S 20 SO 28/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 28/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 502/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter entsprechender Abänderung der Bescheide vom 13.05.2015 und 17.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2016 verurteilt, dem Kläger von März 2015 bis April 2016 weitere Hilfe von monatlich 10,01 EUR für die Teilnahme am Hausnotrufsystem des Caritas Düren- Jülich e.V. zu gewähren und ihm für die Zeit vom 01.03.2015 bis 30.04.016 insoweit 140,14 EUR nachzuzahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf weitere Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 10,01 EUR von März 2015 bis April 2016 für die Inanspruchnahme eines Hausnotrufsystems.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger lebt allein. Er bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und – wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit – Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach Pflegestufe I (Kombinationsleistung). Die Pflege des Klägers wird von der Caritas-Pflegestation Nörvenich-Vettweiß und einer Nachbarin erbracht. Die Beklagte leistet ergänzende Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sowie ergänzende Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII.

Seit Januar 2015 ist der Kläger an das Hausnotrufsystem des Caritas Verbandes Düren-Jülich angeschlossen. Die dafür monatlich anfallende Basisgebühr in Höhe von 18,36 EUR übernimmt die Pflegekasse. Zusätzlich vereinbarte der Kläger mit dem Hausnotrufdienst als Serviceleistung (II) die Eintragung der Caritas als zweite Bezugsperson; dafür waren monatlich 30,00 EUR zu entrichten. Seit Mai 2016 ist die Zusatzvereinbarung dahingehend abgeändert worden, dass nunmehr die Caritas als dritte Bezugsperson eingetragen ist; hierfür fallen monatliche Zusatzkosten von 18,50 EUR an. Die Funktion der in der Zusatzvereinbarung eingetragene zweiten bzw. dritten Bezugsperson nimmt der ambulante Pflegedienst des Klägers, die Caritas-Pflegestation Nörvenich-Vettweiß, wahr.

Am 05.03.2015 beantragte der Kläger die Übernahme der nicht gedeckten Hausnotrufsystemkosten von 30,00 EUR.

Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme durch Bescheid vom 24.04.2015 zunächst ab mit der Begründung, über die von der Pflegekasse gewährten Leistungen hinaus könnten weitere Leistungen nicht übernommen werden.

Dagegen erhob der Kläger am 04.05.2015 Widerspruch. Er trug vor, aufgrund seiner multiplen Erkrankungen und seiner außergewöhnlichen Gehbehinderung mit Sturzneigung sei er auf Hilfe Dritter angewiesen. Familienangehörige, die im Notfall helfen könnten, habe er nicht. Freundlicherweise habe sich eine Nachbarin bereit erklärt, sich als erste Bezugsperson einsetzen zu lassen. Für den Fall von deren Verhinderung sei die Caritas als zweite Bezugsperon eingetragen; die dafür anfallenden Mehrkosten könne er nicht tragen.

Im Hinblick auf eine in der StädteRegion Aachen praktizierte Regelung, dass für den Fall einer notwendigen Schlüsselhinterlegung beim Hausnotrufanbieter aufgrund fehlender Bezugspersonen Kosten bis zu 38,35 EUR monatlich anerkannt wurden, errechnete die Beklagte unter Berücksichtigung der Pflegekassenleistung (38,35 EUR abzüglich 18,36 EUR) einen Restbetrag von 19,99 EUR.

Durch Bescheid vom 13.05.2015 bewilligte die Beklagte zusätzlich zu der bereits bewilligten "Hilfe zur Pflege" monatlich 19,99 EUR für die Zeit von März bis Juli 2015 als "Altenhilfe (§ 71 SGB XII)" in Form anteiliger Kosten für das Hausnotrufsystem.

Dagegen erhob der Kläger am 18.05.2015 Widerspruch mit dem Hinweis, die Zusatzkosten für den sog. Service II von 30,00 EUR/Monat seien notwendig; insofern sei mit der Bewilligung von 19,99 EUR seinem früher eingelegten Widerspruch nur teilweise abgeholfen worden.

Durch Bescheid vom 17.08.2015 bewilligte die Beklagte für den Folgezeitraum von August 2015 bis Juli 2016 neben der Hilfe zur Pflege erneut 19,99 EUR anteilig für das Hausnotrufsystem als "Altenhilfe (§ 71 SGB XII)".

Dagegen erhob der Kläger am 24.08.2015 Widerspruch.

Durch Widerspruchsbescheid vom 15.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht abgeholfen worden war, als unbegründet zurück. Sie behauptete, die ambulanten Pflegedienste und Hausnotrufanbieter hätten mit den Spitzenverbänden der Pflegekassen einen Vertrag gemäß § 78 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) über die leihweise Überlassung von Hausnotrufgeräten geschlossen, der auch Regelungen zu Inhalt, Umfang, Qualität sowie Vergütung der zu erbringenden Leistungen beinhalte. Eine Verpflichtung, mehrere Personen als Ansprechpartner benennen zu müssen, um die Leistung kostenfrei in Anspruch nehmen zu können, sei dabei ausdrücklich nicht vorgesehen. Die Pflegekassen würden sämtliche Kosten für die so genannte "Basis-Versorgung" tragen, so dass eine zuzahlungsfreie Versorgung ihrer Versicherten mit einem Hausnotrufsystem sichergestellt sei. Zur Basisversorgung zählten sowohl die monatliche Kostenpauschale (gegenwärtig bis zu einer Höhe von 18,36 EUR) als auch die einmalig anfallende Installationsgebühr in Höhe von derzeit 10,49 EUR. Die Beklagte meinte, dass, wenn ein Pflegebedürftiger bereits in seiner häuslichen Umgebung Unterstützung durch einen Pflegedienst erhalte, dieser die individuelle Versorgung des Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht einschließlich an Sonn- und Feiertagen zu gewährleisten habe. Sofern Pflegebedürftige z.B. für eine Schlüsselhinterlegung und den Einsatz eines eigenen Bereitschaftsdienstes in Notfällen nachfragten, seien Mehrkosten, die durch die Inanspruchnahme von nicht von der zuzahlungsfreien "Basis-Versorgung" umfassten Zusatzleistungen anfielen, nicht zuletzt im Hinblick auf das so genannte Nachrangprinzip der Sozialhilfe nicht (mehr) aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen, sondern ggf. selbst zu tragen. Die Beklagte riet deshalb dem Kläger, den Pflegedienst im Rahmen seiner Versorgungspflicht in den vereinbarten Notfallplan und die dortige Schlüsselhinterlegung einzubinden, wenn keine Nachbarn oder Angehörigen in die Sofortmaßnahmen einbezogen werden könnten. Abschließend wies die Beklagte im Widerspruchsbescheid darauf hin, dass sie die bisherigen Praxis der Übernahme von Kosten bis zu 38,35 EUR monatlich (abzüglich der Pflegekassenleistungen) zwar inzwischen für fraglich halte, jedoch aus Vertrauensschutzgründen weiterhin hinsichtlich der Kosten des Hausnotrufsystems sozialhilferechtlich einen Bedarf der "Hilfe zur Pflege" bis zu 19,99 EUR anerkenne. Die verbleibenden 10,01 EUR pro Monat könne der Kläger zumutbar aus dem im Rahmen der Grundsicherung zuerkannten Mehrbedarfsleistung (gemäß §§ 42, 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII wegen Nachteilsausgleichsmerkmal "G") decken.

Dagegen hat der Kläger am 10.03.2016 Klage erhoben. Er weist daraufhin, dass die Zusatzvereinbarung zum Hausnotrufvertrag mit der Caritas im Hinblick auf seine persönlichen Verhältnisse erfolgt sei. Die Zusatzleistung für die Eintragung einer zweiten Bezugsperson sei deshalb erforderlich, weil er insoweit der zusätzlichen Hilfe durch die private Hilfsperson – seine Nachbarin – benötige, da nur so die Funktion des Notrufsystems herzustellen sei. Der Kläger hat den am 07.01.2015 geschlossenen Zusatzvertrag zum Hausnotrufvertrag vorgelegt, nach dem für die Serviceleistung der Eintragung der Caritas als zweiter Bezugsperson 30,00 EUR zu zahlen sind; die Serviceleistung beinhaltet u.a. bis zu drei kostenfreie Einsätze je Kalendermonat. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger mitgeteilt, dass dieser Zusatzvertrag mit Wirkung ab Mai 2016 dahingehend abgeändert worden ist, dass nunmehr als Serviceleistung die Eintragung der Caritas als dritte Bezugsperson vereinbart worden sei, wofür monatlich nur noch 18,50 EUR zu zahlen seien. Als weitere private Bezugsperson neben der Nachbarin sei seine geschiedene Ehefrau benannt worden, die allerdings 20 Minuten entfernt von ihm wohne. Diese Vertragsänderung sei allein dem Umstand seiner wirtschaftlichen Not geschuldet, weil er die 10,01 EUR Differenz nicht zahlen könne; die gewählte Notfallvariante sei mit Sicherheit nicht optimal.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Abänderung der Bescheide vom 13.05.2015 und 17.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2016 zu verurteilen, ihm ab März 2015 weitere Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 10,01 EUR für die Teilnahme am Hausnotrufsystem des Caritas Verbandes Düren-Jülich e.V. zu gewähren und ihm für die Zeit vom 01.03.2015 bis 30.04.2016 insoweit 140,14 EUR nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Sie hat Unterlagen über die seit 2012 in der StädteRegion Aachen gehandhabte sozialhilferechtliche Praxis hinsichtlich der Übernahme von Kosten für die Inanspruchnahme eines Hausnotrufdienstes überreicht.

Auf Anfrage des Gerichts hat die Pflegekasse des Klägers, die AOK Rheinland/Hamburg den "Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln (Hausnotrufsystem) gemäß § 78 Abs. 1 SGB XI" (Stand: September 2008) sowie ein Merkblatt des GKV-Spitzenverbandes zur Versorgung der Pflegebedürftigen mit Hausnotrufsystemen überreicht. Desweiteren hat das Gericht eine telefonische Auskunft bei dem Caritas-Hausnotruf Düren-Jülich eingeholt; danach werden bei Absetzen eines Hausnotrufs zunächst die privaten Bezugspersonen informiert; erst wenn diese nicht erreichbar oder verhindert sind, wird die Caritas-Pflegestation entsprechend der Zusatzvereinbarung tätig, und zwar bis zu drei Mal monatlich kostenfrei. Ohne eine entsprechende Zusatzvereinbarung zum Hausnotrufvertrag unter Bestimmung der Caritas als erster Bezugsperson (37,00 EUR), zweiter Bezugsperson (30,00 EUR) oder dritter Bezugsperson (18,50 EUR) sei eine Teilnahme am Hausnotrufsystem der Caritas nur möglich, wenn mindestens drei private Bezugspersonen benannt würden; wären diese dann alle verhindert, würde die Feuerwehr oder der Rettungsdienst (mit den üblichen Kostenfolgen für den Hilfebedürftigen) informiert. Wenn der Betreffende einen ambulanten Pflegedienst habe, der nicht der Caritas angeschlossen sei, könne er auch diesen als "private Bezugsperson" einsetzen; dessen Einsätze sei dann aber nicht kostenfrei wie diejenigen der Caritas, wenn diese in einer Zusatzvereinbarung als Bezugsperson eingetragen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide insoweit beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), als sie teilweise rechtswidrig sind. Der Kläger hat für die Zeit von März 2015 bis April 2016 Anspruch auf weitere Hilfe zur Pflege in Höhe von monatlich 10,01 EUR für die Inanspruchnahme des Hausnotrufsystems des Caritas Verbandes Düren-Jülich e.V., da dieser Bedarf notwendig war und weder durch Leistungen Dritter, speziell der Pflegekasse, noch durch Einsatz von Einkommen und Vermögen des Klägers zumutbar gedeckt werden konnte.

Rechtsgrundlage ist allerdings nicht, wie die Beklagte zunächst gemeint hat, § 71 SGB XII (Altenhilfe), sondern die vorrangige Anspruchsnorm des § 61 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Danach ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Die Hilfe zur Pflege umfasst u.a. Hilfsmittel. Der Kläger ist erheblich pflegebedürftig; die zuständige Pflegekasse gewährt ihm deshalb Leistungen nach der Pflegestufe I. Sie hat auch die Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Hausnotrufsystems als Pflegehilfsmittel gemäß § 40 SGB XI anerkannt und übernimmt hierfür entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen die Basisgebühr von (zurzeit) 18,36 EUR monatlich. Dieser von der Pflegekasse übernommene (Höchst)Betrag deckt jedoch ausschließlich die Bereitstellung der an einer Hausnotrufzentrale angeschlossenen, betriebsbereiten Hausnotrufgeräte pro Monat ab. Dies ergibt sich aus der Anlage 1 des von der Pflegekasse des Klägers vorgelegten "Vertrag über die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln (Hausnotrufsystemen) gemäß § 78 Abs. 1 SGB XI". Die durch die Pflegekassenleistung gedeckten und deshalb vom Leistungserbringer für den Hilfeempfänger zuzahlungsfrei zu erbringenden Leistungen beinhalten nach der Anlage 2 zu dem vorgenannten Vertrag allein &61485; die Bereitstellung des Hausnotrufgerätes, &61485; die Einweisung des Empfängers sowie aller Beteiligten in den Gebrauch des Gerätes, &61485; die Abstimmung eines Maßnahmeplanes, &61485; die Programmierung des Hausnotrufgerätes entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles, wobei die Zentrale spätestens als vierte anzuwählende Rufnummer zu programmieren ist, &61485; den Anschluss des Hausnotrufgerätes über das Telefonnetz an eine 24 Stunden besetzte Zentrale sowie die Entgegennahme der Notrufe durch die Zentrale und Einleitung der erforderlichen Maßnahmen nach dem Maßnahmeplan entsprechend der jeweiligen Situation, &61485; die Sicherstellung der täglich einwandfreien Funktion des Hausnotrufgerätes einschließlich der Anbindung an die Notrufzentrale während der Versorgungsdauer mit durchführen geeigneter Kontrollen, &61485; die unverzügliche Beseitigung von Mängeln am Hausnotrufgerät durch Instandsetzung oder Ersatz.

Daraus wird deutlich, dass die weiteren in Folge eines abgesetzten Hausnotrufs ggf. anfallenden Kosten der Einsätze eines nicht in das Notrufsystem einbezogenen Pflegedienstes, von Ärzten, Krankenwagen etc. nicht von der Basisversorgung durch die Pflegekassen gedeckt sind. Zwar ist auch nach dem von der Pflegekasse vorgelegten Versorgungsvertrag der Anschluss an ein Hausnotrufsystem zuzahlungsfrei, also ohne eine Zusatzvereinbarung, wie sie der Kläger mit der Caritas geschlossen hat, möglich, nämlich dann, wenn der Hausnotrufdienstleister als mindestens vierte (oder fünfte, sechste etc.) Bezugsperson eingetragen wird. Dies setzt aber voraus, dass der Pflegebedürftige mindestens drei private Bezugspersonen – dies können Angehörige, Nachbarn, Freunde oder auch ein nicht mit dem Hausnotrufsystemanbieter verbundener ambulanter Pflegedienst sein – als erste, zweite und dritte Bezugsperson eingetragen werden. Ohne Benennung solcher vorrangiger Bezugspersonen ist ein für den Pflegebedürftigen zuzahlungsfreier Hausnotrufvertrag nicht möglich. Dies hat auch der Caritas Verband Düren-Jülich e.V. auf das telefonische Auskunftsersuchen des Gerichts bestätigt. Da der Kläger im zuletzt noch streitbefangenen Zeitraum von März 2015 bis April 2016 aber nur eine private Bezugsperson – seine Nachbarin – hatte, war es notwendig, dass er im Rahmen der Zusatzvereinbarung die Caritas als zweite Bezugsperson eintragen ließ. Hierfür erwuchsen ihm zusätzlich zu der von der Pflegekasse übernommenen Basisgebühr von 18,36 EUR monatlich weitere 30,00 EUR. In seinem Fall wirkte sich noch kostenmindernd aus, dass seine regelmäßigen ambulanten Pflegeleistungen von dem ohnehin ihn pflegenden Caritas-Pflegedienst übernommen wurden und dieser in das Hausnotrufsystem der Caritas eingebunden war dergestalt, dass er im Falle eines abgesetzten Hausnotrufs die Funktion der eingetragenen zweiten Bezugsperson wahrnahm mit der Folge, dass bis zu drei Notrufeinsätze kostenfrei waren. Wäre der Kläger von einem anderen, nicht der Caritas angeschlossenen ambulanten Pflegedienst versorgt worden und hätte er diesen neben seiner Nachbarin als zweite (private) Bezugsperson eintragen lassen mit der Folge, dass im streitbefangenen Zeitraum die Caritas als dritte Bezugsperson für Mehrkosten von nur 18,50 EUR pro Monat im Hausnotrufvertrag eingetragen worden wäre, hätte dies allerdings zur Folge gehabt, dass bei Verhinderung der Nachbarin und einem Einsatz dieses Pflegedienstes die dadurch anfallenden Kosten nicht von der Hausnotruf-Zusatzvereinbarung von bis zu drei kostenfreien Einsätzen monatlich gedeckt gewesen wären. Vielmehr wären die Kosten eines solchen Einsatzes noch zusätzlich angefallen mit der Folge, dass sie von der Beklagten aus Mitteln der Sozialhilfe zusätzlich hätten übernommen werden müssen.

Die im streitbefangenen Zeitraum notwendige Hilfe zur Pflege durch Inanspruchnahme des notwendigen Hausnotrufsystems war – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht auf die Leistungen der Pflegekasse begrenzt. Denn anders als im Bereich der Hilfe bei Krankheit enthalten die Bestimmungen des Siebten Kapitels des SGB XII in Bezug auf die Hilfe zur Pflege keine Begrenzung des Umfangs der Hilfeleistungen des Sozialhilfeträgers auf die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 16.04.2015 – S 1 SO 1636/14). Die Beklagte kann den Kläger zur Deckung der Hausnotrufkosten auch nicht mit Erfolg auf die gemäß §§ 42, 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII im Rahmen der Grundsicherung zuerkannten Mehrbedarfsleistung verweisen; denn diese wegen des Merkzeichens "G" gewährte Leistung soll einen anderen als den durch Pflegebedürftigkeit bedingten Mehrbedarf abdecken. Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte verpflichtet, die durch die Leistung der Pflegekasse (18,36 EUR) und der zusätzlich bewilligten Leistung aus Mitteln der Sozialhilfe (19,99 EUR) monatlich ungedeckt gebliebenen Kosten für die Anbindung an das Hausnotrufsystem des Caritas Verbandes Düren-Jülich e.V. in Höhe von 10,01 EUR/Monat für die Zeit von März 2015 bis April 2016 (13 Monate), insgesamt 140,14 EUR als weitere Hilfe zur Pflege zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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