L 9 R 2008/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 5500/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2008/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. April 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 4.473 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Erhebung von Säumniszuschlägen für verspätetet entrichtete Nachversicherungsbeiträge.

Der Versicherte stand vom 01.10.1976 bis 30.09.1988 als Soldat auf Zeit im Dienst der Klägerin. Bereits ab 29.08.1988 war er zur Durchführung einer Fachausbildung unter Fortzahlung der Dienstbezüge vom militärischen Dienst freigestellt und als Beamtenanwärter beim R. beschäftigt. Nach bestandener Prüfung wurde er dort nahtlos in ein versicherungsfreies Beamtenverhältnis zunächst auf Probe, später auf Lebenszeit übernommen.

Am 02.01.1990 erstellte die Klägerin eine Bescheinigung über den Aufschub der Nachversicherung gemäß § 125 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und versandte diese an die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin, wo sie ausweislich des dortigen Eingangsstempels am 12.02.1990 einging. Darüber hinaus wurde auch dem Versicherten eine Mehrfertigung der Aufschubbescheinigung ausgehändigt.

Mit Wirkung zum 31.12.2007 schied der Versicherte aus seinem Dienstverhältnis mit dem R. ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung aus.

Die für Versorgung zuständige Rheinische Versorgungskasse erstellte am 25.03.2008 eine Nachversicherungsbescheinigung für die Zeit vom 01.09.1988 bis 31.12.2007 und sandte diese an die Nachfolgerin der BfA, die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund). Nachdem die Zuständigkeit der BfA für die Führung des betreffenden Versicherungskontos 1996 geendet hatte, leitete die DRV Bund das Schreiben an die nunmehr zuständige Beklagte weiter, welche in der Folge die Nachversicherung für die Beschäftigungszeit beim R. durchführte.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15.09.2008 das Ausscheiden des Versicherten aus der Beschäftigung beim R. zum 31.12.2007 und die Durchführung der Nachversicherung für die dortige Beschäftigungszeit mit und bat um Prüfung, ob der Versicherte nunmehr auch für die Zeit vom 01.10.1976 bis 30.09.1988 nachzuversichern sei.

Am 02.10.2008 erstellte die Klägerin eine Nachversicherungsbescheinigung über einen Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 63.923,11 Euro. Die Bescheinigung ging am 08.10.2008 bei der Beklagten ein, die Zahlung am 10.10.2008. Der Nachversicherungsbescheid wurde am 17.06.2009 erteilt.

Nach vorheriger Anhörung erhob die Beklagte mit Bescheid vom 24.07.2009 auf die von der Klägerin gezahlten Nachversicherungsbeiträge Säumniszuschläge für sieben Monate (April bis Oktober 2008) i.H.v. 4.473 Euro. Zur Begründung führte sie aus, der Aufschubgrund sei am 31.12.2007 mit dem unversorgten Ausscheiden des Versicherten aus dem zweiten versicherungsfreien Dienstverhältnis entfallen. Die Durchführung der Nachversicherung sei Aufgabe der Klägerin als Nachversicherungsschuldnerin, der sie ohne Aufforderung seitens des Rentenversicherungsträgers nachzukommen habe. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, hätte die Klägerin das Weiterbestehen des Aufschubgrundes überwachen müssen. Die Nachversicherungsbeiträge seien zum 01.01.2008 fällig geworden, die Zahlung erst am 10.10.2008 erfolgt. Unter Beachtung der in § 184 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelten Drei-Monats-Frist für die Entscheidung über den Aufschub der Nachversicherung liege somit für den Zeitraum vom 01.04.2008 bis 10.10.2008 eine säumige Beitragszahlung vor.

Die Klägerin erhob Widerspruch und wies darauf hin, dass sie mangels früherer Mitteilung über das Ausscheiden des Versicherten aus der versicherungsfreien Folgebeschäftigung zum 31.12.2007 durch den Versicherten selbst oder die Beklagte eine Nachversicherungspflicht nicht hätte erkennen können. Die Nachversicherung sei innerhalb der Drei-Monats-Frist nach der Mitteilung der Beklagten vom 15.09.2008 durchgeführt worden. Eine selbstverschuldete Säumnis oder gar ein vorsätzliches Vorenthalten von Nachversicherungsbeiträgen liege nicht vor Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2011 zurück.

Am 21.09.2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie habe im Sinne des § 24 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht gehabt. Erst mit der Mitteilung der Beklagten vom 15.09.2008 habe sie erkennen können, dass der Versicherte nicht in ein weiteres versicherungsfreies Verhältnis oder eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewechselt sei und damit der Nachversicherungsfall eingetreten sei. Die Nachversicherung sei daraufhin unverzüglich erfolgt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Allein der Arbeitgeber habe zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Nachversicherung eingetreten seien. Der Arbeitgeber habe hierbei zu überwachen, ob ein Aufschubgrund wegfalle. Wie diese Überwachung zu organisieren sei, falle in die Sphäre der Klägerin. Dies könne z.B. durch regelmäßiges Nachfragen bei dem Versicherten, der Zweitbehörde oder durch Auferlegen von Mitteilungspflichten erfolgen.

Mit Urteil vom 21.04.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.08.2011 aufgehoben. Die Klage sei als reine Anfechtungsklage zulässig und begründet. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei § 24 Abs. 1 SGB IV, wonach für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt habe, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen sei. Diese Vorschrift sei auch bei verspäteter Beitragszahlung in Nachversicherungsfällen anwendbar, was durch die mit Wirkung zum 01.01.2008 eingefügten Sätze 2 und 3 des § 184 Abs. 1 SGB VI ausdrücklich klargestellt worden sei. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV sei ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt werde, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Vorliegend sei eine unverschuldete Unkenntnis der Klägerin von der Zahlungspflicht gegeben. Weder eine Kenntnis vom Nachversicherungsfall des Versicherten des seinerzeit bei der Klägerin zuständigen Amtswalters sei vorgetragen noch ersichtlich, noch liege ein die unverschuldete Unkenntnis ausschließendes Organisationsverschulden der Klägerin vor. Die Klägerin habe die Frage des Aufschubs der Nachversicherung im Zeitpunkt des Ausscheidens des Versicherten zum 30.09.1988 ordnungsgemäß geprüft und auch zutreffend bejaht. Ein Arbeitgeber, der ordnungsgemäß einen Aufschubgrund nach § 184 Abs. 2 SGB VI bejahe und hierüber eine Aufschubbescheinigung an die Rentenversicherung sende, sei im Nachgang grundsätzlich nicht verpflichtet, das Fortbestehen des Aufschubgrundes fortwährend zu überwachen. Hierzu nehme die Kammer Bezug auf Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 17.04.2013 - L 2 R 4/13, des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2009 - L 3 R 106/09 sowie des LSG Hamburg vom 14.05.2013 - L 3 R 29/13. Soweit sich die Beklagte auf eine Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 17.05.2013 - L 4 R 2044/10 - berufe, liege keine vergleichbare Sachverhaltskonstellation vor. Denn vorliegend habe der Versicherte tatsächlich eine versicherungsfreie Tätigkeit im Anschluss an seine Dienstzeit bei der Klägerin aufgenommen und bis zum Ausscheiden als Beamter auf Lebenszeit ausgeübt. Ein Verschulden der Klägerin sei auch nicht darin zu sehen, dass diese die Aufschubbescheinigung an die damalige BfA und nicht an die Beklagte versandt habe. Die BfA habe den Eingang der Bescheinigung am 12.02.1990 bestätigt. Die Beklagte habe auch Kenntnis von dieser Bescheinigung gehabt, wie sich ihrem Schreiben vom 15.09.2008 entnehmen lasse.

Hiergegen richtet sich die am 12.05.2015 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie trägt vor, eine unverschuldete Unkenntnis der Klägerin von der Zahlungspflicht sei ausgeschlossen aufgrund von Organisationsverschulden der Klägerin. Sie hat zunächst vorgetragen, ein solches Organisationsverschulden liege zum einen in der Versendung der Aufschubbescheinigung vom 02.01.1990 an die damalige BfA als unzuständigen Träger der Rentenversicherung. Die Beklagte selbst als zuständiger Träger der Rentenversicherung habe von der Erteilung der Aufschubbescheinigung erst mit der Nachversicherungsbescheinigung des Rhein-Sieg-Kreises vom 25.03.2008 Kenntnis erlangt. Die Klägerin als öffentlich-rechtlicher Träger hätte aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen müssen, dass die Aufschubbescheinigung an den sachlich zuständigen Rentenversicherungsträger übersandt werde. Welcher Rentenversicherungsträger das Versicherungskonto führe und damit für die Durchführung der Nachversicherung zuständig sei, lasse sich den beiden ersten Ziffern der Versicherungsnummer entnehmen. Diese ließen vorliegend die Zuständigkeit der Beklagten erkennen. Dass die Klägerin dies nicht berücksichtigt habe, gehe zu ihren Lasten. Zum anderen liege ein Organisationsverschulden der Klägerin darin, dass sie nach Erteilen der Aufschubbescheinigung die weitere Kontrolle und Überwachung der durchzuführenden Nachversicherung unterlassen habe.

Im weiteren Verlauf hat die Beklagte eingeräumt, dass der Vorwurf der Versendung der Aufschubbescheinigung an einen unzuständigen Rentenversicherungsträger nicht mehr aufrecht erhalten bleiben könne, da erst am 09.10.1996 ein Zuständigkeitswechsel von der damaligen BfA auf die Klägerin erfolgt ist.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des SG für zutreffend. Überdies gehe aus der Verwaltungsakte der Beklagten hervor, dass der Dienstherr der letzten versicherungsfreien Beschäftigung des Versicherten bereits am 11.04.2008 die Nachversicherungsbeiträge gezahlt habe. Dies belege weiter, dass die Beklagte sie mit dem Schreiben vom 15.09.2008 erst verspätet vom Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen unterrichtet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist die Berufung auch statthaft. Es liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 N 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vor (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 N 5 m.w.N.), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10.000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 N 1 SGG von 750 Euro ist überschritten. Die Beklagte begehrt die Zahlung von 4.473 Euro.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des SG vom 21.04.2015 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.08.2011 aufgehoben, da dieser rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, die streitigen Säumniszuschläge auf verspätet entrichtete Nachversicherungsbeiträge zu leisten. Zwar liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch der Beklagten auf Erhebung der Säumniszuschläge grundsätzlich vor. Sie sind aber gleichwohl nicht zu erheben, weil die Klägerin einen Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungspflicht glaubhaft gemacht hat.

1. Die grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch der Beklagten auf Erhebung der Säumniszuschläge liegen vor.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins v.H. des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Nach § 184 Abs. 1 Satz 2 SGB VI gilt § 24 SGB IV für die Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen mit der Maßgabe, dass die Säumnis drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit beginnt.

Beiträge im Sinne des § 24 SGB IV sind auch die Nachversicherungsbeiträge (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 13 RJ 28/03 R - Juris). Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die Klägerin als ehemalige Dienstherrin des Versicherten. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl BSG, Urteile vom 12.02.2004 - a.a.O. und vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16).

Der Versicherte war nach den Regelungen des SGB VI nachzuversichern.

Nach § 233 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden Personen, die vor dem 01.01.1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach dem jeweils geltenden, dem § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 N 2, § 230 Abs. 1 N 1 und 3 oder § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren, weiterhin nach den bisherigen Vorschriften nachversichert, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind. Nach § 277 Abs. 1 Satz 1 SGB VI richtet sich die Durchführung der Nachversicherung von Personen, die vor dem 01.01.1992 aus einer nachversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeschieden sind und bis zum 31.12.1991 nicht nachversichert worden sind, nach den vom 01.01.1992 an geltenden Vorschriften. Der Versicherte schied zwar am 30.09.1988 und damit vor dem 01.01.1992 aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Klägerin als Soldat auf Zeit ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus. Die Nachversicherung musste aber damals deshalb nicht durchgeführt werden, weil der Versicherte mit dem Eintritt in den Dienst des Rhein-Sieg-Kreises nahtlos erneut eine versicherungsfreie Beschäftigung aufnahm mit der Folge, dass nach § 125 AVG die Beitragsentrichtung aufgeschoben wurde. Die vor dem 01.01.1992 erteilte Aufschubbescheinigung blieb wirksam (vgl. § 277 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Der Übergang in ein versicherungsfreies Beamtenverhältnis auf Probe stellte auch unter Geltung des SGB VI einen Grund für den Aufschub der Beitragszahlung dar, § 184 Abs. 2 Satz 1 N 2 SGB VI). Dieser Aufschubgrund fiel erst mit dem unversorgten Ausscheiden des Versicherten aus dem Folgedienstverhältnis zum 31.12.2007 weg.

Gemäß § 8 Abs. 2 SGB VI werden Beamte nachversichert, wenn sie ohne Versorgung aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden und ein Grund für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben ist. Die Beiträge sind gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Beitragszahlung wird gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 SGB VI aufgeschoben, wenn die Beschäftigung nach einer Unterbrechung, die infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist, voraussichtlich wieder aufgenommen wird (N 1), eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wird, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit besteht oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, sofern der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt wird (N 2) oder eine widerrufliche Versorgung gezahlt wird, die der aus einer Nachversicherung erwachsenden Rentenanwartschaft mindestens gleichwertig ist (N 3). Der Aufschub der Beitragszahlung erstreckt sich in den Fällen des Satzes 1 N 1 und 2 gemäß Satz 2 der Regelung auch auf die Zeit der wiederaufgenommenen oder anderen Beschäftigung und endet mit einem Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen für diese Beschäftigungen.

Die Nachversicherungsbeiträge waren am 01.01.2008 fällig. Denn nach § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind die Beiträge zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Voraussetzungen der Nachversicherung liegen grundsätzlich am Tag nach dem unversorgten Ausscheiden vor und der Anspruch auf die Beiträge der Nachversicherung wird sofort fällig (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.1997 - 4 RA 107/95 - Juris), im vorliegenden Fall mithin am 01.01.2008. Die Nachversicherungsbeiträge sind erst am 10.10.2008, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

2. Säumniszuschläge sind aber nicht zu erheben, da die Klägerin glaubhaft gemacht hat, unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben.

Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Unabhängig davon, ob der unverschuldeten Unkenntnis sowohl fahrlässiges als auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entgegensteht (so BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 13 R 67/09 R - Juris) oder ob hierbei auf die Maßstäbe zurückzugreifen ist, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (so BSG, Urteil vom 26.01.2005 - B 12 KR 3/04 R - Juris) schließt bei Körperschaften des öffentlichen Rechts das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog. Organisationsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV jedenfalls aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 13 R 67/09 R - Juris).

Die Mitarbeiter der Klägerin haben erstmals durch das Schreiben der Beklagten vom 15.09.2008 vom unversorgten Ausscheiden des Versicherten aus dem Folgedienstverhältnis zum 31.12.2007 und damit vom Wegfall des Aufschubgrundes erfahren. Die frühere Unkenntnis ist weder auf ein fahrlässiges noch vorsätzliches Verhalten eines oder mehrerer Mitarbeiter noch auf das Außerachtlassen notwendiger organisatorischer Vorkehrungen zurückzuführen.

Der zunächst von der Beklagten erhobene Vorwurf eines Organisationsverschuldens der Klägerin in Form der Versendung der Aufschubbescheinigung an einen unzuständigen Versicherungsträger ist unzutreffend und wird zuletzt auch von der Beklagten nicht mehr aufrechterhalten. Denn zum maßgeblichen Zeitraum der Erstellung und Versendung der Aufschubbescheinigung durch die Klägerin im Januar 1990 war die BfA als kontoführender Rentenversicherungsträger für die Nachversicherung zuständig. Soweit die Beklagte geltend macht, sie selbst habe nicht bereits mit der Übernahme der Kontoführung im Oktober 1996, sondern erst durch Übersendung der Aufschubbescheinigung durch den Rhein-Sieg-Kreis zusammen mit dessen Nachversicherungsbescheinigung vom 25.03.2008 bzw. durch deren Vorlage durch den Versicherten bei ihr am 23.05.2008 Kenntnis von dieser erlangt, kann dies nicht als Organisationsverschulden der Klägerin angelastet werden, sondern deutet eher auf eine unvollständigen Aktenübergabe von der BfA an die Beklagte beim Zuständigkeitswechsel hin.

Auch ein sonstiges Organisationsverschulden der Klägerin liegt nicht vor. Insbesondere kann der Klägerin nicht die fehlende Überwachung des Fortbestehens des Aufschubgrundes vorgeworfen werden. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Nachversicherungsschuldners, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass er die notwendige Kenntnis von den Tatsachen, die für eine Nachversicherung von Bedeutung sind, erhält. Das Nachversicherungsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass es grundsätzlich allein der Nachversicherungsschuldner in der Hand hat, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Unterrichtet nicht ausnahmsweise der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Rentenversicherungsträger, wozu er generell nicht verpflichtet ist, ist der Rentenversicherungsträger rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel darauf angewiesen, dass der Nachversicherungsschuldner von sich aus die Nachversicherungsbeiträge ermittelt, zahlt und eine entsprechende Bescheinigung erteilt. Bei Verletzung dieser Pflicht bleibt dem Gläubiger sein Beitragsanspruch mit der Folge unbekannt, dass er zulasten der Versichertengemeinschaft von der Geltendmachung seines Anspruchs sowie von sonstigen verjährungshemmenden Handlungen abgehalten wird (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.2012 - B 5 R 88/11 R - m.w.N., Juris). Dies wird auch in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen jeweils ausgeführt. Allerdings beziehen sich diese Ausführungen jeweils auf Fälle, in denen bereits keine Aufschubbescheinigung erteilt wurde bzw. eine solche erteilt wurde, obwohl kein Aufschubgrund vorlag (insbesondere die von der Beklagten benannten Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 17.05.2013 - L 4 R 2044/10 - und vom 09.04.2014 - L 5 R 1721/13 - jeweils zwischen den Beteiligten ergangen, sowie vom 17.07.2015 - L 4 R 164/13 - Juris).

Vorliegend ist der Sachverhalt aber anders gelagert. Die Klägerin hatte zutreffend aufgrund des nahtlosen Übergangs des Versicherten in das Dienstverhältnis beim Rhein-Sieg-Kreis einen Aufschubgrund angenommen, zurecht eine entsprechende Aufschubbescheinigung erstellt und diese dem zuständigen Rentenversicherungsträger übersandt, wo diese auch eingegangen ist. Gleichzeitig wurde der Versicherte, wie von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, aufgefordert, etwaige Änderungen in seinen Verhältnissen, wozu auch das Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bei seinem neuen Dienstherrn gehört, der Klägerin mitzuteilen. Nachdem einerseits ein Aufschubgrund vorlag und bescheinigt war, andererseits der zuständige Versicherungsträger zutreffend hierüber informiert und der Versicherte zur Mitteilung etwaiger Änderungen aufgefordert worden war, bestand - wie auch der tatsächliche Geschehensablauf zeigt - vorliegend gerade nicht die Gefahr, dass der Beklagten der Beitragsanspruch unbekannt geblieben wäre. Die Klägerin hatte insbesondere auch nicht auf der Grundlage unkonkreter Angaben des Versicherten einen Aufschubgrund angenommen, ohne dessen Vorliegen in der Folge zu überprüfen. Vielmehr bestanden für die Klägerin gerade keine Anhaltspunkte für den Wegfall des Aufschubgrundes, durch die sie sich zu einer Prüfung dessen Fortbestandes hätte veranlasst sehen müssen. Die Klägerin war in einer solchen Situation nicht verpflichtet, über Jahrzehnte ohne Anlass nachzuprüfen, ob tatsächlich das Folgedienstverhältnis und damit der Aufschubgrund noch bestand. Erster Anhaltspunkt für den Wegfall des Aufschubgrundes war für die Klägerin daher die Mitteilung der Beklagten vom 15.09.2008. Auf diese hat die Klägerin aber unverzüglich reagiert und die Nachversicherung innerhalb eines Monats durchgeführt. Es lag in der Hand der Beklagten, bereits nach Erhalt der Nachversicherungsbescheinigung der Rheinischen Versorgungskassen vom 25.03.2008, spätestens jedoch nach der (nochmaligen) Vorlage der Aufschubbescheinigung durch den Versicherten am 23.05.2008, die Klägerin über das Ende des Folgedienstverhältnisses zu informieren und ihr damit die Möglichkeit zu geben, die Nachversicherungsbeiträge zeitnäher zu entrichten (vgl. auch Liebich in Hauck/Noftz SGB, 08/13, § 184 SGB VI, Rn. 26 a.E., der allerdings nur von einer sinngemäßen Anwendung des § 24 Abs. 2 SGB VI ausgeht: "Lediglich in Fällen, in denen der Arbeitgeber in einer Aufschubkette nicht der letzte Dienstherr und deshalb auf Hinweise des Rentenversicherungsträgers, des letzten Arbeitgebers oder des früheren Beschäftigten zum Wegfall des Aufschubgrundes und zum Eintritt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge angewiesen ist, sollte in sinngemäßer Anwendung des § 24 Abs. 2 SGB IV ein Säumniszuschlag nicht erhoben werden, wenn die Beiträge dieses Arbeitgebers später als drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit gezahlt wurden. Es dürfte jedoch dem Sinn der Regelung entsprechen, wenn der Rentenversicherungsträger einen Säumniszuschlag bei einem Beitragseingang später als drei Monate nach Kenntnis des Arbeitgebers von seiner Beitragspflicht geltend macht.")

Mithin ist die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, weil die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Beklagten waren gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufzuerlegen, weil sie mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg hatte.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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