L 2 SO 2095/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 2131/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2095/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Prägend für den Zuzug eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist der Sozialhilfebezug im Sinne des Ausschlusstatbestandes nach § 23 Abs. 3 SGB XII, wenn zwischen dem Zuzug ins Bundesgebiet und der Antragstellung lediglich ein Zeitraum von 13 Kalendertagen bzw. – bedingt durch Feiertage – von fünf Arbeitstagen liegt, der Ausländer erst ein Jahr zuvor bereits ins Bundesgebiet eingereist war und bereits am nächsten Tag nach dem Zuzug einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt hatte (sodann das Bundesgebiet allerdings wieder verlassen hatte) und schließlich der Familienangehörige (hier die Tochter), zu dem der Zuzug erfolgen sollte, selbst im Leistungsbezug nach dem SGB II steht.
Die Beschwerde der Klägerin gegen den die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz versagenden Beschluss des Sozialgerichts F. vom 1. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Klägerin gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Sozialgerichts F. vom 1. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

Die 1945 geborene Antragstellerin ist rumänische Staatsangehörige. Sie lebte in T. in R ...

Erstmals beantragte die Antragstellerin am 26. September 2014 nach gemeinsamen Zuzug zu ihrer Tochter mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann in das Bundesgebiet am 25. September 2014 beim Antragsgegner die Gewährung von Sozialhilfe – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung –. Am 10. Oktober 2014 erfolgte die Rückreise nach R ... Der Antrag vom 26. September 2014 wurde, nachdem mehrfache Aufforderungen, noch entsprechende Unterlagen vorzulegen, unbeantwortet blieben, mit Bescheid vom 26. März 2015 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt.

Am 29. Dezember 2015 reiste die Antragstellerin erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und lebt seitdem bei ihrer Tochter, ihrem Schwiegersohn und ihrer Enkel.

Am 11. Januar 2016 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Sozialhilfe. Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 und Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2016 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Sozialhilfe ab, da die Antragstellerin nur in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei, um Sozialhilfe zu erlangen und damit die Gewährung von Sozialhilfe gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII ausgeschlossen sei.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 23. Mai 2016 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben (Aktenzeichen S 4 SO 2132/16).

Zugleich hat die Antragstellerin am 23. Mai 2016 beim SG auch die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter vorgetragen, es sei nicht der ausschlaggebende Grund für die Einreise nach Deutschland gewesen, dass man gegebenenfalls Sozialhilfe habe erhalten können. Die Tochter der Antragstellerin habe sie auf jeden Fall nach Deutschland geholt - also auch ohne die Möglichkeit, Sozialhilfe zu beziehen -, da die Tochter gemerkt habe, dass die Antragstellerin in R. nach dem Tod des Ehemannes nicht mehr alleine zurechtgekommen sei. Gesundheitliche Probleme sowie das Gefühl des "Alleinseins" seien das prägende Motiv für die Einreise nach Deutschland zu ihrer Tochter gewesen. Die Mittel der Antragstellerin seien ausreichend, sich zumindest an der Miete sowie an einem kleinen Teil der Haushaltskosten zu beteiligen. Ihre rumänische Rente reiche jedoch nicht, den soziokulturellen Lebensunterhalt zu decken.

Die Antragsgegnerin war dem entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 1. Juni 2016 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ebenso wie die beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das SG war hierbei der Auffassung, dass letztlich im Rahmen der hier vorzunehmenden vorläufigen und summarischen Prüfung die Klage in der Hauptsache evident keine Aussicht auf Erfolg habe. Es dürfte nach Auffassung des SG nämlich der Ausschlussgrund nach § 23 Abs. 3 SGB XII vorliegen. Gemäß dieser Regelung hätten Ausländer, die eingereist seien, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, sowie ihre Familienangehörigen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Nach Auffassung des SG sei die Antragstellerin nämlich nach Deutschland eingereist, um Sozialhilfe zu erlangen. Nach der Rechtsprechung des BSG bedürfe es hierzu einer prägenden Finalität. Dass die 1945 geborene Antragstellerin zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist sei, sei weder vorgetragen noch sonst aus dem Akteninhalt ersichtlich. Dass die Antragstellerin zum Zwecke des Sozialhilfebezuges eingereist sei, lasse sich dagegen den vorliegenden Erklärungen und den tatsächlichen Abläufen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entnehmen. Der Ausschlussgrund des § 23 Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB XII setze einen finalen Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe im Sinne eines ziel- und zweckgerichteten vorsätzlichen Handelns voraus, für das nur fahrlässiges Verhalten nicht ausreiche. Beruhe die Einreise auf verschiedenen Motiven, sei das Erfordernis des finalen Zusammenhangs nur erfüllt, wenn der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von zumindest prägender Bedeutung sei. Es genüge hingegen nicht, dass Sozialhilfe lediglich beiläufig in Anspruch genommen werden solle oder anderen Einreisezwecken untergeordnet sei und in diesem Sinne (nur) billigend in Kauf genommen werde. Die Antragstellerin sei nicht lediglich als Touristin nach Deutschland eingereist, um ihre in F. lebende Tochter zu besuchen. Vielmehr habe sie beabsichtigt, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Dass ihre finanziellen Mittel hier nicht dazu ausreichten, den "soziokulturellen Lebensunterhalt" in Deutschland zu sichern, habe der Antragstellerin klar sein müssen. Es sei nicht vorgetragen worden und erscheine auch nicht glaubhaft, dass sich die Antragstellerin nicht über ihre ausreichende finanzielle Versorgung in Deutschland Gedanken gemacht hätte. Das SG gehe davon aus, dass die Antragstellerin die Erlangung staatlicher Mittel in Deutschland nicht nur billigend in Kauf genommen habe, sondern auch angestrebt habe, um ihr ein Leben in Deutschland mit ihrer Tochter und deren Familie zu ermöglichen. Soweit die Antragstellerin vortrage, der Bezug von Sozialhilfe sei kein Motiv für ihre Einreise nach Deutschland gewesen, erscheine dies nicht glaubhaft. Vielmehr erscheine diese Angabe als Schutzbehauptung. Das SG gehe daher nach vorläufiger Prüfung davon aus, dass ein Rechtsanspruch der Antragstellerin nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf Leistungen der Sozialhilfe evident nicht bestehe. Da der Anspruch auf Sozialhilfe damit offensichtlich ausscheide, bleibe auch kein Raum für eine Folgenabwägung. Denn wenn eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unbegründet sei, so sei der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden sei. Aus diesen Gründen sei auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen gewesen.

Die Antragstellerin hat gegen den ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 3. Juni 2016 zugestellten Beschluss am 7. Juni 2016 Beschwerde eingelegt. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat geltend gemacht, die Antragstellerin und Beschwerdeführerin sei aufgrund eines Sozialversicherungsabkommens Mitglied einer r. Krankenkasse und werde von der AOK Baden-Württemberg betreut. Sie verfüge über eine Rente von ca. 300,00 EUR monatlich. Prägender Entschluss für die Einreise nach Deutschland sei gewesen, dass die Antragstellerin nach dem Tod ihres Ehemannes im Mai 2015 ohne familiäre Angehörige in R. gelebt habe und ohne die Hilfe anderer nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihr Leben in R. fortzuführen. Deshalb sei nach einiger Zeit von der Antragstellerin und ihrer Tochter der gemeinsame Entschluss gefasst worden, dass die Antragstellerin nunmehr im Haushalt ihrer Tochter leben solle, um dort gegebenenfalls die notwendige pflegerische Unterstützung zu erhalten. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Tochter der Antragstellerin in der gemeinsamen Besprechung beim Bevollmächtigten ausdrücklich betont habe, dass sie ihre Mutter auch ohne die Möglichkeit Sozialhilfe beziehen zu können, zu sich nach Deutschland geholt hätte und dies auch eidesstattlich versichert habe. Das prägende Motiv der Einreise sei daher nicht der Sozialhilfebezug gewesen, sondern die familiäre Zusammenführung im Hinblick auf das fortschreitende Alter der Beschwerdeführerin sowie wegen dem Wegfall jedweder familiärer Bindungen in R. durch den Tod des Ehegatten. So habe etwa auch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem Beschluss vom 27. November 2008 (L 8 SO 173/08 ER in Juris Rdnr. 20) u.a. ausgeführt, dass das SG zutreffend ausgeführt habe, dass der ernsthafte Wille eines einreisenden Ausländers, mit seinen in Deutschland lebenden Kindern zusammenzuleben, ein den Sozialhilfebezug überlagerndes gewichtiges anderes Einreisemotiv sein könne. Hinzu käme hier noch, dass abweichend von diesem Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen die Antragstellerin auch über ausreichend Krankenversicherungsschutz und zumindest über so viel Existenzmittel verfüge, um die Voraussetzungen des § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU zu erfüllen. Sie sei daher in Deutschland aufenthaltsberechtigt.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts F. vom 1. Juni 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin ab dem 23. Mai 2016 bis zum 31. Oktober 2016 - längstens bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 29. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2016 - Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B -). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG - NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach-und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgeblich für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Beschlüsse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

Aufgrund der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und der anzustellenden Interessenabwägung liegt auch zur Überzeugung des Senats bereits kein Anordnungsanspruch vor, greift vielmehr der Ausschlusstatbestand nach § 23 Abs. 3 SGB XII. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Aus dem Wortlaut des Tatbestandsmerkmals "um Sozialhilfe zu erlangen" ergibt sich, dass ein finaler Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe gegeben sein muss (LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 10. September 2009 - L 23 SO 117/06 - in Juris Rdnr. 25 mit Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - Urteil vom 4. Juni 1992 - 5 C 22.87 - BVerwGE 90, 212, 214 zur Vorgängerregelung des § 120 Abs. 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -). Eine derartige Zweck-Mittel-Relation von Einreise und verfolgtem Zweck (Sozialhilfe) ist dabei nicht nur dann gegeben, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, der einzige Einreisegrund ist. Das Erfordernis des finalen Zusammenhangs ist auch dann erfüllt, wenn bei unterschiedlichen Einreisemotiven der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung war. Die Möglichkeit, auf Sozialhilfe angewiesen zu sein, muss für den Einreiseentschluss des Ausländers, sei es allein, sei es neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam und nicht nur anderen Einreisezwecken untergeordnet gewesen sei. Das Motiv, Sozialhilfe zu erlangen, muss für den Ausländer neben anderen Einreisegründen so wichtig gewesen sein, dass er ansonsten nicht eingereist wäre. Die materielle Beweislast hierfür hat zunächst der Träger der Sozialhilfe (so LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. Rdnr. 25; siehe auch Birk in LPK-SGB XII, 10. Aufl., 2015, Rdnr. 20; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII 19. Aufl., 2015, § 23 SGB XII Rdnr. 25, 26). Der Senat ist jedoch wie bereits auch das SG der Überzeugung, dass die Antragstellerin in das Bundesgebiet eingereist ist, um hier (auch) Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Zum einen ist festzuhalten, dass die Antragstellerin lediglich über eine rumänische Rente in Höhe von 300,00 EUR verfügt, die zwar in R. über dem 2015 bzw. 2016 gültigen Mindestlohn von 217,50 EUR bzw. 275,51 EUR liegt und damit dort auskömmlich sein müsste, die jedoch, was auch die Antragstellerin aufgrund der Kenntnisse ihrer in Deutschland lebenden Tochter ohne Weiteres hätte erkennen können, nicht ausreicht, um in der Bundesrepublik Deutschland ihren Bedarf zu decken. Das heißt mit anderen Worten, der Antragstellerin war von vornherein klar, dass sie hier in Deutschland, wenn sie hierher zieht, von Anfang an auf Sozialhilfe angewiesen sein wird. Die Einlassung der Antragstellerin und die entsprechende Versicherung ihrer Tochter, diese hätte sie auf jeden Fall aufgrund der Umstände in R. (Verlust des Ehemannes und keine weiteren Familienangehörigen, die sie unterstützen) auch ohne die Möglichkeit der Sozialhilfe nach Deutschland geholt, überzeugt den Senat nicht. Dies zum einen vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nach ihrem Zuzug ins Bundesgebiet am 29. Dezember 2015 bereits 13 Tage bzw. 5 Arbeitstage (Donnerstag, 31. Dezember bis Sonntag, 3. Januar sowie Mittwoch, 6. Januar - gesetzlicher Feiertag in Baden-Württemberg - und Samstag, 9. Januar/Sonntag, 10. Januar waren arbeitsfrei, also auch das Sozialamt nicht besetzt) bereits am Montag, den 11. Januar 2016 ihren Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat. Dies – wie erst recht die erstmalige Einreise am 25. September 2014 mit Antragsstellung bereits einen Tag später am 26. September 2014 - zeigt zur Überzeugung des Senates, dass von Anfang an für die Antragstellerin bzw. ihre Tochter im Zusammenhang mit dem Umzug nach Deutschland feststand, dass sie in Deutschland Sozialhilfe benötigt und sie diese auch in Anspruch nehmen wollte. Dies zum anderen vor dem Hintergrund, dass die Tochter der Antragstellerin wie auch ihre Familie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) erhält, also überhaupt nicht über finanzielle Mittel verfügt, dass soziokulturelle Existenzminimum der Antragstellerin aus eigenen Mitteln – ohne die Inanspruchnahme von Sozialhilfe – sicherzustellen. Damit aber war die Inanspruchnahme von Sozialhilfe - auch wenn hier daneben der Wunsch bestanden haben mag, bei Tochter, Schwiegersohn und Nichte nunmehr den Lebensabend zu verbringen - prägend für den Zuzug in das Bundesgebiet. Zur Überzeugung des Senates ist daher der Ausschlusstatbestand nach § 23 Abs. 3 SGB XII gegeben, hat der Antragsgegner zu Recht die Gewährung von Leistungen versagt und besteht folglich schon kein Anordnungsanspruch.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Einwand des Bevollmächtigten der Antragstellerin, sie verfüge zumindest über so viel finanzielle Existenzmittel, um nach § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU aufenthaltsberechtigt zu sein. Dies steht schon im Widerspruch zu dem von ihr hier geltend gemachten Anspruch auf Grundsicherung, der gerade Hilfebedürftigkeit und damit umgekehrt nicht ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes voraussetzt. Gemäß § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das Recht nach § 2 Abs. 1 (auf Einreise und Aufenthalt), wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Wie der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 3. Februar 2016 (gültig ab 19. Februar 2016) zu § 4 unter Nummer 4.1.2.3 zu entnehmen ist, ist hier eine Vergleichsberechnung unter Einbeziehung der regionalen, sozialhilferechtlichen Bedarfssätze erforderlich. Zugleich müssen die persönlichen Umstände in jedem Einzelfall berücksichtigt werden. Der danach erforderliche Betrag darf nicht über dem Schwellenwert liegen, unter dem Deutschen Sozialhilfe gewährt wird. Die der Antragstellerin zur Verfügung stehenden Mittel (rumänische Rente i.H.v. ca. 300 EUR monatlich) liegen damit jedoch unterhalb des Sozialhilferegelbedarfs in Höhe von aktuell 404 EUR (ohne Kosten der Unterkunft). Damit aber verfügt die Antragstellerin – wenngleich sie auch zumindest über einen Krankenversicherungsschutz verfügt – gerade nicht über ausreichende Existenzmittel im Sinne von § 4 Freizügigkeitsgesetz/EU.

Aus diesen Gründen war die weitere Frage nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes und einer gegebenenfalls vorzunehmenden Folgenabwägung hier nicht mehr vorzunehmen.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Hinblick darauf ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG zurückzuweisen.

Aus diesen Gründen ist ferner auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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