L 19 AS 2102/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AS 2709/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2102/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2015 wird zurückgewiesen. Die zweitinstanzliche Klage wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2012 sowie Entschädigungszahlungen.

Der 1979 geborene Kläger ist rumänischer Staatsangehöriger und arbeitete im Herkunftsland nach Erwerb zweier Studienabschlüsse in Politologie und Ökonomie im kaufmännischen Bereich. Er reiste im August 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ausweislich des Melderegisters der Stadt J ist er seit dem 01.09.2011 durchgehend unter der Adresse X 45, J gemeldet und bewohnt eine vollmöblierte Wohnung, für die eine Pauschalmiete von 300,00 Euro monatlich zu entrichten ist.

Vom 01.10.2011 bis einschließlich 30.09.2013 war der Kläger als Vollzeitstudent für den Masterstudiengang Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen immatrikuliert und betrieb das Studium. Zum 30.09.2013 erfolgte die Zwangsimmatrikulation wegen rückständiger Studiengebühren. In der Zeit vom 03.02.2014 bis zum 22.05.2014 war der Kläger sozialversicherungspflichtig beschäftigt mit einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von 151,67 Stunden bei einem Bruttoentgelt von 8,50 Euro pro Stunde, welches im Folgemonat ausgezahlt wurde und zwar in Höhe von 1.170,20 Euro brutto (983,79 Euro netto) für Februar 2014, 1.289,20 Euro brutto (972,40 netto) für März 2014, 634,95 Euro brutto (558,36 Euro netto) für April 2014 und 346,30 Euro für Mai 2014.

Am 12.01.2012 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2012 - welcher mit "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, Ihr Antrag vom 12.01.2012" überschrieben war - unter Berufung auf § 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 SGB II ab.

Mit dem hiergegen am 20.03.2012 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei unzutreffend, dass er als Student von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Sein Studium sei eine Freizeitbeschäftigung und beschränke seine Arbeitskraft nicht. Er sei auch nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, da er sich nicht allein zur Arbeitssuche, sondern auch zum Studium ab Oktober 2011 in Deutschland aufhalte. Er habe ferner seine Pflichten zur Eingliederung in Arbeit erfüllt. Die von ihm aufgesuchten Arbeitsvermittler hätten die Aufnahme der Vermittlung von der Vorlage eines Bildungsgutscheins abhängig gemacht. Daher sei die Beendigung seiner Hilfebedürftigkeit von der Erteilung eines Vermittlungsgutscheins durch den Beklagten abhängig. Die Erteilung eines Bildungsgutscheins habe der Beklagte verweigert. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Den am 27.05.2013 gestellten Antrag auf einstweilige Verpflichtung des Beklagten zu Gewährung von Grundsicherungsleistungen hat das Sozialgericht Dortmund mit Beschluss vom 13.08.2013 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (LSG NRW, Beschluss vom 10.09.2013 - L 19 AS 1632/13 B ER; Beschluss des BSG vom 10.09.2013 - B 14 AS 290/13 S).

Am 05.07.2012 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Mit Schriftsatz vom 07.10.2015 hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm alle Leistungen nach dem SGB II nebst Zinsen in Höhe von vier vom Hundert auszuzahlen sowie den Beklagten

zur Zahlung eines Lohnausfalls nach §§ 21, 2, 6, 22, 31 AGG für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.01.2014 nebst Verzinsung nach §§ 246, 247, 288 BGB,

einer Entschädigung nach §§ 21,2,6,15, 22, 31 AGG für die Zeit vom 12.01.2012 bis zum 31.01.2014 nebst Verzinsung nach §§ 246, 247, 288 BGB,

einer Entschädigung i.H.v. 50.000,- Euro wegen der Beeinträchtigung der Ausbildung bzw. Weiterbildung gemäß §§ 246, 247, 288 BGB nebst Zinsen

sowie einer Entschädigung i.H.v. 25.000,- Euro wegen Gesundheitsgefährdung bzw. Gesundheitsverletzung gemäß §§ 253, 246, 247, 288 BGB nebst Zinsen

zu verpflichten.

Der Beklagte habe ihm einen Vermittlungsgutschein verweigert und damit die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung verhindert. Die Ablehnung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sei auch Gegenstand des Verfahrens, da der angegriffene Bescheid sämtliche Leistungen nach dem SGB II ablehne. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt, er stelle die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 07.10.2015.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, er wiederspreche ausdrücklich sämtlichen Klageänderungen bzw.- erweiterungen durch den Kläger nach Einreichung der Klage.

Der Kläger ist mit Verfügung vom 12.08.2014 aufgefordert worden, Angaben zu seiner Hilfebedürftigkeit in der Zeit ab Oktober 2013 zu machen und Kontoauszüge vorzulegen. Hieran hat das Sozialgericht mit Schreiben vom 09.10.2014 und 08.12.2014 erinnert. Mit Verfügung vom 04.02.2015 hat das Sozialgericht dem Kläger unter Hinweis auf § 106a Abs. 3 S. 1 SGG eine Frist zur Einreichung der Unterlagen bis zum 11.03.2015 gesetzt. Eine beglaubigte Abschrift der Anordnung wurde dem Kläger am 07.02.2015 zugestellt.

Mit Urteil vom 12.10.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, Streitgegenstand des Verfahrens sei der Antrag des Klägers, den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 09.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2012 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 01.01.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nebst Zinsen in Höhe von vier vom Hundert seit Fälligkeit zu gewähren und ihm Ersatz für Lohnausfall in Höhe von 29.238 Euro, eine Entschädigung in Höhe von 7974 Euro wegen Benachteiligung und Diskriminierung, eine Entschädigung in Höhe von 50.000 Euro wegen Beeinträchtigung seiner Ausbildung bzw. Weiterbildung sowie eine Entschädigung in Höhe von 25.000 Euro wegen Gesundheitsgefährdung und - verletzung jeweils nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger mit ihr die Verurteilung des Beklagten zu Entschädigungen bzw. Schadensersatz und Ersatz von Lohnausfall begehre. Bei diesen Klageanträgen handele es sich um unzulässige Klageänderungen i.S.v. § 99 SGG. Der Kläger habe nach Klageerhebung sein Klagebegehren - die Gewährung laufender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - mit den Schriftsätzen vom 06.05.2013, vom 01.08.2013, vom 09.01.2014 und vom 17.03.2014 auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Entschädigungen, Schadensersatz sowie des Ersatzes eines Lohnausfalls erweitert. Diese Anträge stellten Klageänderungen i.S.v. § 99 Abs. 1 SGG dar. Eine Änderung der Klage sei gemäß § 99 Abs. 1 SGG nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligten oder das Gericht die Änderung für sachdienlich halte. Der Beklagte habe den Klageänderungen weder zugestimmt noch sich inhaltlich zu diesen geäußert und damit auf diese eingelassen. Vielmehr habe er in seinen Schriftsätzen vom 17.06.2013 und 22.07.2013 zum Ausdruck gebracht, Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bzw. hiermit in Zusammenhang stehende Ansprüche sollten nicht Gegenstand des Rechtsstreits sein, sämtlichen Klageerweiterungen durch den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2015 werde nochmals ausdrücklich widersprochen. Die Kammer halte die Klageänderungen auch nicht für sachdienlich.

Ebenso sei die Klage, gerichtet auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, unzulässig.

Die Klage sei unbegründet, soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung laufender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2012 begehre. Streitbefangener Zeitraum sei die Zeit vom 01.01.2012 bis zur mündlichen Verhandlung. Für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.09.2013 sei der Kläger als Student gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger habe der Universität durch seine Immatrikulation als ordentlicher Studierender organisationsrechtlich angehört und die Ausbildung nach eigenen Angaben auch betrieben. Das Studium sei nach den Unterlagen der Universität als Vollzeitstudium angelegt gewesen. Unerheblich sei, ob der Kläger das Studium nur in seiner Freizeit betrieben und daneben auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Sonstige Gesichtspunkte, unter denen dem Kläger im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.09.2013 ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen könnten, seien nicht erkennbar. Der Kläger erfülle nicht die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 6 SGB II; Leistungen nach § 27 SGB II kämen nicht in Betracht.

Für die Zeit ab dem 01.10.2013 lasse sich die Hilfebedürftigkeit des Klägers i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht feststellen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sehe es die Kammer nicht mit hinreichender Sicherheit als erwiesen an, dass der Kläger in dem Zeitraum ab dem 01.10.2013 hilfebedürftig gewesen sei. Es sei nicht feststellbar, dass der sich aus den Regelungen des SGB II ergebende Bedarf des Klägers in dieser Zeit nicht durch den Zufluss von Einkommen oder das Vorhandensein von berücksichtigungsfähigem Vermögen gedeckt gewesen sei. Der sich nach den Vorschriften des SGB II ergebende Bedarf des Klägers setze sich zusammen aus der Regelleistung für Alleinstehende (im Jahr 2013 382 Euro monatlich, im Jahr 2014 391 Euro monatlich und im Jahr 2015 399 Euro monatlich) sowie den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Hinsichtlich letzterer bestünden vorliegend allerdings Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Forderung durch den Vermieter des Klägers, der angegeben habe, trotz eines Mietrückstandes von insgesamt 7.800 Euro (also für insgesamt 26 Monate) keine Maßnahmen ergriffen zu haben. Ausgehend davon, dass der Kläger die Miete tatsächlich nicht entrichtet habe oder insoweit eine ernsthafte Forderung von seinem Vermieter nicht geltend gemacht würde, verbleibe eine Deckungslücke zwischen 382 bis 399 Euro monatlich über etwa zwei Jahre, ausgenommen die Monate März bis Juni 2014, in welchen der Kläger Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt habe. Hinzu kommt auch noch die annähernd gleiche Deckungslücke in der Zeit von 21 Monaten, in welchen der Kläger vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen sei. Bis auf die von ihm nicht entrichteten Studiengebühren für das letzte Semester seines Studiums und Arztrechnungen sei jedoch weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger in dieser Zeit Schulden gemacht hätte, die derzeit noch offen seien Der Kläger habe danach zumindest die laufenden Kosten für die Bedarfe, welche von der Regelleistung umfasst seien, aus anderen Mitteln aufgebracht. Er habe jedoch trotz ausdrücklicher Aufforderung des Gerichts und trotz mehrfacher Erinnerung, weder schriftlich noch mündlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt bestritten hat und auch keine Kontoauszüge vorgelegt.

Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben habe, (gegenwärtig bereits wieder getilgte) Darlehen von Verwandten und Bekannten erhalten zu haben, bleibe ebenfalls unklar, aus welchen Mitteln er diese zurückgezahlt haben will. Auch habe er keine Personen nebst ladungsfähiger Anschrift konkret benannt, welche hierzu hätten Auskunft geben können. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ferner vorgetragen habe - nicht protokolliert -, er sei seit Februar 2014 bei mehreren Arbeitgebern durchgängig erwerbstätig gewesen, so habe er für die Zeit ab 23.05.2014 keine Nachweise vorgelegt oder nähere Angaben gemacht, die dem Gericht eine Überprüfung bzw. weitere Ermittlungen ermöglicht hätten. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, er sei bereit, seine Kontoauszüge für den streitgegenständlichen Zeitraum nachzureichen und - nicht protokolliert - auch hinsichtlich seiner fortlaufenden Erwerbstätigkeit seit Mai 2014 Angaben zu machen, er habe im Übrigen von Darlehen gelebt, weise die Kammer die Angabe dieser Tatsachen bzw. diese Beweismittel gemäß § 106a Abs. 3 S. 1 SGG zurück. Der Kläger sei mit richterlicher Verfügung vom 12.08.2014 aufgefordert worden, Angaben zu seiner Hilfebedürftigkeit in der Zeit ab Oktober 2013 zu machen und Kontoauszüge für die Zeit ab dem 01.10.2013 vorzulegen. Hieran sei mit Schreiben vom 09.10.2014 und 08.12.2014 erinnert worden. Mit Verfügung vom 04.02.2015 habe das Gericht dem Kläger eine Frist zur Einreichung der Unterlagen bis zum 11.03.2015 gesetzt. Die Verfügung habe den Hinweis enthalten, dass das Gericht gem. § 106a Abs. 3 S. 1 SGG Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Kläger die Verspätung nicht genügend entschuldige. Eine beglaubigte Abschrift der Anordnung sei dem Kläger am 07.02.2015 zugestellt worden. Der Kläger habe bis einschließlich der mündlichen Verhandlung keine Kontoauszüge vorgelegt und erst in der mündlichen Verhandlung teilweise Angaben dazu gemacht, wie er seinen Lebensunterhalt gesichert haben will (Darlehen, Erwerbstätigkeit) und angeboten, die Kontoauszüge nachzureichen und Darlehensgeber und Arbeitgeber zu benennen. Die Zulassung dieser Beweismittel bzw. Einholung von Belegen bzgl. der Angaben des Klägers hätte nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, da sie eine Vertagung der mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätte, um mögliche Darlehensgeber - falls der Kläger diese überhaupt noch konkret benannt hätte - als Zeugen vernehmen zu können und um den Eingang der weiteren Unterlagen (Kontoauszüge, Arbeitsverträge, Lohnbescheinigungen der Arbeitgeber) abzuwarten. Bei Nichtberücksichtigung war der Rechtsstreit hingegen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif; Entschuldigungsgründe hat der Kläger nicht vorgebracht.

Dem Gericht sei es auch nicht i.S.d. § 106a Abs. 3 S. 3 SGG möglich gewesen, mit geringem Aufwand den Sachverhalt ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln. Die gerichtlichen Ermittlungsmöglichkeiten seien gerade bei Vorgängen, die im persönlichen Lebensbereich des Klägers liegen, eingeschränkt. Die geforderten Informationen hätten ohne Mitwirkungshandlungen des Klägers nicht erlangt werden können.

Das Gericht sei danach berechtigt, die nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebrachten Angaben und Belege des Klägers unberücksichtigt zu lassen. Eine Abwägung der dem Kläger durch die Präklusion drohenden Rechtsnachteile mit dem Ziel der Vorschrift, Beschleunigung des Verfahrens, rechtfertige vorliegend auch die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens des Klägers. Angesichts der zu erwartenden Verzögerung des Verfahrens sei vorliegend - auch im Hinblick auf das gesamte bisherige prozessuale Verhalten des Klägers - eine weitere Sachaufklärung nicht angezeigt, auch wenn hierdurch der Kläger ihm ggfs. materiell-rechtlich zustehende Ansprüche nach dem SGB II nicht realisieren könne. Dem Kläger sei die Sach- und Rechtslage in der Verfügung des Gerichts vom 12.08.2014 ausführlich dargelegt worden. Die zwingende Erforderlichkeit der angeforderten Angaben und Belege sei für ihn daher ohne Weiteres offensichtlich gewesen. Eine besondere Schutzwürdigkeit des Klägers sei nicht ersichtlich. Die Vielzahl seiner Schriftsätze zeige bereits, dass er zur Erfüllung der gerichtlichen Aufforderungen im schriftlichen Verfahren in der Lage gewesen wäre. Das bisherige prozessuale Verhalten des Klägers erwecke vielmehr den Eindruck, dass er nicht bereit ist, seiner prozessualen Mitwirkungslast nachzukommen. So habe der Kläger z.B.mit Schriftsatz vom 02.09.2014 erklärt, er nehme keine Beratung durch das Gericht an und habe in der mündlichen Verhandlung - nicht protokolliert - angegeben, er habe die Erfüllung der gerichtlichen Verfügung nicht für nötig befunden, da ihm sämtliche geltend gemachte Ansprüche unzweifelhaft zustünden. Demgegenüber ständen zwar mögliche Ansprüche des Klägers auf existenzsichernde Leistungen und damit mit erheblicher Bedeutung, es ist jedoch in die Abwägung ferner einzubeziehen, dass bei Berücksichtigung der Angaben eine ganz erhebliche und unabsehbare zeitliche Verzögerung eintreten würde, da umfangreiche weitere Ermittlungen durch das Gericht erforderlich würden (Zeugenvernahmen hinsichtlich der Darlehen, Anforderung der Unterlagen mehrerer Arbeitgeber, Sichtung und ggf. Rückfragen hinsichtlich der Kontoauszüge). Vor diesem Hintergrund gehe nach Würdigung aller Umstände die Beschleunigung des Verfahrens den Interessen des Klägers an einer weiteren Sachaufklärung vor. Sonstige Gründe, von der Zurückweisung abzusehen, seien für die Kammer nicht erkennbar geworden.

Nach den zu berücksichtigenden Angaben des Klägers und den bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten Belegen sei eine Hilfebedürftigkeit des Klägers i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II in dem o.a. Zeitraum nicht mit hinreichender Sicherheit gegeben. Die Kammer habe aus der persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 12.10.2015 den Eindruck gewonnen, der Kläger habe hinsichtlich seiner finanziellen Situation keine vollständigen Angaben gemacht. Im Hinblick auf die vorstehenden Tatsachenfeststellungen reiche aber das bloße Bestreiten des Erzielens von Einkommen bzw. des Vorhandenseins von Vermögen nicht aus. Ein Antragsteller auf Leistungen nach dem SGB II habe bei der Berücksichtigung von Einkommen und von Vermögen bei der Aufklärung des Sachverhalts Mitwirkungsobliegenheiten (BSG, Urteile vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R und vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R). Der Kläger trage die Beweislast für die Feststellung seiner Hilfebedürftigkeit.

Gegen das ihm am 17.11.2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 19.12.2015. In den Schriftsätzen vom 08.12.2015 und 04.04.2016 und 27.04.2016 beantragt der Kläger,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2105 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten,

ihm alle Leistungen nach dem SGB II mit vier vom Hundert verzinst zu leisten, die zweckentsprechenden entstandenen Kosten zu erstatten,

den Lohnausfall für die Zeit vom 01.04.2012 bis einschließlich 31.01.2014 zu ersetzen, diese Zahlung zu verzinsen,

eine Entschädigung in Höhe von drei durchschnittlichen Monatslöhnen pro Kalenderjahr im Zeitraum vom 12.01.2012 bis 31.01.2014 sowie Zinsen hierauf zu zahlen,

ihm eine Entschädigung von 60.000,- Euro wegen Beeinträchtigung seiner Ausbildung bis zur Auszahlung verzinst zu leisten,

ihm eine Entschädigung von 25.000,- Euro wegen Gesundheitsgefährdung, auch wegen Gesundheitsverletzung, verzinst bis zur Auszahlung zu leisten,

ihm wegen vorsätzlicher und wiederholter Verletzung seiner Rechte aus dem Grundgesetz, der EU-Grundrechte- Charta, der EMRK eine Entschädigung in Höhe von 100.000,- Euro, verzinst bis zur Auszahlung zu zahlen,

ihm Schadensersatz für bisher entstandene wie auch für zukünftig zu erwartende Schäden aus Zwangsvollstreckungsverfahren wegen Studiengebühren und entstandener bislang nicht beglichener Arztrechnungen zu leisten.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, nach dem Grundgesetz seien die Gerichte und die Behörden zur gegenseitigem Amts- und Rechtshilfe verpflichtet und daher bestehe er darauf, dass der Senat eine Auskunft beim Finanzamt hinsichtlich seiner Arbeitgeber und seines Verdienstes ab Februar 2014 einhole. Er werde keine Auskunft zu Namen und Adressen der Arbeitgeber, Dauer der Beschäftigungszeiten und Höhe des Entgeltes geben. Er bestehe auf die Durchführung des Verfahrens nach Art. 35 GG d.h. auf Einholung einer amtlichen Auskunft. Trotz Aufforderung des Senats lege er die verlangten Kontoauszüge nicht vor. Er habe das Geld von seinen Arbeitgebern rechtmäßig erhalten. Seine Arbeitgeber hätten rechtmäßig gehandelt. Er bestehe auf Einholung von amtlichen Auskünften. Die Einholung von amtlichen Auskünften sei zur Aufklärung des Sachverhaltes ausreichend. Er habe mit dem Beigeladenen nichts zu tun. Er habe keine Ansprüche gegenüber dem Beigeladenen geltend gemacht. Er nehme auf seine Ausführungen in der Berufungsschrift vom 08.12.2015 und in den Schreiben vom 04.04.2016 und vom 27.04.2016 Bezug.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 10.02.2016 ist der Kläger auf denkbare Hinderungsgründe seines Leistungsanspruches auf Grundsicherungsleistungen sowie in Betracht kommende Ansprüche nach dem SGB XII hingewiesen worden. Es ist unter Fristsetzung nach § 106a SGG zum 26.02.2016 zur Darlegung seiner Bedarfe, der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunftskosten sowie der Vorlage vollständiger Kontenauszüge vom 01.01.2012 bis 31.01.2014 zusammen mit einer Versicherung, dass weiteres als das durch Kontenauszüge belegte Vermögen nicht bestanden hat aufgefordert worden. Mit Schreiben vom 27.04.2016 ist der Kläger aufgefordert worden, spätestens in der Sitzung am 09.05.2016 mitzuteilen, bei welchen Arbeitgebern er unter Angabe von Namen und Anschrift der jeweiligen Arbeitgebern in welchem Zeiträumen beschäftigt war bzw. ist, die Entgeltabrechnungen für die Zeit ab dem 23.05.2014 bis 30.04.2016 vorzulegen und die Kontoauszüge für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 30.064.2014 sowie die Schreiben vom 10.02.2016 angeforderten Unterlagen und Angaben vorzulegen.

Mit Beschluss vom 25.02.2016 hat der Senat die Stadt J als Sozialhilfeträgerin beigeladen. Der Senat hat eine Auskunft von der Firma H Personalmanagement GmbH eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die beigezogenen Akte des Sozialgerichts Dortmund S 27 AS 2503/13 ER und der Ausländerakte der Stadt J Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet (A). Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen sind unzulässig (B).

A. Die Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gegenüber dem Beklagten zu (I). Soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, insbesondere die Ausstellung eines Vermittlungsgutschein begehrt, ist die Klage unzulässig (II). Die Klage auf Verzinsung der Leistungen nach dem SGB II ist unzulässig (III). Dem Kläger steht gegenüber dem Beigeladenen auch kein Anspruch auf Sozialhilfe gemäß §§ 19, 27ff SGB XII zu (IV). Die Klagen auf Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines Lohnausfalls und einer Entschädigung sind unbegründet (V). Die Klagen des Klägers auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 50.000,00 EUR wegen der Beeinträchtigung der Ausbildung bzw. Weiterbildung sowie einer Entschädigung i.H.v. 25.000,00 EUR wegen Gesundheitsgefährdung bzw. Gesundheitsverletzung, sind unzulässig (VI).

I. Der angefochtene Bescheid vom 09.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2012 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gegenüber dem Beklagten zu.

In der Zeit vom 01.01.2012 bis zum 03.02.2014 greift zu Ungunsten des Klägers der Leistungsauschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ein. Die Voraussetzungen für das Bestehen von Aufenthaltsrechten aus §§ 2, 3, 4, 4a FreizügG/EU sind nicht erwiesen. Es ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag des Klägers Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in diesem Zeitraum als Arbeitnehmer beschäftigt war (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU), eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübte (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU) oder sich zum Zwecke, Dienstleistungen zu erbringen oder in Anspruch zu nehmen, in der Bundesrepublik aufhielt (§ 2 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 FreizügG/EU). Die Voraussetzungen für ein nachwirkendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 FreizügG/EU sind nicht ersichtlich. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers zog er auch nicht einem freizügigkeitsberechtigten Familienmitglied nach (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 FreizügG/EU). Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 4a FreizügG/EU) nicht gegeben. Anhaltspunkte für ein Aufenthaltsrecht nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. 4 FreizügG/EU bestehen nicht. Ob der Kläger über ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU verfügte, kann dahinstehen. Denn dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II unterfallen sowohl Unionsbürger mit einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche als auch ohne materielles Aufenthaltsrecht (BSG, Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R). Anhaltspunkte für das Bestehen ein anderes Aufenthaltsrecht im Sinne des AufenthG (vgl. zur Prüfung von Aufenthaltsrechten i.S.d. AufenthG BSG, Urteile vom 03.12.2015 - B 4 AS 59/13 R -, - B 4 AS 44/15 R - und - B 4 AS 43/15 B ER) ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag des Klägers.

Für die Zeit ab dem 04.02.2014 sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht gegeben. Zur Überzeugung des Senats ist nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass der Kläger im Zeitraum vom 04.02.2014 bis 09.05.2016, dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II gewesen ist. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt und durch Vorlage von Unterlagen belegt, dass er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen decken konnte. Der Senat ist nicht gehalten gewesen, bei dem zuständigen Finanzamt entsprechend der Anregung des Klägers nachzufragen, welche Arbeitgeber Daten des Klägers abgerufen haben. Denn eine solche Auskunft stellt kein geeignetes Beweismittel dar. Entscheidend für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II ist u.a. welche bereite Mittel einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigen im jeweiligen Monat zur Deckung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. Hierfür ist u. a. der Zufluss vom Arbeitsentgelt maßgeblich. Aus einer Auskunft des Finanzamts würden sich die Höhe und der Zeitpunkt des monatlich ausgezahlten Arbeitsentgelts nicht ergeben. Der Kläger hat sich auch nach Hinweis auf seine Mitwirkungsobliegenheiten in der mündlichen Verhandlung geweigert, Auskunft über die Namen und Adressen der Arbeitgeber, der Dauer der Beschäftigungszeiten und der Höhe des Entgelts zu geben bzw. die Kontoauszüge ab Februar 2014 vorzulegen. Er trägt die Beweislast für das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit.

II. Soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, insbesondere die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins begehrt, ist die Klage unzulässig. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 und 4 SGG wegen des Fehlens eines Verwaltungsaktes unzulässig. Denn der Beklagte hat bislang keine Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gemäß § 16 SGB II getroffen. Regelungsinhalt des angefochtenen Bescheides vom 09.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2012 ist nur die Ablehnung der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 19ff SGB II, nicht von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

III. Die Klage auf Verzinsung der Leistungen nach dem SGB II ist unzulässig. Das Begehren des Klägers, den Beklagten zu einer Verzinsung der rückständigen Leistungen nach dem SGB II zu verpflichten, ist unstatthaft. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Verzinsung eines Nachzahlungsbetrages kann sich allenfalls aus § 44 SGB I ergeben, da in Verfahren betreffend Sozialleistungsansprüche vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit keine Prozesszinsen entsprechend § 291 BGB anfallen (vgl. BSG Urteil vom 13.07.2010 - B 8 SO 10/10 R). Eine Entscheidung des Beklagten über einen Zinsanspruch des Klägers nach § 44 SGB I ist bislang nicht ergangen. Damit ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 und 4 SGG wegen des Fehlens eines Verwaltungsaktes unzulässig. Der Kläger kann sein Begehren auch nicht in Form einer reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG verfolgen, da zwischen ihm und dem Beklagten hinsichtlich des Zinsanspruchs aus § 44 SGB I kein Gleichordnungsverhältnis besteht.

IV. Dem Kläger steht gegenüber dem Beigeladenen kein Anspruch auf Sozialhilfe gemäß §§ 19, 27ff SGB XII zu. Dahinstehen kann deshalb, ob die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung als Verzicht auf Sozialhilfeansprüche i.S.v. § 46 Abs. 1 SGB I auszulegen ist.

Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ist für die Zeit vom 01.10.2012 bis zum 30.09.2013 gemäß § 22 SGB XII ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden. (§ 22 Abs. 1 SGB XII i.d.F. ab dem 01.01.2008 007, Gesetz vom 23.12.2007, BGBl. I 3254 - a.F. -; § 22 Abs. 1 SGB XII i.d.F.ab dem 01.04.2012, Gesetz vom 20.12.2011, BGBl. I 2854 - n.F.). Bei dem vom Kläger betriebenen Studium handelt es sich um eine im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderbare Ausbildung (§§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 5, 3 BAföG). Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts zum inhaltlich identischen Leistungsauschluss in § 7 Abs. 5 SGB II Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII a.F. bzw. n.F. ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag des Klägers (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 04. 08. 2014 - L 9 SO 279/14 B ER). Zugunsten des Klägers greift auch die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 2 SGB XII a.F. bzw. § 22 Abs. 2 SGB XII n.F.nicht ein.

Für die Zeit ab dem 01.10.2013 ist nicht erwiesen, dass der Kläger hilfebedürftig i.S.v. § 19 Abs. 1 SGB XII ist. Danach ist Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Es steht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger in der Zeit ab dem 01.10.2014 nicht in der Lage gewesen ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten, Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die obigen Ausführungen zur (fehlenden) Hilfebedürftigkeit i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II.

V. Dahinstehen kann, ob die Einlassungen des Beklagten in den Schriftsätzen vom 09.09.2013 und 12.11.2013 zu den vom Kläger mit Schriftsätzen vom 01.08.2013 und vom 23.09.2013 erhobenen Klagen auf Verpflichtungen zur Zahlung eines Lohnausfalls und einer Entschädigung als Einwilligung i.S.v. § 99 Abs. 1 SGG zu werten sind (vgl. zur stillschweigenden Einwilligung: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11 Aufl., § 99 Rn. 9 m.w.N.).

Jedenfalls sind die Klagen unbegründet. Der Kläger kann keinen Anspruch auf Ausgleich von Lohnausfall und Entschädigung aus den Vorschrift des AGG herleiten. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 AGG gelten für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch § 33c SGB I und § 19a SGB IV. Nach dieser Ausnahme findet das AGG auf den vom Kläger gerügten Sachverhalt - Nichterteilung eines Vermittlungsgutscheins nach § 16 SGB II - keine Anwendung. Die dem SGB eigenen Regelungen haben nach dem Willen des Gesetzgebers einen unbedingten Vorrang, sobald Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch betroffen sind (Broy in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 2 AGG, Rn. 49; Bt-Drs. 16/1780 S. 32).

Andere Rechtsgrundlagen für die vom Kläger geltend gemachte Ansprüche sind nicht ersichtlich, zumal der Beklagte im Zeitraum vom 12.01.2012 bis 30.01.2014 nicht berechtigt gewesen wäre, dem Kläger einen Vermittlungsgutschein gemäß § 16 SGB II zu erteilen. Voraussetzung für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gemäß § 16 SGB II ist die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 7/13 R -, SozR 4-4200 § 16 Nr. 14). Der Kläger ist in der Zeit vom 12.01.2102 bis zum 30.01.2014 nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen gewesen, siehe oben.

VI. Die Klagen auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 50.000,- EUR wegen einer Beeinträchtigung der Ausbildung bzw. Weiterbildung sowie einer Entschädigung i.H.v. 25.000,- EUR wegen Gesundheitsgefährdung bzw. Gesundheitsverletzung sind unzulässig. Es handelt sich um unzulässige Klageänderungen i.S.v. § 99 Abs. 1 SGG. Der Senat nimmt Bezug auf die erstinstanzlichen Ausführungen (§ 153 Abs. 2 SGG). Dies gilt auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren vorgenommen Erweiterung des Entschädigungsanspruchs wegen einer Beeinträchtigung der Ausbildung bzw. Weiterbildung von 50.000,- EUR auf 60.000,- EUR.

B. Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen sind unzulässig.

Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren beansprucht hat, der Beklagte müsse ihm wegen vorsätzlicher und wiederholter Verletzung seiner Rechte aus dem Grundgesetz, der EU-Grundrechte- Charta, der EMRK eine Entschädigung in Höhe von 100.000,- Euro, verzinst bis zur Auszahlung zahlen und ihm Schadensersatz für bisher entstandene wie auch für zukünftig zu erwartende Schäden aus Zwangsvollstreckungsverfahren wegen Studiengebühren und bislang nicht beglichenen Arztrechnungen leisten, handelt es sich um Klageänderungen i.S.v. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG. Es handelt sich um neue Klagebegehren, die weder im Verwaltungsverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen worden waren. Die Klageänderungen sind nicht zulässig, da die übrigen Beteiligten in die Klageänderung nicht eingewilligt haben und sie auch nicht sachdienlich sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.

Straßfeld Dr. Saitzek Lütz
Rechtskraft
Aus
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