Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 393/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 609/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.01.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung stationärer Liposuktionen.
Die am 1986 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 13.06.2014 legte die Klägerin der Beklagten das nicht datierte Gutachten des Facharztes für Plastische Chirurgie Dr. R. (Diagnosen: drittgradiges Lipödem der Ober- und Unterschenkel, erstgradiges Lipödem der Oberarme), den Kostenvoranschlag des Dr. R. (Gesamtbetrag 4.051,71 EUR) und den Arztbrief des Internisten Dr. H. vor und beantragte die von Dr. R. vorgeschlagene stationäre Liposuktion. Ergänzend wies die Klägerin darauf hin, dass mit der Einnahme der Pille im Jahr 2003 ihre Gewichtsprobleme begonnen hätten und sich durch die Schwangerschaft nochmals verschlechtert habe. Vor der Schwangerschaft im Jahr 2010 habe sie 97 kg gewogen. Während der Schwangerschaft hätten dann die Beschwerden in den Beinen begonnen. Seitdem leide sie an starken Wassereinlagerungen, Problemen beim Laufen und ständigen Schmerzen. Obwohl sie regelmäßig Kompressionswäsche trage, einmal wöchentlich manuelle Lymphdrainage durchführe und zu Hause täglich ein Lympha-Pressgerät nutze, nehme der Umfang der Arme und Beine immer mehr zu. Sie habe täglich Spannungsgefühle in den Beinen und bekomme schon bei leichtester Berührung Hämatome. Wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes schäme sie sich, unter Leute zu gehen. Zudem befürchte sie, ihren Beruf als Erzieherin nicht mehr ausüben zu können. Durch ihr Gewicht habe sie auch Folgekrankheiten wie beispielsweise hohen Blutdruck, Gelenkschmerzen sowie erhöhte Cholesterin- und Leberwerte. Leider habe auch die durchgeführte Ernährungsberatung von Februar bis Mai 2014 keinen Erfolg gehabt. Insoweit verwies sie auf das Gutachten der Diplom- Ernährungswissenschaftlerin M. vom 04.06.2014 (Größe der Klägerin: 160 cm; Gewicht zwischen 103,3 und 104,5 kg).
Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). In dem Gutachten vom 18.06.2014 führte Dr. U., MDK, aus, für das Krankheitsbild der Klägerin stünden nach der entsprechenden Leitlinie folgende anerkannte schulmedizinische bzw. konservative Behandlungsmethoden zur Verfügung: Manuelle Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie und Hautpflege. Die (stationäre) Liposuktion stelle demgegenüber keine anerkannte Behandlungsmethode dar. Es fehlten insbesondere Langzeituntersuchungen, die belegten, dass durch die Liposuktion ein nachhaltiger Therapieerfolg bewirkt werde, und dass nach erfolgreicher Reduktion der Fettgewebsvermehrung nicht die Notwendigkeit weiterer Korrekturen am Hautmantel entstehe. Vor diesem Hintergrund sei die Durchführung einer (stationären) Liposuktion zur Behandlung des Lipödems und der Adipositas nicht notwendig, zumal die Klägerin auch nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leide und auch nicht von einer notstandähnlichen Situation im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gesprochen werden könne.
Mit Bescheid vom 24.06.2014 lehnte die Beklagte die beantragte Liposuktion ab. Die Therapie entspreche bei dem Krankheitsbild der Klägerin nach Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.07.2014 Widerspruch ein. Infolge des Lipödems leide sie an Schmerzen in den Beinen. Diese Schmerzen würden vor allem beim längeren Stehen, Treppensteigen und Hinknien bestehen. Sie müsse die Beine beim Sitzen auch ständig hochstellen. Hinzu kämen Druck- und Berührungsschmerzen, ein Spannungs- und Schwellungsgefühl sowie eine Neigung zu Hämatomen. Neben den bereits angesprochenen Maßnahmen habe sie in Eigenregie Schwimmen (2010-2011), Ausdauersport in einem Fitnesstudio (2007-2009) und eine Mutter-Kind-Kur (2013) durchgeführt. Derzeit gehe sie mindestens einmal wöchentlich eine Stunde schwimmen, ohne dass sich ihre Beschwerden hierdurch gebessert hätten. Bei ihr müssten pro Sitzung zwischen 3 und 4 Liter Fett abgesaugt werden, weshalb die Operationen stationär durchgeführt werden müssten.
In seinem Gutachten vom 22.09.2014 und der sozialmedizinische Fallberatung vom 21.11.2014 bekräftigte der Arzt E., MDK, die bisherige Auffassung des MDK. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch daher zurück. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg habe in einem rechtskräftigen Urteil festgestellt, dass eine Liposuktion, gleichgültig, ob sie stationär oder ambulant durchgeführt werde, nicht den Qualitätsanforderungen der gesetzlichen Krankenversicherung entspreche.
Hiergegen richtete sich die am 11.02.2015 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag trug die Klägerin vor, sie trainiere seit Ende Januar 2015 täglich durchschnittlich 15 Minuten auf einem Trampolin und seit Dezember 2014 einmal wöchentlich 15 Minuten auf einem Crosstrainer. Gleichwohl hielten ihre Beschwerden unverändert an. Im Übrigen widerspreche es dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dass sich die Beklagte in einem Parallelfall zu einer Kostenübernahme bereit erklärt habe, zumal auch in einzelnen Urteilen verschiedener Landessozialgerichte und Sozialgerichte eine diesbezügliche Verpflichtung festgestellt worden sei. Ergänzend legte die Klägerin u. a. ein Schreiben der Psychologin H. vom 19.04.2015 vor. Danach ist die Klägerin bei ihr wegen einer überwiegend mit dem Lipödem im Zusammenhang stehenden reaktiven Depression seit 16.01.2015 in Behandlung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte im weiteren Verlauf ein weiteres Gutachten des Arztes E., MDK, vom 13.11.2015 vor.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin beauftragte das SG den Facharzt für Innere Medizin und Angiologie Dr. Br. mit der Begutachtung der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In seinem Gutachten vom 01.09.2015 stellte der Gutachter aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin die nachfolgenden Diagnosen:
1. schmerzhaftes Lipödem beidseits, besonders im Bereich der Oberschenkel, Stadium II, Typ IV, 2. Angststörung, beginnende Depression, 3. geringe Adipositas (Körpergröße: 160 cm, Gewicht: 106,2 kg, BMI: 42,27 kg/m2), 4. Hypertonus, 5. Hypothyreose sowie 6. Gelenk- Wirbelsäulen-Erkrankung.
Eine Kausaltherapie des Lipödems gebe es nicht. Mit mäßigem Erfolg werde im Allgemeinen versucht, mittels entstauender Maßnahmen und Gewichtsreduzierung gegen die - anfangs gar nicht vorhandenen - Ödeme anzugehen. Wenn sich aber im Verlauf der Erkrankung Ödeme an den Extremitäten entwickelt hätten, sei diese entstauende Therapie durchaus sinnvoll. Die standdardmäßige Aufforderung zu einer drastischen Gewichtsreduktion bei oft relativem Normalgewicht sollte eher mit der Zielsetzung zur Reduktion bei tatsächlichem Übergewicht ausgesprochen werden. Ansonsten sei der Versuch einer Gewichtsabnahme auf Dauer vergeblich. Nähmen die Beschwerden trotz der vom MDK angesprochenen konservativen Maßnahmen weiter zu bzw. hielten an, könne die Indikation für die Durchführung einer gegebenenfalls stationären Liposuktion geprüft werden. So liege der Fall auch hier, denn durch das Lipödem habe die Klägerin trotz ihrer bisherigen Bemühungen Schwierigkeiten beim Hinknien und Gehen, Schmerzen schon bei geringem Druck, eine beginnende X-Bein-Fehlstellung mit Flachfuß (niedriges Fußgewölbe) und Kniegelenkschmerzen. Zusammenfassend führe das Lipödem der Klägerin daher zu Einschränkungen bei der beruflichen Tätigkeit und bei der allgemeinen Teilhabe am sozialen Leben. Natürlich habe eine Liposuktion immer auch einen gewissen kosmetischen Vorteil, eine solche Maßnahme sei bei der Klägerin aber auch und besonders aus medizinischen Gründen sinnvoll. Denn die angeführten Beschwerden ließen sich langfristig effektiv nur durch eine Liposuktion verringern bzw. beseitigen. Vor diesem Hintergrund halte er aus medizinischen Gründen die Durchführung einer stationären Liposuktion in nasser Technik und Tumeszenz-Anästhesie an den Oberschenkeln, am Gesäß und an den Armen (jeweils eine Sitzung) für erforderlich. Hierbei müsse beachtet werden, dass nach der durchgeführten Volumenberechnung alleine im Bereich der Beine eine Fettabsaugung von 7.983 ml (links) bzw. von 8.388 ml (rechts) möglich sei. In dieser Größenordnung könne die Liposuktion nicht ambulant durchgeführt werden, zumal bei der Klägerin auch ein erhöhtes Risiko aufgrund ihres Bluthochdrucks, des Übergewichts und der Schilddrüsenfunktionsstörung bestehe. Der MDK bzw. die Beklagte würden übersehen, dass vereinzelt für das Krankheitsbild der Klägerin durchaus ein positiver Effekt der Liposuktion beschrieben werde. Dementsprechend weise das aktuelle Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe Nr. 7 (2015) zwar darauf hin, dass von den Fachgesellschaften bei einer Liposuktion auch operative Verfahren empfohlen würden. Letztlich werde dies aber nicht ausreichend gewürdigt, wenn auf der anderen Seite daran festgehalten werde, dass ein anhaltender positiver Wirksamkeitsnachweis nicht festgestellt werden könne. Hierbei müsse auf der einen Seite vor allem beachtet werden, dass eine Reduktion des vermehrten Fettgewebes alleine mit konservativen Maßnahmen nicht möglich sei. Allerdings sei auf der anderen Seite zuzugestehen, dass sorgfältige Studien zur Liposuktion des Lipödems fehlten. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese in den nächsten Jahren erstellt würden, denn dafür reiche die Anzahl der mit Liposuktion zu behandelnden Patientinnen nicht aus. Die Gründe hierfür seien vielfältig, zum einen bestehe kein wirtschaftlicher Druck der beteiligten Gruppen. Darüber hinaus beanspruche die Durchführung entsprechender Studien viele Jahre. Ob damit bereits von einem Systemmangel gesprochen werden könne, könne aus medizinischer Sicht nicht beurteilt werden. Zusammenfassend halte er allerdings die empfohlene Liposuktion im Fall der Klägerin für eine wirksame, standardisierte und sichere Therapie zur Behandlung des symptomatischen, schmerzhaften Lipödems.
Mit Urteil vom 19.01.2016 wies das SG die Klage ab. Die von der Klägerin beanspruchte Liposuktion zur Behandlung des Lipödems sei schulmedizinisch nicht anerkannt und somit eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, denn diese Methode sei im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der die Grundlage für die Abrechnung ambulanter ärztlicher Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bilde, nicht gelistet. Somit könne eine ambulante Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nach § 135 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur dann durchgeführt werden, wenn hierzu zumindest eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn das im Mai 2014 eingeleitete Beratungsverfahren des GBA sei noch nicht abgeschlossen. Auch wenn § 137c Abs. 1 SGB V für den stationären Bereich großzügiger sei und neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur dann ausschließe, wenn hierzu eine negative Stellungnahme des GBA vorliege, ergebe sich hieraus für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis, denn das BSG gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch für den stationären Bereich das Erfordernis gelte, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem schulmedizinischen Standard zu entsprechen hätten. In diesem Zusammenhang mache die Klägerin zwar zutreffend geltend, dass der somit zwingend notwendige Wirksamkeitsnachweis der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nicht zwingend durch medizinische Studien geführt werden müsse; falls solche, dem allgemeinen medizinischen Standard entsprechende Studien fehlten, komme es nämlich im Rahmen einer grundrechtsorientierten Gesetzesanwendung im Rahmen von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V durchaus auch in Betracht, den Behandlungsanspruch aus der Einschätzung eines erfahrenen Arztes abzuleiten, sofern für die zur Diskussion stehende Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Hierzu bedürfe es aber in jedem Fall einer abstrakten Nutzen-Risiko-Analyse und einer alle Umstände des konkreten Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob die in Rede stehende Behandlungsmethode gerade im zur Behandlung anstehenden Krankheitsfall erforderlich sei. In diesem Zusammenhang könne letztlich offen bleiben, ob das von der Beklagten angeführte Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7, das der Liposuktion den geforderten Wirksamkeitsnach abspreche, auch für das Krankheitsbild der Klägerin (primäres Lipödem) Geltung beanspruchen könne; selbst wenn sich dieses Gutachten und die zugrunde liegenden Studien - wie von der Klägerin angeführt - lediglich auf andere Krankheitsbilder beziehen sollten und somit außer Acht zu bleiben hätten, würden sich nämlich zu Gunsten der Klägerin kein Behandlungsanspruch ergeben. Eine chirurgische Intervention sei nicht erforderlich. Vielmehr sei es nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, die Klägerin weiterhin auf die schulmedizinisch anerkannten konservativen Behandlungsmethoden wie beispielsweise Lymphdrainage, Kompressionstherapie, Bewegungstherapie und anderes mehr zu verweisen. Dass hierdurch nur eine von der Klägerin als unzureichend empfundene symptomatische Therapie möglich sei, die nicht in kausaler Weise auf die dauerhafte Beseitigung des Lipödems abziele, ändere hieran nichts. Letztlich sei die Klägerin gehalten, den Ausgang des Beratungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses bzw. die Anfertigung aussagekräftiger, methodisch einwandfreier Studien, die die schulmedizinische Wirksamkeit der stationären Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nachweisen, abzuwarten. Insoweit könne auch das positive Votum von Dr. Br. der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn Dr. Br. bestätige ausdrücklich, dass dem medizinischen Standard entsprechende medizinische Studien, die einen Wirksamkeitsnachweis der (stationären) Liposuktion bei dem Krankheitsbild der Klägerin bestätigen würden, bislang fehlen würden.
Das Urteil wurde dem Bevollmächtigen der Klägerin am 27.01.2016 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 17.02.2016 zum LSG erhobene Berufung der Klägerin. Das SG habe die massiven Beschwerden der Klägerin in Folge des Lipödems bei seiner Entscheidung nicht ausreichend beachtet. Auch habe es nicht gewürdigt, dass die konservativen Maßnahmen bereits erfolglos durchlaufen worden seien. Im Übrigen werde im vorliegenden Fall eine stationäre Liposuktion geltend gemacht, für die gemäß § 137c SGB V keine positive Empfehlung des GBA erforderlich sei. Auch dies habe das erstinstanzliche Urteil nicht beachtet. Schließlich sei die Liposuktion im Falle der Klägerin auch als wirksame Behandlungsmethode anzusehen. Schließlich komme Hansson in seinen Studienergebnissen zu einem positiven Ergebnis hinsichtlich der begehrten Behandlungsmethode. Auch die Expertenmeinung der Leitlinie "Lipödem" der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie spreche sich gerade für eine Liposuktion als Behandlungsmethode bei dem vorliegenden Krankheitsbild aus. Dem stehe auch das Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 nicht entgegen.
Hinsichtlich der zwischenzeitlich am 04.04.2016 bei Dr. R. an den Beinen durchgeführten stationären Liposuktion sei freilich eine Klageänderung vorzunehmen, die Beklagte sei daher zur Erstattung der angefallenen Kosten sowie zur Gewährung einer weiteren stationären Liposuktionssitzung für die Beine und einer stationären Lipositionssitzung für die Arme als Sachleistung zu verurteilen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.01.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.06.2014 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4416,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % aus 4416,00 EUR ab dem 21.04.2016 zu bezahlen sowie der Klägerin eine weitere stationäre Liposuktionssitzung für die Beine und eine stationäre Liposuktionssitzung für die Arme als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die durgeführte Liposuktion nicht in einem Vertragskrankenhaus gem. § 108 SGB V durchgeführt worden sei.
Hinsichtlich der stationär durchgeführten Liposuktion an den Beinen legte die Klägerin Rechnungen in Höhe von 4416,37 EUR sowie den Überweisungsbeleg vom 23.03.2016 als Beleg der Zahlung vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
2. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer stationären Liposuktion als Sachleistung und damit auch nicht auf Kostenerstattung der bereits durchgeführten Lipsuktion.
a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R –; 28.09.2010 – B 1 KR 5/10 R –; 11.09.2012 – B 1 KR 9/12 R –, alle in juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28.02.2008 – B 1 KR 19/07 R – und 06.03.2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2009 – L 4 KR 3386/08 – n.v.; LSG Hessen, Urteil vom 15.04.2013 – L 1 KR 119/11 –, in juris).
Bei der Klägerin besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödem beider Beine und der Arme. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. Br. vom 01.09.2015. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.
b) Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16.12.2008 – B 1 KR 11/08 R –; 03.07.2012 – B 1 KR 6/11 R – und 07.05.2013 – B 1 KR 44/12 R – alle in juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 01.01.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28.07.2008 – B 1 KR 5/08 R –; BSG, Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R –, beide in juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012 – L 4 KR 2172/10 –; nachgehend BSG, Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R –, beide in juris).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Änderung des § 137c SGB V durch Art. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S. 1211) mit Wirkung zum 23.07.2015 (Art. 20 GKV-VSG). Diese ist vorliegend zu berücksichtigen, weil die Klägerin mit ihrer Leistungsklage einen Anspruch auf Sachleistung geltend macht und deshalb die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist. Auch der streitige Kostenerstattungsanspruch unterfällt der Neuregelung, da die Maßnahme am 04.04.2016 erfolgt ist.
Die § 137c Abs. 1 SGB V angefügten Sätze 6 und 7 bestimmen gesetzliche Fristen für das Verfahren beim GBA. Nach dem eingefügten § 137c Abs. 3 SGB V dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (Satz 1). Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Da der GBA ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet hat (Beschluss vom 22.05.2014), das noch nicht abgeschlossen ist, unterfällt die Liposuktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB V. Es ist jedoch weiterhin für jede einzelne Behandlungsmethode – hier die Liposuktion – zu prüfen, ob sie das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative bietet. Diese Prüfung kann nur anhand der bisherigen Maßstäbe der § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V erfolgen. Die in diesen Vorschriften geregelten allgemeinen Grundsätze, die für den gesamten Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10.03.2015 – B 1 KR 3/15 R –, in juris m.w.N.), sind mit der Einfügung des § 137c Abs. 3 SGB V weder aufgehoben noch abgeschwächt worden (ähnlich Axer, GesR 2015, 641 [645 f.]). Die Regelung soll das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 "Satz 2" (richtig Satz 3) SGB V konkretisieren (Bundestags-Drucksache 18/4095, S. 121). Die Neuregelung führt deshalb nicht zu einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" dahin, dass alle Behandlungsmethoden in der Krankenhausbehandlung von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind, für welche keine negative Entscheidung des GBA vorhanden ist (so ausdrücklich LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016, - L 4 KR 3825/15 - zur Liposuktion, nv; ebenso Axer, GesR 2015, 641 [645]).
c) Die Liposuktion bietet nicht das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative. Denn die Liposuktion entspricht – schon ganz grundlegend – nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016, - L 4 KR 3825/15 -, nv; LSG Hessen, Urteil vom 29.01.2015 – L 8 KR 339/11 –; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015, – L 5 KR 228/13 –; LSG Bayern, Beschluss vom 08.04.2015, – L 5 KR 81/14 –, letztere alle in juris).
Insoweit genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. BSG, Urteil vom 01.03.2011, – B 1 KR 7/10 R –; Urteil vom 27.09.2005, – B 1 KR 6/04 R –, m.w.N., beide in juris). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. BSG, Urteile vom 01.03.2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R –; ebenso BSG, Urteil vom 12.08.2009 – B 3 KR 10/07 R –, beide in juris). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18.05.2004 – B 1 KR 21/02 R –, in juris m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand Mai 2014, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. BSG, Urteile vom 01.03.2011, u.a – B 1 KR 7/10 R –, in juris). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, K § 35 RdNr. 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012, – L 4 KR 2272/10 –, in juris).
Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich nicht zu überzeugen. Er legt insoweit das "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 06.10.2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson – veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den erkennenden Senat war daher wie auch für den 4. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 25.01.2016 - L 4 KR 3825/15 - n. v. das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können.
Es besteht kein Anlass, aufgrund des Vorbringens der Klägerin des vorliegenden Verfahrens hiervon abzuweichen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die unter dem 15.01.2015 erfolgte Aktualisierung (mds-sindbad.de/infomed/sindbad.nsf/002568A2003D5BAE/20B52) des Primärgutachtens der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 6.10.2011. Danach haben die zwei identifizierten kontrollierten Studien auch unter Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Publikation erhebliche methodische sowie zum Teil inhaltliche Limitationen und berichten unzureichend über Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen der Therapie. Zur Liposuktion beim Lipödem sind nur Publikationen kleiner Fallserien bekannt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, einen patientenrelevanten Vorteil zu begründen (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015 – L 5 KR 228/13 – in juris, Rn. 21).
Etwas anderes lässt sich auch nicht auf die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF-Leitlinie) 037/012 "Lipödem" (aktueller Stand: 10/2015) stützen. Es handelt sich um eine sog. S1-Leitlinie. Eine solche "S1-Leitlinie" ist kein Beleg für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethode im Sinne der Kriterien der evidenzbasierten Medizin (LSG Hessen, Urteil vom 29.01.2015 – L 8 KR 339/11 – in juris, Rn. 45). Auf einer Evidenz-Recherche beruhen erst Leitlinien der Stufe "S2e" oder "S3" (http://www.awmf.org/fileadmin/user upload/Leitlinien/Werkzeuge/ll-glossar.pdf "Klassifizierung von Leitlinien").
d) Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16.12.2008 (B 1 KR 11/08 R, in juris). Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10.09.2010, – L 4 KR 3961/09 –, n.v.), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zu Lasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17.02.2010 – B 1 KR 10/09 R –, in juris) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016 - L 4 KR 3825/15 - n. v., unter Zitierung seines Urteils vom 27.04.2012 - L 4 KR 595/11 -, in juris).
e) Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf ein Systemversagen stützen. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006 – B 1 KR 12/05 R –; BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 1 KR 24/06 R –; BSG, Urteil vom 07.05.2013 – B 1 KR 44/12 R –, alle in juris). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 08.04.2015 – L 5 KR 81/14 –, in juris und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016 - L 4 KR 3825/15 - n. v.). Denn der GBA hat mit Beschluss vom 22.05.2014 ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet. Ein Systemversagen lässt sich nicht daraus ableiten, dass dieses Beratungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und voraussichtlich erst im Jahre 2017 abgeschlossen sein wird. Denn die gesetzliche Frist von drei Jahren (§ 137c Abs. 1 Satz 7 SGB V in der seit 23.07.2015 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 64 Buchst. a GKV-VSG) ist nicht abgelaufen.
f) Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V liegen nicht vor. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auch nicht auf diese Vorschrift.
g) Fehlt es damit an einem originären Leistungsanspruch kommt auch eine Erstattung der Kosten für die bereits durchgeführte Liposuktion nicht in Betracht.
Da mangels entsprechender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, kommt als Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Regelung bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht hierbei nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen gewesen wäre oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris).
Lediglich ergänzend sei insoweit weiter darauf hingewiesen, dass die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die durchgeführte stationäre Liposuktion nicht in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus erfolgt ist. Eine Erstattungspflicht der Beklagten ist auch insoweit ausgeschlossen, da für eine Privatklinik kein Leistungsanspruch besteht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2015, - L 5 KR 3511/15 ER-B -, nv).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung stationärer Liposuktionen.
Die am 1986 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 13.06.2014 legte die Klägerin der Beklagten das nicht datierte Gutachten des Facharztes für Plastische Chirurgie Dr. R. (Diagnosen: drittgradiges Lipödem der Ober- und Unterschenkel, erstgradiges Lipödem der Oberarme), den Kostenvoranschlag des Dr. R. (Gesamtbetrag 4.051,71 EUR) und den Arztbrief des Internisten Dr. H. vor und beantragte die von Dr. R. vorgeschlagene stationäre Liposuktion. Ergänzend wies die Klägerin darauf hin, dass mit der Einnahme der Pille im Jahr 2003 ihre Gewichtsprobleme begonnen hätten und sich durch die Schwangerschaft nochmals verschlechtert habe. Vor der Schwangerschaft im Jahr 2010 habe sie 97 kg gewogen. Während der Schwangerschaft hätten dann die Beschwerden in den Beinen begonnen. Seitdem leide sie an starken Wassereinlagerungen, Problemen beim Laufen und ständigen Schmerzen. Obwohl sie regelmäßig Kompressionswäsche trage, einmal wöchentlich manuelle Lymphdrainage durchführe und zu Hause täglich ein Lympha-Pressgerät nutze, nehme der Umfang der Arme und Beine immer mehr zu. Sie habe täglich Spannungsgefühle in den Beinen und bekomme schon bei leichtester Berührung Hämatome. Wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes schäme sie sich, unter Leute zu gehen. Zudem befürchte sie, ihren Beruf als Erzieherin nicht mehr ausüben zu können. Durch ihr Gewicht habe sie auch Folgekrankheiten wie beispielsweise hohen Blutdruck, Gelenkschmerzen sowie erhöhte Cholesterin- und Leberwerte. Leider habe auch die durchgeführte Ernährungsberatung von Februar bis Mai 2014 keinen Erfolg gehabt. Insoweit verwies sie auf das Gutachten der Diplom- Ernährungswissenschaftlerin M. vom 04.06.2014 (Größe der Klägerin: 160 cm; Gewicht zwischen 103,3 und 104,5 kg).
Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK). In dem Gutachten vom 18.06.2014 führte Dr. U., MDK, aus, für das Krankheitsbild der Klägerin stünden nach der entsprechenden Leitlinie folgende anerkannte schulmedizinische bzw. konservative Behandlungsmethoden zur Verfügung: Manuelle Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie und Hautpflege. Die (stationäre) Liposuktion stelle demgegenüber keine anerkannte Behandlungsmethode dar. Es fehlten insbesondere Langzeituntersuchungen, die belegten, dass durch die Liposuktion ein nachhaltiger Therapieerfolg bewirkt werde, und dass nach erfolgreicher Reduktion der Fettgewebsvermehrung nicht die Notwendigkeit weiterer Korrekturen am Hautmantel entstehe. Vor diesem Hintergrund sei die Durchführung einer (stationären) Liposuktion zur Behandlung des Lipödems und der Adipositas nicht notwendig, zumal die Klägerin auch nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leide und auch nicht von einer notstandähnlichen Situation im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gesprochen werden könne.
Mit Bescheid vom 24.06.2014 lehnte die Beklagte die beantragte Liposuktion ab. Die Therapie entspreche bei dem Krankheitsbild der Klägerin nach Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.07.2014 Widerspruch ein. Infolge des Lipödems leide sie an Schmerzen in den Beinen. Diese Schmerzen würden vor allem beim längeren Stehen, Treppensteigen und Hinknien bestehen. Sie müsse die Beine beim Sitzen auch ständig hochstellen. Hinzu kämen Druck- und Berührungsschmerzen, ein Spannungs- und Schwellungsgefühl sowie eine Neigung zu Hämatomen. Neben den bereits angesprochenen Maßnahmen habe sie in Eigenregie Schwimmen (2010-2011), Ausdauersport in einem Fitnesstudio (2007-2009) und eine Mutter-Kind-Kur (2013) durchgeführt. Derzeit gehe sie mindestens einmal wöchentlich eine Stunde schwimmen, ohne dass sich ihre Beschwerden hierdurch gebessert hätten. Bei ihr müssten pro Sitzung zwischen 3 und 4 Liter Fett abgesaugt werden, weshalb die Operationen stationär durchgeführt werden müssten.
In seinem Gutachten vom 22.09.2014 und der sozialmedizinische Fallberatung vom 21.11.2014 bekräftigte der Arzt E., MDK, die bisherige Auffassung des MDK. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch daher zurück. Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg habe in einem rechtskräftigen Urteil festgestellt, dass eine Liposuktion, gleichgültig, ob sie stationär oder ambulant durchgeführt werde, nicht den Qualitätsanforderungen der gesetzlichen Krankenversicherung entspreche.
Hiergegen richtete sich die am 11.02.2015 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag trug die Klägerin vor, sie trainiere seit Ende Januar 2015 täglich durchschnittlich 15 Minuten auf einem Trampolin und seit Dezember 2014 einmal wöchentlich 15 Minuten auf einem Crosstrainer. Gleichwohl hielten ihre Beschwerden unverändert an. Im Übrigen widerspreche es dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dass sich die Beklagte in einem Parallelfall zu einer Kostenübernahme bereit erklärt habe, zumal auch in einzelnen Urteilen verschiedener Landessozialgerichte und Sozialgerichte eine diesbezügliche Verpflichtung festgestellt worden sei. Ergänzend legte die Klägerin u. a. ein Schreiben der Psychologin H. vom 19.04.2015 vor. Danach ist die Klägerin bei ihr wegen einer überwiegend mit dem Lipödem im Zusammenhang stehenden reaktiven Depression seit 16.01.2015 in Behandlung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte im weiteren Verlauf ein weiteres Gutachten des Arztes E., MDK, vom 13.11.2015 vor.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin beauftragte das SG den Facharzt für Innere Medizin und Angiologie Dr. Br. mit der Begutachtung der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In seinem Gutachten vom 01.09.2015 stellte der Gutachter aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin die nachfolgenden Diagnosen:
1. schmerzhaftes Lipödem beidseits, besonders im Bereich der Oberschenkel, Stadium II, Typ IV, 2. Angststörung, beginnende Depression, 3. geringe Adipositas (Körpergröße: 160 cm, Gewicht: 106,2 kg, BMI: 42,27 kg/m2), 4. Hypertonus, 5. Hypothyreose sowie 6. Gelenk- Wirbelsäulen-Erkrankung.
Eine Kausaltherapie des Lipödems gebe es nicht. Mit mäßigem Erfolg werde im Allgemeinen versucht, mittels entstauender Maßnahmen und Gewichtsreduzierung gegen die - anfangs gar nicht vorhandenen - Ödeme anzugehen. Wenn sich aber im Verlauf der Erkrankung Ödeme an den Extremitäten entwickelt hätten, sei diese entstauende Therapie durchaus sinnvoll. Die standdardmäßige Aufforderung zu einer drastischen Gewichtsreduktion bei oft relativem Normalgewicht sollte eher mit der Zielsetzung zur Reduktion bei tatsächlichem Übergewicht ausgesprochen werden. Ansonsten sei der Versuch einer Gewichtsabnahme auf Dauer vergeblich. Nähmen die Beschwerden trotz der vom MDK angesprochenen konservativen Maßnahmen weiter zu bzw. hielten an, könne die Indikation für die Durchführung einer gegebenenfalls stationären Liposuktion geprüft werden. So liege der Fall auch hier, denn durch das Lipödem habe die Klägerin trotz ihrer bisherigen Bemühungen Schwierigkeiten beim Hinknien und Gehen, Schmerzen schon bei geringem Druck, eine beginnende X-Bein-Fehlstellung mit Flachfuß (niedriges Fußgewölbe) und Kniegelenkschmerzen. Zusammenfassend führe das Lipödem der Klägerin daher zu Einschränkungen bei der beruflichen Tätigkeit und bei der allgemeinen Teilhabe am sozialen Leben. Natürlich habe eine Liposuktion immer auch einen gewissen kosmetischen Vorteil, eine solche Maßnahme sei bei der Klägerin aber auch und besonders aus medizinischen Gründen sinnvoll. Denn die angeführten Beschwerden ließen sich langfristig effektiv nur durch eine Liposuktion verringern bzw. beseitigen. Vor diesem Hintergrund halte er aus medizinischen Gründen die Durchführung einer stationären Liposuktion in nasser Technik und Tumeszenz-Anästhesie an den Oberschenkeln, am Gesäß und an den Armen (jeweils eine Sitzung) für erforderlich. Hierbei müsse beachtet werden, dass nach der durchgeführten Volumenberechnung alleine im Bereich der Beine eine Fettabsaugung von 7.983 ml (links) bzw. von 8.388 ml (rechts) möglich sei. In dieser Größenordnung könne die Liposuktion nicht ambulant durchgeführt werden, zumal bei der Klägerin auch ein erhöhtes Risiko aufgrund ihres Bluthochdrucks, des Übergewichts und der Schilddrüsenfunktionsstörung bestehe. Der MDK bzw. die Beklagte würden übersehen, dass vereinzelt für das Krankheitsbild der Klägerin durchaus ein positiver Effekt der Liposuktion beschrieben werde. Dementsprechend weise das aktuelle Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe Nr. 7 (2015) zwar darauf hin, dass von den Fachgesellschaften bei einer Liposuktion auch operative Verfahren empfohlen würden. Letztlich werde dies aber nicht ausreichend gewürdigt, wenn auf der anderen Seite daran festgehalten werde, dass ein anhaltender positiver Wirksamkeitsnachweis nicht festgestellt werden könne. Hierbei müsse auf der einen Seite vor allem beachtet werden, dass eine Reduktion des vermehrten Fettgewebes alleine mit konservativen Maßnahmen nicht möglich sei. Allerdings sei auf der anderen Seite zuzugestehen, dass sorgfältige Studien zur Liposuktion des Lipödems fehlten. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese in den nächsten Jahren erstellt würden, denn dafür reiche die Anzahl der mit Liposuktion zu behandelnden Patientinnen nicht aus. Die Gründe hierfür seien vielfältig, zum einen bestehe kein wirtschaftlicher Druck der beteiligten Gruppen. Darüber hinaus beanspruche die Durchführung entsprechender Studien viele Jahre. Ob damit bereits von einem Systemmangel gesprochen werden könne, könne aus medizinischer Sicht nicht beurteilt werden. Zusammenfassend halte er allerdings die empfohlene Liposuktion im Fall der Klägerin für eine wirksame, standardisierte und sichere Therapie zur Behandlung des symptomatischen, schmerzhaften Lipödems.
Mit Urteil vom 19.01.2016 wies das SG die Klage ab. Die von der Klägerin beanspruchte Liposuktion zur Behandlung des Lipödems sei schulmedizinisch nicht anerkannt und somit eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, denn diese Methode sei im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der die Grundlage für die Abrechnung ambulanter ärztlicher Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bilde, nicht gelistet. Somit könne eine ambulante Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nach § 135 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur dann durchgeführt werden, wenn hierzu zumindest eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn das im Mai 2014 eingeleitete Beratungsverfahren des GBA sei noch nicht abgeschlossen. Auch wenn § 137c Abs. 1 SGB V für den stationären Bereich großzügiger sei und neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nur dann ausschließe, wenn hierzu eine negative Stellungnahme des GBA vorliege, ergebe sich hieraus für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis, denn das BSG gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch für den stationären Bereich das Erfordernis gelte, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem schulmedizinischen Standard zu entsprechen hätten. In diesem Zusammenhang mache die Klägerin zwar zutreffend geltend, dass der somit zwingend notwendige Wirksamkeitsnachweis der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nicht zwingend durch medizinische Studien geführt werden müsse; falls solche, dem allgemeinen medizinischen Standard entsprechende Studien fehlten, komme es nämlich im Rahmen einer grundrechtsorientierten Gesetzesanwendung im Rahmen von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V durchaus auch in Betracht, den Behandlungsanspruch aus der Einschätzung eines erfahrenen Arztes abzuleiten, sofern für die zur Diskussion stehende Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Hierzu bedürfe es aber in jedem Fall einer abstrakten Nutzen-Risiko-Analyse und einer alle Umstände des konkreten Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob die in Rede stehende Behandlungsmethode gerade im zur Behandlung anstehenden Krankheitsfall erforderlich sei. In diesem Zusammenhang könne letztlich offen bleiben, ob das von der Beklagten angeführte Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7, das der Liposuktion den geforderten Wirksamkeitsnach abspreche, auch für das Krankheitsbild der Klägerin (primäres Lipödem) Geltung beanspruchen könne; selbst wenn sich dieses Gutachten und die zugrunde liegenden Studien - wie von der Klägerin angeführt - lediglich auf andere Krankheitsbilder beziehen sollten und somit außer Acht zu bleiben hätten, würden sich nämlich zu Gunsten der Klägerin kein Behandlungsanspruch ergeben. Eine chirurgische Intervention sei nicht erforderlich. Vielmehr sei es nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, die Klägerin weiterhin auf die schulmedizinisch anerkannten konservativen Behandlungsmethoden wie beispielsweise Lymphdrainage, Kompressionstherapie, Bewegungstherapie und anderes mehr zu verweisen. Dass hierdurch nur eine von der Klägerin als unzureichend empfundene symptomatische Therapie möglich sei, die nicht in kausaler Weise auf die dauerhafte Beseitigung des Lipödems abziele, ändere hieran nichts. Letztlich sei die Klägerin gehalten, den Ausgang des Beratungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses bzw. die Anfertigung aussagekräftiger, methodisch einwandfreier Studien, die die schulmedizinische Wirksamkeit der stationären Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nachweisen, abzuwarten. Insoweit könne auch das positive Votum von Dr. Br. der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn Dr. Br. bestätige ausdrücklich, dass dem medizinischen Standard entsprechende medizinische Studien, die einen Wirksamkeitsnachweis der (stationären) Liposuktion bei dem Krankheitsbild der Klägerin bestätigen würden, bislang fehlen würden.
Das Urteil wurde dem Bevollmächtigen der Klägerin am 27.01.2016 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 17.02.2016 zum LSG erhobene Berufung der Klägerin. Das SG habe die massiven Beschwerden der Klägerin in Folge des Lipödems bei seiner Entscheidung nicht ausreichend beachtet. Auch habe es nicht gewürdigt, dass die konservativen Maßnahmen bereits erfolglos durchlaufen worden seien. Im Übrigen werde im vorliegenden Fall eine stationäre Liposuktion geltend gemacht, für die gemäß § 137c SGB V keine positive Empfehlung des GBA erforderlich sei. Auch dies habe das erstinstanzliche Urteil nicht beachtet. Schließlich sei die Liposuktion im Falle der Klägerin auch als wirksame Behandlungsmethode anzusehen. Schließlich komme Hansson in seinen Studienergebnissen zu einem positiven Ergebnis hinsichtlich der begehrten Behandlungsmethode. Auch die Expertenmeinung der Leitlinie "Lipödem" der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie spreche sich gerade für eine Liposuktion als Behandlungsmethode bei dem vorliegenden Krankheitsbild aus. Dem stehe auch das Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 nicht entgegen.
Hinsichtlich der zwischenzeitlich am 04.04.2016 bei Dr. R. an den Beinen durchgeführten stationären Liposuktion sei freilich eine Klageänderung vorzunehmen, die Beklagte sei daher zur Erstattung der angefallenen Kosten sowie zur Gewährung einer weiteren stationären Liposuktionssitzung für die Beine und einer stationären Lipositionssitzung für die Arme als Sachleistung zu verurteilen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19.01.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.06.2014 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4416,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % aus 4416,00 EUR ab dem 21.04.2016 zu bezahlen sowie der Klägerin eine weitere stationäre Liposuktionssitzung für die Beine und eine stationäre Liposuktionssitzung für die Arme als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die durgeführte Liposuktion nicht in einem Vertragskrankenhaus gem. § 108 SGB V durchgeführt worden sei.
Hinsichtlich der stationär durchgeführten Liposuktion an den Beinen legte die Klägerin Rechnungen in Höhe von 4416,37 EUR sowie den Überweisungsbeleg vom 23.03.2016 als Beleg der Zahlung vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
2. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer stationären Liposuktion als Sachleistung und damit auch nicht auf Kostenerstattung der bereits durchgeführten Lipsuktion.
a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R –; 28.09.2010 – B 1 KR 5/10 R –; 11.09.2012 – B 1 KR 9/12 R –, alle in juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28.02.2008 – B 1 KR 19/07 R – und 06.03.2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2009 – L 4 KR 3386/08 – n.v.; LSG Hessen, Urteil vom 15.04.2013 – L 1 KR 119/11 –, in juris).
Bei der Klägerin besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödem beider Beine und der Arme. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. Br. vom 01.09.2015. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.
b) Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16.12.2008 – B 1 KR 11/08 R –; 03.07.2012 – B 1 KR 6/11 R – und 07.05.2013 – B 1 KR 44/12 R – alle in juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 01.01.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28.07.2008 – B 1 KR 5/08 R –; BSG, Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R –, beide in juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012 – L 4 KR 2172/10 –; nachgehend BSG, Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R –, beide in juris).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Änderung des § 137c SGB V durch Art. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S. 1211) mit Wirkung zum 23.07.2015 (Art. 20 GKV-VSG). Diese ist vorliegend zu berücksichtigen, weil die Klägerin mit ihrer Leistungsklage einen Anspruch auf Sachleistung geltend macht und deshalb die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist. Auch der streitige Kostenerstattungsanspruch unterfällt der Neuregelung, da die Maßnahme am 04.04.2016 erfolgt ist.
Die § 137c Abs. 1 SGB V angefügten Sätze 6 und 7 bestimmen gesetzliche Fristen für das Verfahren beim GBA. Nach dem eingefügten § 137c Abs. 3 SGB V dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (Satz 1). Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Da der GBA ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet hat (Beschluss vom 22.05.2014), das noch nicht abgeschlossen ist, unterfällt die Liposuktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB V. Es ist jedoch weiterhin für jede einzelne Behandlungsmethode – hier die Liposuktion – zu prüfen, ob sie das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative bietet. Diese Prüfung kann nur anhand der bisherigen Maßstäbe der § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V erfolgen. Die in diesen Vorschriften geregelten allgemeinen Grundsätze, die für den gesamten Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 10.03.2015 – B 1 KR 3/15 R –, in juris m.w.N.), sind mit der Einfügung des § 137c Abs. 3 SGB V weder aufgehoben noch abgeschwächt worden (ähnlich Axer, GesR 2015, 641 [645 f.]). Die Regelung soll das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 "Satz 2" (richtig Satz 3) SGB V konkretisieren (Bundestags-Drucksache 18/4095, S. 121). Die Neuregelung führt deshalb nicht zu einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" dahin, dass alle Behandlungsmethoden in der Krankenhausbehandlung von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind, für welche keine negative Entscheidung des GBA vorhanden ist (so ausdrücklich LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016, - L 4 KR 3825/15 - zur Liposuktion, nv; ebenso Axer, GesR 2015, 641 [645]).
c) Die Liposuktion bietet nicht das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative. Denn die Liposuktion entspricht – schon ganz grundlegend – nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016, - L 4 KR 3825/15 -, nv; LSG Hessen, Urteil vom 29.01.2015 – L 8 KR 339/11 –; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015, – L 5 KR 228/13 –; LSG Bayern, Beschluss vom 08.04.2015, – L 5 KR 81/14 –, letztere alle in juris).
Insoweit genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. BSG, Urteil vom 01.03.2011, – B 1 KR 7/10 R –; Urteil vom 27.09.2005, – B 1 KR 6/04 R –, m.w.N., beide in juris). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. BSG, Urteile vom 01.03.2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R –; ebenso BSG, Urteil vom 12.08.2009 – B 3 KR 10/07 R –, beide in juris). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18.05.2004 – B 1 KR 21/02 R –, in juris m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand Mai 2014, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. BSG, Urteile vom 01.03.2011, u.a – B 1 KR 7/10 R –, in juris). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, K § 35 RdNr. 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012, – L 4 KR 2272/10 –, in juris).
Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich nicht zu überzeugen. Er legt insoweit das "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 06.10.2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson – veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den erkennenden Senat war daher wie auch für den 4. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 25.01.2016 - L 4 KR 3825/15 - n. v. das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können.
Es besteht kein Anlass, aufgrund des Vorbringens der Klägerin des vorliegenden Verfahrens hiervon abzuweichen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die unter dem 15.01.2015 erfolgte Aktualisierung (mds-sindbad.de/infomed/sindbad.nsf/002568A2003D5BAE/20B52) des Primärgutachtens der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 6.10.2011. Danach haben die zwei identifizierten kontrollierten Studien auch unter Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Publikation erhebliche methodische sowie zum Teil inhaltliche Limitationen und berichten unzureichend über Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen der Therapie. Zur Liposuktion beim Lipödem sind nur Publikationen kleiner Fallserien bekannt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, einen patientenrelevanten Vorteil zu begründen (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015 – L 5 KR 228/13 – in juris, Rn. 21).
Etwas anderes lässt sich auch nicht auf die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF-Leitlinie) 037/012 "Lipödem" (aktueller Stand: 10/2015) stützen. Es handelt sich um eine sog. S1-Leitlinie. Eine solche "S1-Leitlinie" ist kein Beleg für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethode im Sinne der Kriterien der evidenzbasierten Medizin (LSG Hessen, Urteil vom 29.01.2015 – L 8 KR 339/11 – in juris, Rn. 45). Auf einer Evidenz-Recherche beruhen erst Leitlinien der Stufe "S2e" oder "S3" (http://www.awmf.org/fileadmin/user upload/Leitlinien/Werkzeuge/ll-glossar.pdf "Klassifizierung von Leitlinien").
d) Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16.12.2008 (B 1 KR 11/08 R, in juris). Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10.09.2010, – L 4 KR 3961/09 –, n.v.), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zu Lasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17.02.2010 – B 1 KR 10/09 R –, in juris) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016 - L 4 KR 3825/15 - n. v., unter Zitierung seines Urteils vom 27.04.2012 - L 4 KR 595/11 -, in juris).
e) Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf ein Systemversagen stützen. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006 – B 1 KR 12/05 R –; BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 1 KR 24/06 R –; BSG, Urteil vom 07.05.2013 – B 1 KR 44/12 R –, alle in juris). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 08.04.2015 – L 5 KR 81/14 –, in juris und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2016 - L 4 KR 3825/15 - n. v.). Denn der GBA hat mit Beschluss vom 22.05.2014 ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion bei Lipödem gemäß §§ 135 Abs. 1 und 137c SGB V eingeleitet. Ein Systemversagen lässt sich nicht daraus ableiten, dass dieses Beratungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und voraussichtlich erst im Jahre 2017 abgeschlossen sein wird. Denn die gesetzliche Frist von drei Jahren (§ 137c Abs. 1 Satz 7 SGB V in der seit 23.07.2015 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 64 Buchst. a GKV-VSG) ist nicht abgelaufen.
f) Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V liegen nicht vor. Die Klägerin stützt ihren Anspruch auch nicht auf diese Vorschrift.
g) Fehlt es damit an einem originären Leistungsanspruch kommt auch eine Erstattung der Kosten für die bereits durchgeführte Liposuktion nicht in Betracht.
Da mangels entsprechender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, kommt als Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Regelung bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht hierbei nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen gewesen wäre oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris).
Lediglich ergänzend sei insoweit weiter darauf hingewiesen, dass die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die durchgeführte stationäre Liposuktion nicht in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus erfolgt ist. Eine Erstattungspflicht der Beklagten ist auch insoweit ausgeschlossen, da für eine Privatklinik kein Leistungsanspruch besteht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2015, - L 5 KR 3511/15 ER-B -, nv).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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