S 14 KR 120/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 120/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Vertragsfreiheit der Krankenkassen nach § 127 Abs. 2 SGB V kann nicht dazu führen, andere Leistungsanbieter willkürlich vom Marktzugang fernzuhalten. Andererseits ist die Krankenkasse berechtigt, Produkte in einem Vertrag zusammenzufassen und den Vertrag an weitere qualitative Voraussetzungen zu binden. Einschränkungen zu solchen Verträgen sind dann ohne Wirkung bzw. führen nicht zum Vertragsbeitritt, wenn die Vertragsbestandteile der Sicherung der Versorgungsqualität der Hilfsmittelversorgung dienen. Ein Teilbeitritt ist nicht erst dann ausgeschlossen, wenn durch den Teilbeitritt die Versorgung der Versicherten gefährdet wird.
2. Ein Vertrag nach § 127 Abs. 2 SGB V über die mobile Sauerstoffversorgung kann die verschiedenen Darreichungsformen zusammenfassen. Ein Teilbeitritt unter Außerachtlassung der Flüssigsauerstoffversorgung ist unwirksam.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Feststellung des Beitritts nach § 127 Abs. 2 SGB V zu einem Vertrag der Beklagten über die mobile Sauerstoffversorgung für die (Teil )Versorgungsbereiche Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren mit Wirkung zum 15.10.2014.

Die Klägerin ist als Leistungserbringerin von Hilfsmitteln mit verschiedenen Betriebsstätten u.a. auch im Versorgungsbereich 14 Sauerstofftherapie tätig. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse. Zwischen den Beteiligten galt zuletzt bis zum 30.09.2014 ein Rahmenvertrag über die Lieferung von Rehabilitationshilfsmitteln. Die Beklagte bot der Landesinnung Hessen für Orthopädie-Technik im Kündigungsschreiben vom 26.06.2014 an, ein Angebot für den neuen Vertrag über die Lieferung von Sauerstoff abzugeben. Die Beklagte machte eine "Vereinbarung über die Versorgung mit Hilfsmitteln zur Sauerstofftherapie der Produktgruppe 14" als Beitrittsvertrag bekannt. § 5 Abs. 13 bis 16 des Vertrages regelt die Bereiche Druckversorgung (GOX), Flüssigsauerstoffversorgung, Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren.

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 14.10.2014 den Teilbeitritt zu diesem Vertrag. Der Teilbeitritt umfasste die Produktgruppen Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren, nicht aber die Produktgruppe Flüssigsauerstoffversorgung. Sie verwies auf ein Schreiben der Landesinnung vom 10.10.2014 und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 20.02.2012 - L 9 KR 389/11 B ER - (irrtümlich mit Datum vom 20.02.2014 angegeben).

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 31.10.2014 darauf hin, dass nach SG Duisburg, Beschluss v. 28.03.2012 - S 31 KR 617/11 ER - ein Teilbeitritt nicht möglich sei und dass der Vertrag nicht mehrere Versorgungsbereiche zusammenfasse, sondern nur mehrere Unterproduktgruppen. Es gehe um die Versorgung mit "Mobil"-Sauerstoff. Es werde einzig und allein in der Darreichungsform unterschieden. Der Leistungserbringer müsse die für jeden Versicherten geeignete und wirtschaftliche Darreichungsform (Druckgas, Flüssiggas oder mobiler Konzentrator je nach benötigter Menge) auswählen und den Versicherten damit versorgen, ggf. habe er auf eine andere Versorgungsform umzusteuern. Ein Teilbeitritt würde Sinn und Zweck des Vertrages gänzlich konterkarieren, da u. U. ein anderer Leistungserbringer bei einer Umversorgung herangezogen werden müsste. Dem Vertragspartner stehe es frei, einen Unterauftragnehmer einzubinden. Die Klägerin sei bereits mit zwei Betriebsstätten dem bestehenden Vertrag beigetreten, so dass sie davon ausgehen müsse, dass eine vollumfängliche Vertragserfüllung kein Hindernis darstelle.

Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lehnte SG Marburg, Beschluss vom 30.12.2014 - S 6 KR 159/14 ER - ab, LSG Hessen, Beschluss vom 07.05.2015 L 8 KR 29/15 B ER - wies die Beschwerde zurück.

Am 23.09.2015 hat die Klägerin die Klage erhoben. Sie trägt vor, sie könne dem Beitrittsvertrag nicht entnehmen, ob es sich um einen verhandelten Rahmenvertrag handele. Der Marktzugang habe existenzielle Bedeutung, da der Markt zu 90 % von den gesetzlichen Krankenkassen geprägt sei, in Hessen habe die Beklagte einen Marktanteil von 1/3 der gesetzlich Krankenversicherten. Die von ihr zitierte Instanzgerichtsbarkeit lasse einen Teilbeitritt zu. Eine Gefährdung der Versicherten durch den Teilbeitritt bestehe unter keinem Gesichtspunkt. Zwischen den einzelnen Versorgungsbereichen stehe kein sachlicher Zusammenhang dergestalt, dass z. B. die einzelnen Bereiche aufeinander aufbauen würden. Es handele sich um getrennte Bereiche, die jeweils isoliert versorgt werden könnten. Ein Ausschluss sei sachwidrig und willkürlich. Auch in der Vergangenheit sei nicht auf eine Gesamtversorgung abgestellt worden. Die Beschränkung des Marktzutritts verstoße gegen ihre Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Entscheidend komme es nicht auf unterschiedliche Produktbereiche entsprechend dem Hilfsmittelverzeichnis an, sondern ob es sich um klar abgrenzbare Versorgungsbereiche handele. Letzteres folge bereits aus der Aufteilung im Vertrag und die frühere Versorgungspraxis. Die Beklagte behaupte schlichtweg negative Folgen für die Versorgung, was sie bestreite. Ansonsten hätte schon vor dem Jahr 2014 ein Handlungsbedarf bestehen müssen. Sie behandle jede einzelne Betriebsstätte wie ein eigenes Unternehmen, so dass der Beitritt einzelner Betriebsstätten unerheblich sei.

Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass sie mit ihren Filialen C-Straße in C-Stadt., D-Straße in D-Stadt und E-Straße in E-Stadt dem Vertrag nach § 7 Abs. 2 SGB IV für die Versorgungsbereiche Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren mit Wirkung zum 15.10.2014 wirksam beigetreten ist,
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das durch die Beitrittserklärung vom 14.10.2014 abgegebene Angebot auf Abschluss eines Vertrages nach § 127 Abs. 2 SGB V über die Abgabe von Hilfsmitteln zur Sauerstoffversorgung in den Versorgungsbereichen Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren anzunehmen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Auffassung, ein Teilbeitritt sei ausgeschlossen. Ein Beitritt sei nach § 127 Abs. 2 SGB V nur "zu den gleichen Bedingungen" möglich. Es handele sich um ein Regel-Ausnahmeverhältnis. Ein Teilbeitritt sei die Ausnahme. Nach der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung komme ein Teilbeitritt nur bezüglich mehrerer Produktgruppen in Betracht. Die Intention der Zusammenfassung liege darin, dass keine der drei Darreichungsformen überlegen sei und jeweils spezifische Vor- und Nachteile aufweise, was sie im Einzelnen erläutert. Die Darreichungsform des Flüssigsauerstoffs sei aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften (hoher flow, geringes Gewicht, geringe Kosten) die praktisch bedeutsamste Darreichungsform. Die ärztliche Verordnung beschränke sich im Regelfall auf ein Hilfsmittel "zur mobilen Sauerstoffversorgung", ohne dass dabei die Darreichungsform ärztlich festgelegt werde. Es gehe dann um eine Auswahl anhand der individuellen Bedarfssituation durch den Leistungserbringer. Die Versorgung mit Flüssigsauerstoff sei für die Lieferanten aufgrund der damit verbundenen, relativ hohen Bereitstellungskosten wirtschaftlich weniger interessant. Ein Ausschluss der Versorgung mit Flüssigsauerstoff würde den Vertragszweck konterkarieren. Es könne zu Versorgungsverzögerungen kommen. Der Versicherte benötige die Versorgung aber meist sofort, noch am Verordnungstag nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Es bestehe auch das Risiko der Fehlversorgung, weil der Versicherte die Versorgung nur deshalb akzeptiere, weil er sie unmittelbar benötige. Eine stichprobenartige Sichtung der Versorgungsfälle habe entsprechende Fehlversorgungen auch in der Praxis gezeigt. Es beruhe daher auf einem sachlichen Grund, dass ein Teilbeitritt ausgeschlossen werde. Die Klägerin sei auch bereits mit den Betriebsstätten A-Stadt und F-Stadt dem bestehenden Vertrag beigetreten. In der Vergangenheit seien alle Darreichungsformen von dem Reha-Vertrag erfasst gewesen. Dass die Flüssigsauerstoffversorgung zeitweise als Zusatzvereinbarung zu diesem Reha-Vertrag geregelt worden sei, sei allein dem Umstand geschuldet, dass hierzu ein anderes Preismodell in Form von pauschalierten Preisen vereinbart gewesen sei. Der Kriterienkatalog zu den Empfehlungen gem. § 126 Abs. 1 Satz 3 SGB V des GKV-Spitzenverbandes spalte die Produktgruppe 14 in sieben "Versorgungsbereiche" (14A bis 14G) auf, der "Versorgungsbereich" 14F fasse mit den Produktuntergruppen 04 und 05 u. a. genau die drei Darreichungsformen zusammen, von denen die Klägerin meine, es handele sich um abgegrenzte Versorgungsbereiche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verfahrensakte, der beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und der Verfahrensakte S 6 KR 159/14 ER und L 8 KR 29/15 B ER, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Mit der Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, hier dem Vertragsbeitritt, begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetzt - SGG). Das Feststellungsinteresse folgt bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte die Wirksamkeit des Vertragsbeitritts bestreitet.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass sie mit ihren Filialen C-Straße in C-Stadt, D-Straße in D-Stadt und E-Straße in E-Stadt dem Vertrag nach § 127 Abs. 2 SGB V für die Versorgungsbereiche Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren mit Wirkung zum 15.10.2014 wirksam beigetreten ist und dass die Beklagte verpflichtet ist, das durch die Beitrittserklärung vom 14.10.2014 abgegebene Angebot auf Abschluss eines Vertrages nach § 127 Abs. 2 SGB V über die Abgabe von Hilfsmitteln zur Sauerstoffversorgung in den Versorgungsbereichen Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren anzunehmen. Die Klage war daher im Haupt und Hilfsantrag abzuweisen.

Der Hauptantrag ist unbegründet.

Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf den Beitritt zum Vertrag kommt § 127 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 SGB V, hier in der maßgeblichen Fassung durch Art. 2c Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) v. 15.12.2008, BGBl I 2008, 2426 in Betracht. Danach können Leistungserbringer den Verträgen nach § 127 Abs. 2 Satz 1 zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind (§ 127 Abs. 2a Satz 1 SGB V). Bei Verträgen nach § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V handelt es sich um Verträge, für die Ausschreibungen nach § 127 Abs. 1 SGB V nicht durchgeführt werden und die Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung geschlossen haben. Um solche Verträge handelt es sich bei dem Vertrag nach § 7 Abs. 2 SGB IV für die Versorgungsbereiche Druckversorgung (GOX), Druckgasfülleinheiten mit und ohne Sauerstoffkonzentratoren und mobile Sauerstoffkonzentratoren. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die grundsätzliche Geeignetheit der Klägerin nach § 126 SGB V. Hieran zu zweifeln sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob der Beitritt zum Vertrag mit den von der Klägerin gemachten Einschränkungen erklärt werden kann.

Sog. Teilbeitritte zu Versorgungsverträgen bzw. Einschränkungen zum Beitritt können unter engen Voraussetzungen zulässig sein.

§ 126 Abs. 2a Satz 1 SGB V lässt bereits nach dem Wortlaut allerdings einen Beitritt nur "zu den gleichen Bedingungen" zu. Ein Beitritt zu einem (bestimmten) Vertrag kann deshalb nur ein solcher zum gesamten Vertrag sein, da andernfalls ein völlig neuer Vertrag mit anderem Inhalt entstünde. Mit der Beitrittsmöglichkeit wird ein Korrektiv für die fehlende Ausschreibung des Vertrags geschaffen und erhält jeder Hilfsmittelerbringer die Möglichkeit, an der Hilfsmittelversorgung teilzunehmen (vgl. SG Duisburg, Beschl. v. 28.03.2012 - S 31 KR 617/11 ER - juris Rdnr. 21 ff.). Allerdings kann die Vertragsfreiheit der Krankenkassen nicht dazu führen, andere Leistungsanbieter willkürlich vom Marktzugang fernzuhalten. Andererseits ist die Krankenkasse berechtigt, Produkte in einem Vertrag zusammenzufassen und den Vertrag an weitere qualitative Voraussetzungen zu binden. Einschränkungen zu solchen Verträgen sind dann ohne Wirkung bzw. führen nicht zum Vertragsbeitritt, wenn die Vertragsbestandteile der Sicherung der Versorgungsqualität der Hilfsmittelversorgung dienen.

§ 127 SGB V wurde in der bis heute gültigen Struktur maßgeblich zunächst durch Art. 1 Nr. 91 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl I 2003, 2190 durch Einführung der Möglichkeit zur Ausschreibung von Verträgen (jetzt § 127 Abs. 1 SGB V) und dann durch Art. 1 Nr. 93 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) v. 26.03.2007, BGBl. I 2007, S. 378 mit Wirkung zum 01.04.2007 novelliert. Art. 1 Nr. 2c GKV-OrgWG führte dann u.a. die Möglichkeit zum Vertragsbeitritt ein.

§ 127 SGB V regelt danach als Norm des Leistungserbringerrechts die Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln, indem sie den Krankenkassen das rechtliche Instrumentarium bereitstellt, mit dem diese die Versorgung bewerkstelligen können. Nach der Neufassung der Vorschrift stehen den Krankenkassen im Wesentlichen zwei Wege offen, um den Bedarf ihrer Versicherten zu decken: Entweder sie räumen einem Leistungsanbieter Exklusivrechte zur Versorgung ein, was nach Absatz 1 eine Ausschreibung voraussetzt. Oder sie schließen ohne ein vorheriges Ausschreibungsverfahren Rahmenverträge mit bestimmten Leistungserbringern, die aber kein bestimmtes Auftragsvolumen garantieren und allen anderen Leistungserbringern zum Beitritt offenstehen. Deutlich ist der Vorschrift auch in ihrer geänderten Fassung noch anzumerken, dass sie den Krankenkassen ermöglichen soll, auf den jeweils günstigsten Anbieter zurückzugreifen. Zur Abschöpfung von (wirklichen oder vermeintlichen) Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Hilfsmittelversorgung setzt der Gesetzgeber nicht mehr auf die Festlegung bestimmter Preise ("Festbeträge"), sondern auf die Konkurrenz der Anbieter untereinander. Diese auf die Vereinbarung möglichst günstiger Preise abzielenden Regelungen führen im Verbund mit der in § 126 SGB V enthaltenen Einschränkung, dass nur der Hilfsmittellieferant zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung leisten kann, der Vertragspartner der Krankenkassen ist. Parallel eröffnet § 33 Abs. 6 Satz 1 SGB V als Norm des Leistungsrechts den Versicherten nur noch die Möglichkeit, Leistungserbringer in Anspruch zu nehmen, mit denen ihre Krankenkasse einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat. Nach § 33 Abs. 6 Satz 2 SGB V muss der Versicherte sogar den ihm von der Krankenkasse benannten Vertragspartner nehmen, wenn mit diesem ein im Wege der Ausschreibung nach Absatz 1 geschlossener Vertrag besteht. Nur ausnahmsweise bei berechtigtem Interesse und Übernahme der Mehrkosten, kann ein anderer gewählt werden (§ 33 Abs. 6 Satz 3 SGB V) (vgl. Schneider in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 127 SGB V, Rdnr. 10).

Mit dem Vertragsmodell sind den Krankenkassen zur Erfüllung der Leistungsansprüche ihrer Versicherten neue Spielräume zugewachsen. Sie können auch die Verträge nach § 127 Abs. 2 SGB V mit weiteren Leistungsbereichen verbinden und hieraus weitergehende Anforderungen an die Leistungserbringung ableiten. Solch abweichende Gestaltungen sind jedoch nur im Einvernehmen mit den betroffenen Leistungserbringern möglich. Gegen deren Willen können die Krankenkassen gesetzlich vorgesehene Formen der Beteiligung an der Versorgung auch unter Berufung auf die Vertragskompetenz nicht ausschließen. Da das Leistungserbringungsrecht eine Beteiligung an der Hilfsmittelversorgung der Versicherten auch ohne zusätzliche Leistungen etwa der häuslichen Krankenpflege vorsieht, können deshalb solche Leistungserbringer von den Krankenkassen nicht unter Verweis auf ihre Vertragskompetenz nach § 127 SGB V von der Leistungserbringung ausgeschlossen werden. Steuerungsmöglichkeiten stehen den Krankenkassen insoweit ausschließlich über die Vergütung zu, die bei zusätzlichen Leistungen höher ausfallen könnte als bei der Abgabe nur von Hilfsmitteln (vgl. BSG, Urt. v. 21.07.2011 - B 3 KR 14/10 R - BSGE 109, 9 = SozR 4-2500 § 126 Nr. 3, juris Rdnr. 20).

Allerdings stellt bereits die Ermächtigungsnorm in § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V u.a. auf die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen ab. § 127 Abs. 2 Satz 2 SGB V ordnet die entsprechende Geltung des Satz 2 des § 127 Abs. 1 SGB V an, wonach mit dem Vertrag die Qualität der Hilfsmittel sowie die notwendige Beratung der Versicherten und sonstige erforderliche Dienstleistungen sicherzustellen und für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen ist. Das Gesetz geht damit offensichtlich davon aus, dass die Verträge nach § 127 Abs. 2 SGB V sich nicht ausschließlich auf die bloße Lieferung der Hilfsmittel und Preisgestaltung beschränken, sondern unmittelbar damit zusammenhängende qualitative Voraussetzungen zur Sicherung der Versorgungsqualität aufstellen kann. Dies folgt auch eindeutig aus der Entstehungsgeschichte.

Der Gesetzgeber ging mit der Novellierung durch das GMG und der Einführung der Ausschreibung von Verträgen (jetzt § 127 Abs. 1 SGB V) davon aus, dass die Krankenkassen in der Praxis zukünftig verstärkt zur Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit Verträge mit einzelnen Leistungserbringern abschließen werden (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 121). Das GKV-WSG sah dann mit § 127 Abs. 2 SGB V für den Fall, dass Ausschreibungen nicht zweckmäßig sind, den Abschluss von Rahmenverträgen über die Versorgung vor. Diese Verträge entsprechen grundsätzlich den Verträgen des bis dahin geltenden Rechts. Der Gesetzgeber wollte die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten dahingehend erweitern und weiter flexibilisieren, dass Krankenkassen und Organisationen der Krankenkassen in jeder möglichen Konstellation mit einzelnen Leistungserbringern und Organisationen der Leistungserbringer Verträge schließen können. Durch die ausdrückliche Erwähnung der Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen und der Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer im Zusammenhang mit den Vertragsinhalten und die in Satz 2 geregelte entsprechende Geltung der Vorschrift des Absatzes 1 Satz 2 sollte auch hier die Versorgungsqualität gesichert werden (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 141; die Fassung des Absatz 2 des § 127 SGB V wurde weitgehend unverändert im Ausschussbericht übernommen, vgl. BT-Drs. 16/4200, S. 77; zur marginalen Änderung s. S. 145 (Art. 2 Nr. 18) und BT-Drs. 16/4247, S. 46 bzw. Art. 2 Nr. 18 b) GKV-WSG). Art. 1 Nr. 2c Buchst. c Doppelbuchst. bb GKV-OrgWG führte dann auch in § 127 Abs. 2 Satz 2 SGB V die entsprechende Geltung des Satz 2 des § 127 Abs. 1 SGB V an, wonach mit dem Vertrag die Qualität der Hilfsmittel sowie die notwendige Beratung der Versicherten und sonstige erforderliche Dienstleistungen sicherzustellen und für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen ist. Die Änderung wurde in den Beratungen erst aufgrund des Ausschussberichts aufgenommen und soll klarstellen, dass die Krankenkassen auch bei Verträgen nach § 127 Abs. 2 die Qualität der Hilfsmittel sowie die notwendige Beratung der Versicherten und sonstige erforderliche Dienstleistungen sicherstellen sowie für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten sorgen müssen (vgl. BT-Drs. 16/10609, S. 57). Mit dem durch Art. 1 Nr. 2c Buchst. d GKV-OrgWG eingeführten Beitrittsrecht nach § 127 Abs. 2a SGB V will der Gesetzgeber insb. verhindern, dass Leistungserbringer willkürlich von ausgehandelten Verträgen ausgeschlossen werden. Das Beitrittsrecht gilt für alle Leistungserbringer, die bereit und in der Lage sind, sich zu den gleichen Bedingungen an der Versorgung zu beteiligen, und ist nicht auf bestimmte Verträge beschränkt (vgl. BT-Drs. 16/10609, S. 57).

Von daher reicht es für einen Ausschluss eines Teilbeitritts nicht aus, dass es nach der Auffassung der Krankenkasse sinnvoll erscheint, die in dem Versorgungsvertrag zusammengefassten Versorgungsbereiche einer einheitlichen vertraglichen Gestaltung zu unterwerfen, weil es aus der Sicht der Versicherten eine Überschneidung der Versorgungsbereiche gibt und deshalb "ein Markt" für die kombinierten Versorgungsbereiche existiert. Auch wenn die Krankenkasse beim Vertragsschluss nach § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V grundsätzlich nicht gehindert ist, mit ihren Vertragsabschlusspartnern mehrere Versorgungsbereiche in einem Vertrag zusammenzufassen, muss sie es in einem solchen Fall hinnehmen, dass andere Leistungserbringer dem Vertrag nur für einen Teil der Versorgungsbereiche beitreten. Andernfalls könnte die Krankenkasse beim Vertragsschluss nach § 127 Abs. 2 Satz 1 SGB V durch die Einbeziehung mehrerer oder im Extremfall nahezu aller Versorgungsbereiche der Hilfsmittelversorgung ihre Vertragspartner auf einige wenige große Hilfsmittelerbringer beschränken und den Beitritt kleiner Leistungserbringer gegen die Intentionen des Gesetzgebers ausschließen und deren Beitrittsrecht nach § 127 Abs. 2a SGB V leer laufen lassen. Die Zusammenfassung mehrerer Versorgungsbereiche in einem Versorgungsvertrag darf nicht dazu führen, dass die Krankenkasse auf diese Weise die Möglichkeit erhält, bestimmte Leistungserbringer von vornherein als Vertragspartner auszuschließen; entsprechende Vertragsgestaltungen erwiesen sich vor dem Hintergrund des § 127 Abs. 2a SGB V als sachwidrig, würden die Freiheit der Berufsausübung der ausgeschlossenen Leistungserbringer unverhältnismäßig beschränken und damit gegen Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.02.2012 - L 9 KR 389/11 B ER - juris Rdnr. 12).

Allerdings kann ein Teilbeitritt nicht erst dann ausgeschlossen sein, wenn durch den Teilbeitritt die Versorgung der Versicherten gefährdet wird (so aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.02.2012 - L 9 KR 389/11 B ER - juris Rdnr. 12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2012 - L 1 KR 18/12 B ER - juris Rdnr. 38; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.03.2011 - L 11 KR 4724/10 ER-B - juris Rdnr. 31). Auszugehen ist vielmehr von der grundsätzlichen Vertragsgestaltungsfreiheit der Krankenkasse, die im Hinblick auf die Beitrittsmöglichkeit die Vertragsgestaltung nur im Sinne der Versorgungsqualität ausüben kann. So ist ein Teilbeitritt jedenfalls unzulässig, wenn der Vertrag nur als "Ganzes" sinnvoll umgesetzt werden kann (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.04.2011 - L 16 KR 7/11 B ER - juris Rdnr. 30). Ein Teilbeitritt kann insofern im Regelfall auf den Beitritt zu einer einzelnen Produktgruppe beschränkt werden. Der Vertrag muss nur die für jede einzelne Produktgruppe geltenden "gleichen Bedingungen" (§ 127 Abs. 2a Satz 1 SGB V) enthalten. Insofern geht die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass die Zusammenfassung von Hilfsmitteln einer Produktgruppe in einem Vertrag zulässig ist und dass ein Teilbeitritt nur bzgl. einzelner Hilfsmittel unzulässig ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.02.2012 - L 9 KR 389/11 B ER - juris Rdnr. 12; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2012 - L 1 KR 18/12 B ER - juris Rdnr. 38; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.03.2012 - L 16 KR 7/11 B ER - juris Rdnr. 30; LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.03.2011 - L 11 KR 4724/10 ER-B - juris Rdnr. 31).

Der strittige Vertrag der Beklagten fasst Hilfsmittel der Produktgruppe 14 "Inhalations- und Atemtherapiegeräte" zusammen und betrifft den Versorgungsbereich der Versorgungsbereich der mobilen Sauerstoffversorgung. Die Beklagte weist darauf hin, dass nach dem Kriterienkatalog zu den Empfehlungen gem. § 126 Absatz 1 Satz 3 SGB V des GKV-Spitzenverbandes für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen zur ausreichenden, zweckmäßigen und funktionsgerechten Herstellung, Abgabe und Anpassung von Hilfsmitteln vom 16.04.2013 die Produktgruppe 14 in sieben "Versorgungsbereiche" (14A bis 14G) aufgespalten wird und der "Versorgungsbereich" 14F mit den Produktuntergruppen 04 und 05 u.a. genau die drei Darreichungsformen zusammenfasst, von denen die Klägerin meint, es handele sich um abgegrenzte Versorgungsbereiche. Auch insofern wird ein sachlicher, auf die Versorgungsqualität abzielender Zusammenhang im strittigen Vertrag aufgegriffen. Die Beklagte hat ferner im Einzelnen dargelegt, dass es nur um die Versorgung mit "Mobil"-Sauerstoff geht und einzig und allein in der Darreichungsform unterschieden werde. Der Leistungserbringer muss die für jeden Versicherten geeignete und wirtschaftliche Darreichungsform (Druckgas, Flüssiggas oder mobiler Konzentrator je nach benötigter Menge) auswählen und den Versicherten damit versorgen, ggf. hat er auf eine andere Versorgungsform umzusteuern. Mit der Beklagten geht die Kammer davon aus, dass ein Teilbeitritt Sinn und Zweck des Vertrages konterkarieren bzw. der damit einhergehenden Sicherung und Verbesserung der Versorgungsqualität zuwiderlaufen würde. Die Beklagte hat nachvollziehbar auf die Gefahr einer Versorgungsverzögerung und auf das Risiko einer Fehlversorgung hingewiesen. Darauf, dass früher bzw. in anderen Regionalbereichen eine Versorgung getrennt für einzelne Bereiche des Vertrags möglich war bzw. ist, kommt es nicht an. Insofern schließt der Gesetzgeber Veränderungen nicht aus und hat den Krankenkassen die Vertragskompetenz gerade auch im Sinne einer Verbesserung der Versorgung eingeräumt. Hinzu kommt, was die Kammer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörtert hat, dass die Klägerin berechtigt ist, einen anderer Leistungserbringer bei einer Umversorgung heranzuziehen.

Von daher war die Klage im Hauptantrag abzuweisen.

Der Hilfsantrag ist ebf. unbegründet.

Der Hilfsantrag stellt darauf ab, dass z. T. vertreten wird, dass nicht allein mit der Abgabe der Beitrittserklärung der einzelne Versorgungsvertrag zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern wirksam wird, sondern dass im Beitritt ein Angebot auf Vertragsschluss zu sehen ist, der der Annahme bedarf (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.04.2011 - L 16 KR 7/11 B ER - juris Rdnr. 28 m.w.N.). Ein Anspruch auf Abschluss eines - neuen - Vertrags besteht nicht. Soweit die Beklagte, wie bereits ausgeführt, den strittigen Vertrag abschließen durfte und dieser nicht in Teilen beitrittsfähig ist, besteht auch kein Anspruch auf Annahme des eingeschränkten Beitrittsangebots.

Von daher waren auch der Hilfsantrag und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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