Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 33 SF 422/13 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 177/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. Dezember 2013 (richtig: 9. Dezember 2015) und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gotha (Az.: S 10 AS 6376/10).
Mit der im August 2010 erhobenen Klage (Az.: S 10 AS 6376/10) hatten die von der Be-schwerdeführerin vertretenen Klägerinnen höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozi-algesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2010 begehrt. Die berück-sichtigten Kosten der Unterkunft (KdU) entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen; die nachgewiesenen KdU seien der Höhe nach angemessen und mit Ausnahme der Kosten für die Warmwasserversorgung auch vollständig als Bedarf anzuerkennen. Zudem sei der angegriffene Bescheid bereits wegen des Verstoßes gegen die Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II teilweise rechtswidrig. Unter dem 29. August 2012 teilte Rechtsanwältin W. mit, dass mit der Klage im streitigen Zeitraum für die Klägerin zu 2 noch 1,29 EUR monatlich begehrt werden, mithin 7,74 EUR insgesamt. Unter dem 30. August 2012 erklärte die Beklagte, sie erkenne den mit Schriftsatz vom 29. August 2012 geltend gemachten Betrag in Höhe von 7,74 EUR an. Mit Beschluss vom 3. September 2012 hat das Sozialgericht (SG) den Klägerinnen Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwältin W. beigeordnet. Unter dem 10. September 2012 erklärte Rechtsanwältin W., sie nehme das Teilanerkenntnis vom 30. August 2012 an und erkläre den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.
Unter dem 14. September 2012 beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG 170,00 Euro Erhöhungsgebühr 1 Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 431,00 Euro USt 81,89 Euro Summe 512,89 Euro
Nach Anhörung der Beklagten setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 in dem Rechtsstreit der Klägerinnen vertreten durch die Beschwerdeführerin gegen die Beklagte die der Rechtsanwältin K. W. im Rahmen der Prozesskostenhilfe zustehende Vergütung auf 115,67 Euro fest. Sie ermittelte die festzu-setzenden Gebühren unter Berücksichtigung des Punkteschemas nach dem sogenannten "Kieler Kostenkästchen" (vgl. hierzu: Senatsbeschluss vom 6. November 2014 - Az.: L 6 SF 1022/14 B) und setzte die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 60,00 EUR, die Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG in Höhe von 18 EUR sowie die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG auf 19,20 EUR fest.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin Erinnerung eingelegt und vorgetragen, die Verfahrens-gebühr sei auf 170 EUR (Mittelgebühr) festzusetzen. Des Weiteren sei die Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG festzusetzen. Es sei lediglich ein Teilanerkenntnis angenommen worden. Im Rubrum beim SG wird die Beschwerdeführerin als Erinnerungsführerin ausgewiesen. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 (richtig: 9. Dezember 2015) hat das SG die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 im Klageverfahren S 10 AS 6376/10 zurückgewiesen.
Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 14. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und die Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 512,89 EUR beantragt. Der Beschwerdegegner vertritt die Ansicht, der Kos-tenfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG sei grob rechtswidrig und damit nichtig und tatsächlich wirkungslos. Er verweist auf den Senatsbeschluss vom 12. Mai 2015 (Az.: L 6 SF 115/15 B, nach juris). Die Beschwerdeführerin hat daraufhin ebenfalls die Zurückverweisung an das SG beantragt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 1. März 2016) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats. Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis 1. August 2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführerin ist davor erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG).
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden, denn wegen der fehlerhaften Rechts-mittelbelehrung gilt die Jahresfrist. Die Beschwerdefrist beträgt nach den §§ 56 Abs. 2, § 33 Abs. 3 RVG zwei Wochen (nicht: ein Monat) und die Einlegung der Beschwerde beim Thüringer Landessozialgericht nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG wahrt sie nicht (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2013 - L 6 SF 840/13 B).
Der Kostenfestsetzungsbeschluss der UdG vom 20. Juni 2013 und der Beschluss der Vorinstanz waren aufzuheben. Für jedermann erkennbar und damit grob rechtswidrig hatte die UdG den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 gegen Unbeteiligte (Klägerin und Beklagte) erlassen. Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 12. Mai 2015 - Az.: L 6 SF 115/15 B bereits ausgeführt, dass am Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG nur die im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwälte und die Staatskasse beteiligt sind. Gegenüber den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens entfaltet die Entscheidung der UdG keine Rechtskraftwirkung (vgl. Müller Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 55 RVG Rn. 5). Daher ist dieser Beschluss gegen die unbeteiligten Dritten nichtig und tatsächlich wirkungslos (vgl. Senatsbeschluss vom 1. September 2011 - Az.: L 6 SF 1070/11 B). Die Vorinstanz hätte diesen Beschluss nur aufheben und damit seinen Rechtsschein beseitigen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1994 - LwZB 5/94, nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 125 Rn. 5c). In der Sache war ihr mangels Festsetzung keine Entscheidung möglich. Eine Änderung des Rubrums kam nicht in Betracht. Sie kann den Fehler nicht beseitigen, denn eine Entscheidung zwischen den Beteiligten lag damit immer noch nicht vor. Nachdem die notwendige Vorentscheidung der UdG fehlt, ist auch der Beschluss der Vorinstanz nichtig. Zu einer eigenen Festsetzung nach § 55 Abs. 1 RVG ist sie nicht berechtigt. Die UdG des SG Gotha hat daher über den Festsetzungsantrag der Beschwerdegegnerin zu entscheiden.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 59 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gotha (Az.: S 10 AS 6376/10).
Mit der im August 2010 erhobenen Klage (Az.: S 10 AS 6376/10) hatten die von der Be-schwerdeführerin vertretenen Klägerinnen höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozi-algesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2010 begehrt. Die berück-sichtigten Kosten der Unterkunft (KdU) entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen; die nachgewiesenen KdU seien der Höhe nach angemessen und mit Ausnahme der Kosten für die Warmwasserversorgung auch vollständig als Bedarf anzuerkennen. Zudem sei der angegriffene Bescheid bereits wegen des Verstoßes gegen die Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II teilweise rechtswidrig. Unter dem 29. August 2012 teilte Rechtsanwältin W. mit, dass mit der Klage im streitigen Zeitraum für die Klägerin zu 2 noch 1,29 EUR monatlich begehrt werden, mithin 7,74 EUR insgesamt. Unter dem 30. August 2012 erklärte die Beklagte, sie erkenne den mit Schriftsatz vom 29. August 2012 geltend gemachten Betrag in Höhe von 7,74 EUR an. Mit Beschluss vom 3. September 2012 hat das Sozialgericht (SG) den Klägerinnen Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwältin W. beigeordnet. Unter dem 10. September 2012 erklärte Rechtsanwältin W., sie nehme das Teilanerkenntnis vom 30. August 2012 an und erkläre den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.
Unter dem 14. September 2012 beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG 170,00 Euro Erhöhungsgebühr 1 Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 431,00 Euro USt 81,89 Euro Summe 512,89 Euro
Nach Anhörung der Beklagten setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 in dem Rechtsstreit der Klägerinnen vertreten durch die Beschwerdeführerin gegen die Beklagte die der Rechtsanwältin K. W. im Rahmen der Prozesskostenhilfe zustehende Vergütung auf 115,67 Euro fest. Sie ermittelte die festzu-setzenden Gebühren unter Berücksichtigung des Punkteschemas nach dem sogenannten "Kieler Kostenkästchen" (vgl. hierzu: Senatsbeschluss vom 6. November 2014 - Az.: L 6 SF 1022/14 B) und setzte die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 60,00 EUR, die Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG in Höhe von 18 EUR sowie die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG auf 19,20 EUR fest.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin Erinnerung eingelegt und vorgetragen, die Verfahrens-gebühr sei auf 170 EUR (Mittelgebühr) festzusetzen. Des Weiteren sei die Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG festzusetzen. Es sei lediglich ein Teilanerkenntnis angenommen worden. Im Rubrum beim SG wird die Beschwerdeführerin als Erinnerungsführerin ausgewiesen. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2013 (richtig: 9. Dezember 2015) hat das SG die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 im Klageverfahren S 10 AS 6376/10 zurückgewiesen.
Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 14. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und die Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 512,89 EUR beantragt. Der Beschwerdegegner vertritt die Ansicht, der Kos-tenfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG sei grob rechtswidrig und damit nichtig und tatsächlich wirkungslos. Er verweist auf den Senatsbeschluss vom 12. Mai 2015 (Az.: L 6 SF 115/15 B, nach juris). Die Beschwerdeführerin hat daraufhin ebenfalls die Zurückverweisung an das SG beantragt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 1. März 2016) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats. Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis 1. August 2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführerin ist davor erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG).
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden, denn wegen der fehlerhaften Rechts-mittelbelehrung gilt die Jahresfrist. Die Beschwerdefrist beträgt nach den §§ 56 Abs. 2, § 33 Abs. 3 RVG zwei Wochen (nicht: ein Monat) und die Einlegung der Beschwerde beim Thüringer Landessozialgericht nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG wahrt sie nicht (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2013 - L 6 SF 840/13 B).
Der Kostenfestsetzungsbeschluss der UdG vom 20. Juni 2013 und der Beschluss der Vorinstanz waren aufzuheben. Für jedermann erkennbar und damit grob rechtswidrig hatte die UdG den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni 2013 gegen Unbeteiligte (Klägerin und Beklagte) erlassen. Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 12. Mai 2015 - Az.: L 6 SF 115/15 B bereits ausgeführt, dass am Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG nur die im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwälte und die Staatskasse beteiligt sind. Gegenüber den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens entfaltet die Entscheidung der UdG keine Rechtskraftwirkung (vgl. Müller Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 55 RVG Rn. 5). Daher ist dieser Beschluss gegen die unbeteiligten Dritten nichtig und tatsächlich wirkungslos (vgl. Senatsbeschluss vom 1. September 2011 - Az.: L 6 SF 1070/11 B). Die Vorinstanz hätte diesen Beschluss nur aufheben und damit seinen Rechtsschein beseitigen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1994 - LwZB 5/94, nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 125 Rn. 5c). In der Sache war ihr mangels Festsetzung keine Entscheidung möglich. Eine Änderung des Rubrums kam nicht in Betracht. Sie kann den Fehler nicht beseitigen, denn eine Entscheidung zwischen den Beteiligten lag damit immer noch nicht vor. Nachdem die notwendige Vorentscheidung der UdG fehlt, ist auch der Beschluss der Vorinstanz nichtig. Zu einer eigenen Festsetzung nach § 55 Abs. 1 RVG ist sie nicht berechtigt. Die UdG des SG Gotha hat daher über den Festsetzungsantrag der Beschwerdegegnerin zu entscheiden.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 59 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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