiterbildung.

§ 5 Mitgliedschaft (1) Als Mitglieder können dem Verband beitreten: 1. Weingärtner und Weingärtnerinnen, Weinkellereien, selbstvermarktende Weinbaubetriebe, Weingüter sowie dem Weinbau verbundene natürliche Personen. 2. Weingärtner- und Winzergenossenschaften, die im Tätigkeitsbereich des Verbandes ihren Sitz haben; 3. juristische Personen und Vereinigungen, die dem Weinbau dienen und mit ihm eng verbunden sind.

§ 6 Rechte und Pflichten der Mitglieder (1) Mitglieder haben das Recht: 1. Die satzungsgemäße Förderung durch den Verband in Anspruch zu nehmen und ihn um Rat anzugehen und 2. an den Versammlungen, insbesondere der Jahreshauptversammlung, teilzunehmen. (2) Die Mitglieder haben die Pflicht, den Verband bei Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen, insbesondere: 3. Die Beschlüsse der Organe zu beachten und auszuführen 4. den durch die Mitgliederversammlung festgesetzten Beitrag jährlich zu Beginn des Geschäftsjahres zu entrichten.

Nach § 8 der Satzung gliedert sich der Verband in neun regionale Bezirke und sechs Organisationen der Württembergischen Weinwirtschaft.

§ 9 Organe des Verbandes Die Organe des Verbandes sind: 1. Die Mitgliederversammlung, 2. der Vorstand, 3. der Geschäftsführende Vorstand

§ 10 Mitgliederversammlung (2) Der Mitgliederversammlung obliegen insbesondere 1. Die Entgegennahme des Rechenschaftsberichtes des Vorstands, 2. die Entlastung des Vorstands, 3. die Festlegung des Mitgliedsbeitrags, 4. die Beschlussfassung über Satzungsänderungen, 5. die Beschlussfassung über die Auflösung des Verbandes. (3) Die Mitgliederversammlung beschließt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Für Beschlüsse über Satzungsänderungen und die Auflösung des Verbandes ist eine Mehrheit von Dreiviertel der abgegebenen Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit ist kein Beschluss zustande gekommen.

§ 11 Vorstand (1) Dem Vorstand gehören an: 1. Der Präsident als Vorsitzender, 2. bis zu drei, mindestens aber zwei Vizepräsidenten, 3. die Vorsitzenden und Stellvertreter der einzelnen Bezirke nach § 8 Abs. 1 4. [weitere vier Mitglieder der vom Verband umfassten Organisationen] (2) (3) Der Vorstand ist insbesondere für folgende Aufgaben zuständig: 1. Beschlussfassung über Fragen der Weinmarktorganisation, 2. die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, 3. die Beschlussfassung über die Aufstellung des Haushaltsplans, 4. die Beschlussfassung über die Jahresrechnung, 5. die Entlastung des Geschäftsführenden Vorstands und der Geschäftsführung, 6. die Beratung des Präsidenten in allen Verbandsangelegenheiten, 7. die Bestellung der Arbeitsgruppen, 8. die Ernennung von Ehrenmitgliedern (4) Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Der Vorstand beschließt und wählt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Stimmenthaltungen werden nicht gezählt. Bei Stimmengleichheit kommt kein Beschluss zu Stande. (5)

§ 12 Geschäftsführender Vorstand (1) Der Präsident, die Vizepräsidenten und bis zu zwei weitere Mitglieder des Vorstands bilden den Geschäftsführenden Vorstand. (2) Der Geschäftsführende Vorstand wird vom Vorstand in geheimer Wahl auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. (3) (4) Der Präsident und die Vizepräsidenten sind die gesetzlichen Vertreter des Verbandes im Sinne von § 26 BGB. Zur Vertretung ist jeder allein befugt. Im Innenverhältnis gilt folgendes: Die Vizepräsidenten dürfen erst tätig werden, wenn der Präsident verhindert ist oder er einen dazu ermächtigt. (5) Der Geschäftsführende Vorstand ist für alle Aufgaben zuständig, die nicht der Mitgliederversammlung oder dem Vorstand zugewiesen sind. (6) Dem Präsidenten obliegen insbesondere: 1. Die Leitung des Verbandes und die Durchführung der Beschlüsse der Organe des Verbandes. 2. Als Vorsitzendem des Vorstandes und des Geschäftsführenden Vorstandes die Einberufung und die Leitung der Sitzungen der Organe und des Beirats. 3. Die Dienstaufsicht über den Geschäftsführer (Direktor). (7) (8) In dringenden Angelegenheiten ist der Präsident berechtigt, Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen. Er hat den Vorstand darüber sobald als möglich zu unterrichten. (9) 10. Der Geschäftsführende Vorstand beschließt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Stimmenthaltungen werden nicht mitgezählt.

§ 13 Beirat (3) Der Beirat hat beratende Funktion.

§ 14 Arbeitsgruppen (1) Zur Bearbeitung von bestimmten Sachgebieten werden auf Beschluss des Vorstandes Arbeitsgruppen gebildet. (2) Vorsitzender der Arbeitsgruppe soll in der Regel der Präsident oder einer der Vizepräsidenten sein. (3) Der Vorsitzende ist für die Arbeit in der Arbeitsgruppe verantwortlich. Die Entscheidungen werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen. Stimmenthaltungen werden nicht mitgezählt. Mit der Genehmigung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen durch den Vorstand wird die Entscheidung der Arbeitsgruppe für den Verband verbindlich.

§ 15 Geschäftsführung (1) Die laufenden Geschäfte des Verbandes werden von einem Geschäftsführer (Direktor) geführt, der vom Präsidenten im Einvernehmen mit dem Vorstand bestellt wird. (2) (3) Der Geschäftsführer (Direktor) ist Dienstvorgesetzter der übrigen Angestellten des Verbandes. (4) Die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers (Direktors) werden durch ein Dienstvertrag geregelt.

Der Beigeladene zu 1) ist durchgehend mit einem landwirtschaftlichen Mischbetrieb mit ca. 10 ha Weinbau hauptberuflich selbständig als Landwirt und Winzer tätig. Seit 1991 ist er Präsident des Klägers. Eine schriftliche Vereinbarung über seine Tätigkeit für den Kläger besteht nicht. Im Rahmen dieser Tätigkeit nahm der Beigeladene zu 1) an Verbandsitzungen, Bezirksversammlungen der Verbandsbezirke, verschiedenen Veranstaltungen (z.B. Weinbautage, Trollinger Profil, Frühjahrsweinprobe, Wein des Monats, BW Classics, Tag der offenen Keller, Leseauftakt, Promiweinlese, Wahl der Weinkönigin, Preisverkündungen u.ä.) und Messen, politischen Gesprächen (Ministerium Ländlicher Raum, Bundesparteitag u.ä.) und Geburtstagen und Beerdigungen teil. Daneben ist er u.a. Aufsichtsratsvorsitzender des Weininstituts Württemberg, Delegierter des Landes bei der Konferenz der europäischen Weinregionen, Vizepräsident des Deutschen Weinbauverbandes, Vorstandsmitglied, Rechnungsprüfer und Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Forschung im Deutschen Weinbauverband und Mitglied des Verwaltungsausschusses des Deutschen Weininstituts. In diesem Zusammenhang nahm er im Jahr 2008 ca. 100 Termine wahr, davon ca. 20 verbandsinterne für Organsitzungen, Mitglieder- und Bezirksversammlungen; ca. 40 Termine entfielen auf die Teilnahme an Messen und oben näher beschriebene Veranstaltungen. Ergänzend wird auf die vom Beigeladenen zu 1) vorgelegte Aufstellung (Bl. 44/45 der SG-Akte) Bezug genommen.

Für seine Tätigkeit für den Kläger erhielt der Beigeladene zu 1) von diesem monatlich neben Sitzungsgeldern in (fester) Höhe von EUR 138,50 (ab 1. Januar 2008 EUR 150,00) und einer "Spesenpauschale" in Höhe von EUR 443,14 (ab 1. Januar 2008 EUR 500,00) eine "Vergütungsentschädigung" in (fester) Höhe von zunächst EUR 2.318,36, ab 1. November 2005 von EUR 2.341,54, ab 1. Mai 2006 von EUR 2.367,30, ab 1. August 2007 von EUR 2.446,48, ab 1. Januar 2008 von EUR 2.850,00 sowie ab 1. Juni 2008 von EUR 2.965,00. Nach einer der Beklagten vorgelegten Aufstellung (Bl. 161 der Verwaltungsakte) beinhaltete der letztgenannte Betrag Zahlungen für "Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse, Pflegeversicherung" in Höhe von EUR 490,79. Des Weiteren erhielt der Beigeladene zu 1) zum Jahresende eine zusätzliche Zahlung.

In einem Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 22. September 2008 forderte das Finanzamt Heilbronn den Kläger auf, ab dem 1. Januar 2009 von den Bezügen des Präsidenten, des Beigeladenen zu 1), den Steuerabzug vom Arbeitslohn vorzunehmen. Dieser erhalte ein festes monatliches Gehalt in Höhe von ca. 2.500,00 (+ 13. Gehalt) und eine monatliche Spesenpauschale. Da des Weiteren eine Weisungsgebundenheit gegenüber den Organen bestehe und ein Unternehmerrisiko fehle, sei von einem Arbeitsverhältnis auszugehen. Später revidierte das Finanzamt Heilbronn diese Auffassung und stufte die die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger als eine umsatzsteuerpflichtige ein (Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 20. März 2012 für den Zeitraum 2006 bis 2009 sowie entsprechende Umsatzsteuerbescheide vom 5. April 2012). An der im Prüfungsbericht vom 22. September 2008 geäußerten Auffassung, der Kläger sei insoweit zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, werde nicht mehr festgehalten; die Einkünfte seien ertragssteuerlich bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen (Schreiben des Finanzamtes Heilbronn vom 30. und 31. Mai 2012). Im Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 5. März 2013 wurde - für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2012 - eine lohnsteuerpflichtige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) nicht zugrunde gelegt; der Vorbehalt der Nachprüfung für die abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldungen für diesen Zeitraum wurde aufgehoben.

In der Zeit vom 24. Februar bis 2. Juni 2009 führte die Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durch. Nach Anhörung des Klägers durch Schreiben vom 5. Mai 2009 forderte sie mit Bescheid vom 2. Juni 2009 als Gesamtsozialversicherungsbeiträge Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen nach dem AAG für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 in Gesamthöhe von EUR 38.953,55. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nicht zu erheben, da der Beigeladene zu 1) durch seinen eigenen Betrieb hauptberuflich selbständig sei und somit nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Zur Begründung der angenommenen Versicherungspflicht führte sie insbesondere aus, wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses sei die persönliche Abhängigkeit. Sie äußere sich vornehmlich in der Eingliederung "in" einen Betrieb, womit regelmäßig die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers über "Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung" verbunden sei. Diese Weisungsgebundenheit könne aber - besonders bei Arbeitnehmern in leitender Stellung - bei Ausführung der Arbeit auf ein äußert geringes Maß herabgesetzt sein. Auch wenn ausdrückliche Weisungen nicht erteilt würden, liege eine fremdbestimmte Dienstleistung vor, wenn die zu erfüllende Aufgabe von der Ordnung des Betriebes geprägt werde, sich aus Übung oder Herkommen ergebe und die Arbeitskraft im Dienste des Unternehmers eingesetzt werden. Eine persönliche Abhängigkeit sei daher stets zu bejahen, wenn der Dienstleistende "in" einem Betrieb arbeite, also in den Betrieb eingegliedert sei und als Angehöriger des Betriebes angesehen werde, selbst wenn die Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Ausführung der Arbeit stark eingeschränkt sei. Grundsätzlich seien gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Vorstandsmitglieder von Vereinen und Genossenschaften versicherungspflichtig. Beim Kläger handele es sich nicht um eine Berufskammer, sondern um einen eingetragenen Verein. Angesichts der Höhe des monatlich bezogenen Betrages liege keine Aufwandsentschädigung für eine ehrenamtliche Tätigkeit mehr vor, sondern eine Vergütung für geleistete Arbeit. Da es für den Beigeladenen zu 1) keinen Arbeits- oder Dienstvertrag gebe, sei für die versicherungsrechtliche Beurteilung entscheidend, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihre Beziehung tatsächlich gestaltet hätten. Aufgrund der Satzung habe der Präsident eine starke Stellung innerhalb der Organisation. Dies sei jedoch bei so genannten Diensten höherer Art nichts Unübliches. Trotzdem sei der Präsident an die Beschlüsse der Organe des Verbandes (Mitgliederversammlung, Vorstand, Geschäftsführender Vorstand) gebunden. Insbesondere durch die Organe werde der Präsident ermächtigt und verpflichtet, die in § 4 der Satzung beschriebenen Aufgaben des Verbandes auszuüben. Die Kontrolle erfolge über § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Satzung durch die Entgegennahme des Rechenschaftsberichtes und der Entlastung des Vorstandes. Darüber hinaus seien in der Satzung für den Vorstand und den Geschäftsführenden Vorstand weitere Rechte und Pflichten geregelt, die der Präsident innehabe. Eine Beschäftigung, die einem Kontrollgremium unterworfen sei, könne nicht weisungsfrei ausgeübt werden. Ebenso wie die Steuerverwaltung gehe auch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung daher von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis aus.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, für die ehrenamtliche Tätigkeit des Präsidenten seien diesem stets Aufwandsentschädigungen oder Kostenersatz gezahlt worden. Im Laufe der Jahrzehnte seien immer wieder Prüfungen durch die Finanzbehörden und Betriebsprüfungen vorgenommen worden, in deren Rahmen die ehrenamtliche Tätigkeit des Präsidenten nie als versicherungspflichtig eingestuft worden sei. Obwohl eine rechtliche Änderung nicht erfolgt sei, werde aufgrund einer anderen Einschätzung desselben Sachverhaltes nunmehr rückwirkend eine Nachzahlung gefordert, was sich schon aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verbiete. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführte Beurteilung des zuständigen Finanzamtes sei falsch und vom ihm ebenfalls angefochten. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für ihn sei in erster Linie eine Interessenvertretung und keine spezifische, auf die Anforderungen und Bedürfnisse der weinwirtschaftlichen Produktion seiner Mitglieder zugeschnittene wirtschaftliche Tätigkeit. Sie stelle daher eine ehrenamtliche, von der Umsatzsteuer befreite Tätigkeit dar. Insoweit verwies der Kläger auf ein beigelegtes Urteil des Finanzgerichtes (FG) Baden-Württemberg vom 28. Oktober 2009 (1 K 1218/07) über die Tätigkeit eines Vorstandsmitgliedes für einen Kreisbauernverband. Wenn aber von einer Umsatzsteuerfreiheit auszugehen sei, dann sei schon die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als eine selbständige zu betrachten, da nur für diese überhaupt die Frage einer Umsatzsteuerpflicht bzw. -freiheit entstehe, also nicht für die Tätigkeit eines sozialversicherungspflichtigen Angestellten. Dies stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs, wonach auch Leistungen steuerbar seien, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgten und bei denen der Leistende ein Organ des Leistungsempfängers sei. Des Weiteren gehe das FG in dem genannten Parallelfall mangels Weisungsabhängigkeit von einer selbständigen Tätigkeit aus. Auch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beklagten sei unzutreffend. Aus seiner (des Klägers) Struktur könne keine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) abgeleitet werden. In keiner Regelung der Satzung werde bestimmt, dass der Präsident Weisungen der Mitgliederversammlung, des Vorstands oder des Geschäftsführenden Vorstandes unterworfen sei. Wie bei jeder selbständigen Tätigkeit habe auch sein Präsident weisungsfrei seine Funktion zu erfüllen. Dass dabei diese Funktion nicht im "luftleeren Raum" stehe, sondern im Zusammenhang mit der Verbandssatzung, sei selbstverständlich. Der Rahmen der weisungsfreien Tätigkeit ergebe sich aus § 4 der Satzung, nämlich aus den Aufgaben des Verbandes selbst. Eine Kontrolle durch andere Organe des Vereins, die sich der Satzung ohnehin nicht entnehmen lasse, sei kein Synonym für Weisungsgebundenheit. § 11 Abs. 3 Nr. 6 der Satzung zeige gerade, dass von einer Weisungsgebundenheit nicht ausgegangen werden könne, weil der Vorstand den Präsidenten in allen Verbandsangelegenheiten lediglich beraten, ihm aber keine Weisungen erteilen dürfe. Auch aus § 12 der Satzung ergebe sich keine Weisungsgebundenheit des Präsidenten, sondern vielmehr seine Weisungsungebundenheit, da er alleine die Vertretung des Verbandes übernehme, diesen alleine leite und die Dienstaufsicht über den Geschäftsführer ausübe. Auch die Berechnung der festgesetzten Beiträge sei fehlerhaft, weil der in der Aufwandsentschädigung enthaltene Ersatz für Telefon- und Fahrtkosten mit eingerechnet worden sei. Die monatlichen Zahlungen an den Beigeladenen zu 1) seien die Entschädigung für seinen Aufwand, denn dieser vertrete die Interessen vieler (im Einzelnen der oben genannten) Organisationen. Da er all diese Ämter ehrenamtlich ausübe, was mit einem Aufwand von ca. drei Wochentagen und diversen Wochenenden verbunden sei, werde eine Aufwandsentschädigung geschaffen. Diese Gelder versteuere er als landwirtschaftliches Einkommen und bezahle hiervon eine Ersatzkraft für seinen landwirtschaftlichen Betrieb. Jährlich lege er ca. 20.000 km für ihn zurück. Die Erhöhung der Vergütungsentschädigung sei wegen steigender Kosten für die ehrenamtliche Tätigkeit erfolgt. Ein Unternehmerrisiko könne für den Beigeladenen zu 1) natürlich nicht erkennbar sein, weil seine Tätigkeit nicht eine gewinnorientierte, sondern gerade eine ehrenamtliche sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Anders als der Kläger im angeführten Urteil des FG habe der Beigeladene zu 1) neben einer Spesenpauschale und Sitzungsgeldern eine sich jährlich erhöhende "Vergütungsentschädigung" in Höhe von EUR 3.115,00 monatlich erhalten. Aufgrund dieser Höhe könne nicht mehr von einer Aufwandsentschädigung ausgegangen werden. Das typische Unternehmerrisiko eines Selbständigen sei für den Beigeladenen zu 1) bezogen auf die für den Kläger übernommenen Arbeiten nicht erkennbar. Dass er bei der Ausübung seiner Arbeit keiner klassischen Kontrolle unterliege, werde nicht angezweifelt. Seine Tätigkeit sei jedoch als Dienst höherer Art anzusehen, bei dem die Weisungsgebundenheit eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sei. Unter Würdigung der Gesamtumstände sei daher von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Frühere beanstandungsfreie Betriebsprüfungen begründeten keine Entlastung für das bisherige und keinen Vertrauensschutz für das zukünftige Verhalten des Arbeitgebers; Betriebsprüfungen sollten lediglich einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstünden. Da der Kläger nicht mitgeteilt bzw. belegt habe, wie sich die an den Beigeladenen zu 1) gezahlten Beträge im Einzelnen zusammensetzten, sei der gesamte Betrag als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

Am 13. Dezember 2010 erhoben der Kläger und der Beigeladene zu 1) hiergegen Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Das dortige Klageverfahren des Beigeladenen zu 1) (S 10 R 4619/10) ruht derzeit.

In Ergänzung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens führte der Kläger zur Begründung aus, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei eine ehrenamtliche und unabhängige. Es fehle die Hauptberuflichkeit, da der Beigeladene zu 1) im Hauptberuf Landwirt und Winzer sei. Da er die fragliche Tätigkeit nicht für seinen Betrieb ausübe, fehle ein eigennütziges Erwerbsstreben. Vergütet würden lediglich der verbundene Aufwand an Kosten und Zeit. Die Beklagte habe nicht dargestellt, bis zu welcher Höhe ein solcher Aufwand entschädigt werden könne, ohne dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Bei der Annahme, eine angemessene Aufwandsentschädigung liege nicht mehr vor, habe sie den tatsächlichen Aufwand des Beigeladenen zu 1) nicht berücksichtigt. Durch die Höhe der Vergütung könne weder die Einkunftsart noch das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses gesteuert werden. Auch die Art der Berechnung der Aufwandsentschädigung (konkret oder pauschal) sei kein Kriterium für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Die Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass das vom Beigeladenen zu 1) für die Verbandstätigkeit genutzte Kfz dem Betriebsvermögen seines landwirtschaftlichen Betriebes zugehöre; der geldwerte Vorteil werde im landwirtschaftlichen Betrieb versteuert. Auch nutze er für die Vorbereitung der Tätigkeiten für ihn (den Kläger) sein eigenes Telefon, seine eigene EDV und sein eigenes Arbeitszimmer in seinem Betrieb. Das Finanzamt Heilbronn habe seine ursprüngliche Auffassung revidiert und die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für ihn (den Kläger) nicht mehr als eine lohnsteuerpflichtige, abhängige Beschäftigung eingeordnet. Selbst wenn man die Ehrenamtlichkeit verneinen sollte, wäre die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als eine selbständige zu werten. So habe das Bundessozialgericht (BSG) zur Frage eines Beschäftigungsverhältnisses von Vereinsvorständen oder Ehrenamtsinhabern ausgeführt, für den Schutz der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherung sei kein Raum, wenn eine Verrichtung im Rahmen der Mitgliedschaft zu einem privatrechtlichen Verein aufgrund von Mitgliedschaftspflichten ausgeübt werde, was auch die Repräsentanten des Vereins betreffe (Urteil vom 27. Januar 1994 – 2 RU 17/93 – juris). Bei einem Vorstand eines bürgerlich-rechtlichen Vereins komme es insbesondere darauf an, ob der Vorstand Weisungen an ihn durch seinen entscheidenden Einfluss auf das ihm hierzu rechtlich befugte Organ verhindern könne (BSG, Urteile vom 15. Dezember 1983 – 12 RK 57/82 – juris und vom 19. Juni 2001 – 12 RK 44/90 – juris). Diese Kriterien seien von der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt, vielmehr eine persönliche Abhängigkeit pauschal behauptet worden. Die Beklagte habe fälschlicherweise den Kostenersatz für den Beigeladenen zu 1) als Lohn gewertet. Die zahlreichen Fahrten und Termine seien mit großem Zeitaufwand verbunden. Schon bei Zugrundelegung lediglich der steuerlichen Sätze von EUR 0,30 je Kilometer und dem steuerlichen Tagesgeld von EUR 6,00 bzw. EUR 12,00 und EUR 24,00 seien für das Jahr 2008 EUR 5.425,50 an Kilometergeld und EUR 806,00 an Tagesgeld entstanden. Hierzu legte der Kläger eine Terminsliste 2008 vor (Bl. 45/46 der SG-Akten). Zwischen ihm und seinen Vorstandsmitgliedern bestünden keinerlei Arbeits- oder Dienstverhältnisse. Die Beklagte verkenne, dass Vereinsrecht gelte. Nach § 27 Abs. 3 i.V.m. § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) habe der Vorstand eines Vereins Anspruch auf Aufwendungsersatz. Unter Aufwendungen seien dabei alle Vermögensopfer mit Ausnahme der eigenen Arbeitszeit und Arbeitskraft, die der Vorstand zur Erfüllung seiner Aufgaben erbringe, zu verstehen. Die pauschale Aufwands- und Spesenentschädigung habe den Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten deutlich reduziert. Die Höhe der Aufwandsentschädigung sei durch den Geschäftsführenden Vorstand festgelegt worden. Mit dem "13. Monatsgehalt" werde dem Umstand Rechnung getragen, dass gegen Jahresende sehr viel Arbeit für den Verband anfalle. Verwiesen werde auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Schleswig-Holstein vom 11. Januar 2006 (L 5 KR 18/05 – juris), in dem dieses die Frage verneint habe, ob die Vorstandstätigkeit bei einem Verein, für die ein Aufwendungsersatz entrichtet worden sei, als Beschäftigung anzusehen sei. Wie im dort entschiedenen Fall fehle es auch vorliegend an seinem Weisungsrecht gegenüber seinem Präsidenten. Für den Verband vorzunehmende Repräsentationsfunktionen (Ehrungen und Preisverleihungen) stellten nach der genannten Entscheidung keine abhängige Beschäftigung dar, sondern seien sozialrechtlich irrelevante ehrenamtliche Tätigkeiten.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Aufgrund der – wenn auch eingeschränkt – bestehenden Weisungsgebundenheit, der regelmäßigen monatlichen Vergütung einschließlich eines 13. Monatsgehaltes und dem völligen Fehlen eines Unternehmerrisikos sei von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Der Beigeladene zu 1) führe nach § 12 Abs. 6 der Satzung die Beschlüsse der Organe des Verbandes durch und sei dadurch an diese Beschlüsse gebunden. Lediglich in dringenden Angelegenheiten sei er berechtigt, Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen (§ 12 Abs. 8 der Satzung). Die geänderte Rechtsauffassung des zuständigen Finanzamtes könne nicht nachvollzogen werden. Kosten, die dem Arbeitnehmer aufgrund der Nutzung seines privaten Fahrzeugs für dienstliche Fahrten entstünden, könne der Arbeitgeber steuer- und beitragsfrei erstatten. Voraussetzung hierfür sei der Nachweis der entstandenen Kosten. Pauschalvergütungen, die wegen der Benutzung des eigenen Fahrzeugs ohne Rücksicht auf die Anzahl und Fahrstrecken der tatsächlich ausgeführten Fahrten gewährt würden, seien dagegen steuer- und beitragspflichtige Arbeitslohn. Eine Abrechnung entsprechend den tatsächlich angefallenen Kosten sei bisher nicht erfolgt.

Mit Urteil vom 21. Januar 2014 hob das SG den Bescheid vom 2. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November "2009" auf. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger stelle eine selbständige Tätigkeit dar und begründe daher im streitgegenständlichen Zeitraum keine Sozialversicherungspflicht. Mangels eines gesonderten Dienstvertrages sei für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Tätigkeit maßgeblich auf die Satzung des Klägers und die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit abzustellen. § 12 Abs. 6 Nr. 1 der Satzung bestimme zwar, dass dem Präsidenten die Umsetzung der Beschlüsse der Verbandsorgane obliege; um welche Beschlüsse es sich dabei handle, bleibe jedoch offen. Beschlüsse, die die Verwaltung des Verbandes beträfen, entfalteten Bindungswirkung jedoch nicht für den Präsidenten, sondern für den eigens hierfür eingestellten Geschäftsführer. § 11 Abs. 3 Nr. 6 der Satzung, wonach der Vorstand des Klägers den Präsidenten nur beraten dürfe, spreche dafür, dass Letzterer grundsätzlich keiner Kontrolle hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Tätigkeiten für den Verband unterliege. Der Beigeladene zu 1) könne über seine Arbeitskraft frei verfügen, da aus der Satzung nicht abzuleiten sei, dass der Präsident bestimmte Termine für den Kläger wahrnehmen müsse. Des Weiteren verfüge dieser über eine eigene Betriebsstätte, da er für die Verbandstätigkeit das Arbeitszimmer und die EDV seines eigenen Betriebes nutze. Auf ein Unternehmerrisiko komme es schon deshalb nicht an, da auch der Verband selbst kein unternehmerisches, sondern nur ein repräsentatives Ziel verfolge. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zu so genannten Ehrenbeamten sei zu beachten, dass der Präsident für den Kläger kaum bis keine Verwaltungsaufgaben, sondern lediglich repräsentative Tätigkeiten wahrnehme. Der Zahlung eines "13. Monatsgehaltes" komme keine entscheidende Bedeutung zu, da der Kläger nachvollziehbar dargelegt habe, dass dieses eine Entschädigung des im letzten Quartal eines jeden Jahres zunehmenden Umfanges an repräsentativen Veranstaltungen darstelle.

Gegen dieses ihr am 6. März 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. März 2014 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus hat sie zur Begründung vorgetragen, aus der mangels eines gesonderten Dienstvertrages heranzuziehenden Satzung des Klägers ergebe sich, dass dessen Präsident in die Organe des Verbandes entsprechend der von ihnen zu erfüllenden Aufgabe eingebunden sei. Wie jedes andere Mitglied des jeweiligen Organs nehme er an der Aufgabenerfüllung teil. Auch wenn ihm die Einberufung, der Vorsitz und die Leitung der jeweiligen Sitzung obliege, habe er auf Entscheidungen bzw. Ergebnisse keinen entscheidenden Einfluss, da die Beschlüsse stets mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst würden und seiner Stimme auch bei Stimmengleichheit kein entscheidendes Gewicht zukomme. Das Organ, bei dem letztlich alle – vorbereiteten – Ergebnisse und Entscheidungen zusammengeführt würden und das aufgrund seiner zu treffenden Beschlüsse die Ausrichtung des Verbandes – verbindlich – bestimme, sei der Vorstand. Dieser sei zuständig für alle Entscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung; er bestimme unter anderem, wie sich der Verband mit seinen Mitgliedern wirtschaftspolitisch auf dem Markt positioniere und die Geschäftspolitik ausrichte. Der Präsident sei demgegenüber für die Umsetzung – Durchführung – dieser Beschlüsse im Rahmen des vorgegebenen "Kurses" zuständig. Zusammengefasst könne er nicht das "Ob" und den Inhalt einer Vorgabe bestimmen, wie es ein Unternehmer in seinem eigenen Betrieb könne, sondern lediglich die Umsetzung. Hierin sei eine Eingliederung in eine fremde Organisationsstruktur zu sehen, da der Präsident auf die – richtungslenkenden – grundsätzlichen Entscheidungen, wie sich der Verband positioniere und seine in § 4 der Satzung normierten Aufgaben erfülle, keinen Einfluss habe. Allein die weisungsfreie Durchführung der Beschlüsse ändere nichts daran, dass die Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 3. Februar 1994 – 12 RK 84/92 – juris) fremdbestimmt sei und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des "Betriebes" aufgehe. Die entsprechend der Satzung grundsätzlich auf die Umsetzung der Vorgaben gerichtete Tätigkeit, die Leitung des Verbandes entsprechend der vorgegebenen Geschäftspolitik und der Vorsitz und die Leitung der Sitzungen und Organe hätten Verwaltungscharakter. Dass dem Präsidenten jedenfalls auch ins Gewicht fallende Verwaltungsaufgaben übertragen seien, zeige sich auch an § 12 Abs. 6 Nr. 3 der Satzung, wonach dem Präsidenten die Dienstaufsicht über den Geschäftsführer obliege und er somit auch die sachgemäße Erledigung der laufenden Geschäfte zu überwachen habe. Des BSG habe bereits entschieden (Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 12/05 R – juris), dass es eines quantitativen oder qualitativen Überwiegens der Verwaltungsaufgaben oder des hierfür erforderlichen Zeitaufwandes nicht bedürfe. Des Weiteren sei die gezahlte Vergütung so erheblich, dass nicht lediglich von einer Aufwandsentschädigung ausgegangen werde. Die Vergütung enthalte auch Beträge für die Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung (ab dem 1. Juli 2008 in Höhe von EUR 490,70), was mit ca. 19 % der Höhe des Arbeitgeberanteiles entspreche. Die Entscheidung des SG basiere essentiell auf dessen Feststellung, dass der Präsident kaum bis keine Verwaltungsaufgaben wahrgenommen habe, sondern nur repräsentative Tätigkeiten ausübe. Dem sei aufgrund der Regelungen in der – rechtsverbindlichen – Satzung des Vereins zu widersprechen. Die Möglichkeit einer formalen Abbedingung der Rechte und Pflichten des Präsidenten sehe die Satzung nicht vor, so dass diese als wesentliche Umstände in die Gesamtbetrachtung einzustellen seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt, die Beklagte berücksichtige nicht die tatsächlichen Verhältnisse der Ausgestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für ihn, auf die es nach der Entscheidung des BSG vom 25. Januar 2006 (a.a.O.) maßgeblich ankomme. Für die Verwaltungsaufgaben sei ein Geschäftsführer eingestellt worden, so dass der Beigeladene zu 1) nur repräsentative Tätigkeiten wahrnehme. Die Bindung an Verbandsbeschlüsse sei vereinsrechtlicher Natur und betreffe alle Mitglieder. Vorstand und Beitrat hätten für die Tätigkeit des Präsidenten nur beratende Funktion; ein Weisungsrecht bestehe gerade nicht. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung sei mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar: Weder sei er eine öffentlich-rechtliche Körperschaft noch sei dem Beigeladenen zu 1) ein fest umgrenzter Geschäftsbereich seiner (des Klägers) laufenden Geschäfte übertragen. Er sei auch kein auf Gewinnerzielung angelegter wirtschaftlicher Verein, sondern eine "wirtschaftspolitische Interessenvertretung".

Die mit Beschlüssen des Senats vom 14. August 2014 und 2. Juni 2016 Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere bedurfte sie nicht der Zulassung, da über eine Beitragsnachforderung von EUR 38.953,55 gestritten wird, so dass der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.

2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2010 zu Recht aufgehoben. Denn diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 38.953,55 nachgefordert. Der Beigeladene zu 1) war zwischen dem 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 beim Kläger nicht abhängig beschäftigt und daher nicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sozialversicherungspflichtig, so dass der Kläger für diesen Zeitraum auch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen schuldet. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden nicht erhoben.

a) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2933) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

b) Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Rentenversicherung gelten nach § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 SGB III auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.

Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 19, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff., BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn.19, jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).

(2) Diese Grundsätze gelten auch für Organe oder Organmitglieder juristischer Personen. Die Organstellung in einer juristischen Person schließt für sich allein die Versicherungspflicht nicht aus. Vielmehr ist diese von einem etwa vorliegenden Beschäftigungsverhältnis zu trennen. So hat das BSG (Urteil vom 30. November 1978 – 12 RK 33/76 – juris Rn. 20 m.w.N. zum Vorsteher eines öffentlich-rechtlichen Wasserverbandes und zum ehrenamtlichen Bürgermeister; Urteil vom 27. Januar 2010 – B 12 KR 3/09 R – juris Rn. 14 zum ehrenamtlich beschäftigten stellvertretenden Landrat) als maßgeblich herausgestellt, ob nur eine Repräsentationsfunktion oder eine dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktion ausgeübt werde. Zum Vorstandsmitglied einer eingetragenen Genossenschaft hat das BSG unter Verweis auf frühere Entscheidungen ausgeführt, dass zwar die Wahrnehmung von Funktionen eines gesetzlichen Vertreters möglicherweise noch keine abhängige Arbeit sei; anders liege der Fall jedoch, wenn das Vorstandsmitglied zugleich laufende Verwaltungsgeschäfte der Genossenschaft führe und dafür gleichbleibende Bezüge erhalte (BSG, Urteil vom 21. Februar 1990 – 12 RK 47/87 –, juris Rn. 12 m.w.N.; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. September 2012 – L 1 KR 185/10 – juris Rn. 31 zur Genossenschaft und Urteil vom 25. Oktober 2013 – L 1 KR 477/12 – juris Rn. 37 zur Stiftung des bürgerlichen Rechts). Diese Grundsätze sind zumindest auch auf diejenigen bürgerlich-rechtlichen Vereine anzuwenden, deren Zweck darauf gerichtet ist, ihren Mitgliedern Hilfen für die Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele zu gewähren. Denn auch die bei einem solchen Verein zur Erreichung des Vertragszweckes anfallenden allgemeinen Verwaltungsgeschäfte, die von Vorstandsmitgliedern verrichtet werden, wären dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich (BSG, Urteile vom 15. Dezember 1983 – 12 RK 57/82 –, juris Rn. 11 und vom 19. Juni 2011 - B 12 KR 44/00 R - juris Rn. 14). Grundsätzlich ist für den Schutz der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherung kein Raum, wenn eine Verrichtung im Rahmen der Mitgliedschaft zu einem privatrechtlichen Verein aufgrund von Mitgliedschaftspflichten ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 27. Januar 1994 – 2 RU 17/93 –, juris Rn. 20 zur gesetzlichen Unfallversicherung), so dass bei Repräsentanten des Vereins die Teilnahme an Organsitzungen, Tagungen oder ähnlichen Veranstaltungen nicht der Sozialversicherung unterfallen (Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl., SGB IV § 7 Rn. 35). Maßgeblich ist somit, ob neben der Organstellung auch in wesentlichem Umfange dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen für den Verein verrichtet werden bzw. in welchem Umfange die für den Verein verrichteten Tätigkeiten repräsentative oder verwaltende Geschäfte sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es mithin nicht auf jedwede Verwaltungstätigkeit an, insbesondere nicht die rein organschaftlich begründete (z.B. Leitung von Sitzungen o.ä.). Dabei kann Versicherungspflicht auch dann vorliegen, wenn die Verwaltungsgeschäfte durch die Satzung übertragen worden sind (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 12 RK 57/82 –, juris Rn. 11, 14; Berchtold, a.a.O., Rn. 36).

(3) Beim Kläger handelt es sich um einen Verein, dessen Zweck darauf gerichtet ist, seinen Mitgliedern Hilfen für die Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele zu gewähren. Dafür spricht bereits die in der Satzung geregelte Zwecksetzung der Vertretung der berufsständischen und wirtschaftspolitischen Interessen der Weingärtner sowie die in § 4 der Satzung formulierten Aufgaben (z.B. Wahrnehmung der Interessen des württembergischen Weinbaus). Dem steht nicht entgegen, dass der Zweck des Verbandes nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (§ 3 Abs. 2 der Satzung). Denn dies entspricht nach § 21 BGB gerade dem Wesen des eingetragenen Vereins (Idealverein). Ohnehin dient das Kriterium der (mittelbaren) wirtschaftlichen Zwecksetzung allein der Bestimmung der Vereine, bei denen zu erwarten ist, dass die zur Erreichung des Vertragszweckes anfallenden allgemeinen Verwaltungsgeschäfte dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich sind. Im Falle des Klägers ist eine solche Übertragung der allgemeinen Verwaltung auf einen Dritten (hier Geschäftsführer) tatsächlich erfolgt (§ 15 der Satzung).

Die Feststellung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung setzt somit zunächst die Bestimmung der – rechtlich und tatsächlich – übernommenen Verrichtungen des Beigeladenen zu 1) für den Kläger voraus. Nach dem vorstehend Ausgeführten scheiden Verrichtungen, die Inhalt und Ausfluss der Organstellung und der Mitgliedschaft sind, von vornherein aus. Dies betrifft vorliegend die Teilnahme an Organsitzungen, die der inneren Willensbildung des Vereins dienen, aber auch an Mitglieder- und Bezirksversammlungen.

Da eine schriftliche Vereinbarung, z.B. i.S.e. Dienstvertrages, zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) nicht existiert, ist zunächst auf die Vereinssatzung zurückzugreifen. § 11 Abs. 3 der Satzung regelt die Aufgaben des Vorstandes, dessen Mitglied der Beigeladene zu 1) als Vorsitzender ist. Die dort genannten Aufgaben sind entweder Teil der vereinsinternen Willensbildung (Beschlussfassung über Fragen der Weinmarktorganisation) oder spezifisch vereinsinterne Angelegenheiten, die keine dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglichen, allgemeinen Verwaltungsgeschäfte darstellen (Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten; Beschlussfassungen über die Aufstellung des Haushaltsplans oder die Jahresrechnung; Entlastung des Geschäftsführenden Vorstandes und der Geschäftsführung; Beratung des Präsidenten in allen Verbandsangelegenheiten; Bestellung der Arbeitsgruppen; Ernennung von Ehrenmitgliedern etc.). Nach § 12 Abs. 4 der Satzung sind der Präsident und die Vizepräsidenten die gesetzlichen Vertreter des Verbandes im Sinne von § 26 BGB. Zur Vertretung ist jeder allein befugt. Im Innenverhältnis dürfen die Vizepräsidenten erst tätig werden, wenn der Präsident verhindert ist oder er einen dazu ermächtigt. Damit ist der Beigeladene zu 1) als Präsident des Klägers dessen vorrangiger gesetzlicher Vertreter. Dies beinhaltet aber keine spezielle Aufgabenzuweisung durch die Satzung, sondern bestätigt nur die aus der Organstellung fließende, gesetzlich nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB vorgesehene Rechtsmacht. Satzungsmäßig wird der Beigeladene zu 1) des Weiteren als Teil des Geschäftsführenden Vorstandes tätig. Dieser ist nach der generalklauselartigen Regelung des § 12 Abs. 5 der Satzung für alle Aufgaben zuständig, die nicht der Mitgliederversammlung oder dem Vorstand zugewiesen sind. Eine nähere Spezifizierung erfolgt nicht. Gleiches gilt für die Bestimmung des § 12 Abs. 6 Nr. 1 der Satzung, wonach dem Präsidenten die Leitung des Verbandes und die Durchführung der Beschlüsse der Organe des Verbandes obliegt. Diese Regelungen des § 12 Abs. 4 bis 6 der Satzung sind im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 der Satzung zu sehen, wonach die laufenden Geschäfte des Verbandes von einem Geschäftsführer (Direktor) geführt werden. Damit ergibt sich bereits aus der Satzung, dass dem Präsidenten weder in dieser Funktion noch als Teil des Geschäftsführenden Vorstandes die allgemeinen Verwaltungsgeschäfte zugewiesen sind, die dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich sind. Diese sind vielmehr als laufende Geschäfte des Verbandes ausdrücklich dem Geschäftsführer (Direktor) übertragen. Umfasst ist davon auch die Funktion des Dienstvorgesetzen der übrigen Angestellten des Vereins (§ 15 Abs. 3 der Satzung). Eine Zuständigkeit des Präsidenten für diese allgemeinen Verwaltungsgeschäfte ergibt sich auch nicht aus § 12 Abs. 8 der Satzung, wonach der Präsident in dringenden Angelegenheiten berechtigt ist, Entscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen. Dies bezieht sich schon nach der systematischen Stellung allein auf die Geschäfte in der Zuständigkeit des Geschäftsführenden Vorstandes und damit nach § 15 der Satzung gerade nicht auf die laufenden Geschäfte im Sinne allgemeiner Verwaltung. Die Dienstaufsicht über den Geschäftsführer (§ 12 Abs. 6 Nr. 3 der Satzung) lässt zum einen keine Einflussmöglichkeit anderer Organe des Vereins auf Handlungen des Präsidenten erkennen, insbesondere besteht anders als bei § 12 Abs. 6 Nr. 1 der Satzung keine Bindung durch Beschlüsse der Organe des Vereins. Zum anderen handelt es sich insoweit um die Kontrolle des für die allgemeinen, dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglichen Verwaltungsgeschäfte zuständigen Geschäftsführers, so dass diese Aufgabe selbst keine solche allgemeine Verwaltungsangelegenheit sein kann. Die in § 12 Abs. 6 Nr. 2 der Satzung dem Präsidenten zugewiesene Einberufung und Leitung von Sitzungen der Organe und des Beirats ist Ausfluss dessen Organstellung. Anders als den in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen (s.o.) ist dem Beigeladenen zu 1) hier somit weder durch die Satzung noch durch einen Dienstvertrag ein bestimmter Aufgabenbereich zugewiesen (z.B. vollständige Verwaltung, kaufmännischer Bereich, technische Überwachung).

Aus der tatsächlichen Ausübung des Präsidentenamtes ergeben sich ebenfalls keine der Sozialversicherung unterfallenden Verrichtungen. Der Senat entnimmt dies der Terminsaufstellung des Beigeladenen zu 1) für das Jahr 2008, das er als repräsentativ auch für den übrigen streitigen Zeitraum ansieht. Denn Änderungen in der Ausgestaltung der Präsidentenfunktion und -tätigkeit sind weder ersichtlich noch von den Beteiligten vorgetragen. Auch die Beklagte hat während des Verfahrens keine Feststellungen getroffen und festgehalten, die dieser Darstellung widersprechen. Zu beachten sind dabei nur die Tätigkeiten, die tatsächlich für den Kläger ausgeübt wurden, nicht solche für andere Organisationen, deren Mitglied der Beigeladene zu 1) ebenfalls ist (z.B. Bundesverband ca. 10 Termine). Von den für das Jahr 2008 dokumentierten ca. 100 Terminen (einschließlich derer für andere Organisationen) entfielen ca. 20 auf verbandsinterne für Organsitzungen, Mitglieder- und Bezirksversammlungen, ca. 40 auf die Teilnahme an Messen und Veranstaltungen (z.B. Weinbautage, Trollinger Profil, Frühjahrsweinprobe, Wein des Monats, BW Classics, Tag der offenen Keller, Leseauftakt, Promiweinlese, Wahl der Weinkönigin, Preisverkündungen u.ä.), weitere u.a. im politischen Bereich (Ministerium, Parteitag, Gespräche mit anderen Verbänden o.ä.). Neben den organspezifischen bildeten somit repräsentative Verrichtungen den überwiegenden Inhalt der Tätigkeit für den Kläger. Ein - auch verfeinertes - Weisungsrecht bestand für die repräsentativen Aufgaben ohnehin nicht; jedenfalls ist eine rechtliche Grundlage hierfür nicht ersichtlich. Denn diese entsprangen letztlich der Mitgliedschaft und der Organstellung, also nicht einem Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Verhältnis. Insbesondere handelte es sich nicht um Tätigkeiten, die dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich sind.

Da die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger sowohl hinsichtlich des organisatorischen als auch des repräsentativen Anteils somit Inhalt und Ausfluss der Organstellung und der Mitgliedschaft ist, scheidet eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung schon aus diesem Grund aus. Damit kommt den Fragen der Bindung des Beigeladenen zu 1) an Beschlüsse der Organe des Klägers bei dieser Tätigkeit, der Höhe und Regelmäßigkeit der hierfür gezahlten "Vergütungsentschädigung" nebst Pauschalen für Sitzungsgelder und Spesen und der Zahlung eines "13. Monatsgehaltes" keine entscheidende Bedeutung zu. Ob es sich um dabei um eine selbständige oder sonst der Umsatzsteuer unterworfene oder eine steuerfreie ehrenamtliche Tätigkeit handelte, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

Die Berufung der Beklagten war somit zurückzuweisen. Da das angefochtene Urteil den aufgehobenen Widerspruchsbescheid unzutreffend bezeichnet hat, war dies im Tenor zu korrigieren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Beklagten aufzulegen.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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