B 12 KR 5/03 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 5/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2002 wird zurückgewiesen, soweit es die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung der Klägerin zu 2) und der Beigeladenen zu 7) betrifft. Die Beklagte hat den Klägern zu 1) und 2) sowie der Beigeladenen zu 7) die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin zu 2) und die Beigeladene zu 7) auf Grund des Werkstudentenprivilegs versicherungs- und beitragsfrei gewesen sind.

Der Kläger zu 1) ist Rechtsanwalt. Die Klägerin zu 2) war bei ihm als Sachbearbeiterin und Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellte mit wöchentlich 38 Stunden beschäftigt. Am 1. April 2000 nahm sie an einer Fachhochschule das Studium der Sozialarbeit/Sozialpädagogik auf und reduzierte deshalb ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 19 Stunden. Außerdem war beim Kläger zu 1) eine weitere Mitarbeiterin, die Beigeladene zu 7), als Sachbearbeiterin beschäftigt. Diese studierte seit dem Wintersemester 1994/95 Rechtswissenschaft und arbeitete wöchentlich nur noch 19 Stunden. Am 3. September 1999 bestand sie im Wege des Freiversuchs die Erste juristische Staatsprüfung. Zur Notenverbesserung blieb sie zunächst als Studentin weiter eingeschrieben. Am 1. August 2000 trat sie unter Verzicht auf die Wiederholungsprüfung in den juristischen Vorbereitungsdienst ein.

Die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) führte im Herbst 2001 beim Kläger zu 1) für Januar 1997 bis Dezember 2000 eine Arbeitgeberprüfung (Betriebsprüfung) durch. Mit Beitragsbescheid vom 13. Dezember 2001 beanstandete sie gegenüber dem Kläger zu 1), dass dieser bei drei seiner Beschäftigten zum Teil zu Unrecht Versicherungs- und Beitragsfreiheit angenommen habe. Unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 10. Dezember 1998 (SozR 3-2500 § 6 Nr 16) vertrat sie hinsichtlich der Klägerin zu 2) die Ansicht, dass Studenten, die nach Aufnahme eines Studiums weiterhin bei demselben Arbeitgeber beschäftigt blieben, ab dem Sommersemester 2000 auch dann nicht mehr versicherungsfrei seien, wenn sie den Umfang des Beschäftigungsverhältnisses den Erfordernissen des Studiums anpassten. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 7) führte die beklagte LVA aus, die Zugehörigkeit zum Kreis der versicherungsfreien Studenten ende mit dem im jeweiligen Studiengang erstmöglichen Abschluss im Freiversuch. Der Kläger zu 1) habe für die Klägerin zu 2) für die Zeit von April bis Dezember 2000 5.275,60 DM sowie für die Beigeladene zu 7) für die Zeit vom 4. September 1999 bis 31. Juli 2000 insgesamt 12.104,56 DM Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu zahlen. Der Kläger zu 1) legte gegen den Bescheid Widerspruch ein. Die LVA half diesem hinsichtlich der für eine weitere Beschäftigte verlangten Beiträge ab (Bescheid vom 7. Februar 2002) und wies den Widerspruch im Übrigen hinsichtlich der Klägerin zu 2) und der Beigeladenen zu 7) mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2002 zurück. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 teilte die LVA der Klägerin zu 2) den gegenüber dem Kläger zu 1) ergangenen Bescheid mit und wies sie darauf hin, dass anlässlich der Betriebsprüfung ihre Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung festgestellt worden sei. Die Klägerin zu 2) legte gegen den gegenüber dem Kläger zu 1) ergangenen Bescheid Widerspruch ein, den die LVA ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2002 zurückwies.

Der Kläger zu 1) sowie die Klägerin zu 2) haben Klagen erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat beide Klagen verbunden. Es hat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ((BfA) Beigeladene zu 1), die Bundesanstalt für Arbeit ((BA) Beigeladene zu 2), die Barmer Ersatzkasse (Beigeladene zu 3), deren Pflegekasse (Beigeladene zu 4), die Gmünder Ersatzkasse (Beigeladene zu 5), deren Pflegekasse (Beigeladene zu 6) und die Beigeladene zu 7) beigeladen. Mit Urteil vom 16. Dezember 2002 hat es den gegenüber dem Kläger zu 1) erlassenen Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2002 aufgehoben, soweit darin für die Klägerin zu 2) und die Beigeladene zu 7) Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung festgestellt und vom Kläger zu 1) Beiträge in Höhe von 17.380,16 DM nachgefordert worden sind. Auf die Klage der Klägerin zu 2) hat das SG den gegenüber ihr ergangenen Widerspruchsbescheid vom 14. März 2002 aufgehoben, soweit darin die Versicherungspflicht der Klägerin zu 2) zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) festgestellt worden ist. Die Feststellung der Versicherungspflicht sowie die Beitragsforderung seien rechtswidrig. Die Klägerin zu 2) und die Beigeladene zu 7) seien in der streitigen Zeit auf Grund des Werkstudentenprivilegs versicherungsfrei und beitragsfrei gewesen. Der an die Klägerin zu 2) gerichtete Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei schon deshalb aufzuheben, weil der Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung nur zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Arbeitgebern, nicht aber gegenüber Beschäftigten ermächtigt sei. Eine Statusentscheidung gegenüber der Klägerin zu 2) habe nur von der Einzugsstelle getroffen werden können.

Die beklagte LVA hat Sprungrevision eingelegt. Der Kläger zu 1), die Beklagte, die beigeladene BfA sowie die Beigeladene zu 7) haben im Revisionsverfahren einen die Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 7) betreffenden Verfahrensvergleich geschlossen. Die Beteiligten haben sich verpflichtet, insofern für die Rentenversicherung nach dem Urteil des Senats zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu verfahren. Die Beklagte hat daraufhin ihre Revision auf die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung beschränkt. Sie hat an ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Ansicht festgehalten. Die Beigeladenen zu 1), 2), 5) und 6) haben sich ihrem Vorbringen angeschlossen.

Die Beklagte, die Beigeladenen zu 1), 5) und 6) beantragen,

das Urteil des SG vom 16. Dezember 2002 aufzuheben, soweit es die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung der Klägerin zu 2) und der Beigeladenen zu 7) betrifft und die Klage abzuweisen,

Der Kläger zu 1), die Klägerin zu 2) und die Beigeladene zu 7) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das Urteil des SG in der Sache für zutreffend.

Die Beigeladenen zu 2), 3) und 4) haben keinen Antrag gestellt.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat der Klage des Klägers zu 1) gegen den ihm erteilten Bescheid vom 13. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2002 zu Recht stattgegeben und diese Bescheide zutreffend aufgehoben. Diese sind rechtswidrig. Die Klägerin zu 2) war als Studentin seit Aufnahme ihres Studiums in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei (dazu 1.). Ebenso bestand für die Beigeladene zu 7) in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung Versicherungsfreiheit, solange sie sich nach Bestehen der Ersten juristischen Staatsprüfung als weiterhin eingeschriebene Studentin auf eine Wiederholungsprüfung zur Notenverbesserung vorbereitete (dazu 2.). Der Klage der Klägerin zu 2) hat das SG im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung, ebenfalls zu Recht stattgegeben (dazu 3.).

1. Die Klägerin zu 2) war in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) während der Zeit von April bis Dezember 2000 in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungsfrei. Für sie waren in diesen Versicherungszweigen keine Beiträge aus dem Arbeitsentgelt zu zahlen. Die Klägerin zu 2) übte beim Kläger zu 1) zwar eine Beschäftigung aus, in der sie wegen der Höhe des Entgelts nicht wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei war. Sie war aber als Studentin versicherungsfrei. Das Werkstudentenprivileg gilt demgegenüber in der Rentenversicherung seit Oktober 1996 von Übergangsfällen abgesehen nicht mehr (dazu BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 1) und damit nicht mehr für die Klägerin zu 2), die erst im Jahre 2000 Studentin wurde. Die Beiträge zur Rentenversicherung wurden vom Kläger zu 1) offenbar auch gezahlt. Eine Nachforderung erfolgte im angefochtenen Beitragsbescheid insoweit nicht.

a) Auch Studenten unterliegen, wenn sie einer mehr als geringfügigen Beschäftigung nachgehen, im Grundsatz der für abhängig Beschäftigte angeordneten Versicherungspflicht (vgl § 25 Abs 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III), § 5 Abs 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 1 Satz 1 Nr 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI)). Nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V sind Studenten jedoch krankenversicherungsfrei, wenn sie während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Entsprechendes gilt für die Soziale Pflegeversicherung (vgl § 1 Abs 2 Satz 1 SGB XI) und das Recht der Arbeitsförderung. Auch dort sind Personen, die während ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei (§ 27 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III).

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hat für die Versicherungsfreiheit auf Grund dieses Werkstudentenprivilegs nicht das formale Kriterium genügen lassen, dass es sich bei den Beschäftigten statusrechtlich um Studenten handelt. Die Versicherungsfreiheit verlangt vielmehr neben dem förmlichen Status des Studenten (Immatrikulation), dass das Studium Zeit und Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch nimmt und er damit trotz Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt. Gesetzliches Leitbild des Werkstudentenprivilegs sind demnach Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Beschäftigung ist demgemäß nur versicherungsfrei, wenn und solange sie "neben" dem Studium ausgeübt wird, ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist, mithin das Studium die Hauptsache, die Beschäftigung die Nebensache ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 16 mwN).

b) Die Frage, wann das Studium die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache ist, hat das BSG wiederholt beschäftigt und zu einer Vielzahl von Entscheidungen geführt. Der Sache nach lassen sich dabei zwei Fallgruppen unterscheiden.

aa) Zum einen ging es um Studenten, die vor Aufnahme des Studiums noch nicht abhängig beschäftigt waren und die eine Beschäftigung erstmals während ihres Studiums aufgenommen hatten. Hier hat das BSG bei einer Beschäftigung während des Semesters im Wesentlichen darauf abgestellt, ob die Beschäftigung Zeit und Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch nimmt. Es hat dies bei einer während des Semesters ausgeübten Beschäftigung bejaht, sofern deren zeitlicher Umfang wöchentlich 20 Stunden übersteigt (vgl zB BSGE 40, 93, 95 = SozR 2200 § 172 Nr 3; SozR 2400 § 2 Nr 3 S 3; BSGE 44, 164, 165 = SozR 4100 § 134 Nr 3). Eine in den von Studienanforderungen freien Semesterferien ausgeübte Beschäftigung steht dem Erscheinungsbild als Student auch dann nicht entgegen, wenn die genannte 20-Stunden-Grenze überschritten wird (BSGE 44, 164, 166 = SozR 4100 § 134 Nr 3; SozR 2200 § 172 Nr 12 S 23). Allerdings wird bei einem längeren Ausschöpfen der 20-Stunden-Grenze im Semester und einer vollschichtigen Beschäftigung in den Semesterferien das Erscheinungsbild eines Arbeitnehmers bestehen, weil dann insgesamt eine weit mehr als halbschichtige Beschäftigung ausgeübt wird. Andererseits hat das BSG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden im Semester später nicht (mehr) als absolute Grenze, wohl aber als ein wesentliches Beweiszeichen angesehen, dem bei der Würdigung des Gesamtbildes besonderes Gewicht zukommt (vgl BSGE 50, 25, 27 = SozR 2200 § 172 Nr 14; BSG SozR 2200 § 172 Nr 20 S 45, 47). Die genannte 20-Stunden-Grenze war an einer früher üblichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ausgerichtet. Es sind später gelegentlich Zweifel daran geäußert worden, ob an der 20-Stunden-Grenze festzuhalten ist, wenn die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit auf weniger als 40 Stunden sinkt (vgl BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 16 S 57). Der Senat hält einstweilen an der bisherigen Grenze fest. Sie ist bekannt und bewährt. Zudem ist gegenwärtig eher eine Entwicklung zu einer Verlängerung als zu einer Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit zu beobachten.

bb) Eine zweite Fallgruppe zeichnet sich dadurch aus, dass die Studenten eine vor Aufnahme des Studiums ausgeübte Beschäftigung auch während ihres Studiums fortgesetzt hatten. Das BSG hat in diesen Fällen Versicherungsfreiheit regelmäßig verneint, auch wenn die Arbeitszeit mit Rücksicht auf das Studium verringert worden war (vgl BSGE 27, 192 = SozR Nr 3 zu § 1228 Reichsversicherungsordnung (RVO) zum Abendstudium an einer Bauschule neben einer Beschäftigung; BSGE 33, 229 = SozR Nr 14 zu § 172 RVO zur Ganztagsbeschäftigung neben tageweisem Studium; BSGE 39, 223 = SozR 2200 § 172 Nr 2 zur Beschäftigung mit Beurlaubung für Studienzeiten unter Zahlung einer Ausbildungsvergütung durch den Arbeitgeber; BSGE 41, 24 = SozR 2200 § 165 Nr 8 zur Beurlaubung für die Dauer des Studiums unter Fortzahlung des nur unwesentlich gekürzten Gehalts; BSGE 78, 229 = SozR 3-2500 § 6 Nr 11 zur Beschäftigung mit Sonderurlaub für ein Studium bei Zahlung einer Studienförderung). In all diesen Entscheidungen bestand zwischen der fortgeführten Berufstätigkeit und dem Studium ein enger innerer Zusammenhang, dem für die Feststellung des Erscheinungsbildes eine größere Bedeutung beigemessen wurde als der zeitlichen Inanspruchnahme durch die Beschäftigung. Mit Urteil vom 10. Dezember 1998 (BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 16), das zu dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 6. Oktober 1999 (Die Beiträge 2000, 98, 112) führte, hat der Senat entschieden: Nicht als Werkstudent versicherungsfrei ist, wer nach Abschluss einer Berufsaubildung ein beruflich weiterführendes (berufsintegriertes) Studium absolviert, wenn er die Beschäftigung in dem erlernten Beruf während des Semesters als Teilzeitbeschäftigung und während der vorlesungsfreien Zeit als Vollzeitbeschäftigung ausübt. Ein Erreichen oder Überschreiten der 20-Stunden-Grenze sei nicht Voraussetzung für die Versicherungs- und Beitragspflicht.

cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Spitzenverbände folgt aus dieser Entscheidung nicht, dass Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 27 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III immer dann ausscheidet, wenn eine vor Aufnahme des Studiums ausgeübte Beschäftigung fortgeführt wird, selbst wenn das Arbeitsverhältnis vom Umfang her den Erfordernissen des Studiums angepasst wird und der Studiengang mit der Beschäftigung nicht in einem Zusammenhang steht. Vielmehr kam es auch in dieser Entscheidung darauf an, ob die Beschäftigung "neben" dem Studium ausgeübt wurde und ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet oder ob das Studium von der weiterhin ausgeübten Beschäftigung geprägt war. Die Klägerin jenes Verfahrens, eine Bankangestellte, studierte an einer von Banken getragenen privaten Fachhochschule für Bankwirtschaft Betriebswirtschaftslehre. Zu diesem Zweck hatte sie während des Semesters die Arbeitszeit auf 19,5 Stunden in der Woche verringert, wobei sie abwechselnd an zwei oder drei Tagen in der Woche studierte und an den übrigen Tagen der Woche bei ihrem bisherigen Arbeitgeber arbeitete. Außerhalb der Vorlesungszeit arbeitete sie dort 38 Stunden in der Woche (vgl BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 16 S 52). Nach der damaligen Entscheidung des Senats hatte das LSG bei dem festgestellten Sachverhalt Versicherungsfreiheit ohne Rechtsfehler verneint. Auch in Fällen der Fortsetzung einer früher ausgeübten Beschäftigung war entscheidend darauf abzustellen, ob die Beschäftigung dem Studium nach Zweck und Dauer untergeordnet war, und dieses dort zu verneinen.

Besteht zwischen dem Studium und der weiter ausgeübten Beschäftigung kein prägender innerer Zusammenhang, kommt es für die Annahme von Versicherungsfreiheit maßgeblich auf die zeitliche Unterordnung der Beschäftigung unter das Studium an. Insoweit ist aus Gründen der Gleichbehandlung auch bei Studenten, die erst während einer Beschäftigung ein Studium aufnehmen, von der 20-Stunden-Grenze auszugehen. Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), der auch die Gerichte bei ihrer Auslegung des Gesetzes bindet (vgl Art 1 Abs 3 GG), verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche rechtliche Behandlung rechtfertigen könnten. Die für die Rechtfertigung der Versicherungsfreiheit beschäftigter Studenten (Werkstudentenprivileg) in Betracht zu ziehenden Erwägungen (zum Meinungsstand die Nachweise bei Felix, SozVers 2002, 116 ff) lassen es nicht zu, Studenten, die bereits vor der Aufnahme des Studiums beschäftigt waren, die Versicherungsfreiheit generell zu versagen und sie damit anders zu behandeln als Studenten, die erst während des Studiums eine Beschäftigung aufnehmen. Soweit durch das Werkstudentenprivileg Studenten zur Finanzierung ihres Studiums wirtschaftlich von Beiträgen entlastet werden sollen, trifft dieser Gesetzeszweck auch auf Studenten zu, die ihre bisherige Beschäftigung im Hinblick auf ihr Studium einschränken und entsprechend geringere Arbeitsentgelte erzielen. Im Übrigen dürfte es oft von Zufällen abhängen, ob ein Student Gelegenheit hat, bei seinem bisherigen Arbeitgeber weiter zu arbeiten, oder ob er sich nach Beendigung der bisherigen Beschäftigung einen neuen Arbeitgeber oder eine andere Beschäftigung sucht.

dd) Nach den bindenden Feststellungen des SG hat die Klägerin zu 2) im streitigen Zeitraum durchgehend 19 Stunden wöchentlich oder weniger gearbeitet. Sie hat sich überwiegend ihrem Studium gewidmet und ihre konkreten Arbeitszeiten den universitären Verpflichtungen angepasst. Das SG hat daher für die Würdigung des Erscheinungsbildes der Klägerin zu 2) als Studentin oder Beschäftigte entscheidend auf die zeitliche Unterordnung der Beschäftigung unter das Studium und dabei vor allem auf die zeitliche Dauer der Beschäftigung abgestellt. Die Annahme des SG, dass die von ihr im Umfang von wöchentlich 19 Stunden ausgeübte Beschäftigung hinter ihrem Studium zurücktritt, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die 20-Stunden-Grenze wurde im Semester und in der vorlesungsfreien Zeit nicht erreicht.

Die Klägerin zu 2) war somit von April bis Dezember 2000 in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) versicherungsfrei. In der Kranken- und der Pflegeversicherung war damit der Weg für eine Versicherungspflicht als Studentin frei (Krankenversicherung der Studenten (KVdS)). In diesen Versicherungszweigen unterliegen Studenten auf Grund ihres Studentenstatus bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens jedoch bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres einer besonderen Versicherungspflicht (vgl § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 9 SGB XI). Diese tritt gegenüber einer Beschäftigtenversicherung (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI) zurück (vgl § 5 Abs 7 Satz 1 SGB V), wird jedoch grundsätzlich wirksam, wenn in der Beschäftigung Versicherungsfreiheit auf Grund des Werkstudentenprivilegs besteht.

c) Der Senat folgt demnach den Versicherungsträgern nicht in dem Bestreben, das Werkstudentenprivileg auszuschließen, wenn vor dem Studium bereits eine Beschäftigung ausgeübt worden ist und diese während des Studiums in einer dem Studium untergeordneten Form weiter verrichtet wird. Schon früher ist der Senat anderen Versuchen zur Einschränkung des Werkstudentenprivilegs nicht gefolgt: So einer Begrenzung auf die Zeit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss in BSGE 71, 144 = SozR 3-2200 § 172 Nr 2 oder durch die Übertragung der für die KVdS geltenden Grenzen (Fachsemester und Alter) auf das Werkstudentenprivileg in SozR 3-2500 § 6 Nr 17. Der Senat verkennt nicht, dass das Werkstudentenprivileg wegen der Änderung der Verhältnisse seit seiner Einführung, der Vielfalt der anzutreffenden Lebenssachverhalte und der zunehmenden Verzahnung von Beschäftigung und Studium auf erhebliche Rechtfertigungsprobleme und Anwendungsschwierigkeiten stößt. In der Rentenversicherung ist das Werkstudentenprivileg seit dem Wintersemester 1996 abgeschafft (dazu BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 1). Auch in der Krankenversicherung werden Gründe für seine Abschaffung geltend gemacht (vgl Felix, SozVers 2002, 116 ff; Kasseler Komm-Peters, § 6 SGB V RdNr 30, Stand September 2003). Hinzu kommt neuerdings die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze auf 400 EUR im Monat sowie die Einführung der Gleitzonenregelung. Sie bewirken, dass Studenten auch nach einer Abschaffung des Werkstudentenprivilegs in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einem Beitragssatz von 14 vH ein Arbeitsentgelt von gut 700 EUR monatlich verdienen können, bevor der Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung den Beitrag in der KVdS übersteigt, der seit dem Wintersemester 2002/03 im Monat 45,67 EUR betrug. Diese Geringfügigkeits- und Gleitzonenregelungen sind für die Studenten geeignet, das Werkstudentenprivileg teilweise zu ersetzen.

2. Ebenso war die Beigeladene zu 7) während ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) auch in der Zeit nach Bestehen der Ersten juristischen Staatsprüfung bis zum Eintritt in den juristischen Vorbereitungsdienst (4. September 1999 bis 31. Juli 2000) versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Die Beigeladene zu 7) war in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) nicht wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung versicherungs- und beitragsfrei. Sie war dies jedoch ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI und § 27 Abs 4 SGB III. Für die vorliegend nicht (mehr) streitige Versicherungs- und Beitragspflicht in der Rentenversicherung ergab sich dies für Studenten, die ihr Studium bereits vor dem 1. Oktober 1996 aufgenommen hatten, aus § 230 Abs 4 Satz 1 iVm § 5 Abs 3 SGB VI. Soweit die Beklagte für die Beigeladene zu 7) zu Unrecht Beiträge zur Rentenversicherung nachgefordert hat, haben sich die Beteiligten im Revisionsverfahren vergleichsweise darauf geeinigt, insoweit wie hinsichtlich der Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zu verfahren, dh der Versicherungs- und Beitragsfreiheit auch insoweit Rechnung zu tragen. Personen wie die Beigeladene zu 7), die nach Bestehen der Ersten juristischen Staatsprüfung im Freiversuch eine Wiederholung zur Notenverbesserung betreiben, fallen noch unter das Werkstudentenprivileg, wenn sie "ordentliche Studierende einer Hochschule" iS der genannten Vorschriften sind.

a) Dieses ist zunächst nur, wer an einer Hochschule eingeschrieben (immatrikuliert) ist (zu diesem Erfordernis bei der Krankenversicherung der Studenten BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 10 S 36). Für die Anwendung des Werkstudentenprivilegs genügt die Einschreibung allein jedoch nicht. Vielmehr müssen zusätzlich Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden, so dass das Erscheinungsbild eines Studenten besteht (stRspr, vgl BSG SozR 2200 § 172 Nr 19 S 40 und Nr 20 S 44; BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 2 S 3 und Nr 16 S 54 mwN). In der Regel kann bei Studenten bis zum Ende eines Erststudiums ohne aufwändige Ermittlungen im Einzelfall davon ausgegangen werden, dass sie sich überwiegend dem Studium widmen. Widerlegt wird das allerdings, wenn der Student in größerem Umfang einer Beschäftigung nachgeht und dann das Erscheinungsbild eines Arbeitnehmers bietet. Insofern geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von der 20-Stunden-Grenze aus (oben 1.b.aa).

b) Der hauptsächliche Anwendungsbereich des Werkstudentenprivilegs liegt während des Erststudiums. Es kann jedoch auch noch gelten, wenn das Erststudium bereits abgeschlossen ist und danach ein Zweit- oder Erweiterungsstudium durchgeführt wird (BSGE 71, 144 = SozR 3-2200 § 172 Nr 2). Allerdings ist es dann nach diesem Urteil anders als vor Abschluss des Erststudiums erforderlich festzustellen, ob das Zweit- oder Erweiterungsstudium in einem geregelten Studiengang auf einen weiteren Abschluss gerichtet ist. Solche besonderen Feststellungen sind bei eingeschriebenen Studenten, die nach dem Bestehen der Ersten juristischen Staatsprüfung eine Wiederholung zur Notenverbesserung betreiben, nicht erforderlich. Diese Zeit ist vielmehr noch dem Erststudium zuzurechnen. Das ergibt sich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Freiversuchs aus seiner rechtlichen Ausgestaltung.

c) Unter dem Freiversuch ist eine innerhalb der Regelstudienzeit abgelegte Abschlussprüfung zu verstehen, die im Fall des Nichtbestehens als nicht unternommen gilt. Wird die Abschlussprüfung im Freiversuch bestanden, so kann sie zur Notenverbesserung einmal wiederholt werden (vgl § 15 Abs 2 des Hochschulrahmengesetzes (HRG), § 5d Abs 5 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG), § 14 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 der Berliner Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen idF der Bekanntmachung vom 4. November 1993, GVBl S 558 (JAO Berlin 1993) sowie idF der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1998, GVBl S 283, ber S 424 (JAO Berlin 1998)).

aa) Der Freiversuch wurde erstmals in Bayern durch Verordnung vom 1. Juni 1990 (GVBl S 192) eingeführt. Dem bayerischen Vorbild folgten Rheinland-Pfalz (Gesetz vom 15. März 1991, GVBl S 78), Baden-Württemberg (Verordnung vom 4. Juni 1991, GBl S 305), Sachsen (Verordnung vom 22. August 1991, SächsGVBl S 327), Saarland (Gesetz vom 29. Oktober 1991, ABl S 1262), Berlin (Verordnung vom 3. Dezember 1991, GVBl S 277), Hessen (Gesetz vom 2. April 1992, GVBl I S 118) und Niedersachsen (Verordnung vom 13. April 1992, NdsGVBl S 99). Nachdem der Bund eine Regelung über den Freiversuch in das DRiG aufgenommen hatte (Gesetz vom 20. November 1992, BGBl I S 1926), führten ihn auch die übrigen Bundesländer ein. Seit dem Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S 2592) bezieht sich die Freiversuchsregelung des § 5d Abs 5 DRiG nur noch auf den staatlichen Prüfungsteil (Pflichtfachprüfung). Ob für den universitären Prüfungsteil (Schwerpunktbereichsprüfung) eine vergleichbare Regelung gelten soll, ist dem Landesrecht überlassen, wobei eine entsprechende Regelung von den Universitäten getroffen werden kann (vgl BT-Drucks 14/7176, S 14). Denn mit Gesetz vom 20. August 1998 (BGBl I S 2190) ist der Freiversuch auch in das HRG (§ 15 Abs 2 HRG) übernommen worden. Die Länder haben in ihren Hochschulgesetzen die Hochschulen zumindest ermächtigt, in ihre Prüfungsordnungen Regelungen über den Freiversuch aufzunehmen (s § 31 Abs 1 Satz 2 des Berliner Hochschulgesetzes; § 51 Abs 2 Satz 2 des Universitätsgesetzes Baden-Württemberg; Art 81 Abs 6 des Bayerischen Hochschulgesetzes; § 13 Abs 3 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes; § 63 Abs 2 des Bremischen Hochschulgesetzes; § 60 Abs 2 Nr 13 des Hamburgischen Hochschulgesetzes; § 25 Abs 1 Nr 7 des Hessischen Hochschulgesetzes; § 15 Abs 4 des Landeshochschulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern; § 7 Abs 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes; § 93 Abs 1 und 6 des Hochschulgesetzes Nordrhein-Westfalen; § 27a Abs 1 und 2 des Universitätsgesetzes Rheinland-Pfalz; § 72 des Saarländischen Universitätsgesetzes; § 24 Abs 5 des Sächsischen Hochschulgesetzes; § 18 Abs 2 des Hochschulgesetzes Sachsen-Anhalt; § 86 Abs 8 des Hochschulgesetzes Schleswig-Holstein; § 22 Abs 2 des Thüringer Hochschulgesetzes).

bb) Für die Zeit, um die es hier bei der Beigeladenen zu 7) geht (4. September 1999 bis 31. Juli 2000), bestimmte § 14 Abs 1 Satz 1 JAO Berlin 1998, dass eine nicht bestandene Prüfung als nicht unternommen gilt, wenn die Zulassung zur Prüfung innerhalb von vier Jahren nach Aufnahme des Studiums der Rechtswissenschaft beantragt wird und alle Prüfungsleistungen in der auf die Meldung folgenden nächsten Prüfungskampagne erbracht werden. Ferner konnten nach § 14 Abs 2 Satz 1 JAO Berlin 1993 Kandidaten, die die Prüfung vor dem Justizprüfungsamt Berlin im Rahmen des Freiversuchs bestanden haben, diese zur Notenverbesserung spätestens in der übernächsten Prüfungskampagne einmal wiederholen. Als Verzicht auf die Wiederholungsprüfung galt es nach § 14 Abs 2 Satz 2 JAO Berlin 1993, wenn der Kandidat ohne genügende Entschuldigung eine schriftliche Prüfungsleistung nicht oder nicht rechtzeitig erbrachte oder an der mündlichen Prüfung nicht teilnahm. Dies wurde mit Verordnung vom 3. September 1998 (GVBl S 245) dahingehend geändert, dass es als Verzicht auf die Wiederholungsprüfung gilt, wenn der Kandidat in den juristischen Vorbereitungsdienst eintritt, bevor er alle schriftlichen Aufsichtsarbeiten angefertigt hat oder nach Erhalt der Mitteilung über die Bewertung aller Aufsichtsarbeiten nicht unverzüglich die Ladung zur mündlichen Prüfung beantragt, falls der Punktdurchschnitt aller Aufsichtsarbeiten niedriger ist als das Gesamtergebnis im Freiversuch (§ 14 Abs 2 Satz 3 Buchst a und d JAO Berlin 1998). Eine derartige Verzichtsfiktion enthält die JAO Berlin idF vom 4. August 2003 (GVBl S 298) nicht mehr: Nach § 14 Abs 2 Satz 1 JAO Berlin 2003 kann, wer zur Notenverbesserung zugelassen ist, bis zum Beginn der mündlichen Prüfung durch schriftliche Erklärung auf die Fortsetzung des Prüfungsverfahrens verzichten.

cc) Zweck der Freiversuchsregelung war die Verkürzung des juristischen Studiums. Dies kam in § 3 des Berliner Gesetzes über die juristische Ausbildung (JAG Berlin) idF der Bekanntmachung vom 4. November 1993 (GVBl S 554) zum Ausdruck. Dort wurde bestimmt, dass, um einen frühzeitigen Studienabschluss zu fördern, ein Freiversuch vorgesehen werden kann. Auf Bundesebene wurde der Freiversuch bezeichnenderweise durch das Gesetz zur Verkürzung der Juristenausbildung vom 20. November 1992 (BGBl I S 1926) eingeführt. In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu, die - sachgerechte - Beschränkung auf eine Wiederholungsmöglichkeit führe bei vielen Examenskandidaten zu einer Verstärkung der Prüfungsangst mit der Folge, dass die Meldung zum ersten Prüfungsversuch immer weiter hinausgezögert werde; dem solle dadurch begegnet werden, dass eine zusätzliche Prüfungsmöglichkeit eingeführt werde, die im Versagensfalle folgenlos sei (BT-Drucks 12/2280, S 5 und 7). Die Verkürzung der Studienzeit sollte nicht durch Sanktionen, sondern durch Ermutigung zur Prüfungsteilnahme erreicht werden (vgl Eggensperger, VBlBW 1991, 314; Kauffmann, BayVBl 1990, 748). Da den Studierenden nicht nur die Angst vor dem Versagen in der Prüfung, sondern auch die vor dem schlechten Abschneiden genommen werden sollte (vgl Eggensperger, JuS 1993, 87, 88), wurde mit der Einführung des Freiversuchs auch die Möglichkeit eröffnet, die Prüfung zur Notenverbesserung zu wiederholen. In der Praxis hat sich der Freiversuch bewährt, obwohl er nicht unumstritten war (s Schöbel, BayVBl 1996, 257 mwN). Die durchschnittliche Studienzeit hat sich deutlich verkürzt. Dabei waren die Teilnehmer am Freiversuch sogar überdurchschnittlich erfolgreich (Schöbel, BayVBl 2001, 161, 162 f).

dd) Die Wiederholung der Ersten juristischen Staatsprüfung zur Notenverbesserung ist Teil eines Gesamtprüfungsverfahrens. Sie dient der Verbesserung des bereits erlangten Abschlusses und damit der späteren Berufschancen, ohne den Erwerb zusätzlicher Kenntnisse als Voraussetzung zu fordern oder eine weitere formale Qualifikation zu vermitteln. Kann in der Wiederholungsprüfung eine Notenverbesserung erzielt werden, ist erst hiermit der endgültige Abschluss erworben. Andernfalls steht frühestens mit dem Ergebnis der Wiederholungsprüfung oder demjenigen früheren Zeitpunkt, zu dem die Wiederholung zur Notenverbesserung ausgeschlossen ist oder abgebrochen wird, fest, dass es bei dem im Freiversuch erzielten Ergebnis bleibt (s § 14 Abs 2 Satz 3 und 4 JAO Berlin 1993 bzw § 14 Abs 2 Satz 4 und 5 JAO Berlin 1998). Folglich ist der bereits erworbene Abschluss nur schwebend wirksam, das Studium mit ihm noch nicht beendet und gilt stets nur ein einziges Ergebnis, das im Rahmen eines die einzelnen Prüfungsverfahren umfassenden mehrteiligen Gesamtprüfungsverfahrens ermittelt wird (in diesem Sinne schon das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 20. August 2002 in AP Nr 8 zu § 611 BGB Werkstudent). Mag sich dies auch nicht unmittelbar aus § 14 Abs 2 JAO Berlin 1993 ergeben, so folgt doch ein Konzept des Gesamtprüfungsverfahrens daraus, dass keine Gefahr des nachträglichen Verlusts der bereits erzielten Qualifikation besteht und erst mit dem Abschluss des Wiederholungsverfahrens endgültig feststeht, welches von mehreren Ergebnissen Bestand hat.

d) Sozialversicherungsrechtlich ist das Wiederholungsverfahren zur Notenverbesserung im Rahmen eines Gesamtprüfungsverfahrens nach den Regeln für das Erststudium zu behandeln. Damit hat grundsätzlich auch der Gesamtzeitraum bis zum Abschluss der Wiederholungsprüfung noch Anteil an der berufsqualifizierenden Zielrichtung des Erststudiums, ohne dass diese - anders als etwa bei einem Zweit- oder Erweiterungsstudium - der weiteren Bestätigung im Einzelfall bedürfte. Ebenso bietet, wer noch die Möglichkeit zur Wiederholungsprüfung hat, vorbehaltlich tatsächlicher oder rechtlicher Hindernisse für das Studium im Einzelfall noch die Gewähr, dass es sich bei ihm seinem Gesamtbild nach um einen Studenten handelt. Bei ihm ist nämlich bereits auf Grund der Immatrikulation von dem erklärten Willen auszugehen, das Studium betreiben zu wollen, was zu den mit der Einschreibung übernommenen allgemeinen Studentenpflichten gehört. Der mit der Immatrikulation bekundete Wille umfasst nach dem erfolgreichen Freiversuch (Bestehen der Prüfung) unter den folgenden Einschränkungen regelmäßig auch die Bekundung, von der Möglichkeit zur Wiederholungsprüfung Gebrauch machen zu wollen. Da § 1 JAG Berlin weder idF des Gesetzes vom 4. November 1993 (GVBl S 554) noch idF des Gesetzes vom 14. Juni 1995 (GVBl S 356) besondere Zulassungsvoraussetzungen für Teilnehmer an der Notenverbesserungsprüfung vorsah, genügt insofern, dass die Erwartung nicht widerlegt wird, die Zeit bis zur Wiederholungsprüfung werde auch ohne den Besuch von Vorlesungen für den Erwerb weiterer Kenntnisse genutzt werden, um so eine Ergebnisverbesserung zu erreichen.

e) Für den Fortbestand der Studenteneigenschaft und des entsprechenden Erscheinungsbildes iS des Werkstudentenprivilegs bei denjenigen, die in der Juristenausbildung einen erfolgreichen Freiversuch zur Notenverbesserung wiederholen, gelten allerdings folgende, diesen Verhältnissen angepasste Anforderungen und Einschränkungen: Unerlässlich ist die fortbestehende Einschreibung. Der Nachweis eines Besuches von Lehrveranstaltungen der Universität ist nicht erforderlich, soweit er - wie üblich - für die Wiederholungsprüfung nicht verlangt wird. Er kann jedoch, wenn er vorgelegt wird, den Wiederholungswillen bestätigen. Ferner dürfen dem Werkstudentenprivileg nicht Hindernisse entgegenstehen, die seine Anwendung schon während eines sonstigen Erststudiums ausschließen. Dazu gehört vor allem eine überwiegende Beschäftigung als Arbeitnehmer. Das Werkstudentenprivileg scheidet ferner aus, wenn der Betreffende den erreichten Abschluss des Ersten juristischen Staatsexamens benutzt, um eine entsprechend höher qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen, insbesondere in den Vorbereitungsdienst einzutreten. Schließlich kann der Wiederholer zur Notenverbesserung nur so lange als Werkstudent betrachtet werden, wie er die für das Wiederholungsverfahren zur Notenverbesserung geltenden Verfahrensvorschriften einhält. Dazu gehört die rechtzeitige Meldung zur Wiederholungsprüfung, die Einhaltung etwaiger weiterer Verfahrensvorschriften und die Teilnahme an der Wiederholungsprüfung selbst. Wenn das Wiederholungsverfahren ausbildungsrechtlich abgebrochen wird, als abgebrochen gilt oder beendet ist, scheidet sozialversicherungsrechtlich die Anwendung des Werkstudentenprivilegs ab diesem Zeitpunkt aus.

f) Unter diesen Voraussetzungen und Einschränkungen vermag der Senat dem Vorbringen der Revision und der Ansicht der Spitzenverbände nicht zu folgen, dass die Anwendung des Werkstudentenprivilegs in jedem Fall mit dem erfolgreichen Freiversuch ende. Eine solche Ansicht unterläuft die ausbildungsrechtliche Tendenz der Freiversuchsregelung, das Erste juristische Staatsexamen ohne Nachteile zum Zwecke der Notenverbesserung wiederholen zu können (oben c). Den berechtigten Befürchtungen der Versicherungsträger, das Werkstudentenprivileg werde unter dem Vorwand eines Wiederholungsvorhabens missbraucht, um Beschäftigungsverhältnisse für lange Zeit versicherungs- und beitragsfrei zu stellen, wird durch die genannten Voraussetzungen und Einschränkungen beim Werkstudentenprivileg Rechnung getragen, die auch eine vorausschauende Betrachtungsweise ermöglichen. Bei der hier zu beurteilenden Wiederholung des Ersten juristischen Staatsexamens wird einer ausufernden Anwendung des Werkstudentenprivilegs vor allem durch Regelungen des Ausbildungsrechts vorgebeugt, nach denen die Wiederholungsprüfung zur Notenverbesserung spätestens ein Jahr nach Bekanntgabe des Ergebnisses der erstmalig bestandenen Prüfung begonnen werden muss (vgl § 14 Abs 2 Satz 1 JAO Berlin 1993/1998; § 22 Abs 1 Satz 1 der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung Baden-Württemberg; § 30 Abs 1 Satz 2 der Bayerischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen; § 36 Abs 1 Satz 2 der Brandenburgischen Juristenausbildungsordnung; § 25 Abs 2 Satz 3 des Bremischen Juristenausbildungs- und Prüfungsgesetzes; § 24a Abs 2 Satz 2 der Hamburgischen Juristenausbildungsordnung; § 21a Abs 5 des Hessischen Juristenausbildungsgesetzes; § 22 Abs 3 Satz 2 der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung Mecklenburg-Vorpommern; § 19 Satz 2 des Niedersächsischen Juristenausbildungsgesetzes; § 18b Abs 1 Satz 2 des Juristenausbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen; § 3 Abs 7 Satz 3 des Juristenausbildungsgesetzes Rheinland-Pfalz; § 20 Abs 4 Satz 2 des Saarländischen Juristenausbildungsgesetzes; § 36 Abs 1 Satz 2 der Sächsischen Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung; § 27 Abs 1 der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung Sachsen-Anhalt; § 28 Abs 1 Satz 1 Nr 2 der Juristenausbildungsverordnung Schleswig-Holstein; § 31 Abs 3 Satz 1 der Thüringer Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung). Auf Zweifel daran, ob das Werkstudentenprivileg überhaupt noch zeitgemäß ist, hat der Senat an anderer Stelle hingewiesen (Urteil vom 11. November 2003 - B 12 KR 24/03 R, zur Veröffentlichung bei SozR 4-2500 § 6 vorgesehen).

g) Hiernach war die Beigeladene zu 7) auch in der Zeit vom 4. September 1999 bis 31. Juli 2000 in ihrer Beschäftigung beim Kläger zu 1) versicherungs- und beitragsfrei. Sie blieb, wie das SG festgestellt hat, auch nach Bestehen der Ersten juristischen Staatsprüfung am 3. September 1999 weiterhin als Studentin eingeschrieben und hat deutlich mehr Arbeitskraft auf das weitere Studium sowie die Vorbereitung auf die Wiederholungsprüfung verwandt als auf die Beschäftigung als Sachbearbeiterin beim Kläger zu 1). Ihre Wochenarbeitszeit betrug höchstens 19 Stunden und beeinträchtigte ihr Erscheinungsbild eines Studenten nicht. Die Beigeladene zu 7) hat sich auch fristgerecht zur Wiederholungsprüfung gemeldet und diese nur deshalb nicht abgelegt, weil sie überraschend früh in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen worden ist. Der Umstand, dass sie die Wiederholungsprüfung nicht angetreten hat, sondern sie am 1. August 2000 in den juristischen Vorbereitungsdienst eingetreten ist, steht ihrer Versicherungsfreiheit bis zu diesem Zeitpunkt nicht entgegen.

3. Das SG hat der Klage der Klägerin zu 2) im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung zu Recht stattgegeben. Entgegen der Ansicht des SG hat die beklagte LVA gegenüber der Klägerin zu 2) einen eigenständigen Erstbescheid nicht erlassen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob der Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung Verwaltungsakte nur gegenüber dem Arbeitgeber erlassen kann (vgl § 28p Abs 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung), oder ob er auch befugt ist, verbindliche Feststellungen (Verwaltungsakte) gegenüber Beschäftigten des Arbeitgebers zu treffen. Jedenfalls war die Klägerin zu 2) auf Grund der sie betreffenden Feststellungen in dem (nur) gegenüber dem Kläger zu 1) ergangenen Bescheid berechtigt, gegen diesen Bescheid Widerspruch einzulegen. Darüber hatte die Beklagte der Klägerin zu 2) einen Widerspruchsbescheid zu erteilen, der allerdings inhaltlich rechtswidrig war. Der gegenüber dem Kläger zu 1) ergangene Bescheid ist daher auch in Gestalt des der Klägerin zu 2) erteilten Widerspruchsbescheides im Ergebnis zutreffend vom SG aufgehoben worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Rechtskraft
Aus
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