Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 10 R 530/12 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 464/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Verrechnung einer Rentennachzahlung zugunsten einer Beitragsforderung der Beigeladenen gegenüber der Klägerin.
Die am 00.00.1941 geborene Klägerin hat diverse Unternehmen geführt. Die Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgte für zwei dieser Unternehmen bei der Beigeladenen (Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg).
Bei einem dieser Unternehmen handelte es sich um die am 00.00.1998 gegründete "B C Baubetreuung" mit dem Schwerpunkt "Bauhauptgewerke (Trockenbau, Montage)". Dieses Unternehmen meldete die Klägerin im September 1999 bei der Beigeladenen an - BG-Nr. 000. Die Beigeladene verwendete bei der nachfolgenden Korrespondenz mit der Klägerin die Adressierung "B C Montagen, T, L 00 Q". Die Klägerin beanstandete diese Bezeichnung zunächst nicht, sondern gab den Lohnnachweis für 1998 unter Verwendung des Stempels "B C Baubetreuung, T 00, Q" ab. Mit Schreiben vom 07.11.2000 teilte die Klägerin mit, sie beziehe sich "auf diverse Schreiben und Beitragsbescheide gerichtet an ((Frau B C Montagen))". Eine derartige Firma gebe es nicht. Sie bitte daher um "Neuausstellung an die Firmen", die die Beigeladene ansprechen wolle. Der Betrieb "B C Baubetreuung" wurde zum 31.03.2001 aufgegeben. Gegen den daraufhin durch die Beigeladene erteilten Beitragsabfindungsbescheid vom 21.06.2001 hat die Klägerin Widerspruch erhoben.
Anfang April 2002 stellte die Innungskrankenkasse N einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin als ehemalige Inhaberin des T Hotelbetriebes. Die Klägerin stellte am 06.05.2002 ein Vermögensverzeichnis auf. Mit Beschluss des Amtsgerichts E vom 03.06.2002 wurde in dem unter dem Aktenzeichen 257/ IN 00/02 geführten Insolvenzeröffnungsverfahren ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestimmt. Mit Beschluss vom 16.05.2003 eröffnete das Amtsgericht E auf Antrag der Klägerin unter dem Aktenzeichen 257 IN 00/03 das Insolvenzverfahren über "das Vermögen der Klägerin, ehemals handelnd als Inhaberin des "T Hotelbetriebes", L 00, Q, privat: X 00, Dl" und verband das ältere Verfahren 257 IN 00/02 hierzu. Mit Beschluss vom 26.04.2011 erteilte das Amtsgericht E nachfolgend der Klägerin, "handelnd unter als ehemalige Inhaberin des ((T Hotelbetriebes))" Restschuldbefreiung nach § 300 Insolvenzordnung (InsO). Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Klägerin beantragte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, nachfolgend einheitlich als Beklagte bezeichnet) mit formlosem Schreiben vom 23.04.2002 die Gewährung von Altersrente für Frauen. Die Klägerin teilte darüber hinaus mit, dass sie zugleich Ansprüche wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit geltend mache, da sie ihre Tätigkeit auch aus gesundheitlichen Gründen aufgebe. Den der Klägerin hiernach übersandten Formularantragsvordruck gab diese am 10.06.2002 ausgefüllt zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Sozialgericht Berlin in einem anderen Streitverfahren (betreffend die Nachzahlung freiwilliger Beiträge bei Heiratserstattung) die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Nach Rücklauf der Verwaltungsakte am 02.08.2002 wurde die Klägerin befragt, welche der beantragten Renten sie begehre. Mit Schreiben vom 09.09.2002 beantwortete die Klägerin die Frage dahingehend, dass sie Altersrente für Frauen beanspruche.
Mit Schreiben vom 29.8.2002, eingegangen am 04.09.2002, teilte die beigeladene Bauberufsgenossenschaft Hamburg mit, dass die Klägerin ihr derzeit insgesamt 7.509,05 EUR an Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung schulde. Sofern die Beklagte der Klägerin jetzt oder in Zukunft Leistungen gewähre, ermächtige sie, die Berufsgenossenschaft, die Beklagte gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I), die bezeichneten Ansprüche mit den der Beklagten obliegenden Geldleistungen zu verrechnen.
Mit dem Vordruck R 240 bat die Beklagte die Klägerin nachfolgend insbesondere um Mitteilung, ob sie die Altersrente vorzeitig, dann allerdings mit Abschlägen in Anspruch nehmen wolle. Die Klägerin teilte mit am 30.09.2002 ausgefülltem Vordruck mit, dass sie die Rente frühestmöglich, d.h. zum 01.04.2002 in Anspruch nehmen wolle. Mit Bescheid vom 06.11.2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin Altersrente für Frauen ab dem 01.04.2002 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 242,82 EUR. Die laufende Zahlung begann ab Januar 2003. Für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis zum 31.12.2002 errechnete die Beklagte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 2.169,99 EUR. Der Nachzahlungsbetrag werde zunächst einbehalten.
Mit Schreiben vom 04.12.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Hälfte der Nachzahlung an sie ausgekehrt werde, die übrige Hälfte hingegen zur Verrechnung einbehalten werde. Mit Schreiben vom 06.01.2003 hörte die Beklagte die Klägerin sodann zur Verrechnung der Rentennachzahlung zugunsten der Beigeladenen an. Hilfebedürftigkeit werde nicht geprüft, da diese für den Nachzahlungszeitraum nicht rückwirkend eintreten könne. Da bei der Verrechnung Ermessen auszuüben sei, könne sich die Klägerin zu etwaigen Umständen äußern, die für die Verrechnung bedeutsam seien könnten. Gegen den "Bescheid" vom 04.12.2002 erhob die Klägerin am 27.12.2002 Widerspruch und führte sinngemäß zur Begründung aus, dass ihr die lange Bearbeitungsdauer nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Ansonsten hätte es die Beklagte in der Hand, die Höhe der zur Verrechnung zur Verfügung stehenden Summe willkürlich zu beeinflussen.
Mit dem hier angefochtenem Bescheid vom 12.02.2003 erklärte die Beklagte zugunsten der Beigeladenen die Verrechnung der verbliebenen Nachzahlungssumme von 1.084,99 EUR mit der ausstehenden Beitragsforderung von 7.509,05 EUR. Die Klägerin könne durch die Verrechnung in der Vergangenheit nicht mehr sozialhilfebedürftig werden. Es sei dabei unerheblich, ob die Auszahlung des Nachzahlungsbetrages durch die Bearbeitungsdauer verzögert worden sei. Die Verrechnung werde "nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten".
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.02.2003 Widerspruch mit der sinngemäßen Begründung, dass die Beklagte die Bearbeitung bewusst verzögert habe, um das frühzeitig bekannt gewordene Verrechnungsersuchen möglichst umfänglich bedienen zu können. Mangels anderer Einkünfte und eines laufenden Insolvenzverfahrens habe die Klägerin sich für die Zeit von April bis Oktober 2002 für den Lebensunterhalt fehlende Beträge leihen müssen und sei nun zur Rückzahlung verpflichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin unter Aufrechterhaltung der Begründung aus dem Ausgangsbescheid zurück. Die Einwände gegen die Verrechnung könnten nicht berücksichtigt werden. Die Beklagte habe "weder ihr Ermessen missbraucht noch die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechnung bzw. Verrechnung fehlerhaft angewandt."
Am 17.06.2003 hat die Klägerin gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben und ihre Widerspruchsbegründung wiederholt.
Da die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung mit erstem Wohnsitz in D gemeldet war, hat das Sozialgericht Berlin das dort unter dem Aktenzeichen S 14 RA 3125/03 geführte Verfahren mit Beschluss vom 08.09.2005 an das örtlich zuständige Sozialgericht Gelsenkirchen verwiesen.
Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat die Beteiligten anlässlich eines Termins zur mündlichen Verhandlung im September 2006 darauf hingewiesen, dass die Rechtsfrage, ob eine Verrechnung durch Verwaltungsakt erfolgen könne, beim Bundessozialgericht (BSG) unter dem Aktenzeichen B 13 RJ 43/05 R anhängig sei. Nach Zustimmung der Beteiligten hierzu hat das Sozialgericht das Verfahren mit Beschluss vom 05.10.2006 zum Ruhen gebracht. Im August 2012 hat die Beklagte beantragt, das Verfahren fortzusetzen. Der Große Senat des BSG habe am 31.08.2011 auf Vorlage des 13. Senats unter dem Aktenzeichen GS 2/10 entschieden, dass der Leistungsträger die Verrechnung gemäß § 52 SGB I gegenüber einem Sozialleistungsberechtigten durch Verwaltungsakt regeln dürfe. Mit Beschluss vom 10.06.2013 hat das Sozialgericht die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft beigeladen und zugleich unter Bezug auf das Urteil des BSG vom 07.02.201 - B 13 R 85/09 R - erhebliche Zweifel an der Bestimmtheit der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen und des streitgegenständlichen Verrechnungsbescheides der Beklagten geäußert. Ebenso sei eine ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens durch die Beklagte fraglich. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass nur die Nachzahlung und nicht die laufende Rentenzahlung verrechnet worden sei. Die Beklagte habe den Betrag von 1.084,99 DM - gemeint waren offensichtlich Euro - bereits an die Beigeladene ausgekehrt. Die Beigeladene könne ihr Verrechnungsersuchen im Übrigen wiederholen. Mit Schreiben vom 02.10.2013 hat die Beigeladene zum Verfahren Stellung genommen. Die Forderung belaufe sich aktuell auf 7.041,60 EUR. Sie wiederhole bzw. erweitere ihr Verrechnungsersuchen auf diese Summe. Das Insolvenzverfahren der Klägerin sei noch nicht abgeschlossen. Die Beigeladene hat ein Schreiben an den damaligen Insolvenzverwalter vom 22.04.2004 beigefügt, ihn welchem die erhobenen Beitragsforderungen gegen die Klägerin unter Bezeichnung der einzelnen Beitragsbescheide aufgeführt sind. Die Beitragsbescheide seien bei der Anmeldung der Forderungen zur Tabelle nach §§ 174, 177 InsO in Kopie beigefügt gewesen.
Die Klägerin hat zu den Ausführungen der Beigeladenen unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens dahingehend Stellung genommen, dass die Beigeladene es unterlassen habe, ihre Forderungen zeitnah zu realisieren. "Bis zum Jahr 2003" sei "außerordentliche Vermögensmasse vorhanden" gewesen "mit Bargeld von mehreren Hunderttausend EUR und erheblichem Vermögen mit 3 Schlössern und mehreren Häusern der Vermögensgemeinschaft A. C und Dr. I C." "Soweit die Beklagte angebliche ((rechtskräftige Forderungsbescheide)) an den Insolvenzverwalter gesandt haben" wolle, seien "diese jedenfalls der Klägerin nie bekannt gegeben worden". Die Beigeladene habe jede Möglichkeit gehabt, vor der Insolvenz "die Forderungen einzutreiben". "Angebliche Forderungsbescheide aus dem Jahr 2001" seien "jedenfalls nicht bei der Klägerin eingegangen" und seien auch nicht "vollstreckt" worden, "was leicht möglich gewesen wäre".
Die Beklagte hat eine relevante Verzögerung bei der Bearbeitung des Rentenantrags unter Bezug auf den tatsächlichen Verfahrensgang verneint. Der "Formfehler" der fehlenden Bestimmtheit sei nachträglich durch die Angaben der Beigeladenen rückwirkend geheilt worden. Die Verschärfung der Rechtsprechung des BSG zur Frage der Bestimmtheit des Verrechnungsersuchens sei im Übrigen erst später erfolgt, nämlich mit Urteil vom 23.07.2003 - B 4 RA 60/02. Hinsichtlich des Ermessens seien weder im Anhörungs- noch im Widerspruchsverfahren substantiierte Darlegungen zu der behaupteten Darlehensaufnahme gemacht worden. Die zuletzt abgegebene Stellungnahme zu den Vermögensverhältnissen in den Jahren 2002 bis 2003 stehe im Widerspruch zum vorherigen Vorbringen und lasse an dem Eintritt einer Sozialhilfebedürftigkeit durch die Verrechnung zweifeln.
Die Klägerin hat abschließend erwidert, dass ausreichende Vermögensmasse bis zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im April 2002 vorgelegen habe.
Nachfolgend haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Mit Urteil vom 25.04.2014 hat das Sozialgericht sodann die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Es ist hierbei von dem schriftsätzlich sinngemäßen Antrag der Klägerin ausgegangen, den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 aufzuheben und ihr die ausstehende Nachzahlung ihrer Altersrente für Frauen in Höhe von 1.084,99 EUR auszuzahlen. Das Sozialgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verrechnung bereits vor der Insolvenzverfahrenseröffnung wirksam durchgeführt worden sei. Die erteilte Restschuldbefreiung habe deshalb auf den vorliegenden Rechtstreit keinen Einfluss mehr nehmen können.
Gegen das ihr am 19.05.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.06.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen erneut ausgeführt, dass die Beigeladene vor Eintritt der Insolvenz die Möglichkeit gehabt habe, ihre Forderungen zu vollstrecken, aber im kollusiven Zusammenwirken mit der Beklagten den einfacheren Weg der Verrechnung in eine künstlich erhöhte Rentennachzahlung gewählt habe. Sie, die Klägerin, sei "im Jahr 2003 mittellos und auf Hilfe angewiesen" gewesen. Die "zurückzuzahlende Forderung" habe zwar "vor der Insolvenz" gelegen, sei jedoch "jeweils bis heute angefochten" und somit "noch nicht endgültig entschieden".
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 aufzuheben und der Klägerin die Nachzahlung ihrer Altersrente für Frauen in Höhe von 1.084,99 EUR auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Az 000) sowie der Beigeladenen (Mitgliedsakte und Forderungsakte zu der BG-Nr. 000), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Zulässigkeit der Berufung maßgebliche Grenze von 750,00 EUR.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat - jedenfalls im Wege der Auslegung ihres Begehrens - insbesondere die statthafte Klageart gewählt, nämlich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Spätestens durch den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 31. August 2011 - GS 2/10 - ist geklärt, dass der Leistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten ausgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln darf. Die Klägerin musste daher zunächst den auf die Durchführung der Verrechnung gerichteten Bescheid der Beklagten vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 im Wege der Anfechtungsklage beseitigen und hätte - im Erfolgsfalle - im Wege der allgemeinen Leistungsklage die Auszahlung von der Beklagten verlangen können.
Die Klage ist allerdings unbegründet.
Die Klägerin ist für die geltend gemachte Forderung aktiv legitimiert. Zwar dauert das das Vermögen der Klägerin betreffende Insolvenzverfahren (AG E 257 IN 00/03) trotz der am 26.04.2011 beschlossenen Restschuldbefreiung noch an. Dies nimmt der Klägerin allerdings grundsätzlich nicht die Legitimation, die in dem Rentenbewilligungsbescheid vom 06.11.2002 ausgewiesene Nachzahlung zu fordern. Nach § 80 Abs 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Nach § 35 Abs 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Nach § 36 Abs 1 InsO gehören allerdings Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Gemäß § 54 Abs 4 SGB I dürfen Ansprüche auf laufende Geldleistungen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Hierdurch wird Bezug genommen auf die §§ 850 ff Zivilprozessordnung (ZPO). Die entsprechende Anwendbarkeit insbesondere des 850c ZPO wird in § 36 Abs 1 Satz 2 InsO ausdrücklich erklärt. § 850 c Abs 1 Satz 1 ZPO regelt in der hier maßgeblichen Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 13.12.2001, dass das Arbeitseinkommen unpfändbar ist, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, netto nicht mehr als 930,00 EUR monatlich beträgt. Die Rente der Klägerin mit einem Zahlbetrag von 242,82 EUR ist damit unpfändbar. Sie überschreitet den damals maßgeblichen Grundfreibetrag von 930,00 EUR nicht. Dass die Rente für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.12.2002 nachgezahlt wurde, nimmt ihr nicht den Charakter einer laufenden Geldleistung (siehe Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 54 SGB I, Rn. 53). Dies entspricht auch der herrschenden Meinung in der vollstreckungsrechtlichen Literatur, nach der die Nachzahlung rückständiger Lohnbeträge dem Lohnzahlungszeitraum hinzuzuschlagen ist, zu dem diese Beträge gehören (Stöber in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 850c ZPO, Rn. 3). Eine Zusammenrechnung mit etwaigen anderen Einkünften der Klägerin wäre nur auf Antrag eines Gläubigers nach § 850e ZPO möglich gewesen. Ein solcher ist nicht ersichtlich.
Die Klägerin kann allerdings die Auszahlung des im Rentenbescheid vom 06.11.2002 ausgewiesenen Nachzahlungsbetrages von 2.169,99 EUR nicht verlangen. Denn ihre zunächst in dieser Höhe entstandene Forderung ist zum einen in Höhe von 1.085,00 EUR durch unmittelbare Erfüllung, d.h. durch Auskehr an die Klägerin entsprechend der Abrechnung vom 04.12.2002, und zum anderen in Höhe der hier streitigen 1.084,99 EUR durch Erfüllung aufgrund einer Verrechnung untergegangen.
Die Verrechnung wurde durch den angefochtenen Bescheid vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 gegenüber der Klägerin wirksam vorgenommen. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig (siehe zum Nachstehenden insbesondere BSG Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 13/12 R).
Nach § 51 Abs 2 SGB I, auf den § 52 SGB I für die Verrechnung verweist, kann der zuständige Leistungsträger mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird.
Die von der Beigeladenen geltend gemachten Beitragsansprüche sind von der Vorschrift erfasst. Es handelt sich um Beitragsansprüche nach dem Sozialgesetzbuch (hier dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII).
Die formellen Voraussetzungen eines Verrechnungs-Verwaltungsakts liegen vor. Die Beklagte hatte die Klägerin vor dessen Erlass gemäß § 24 Abs 1 SGB X mit Schreiben vom 06.01.2013 angehört. Der Verrechnungs-Verwaltungsakt war auch im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X "inhaltlich hinreichend bestimmt". Ausreichend ist dabei nach aktueller Auffassung des BSG (Urteil vom 07.02.2012 - B 13 R 85/09 R - Rd 46ff nach juris) die Bestimmbarkeit der zur Verrechnung gestellten Forderungen. Hierbei kann weitere Korrespondenz zwischen den betroffenen Beteiligten - d.h. insbesondere zwischen dem Verrechnungsersuchenden und dem Leistungsempfänger - herangezogen werden.
Das Verrechnungsersuchen der Beigeladenen wie auch der angefochtene Bescheid der Beklagten benennt eine Beitragsforderung der Beigeladenen in Höhe von 7.509,05 EUR. Diese Forderung ist ausreichend bestimmbar, da sie sich ihre Entstehung, Zusammensetzung und Fälligkeit für die Klägerin eindeutig aus den Bescheiden der Beigeladenen (s. Inhalt der Mitglieds- und Forderungsakte der Beigeladenen zu der BG-Nr. 000), insbesondere dem Beitragsfestsetzungsbescheid vom 10.12.1999 (Beiträge für 1998) in der Fassung des Beitragsänderungsbescheides vom 27.01.2000, dem Beitrags- und Vorschussbescheid vom 14.04.2000 (Beiträge für 1999, Vorschüsse für 2000) in der Fassung der Beitragsänderungsbescheide vom 25.07.2000 und 10.04.2001, dem Bescheid vom 16.02.2001 (Säumniszuschläge für Beitragsrückstände aus 2000), dem Beitragsbescheid vom 24.04.2001 (Beiträge für 2000), dem Beitragsabfindungsbescheid vom 21.06.2001 (Beiträge für 2001) sowie dem Bescheid vom 18.03.2002 (Säumniszuschläge für Beitragsrückstände aus 2001). Den in den vorgenannten Bescheiden bezeichneten Beitragsschulden waren dabei die in dem Kontoauszug vom 18.03.2002 bezeichneten Beitragserstattungen und Zahlungen der Klägerin gegenüberzustellen. Die sich ergebende Schuld von 7.509,05 EUR entspricht genau der zur Verrechnung gestellten Forderung.
Es bestand auch objektiv eine Verrechnungslage entsprechend § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: Forderungen der Beigeladenen gegen die Klägerin), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehalt mittels Verwaltungsakt) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch der Klägerin aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 26; BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 55). Diese Konstellation lag vor. Die vorbezeichneten Bescheide der Beigeladenen über die Beitragsfestsetzungen und die Erhebung von Säumniszuschlägen wurden der Klägerin bekannt gegeben (§ 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) und sind damit wirksam. Die Bescheide sind auch bestandskräftig (§ 77 SGG) bzw. sofort vollstreckbar (siehe § 86a Abs. 2 Nr 1 SGG) und somit fällig im o.g. Sinne.
Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Klägerin mit Schreiben vom 07.11.2000 ausgeführt hat, sie habe die unter "B C Montagen" erhaltenen Bescheide nicht zuordnen könne. Dies ändert an deren Bekanntgabe nichts. Denn die Klägerin hat diese Bezeichnung durch die Beigeladene in der anfänglichen Korrespondenz akzeptiert. Die nachträgliche Berufung auf eine schlichte Falschbezeichnung ist - bei tatsächlich eindeutiger Zuordnungsfähigkeit - unbeachtlich.
Dass die Klägerin später behauptet hat, ihr seien die von der Beigeladenen an den Insolvenzverwalter übersandten Bescheide nicht bekannt gegeben worden bzw. Forderungsbescheide aus 2001 seien nicht bei ihr eingegangen, wertet der Senat als Schutzbehauptung. Der Vertrag der Klägerin ist in sich unschlüssig. Denn sie hat gegen den Beitragsabfindungsbescheid vom 21.06.2001 aktenkundig Widerspruch erhoben, so dass von einer Bekanntgabe jedenfalls dieses Bescheides auszugehen ist. Hinsichtlich der übrigen Bescheide ist ein Rücklauf in den Akten nicht zu verzeichnen. Es wird von Klägerseite auch nicht substantiiert dargetan, aus welchen Gründen ein zunächst funktionierender Korrespondenzweg später vollständig versagt haben soll. Es ist zudem widersprüchlich, wenn die Klägerin der Beigeladenen im gleichen Zusammenhang vorhält, dass diese ihre Forderungen vor Eintritt der Insolvenz nicht vollstreckt habe, obwohl dies einfach möglich gewesen sei. Eine solche Vollstreckung setzt notwendigerweise die Bekanntgabe der Beitragsbescheide voraus. In der Berufungsbegründung behauptet die Klägerin schließlich - von ihrem bisherigen Vorbringen erneut wesentlich abweichend, dass alle Bescheide angefochten seien und hierüber noch nicht entscheiden sei.
Dass die Klägerin am 25.07.2001 gegen den - ihr nach eigener Darstellung erst am 04.07.2001 zugegangenen - Bescheid vom 21.06.2001 Widerspruch erhoben hat, ändert an der Feststellung der Verrechnungslage selbst dann nichts, wenn der Widerspruch tatsächlich noch nicht beschieden wurde. Denn die festgestellte Beitragsforderung ist unmittelbar vollstreckbar. Dies ergibt sich aus § 86a Abs 2 Nr 1 SGG in der damals gültigen Fassung. Dieser regelt, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt. Hiervon sind sämtliche o.g. Bescheide der Beigeladenen erfasst.
Die Rentennachzahlung konnte die Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 06.11.2002 beanspruchen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt bestand damit die Verrechnungslage.
Die "Verrechnungserklärung" wurde mit Bescheid vom 12.02.2003 zutreffend gegenüber der Klägerin vorgenommen. Dass zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides am 19.05.2003 das Insolvenzverfahren schon eröffnet war, spielt keine Rolle. Zwar muss eine solche "Erklärung" in der Regel gegenüber dem Insolvenzverwalter abgegeben werden. Allerdings ist hier die verrechnete Forderung, d.h. die Rentennachzahlung, nicht dem Insolvenzbeschlag unterworfen (s.o.), so dass die Klägerin aktivlegitimiert war und notwendig Adressatin blieb.
Auch die Beschränkung des § 51 Abs 2 SGB I steht der Verrechnung nicht entgegen. Hiernach kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird. Die Beklagte hat gegen die Hälfte der Nachzahlung verrechnet. Dass die Klägerin hierdurch in der Vergangenheit hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) oder Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) wurde, in keiner Weise substantiiert vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin insoweit lediglich vorgetragen, dass sie sich mangels anderer Einkünfte und eines laufenden Insolvenzverfahrens für die Zeit von April bis Oktober 2002 für den Lebensunterhalt fehlende Beträge habe leihen müssen und nun zur Rückzahlung verpflichtet sei. Konkrete Angaben hierzu erfolgten nicht. Im Klageverfahren hat die Klägerin hiervon abweichend vorgetragen, dass "bis zum Jahr 2003" "außerordentliche Vermögensmasse vorhanden" gewesen sei "mit Bargeld von mehreren Hunderttausend EUR und erheblichem Vermögen mit 3 Schlössern und mehreren Häusern der Vermögensgemeinschaft A. C und Dr. I C." Dies lässt zumindest erhebliche Zweifel an dem Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit im Jahre 2002 aufkommen. Zwar hat die Klägerin die vorgenannte Darstellung am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens dahingehend relativiert, dass ausreichende Vermögensmasse (lediglich) bis zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im April 2002 vorgelegen habe. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin aber wieder ausgeführt, dass sie in 2003 hilfebedürftig gewesen sei. Der Senat konnte daher nicht die Überzeugung gewinnen, dass in dem hier streitigen Nachzahlungszeitraum Hilfebedürftigkeit der Klägerin eingetreten war.
Der Vorschrift des § 51 SGB I lässt sich auch nicht als ungeschriebene weitere Einschränkung entnehmen, dass eine Verrechnung nur zulässig sei, wenn anderweitige Vollstreckungsmaßnahmen nicht erfolgreich waren. Die Beigeladene ist vielmehr im Interesse der Versichertengemeinschaft gehalten, nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu handeln und damit möglichst erfolgversprechende Wege der Vollstreckung zu wählen.
Schließlich stehen auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (Beschluss des Amtsgerichts E vom 16.05.2003) bzw. die Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters (Beschluss vom 03.06.2002) der Wirksamkeit der Verrechnung nicht entgegen.
Grundsätzlich gilt nach § 94 InsO, dass sofern ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt ist, dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt wird. Auch bei erst zu erwartendem Eintritt der Aufrechnungslage während des Insolvenzverfahrens ist die Aufrechnung möglich. Nach § 95 Abs 1 Satz 1 und 3 InsO gilt insoweit: Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann. Mit der letztgenannten Regelung soll verhindert werden, dass der Insolvenzgläubiger, der effektiv zur Masse zu leisten hat, durch Verzögerung der Leistungsbringung in den Genuss der Aufrechnung kommt (Windel in: Jaeger: Kommentar zur Insolvenzordnung § 95, Rn. 2). Diese Vorschriften sind auf den Fall der Verrechnung entsprechend anwendbar (siehe BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R - Rd 17ff).
Vorliegend sind die zur Aufrechnung gestellten Forderungen der Beigeladenen allesamt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden und bestandskräftig bzw. zumindest vollstreckbar festgestellt worden. Mit der Fälligkeit der Rentennachzahlung spätestens im November 2002 (Erteilung des Rentenbescheides) konnte die Aufrechnung erfolgen. Die Passivforderung war damit nicht im Sinne des § 95 Abs 1 Satz 3 InsO fällig, bevor die Aufrechnung erfolgen konnte.
Auch die Aufrechnungsbeschränkungen nach § 96 Abs 1 InsO greifen nicht ein. Hiernach ist die Aufrechnung unzulässig,
1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3. wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4. wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
Die Nrn 1 und 4 sind schon deshalb nicht einschlägig, weil die Rentenleistung der Beklagten, wie bereits gezeigt, nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Die Beklagte schuldet nicht zur Insolvenzmasse. Die Nr 2 greift nicht ein, da die Verrechnung eine Aufrechnung im Dreiecksverhältnis und damit gerade keinen Forderungserwerb der Beklagten von der Beigeladenen darstellt. Eine im insolvenzrechtlichen Sinne anfechtbare Rechtshandlung der Beigeladenen im Sinne der Nr 3 ist nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat schließlich auch das ihr gemäß § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und pflichtgemäß ausgeübt (§ 39 Abs 1 SGB I). Nach allgemeiner Meinung wird in § 51 Abs 2 SGB I hinsichtlich der Vornahme der Auf- bzw. Verrechnung ein Ermessen des zuständigen Leistungsträgers eröffnet. Dass im Ausgangsbescheid ausgeführt wird, die Verrechnung werde "nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten", stellt in vorliegendem Fall eine ausreichende Ermessensbetätigung dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, dass die Klägerin durch die Verrechnung in der Vergangenheit nicht mehr sozialhilfebedürftig werden könne. Die Feststellung der Angemessenheit ist daher der Ermessensseite der Entscheidung zuzuordnen. Die Dichte der Ermessenserwägungen hängt maßgeblich von den wesentlichen Aspekten ab, die von dem Betroffenen im Zuge der Anhörung bzw. des nachfolgenden Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren vorgebracht werden. In diesem Sinne erhebliches Vorbringen ist aber weder der Reaktion der Klägerin auf die Anhörung noch der Widerspruchsbegründung zu entnehmen. Die Behauptung, dass die Beklagte das Rentenverfahren bewusst verzögert habe, um die Nachzahlungssumme zu erhöhen, ist angesichts des tatsächlichen Verfahrensgangs und insbesondere des Zeitraums zwischen Eingang des Verrechnungsersuchens der Beigeladenen (04.09.2002) und der Erteilung des Rentenbescheides (06.11.2002) völlig haltlos. Die Behauptung der Klägerin, dass sie den ihre Rente übersteigenden Bedarf zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in der Zeit von April bis Oktober 2002 durch Darlehensaufnahme habe decken müssen, ist in keiner Weise substantiiert worden (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
Tatbestand:
Im Streit steht die Verrechnung einer Rentennachzahlung zugunsten einer Beitragsforderung der Beigeladenen gegenüber der Klägerin.
Die am 00.00.1941 geborene Klägerin hat diverse Unternehmen geführt. Die Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgte für zwei dieser Unternehmen bei der Beigeladenen (Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg).
Bei einem dieser Unternehmen handelte es sich um die am 00.00.1998 gegründete "B C Baubetreuung" mit dem Schwerpunkt "Bauhauptgewerke (Trockenbau, Montage)". Dieses Unternehmen meldete die Klägerin im September 1999 bei der Beigeladenen an - BG-Nr. 000. Die Beigeladene verwendete bei der nachfolgenden Korrespondenz mit der Klägerin die Adressierung "B C Montagen, T, L 00 Q". Die Klägerin beanstandete diese Bezeichnung zunächst nicht, sondern gab den Lohnnachweis für 1998 unter Verwendung des Stempels "B C Baubetreuung, T 00, Q" ab. Mit Schreiben vom 07.11.2000 teilte die Klägerin mit, sie beziehe sich "auf diverse Schreiben und Beitragsbescheide gerichtet an ((Frau B C Montagen))". Eine derartige Firma gebe es nicht. Sie bitte daher um "Neuausstellung an die Firmen", die die Beigeladene ansprechen wolle. Der Betrieb "B C Baubetreuung" wurde zum 31.03.2001 aufgegeben. Gegen den daraufhin durch die Beigeladene erteilten Beitragsabfindungsbescheid vom 21.06.2001 hat die Klägerin Widerspruch erhoben.
Anfang April 2002 stellte die Innungskrankenkasse N einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin als ehemalige Inhaberin des T Hotelbetriebes. Die Klägerin stellte am 06.05.2002 ein Vermögensverzeichnis auf. Mit Beschluss des Amtsgerichts E vom 03.06.2002 wurde in dem unter dem Aktenzeichen 257/ IN 00/02 geführten Insolvenzeröffnungsverfahren ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestimmt. Mit Beschluss vom 16.05.2003 eröffnete das Amtsgericht E auf Antrag der Klägerin unter dem Aktenzeichen 257 IN 00/03 das Insolvenzverfahren über "das Vermögen der Klägerin, ehemals handelnd als Inhaberin des "T Hotelbetriebes", L 00, Q, privat: X 00, Dl" und verband das ältere Verfahren 257 IN 00/02 hierzu. Mit Beschluss vom 26.04.2011 erteilte das Amtsgericht E nachfolgend der Klägerin, "handelnd unter als ehemalige Inhaberin des ((T Hotelbetriebes))" Restschuldbefreiung nach § 300 Insolvenzordnung (InsO). Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Klägerin beantragte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, nachfolgend einheitlich als Beklagte bezeichnet) mit formlosem Schreiben vom 23.04.2002 die Gewährung von Altersrente für Frauen. Die Klägerin teilte darüber hinaus mit, dass sie zugleich Ansprüche wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit geltend mache, da sie ihre Tätigkeit auch aus gesundheitlichen Gründen aufgebe. Den der Klägerin hiernach übersandten Formularantragsvordruck gab diese am 10.06.2002 ausgefüllt zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Sozialgericht Berlin in einem anderen Streitverfahren (betreffend die Nachzahlung freiwilliger Beiträge bei Heiratserstattung) die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Nach Rücklauf der Verwaltungsakte am 02.08.2002 wurde die Klägerin befragt, welche der beantragten Renten sie begehre. Mit Schreiben vom 09.09.2002 beantwortete die Klägerin die Frage dahingehend, dass sie Altersrente für Frauen beanspruche.
Mit Schreiben vom 29.8.2002, eingegangen am 04.09.2002, teilte die beigeladene Bauberufsgenossenschaft Hamburg mit, dass die Klägerin ihr derzeit insgesamt 7.509,05 EUR an Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung schulde. Sofern die Beklagte der Klägerin jetzt oder in Zukunft Leistungen gewähre, ermächtige sie, die Berufsgenossenschaft, die Beklagte gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I), die bezeichneten Ansprüche mit den der Beklagten obliegenden Geldleistungen zu verrechnen.
Mit dem Vordruck R 240 bat die Beklagte die Klägerin nachfolgend insbesondere um Mitteilung, ob sie die Altersrente vorzeitig, dann allerdings mit Abschlägen in Anspruch nehmen wolle. Die Klägerin teilte mit am 30.09.2002 ausgefülltem Vordruck mit, dass sie die Rente frühestmöglich, d.h. zum 01.04.2002 in Anspruch nehmen wolle. Mit Bescheid vom 06.11.2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin Altersrente für Frauen ab dem 01.04.2002 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 242,82 EUR. Die laufende Zahlung begann ab Januar 2003. Für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis zum 31.12.2002 errechnete die Beklagte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 2.169,99 EUR. Der Nachzahlungsbetrag werde zunächst einbehalten.
Mit Schreiben vom 04.12.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Hälfte der Nachzahlung an sie ausgekehrt werde, die übrige Hälfte hingegen zur Verrechnung einbehalten werde. Mit Schreiben vom 06.01.2003 hörte die Beklagte die Klägerin sodann zur Verrechnung der Rentennachzahlung zugunsten der Beigeladenen an. Hilfebedürftigkeit werde nicht geprüft, da diese für den Nachzahlungszeitraum nicht rückwirkend eintreten könne. Da bei der Verrechnung Ermessen auszuüben sei, könne sich die Klägerin zu etwaigen Umständen äußern, die für die Verrechnung bedeutsam seien könnten. Gegen den "Bescheid" vom 04.12.2002 erhob die Klägerin am 27.12.2002 Widerspruch und führte sinngemäß zur Begründung aus, dass ihr die lange Bearbeitungsdauer nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Ansonsten hätte es die Beklagte in der Hand, die Höhe der zur Verrechnung zur Verfügung stehenden Summe willkürlich zu beeinflussen.
Mit dem hier angefochtenem Bescheid vom 12.02.2003 erklärte die Beklagte zugunsten der Beigeladenen die Verrechnung der verbliebenen Nachzahlungssumme von 1.084,99 EUR mit der ausstehenden Beitragsforderung von 7.509,05 EUR. Die Klägerin könne durch die Verrechnung in der Vergangenheit nicht mehr sozialhilfebedürftig werden. Es sei dabei unerheblich, ob die Auszahlung des Nachzahlungsbetrages durch die Bearbeitungsdauer verzögert worden sei. Die Verrechnung werde "nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten".
Hiergegen erhob die Klägerin am 17.02.2003 Widerspruch mit der sinngemäßen Begründung, dass die Beklagte die Bearbeitung bewusst verzögert habe, um das frühzeitig bekannt gewordene Verrechnungsersuchen möglichst umfänglich bedienen zu können. Mangels anderer Einkünfte und eines laufenden Insolvenzverfahrens habe die Klägerin sich für die Zeit von April bis Oktober 2002 für den Lebensunterhalt fehlende Beträge leihen müssen und sei nun zur Rückzahlung verpflichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin unter Aufrechterhaltung der Begründung aus dem Ausgangsbescheid zurück. Die Einwände gegen die Verrechnung könnten nicht berücksichtigt werden. Die Beklagte habe "weder ihr Ermessen missbraucht noch die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechnung bzw. Verrechnung fehlerhaft angewandt."
Am 17.06.2003 hat die Klägerin gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben und ihre Widerspruchsbegründung wiederholt.
Da die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung mit erstem Wohnsitz in D gemeldet war, hat das Sozialgericht Berlin das dort unter dem Aktenzeichen S 14 RA 3125/03 geführte Verfahren mit Beschluss vom 08.09.2005 an das örtlich zuständige Sozialgericht Gelsenkirchen verwiesen.
Das Sozialgericht Gelsenkirchen hat die Beteiligten anlässlich eines Termins zur mündlichen Verhandlung im September 2006 darauf hingewiesen, dass die Rechtsfrage, ob eine Verrechnung durch Verwaltungsakt erfolgen könne, beim Bundessozialgericht (BSG) unter dem Aktenzeichen B 13 RJ 43/05 R anhängig sei. Nach Zustimmung der Beteiligten hierzu hat das Sozialgericht das Verfahren mit Beschluss vom 05.10.2006 zum Ruhen gebracht. Im August 2012 hat die Beklagte beantragt, das Verfahren fortzusetzen. Der Große Senat des BSG habe am 31.08.2011 auf Vorlage des 13. Senats unter dem Aktenzeichen GS 2/10 entschieden, dass der Leistungsträger die Verrechnung gemäß § 52 SGB I gegenüber einem Sozialleistungsberechtigten durch Verwaltungsakt regeln dürfe. Mit Beschluss vom 10.06.2013 hat das Sozialgericht die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft beigeladen und zugleich unter Bezug auf das Urteil des BSG vom 07.02.201 - B 13 R 85/09 R - erhebliche Zweifel an der Bestimmtheit der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen und des streitgegenständlichen Verrechnungsbescheides der Beklagten geäußert. Ebenso sei eine ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens durch die Beklagte fraglich. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass nur die Nachzahlung und nicht die laufende Rentenzahlung verrechnet worden sei. Die Beklagte habe den Betrag von 1.084,99 DM - gemeint waren offensichtlich Euro - bereits an die Beigeladene ausgekehrt. Die Beigeladene könne ihr Verrechnungsersuchen im Übrigen wiederholen. Mit Schreiben vom 02.10.2013 hat die Beigeladene zum Verfahren Stellung genommen. Die Forderung belaufe sich aktuell auf 7.041,60 EUR. Sie wiederhole bzw. erweitere ihr Verrechnungsersuchen auf diese Summe. Das Insolvenzverfahren der Klägerin sei noch nicht abgeschlossen. Die Beigeladene hat ein Schreiben an den damaligen Insolvenzverwalter vom 22.04.2004 beigefügt, ihn welchem die erhobenen Beitragsforderungen gegen die Klägerin unter Bezeichnung der einzelnen Beitragsbescheide aufgeführt sind. Die Beitragsbescheide seien bei der Anmeldung der Forderungen zur Tabelle nach §§ 174, 177 InsO in Kopie beigefügt gewesen.
Die Klägerin hat zu den Ausführungen der Beigeladenen unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens dahingehend Stellung genommen, dass die Beigeladene es unterlassen habe, ihre Forderungen zeitnah zu realisieren. "Bis zum Jahr 2003" sei "außerordentliche Vermögensmasse vorhanden" gewesen "mit Bargeld von mehreren Hunderttausend EUR und erheblichem Vermögen mit 3 Schlössern und mehreren Häusern der Vermögensgemeinschaft A. C und Dr. I C." "Soweit die Beklagte angebliche ((rechtskräftige Forderungsbescheide)) an den Insolvenzverwalter gesandt haben" wolle, seien "diese jedenfalls der Klägerin nie bekannt gegeben worden". Die Beigeladene habe jede Möglichkeit gehabt, vor der Insolvenz "die Forderungen einzutreiben". "Angebliche Forderungsbescheide aus dem Jahr 2001" seien "jedenfalls nicht bei der Klägerin eingegangen" und seien auch nicht "vollstreckt" worden, "was leicht möglich gewesen wäre".
Die Beklagte hat eine relevante Verzögerung bei der Bearbeitung des Rentenantrags unter Bezug auf den tatsächlichen Verfahrensgang verneint. Der "Formfehler" der fehlenden Bestimmtheit sei nachträglich durch die Angaben der Beigeladenen rückwirkend geheilt worden. Die Verschärfung der Rechtsprechung des BSG zur Frage der Bestimmtheit des Verrechnungsersuchens sei im Übrigen erst später erfolgt, nämlich mit Urteil vom 23.07.2003 - B 4 RA 60/02. Hinsichtlich des Ermessens seien weder im Anhörungs- noch im Widerspruchsverfahren substantiierte Darlegungen zu der behaupteten Darlehensaufnahme gemacht worden. Die zuletzt abgegebene Stellungnahme zu den Vermögensverhältnissen in den Jahren 2002 bis 2003 stehe im Widerspruch zum vorherigen Vorbringen und lasse an dem Eintritt einer Sozialhilfebedürftigkeit durch die Verrechnung zweifeln.
Die Klägerin hat abschließend erwidert, dass ausreichende Vermögensmasse bis zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im April 2002 vorgelegen habe.
Nachfolgend haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Mit Urteil vom 25.04.2014 hat das Sozialgericht sodann die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Es ist hierbei von dem schriftsätzlich sinngemäßen Antrag der Klägerin ausgegangen, den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 aufzuheben und ihr die ausstehende Nachzahlung ihrer Altersrente für Frauen in Höhe von 1.084,99 EUR auszuzahlen. Das Sozialgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verrechnung bereits vor der Insolvenzverfahrenseröffnung wirksam durchgeführt worden sei. Die erteilte Restschuldbefreiung habe deshalb auf den vorliegenden Rechtstreit keinen Einfluss mehr nehmen können.
Gegen das ihr am 19.05.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.06.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen erneut ausgeführt, dass die Beigeladene vor Eintritt der Insolvenz die Möglichkeit gehabt habe, ihre Forderungen zu vollstrecken, aber im kollusiven Zusammenwirken mit der Beklagten den einfacheren Weg der Verrechnung in eine künstlich erhöhte Rentennachzahlung gewählt habe. Sie, die Klägerin, sei "im Jahr 2003 mittellos und auf Hilfe angewiesen" gewesen. Die "zurückzuzahlende Forderung" habe zwar "vor der Insolvenz" gelegen, sei jedoch "jeweils bis heute angefochten" und somit "noch nicht endgültig entschieden".
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 aufzuheben und der Klägerin die Nachzahlung ihrer Altersrente für Frauen in Höhe von 1.084,99 EUR auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Az 000) sowie der Beigeladenen (Mitgliedsakte und Forderungsakte zu der BG-Nr. 000), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Zulässigkeit der Berufung maßgebliche Grenze von 750,00 EUR.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat - jedenfalls im Wege der Auslegung ihres Begehrens - insbesondere die statthafte Klageart gewählt, nämlich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Spätestens durch den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 31. August 2011 - GS 2/10 - ist geklärt, dass der Leistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten ausgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln darf. Die Klägerin musste daher zunächst den auf die Durchführung der Verrechnung gerichteten Bescheid der Beklagten vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 im Wege der Anfechtungsklage beseitigen und hätte - im Erfolgsfalle - im Wege der allgemeinen Leistungsklage die Auszahlung von der Beklagten verlangen können.
Die Klage ist allerdings unbegründet.
Die Klägerin ist für die geltend gemachte Forderung aktiv legitimiert. Zwar dauert das das Vermögen der Klägerin betreffende Insolvenzverfahren (AG E 257 IN 00/03) trotz der am 26.04.2011 beschlossenen Restschuldbefreiung noch an. Dies nimmt der Klägerin allerdings grundsätzlich nicht die Legitimation, die in dem Rentenbewilligungsbescheid vom 06.11.2002 ausgewiesene Nachzahlung zu fordern. Nach § 80 Abs 1 InsO geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Nach § 35 Abs 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Nach § 36 Abs 1 InsO gehören allerdings Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Gemäß § 54 Abs 4 SGB I dürfen Ansprüche auf laufende Geldleistungen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Hierdurch wird Bezug genommen auf die §§ 850 ff Zivilprozessordnung (ZPO). Die entsprechende Anwendbarkeit insbesondere des 850c ZPO wird in § 36 Abs 1 Satz 2 InsO ausdrücklich erklärt. § 850 c Abs 1 Satz 1 ZPO regelt in der hier maßgeblichen Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 13.12.2001, dass das Arbeitseinkommen unpfändbar ist, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, netto nicht mehr als 930,00 EUR monatlich beträgt. Die Rente der Klägerin mit einem Zahlbetrag von 242,82 EUR ist damit unpfändbar. Sie überschreitet den damals maßgeblichen Grundfreibetrag von 930,00 EUR nicht. Dass die Rente für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.12.2002 nachgezahlt wurde, nimmt ihr nicht den Charakter einer laufenden Geldleistung (siehe Pflüger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 54 SGB I, Rn. 53). Dies entspricht auch der herrschenden Meinung in der vollstreckungsrechtlichen Literatur, nach der die Nachzahlung rückständiger Lohnbeträge dem Lohnzahlungszeitraum hinzuzuschlagen ist, zu dem diese Beträge gehören (Stöber in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 850c ZPO, Rn. 3). Eine Zusammenrechnung mit etwaigen anderen Einkünften der Klägerin wäre nur auf Antrag eines Gläubigers nach § 850e ZPO möglich gewesen. Ein solcher ist nicht ersichtlich.
Die Klägerin kann allerdings die Auszahlung des im Rentenbescheid vom 06.11.2002 ausgewiesenen Nachzahlungsbetrages von 2.169,99 EUR nicht verlangen. Denn ihre zunächst in dieser Höhe entstandene Forderung ist zum einen in Höhe von 1.085,00 EUR durch unmittelbare Erfüllung, d.h. durch Auskehr an die Klägerin entsprechend der Abrechnung vom 04.12.2002, und zum anderen in Höhe der hier streitigen 1.084,99 EUR durch Erfüllung aufgrund einer Verrechnung untergegangen.
Die Verrechnung wurde durch den angefochtenen Bescheid vom 12.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2003 gegenüber der Klägerin wirksam vorgenommen. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig (siehe zum Nachstehenden insbesondere BSG Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 13/12 R).
Nach § 51 Abs 2 SGB I, auf den § 52 SGB I für die Verrechnung verweist, kann der zuständige Leistungsträger mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird.
Die von der Beigeladenen geltend gemachten Beitragsansprüche sind von der Vorschrift erfasst. Es handelt sich um Beitragsansprüche nach dem Sozialgesetzbuch (hier dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII).
Die formellen Voraussetzungen eines Verrechnungs-Verwaltungsakts liegen vor. Die Beklagte hatte die Klägerin vor dessen Erlass gemäß § 24 Abs 1 SGB X mit Schreiben vom 06.01.2013 angehört. Der Verrechnungs-Verwaltungsakt war auch im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X "inhaltlich hinreichend bestimmt". Ausreichend ist dabei nach aktueller Auffassung des BSG (Urteil vom 07.02.2012 - B 13 R 85/09 R - Rd 46ff nach juris) die Bestimmbarkeit der zur Verrechnung gestellten Forderungen. Hierbei kann weitere Korrespondenz zwischen den betroffenen Beteiligten - d.h. insbesondere zwischen dem Verrechnungsersuchenden und dem Leistungsempfänger - herangezogen werden.
Das Verrechnungsersuchen der Beigeladenen wie auch der angefochtene Bescheid der Beklagten benennt eine Beitragsforderung der Beigeladenen in Höhe von 7.509,05 EUR. Diese Forderung ist ausreichend bestimmbar, da sie sich ihre Entstehung, Zusammensetzung und Fälligkeit für die Klägerin eindeutig aus den Bescheiden der Beigeladenen (s. Inhalt der Mitglieds- und Forderungsakte der Beigeladenen zu der BG-Nr. 000), insbesondere dem Beitragsfestsetzungsbescheid vom 10.12.1999 (Beiträge für 1998) in der Fassung des Beitragsänderungsbescheides vom 27.01.2000, dem Beitrags- und Vorschussbescheid vom 14.04.2000 (Beiträge für 1999, Vorschüsse für 2000) in der Fassung der Beitragsänderungsbescheide vom 25.07.2000 und 10.04.2001, dem Bescheid vom 16.02.2001 (Säumniszuschläge für Beitragsrückstände aus 2000), dem Beitragsbescheid vom 24.04.2001 (Beiträge für 2000), dem Beitragsabfindungsbescheid vom 21.06.2001 (Beiträge für 2001) sowie dem Bescheid vom 18.03.2002 (Säumniszuschläge für Beitragsrückstände aus 2001). Den in den vorgenannten Bescheiden bezeichneten Beitragsschulden waren dabei die in dem Kontoauszug vom 18.03.2002 bezeichneten Beitragserstattungen und Zahlungen der Klägerin gegenüberzustellen. Die sich ergebende Schuld von 7.509,05 EUR entspricht genau der zur Verrechnung gestellten Forderung.
Es bestand auch objektiv eine Verrechnungslage entsprechend § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: Forderungen der Beigeladenen gegen die Klägerin), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehalt mittels Verwaltungsakt) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch der Klägerin aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 26; BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 55). Diese Konstellation lag vor. Die vorbezeichneten Bescheide der Beigeladenen über die Beitragsfestsetzungen und die Erhebung von Säumniszuschlägen wurden der Klägerin bekannt gegeben (§ 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) und sind damit wirksam. Die Bescheide sind auch bestandskräftig (§ 77 SGG) bzw. sofort vollstreckbar (siehe § 86a Abs. 2 Nr 1 SGG) und somit fällig im o.g. Sinne.
Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Klägerin mit Schreiben vom 07.11.2000 ausgeführt hat, sie habe die unter "B C Montagen" erhaltenen Bescheide nicht zuordnen könne. Dies ändert an deren Bekanntgabe nichts. Denn die Klägerin hat diese Bezeichnung durch die Beigeladene in der anfänglichen Korrespondenz akzeptiert. Die nachträgliche Berufung auf eine schlichte Falschbezeichnung ist - bei tatsächlich eindeutiger Zuordnungsfähigkeit - unbeachtlich.
Dass die Klägerin später behauptet hat, ihr seien die von der Beigeladenen an den Insolvenzverwalter übersandten Bescheide nicht bekannt gegeben worden bzw. Forderungsbescheide aus 2001 seien nicht bei ihr eingegangen, wertet der Senat als Schutzbehauptung. Der Vertrag der Klägerin ist in sich unschlüssig. Denn sie hat gegen den Beitragsabfindungsbescheid vom 21.06.2001 aktenkundig Widerspruch erhoben, so dass von einer Bekanntgabe jedenfalls dieses Bescheides auszugehen ist. Hinsichtlich der übrigen Bescheide ist ein Rücklauf in den Akten nicht zu verzeichnen. Es wird von Klägerseite auch nicht substantiiert dargetan, aus welchen Gründen ein zunächst funktionierender Korrespondenzweg später vollständig versagt haben soll. Es ist zudem widersprüchlich, wenn die Klägerin der Beigeladenen im gleichen Zusammenhang vorhält, dass diese ihre Forderungen vor Eintritt der Insolvenz nicht vollstreckt habe, obwohl dies einfach möglich gewesen sei. Eine solche Vollstreckung setzt notwendigerweise die Bekanntgabe der Beitragsbescheide voraus. In der Berufungsbegründung behauptet die Klägerin schließlich - von ihrem bisherigen Vorbringen erneut wesentlich abweichend, dass alle Bescheide angefochten seien und hierüber noch nicht entscheiden sei.
Dass die Klägerin am 25.07.2001 gegen den - ihr nach eigener Darstellung erst am 04.07.2001 zugegangenen - Bescheid vom 21.06.2001 Widerspruch erhoben hat, ändert an der Feststellung der Verrechnungslage selbst dann nichts, wenn der Widerspruch tatsächlich noch nicht beschieden wurde. Denn die festgestellte Beitragsforderung ist unmittelbar vollstreckbar. Dies ergibt sich aus § 86a Abs 2 Nr 1 SGG in der damals gültigen Fassung. Dieser regelt, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten entfällt. Hiervon sind sämtliche o.g. Bescheide der Beigeladenen erfasst.
Die Rentennachzahlung konnte die Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 06.11.2002 beanspruchen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt bestand damit die Verrechnungslage.
Die "Verrechnungserklärung" wurde mit Bescheid vom 12.02.2003 zutreffend gegenüber der Klägerin vorgenommen. Dass zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides am 19.05.2003 das Insolvenzverfahren schon eröffnet war, spielt keine Rolle. Zwar muss eine solche "Erklärung" in der Regel gegenüber dem Insolvenzverwalter abgegeben werden. Allerdings ist hier die verrechnete Forderung, d.h. die Rentennachzahlung, nicht dem Insolvenzbeschlag unterworfen (s.o.), so dass die Klägerin aktivlegitimiert war und notwendig Adressatin blieb.
Auch die Beschränkung des § 51 Abs 2 SGB I steht der Verrechnung nicht entgegen. Hiernach kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch wird. Die Beklagte hat gegen die Hälfte der Nachzahlung verrechnet. Dass die Klägerin hierdurch in der Vergangenheit hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) oder Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) wurde, in keiner Weise substantiiert vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin insoweit lediglich vorgetragen, dass sie sich mangels anderer Einkünfte und eines laufenden Insolvenzverfahrens für die Zeit von April bis Oktober 2002 für den Lebensunterhalt fehlende Beträge habe leihen müssen und nun zur Rückzahlung verpflichtet sei. Konkrete Angaben hierzu erfolgten nicht. Im Klageverfahren hat die Klägerin hiervon abweichend vorgetragen, dass "bis zum Jahr 2003" "außerordentliche Vermögensmasse vorhanden" gewesen sei "mit Bargeld von mehreren Hunderttausend EUR und erheblichem Vermögen mit 3 Schlössern und mehreren Häusern der Vermögensgemeinschaft A. C und Dr. I C." Dies lässt zumindest erhebliche Zweifel an dem Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit im Jahre 2002 aufkommen. Zwar hat die Klägerin die vorgenannte Darstellung am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens dahingehend relativiert, dass ausreichende Vermögensmasse (lediglich) bis zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im April 2002 vorgelegen habe. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin aber wieder ausgeführt, dass sie in 2003 hilfebedürftig gewesen sei. Der Senat konnte daher nicht die Überzeugung gewinnen, dass in dem hier streitigen Nachzahlungszeitraum Hilfebedürftigkeit der Klägerin eingetreten war.
Der Vorschrift des § 51 SGB I lässt sich auch nicht als ungeschriebene weitere Einschränkung entnehmen, dass eine Verrechnung nur zulässig sei, wenn anderweitige Vollstreckungsmaßnahmen nicht erfolgreich waren. Die Beigeladene ist vielmehr im Interesse der Versichertengemeinschaft gehalten, nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu handeln und damit möglichst erfolgversprechende Wege der Vollstreckung zu wählen.
Schließlich stehen auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (Beschluss des Amtsgerichts E vom 16.05.2003) bzw. die Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters (Beschluss vom 03.06.2002) der Wirksamkeit der Verrechnung nicht entgegen.
Grundsätzlich gilt nach § 94 InsO, dass sofern ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt ist, dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt wird. Auch bei erst zu erwartendem Eintritt der Aufrechnungslage während des Insolvenzverfahrens ist die Aufrechnung möglich. Nach § 95 Abs 1 Satz 1 und 3 InsO gilt insoweit: Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann. Mit der letztgenannten Regelung soll verhindert werden, dass der Insolvenzgläubiger, der effektiv zur Masse zu leisten hat, durch Verzögerung der Leistungsbringung in den Genuss der Aufrechnung kommt (Windel in: Jaeger: Kommentar zur Insolvenzordnung § 95, Rn. 2). Diese Vorschriften sind auf den Fall der Verrechnung entsprechend anwendbar (siehe BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R - Rd 17ff).
Vorliegend sind die zur Aufrechnung gestellten Forderungen der Beigeladenen allesamt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden und bestandskräftig bzw. zumindest vollstreckbar festgestellt worden. Mit der Fälligkeit der Rentennachzahlung spätestens im November 2002 (Erteilung des Rentenbescheides) konnte die Aufrechnung erfolgen. Die Passivforderung war damit nicht im Sinne des § 95 Abs 1 Satz 3 InsO fällig, bevor die Aufrechnung erfolgen konnte.
Auch die Aufrechnungsbeschränkungen nach § 96 Abs 1 InsO greifen nicht ein. Hiernach ist die Aufrechnung unzulässig,
1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3. wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4. wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
Die Nrn 1 und 4 sind schon deshalb nicht einschlägig, weil die Rentenleistung der Beklagten, wie bereits gezeigt, nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Die Beklagte schuldet nicht zur Insolvenzmasse. Die Nr 2 greift nicht ein, da die Verrechnung eine Aufrechnung im Dreiecksverhältnis und damit gerade keinen Forderungserwerb der Beklagten von der Beigeladenen darstellt. Eine im insolvenzrechtlichen Sinne anfechtbare Rechtshandlung der Beigeladenen im Sinne der Nr 3 ist nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat schließlich auch das ihr gemäß § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und pflichtgemäß ausgeübt (§ 39 Abs 1 SGB I). Nach allgemeiner Meinung wird in § 51 Abs 2 SGB I hinsichtlich der Vornahme der Auf- bzw. Verrechnung ein Ermessen des zuständigen Leistungsträgers eröffnet. Dass im Ausgangsbescheid ausgeführt wird, die Verrechnung werde "nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten", stellt in vorliegendem Fall eine ausreichende Ermessensbetätigung dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, dass die Klägerin durch die Verrechnung in der Vergangenheit nicht mehr sozialhilfebedürftig werden könne. Die Feststellung der Angemessenheit ist daher der Ermessensseite der Entscheidung zuzuordnen. Die Dichte der Ermessenserwägungen hängt maßgeblich von den wesentlichen Aspekten ab, die von dem Betroffenen im Zuge der Anhörung bzw. des nachfolgenden Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren vorgebracht werden. In diesem Sinne erhebliches Vorbringen ist aber weder der Reaktion der Klägerin auf die Anhörung noch der Widerspruchsbegründung zu entnehmen. Die Behauptung, dass die Beklagte das Rentenverfahren bewusst verzögert habe, um die Nachzahlungssumme zu erhöhen, ist angesichts des tatsächlichen Verfahrensgangs und insbesondere des Zeitraums zwischen Eingang des Verrechnungsersuchens der Beigeladenen (04.09.2002) und der Erteilung des Rentenbescheides (06.11.2002) völlig haltlos. Die Behauptung der Klägerin, dass sie den ihre Rente übersteigenden Bedarf zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in der Zeit von April bis Oktober 2002 durch Darlehensaufnahme habe decken müssen, ist in keiner Weise substantiiert worden (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
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