Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 3068/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4149/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.08.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des auf Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von PD Dr. W. vom 11.04.2016 sowie seine baren Auslagen selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bewerten sind.
Bei dem 1960 geborenen Kläger, italienischer Staatsangehöriger, ist ein GdB von 30 seit März 1994 aufgrund einer Funktionsminderung der Wirbelsäule bei rezidivierenden Lumboischialgien mit sensomotorischen Ausfällen L4/L5 links festgestellt [Bescheid vom 27.09.1994, Bl. 31 der Verwaltungsakten (VA)].
Nachdem mehreren Anträgen auf Neufeststellung des GdB nicht entsprochen worden war, beantragte der Kläger am 29.05.2012 beim Landratsamt R.-M.-Kreis – FB Schwerbehindertenrecht – (LRA) erneut die Erhöhung des GdB. Zur Begründung führte er belastungsbedingte Schmerzen im Knie links, Gastritis, Depression seit ca. 20 Jahren, Suchterkrankung, Konzentrationsstörung, Vergesslichkeit, Schwindel und Kopfschmerzen an.
Das LRA zog die Berichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 30.11.2011 (Diagnosen: Leichte depressive Episode, Somatisierungsstörung, Bl. 163 VA), den ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 über die Rehabilitationsmaßnahme vom 22.03.2012 bis 12.07.2012 (Bl. 169/175 VA = Bl. 57/69 SG-Akte) und den Bericht des Orthopäden Riegel vom 05.11.2012 (Bl. 182/183 VA) bei.
Das LRA holte die Stellungnahme des Versorgungsarztes K. vom 18.11.2012 (Bl. 185/186 VA) ein. Dieser bewertete die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers wie folgt: - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20), - Depression, funktionelle Organbeschwerden, psychovegetative Störungen (Teil-GdB 20. Die Gesundheitsstörungen Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, chronische Magenschleimhautentzündung, Alkoholkrankheit bewirkten keine Funktionsbeeinträchtigung. Den Gesamt-GdB bewertete der Versorgungsarzt mit 30.
Mit Bescheid vom 21.11.2012 (Bl. 187/188 VA) lehnte des LRA den Antrag auf Neufeststellung des GdB ab.
Dagegen legte der Kläger am 20.12.2012 Widerspruch ein. Sowohl die orthopädischen Einschränkungen als auch die Depression hätten ein Ausmaß erreicht, dass mittlerweile ein GdB von 50 erreicht sei. Ergänzend legte der Kläger den Bericht der Rems-Murr-Klinik Schorndorf vom 28.12.2012 (Diagnose: Rheuma-Schub, Bl. 192 VA) vor. Das LRA zog des weiteren Berichte des Orthopäden Dr. R. (Bl. 199, 202 VA) bei.
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. S. in der Stellungnahme vom 08.04.2013 (Bl. 204/205 VA) weiterhin keine wesentliche Änderung bestätigte, wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2013 (Bl. 207/209 VA) den Widerspruch zurück.
Am 31.05.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er sei aufgrund einer Vielzahl sich gegenseitig verstärkenden Einschränkungen schwerbehindert. Im Übrigen verwies er auf die Widerspruchsbegründung.
Das SG hörte die die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Orthopäde Dr. R. befürwortete unter dem 17.01.2014 (Bl. 33/38 SG-Akte) für schwerergradige Bandscheibenschäden und unter Vorschlag eines Teil-GdB von 10 für Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenks auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet einen GdB von 40. Unter dem 28.01.2014 (Bl. 39/42 SG-Akte) und dem 21.05.2014 (Bl. 47/107 SG-Akte) schlossen sich der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. und der Facharzt für Allgemeinmedizin Bütow jeweils für ihr Fachgebiet der versorgungsärztlichen Einschätzung an.
Der Kläger verwies darauf, dass wegen der Sprachbarriere die Ärzte nicht das tatsächliche Ausmaß der Behinderung angeben könnten und legte die Berichte des Dr. F. vom 21.05.2014, 02.02.2015 und 06.02.2015 (Bl. 118, 127, 128 SG-Akte), des Neurochirurgen Dr. T. vom 04.11.2013 (Bl. 119 SG-Akte) und des Radiologen Dr. Böttger vom 26.08.2013 (Bl. 120 SG-Akte) vor.
Das SG beauftragte Dr. P. mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens. Aufgrund der Untersuchung des Klägers am 07.04.2015 diagnostizierte der Gutachter im Gutachten vom 14.04.2015 (Bl. 131/153 SG-Akte) Anpassungsstörungen bei psychosozialer Belastung (finanziell) mit Somatisierungen und bewertete die Funktionsbeeinträchtigungen auf seinem Fachgebiet mit einem Teil-GdB von 20. Zusammenfassend könne kein höherer GdB als 30 anerkannt werden.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 15.07.2015 (Bl. 156/158 SG-Akte) Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. P ...
Mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2015 wies das SG die Klage ab. Eine rechtlich wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei nicht eingetreten. Die Beeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien mit einem GdB von 30 und im Bereich des rechten Schultergelenks mit einem GdB von allenfalls 10 zu bewerten. Die psychische Erkrankung könne allenfalls mit einem GdB von 20 bewertet werden. Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke bestünden nicht. Eine Tendinitis am oberen Sprunggelenk, das Rheuma, die Gastritis und das leichte Karpaltunnelsyndrom begründeten keinen GdB.
Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 02.09.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 01.10.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er habe eine Vielzahl von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht oder nicht rechtmäßig nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen berücksichtigt worden seien. Es sei auch eine höhere Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Schulter anzunehmen. Jedenfalls sei eine schmerzhafte Bewegung als stärker beeinträchtigend zu bewerten als eine nur eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit. Es werde angeregt, durch ein orthopädisches Fachgutachten zu klären, welche Funktionsbeeinträchtigungen im orthopädischen Bereich bestünden und mit welchem GdB diese zu bewerten seien. Durch ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten solle der GdB durch die psychischen Beeinträchtigungen und eine mögliche Suchterkrankung abgeklärt werden. Das Gutachten des Dr. P. sei nicht verwertbar, wozu auf die bisherigen Ausführungen verwiesen wird.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.08.2015 sowie den Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 21.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes vom 03.05.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und verweist auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.06.1988 (B 9 B 17/97 R) und vom 10.09.1997 (9 RVs 15/96), woraus sich herleite, dass kein Anspruch auf eine umfassende Nennung aller einzelnen Beeinträchtigungen im Bescheid bestehe.
Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten durch die Berichterstatterin in der nichtöffentlichen Sitzung am 05.02.2016, zu der auf Antrag des Klägers ein Dolmetscher hinzugezogen wurde, erörtert worden.
Auf Antrag des Klägers hat PD Dr. W. das neurologisch-psychiatrische, schmerzmedizinische Gutachten vom 11.04.2016 (Bl. 51/82 der Senatsakte) erstattet. Aufgrund der Untersuchung des Klägers am 11.04.2016 hat der Gutachter Wirbelsäulenveränderungen und eine depressive Störung mit Teil-GdB von jeweils 30, eine Schulterschädigung mit einem Teil-GdB von 20 und den Gesamt-GdB mit 50 bewertet.
Der Beklagte hat unter Berufung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 30.05.2016 (Bl. 85/87 der Senatsakte) das Vergleichsangebot vom 02.06.2016 unterbreitet, wonach er sich bereit erklärt hat, den GdB mit 40 ab April 2016 festzustellen. Der Kläger hat das Vergleichsangebot nicht angenommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 07.07.2016 und Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20.07.2016).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 21.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid vom 27.09.1994, mit dem das LRA beim Kläger einen GdB von 30 festgestellt hatte, ist eine rechtserhebliche wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht eingetreten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96, BSGE 81, 50). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG), und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. Teil A Nr. 3 a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Eine Änderung in den Verhältnissen ist zwar insoweit eingetreten, als eine seelische Störung hinzugetreten und diese mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist. Nach Teil B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheits-wert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten. Beim Kläger besteht nach dem Gutachten des PD Dr. W. eine chronische depressive Störung. Der sachverständige Zeuge Dr. F. hat das Bestehen einer leichten depressiven Episode und Somatisierungsstörung angegeben. Der Gutachter Dr. P. hat Anpassungsstörungen bei psychosozialer Belastung mit Somatisierungen diagnostiziert. Der Senat braucht nicht darüber entscheiden, welche der genannten Diagnosen zutreffend ist, da es für die GdB-Bewertung auf die konkret bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ankommt. Das Bestehen einer stärker behindernden Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit kann der Senat nicht feststellen. Nach dem Gutachten des Dr. P. war der Kläger zwar durchgängig auf Befindlichkeitsstörungen bedacht, jedoch konnte der Gutachter im psychopathologischen Befund keine schwergradigen Auffälligkeiten und keine funktionellen Störungen feststellen. Die Stimmungslage des Klägers war ohne wesentliche schwerwiegende depressive Hinweise. Der Kläger war durchaus auch affektiv schwingungsfähig. Wesentliche kognitive oder mnestische Störungen hat der Gutachter nicht festgestellt. Der Antrieb war ohne Befund. Auch die Alltagsgestaltung ergab nach den Ausführungen des Dr. P. keine Anhaltspunkte für eine schwerergradige Störung. Seinen Alltag hat der Kläger im Wesentlichen unauffällig geschildert. So trifft er sich "ab und zu" mit Freunden und geht in die Kirche. Er erledigt Einkäufe, kocht und hilft im Haushalt. Darüber hinaus führt er regelmäßig Spaziergänge durch. Langeweile hat er verneint. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lassen sich daraus nicht herleiten. Auch findet sich nach dem Gutachten des Dr. P. ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, nicht. So nimmt der Kläger nach den Ausführungen des Dr. P. das niedrigdosierte Medikament Sertralin nicht immer, weil er nicht zu viele Tabletten nehmen wolle. Auch selbst sieht er sich offenbar nicht durch ein seelisches Leiden beeinträchtigt, nachdem er auf die Frage nach der Durchführung einer stationären psychiatrischen Behandlung in der Vergangenheit darauf hingewiesen hat, nicht verrückt zu sein. Schwerwiegendere Beeinträchtigungen kann der Senat auch aus dem Gutachten des PD Dr. W. nicht herleiten. Danach fand der Gutachter keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen und keine Zeichen einer hirnorganischen Funktionsstörung oder Schädigung. Die Stimmung hat der Gutachter als bedrückt bezeichnet. Zeichen einer schweren depressiven Erkrankung wie Versteinerung der Mimik und typisches Morgentief konnte der Gutachter nicht eruieren. Zwar hat der Gutachter eine verhaltende Mimik, gebeugte Körperhaltung und zurückhaltende Gestik des Klägers beschrieben. Ein reduzierter Antrieb oder eine deutlich beeinträchtigte affektive Schwingungsfähigkeit ist der Befunderhebung des Gutachters nicht zu entnehmen. Auch den Ausführungen des Gutachters zum Tagesablauf des Klägers können schwerwiegende Beeinträchtigungen nicht entnommen werden. Die Einschätzung des PD Dr. W., dass die seelische Störung mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Worin er die für eine entsprechende GdB-Bewertung erforderliche wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sieht, hat er nicht ausgeführt. Inwieweit sich Beeinträchtigungen in der Alltagsgestaltung des Klägers ergeben, hat der Gutachter nicht diskutiert. Soweit er sich auf das Bestehen von Schlafstörungen, welche gehäuft bei anhaltenden Schmerzzuständen und auch depressiven Störungen aufträten, stützt, folgt daraus noch nicht das Bestehen einer stärker behindernden Störung. PD Dr. W. hat schon das Ausmaß der Schlafstörungen nicht weiter eruiert. Auch nach dem Gutachten des Dr. P. hat der Kläger einen schlechten Schlaf angegeben, wobei er manchmal nur zwei Stunden schlafe, um 3:00 Uhr aufwache und dann aufstehe. Darüber hinaus hat er ein reduziertes Durstempfinden und einen reduzierten Appetit angegeben. Wesentliche Beeinträchtigungen, insbesondere eine vermehrte Müdigkeit und eingeschränkte Konzentration aufgrund von Schlafstörungen hat Dr. P. nicht festgestellt. Ebenso wenig finden sich im Gutachten des PD Dr. W. Hinweise auf aus dem gestörten Schlaf folgende weitergehende Beeinträchtigungen. Schlafstörungen und sonstigen Befindlichkeitsstörungen, die beim Kläger nicht zu weiteren wesentlichen Beeinträchtigungen führen, sind mit einem GdB von 20 angemessen erfasst und bewertet. Denn leichtere psychovegetative Störungen wie Schlafstörungen und Appetitverlust sind gerade mit einem GdB bis zu 20 zu bewerten. Auch aus sonstigen vorliegenden medizinischen Unterlagen ergeben sich keine Hinweise auf schwerergradige Beeinträchtigungen. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 war die Schwingungsfähigkeit des Klägers zwar eingeschränkt, die Stimmungslage jedoch lediglich subdepressiv. Aufmerksamkeitsstörungen fanden sich nicht. Lediglich bei Therapiebeginn waren Antrieb und Psychomotorik eher etwas reduziert. Die vom Kläger beklagten Einschränkungen der Konzentration und Merkfähigkeit wurden nicht objektiviert; die mnestischen Funktionen waren intakt. Der Kläger sei gut in die Familie eingebunden, beschäftige sich mit seinem Garten und sei Fahrrad gefahren. Der sachverständige Zeuge Dr. F. hat in sämtlichen seiner Befundberichte die Diagnosen "leichte depressive Episode, Somatisierungsstörung" auf psychiatrischem Fachgebiet angegeben, was gegen eine stärker behindernde Störung spricht. Im Übrigen entspricht die Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 auch der Einschätzung des Dr. F., dessen Angaben auch kein Anhaltspunkt für das Vorliegen schwerwiegenderer Funktionsbeeinträchtigungen entnommen werden kann.
Darüber hinaus ist im Funktionssystem von Gehirn einschließlich Psyche ein weiterer Teil-GdB insbesondere aufgrund einer Abhängigkeitserkrankung nicht zu berücksichtigen. Nach Teil B Nr. 3.8 VG bedingt allein der schädliche Gebrauch psychotroper Substanzen ohne körperliche oder psychische Schädigung keinen GdB. Die Abhängigkeit insbesondere von Tabak bedingt für sich allein in der Regel keine Teilhabebeeinträchtigung, so dass der Nikotinkonsum des Klägers nicht GdB-relevant ist. Eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen liegt vor, wenn als Folge des chronischen Substanzkonsums mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sind: - starker Wunsch (Drang), die Substanz zu konsumieren, - verminderte Kontrollfähigkeit (Kontrollverlust) den Konsum betreffend, - Vernachlässigung anderer sozialer Aktivitäten zugunsten des Substanzkonsums, - fortgesetzter Substanzkonsum trotz des Nachweises schädlicher Folgen, - Toleranzentwicklung, - körperliche Entzugssymptome nach Beenden des Substanzkonsums. Eine Alkoholabhängigkeit, die mindestens drei der genannten Kriterien erfüllt, wurde weder von Dr. P. noch von PD Dr. W. bestätigt. Im Übrigen sind für den Senat psychische Beeinträchtigungen durch den von PD Dr. W. bestätigten Alkoholüberkonsum, die über die bereits mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der seelischen Störung hinausgehen bzw. daneben bestehen, nicht ersichtlich. Der Einzel-GdB von 20 im Funktionssystem von Kopf und Psyche erhöht sich danach nicht.
Im Funktionssystem des Rumpfes kann für die Wirbelsäulenschäden kein höherer Einzel-GdB als 20 festgestellt werden. Zwar ging der Beklagte bei der erstmaligen Feststellung des GdB von einen GdB von 30 rechtfertigenden schweren funktionellen Auswirkungen aufgrund einer Lumbalgie mit persistierendem Wurzelreizsyndrom L5 links bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall L4/5 und Protrusion L5/S1 aus. Derartige schwere funktionelle Auswirkungen kann der Senat jedoch nicht (mehr) feststellen. Bei der GdB-Bewertung ist zu berücksichtigen, dass mit Bild gebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein noch nicht die Annahme eines GdB rechtfertigen. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an der Wirbelsäule durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen (vgl. Teil B Nr. 18.1 VG). Der GdB bei Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich nach Teil B Nr. 18.9 VG primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Nach diesen Kriterien kann der Senat nicht wenigstens mittelgradige Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in zwei Wirbelsäulenabschnitten oder schwere Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt feststellen.
Es bestehen lediglich mittelgradige Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule. Bewegungseinschränkungen schweren Grades, anhaltende motorische Ausfälle oder Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome sind beim Kläger nicht festzustellen. Es bestehen nämlich allenfalls mittelgradige Bewegungseinschränkungen, Sensibilitätsstörungen und als mittelgradig einzustufende Wirbelsäulensyndrome. Nach dem Gutachten des PD Dr. W. bestehen beim Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht mehr als mittelgradige Bewegungseinschränkungen. Die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule ist bei einem Schober von 10/11,5 cm zwar mehr als mittelgradig eingeschränkt. Seitbeugung und Rotation waren jedoch nicht beeinträchtigt. Auch aus dem Finger-Boden-Abstand von 10 cm geht keine schwere Bewegungseinschränkung hervor. Die grobe Kraft an den Beinen war nach den Feststellungen von PD Dr. W. erhalten. Zwar hat er eine Fußheberschwäche rechts festgestellt, Angaben zu deren Ausmaß jedoch nicht gemacht. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solche anhaltend vorliegt. Im Übrigen war die motorische Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus rechts im Normbereich. Nach dem Bericht des Dr. B. vom 07.03.2016 (Bl. 81 der Senatsakte) fand sich zwar elektrophysiologisch eine Verlangsamung des Nervus peronaeus rechts über dem Fibulaköpfchens, eine signifikante Parese an den Beinen wird jedoch verneint. Ebenso wenig hat Dr. P. Paresen und auch keine Atrophien festgestellt. Er hat lediglich diskrete Hinweise für eine sensible Wurzelreizsymptomatik L5 rechts gefunden. Dies entspricht auch dem Bericht des Dr. B. vom 07.03.2016, der die Hypästhesie am lateralen Fußrand rechts bis Spatium interosseum I rechts und der medialen Fußsohle rechts dem Segment L5 rechts zugeordnet hat. Auch im Übrigen sind zwar sensible Störungen, jedoch keine motorischen Ausfälle dokumentiert. Dr. B. hat schon im Bericht vom 26.08.2013 (Bl. 36 SG-Akte) den Verdacht auf ein Wurzelreizsyndrom L5 rechts geäußert und eine Hypästhesie in einem Streifen am lateralen Unterschenkel des Spatium interosseum I. rechts angegeben. Signifikante Paresen an den Beinen hat er dabei jedoch nicht festgestellt. Ebenso bestanden nach dem Bericht des Dr. T. vom 04.11.2013 (Bl. 35 SG-Akte) keine Paresen, jedoch eine Hypästhesie und Hypalgesie im Bereich von L5 und S1 rechts. Bei Bestehen degenerativer Bandscheibenveränderungen der Segmente LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1 ließ sich eine Kompression der Nervenwurzel L5 nicht feststellen. Ein Bandscheibenvorfall lag nicht vor. Der sachverständige Zeuge Dr. F. hat zwar eine reduzierte Innervation entsprechend einem Kraftgrad 3 – 4/5, aber eine normale lumbosakrale radikuläre Innervation der Beine angegeben. Nach seinem Bericht vom 21.05.2014 (Bl. 118 SG-Akte) bestanden Hypästhesien im Bereich von L5 und S1 rechts bei einer chronischen Wurzelläsion L5 und S1 rechts. Nach dem Bericht vom 06.05.2013 (Bl. 42 SG-Akte) hat der Kläger über Parästhesien beim Kfz-Fahren sowie Schmerzen der LWS bei Rumpfbeugung geklagt. Radikuläre Defizite bestanden nicht, das Lasègue-Zeichen war beidseits negativ. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 war die Beweglichkeit der Wirbelsäule leicht eingeschränkt, der FBA betrug 15 cm, das Lasègue-Zeichen war beidseits negativ, Klopf- oder Stauchungsschmerz wurde nicht angegeben. Die Sensibilität war nicht gestört. Aus den danach bestehenden im Wesentlichen sensiblen Störungen ergeben sich keine wesentlichen funktionellen Ausfälle, was auch Dr. P. dargelegt hat. Lang andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome lassen sich den Gutachten und medizinischen Befundunterlagen ebenfalls nicht entnehmen. Nach dem Gutachten des PD Dr. W. hat der Kläger zwar das Bestehen gleichbleibender Kreuzschmerzen beim Gehen, Sitzen und Stehen mit einem lumbalen Ziehen angegeben. Gegen eine schwere Ausprägung dieser Schmerzen spricht allerdings, dass diese nach den Angaben des Klägers bereits seit 1994 nach der erfolgten Bandscheibenoperation fortbestehen, er jedoch in der Lage war, weitere 15 Jahre zu arbeiten, wobei es sich nach seinen Angaben um eine schwere Arbeit in einer Metallfirma gehandelt hat. Die Aufgabe der Arbeit erfolgte auch nicht krankheitsbedingt wegen der Wirbelsäulenproblematik, sondern wegen der Insolvenz der Firma. Dass die Beschwerden der Wirbelsäule sich insoweit nach Ende der Erwerbstätigkeit verschlimmert hätten, lässt sich den Angaben des Klägers und den medizinischen Befunden nicht entnehmen. Insbesondere beruhte die Entlassung des Klägers als arbeitsunfähig aus der Rehabilitationsmaßnahme der AHG Klinik Hardberg nicht auf Wirbelsäulenbeschwerden, sondern auf akut zunehmenden Beschwerden der rechten Schulter, Beschwerden der linken Hand bei längeren Arbeiten sowie Beeinträchtigungen bei langem Stehen und Gehen aufgrund von Kniebeschwerden. Auch der Bericht des Dr. F. vom 06.05.2013, wonach der Kläger über Schmerzen lediglich bei Rumpfbeugung geklagt hat, spricht gegen das Bestehen lang anhaltender, ausgeprägter LWS-Syndrome. Im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der AHG Klinik H. hat der Kläger angegeben, dass im Bereich der LWS Schmerzen zwar immer vorhanden sein, diese aber nicht stark seien und sich beim Bücken verstärkten und er nicht länger laufen könne (Bericht vom 27.07.2012). Nach dem Bericht des Dr. T. vom 04.11.2013, wonach der Kläger über Schmerzen in der rechten Wade geklagt hatte, gab er an, etwa eine halbe Stunde laufen zu können. Eine derartige Einschränkung der Gehstrecke spricht im Vergleich zur Bewertung arterieller Verschlusskrankheiten nach Teil B Nr. 9.2.1 VG, wonach bei einer Claudicatio intermittens mit Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 Meter der GdB 20 betragen soll, nicht für die Annahme schwerer funktioneller Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden. Schließlich entspricht die Einordnung der Auswirkungen der Lendenwirbelsäulenschäden als mittelgradig auch der Einschätzung des PD Dr. W ... Soweit der sachverständige Zeuge Dr. R. den Schweregrad der Bandscheibenschäden der LWS als schwer eingeordnet hat, kann der Senat daraus keinen GdB von 30 herleiten. Das Ausmaß des Wirbelsäulenschadens selbst besagt noch nichts über das Ausmaß der für den GdB relevanten funktionellen Auswirkungen. Befunde, die schwere funktionelle Auswirkungen dokumentieren, hat der sachverständige Zeuge allerdings weder mitgeteilt noch entsprechende Fremdbefunde vorgelegt.
Für den Bereich der Halswirbelsäule kann der Senat dagegen keine mittelgradigen funktionellen Auswirkungen feststellen. Im Bereich der Halswirbelsäule besteht nach dem Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie H. vom 27.10.2009 (Bl. 145 VA) eine deutliche, intraspinal linksbetonte Bandscheibenprotrusion C6/C7 und eine rechtsseitige Nervenwurzelkompression C7 durch einen intraforaminalen Bandscheibenvorfall/Protrusion. Für die maßgebliche Zeit seit Antragstellung sind wenigstens mittelgradige funktionelle Auswirkungen aufgrund der Bandscheibenschäden der Halswirbelsäule nicht dokumentiert. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist nach dem Gutachten des PD Dr. W. bei einem Kinn-Jugulum-Abstand von 1/17 cm, bei einer Beweglichkeit für Vorneigen/Rückneigen von 60/0/60°, für Rotation rechts/links 70/0/70° und Seitneigen rechts/links 20/0/15° nur hinsichtlich des Seitneigens leicht- bis mittelgradig eingeschränkt. Bei der im Übrigen erhaltenen Beweglichkeit sind damit insgesamt keine mehr als leichten Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule festzustellen. Nach dem Bericht des Dr. F. vom 02.02.2015 (Bl. 197 SG-Akte) war die HWS frei beweglich. Im Übrigen finden sich keine Hinweise für relevante Beeinträchtigungen aufgrund Halswirbelsäulenschäden.
Bestehen demnach lediglich mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, beträgt der Einzel-GdB im Funktionssystem Rumpf nur 20.
Die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Schulter bedingen keinen höheren GdB als 10. Nach Teil B Nr. 18. 13 VG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) bei einer nur bis zu 120° möglichen Armhebung mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10. Ein GdB von 20 ist erst bei einer wenigstens bis auf 90° eingeschränkten Armhebung bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit vorgesehen. Letztere kann der Senat nicht feststellen. Im Aufnahmebefund der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 ist eine aktiv und passiv freie Beweglichkeit, insbesondere der Gelenke der oberen Extremitäten angegeben. Zwar hat der Kläger beklagt, den rechten Arm nicht über Ellenbogenhöhe anheben zu können. Eine entsprechende Bewegungseinschränkung ist in dem Bericht jedoch nicht objektiviert. In der Befundübersicht des Orthopäden R. (Ausdruck vom 08.10.2012, Bl. 182 VA) findet sich keine auf 90° eingeschränkte Schulterbeweglichkeit. Vielmehr ist für den 13.06.2012 eine Elevation von beidseits 110° angegeben. Dr. R. hat im Bericht vom 05.09.2012 (Bl. 73 SG-Akte) angegeben, die Abduktion über 90° sei schmerzhaft, was nicht auf eine auf 90° eingeschränkte Armhebemöglichkeit hinweist. Im Bericht des Dr. R. vom 05.03.2013 (Bl. 199 VA) ist nach einer kleinen Rotatorenmanschetten-Ruptur rechts mit Z.n. ASK rechte Schulter und subacromialer Dekompression am 14.09.2012 eine am 08.02.2013 noch eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Schultergelenks angegeben. Es wurde eine Abduktion (Abspreizen) bis 90° mitgeteilt. Eine Angabe zur möglichen Arm(-vor-)hebung findet sich in dem Bericht nicht. Im Übrigen kann aufgrund des Berichts noch nicht von einer dauerhaften Beeinträchtigung ausgegangen werden, nachdem der operative Eingriff am rechten Schultergelenk bei der Befunderhebung noch nicht 6 Monate zurücklag. Bei seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge durch das SG hat Dr. R. dann auch eine wieder bis 100° mögliche Abduktion des rechten Schultergelenks angegeben. Dass die Armhebung weitergehend eingeschränkt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Darauf lässt sich auch nach dem von Dr. R. vorgeschlagenen GdB von 10 nicht schließen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine schmerzhafte Bewegung des Schultergelenks auch nicht höher zu bewerten als eine Bewegungseinschränkung. Dafür bieten die VG, die vorrangig auf die Funktionsfähigkeit abstellen und nach welchen der für eine eingeschränkte Funktion vorgesehene GdB-Wert üblicherweise dabei vorhandene Schmerzen mit erfasst (vgl. Teil A Nr. 2 j) VG), keine Grundlage. Soweit PD Dr. W. beim Kläger am 11.04.2016 eine auf 70° verminderte Armhebung erhoben hat, finden sich in dem Gutachten schon keine Ausführungen zur Objektivierung dieses Befundes. Im Übrigen kann derzeit auch noch nicht von einer dauerhaft bestehenden entsprechenden Beeinträchtigung ausgegangen werden. Vor der Begutachtung durch PD Dr. W. ist eine in diesem Ausmaß bestehende Bewegungseinschränkung nicht dokumentiert. Bei Bestehen der Bewegungseinschränkung in diesem Ausmaß über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus, ist es dem Kläger unbenommen, die Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigung des rechten Schultergelenks im Rahmen eines Neufeststellungsantrags geltend zu machen.
Das Karpaltunnelsyndrom bedingt ebenfalls keinen GdB von wenigstens 10. Relevante Funktionsbeeinträchtigungen sind diesbezüglich nicht festzustellen. GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen ergeben sich weder aus dem Gutachten des PD Dr. W. noch aus dem Gutachten des Dr. P ...
Dass im Funktionssystem der Beine Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke einen GdB von wenigstens 10 begründen könnten, ist nicht ersichtlich. Es sind als Voraussetzung für einen GdB von wenigstens 10 (vgl. Teil B Nr. 18.14 VG) weder Bewegungseinschränkungen geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90) noch ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ersichtlich. Aus dem Bericht des Orthopäden Riegel vom 05.11.2012 (Bl. 182/183 VA) ergibt sich lediglich eine eben gerade beginnende mediale Gonarthrose rechts und eine Chondropathia patellae rechts. Die Beweglichkeit links für Streckung/Beugung ist mit 0/0/140° und rechts mit 0/0/150° angegeben. Zu den Beschwerden des Klägers ist ausgeführt, die Kniegelenksbeschwerden träten insbesondere beim Aufrichten aus dem Sitzen bzw. aus der Hocke auf, was nicht oder nur schwer möglich sei. Der Kläger hat rezidivierende Schwellungen angegeben. Seitens des Orthopäden Riegel sind jedoch weder Schwellungen noch Ergüsse beschrieben. Der Orthopäde Dr. R. und der Facharzt für Allgemeinmedizin B. haben in ihren sachverständigen Zeugenaussagen Gesundheitsstörungen des Kniegelenks überhaupt nicht mitgeteilt. Auch im ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. sind keine Bewegungseinschränkungen oder Reizerscheinungen im Bereich der Kniegelenke beschrieben. Ebenso wenig enthalten die Gutachten von Dr. P. und PD Dr. W. Hinweise auf relevante Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke. Nach den eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter PD Dr. W. hat eine durchgeführte Operation aufgrund der um 2004 links aufgetretenen Knieschmerzen geholfen. Das Fortbestehen von Beschwerden hat der Kläger dabei nicht geltend gemacht.
Die von dem sachverständigen Zeugen Bütow angegebenen Magenbeschwerden bzw. Gastritis des Klägers bedingen keinen GdB von wenigstens 10. Relevante Funktionsbeeinträchtigungen sind insoweit nicht ersichtlich. Nach dem Bericht des pathologischen Instituts Leonberg vom 24.07.2013 (Bl. 49 SG-Akte) wurde keine entzündliche Aktivität, kein Helikobacter pylori und keine intestinale Metaplasie nachgewiesen.
Weitere – bisher nicht berücksichtigte – GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Danach ergibt sich insgesamt weiterhin kein höherer Gesamt-GdB als 30. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ergibt sich aus Einzel-GdB im Funktionssystem von Kopf und Psyche und im Funktionssystem des Rumpfes von jeweils 20 ein Gesamt-GdB von 30. Die außerdem beim Kläger mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertenden Behinderungen im Funktionssystem der Arme (Schultergelenk) erhöhen den Gesamt-GdB nicht.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG sowie vom Senat durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt. Diese vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Insbesondere ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers zu dem Gutachten des Dr. P. nicht dessen Unverwertbarkeit. Soweit behauptet wird, dass nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen bei einer Somatisierungsstörung ein GdB von 30 bis 40 vorgeschlagen werde, womit sich der Gutachter bei seiner gutachterlichen Einschätzung der Somatisierungen hätte auseinandersetzen müssen, ist dies nicht zutreffend. Die Aufzählung einer somatoformen Störung als Beispiel für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung führt nicht im Sinne eines Regelbeispiels dazu, dass bei Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung eine einen GdB von 30 bedingende stärker behindernde Störung anzunehmen ist. Vielmehr kommt es auch bei somatoformen Störungen auf die konkreten Funktionsbeeinträchtigungen an. Dr. P. hat schon keine Somatisierungsstörung diagnostiziert, sondern lediglich das Bestehen von Somatisierungen angegeben. Im Übrigen war, wie dargestellt, trotz der Somatisierungen keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit des Klägers festzustellen. Auch PD Dr. W., der den Kläger u.a. unter speziell schmerzmedizinischen Gesichtspunkten begutachtet hat, hat keine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Soweit sich der Kläger darauf beruft, der Gutachter hätte das Nichtvorliegen eines Alkoholproblems ausführlicher begründen müssen, ist ein Mangel des Gutachtens für den Senat nicht nachvollziehbar. Nachdem im Gutachten Beeinträchtigungen durch einen vermehrten Alkoholkonsum nicht festgestellt worden sind, worauf allein es für die GdB-Bewertung ankommt, ergibt sich auch keine Erforderlichkeit einer Diskussion einer Alkoholproblematik. Im Übrigen wurde eine Abhängigkeitserkrankung auch von PD Dr. W. nicht festgestellt. Inwieweit der von Dr. P. erhobene psychopathologische Befund ohne schwergradige Auffälligkeiten im Widerspruch dazu stehen soll, dass der Kläger außerhalb der Familie keine Freunde habe, nachts um 3 Uhr wach sei, Angehörige Stimmungsschwankungen beschrieben hätten und er seit 2012 nicht mehr arbeite, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Vielmehr spricht der erhobene weitgehend unauffällige psychische Befund dafür, dass der Kläger trotz nächtlichem Erwachen und Stimmungsschwankungen nicht stärkergradig beeinträchtigt ist, wie bereits dargelegt wurde. Ebenso wenig kann der Senat eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens dadurch erkennen, dass der Gutachter darauf hingewiesen hat, der Kläger sei der deutschen Sprache ausreichend mächtig, dieser dennoch gebeten worden ist, sich in seiner Muttersprache zu äußern. Seitens des Klägers selbst wurde geltend gemacht, dass seine tatsächlichen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Sprachbarriere den behandelnden Ärzten nicht bekannt seien; auch hat er ausdrücklich im Erörterungstermin die Beiziehung eines Dolmetschers beantragt. Vor diesem Hintergrund liegt es nur nahe, dass der Kläger sich in seiner Muttersprache äußert, um zu vermeiden, dass bestehende Beeinträchtigungen verkannt werden.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des Gutachtens von PD Dr. W. vom 11.04.2016 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. stellvertretend Senatsurteil vom 27.11.2015 - L 8 U 2227/14 -, unveröffentlicht; vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.
Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem behinderten Menschen beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen hat bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Dabei kann nicht in jedem Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Antragstellers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 Rn. 11). Diese Voraussetzungen nicht liegen vor. Denn das Gutachten von PD Dr. W. vom 11.04.2016 hat keine zusätzlichen – für die Sachaufklärung bedeutsamen – Gesichtspunkte erbracht und die Sachaufklärung nicht maßgeblich gefördert und war außerdem für die gerichtliche Entscheidung nicht von wesentlicher Bedeutung, wie sich aus den oben dargelegten Urteilsgründen ergibt. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt ist, die Kosten der Begutachtung durch PD Dr. W. auf die Staatskasse zu übernehmen. Der Kläger hat vielmehr die Kosten der Begutachtung sowie seine hierbei angefallenen baren Auslagen endgültig selbst zu tragen.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten des auf Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens von PD Dr. W. vom 11.04.2016 sowie seine baren Auslagen selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bewerten sind.
Bei dem 1960 geborenen Kläger, italienischer Staatsangehöriger, ist ein GdB von 30 seit März 1994 aufgrund einer Funktionsminderung der Wirbelsäule bei rezidivierenden Lumboischialgien mit sensomotorischen Ausfällen L4/L5 links festgestellt [Bescheid vom 27.09.1994, Bl. 31 der Verwaltungsakten (VA)].
Nachdem mehreren Anträgen auf Neufeststellung des GdB nicht entsprochen worden war, beantragte der Kläger am 29.05.2012 beim Landratsamt R.-M.-Kreis – FB Schwerbehindertenrecht – (LRA) erneut die Erhöhung des GdB. Zur Begründung führte er belastungsbedingte Schmerzen im Knie links, Gastritis, Depression seit ca. 20 Jahren, Suchterkrankung, Konzentrationsstörung, Vergesslichkeit, Schwindel und Kopfschmerzen an.
Das LRA zog die Berichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 30.11.2011 (Diagnosen: Leichte depressive Episode, Somatisierungsstörung, Bl. 163 VA), den ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 über die Rehabilitationsmaßnahme vom 22.03.2012 bis 12.07.2012 (Bl. 169/175 VA = Bl. 57/69 SG-Akte) und den Bericht des Orthopäden Riegel vom 05.11.2012 (Bl. 182/183 VA) bei.
Das LRA holte die Stellungnahme des Versorgungsarztes K. vom 18.11.2012 (Bl. 185/186 VA) ein. Dieser bewertete die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers wie folgt: - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20), - Depression, funktionelle Organbeschwerden, psychovegetative Störungen (Teil-GdB 20. Die Gesundheitsstörungen Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks, chronische Magenschleimhautentzündung, Alkoholkrankheit bewirkten keine Funktionsbeeinträchtigung. Den Gesamt-GdB bewertete der Versorgungsarzt mit 30.
Mit Bescheid vom 21.11.2012 (Bl. 187/188 VA) lehnte des LRA den Antrag auf Neufeststellung des GdB ab.
Dagegen legte der Kläger am 20.12.2012 Widerspruch ein. Sowohl die orthopädischen Einschränkungen als auch die Depression hätten ein Ausmaß erreicht, dass mittlerweile ein GdB von 50 erreicht sei. Ergänzend legte der Kläger den Bericht der Rems-Murr-Klinik Schorndorf vom 28.12.2012 (Diagnose: Rheuma-Schub, Bl. 192 VA) vor. Das LRA zog des weiteren Berichte des Orthopäden Dr. R. (Bl. 199, 202 VA) bei.
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. S. in der Stellungnahme vom 08.04.2013 (Bl. 204/205 VA) weiterhin keine wesentliche Änderung bestätigte, wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2013 (Bl. 207/209 VA) den Widerspruch zurück.
Am 31.05.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er sei aufgrund einer Vielzahl sich gegenseitig verstärkenden Einschränkungen schwerbehindert. Im Übrigen verwies er auf die Widerspruchsbegründung.
Das SG hörte die die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Orthopäde Dr. R. befürwortete unter dem 17.01.2014 (Bl. 33/38 SG-Akte) für schwerergradige Bandscheibenschäden und unter Vorschlag eines Teil-GdB von 10 für Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenks auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet einen GdB von 40. Unter dem 28.01.2014 (Bl. 39/42 SG-Akte) und dem 21.05.2014 (Bl. 47/107 SG-Akte) schlossen sich der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. und der Facharzt für Allgemeinmedizin Bütow jeweils für ihr Fachgebiet der versorgungsärztlichen Einschätzung an.
Der Kläger verwies darauf, dass wegen der Sprachbarriere die Ärzte nicht das tatsächliche Ausmaß der Behinderung angeben könnten und legte die Berichte des Dr. F. vom 21.05.2014, 02.02.2015 und 06.02.2015 (Bl. 118, 127, 128 SG-Akte), des Neurochirurgen Dr. T. vom 04.11.2013 (Bl. 119 SG-Akte) und des Radiologen Dr. Böttger vom 26.08.2013 (Bl. 120 SG-Akte) vor.
Das SG beauftragte Dr. P. mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens. Aufgrund der Untersuchung des Klägers am 07.04.2015 diagnostizierte der Gutachter im Gutachten vom 14.04.2015 (Bl. 131/153 SG-Akte) Anpassungsstörungen bei psychosozialer Belastung (finanziell) mit Somatisierungen und bewertete die Funktionsbeeinträchtigungen auf seinem Fachgebiet mit einem Teil-GdB von 20. Zusammenfassend könne kein höherer GdB als 30 anerkannt werden.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 15.07.2015 (Bl. 156/158 SG-Akte) Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. P ...
Mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2015 wies das SG die Klage ab. Eine rechtlich wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei nicht eingetreten. Die Beeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien mit einem GdB von 30 und im Bereich des rechten Schultergelenks mit einem GdB von allenfalls 10 zu bewerten. Die psychische Erkrankung könne allenfalls mit einem GdB von 20 bewertet werden. Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke bestünden nicht. Eine Tendinitis am oberen Sprunggelenk, das Rheuma, die Gastritis und das leichte Karpaltunnelsyndrom begründeten keinen GdB.
Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 02.09.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 01.10.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er habe eine Vielzahl von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht oder nicht rechtmäßig nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen berücksichtigt worden seien. Es sei auch eine höhere Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Schulter anzunehmen. Jedenfalls sei eine schmerzhafte Bewegung als stärker beeinträchtigend zu bewerten als eine nur eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit. Es werde angeregt, durch ein orthopädisches Fachgutachten zu klären, welche Funktionsbeeinträchtigungen im orthopädischen Bereich bestünden und mit welchem GdB diese zu bewerten seien. Durch ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten solle der GdB durch die psychischen Beeinträchtigungen und eine mögliche Suchterkrankung abgeklärt werden. Das Gutachten des Dr. P. sei nicht verwertbar, wozu auf die bisherigen Ausführungen verwiesen wird.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.08.2015 sowie den Bescheid des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 21.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes vom 03.05.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und verweist auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.06.1988 (B 9 B 17/97 R) und vom 10.09.1997 (9 RVs 15/96), woraus sich herleite, dass kein Anspruch auf eine umfassende Nennung aller einzelnen Beeinträchtigungen im Bescheid bestehe.
Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten durch die Berichterstatterin in der nichtöffentlichen Sitzung am 05.02.2016, zu der auf Antrag des Klägers ein Dolmetscher hinzugezogen wurde, erörtert worden.
Auf Antrag des Klägers hat PD Dr. W. das neurologisch-psychiatrische, schmerzmedizinische Gutachten vom 11.04.2016 (Bl. 51/82 der Senatsakte) erstattet. Aufgrund der Untersuchung des Klägers am 11.04.2016 hat der Gutachter Wirbelsäulenveränderungen und eine depressive Störung mit Teil-GdB von jeweils 30, eine Schulterschädigung mit einem Teil-GdB von 20 und den Gesamt-GdB mit 50 bewertet.
Der Beklagte hat unter Berufung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 30.05.2016 (Bl. 85/87 der Senatsakte) das Vergleichsangebot vom 02.06.2016 unterbreitet, wonach er sich bereit erklärt hat, den GdB mit 40 ab April 2016 festzustellen. Der Kläger hat das Vergleichsangebot nicht angenommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 07.07.2016 und Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20.07.2016).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 21.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid vom 27.09.1994, mit dem das LRA beim Kläger einen GdB von 30 festgestellt hatte, ist eine rechtserhebliche wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht eingetreten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96, BSGE 81, 50). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG), und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. Teil A Nr. 3 a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.
Eine Änderung in den Verhältnissen ist zwar insoweit eingetreten, als eine seelische Störung hinzugetreten und diese mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist. Nach Teil B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheits-wert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten. Beim Kläger besteht nach dem Gutachten des PD Dr. W. eine chronische depressive Störung. Der sachverständige Zeuge Dr. F. hat das Bestehen einer leichten depressiven Episode und Somatisierungsstörung angegeben. Der Gutachter Dr. P. hat Anpassungsstörungen bei psychosozialer Belastung mit Somatisierungen diagnostiziert. Der Senat braucht nicht darüber entscheiden, welche der genannten Diagnosen zutreffend ist, da es für die GdB-Bewertung auf die konkret bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ankommt. Das Bestehen einer stärker behindernden Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit kann der Senat nicht feststellen. Nach dem Gutachten des Dr. P. war der Kläger zwar durchgängig auf Befindlichkeitsstörungen bedacht, jedoch konnte der Gutachter im psychopathologischen Befund keine schwergradigen Auffälligkeiten und keine funktionellen Störungen feststellen. Die Stimmungslage des Klägers war ohne wesentliche schwerwiegende depressive Hinweise. Der Kläger war durchaus auch affektiv schwingungsfähig. Wesentliche kognitive oder mnestische Störungen hat der Gutachter nicht festgestellt. Der Antrieb war ohne Befund. Auch die Alltagsgestaltung ergab nach den Ausführungen des Dr. P. keine Anhaltspunkte für eine schwerergradige Störung. Seinen Alltag hat der Kläger im Wesentlichen unauffällig geschildert. So trifft er sich "ab und zu" mit Freunden und geht in die Kirche. Er erledigt Einkäufe, kocht und hilft im Haushalt. Darüber hinaus führt er regelmäßig Spaziergänge durch. Langeweile hat er verneint. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lassen sich daraus nicht herleiten. Auch findet sich nach dem Gutachten des Dr. P. ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, nicht. So nimmt der Kläger nach den Ausführungen des Dr. P. das niedrigdosierte Medikament Sertralin nicht immer, weil er nicht zu viele Tabletten nehmen wolle. Auch selbst sieht er sich offenbar nicht durch ein seelisches Leiden beeinträchtigt, nachdem er auf die Frage nach der Durchführung einer stationären psychiatrischen Behandlung in der Vergangenheit darauf hingewiesen hat, nicht verrückt zu sein. Schwerwiegendere Beeinträchtigungen kann der Senat auch aus dem Gutachten des PD Dr. W. nicht herleiten. Danach fand der Gutachter keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen und keine Zeichen einer hirnorganischen Funktionsstörung oder Schädigung. Die Stimmung hat der Gutachter als bedrückt bezeichnet. Zeichen einer schweren depressiven Erkrankung wie Versteinerung der Mimik und typisches Morgentief konnte der Gutachter nicht eruieren. Zwar hat der Gutachter eine verhaltende Mimik, gebeugte Körperhaltung und zurückhaltende Gestik des Klägers beschrieben. Ein reduzierter Antrieb oder eine deutlich beeinträchtigte affektive Schwingungsfähigkeit ist der Befunderhebung des Gutachters nicht zu entnehmen. Auch den Ausführungen des Gutachters zum Tagesablauf des Klägers können schwerwiegende Beeinträchtigungen nicht entnommen werden. Die Einschätzung des PD Dr. W., dass die seelische Störung mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Worin er die für eine entsprechende GdB-Bewertung erforderliche wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sieht, hat er nicht ausgeführt. Inwieweit sich Beeinträchtigungen in der Alltagsgestaltung des Klägers ergeben, hat der Gutachter nicht diskutiert. Soweit er sich auf das Bestehen von Schlafstörungen, welche gehäuft bei anhaltenden Schmerzzuständen und auch depressiven Störungen aufträten, stützt, folgt daraus noch nicht das Bestehen einer stärker behindernden Störung. PD Dr. W. hat schon das Ausmaß der Schlafstörungen nicht weiter eruiert. Auch nach dem Gutachten des Dr. P. hat der Kläger einen schlechten Schlaf angegeben, wobei er manchmal nur zwei Stunden schlafe, um 3:00 Uhr aufwache und dann aufstehe. Darüber hinaus hat er ein reduziertes Durstempfinden und einen reduzierten Appetit angegeben. Wesentliche Beeinträchtigungen, insbesondere eine vermehrte Müdigkeit und eingeschränkte Konzentration aufgrund von Schlafstörungen hat Dr. P. nicht festgestellt. Ebenso wenig finden sich im Gutachten des PD Dr. W. Hinweise auf aus dem gestörten Schlaf folgende weitergehende Beeinträchtigungen. Schlafstörungen und sonstigen Befindlichkeitsstörungen, die beim Kläger nicht zu weiteren wesentlichen Beeinträchtigungen führen, sind mit einem GdB von 20 angemessen erfasst und bewertet. Denn leichtere psychovegetative Störungen wie Schlafstörungen und Appetitverlust sind gerade mit einem GdB bis zu 20 zu bewerten. Auch aus sonstigen vorliegenden medizinischen Unterlagen ergeben sich keine Hinweise auf schwerergradige Beeinträchtigungen. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 war die Schwingungsfähigkeit des Klägers zwar eingeschränkt, die Stimmungslage jedoch lediglich subdepressiv. Aufmerksamkeitsstörungen fanden sich nicht. Lediglich bei Therapiebeginn waren Antrieb und Psychomotorik eher etwas reduziert. Die vom Kläger beklagten Einschränkungen der Konzentration und Merkfähigkeit wurden nicht objektiviert; die mnestischen Funktionen waren intakt. Der Kläger sei gut in die Familie eingebunden, beschäftige sich mit seinem Garten und sei Fahrrad gefahren. Der sachverständige Zeuge Dr. F. hat in sämtlichen seiner Befundberichte die Diagnosen "leichte depressive Episode, Somatisierungsstörung" auf psychiatrischem Fachgebiet angegeben, was gegen eine stärker behindernde Störung spricht. Im Übrigen entspricht die Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 auch der Einschätzung des Dr. F., dessen Angaben auch kein Anhaltspunkt für das Vorliegen schwerwiegenderer Funktionsbeeinträchtigungen entnommen werden kann.
Darüber hinaus ist im Funktionssystem von Gehirn einschließlich Psyche ein weiterer Teil-GdB insbesondere aufgrund einer Abhängigkeitserkrankung nicht zu berücksichtigen. Nach Teil B Nr. 3.8 VG bedingt allein der schädliche Gebrauch psychotroper Substanzen ohne körperliche oder psychische Schädigung keinen GdB. Die Abhängigkeit insbesondere von Tabak bedingt für sich allein in der Regel keine Teilhabebeeinträchtigung, so dass der Nikotinkonsum des Klägers nicht GdB-relevant ist. Eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen liegt vor, wenn als Folge des chronischen Substanzkonsums mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sind: - starker Wunsch (Drang), die Substanz zu konsumieren, - verminderte Kontrollfähigkeit (Kontrollverlust) den Konsum betreffend, - Vernachlässigung anderer sozialer Aktivitäten zugunsten des Substanzkonsums, - fortgesetzter Substanzkonsum trotz des Nachweises schädlicher Folgen, - Toleranzentwicklung, - körperliche Entzugssymptome nach Beenden des Substanzkonsums. Eine Alkoholabhängigkeit, die mindestens drei der genannten Kriterien erfüllt, wurde weder von Dr. P. noch von PD Dr. W. bestätigt. Im Übrigen sind für den Senat psychische Beeinträchtigungen durch den von PD Dr. W. bestätigten Alkoholüberkonsum, die über die bereits mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der seelischen Störung hinausgehen bzw. daneben bestehen, nicht ersichtlich. Der Einzel-GdB von 20 im Funktionssystem von Kopf und Psyche erhöht sich danach nicht.
Im Funktionssystem des Rumpfes kann für die Wirbelsäulenschäden kein höherer Einzel-GdB als 20 festgestellt werden. Zwar ging der Beklagte bei der erstmaligen Feststellung des GdB von einen GdB von 30 rechtfertigenden schweren funktionellen Auswirkungen aufgrund einer Lumbalgie mit persistierendem Wurzelreizsyndrom L5 links bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall L4/5 und Protrusion L5/S1 aus. Derartige schwere funktionelle Auswirkungen kann der Senat jedoch nicht (mehr) feststellen. Bei der GdB-Bewertung ist zu berücksichtigen, dass mit Bild gebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein noch nicht die Annahme eines GdB rechtfertigen. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an der Wirbelsäule durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen (vgl. Teil B Nr. 18.1 VG). Der GdB bei Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich nach Teil B Nr. 18.9 VG primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Nach diesen Kriterien kann der Senat nicht wenigstens mittelgradige Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in zwei Wirbelsäulenabschnitten oder schwere Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt feststellen.
Es bestehen lediglich mittelgradige Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule. Bewegungseinschränkungen schweren Grades, anhaltende motorische Ausfälle oder Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome sind beim Kläger nicht festzustellen. Es bestehen nämlich allenfalls mittelgradige Bewegungseinschränkungen, Sensibilitätsstörungen und als mittelgradig einzustufende Wirbelsäulensyndrome. Nach dem Gutachten des PD Dr. W. bestehen beim Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht mehr als mittelgradige Bewegungseinschränkungen. Die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule ist bei einem Schober von 10/11,5 cm zwar mehr als mittelgradig eingeschränkt. Seitbeugung und Rotation waren jedoch nicht beeinträchtigt. Auch aus dem Finger-Boden-Abstand von 10 cm geht keine schwere Bewegungseinschränkung hervor. Die grobe Kraft an den Beinen war nach den Feststellungen von PD Dr. W. erhalten. Zwar hat er eine Fußheberschwäche rechts festgestellt, Angaben zu deren Ausmaß jedoch nicht gemacht. Auch ist nicht ersichtlich, dass eine solche anhaltend vorliegt. Im Übrigen war die motorische Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus rechts im Normbereich. Nach dem Bericht des Dr. B. vom 07.03.2016 (Bl. 81 der Senatsakte) fand sich zwar elektrophysiologisch eine Verlangsamung des Nervus peronaeus rechts über dem Fibulaköpfchens, eine signifikante Parese an den Beinen wird jedoch verneint. Ebenso wenig hat Dr. P. Paresen und auch keine Atrophien festgestellt. Er hat lediglich diskrete Hinweise für eine sensible Wurzelreizsymptomatik L5 rechts gefunden. Dies entspricht auch dem Bericht des Dr. B. vom 07.03.2016, der die Hypästhesie am lateralen Fußrand rechts bis Spatium interosseum I rechts und der medialen Fußsohle rechts dem Segment L5 rechts zugeordnet hat. Auch im Übrigen sind zwar sensible Störungen, jedoch keine motorischen Ausfälle dokumentiert. Dr. B. hat schon im Bericht vom 26.08.2013 (Bl. 36 SG-Akte) den Verdacht auf ein Wurzelreizsyndrom L5 rechts geäußert und eine Hypästhesie in einem Streifen am lateralen Unterschenkel des Spatium interosseum I. rechts angegeben. Signifikante Paresen an den Beinen hat er dabei jedoch nicht festgestellt. Ebenso bestanden nach dem Bericht des Dr. T. vom 04.11.2013 (Bl. 35 SG-Akte) keine Paresen, jedoch eine Hypästhesie und Hypalgesie im Bereich von L5 und S1 rechts. Bei Bestehen degenerativer Bandscheibenveränderungen der Segmente LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1 ließ sich eine Kompression der Nervenwurzel L5 nicht feststellen. Ein Bandscheibenvorfall lag nicht vor. Der sachverständige Zeuge Dr. F. hat zwar eine reduzierte Innervation entsprechend einem Kraftgrad 3 – 4/5, aber eine normale lumbosakrale radikuläre Innervation der Beine angegeben. Nach seinem Bericht vom 21.05.2014 (Bl. 118 SG-Akte) bestanden Hypästhesien im Bereich von L5 und S1 rechts bei einer chronischen Wurzelläsion L5 und S1 rechts. Nach dem Bericht vom 06.05.2013 (Bl. 42 SG-Akte) hat der Kläger über Parästhesien beim Kfz-Fahren sowie Schmerzen der LWS bei Rumpfbeugung geklagt. Radikuläre Defizite bestanden nicht, das Lasègue-Zeichen war beidseits negativ. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 war die Beweglichkeit der Wirbelsäule leicht eingeschränkt, der FBA betrug 15 cm, das Lasègue-Zeichen war beidseits negativ, Klopf- oder Stauchungsschmerz wurde nicht angegeben. Die Sensibilität war nicht gestört. Aus den danach bestehenden im Wesentlichen sensiblen Störungen ergeben sich keine wesentlichen funktionellen Ausfälle, was auch Dr. P. dargelegt hat. Lang andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome lassen sich den Gutachten und medizinischen Befundunterlagen ebenfalls nicht entnehmen. Nach dem Gutachten des PD Dr. W. hat der Kläger zwar das Bestehen gleichbleibender Kreuzschmerzen beim Gehen, Sitzen und Stehen mit einem lumbalen Ziehen angegeben. Gegen eine schwere Ausprägung dieser Schmerzen spricht allerdings, dass diese nach den Angaben des Klägers bereits seit 1994 nach der erfolgten Bandscheibenoperation fortbestehen, er jedoch in der Lage war, weitere 15 Jahre zu arbeiten, wobei es sich nach seinen Angaben um eine schwere Arbeit in einer Metallfirma gehandelt hat. Die Aufgabe der Arbeit erfolgte auch nicht krankheitsbedingt wegen der Wirbelsäulenproblematik, sondern wegen der Insolvenz der Firma. Dass die Beschwerden der Wirbelsäule sich insoweit nach Ende der Erwerbstätigkeit verschlimmert hätten, lässt sich den Angaben des Klägers und den medizinischen Befunden nicht entnehmen. Insbesondere beruhte die Entlassung des Klägers als arbeitsunfähig aus der Rehabilitationsmaßnahme der AHG Klinik Hardberg nicht auf Wirbelsäulenbeschwerden, sondern auf akut zunehmenden Beschwerden der rechten Schulter, Beschwerden der linken Hand bei längeren Arbeiten sowie Beeinträchtigungen bei langem Stehen und Gehen aufgrund von Kniebeschwerden. Auch der Bericht des Dr. F. vom 06.05.2013, wonach der Kläger über Schmerzen lediglich bei Rumpfbeugung geklagt hat, spricht gegen das Bestehen lang anhaltender, ausgeprägter LWS-Syndrome. Im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der AHG Klinik H. hat der Kläger angegeben, dass im Bereich der LWS Schmerzen zwar immer vorhanden sein, diese aber nicht stark seien und sich beim Bücken verstärkten und er nicht länger laufen könne (Bericht vom 27.07.2012). Nach dem Bericht des Dr. T. vom 04.11.2013, wonach der Kläger über Schmerzen in der rechten Wade geklagt hatte, gab er an, etwa eine halbe Stunde laufen zu können. Eine derartige Einschränkung der Gehstrecke spricht im Vergleich zur Bewertung arterieller Verschlusskrankheiten nach Teil B Nr. 9.2.1 VG, wonach bei einer Claudicatio intermittens mit Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 Meter der GdB 20 betragen soll, nicht für die Annahme schwerer funktioneller Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden. Schließlich entspricht die Einordnung der Auswirkungen der Lendenwirbelsäulenschäden als mittelgradig auch der Einschätzung des PD Dr. W ... Soweit der sachverständige Zeuge Dr. R. den Schweregrad der Bandscheibenschäden der LWS als schwer eingeordnet hat, kann der Senat daraus keinen GdB von 30 herleiten. Das Ausmaß des Wirbelsäulenschadens selbst besagt noch nichts über das Ausmaß der für den GdB relevanten funktionellen Auswirkungen. Befunde, die schwere funktionelle Auswirkungen dokumentieren, hat der sachverständige Zeuge allerdings weder mitgeteilt noch entsprechende Fremdbefunde vorgelegt.
Für den Bereich der Halswirbelsäule kann der Senat dagegen keine mittelgradigen funktionellen Auswirkungen feststellen. Im Bereich der Halswirbelsäule besteht nach dem Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie H. vom 27.10.2009 (Bl. 145 VA) eine deutliche, intraspinal linksbetonte Bandscheibenprotrusion C6/C7 und eine rechtsseitige Nervenwurzelkompression C7 durch einen intraforaminalen Bandscheibenvorfall/Protrusion. Für die maßgebliche Zeit seit Antragstellung sind wenigstens mittelgradige funktionelle Auswirkungen aufgrund der Bandscheibenschäden der Halswirbelsäule nicht dokumentiert. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist nach dem Gutachten des PD Dr. W. bei einem Kinn-Jugulum-Abstand von 1/17 cm, bei einer Beweglichkeit für Vorneigen/Rückneigen von 60/0/60°, für Rotation rechts/links 70/0/70° und Seitneigen rechts/links 20/0/15° nur hinsichtlich des Seitneigens leicht- bis mittelgradig eingeschränkt. Bei der im Übrigen erhaltenen Beweglichkeit sind damit insgesamt keine mehr als leichten Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule festzustellen. Nach dem Bericht des Dr. F. vom 02.02.2015 (Bl. 197 SG-Akte) war die HWS frei beweglich. Im Übrigen finden sich keine Hinweise für relevante Beeinträchtigungen aufgrund Halswirbelsäulenschäden.
Bestehen demnach lediglich mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, beträgt der Einzel-GdB im Funktionssystem Rumpf nur 20.
Die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Schulter bedingen keinen höheren GdB als 10. Nach Teil B Nr. 18. 13 VG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) bei einer nur bis zu 120° möglichen Armhebung mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen GdB von 10. Ein GdB von 20 ist erst bei einer wenigstens bis auf 90° eingeschränkten Armhebung bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit vorgesehen. Letztere kann der Senat nicht feststellen. Im Aufnahmebefund der AHG Klinik H. vom 27.07.2012 ist eine aktiv und passiv freie Beweglichkeit, insbesondere der Gelenke der oberen Extremitäten angegeben. Zwar hat der Kläger beklagt, den rechten Arm nicht über Ellenbogenhöhe anheben zu können. Eine entsprechende Bewegungseinschränkung ist in dem Bericht jedoch nicht objektiviert. In der Befundübersicht des Orthopäden R. (Ausdruck vom 08.10.2012, Bl. 182 VA) findet sich keine auf 90° eingeschränkte Schulterbeweglichkeit. Vielmehr ist für den 13.06.2012 eine Elevation von beidseits 110° angegeben. Dr. R. hat im Bericht vom 05.09.2012 (Bl. 73 SG-Akte) angegeben, die Abduktion über 90° sei schmerzhaft, was nicht auf eine auf 90° eingeschränkte Armhebemöglichkeit hinweist. Im Bericht des Dr. R. vom 05.03.2013 (Bl. 199 VA) ist nach einer kleinen Rotatorenmanschetten-Ruptur rechts mit Z.n. ASK rechte Schulter und subacromialer Dekompression am 14.09.2012 eine am 08.02.2013 noch eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Schultergelenks angegeben. Es wurde eine Abduktion (Abspreizen) bis 90° mitgeteilt. Eine Angabe zur möglichen Arm(-vor-)hebung findet sich in dem Bericht nicht. Im Übrigen kann aufgrund des Berichts noch nicht von einer dauerhaften Beeinträchtigung ausgegangen werden, nachdem der operative Eingriff am rechten Schultergelenk bei der Befunderhebung noch nicht 6 Monate zurücklag. Bei seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge durch das SG hat Dr. R. dann auch eine wieder bis 100° mögliche Abduktion des rechten Schultergelenks angegeben. Dass die Armhebung weitergehend eingeschränkt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Darauf lässt sich auch nach dem von Dr. R. vorgeschlagenen GdB von 10 nicht schließen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine schmerzhafte Bewegung des Schultergelenks auch nicht höher zu bewerten als eine Bewegungseinschränkung. Dafür bieten die VG, die vorrangig auf die Funktionsfähigkeit abstellen und nach welchen der für eine eingeschränkte Funktion vorgesehene GdB-Wert üblicherweise dabei vorhandene Schmerzen mit erfasst (vgl. Teil A Nr. 2 j) VG), keine Grundlage. Soweit PD Dr. W. beim Kläger am 11.04.2016 eine auf 70° verminderte Armhebung erhoben hat, finden sich in dem Gutachten schon keine Ausführungen zur Objektivierung dieses Befundes. Im Übrigen kann derzeit auch noch nicht von einer dauerhaft bestehenden entsprechenden Beeinträchtigung ausgegangen werden. Vor der Begutachtung durch PD Dr. W. ist eine in diesem Ausmaß bestehende Bewegungseinschränkung nicht dokumentiert. Bei Bestehen der Bewegungseinschränkung in diesem Ausmaß über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus, ist es dem Kläger unbenommen, die Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigung des rechten Schultergelenks im Rahmen eines Neufeststellungsantrags geltend zu machen.
Das Karpaltunnelsyndrom bedingt ebenfalls keinen GdB von wenigstens 10. Relevante Funktionsbeeinträchtigungen sind diesbezüglich nicht festzustellen. GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigungen ergeben sich weder aus dem Gutachten des PD Dr. W. noch aus dem Gutachten des Dr. P ...
Dass im Funktionssystem der Beine Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke einen GdB von wenigstens 10 begründen könnten, ist nicht ersichtlich. Es sind als Voraussetzung für einen GdB von wenigstens 10 (vgl. Teil B Nr. 18.14 VG) weder Bewegungseinschränkungen geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis 0-0-90) noch ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ersichtlich. Aus dem Bericht des Orthopäden Riegel vom 05.11.2012 (Bl. 182/183 VA) ergibt sich lediglich eine eben gerade beginnende mediale Gonarthrose rechts und eine Chondropathia patellae rechts. Die Beweglichkeit links für Streckung/Beugung ist mit 0/0/140° und rechts mit 0/0/150° angegeben. Zu den Beschwerden des Klägers ist ausgeführt, die Kniegelenksbeschwerden träten insbesondere beim Aufrichten aus dem Sitzen bzw. aus der Hocke auf, was nicht oder nur schwer möglich sei. Der Kläger hat rezidivierende Schwellungen angegeben. Seitens des Orthopäden Riegel sind jedoch weder Schwellungen noch Ergüsse beschrieben. Der Orthopäde Dr. R. und der Facharzt für Allgemeinmedizin B. haben in ihren sachverständigen Zeugenaussagen Gesundheitsstörungen des Kniegelenks überhaupt nicht mitgeteilt. Auch im ärztlichen Entlassungsbericht der AHG Klinik H. sind keine Bewegungseinschränkungen oder Reizerscheinungen im Bereich der Kniegelenke beschrieben. Ebenso wenig enthalten die Gutachten von Dr. P. und PD Dr. W. Hinweise auf relevante Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke. Nach den eigenen Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter PD Dr. W. hat eine durchgeführte Operation aufgrund der um 2004 links aufgetretenen Knieschmerzen geholfen. Das Fortbestehen von Beschwerden hat der Kläger dabei nicht geltend gemacht.
Die von dem sachverständigen Zeugen Bütow angegebenen Magenbeschwerden bzw. Gastritis des Klägers bedingen keinen GdB von wenigstens 10. Relevante Funktionsbeeinträchtigungen sind insoweit nicht ersichtlich. Nach dem Bericht des pathologischen Instituts Leonberg vom 24.07.2013 (Bl. 49 SG-Akte) wurde keine entzündliche Aktivität, kein Helikobacter pylori und keine intestinale Metaplasie nachgewiesen.
Weitere – bisher nicht berücksichtigte – GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Danach ergibt sich insgesamt weiterhin kein höherer Gesamt-GdB als 30. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Hiervon ausgehend ergibt sich aus Einzel-GdB im Funktionssystem von Kopf und Psyche und im Funktionssystem des Rumpfes von jeweils 20 ein Gesamt-GdB von 30. Die außerdem beim Kläger mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertenden Behinderungen im Funktionssystem der Arme (Schultergelenk) erhöhen den Gesamt-GdB nicht.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG sowie vom Senat durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt. Diese vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Insbesondere ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers zu dem Gutachten des Dr. P. nicht dessen Unverwertbarkeit. Soweit behauptet wird, dass nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen bei einer Somatisierungsstörung ein GdB von 30 bis 40 vorgeschlagen werde, womit sich der Gutachter bei seiner gutachterlichen Einschätzung der Somatisierungen hätte auseinandersetzen müssen, ist dies nicht zutreffend. Die Aufzählung einer somatoformen Störung als Beispiel für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung führt nicht im Sinne eines Regelbeispiels dazu, dass bei Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung eine einen GdB von 30 bedingende stärker behindernde Störung anzunehmen ist. Vielmehr kommt es auch bei somatoformen Störungen auf die konkreten Funktionsbeeinträchtigungen an. Dr. P. hat schon keine Somatisierungsstörung diagnostiziert, sondern lediglich das Bestehen von Somatisierungen angegeben. Im Übrigen war, wie dargestellt, trotz der Somatisierungen keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit des Klägers festzustellen. Auch PD Dr. W., der den Kläger u.a. unter speziell schmerzmedizinischen Gesichtspunkten begutachtet hat, hat keine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Soweit sich der Kläger darauf beruft, der Gutachter hätte das Nichtvorliegen eines Alkoholproblems ausführlicher begründen müssen, ist ein Mangel des Gutachtens für den Senat nicht nachvollziehbar. Nachdem im Gutachten Beeinträchtigungen durch einen vermehrten Alkoholkonsum nicht festgestellt worden sind, worauf allein es für die GdB-Bewertung ankommt, ergibt sich auch keine Erforderlichkeit einer Diskussion einer Alkoholproblematik. Im Übrigen wurde eine Abhängigkeitserkrankung auch von PD Dr. W. nicht festgestellt. Inwieweit der von Dr. P. erhobene psychopathologische Befund ohne schwergradige Auffälligkeiten im Widerspruch dazu stehen soll, dass der Kläger außerhalb der Familie keine Freunde habe, nachts um 3 Uhr wach sei, Angehörige Stimmungsschwankungen beschrieben hätten und er seit 2012 nicht mehr arbeite, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Vielmehr spricht der erhobene weitgehend unauffällige psychische Befund dafür, dass der Kläger trotz nächtlichem Erwachen und Stimmungsschwankungen nicht stärkergradig beeinträchtigt ist, wie bereits dargelegt wurde. Ebenso wenig kann der Senat eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens dadurch erkennen, dass der Gutachter darauf hingewiesen hat, der Kläger sei der deutschen Sprache ausreichend mächtig, dieser dennoch gebeten worden ist, sich in seiner Muttersprache zu äußern. Seitens des Klägers selbst wurde geltend gemacht, dass seine tatsächlichen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Sprachbarriere den behandelnden Ärzten nicht bekannt seien; auch hat er ausdrücklich im Erörterungstermin die Beiziehung eines Dolmetschers beantragt. Vor diesem Hintergrund liegt es nur nahe, dass der Kläger sich in seiner Muttersprache äußert, um zu vermeiden, dass bestehende Beeinträchtigungen verkannt werden.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des Gutachtens von PD Dr. W. vom 11.04.2016 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. stellvertretend Senatsurteil vom 27.11.2015 - L 8 U 2227/14 -, unveröffentlicht; vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 - L 1 U 3854/06 KO-B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.
Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem behinderten Menschen beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen hat bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Dabei kann nicht in jedem Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Antragstellers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 Rn. 11). Diese Voraussetzungen nicht liegen vor. Denn das Gutachten von PD Dr. W. vom 11.04.2016 hat keine zusätzlichen – für die Sachaufklärung bedeutsamen – Gesichtspunkte erbracht und die Sachaufklärung nicht maßgeblich gefördert und war außerdem für die gerichtliche Entscheidung nicht von wesentlicher Bedeutung, wie sich aus den oben dargelegten Urteilsgründen ergibt. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt ist, die Kosten der Begutachtung durch PD Dr. W. auf die Staatskasse zu übernehmen. Der Kläger hat vielmehr die Kosten der Begutachtung sowie seine hierbei angefallenen baren Auslagen endgültig selbst zu tragen.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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