Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 SB 1622/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 615/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.01.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bewerten sind.
Der 1967 geborene Kläger stellte beim Landratsamt E. - Kreissozialamt - Schwerbehindertenrecht - (LRA) am 17.10.2007 einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) aufgrund einer Gesundheitsstörung im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks und legte dazu medizinische Berichte [Bl. 5/23, 26 der Verwaltungsakten (VA)] sowie den Bescheid der Verwaltung-Berufsgenossenschaft vom 25.07.2007 (Bl. 24/25 VA), mit welchem die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 07.07.2006 abgelehnt wurde, vor.
Das LRA zog weitere Berichte (Bl. 27a/33 VA) bei und holte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. N. vom 25.11.2007 (Bl. 34/35 VA) ein, der nach Auswertung der medizinischen Unterlagen den GdB aufgrund der Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks mit 30 bewertete.
Mit Bescheid vom 04.12.2007 (Bl. 36/37 VA) stellte das LRA einen GdB von 30 seit 17.10.2007 fest.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 20.12.2007 Widerspruch ein, mit welchem er unter Berufung auf erhebliche Einschränkungen im gesamten rechten unteren Beinbereich und erhebliche chronische Schmerzen einen GdB von mindestens 50 geltend machte.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. K. vom 10.01.2008 (Bl. 44 VA), der eine ausreichende Würdigung eines chronischen Schmerzsyndroms in dem vergebenen GdB von 30 angab, wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2008 (Bl. 49/50 VA) zurück.
Am 29.02.2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG), die unter dem Aktenzeichen S 3 SB 1032/08 geführt wurde. Zur Begründung vertiefte er seine Ausführungen zur Widerspruchsbegründung und machte geltend, wegen beim Gehen entstehender blockierender Schmerzen gegenwärtig nicht längere Strecken als 300 bis 500 m zurücklegen zu können. Auch eine einfache Belastung – wie etwa das Tragen einer Aktentasche – sei nicht möglich. Aufgrund der sehr starken Schmerzen könne er nur einem Schwerbehinderten gleichgestellt werden.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. gab im Schreiben vom 07.07.2008 (Bl. 22 SG-Akte S 3 SB 1032/08) an, eine Festlegung des Schweregrades der Behinderung sei aufgrund der erst am 26.06.2008 erfolgten komplexen orthopädischen Operation am Sprunggelenk nicht möglich. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie H. teilte unter dem 04.07.2008 (Bl. 23/24 SG-Akte S 3 SB 1032/08) mit, er habe eine Anpassungsstörung vor dem Hintergrund beruflicher und privater Veränderungsprozesse und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung im Bereich des rechten Sprunggelenks diagnostiziert. Die Ärzte des O. Klinikums Dr. S. (Chefarzt der orthopädischen Klinik) und Dr. K. erachteten im Schreiben vom 29.07.2008 (Bl. 25/35 SG-Akte S 3 SB 1032/08) die GdB-Bewertung durch den Versorgungsarzt für zutreffend.
Um das Ergebnis der am 26.06.2008 erfolgten Operation abzuwarten, ordnete das SG mit Beschluss vom 06.11.2008 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an.
Am 31.08.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen, machte zur Begründung einen Herzinfarkt geltend und legte Krankenhausberichte vor (Bl. 62/68 VA) vor.
Das LRA zog ergänzend den Bericht der Rehabilitationsklinik vom 19.08.2009 (Bl. 70/78 VA) bei und holte die Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. K. ein, der nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen die Funktionsbeeinträchtigungen wie folgt bewertete: - Koronare Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation, Teil-GdB 20, - Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks, Teil-GdB 30, - Schlafapnoe-Syndrom, Teil-GdB 10. Den Gesamt-GdB bewertete er mit 40.
Dementsprechend stellte das LRA mit Bescheid vom 08.10.2009 den GdB mit 40 seit 31.08.2009 fest.
Am 03.04.2014 rief der Kläger das ruhende Klageverfahren S 3 SB 1032/08 wieder an, das unter dem Aktenzeichen S 18 SB 1622/14 fortgeführt wurde.
Das SG holte das orthopädische Gutachten des Dr. S. vom 09.07.2014 (Bl. 8/21 SG-Akte S 18 SB 1622/14) ein. Nach Untersuchung des Klägers am 04.07.2014 diagnostizierte der Gutachter fortgeschrittene arthrotische Veränderungen des rechten oberen Sprunggelenks sowie ein LWS-Syndrom mit leichter Osteochondrose und schätzte den GdB auf orthopädischem Fachgebiet mit 30 ein (Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks Teil-GdB 30, LWS-Syndrom Teil-GdB 10).
Mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 27.01.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.02.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Aufgrund der erheblichen Leistungseinschränkungen im Herz-Kreislauf-Apparat erscheine es notwendig, dass auch ein Gutachten von einem Facharzt für Innere Medizin eingeholt werde. Diesbezüglich habe noch keine Aufklärung stattgefunden. Es sei zu berücksichtigen, dass ertrotz des relativ jungen Alters bereits einen Herzinfarkt erlitten habe. Auch die Hypertonie sei nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.01.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 04.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2008 und in der Fassung des Bescheides vom 08.10.2009 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsbegehren werde nach dem aktenkundigen Gutachten zumindest auf orthopädischem Fachgebiet nicht unterstützt. Medizinische Unterlagen, die auf internistisch/kardiologischen Fachgebiet eine GdB-relevante Leistungsbeeinträchtigung bestätigen würden, lägen nicht vor.
Der Senat hat den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W.-S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt, der die Aufstellung über die gestellten Diagnosen vom 15.11.2015 (Bl. 53/56 der Senatsakte), die Aufstellung über die Inhalte der einzelnen Kontakte mit dem Kläger vom 15.07.2009 bis 14.09.2015 (Bl. 57/63 der Senatsakte), Laborbefunde (Bl. 29/52 der Senatsakte) und Berichte (Bl. 64/141 der Senatsakte) vorlegte.
Der Beklagte hatte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 03.03.2016 (Bl. 150/151 der Senatsakte) vorgelegt.
Die Sach- und Rechtslage ist mit den Beteiligten durch die Berichterstatterin im der nichtöffentlichen Sitzung am 30.05.2016 erörtert worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 12.07.2016, Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14.07.2016).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 23.01.2015 die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 04.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2008 und in der Fassung des Bescheides vom 08.10.2009, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 ab 17.10.2007 und 40 ab 31.08.2009.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhalts-punkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau einen Gesamt-GdB von 50 oder von 40 vor dem 31.08.2009 nicht rechtfertigen.
Im Funktionssystem der Beine ist beim Kläger kein höherer Einzel-GdB als 30 festzustellen. Insoweit bestehen im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks zuletzt fortgeschrittene arthrotische Veränderungen, was der Senat dem Gutachten des Dr. S. vom 09.07.2014 entnimmt. Der GdB bei Schäden an den unteren Gliedmaßen ist nach Teil B Nr. 18.14 VG zu bestimmen. Danach ist bei einer Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung (Plantarflexion um 5° bis 15°) ein GdB von 20, bei einer Versteifung des unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung (Mittelstellung) ein GdB von 10, bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung ein GdB von 30, in ungünstiger Stellung ein GdB von 40 zu vergeben. Eine Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades bedingt keinen GdB, bei einer Bewegungseinschränkung mittleren Grades (Heben/Senken 0-0-30) beträgt der GdB 10, bei einer Bewegungseinschränkung stärkeren Grades 20. Eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk rechtfertigt einen GdB von bis zu 10. Ausgehend von der von Dr. S. erhobenen Sprunggelenksbeweglichkeit für Dorsalextension/Plantarflexion von 5/0/30° und für Eversion/Inversion von 10/0/10° ergibt sich nach den dargestellten Grundsätzen beim Kläger ein Teil-GdB von 10. Schwerwiegendere Bewegungseinschränkungen des rechten oberen Sprunggelenks sind auch in der Zeit vor der Begutachtung durch Dr. S. seit der Antragstellung nicht dokumentiert. Im Bericht der Orthopädischen Klinik des Kantonsspitals L. vom 12.06.2007 (Bl. 32/33 VA) ist eine mögliche Beweglichkeit von 5/0/40° für Dorsalextension/Plantarflexion angegeben, Dipl.-Med. W. hat am 14.11.2007 eine Beweglichkeit von 10/0/40 angegeben (Bericht vom 14.11.2007, Bl. 17a/27b VA). Schwerwiegende funktionelle Einschränkungen kann der Senat auch darüber hinaus nicht feststellen. Der Gutachter hat nur eine leicht verminderte Abrollbewegung des rechten Fußes festgestellt. Dazu passt auch das vom Gutachter beobachtete nur dezent hinkende Gangbild. Metatarsalgien hat der Gutachter nicht erhoben, ebenso keine sensiblen oder motorischen Ausfälle. Auch die Durchblutung war intakt. Zehen- und Fersengang sowie Einbeinstand waren nach dem Gutachten des Dr. Schmidt sicher durchführbar. Die in Höhe des Außenknöchels bestehende Umfangsmehrung von 2 cm gegenüber dem linken Sprunggelenk begründet im Vergleich zu den Bewertungsgrundsätzen bei Vorliegen eines Lymphödems (vgl. Teil B Nr. 9.2.3 VG), wonach erst bei einer Umfangsmehrung um mehr als 3 cm ein GdB von wenigstens 20 in Betracht kommt, allein nicht die Annahme eines höheren GdB. Gegen schwerwiegende Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Sprunggelenks sprechen die von Dr. S. beschriebene seitengleiche Beschwielung der Füße, die beidseitig gleichmäßig abgelaufenen Schuhe des Klägers und das Nichtvorliegen einer Umfangsminderung des rechten Beines gegenüber dem linken, was nicht auf eine relevante Schonung des rechten Beines hinweist. Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geklagten Schmerzen und der eingeschränkten Gehstrecke die Annahme eines Teil-GdB von 30, der bereits einer Versteifung von oberem und unterem Sprunggelenk in günstiger Stellung entspricht, keinesfalls gerechtfertigt. Zugunsten des Klägers belässt es der Senat nominell bei dem vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB, der aber nicht voll ausgefüllt ist.
Im Funktionssystem Rumpf führt eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule jedenfalls nicht zu einem höheren GdB als 10. Der Gutachter Dr. S. hat ein LWS-Syndrom mit leichter Osteochondrose diagnostiziert. Der GdB für Wirbelsäulenschäden ist nach Teil B Nr. 18.9 VG zu bemessen. Danach bedingen Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität keinen GdB, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 10. Aus den von Dr. S. erhobenen Bewegungsmaßen für die Wirbelsäule ergeben sich keine relevanten Bewegungseinschränkungen. Der Finger-Boden-Abstand betrug 0 cm, der Ott wurde mit 30/34 cm, der Schober mit 10/15 cm ermittelt. Seitneigen rechts/links ergab eine Beweglichkeit von Brust- und Lendenwirbelsäule von 40/0/30°. Nach den Feststellungen des Gutachters bestehen nur dezente Beschwerden ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. In den Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule zeigten sich nur beginnende degenerative Veränderungen. Sensible oder motorische Ausfallerscheinungen lagen nicht vor. Danach bestehen nicht mehr als geringe funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden der Lendenwirbelsäule.
Im Funktionssystem von Herz und Kreislauf bestehen beim Kläger ein Zustand nach abgelaufenem Herzinfarkt und ein Bluthochdruck, die keinen höheren Einzel-GdB als 10 bedingen.
Die koronare Eingefäßerkrankung des Klägers bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach Teil B Nr. 9.1.3 VG ist der GdB nach einem Herzinfarkt von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Die Einschränkung der Herzleistung ist nach Teil B Nr. 9.1.1 VG zu bewerten. Danach ist ein GdB von 0 bis 10 vorgesehen, wenn keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit) auftritt und keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung vorliegt. Ein GdB von 20 bis 40 ist erst anzunehmen bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit) sowie Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten). Derartige Beeinträchtigungen sind beim Kläger nicht festzustellen. Schon nach dem am 07.07.2009 erlittenen Herzinfarkt war bereits am 28.07.2009 im Rahmen eines Belastungs-EKG eine Belastung bis 150 W ohne Auftreten belastungsinduzierter Herzrhythmusstörungen, Ischämiezeichen oder pectanginösen Beschwerden möglich (Bericht der Medizin A. S. Klinik vom 19.08.2009, Bl. 70/78 VA). In der Folgezeit sind jeweils mögliche Ergometerbelastungen bis 175 bzw. 200 Watt ohne Nachweis einer Belastungskoronarinsuffizienz beschrieben (Berichte des Dr. R. vom 05.02.2010, vom 24.11.2010, vom 23.09.2011, vom 26.06.2012, vom 04.01.2013 und vom 18.07.2013 sowie des Dr. K. vom 25.06.2015, Bl. 119, 108/109, 106/107, 103/104, 101/102, 86, 64/69 der Senatsakte). Bei einer Koronarangiographie am 04.06.2013 zeigte sich eine normale linksventrikuläre Funktion. Bei einer neu aufgetretenen 70-%igen RIVA-Stenose erfolgte eine erfolgreiche RIVA-PTCA mit gutem Ergebnis (Bericht der Medizinischen Klinik des O. Klinikums vom 04.06.2013, Bl. 92/96 der Senatsakte). Eine relevante Leistungsbeeinträchtigung der Herzleistung kann damit nicht festgestellt werden.
Auch der Bluthochdruck bedingt keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Nach Teil B Nr. 9.3 VG führt die leichte Form der Hypertonie ohne oder mit nur geringer Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) zu einem GdB von 0 bis 10, die mittelschwere Form der Hypertonie mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung zu einem GdB von 20 bis 40. Aus dem Bericht des Dr. K. vom 25.06.2015 ergibt sich nur eine beginnende Linksherzvergrößerung. Augenhintergrundveränderungen sind nicht ersichtlich. Im Bericht der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums F. vom 24.06.2015 (Bl. 73 der Senatsakte) wird der Augenhintergrund beider Augen als unauffällig beschrieben. Ein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg ist aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht herzuleiten. Vielmehr wird der Blutdruck als medikamentös eingestellt angegeben. Den Berichten sind diastolische Blutdruckwerte zwischen 75 und 90 mmHg zu entnehmen.
Ein höherer Einzel-GdB als 10 im Funktionssystem von Herz und Kreislauf ergibt sich danach nicht.
Im Funktionssystem der Atmung bedingt das Schlafapnoe-Syndrom ab März 2013 einen Teil-GdB von 20. Nach Teil B Nr. 8.7 VG führt ein Schlafapnoe-Syndrom (Nachweis durch Untersuchung im Schlaflabor) ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung zu einem GdB von 0 bis 10, mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung zu einem GdB von 20 und bei nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung zu einem GdB von 50. Beim Kläger wurde am 01.03.2013 ein Schlafapnoe-Syndrom festgestellt und die Einleitung einer CPAP-Therapie empfohlen (Bericht des Dr. T. vom 06.03.2013, Bl. 99/100 der Senatsakte). Im Rahmen einer CPAP-Therapiekontrolle am 10.04.2013 wurde die Therapie optimiert (Bericht des Dr. T. vom 18.04.2013, Bl. 97/98 der Senatsakte), wobei diese noch nicht optimal eingestellt werden konnte. Es wurde die Vermeidung von Schlafpositionen in Rückenlage und alternativ die Erhöhung des CPAP-Drucks empfohlen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung, nicht aber eine Undurchführbarkeit einer nasalen Überdruckbeatmung.
Das beim Kläger ausweislich der Berichte der Medizinischen Klinik des O. Klinikums vom 30.05.2014 (Bl. 79/80 der Senatsakte) und des Dr. Klatt vom 25.06.2015 aufgetretene Gallensteinleiden (Cholezystolithiasis) bedingt jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10. Gallenblasen- und Gallenwegskrankheiten (Steinleiden, chronisch rezidivierende Entzündungen) mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten bzw. Entzündungen in Abständen von Jahren sind nach Teil B Nr. 10.3.5 VG mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Ein GdB von 20 bis 30 ist erst bei Auftreten häufigerer Koliken und Entzündungen sowie mit Intervallbeschwerden vorgesehen. Im Bericht des Dr. K. vom 25.06.2015 ist das Auftreten von drei Gallenkoliken seit Oktober 2014 aufgeführt. Zudem seien jetzt auch Zeichen einer abgelaufenen Gallenwandentzündung zu sehen. Danach sind zwar Koliken in Abständen von mehreren Monaten und auch eine Entzündung aufgetreten, was einen GdB von 10 rechtfertigt. Häufigere Koliken und Entzündungen können aus den vorliegenden Unterlagen jedoch nicht hergeleitet werden. Der Kläger hat entsprechende Beeinträchtigungen auch nicht geltend gemacht.
GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund einer Fettleber (vgl. Bericht des Dr.K ... vom 25.06.2015) sind nicht ersichtlich. Nach Teil B Nr. 10.3.3 VG bedingt eine Fettleber (auch nutritiv-toxisch) ohne Mesenchymreaktion nur einen GdB von 0 bis 10.
Ein Nierensteinleiden, welches Dr. K. im Bericht vom 25.06.2015 angegeben hat, führt ohne beim Kläger ersichtliche Funktionseinschränkungen der Niere nicht zu einem GdB (vgl. Teil B Nr. 12.1.1 VG).
Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die einen GdB von wenigstens 10 bedingen, kann der Senat nicht feststellen.
Insbesondere lassen sich aus den Berichten der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums F. keine nach Teil B Nr. 4 VG für die Bewertung mit einem GdB relevanten dauerhaft vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen feststellen. So steht nach den Berichten vom 24.06.2015 und vom 17.06.2015 (Bl. 74 der Senatsakte) die Wahrnehmung von Doppelbildern mit dem rechten Auge mit einer Abnahme des Umgebungsluftdrucks im Zusammenhang, so dass eine Doppelbildwahrnehmung nicht stetig vorhanden ist. Darüber hinaus besteht die Doppelbildwahrnehmung im Bereich des rechten Auges vornehmlich bei extremer Blickauslenkung. Auch das Bestehen entsprechender Beeinträchtigungen über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus ist nicht ersichtlich, nachdem der Kläger sich aufgrund der Problematik am 08.07.2015 einer Operation an der Kieferhöhle unterzogen hat (Bericht der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums F. vom 17.07.2015, Bl. 71/72 der Senatsakte).
Dass beim Kläger im Funktionssystem von Gehirn einschließlich Psyche dauerhaft bestehende Funktionsbeeinträchtigungen vorhanden sind, ist nicht festzustellen. Dass die nach erheblichen Komplikationen nach einer HNO-ärztlichen Operation am 18.09.2013 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus zu Beeinträchtigungen geführt haben, ist nicht ersichtlich. Zwar wurde im Bericht der Klinik am L. vom 21.03.2014 (Bl. 81/83 der Senatsakte) eine schwere depressive Episode diagnostiziert. Darüber hinaus liegen Berichte über psychische Störungen jedoch nicht vor. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Kläger diesbezüglich in fachärztlicher Behandlung befinden würde, so dass auch kein entsprechender Leidensdruck, der jedenfalls bei einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu erwarten wäre, festzustellen ist (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 – L 8 SB 1549/10, juris Rn. 31). Eine seelische Störung wurde vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Danach ist beim Kläger der Gesamt-GdB seit 17.10.2007 höchstens mit 30 und seit 31.08.2009 höchstens mit 40 festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des GdB im Funktionssystem der Beine (Funktionsbehinderung der rechten Sprunggelenks) ein Einzel-GdB von höchstens 30 und ab März 2013 im Funktionssystem der Atmung (Schlafapnoe-Syndrom) ein Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen, woraus sich kein höherer GdB als 40, der vom Beklagten bereits ab 31.08.2009 anerkannt ist, ergibt. Die (allenfalls) einen Einzel-GdB von 10 bedingenden Funktionsbeeinträchtigungen in den Funktionssystemen Rumpf (Wirbelsäule), Herz und Kreislauf (koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck) und Verdauung (Gallensteinen, Fettleber) erhöhen den GdB nicht. Selbst bei Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für ein seelisches Leiden ergäbe sich kein höherer Gesamt-GdB. Bei dem Kläger besteht keine schwerwiegende Behinderung. Zwar ist die Funktionsbehinderung des Sprunggelenks mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Das Bestehen entsprechender einen GdB von 30 rechtfertigender schwerwiegender Beeinträchtigungen konnte der Senat jedoch nicht feststellen. Nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 24.01.2014 – L 8 SB 211/13, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und Urteile vom 25.03.2011 – L 8 SB 4762/08 und vom 05.03.2010 – L 8 SB 5038/08, m.w.N., unveröffentlicht) ist es daher grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt. Diese vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bewerten sind.
Der 1967 geborene Kläger stellte beim Landratsamt E. - Kreissozialamt - Schwerbehindertenrecht - (LRA) am 17.10.2007 einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) aufgrund einer Gesundheitsstörung im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks und legte dazu medizinische Berichte [Bl. 5/23, 26 der Verwaltungsakten (VA)] sowie den Bescheid der Verwaltung-Berufsgenossenschaft vom 25.07.2007 (Bl. 24/25 VA), mit welchem die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 07.07.2006 abgelehnt wurde, vor.
Das LRA zog weitere Berichte (Bl. 27a/33 VA) bei und holte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. N. vom 25.11.2007 (Bl. 34/35 VA) ein, der nach Auswertung der medizinischen Unterlagen den GdB aufgrund der Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks mit 30 bewertete.
Mit Bescheid vom 04.12.2007 (Bl. 36/37 VA) stellte das LRA einen GdB von 30 seit 17.10.2007 fest.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 20.12.2007 Widerspruch ein, mit welchem er unter Berufung auf erhebliche Einschränkungen im gesamten rechten unteren Beinbereich und erhebliche chronische Schmerzen einen GdB von mindestens 50 geltend machte.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. K. vom 10.01.2008 (Bl. 44 VA), der eine ausreichende Würdigung eines chronischen Schmerzsyndroms in dem vergebenen GdB von 30 angab, wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2008 (Bl. 49/50 VA) zurück.
Am 29.02.2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG), die unter dem Aktenzeichen S 3 SB 1032/08 geführt wurde. Zur Begründung vertiefte er seine Ausführungen zur Widerspruchsbegründung und machte geltend, wegen beim Gehen entstehender blockierender Schmerzen gegenwärtig nicht längere Strecken als 300 bis 500 m zurücklegen zu können. Auch eine einfache Belastung – wie etwa das Tragen einer Aktentasche – sei nicht möglich. Aufgrund der sehr starken Schmerzen könne er nur einem Schwerbehinderten gleichgestellt werden.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. gab im Schreiben vom 07.07.2008 (Bl. 22 SG-Akte S 3 SB 1032/08) an, eine Festlegung des Schweregrades der Behinderung sei aufgrund der erst am 26.06.2008 erfolgten komplexen orthopädischen Operation am Sprunggelenk nicht möglich. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie H. teilte unter dem 04.07.2008 (Bl. 23/24 SG-Akte S 3 SB 1032/08) mit, er habe eine Anpassungsstörung vor dem Hintergrund beruflicher und privater Veränderungsprozesse und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung im Bereich des rechten Sprunggelenks diagnostiziert. Die Ärzte des O. Klinikums Dr. S. (Chefarzt der orthopädischen Klinik) und Dr. K. erachteten im Schreiben vom 29.07.2008 (Bl. 25/35 SG-Akte S 3 SB 1032/08) die GdB-Bewertung durch den Versorgungsarzt für zutreffend.
Um das Ergebnis der am 26.06.2008 erfolgten Operation abzuwarten, ordnete das SG mit Beschluss vom 06.11.2008 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an.
Am 31.08.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen, machte zur Begründung einen Herzinfarkt geltend und legte Krankenhausberichte vor (Bl. 62/68 VA) vor.
Das LRA zog ergänzend den Bericht der Rehabilitationsklinik vom 19.08.2009 (Bl. 70/78 VA) bei und holte die Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. K. ein, der nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen die Funktionsbeeinträchtigungen wie folgt bewertete: - Koronare Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation, Teil-GdB 20, - Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks, Teil-GdB 30, - Schlafapnoe-Syndrom, Teil-GdB 10. Den Gesamt-GdB bewertete er mit 40.
Dementsprechend stellte das LRA mit Bescheid vom 08.10.2009 den GdB mit 40 seit 31.08.2009 fest.
Am 03.04.2014 rief der Kläger das ruhende Klageverfahren S 3 SB 1032/08 wieder an, das unter dem Aktenzeichen S 18 SB 1622/14 fortgeführt wurde.
Das SG holte das orthopädische Gutachten des Dr. S. vom 09.07.2014 (Bl. 8/21 SG-Akte S 18 SB 1622/14) ein. Nach Untersuchung des Klägers am 04.07.2014 diagnostizierte der Gutachter fortgeschrittene arthrotische Veränderungen des rechten oberen Sprunggelenks sowie ein LWS-Syndrom mit leichter Osteochondrose und schätzte den GdB auf orthopädischem Fachgebiet mit 30 ein (Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks Teil-GdB 30, LWS-Syndrom Teil-GdB 10).
Mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2015 wies das SG die Klage ab.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 27.01.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.02.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Aufgrund der erheblichen Leistungseinschränkungen im Herz-Kreislauf-Apparat erscheine es notwendig, dass auch ein Gutachten von einem Facharzt für Innere Medizin eingeholt werde. Diesbezüglich habe noch keine Aufklärung stattgefunden. Es sei zu berücksichtigen, dass ertrotz des relativ jungen Alters bereits einen Herzinfarkt erlitten habe. Auch die Hypertonie sei nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.01.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 04.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2008 und in der Fassung des Bescheides vom 08.10.2009 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsbegehren werde nach dem aktenkundigen Gutachten zumindest auf orthopädischem Fachgebiet nicht unterstützt. Medizinische Unterlagen, die auf internistisch/kardiologischen Fachgebiet eine GdB-relevante Leistungsbeeinträchtigung bestätigen würden, lägen nicht vor.
Der Senat hat den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W.-S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt, der die Aufstellung über die gestellten Diagnosen vom 15.11.2015 (Bl. 53/56 der Senatsakte), die Aufstellung über die Inhalte der einzelnen Kontakte mit dem Kläger vom 15.07.2009 bis 14.09.2015 (Bl. 57/63 der Senatsakte), Laborbefunde (Bl. 29/52 der Senatsakte) und Berichte (Bl. 64/141 der Senatsakte) vorlegte.
Der Beklagte hatte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. R. vom 03.03.2016 (Bl. 150/151 der Senatsakte) vorgelegt.
Die Sach- und Rechtslage ist mit den Beteiligten durch die Berichterstatterin im der nichtöffentlichen Sitzung am 30.05.2016 erörtert worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 12.07.2016, Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14.07.2016).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 23.01.2015 die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 04.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2008 und in der Fassung des Bescheides vom 08.10.2009, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 ab 17.10.2007 und 40 ab 31.08.2009.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhalts-punkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau einen Gesamt-GdB von 50 oder von 40 vor dem 31.08.2009 nicht rechtfertigen.
Im Funktionssystem der Beine ist beim Kläger kein höherer Einzel-GdB als 30 festzustellen. Insoweit bestehen im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks zuletzt fortgeschrittene arthrotische Veränderungen, was der Senat dem Gutachten des Dr. S. vom 09.07.2014 entnimmt. Der GdB bei Schäden an den unteren Gliedmaßen ist nach Teil B Nr. 18.14 VG zu bestimmen. Danach ist bei einer Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung (Plantarflexion um 5° bis 15°) ein GdB von 20, bei einer Versteifung des unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung (Mittelstellung) ein GdB von 10, bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung ein GdB von 30, in ungünstiger Stellung ein GdB von 40 zu vergeben. Eine Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades bedingt keinen GdB, bei einer Bewegungseinschränkung mittleren Grades (Heben/Senken 0-0-30) beträgt der GdB 10, bei einer Bewegungseinschränkung stärkeren Grades 20. Eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk rechtfertigt einen GdB von bis zu 10. Ausgehend von der von Dr. S. erhobenen Sprunggelenksbeweglichkeit für Dorsalextension/Plantarflexion von 5/0/30° und für Eversion/Inversion von 10/0/10° ergibt sich nach den dargestellten Grundsätzen beim Kläger ein Teil-GdB von 10. Schwerwiegendere Bewegungseinschränkungen des rechten oberen Sprunggelenks sind auch in der Zeit vor der Begutachtung durch Dr. S. seit der Antragstellung nicht dokumentiert. Im Bericht der Orthopädischen Klinik des Kantonsspitals L. vom 12.06.2007 (Bl. 32/33 VA) ist eine mögliche Beweglichkeit von 5/0/40° für Dorsalextension/Plantarflexion angegeben, Dipl.-Med. W. hat am 14.11.2007 eine Beweglichkeit von 10/0/40 angegeben (Bericht vom 14.11.2007, Bl. 17a/27b VA). Schwerwiegende funktionelle Einschränkungen kann der Senat auch darüber hinaus nicht feststellen. Der Gutachter hat nur eine leicht verminderte Abrollbewegung des rechten Fußes festgestellt. Dazu passt auch das vom Gutachter beobachtete nur dezent hinkende Gangbild. Metatarsalgien hat der Gutachter nicht erhoben, ebenso keine sensiblen oder motorischen Ausfälle. Auch die Durchblutung war intakt. Zehen- und Fersengang sowie Einbeinstand waren nach dem Gutachten des Dr. Schmidt sicher durchführbar. Die in Höhe des Außenknöchels bestehende Umfangsmehrung von 2 cm gegenüber dem linken Sprunggelenk begründet im Vergleich zu den Bewertungsgrundsätzen bei Vorliegen eines Lymphödems (vgl. Teil B Nr. 9.2.3 VG), wonach erst bei einer Umfangsmehrung um mehr als 3 cm ein GdB von wenigstens 20 in Betracht kommt, allein nicht die Annahme eines höheren GdB. Gegen schwerwiegende Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Sprunggelenks sprechen die von Dr. S. beschriebene seitengleiche Beschwielung der Füße, die beidseitig gleichmäßig abgelaufenen Schuhe des Klägers und das Nichtvorliegen einer Umfangsminderung des rechten Beines gegenüber dem linken, was nicht auf eine relevante Schonung des rechten Beines hinweist. Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geklagten Schmerzen und der eingeschränkten Gehstrecke die Annahme eines Teil-GdB von 30, der bereits einer Versteifung von oberem und unterem Sprunggelenk in günstiger Stellung entspricht, keinesfalls gerechtfertigt. Zugunsten des Klägers belässt es der Senat nominell bei dem vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB, der aber nicht voll ausgefüllt ist.
Im Funktionssystem Rumpf führt eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule jedenfalls nicht zu einem höheren GdB als 10. Der Gutachter Dr. S. hat ein LWS-Syndrom mit leichter Osteochondrose diagnostiziert. Der GdB für Wirbelsäulenschäden ist nach Teil B Nr. 18.9 VG zu bemessen. Danach bedingen Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität keinen GdB, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 10. Aus den von Dr. S. erhobenen Bewegungsmaßen für die Wirbelsäule ergeben sich keine relevanten Bewegungseinschränkungen. Der Finger-Boden-Abstand betrug 0 cm, der Ott wurde mit 30/34 cm, der Schober mit 10/15 cm ermittelt. Seitneigen rechts/links ergab eine Beweglichkeit von Brust- und Lendenwirbelsäule von 40/0/30°. Nach den Feststellungen des Gutachters bestehen nur dezente Beschwerden ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. In den Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule zeigten sich nur beginnende degenerative Veränderungen. Sensible oder motorische Ausfallerscheinungen lagen nicht vor. Danach bestehen nicht mehr als geringe funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden der Lendenwirbelsäule.
Im Funktionssystem von Herz und Kreislauf bestehen beim Kläger ein Zustand nach abgelaufenem Herzinfarkt und ein Bluthochdruck, die keinen höheren Einzel-GdB als 10 bedingen.
Die koronare Eingefäßerkrankung des Klägers bedingt keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach Teil B Nr. 9.1.3 VG ist der GdB nach einem Herzinfarkt von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Die Einschränkung der Herzleistung ist nach Teil B Nr. 9.1.1 VG zu bewerten. Danach ist ein GdB von 0 bis 10 vorgesehen, wenn keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit) auftritt und keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung vorliegt. Ein GdB von 20 bis 40 ist erst anzunehmen bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit) sowie Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten). Derartige Beeinträchtigungen sind beim Kläger nicht festzustellen. Schon nach dem am 07.07.2009 erlittenen Herzinfarkt war bereits am 28.07.2009 im Rahmen eines Belastungs-EKG eine Belastung bis 150 W ohne Auftreten belastungsinduzierter Herzrhythmusstörungen, Ischämiezeichen oder pectanginösen Beschwerden möglich (Bericht der Medizin A. S. Klinik vom 19.08.2009, Bl. 70/78 VA). In der Folgezeit sind jeweils mögliche Ergometerbelastungen bis 175 bzw. 200 Watt ohne Nachweis einer Belastungskoronarinsuffizienz beschrieben (Berichte des Dr. R. vom 05.02.2010, vom 24.11.2010, vom 23.09.2011, vom 26.06.2012, vom 04.01.2013 und vom 18.07.2013 sowie des Dr. K. vom 25.06.2015, Bl. 119, 108/109, 106/107, 103/104, 101/102, 86, 64/69 der Senatsakte). Bei einer Koronarangiographie am 04.06.2013 zeigte sich eine normale linksventrikuläre Funktion. Bei einer neu aufgetretenen 70-%igen RIVA-Stenose erfolgte eine erfolgreiche RIVA-PTCA mit gutem Ergebnis (Bericht der Medizinischen Klinik des O. Klinikums vom 04.06.2013, Bl. 92/96 der Senatsakte). Eine relevante Leistungsbeeinträchtigung der Herzleistung kann damit nicht festgestellt werden.
Auch der Bluthochdruck bedingt keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Nach Teil B Nr. 9.3 VG führt die leichte Form der Hypertonie ohne oder mit nur geringer Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) zu einem GdB von 0 bis 10, die mittelschwere Form der Hypertonie mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung zu einem GdB von 20 bis 40. Aus dem Bericht des Dr. K. vom 25.06.2015 ergibt sich nur eine beginnende Linksherzvergrößerung. Augenhintergrundveränderungen sind nicht ersichtlich. Im Bericht der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums F. vom 24.06.2015 (Bl. 73 der Senatsakte) wird der Augenhintergrund beider Augen als unauffällig beschrieben. Ein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg ist aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht herzuleiten. Vielmehr wird der Blutdruck als medikamentös eingestellt angegeben. Den Berichten sind diastolische Blutdruckwerte zwischen 75 und 90 mmHg zu entnehmen.
Ein höherer Einzel-GdB als 10 im Funktionssystem von Herz und Kreislauf ergibt sich danach nicht.
Im Funktionssystem der Atmung bedingt das Schlafapnoe-Syndrom ab März 2013 einen Teil-GdB von 20. Nach Teil B Nr. 8.7 VG führt ein Schlafapnoe-Syndrom (Nachweis durch Untersuchung im Schlaflabor) ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung zu einem GdB von 0 bis 10, mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung zu einem GdB von 20 und bei nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung zu einem GdB von 50. Beim Kläger wurde am 01.03.2013 ein Schlafapnoe-Syndrom festgestellt und die Einleitung einer CPAP-Therapie empfohlen (Bericht des Dr. T. vom 06.03.2013, Bl. 99/100 der Senatsakte). Im Rahmen einer CPAP-Therapiekontrolle am 10.04.2013 wurde die Therapie optimiert (Bericht des Dr. T. vom 18.04.2013, Bl. 97/98 der Senatsakte), wobei diese noch nicht optimal eingestellt werden konnte. Es wurde die Vermeidung von Schlafpositionen in Rückenlage und alternativ die Erhöhung des CPAP-Drucks empfohlen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung, nicht aber eine Undurchführbarkeit einer nasalen Überdruckbeatmung.
Das beim Kläger ausweislich der Berichte der Medizinischen Klinik des O. Klinikums vom 30.05.2014 (Bl. 79/80 der Senatsakte) und des Dr. Klatt vom 25.06.2015 aufgetretene Gallensteinleiden (Cholezystolithiasis) bedingt jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10. Gallenblasen- und Gallenwegskrankheiten (Steinleiden, chronisch rezidivierende Entzündungen) mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten bzw. Entzündungen in Abständen von Jahren sind nach Teil B Nr. 10.3.5 VG mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Ein GdB von 20 bis 30 ist erst bei Auftreten häufigerer Koliken und Entzündungen sowie mit Intervallbeschwerden vorgesehen. Im Bericht des Dr. K. vom 25.06.2015 ist das Auftreten von drei Gallenkoliken seit Oktober 2014 aufgeführt. Zudem seien jetzt auch Zeichen einer abgelaufenen Gallenwandentzündung zu sehen. Danach sind zwar Koliken in Abständen von mehreren Monaten und auch eine Entzündung aufgetreten, was einen GdB von 10 rechtfertigt. Häufigere Koliken und Entzündungen können aus den vorliegenden Unterlagen jedoch nicht hergeleitet werden. Der Kläger hat entsprechende Beeinträchtigungen auch nicht geltend gemacht.
GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund einer Fettleber (vgl. Bericht des Dr.K ... vom 25.06.2015) sind nicht ersichtlich. Nach Teil B Nr. 10.3.3 VG bedingt eine Fettleber (auch nutritiv-toxisch) ohne Mesenchymreaktion nur einen GdB von 0 bis 10.
Ein Nierensteinleiden, welches Dr. K. im Bericht vom 25.06.2015 angegeben hat, führt ohne beim Kläger ersichtliche Funktionseinschränkungen der Niere nicht zu einem GdB (vgl. Teil B Nr. 12.1.1 VG).
Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die einen GdB von wenigstens 10 bedingen, kann der Senat nicht feststellen.
Insbesondere lassen sich aus den Berichten der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums F. keine nach Teil B Nr. 4 VG für die Bewertung mit einem GdB relevanten dauerhaft vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen feststellen. So steht nach den Berichten vom 24.06.2015 und vom 17.06.2015 (Bl. 74 der Senatsakte) die Wahrnehmung von Doppelbildern mit dem rechten Auge mit einer Abnahme des Umgebungsluftdrucks im Zusammenhang, so dass eine Doppelbildwahrnehmung nicht stetig vorhanden ist. Darüber hinaus besteht die Doppelbildwahrnehmung im Bereich des rechten Auges vornehmlich bei extremer Blickauslenkung. Auch das Bestehen entsprechender Beeinträchtigungen über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus ist nicht ersichtlich, nachdem der Kläger sich aufgrund der Problematik am 08.07.2015 einer Operation an der Kieferhöhle unterzogen hat (Bericht der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums F. vom 17.07.2015, Bl. 71/72 der Senatsakte).
Dass beim Kläger im Funktionssystem von Gehirn einschließlich Psyche dauerhaft bestehende Funktionsbeeinträchtigungen vorhanden sind, ist nicht festzustellen. Dass die nach erheblichen Komplikationen nach einer HNO-ärztlichen Operation am 18.09.2013 aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus zu Beeinträchtigungen geführt haben, ist nicht ersichtlich. Zwar wurde im Bericht der Klinik am L. vom 21.03.2014 (Bl. 81/83 der Senatsakte) eine schwere depressive Episode diagnostiziert. Darüber hinaus liegen Berichte über psychische Störungen jedoch nicht vor. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Kläger diesbezüglich in fachärztlicher Behandlung befinden würde, so dass auch kein entsprechender Leidensdruck, der jedenfalls bei einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu erwarten wäre, festzustellen ist (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 – L 8 SB 1549/10, juris Rn. 31). Eine seelische Störung wurde vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Danach ist beim Kläger der Gesamt-GdB seit 17.10.2007 höchstens mit 30 und seit 31.08.2009 höchstens mit 40 festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des GdB im Funktionssystem der Beine (Funktionsbehinderung der rechten Sprunggelenks) ein Einzel-GdB von höchstens 30 und ab März 2013 im Funktionssystem der Atmung (Schlafapnoe-Syndrom) ein Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen, woraus sich kein höherer GdB als 40, der vom Beklagten bereits ab 31.08.2009 anerkannt ist, ergibt. Die (allenfalls) einen Einzel-GdB von 10 bedingenden Funktionsbeeinträchtigungen in den Funktionssystemen Rumpf (Wirbelsäule), Herz und Kreislauf (koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck) und Verdauung (Gallensteinen, Fettleber) erhöhen den GdB nicht. Selbst bei Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für ein seelisches Leiden ergäbe sich kein höherer Gesamt-GdB. Bei dem Kläger besteht keine schwerwiegende Behinderung. Zwar ist die Funktionsbehinderung des Sprunggelenks mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Das Bestehen entsprechender einen GdB von 30 rechtfertigender schwerwiegender Beeinträchtigungen konnte der Senat jedoch nicht feststellen. Nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 24.01.2014 – L 8 SB 211/13, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und Urteile vom 25.03.2011 – L 8 SB 4762/08 und vom 05.03.2010 – L 8 SB 5038/08, m.w.N., unveröffentlicht) ist es daher grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt. Diese vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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