Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2977/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1153/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1964 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Zuletzt arbeitete er bis zum Jahr 2008 als Dreher in Vollzeit. Seitdem bezieht er Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Er ist ledig und bewohnt zusammen mit seiner Mutter eine Mietwohnung.
Ein erster Rentenantrag des Klägers vom 15.05.2013 blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 07.04.2014 - S 12 R 3732/13 -).
Am 29.01.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und berief sich zur Begründung auf beigefügte Arztberichte, darunter eine Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin, Dr. W., vom 26.05.2014, wonach er an erheblichen Gleichgewichtsstörungen und auch dadurch bedingter Einschränkung der Gehfähigkeit leide. Vorgelegt wurde auch ein Gutachten von Dr. A. S., Vertragsarzt des Jobcenters P. vom 14.11.2014, der die Diagnosen erhebliche Gleichgewichtsstörungen und dadurch bedingte Einschränkung der Gehfähigkeit, zwei Warthin-Tumore der Glandula parotis mit inkompletter Facialisparese rechts postoperativ, Schwindelsymptomatik und Allergie stellte und hierzu ausführte, derzeit sei beim Kläger kein positives Leistungsbild zu erkennen. Es bestehe ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich. In einem vorgelegten Bericht vom 22.01.2015 führte der Neurologe und Psychiater Dr. H. S. aus, der von ihm erhobene neurologische Befund decke sich mit der Angabe einer peripheren Vestibularisschädigung mit resultierender Gleichgewichtsstörung unter erschwerten Gleichgewichtsprüfungen. Denkbar wäre durchaus eine Neuronitis vestibularis, welche vor sechs Jahren zu einer Schädigung führte. Dies müsse jedoch Spekulation bleiben.
Die Beklagte holte daraufhin ein sozialmedizinisches Gutachten beim Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. ein. Dieser stellte unter dem 19.02.2015 die Diagnosen Schwindel und Gleichgewichtsstörungen nach Erkrankung des rechten Gleichgewichtsorgans 04/2010, leichte Nervenschädigung im Mundbereich rechts nach Entfernung eines gutartigen Tumors der rechten Ohrspeicheldrüse, leicht eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Ellenbogens nach Bruch 2006 und Nachweis einer Verschleißerkrankung 2010, leicht eingeschränkte Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule bei vorbeschriebener Verschleißerkrankung auf dem Boden einer Fehlhaltung ohne neurologische Ausfälle bzw. Wurzelreizungszeichen, Asthma bronchiale sowie somatoforme Störung. Es bestünden Leistungseinschränkungen im qualitativen Bereich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr vor.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 26.03.2015 ab mit der Begründung, es bestehe ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich. Den hiergegen am 24.04.2015 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen mit starken Kopfschmerzen und Schwindel- bzw. Gleichgewichtsproblemen. Diese habe er täglich immer wieder, so dass es ihm nicht möglich sei, ohne Begleitperson die Wohnung zu verlassen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung auf neuropsychiatrischem Fachgebiet durch den Arzt für Neurologie Dr. S ... Dieser stellte im Gutachten vom 30.06.2015 die Diagnosen Verdacht auf Somatisierungsstörung mit Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen und Schwindel, Wirbelsäulenbeschwerden, Schlafstörungen und subjektive Minderbelastbarkeit. Ein eindeutiges somatisches Korrelat für die angegebenen Beschwerden sei nicht feststellbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei eine Leistungsfähigkeit für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere und geistig-seelisch wenig belastende Tätigkeiten über sechs Stunden gegeben. Der Kläger sei auch wegefähig.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2015 als unbegründet zurück.
Am 15.09.2015 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und sich zur Begründung der Auffassung, er sei nicht erwerbsfähig, weiterhin auf das Gutachten des Dr. A. S. gestützt. Er leide seit April 2009 unter Schwindelgefühlen und Gleichgewichtsstörungen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Allergologie Dr. C. hat unter dem 29.10.2015 über ein bestehendes Asthma bronchiale beim Kläger berichtet, die letzte Vorstellung sei am 01.04.2014 gewesen. Die erhobenen Befunde stünden der Verrichtung einer körperlich leichten beruflichen Tätigkeit in einem Umfang von sechs Stunden täglich und mehr im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche nicht entgegen. Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. ist in der Aussage vom 20.10.2015 ebenfalls von einem arbeitstäglichen Leistungsvermögen des Klägers von sechs Stunden und mehr täglich ausgegangen. Der Internist Dr. W. hat unter dem 12.11.2015 angegeben, der letzte persönliche Kontakt sei am 04.11.2014 wegen gastroenteritischer Beschwerden erfolgt. Eine Berufstätigkeit im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr müsse nach den vorliegenden Facharztbefunden objektiv möglich sein. Der Kläger halte dies aber aus subjektiver Sicht nicht für möglich. Dr. S. hat aus augenärztlicher Sicht unter dem 23.11.2015 keine Bedenken gegen eine leichte berufliche körperliche Berufstätigkeit im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche geäußert. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. S. hat unter dem 05.08.2015 im Verfahren S 13 SB 2269/15 angegeben, der Kläger habe einmalig am 22.01.2015 Kontakt zu ihm aufgenommen. Bei der Untersuchung seien Gang und Stand sicher, aber der Romberg-Stehversuch nicht möglich gewesen mit Falltendenz nach links, sowie der Seiltänzergang unsicher möglich gewesen. Weitere Untersuchungen seien durch ihn nicht erfolgt, er habe die Diagnose einer noch residuellen Gleichgewichtsstörung nach anamnestischer Vestibulariserkrankung 2009 mit noch sensibler Affektion des Nervus Trigeminus rechts nach Speicheldrüsenoperation 2013 gestellt. Die Gleichgewichtsstörung sei als leichtgradig unter erschwerten Gleichgewichtsbedingungen zu bezeichnen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger liege keine Erwerbsminderung vor, da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche verfüge. Zu dieser Überzeugung sei das Gericht nach kritischer und umfassender Würdigung sämtlicher vorliegender medizinischer Unterlagen, insbesondere der Ergebnisse der Begutachtung durch Dr. K. und Dr. S. gelangt. Die von diesen diagnostizierten Erkrankungen begründeten nur Einschränkungen in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht. Der Kläger sei in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten, in Wechselhaltung, in Tages-, Früh-/Spätschicht auszuüben. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderen Ansprüchen an die Konzentrationsfähigkeit, das Reaktionsvermögen und das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Arbeiten unter Zeitdruck. Auch das Besteigen von Leitern und Absturzgefahr sowie das Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten über 10 kg sowie unter widrigen Witterungsbedingungen sei nicht möglich.
Hinreichende Anhaltspunkte für einen die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufhebenden Gesundheitszustand seien aus den medizinischen Unterlagen nicht ersichtlich. Im Vordergrund der geschilderten Beschwerden stünden Schwindel bzw. Gleichgewichtsstörungen. Hierfür seien jedoch keine gesicherten medizinischen Ursachen ersichtlich. In der Untersuchung durch Dr. S. bzw. Dr. K. hätten sich keine Hinweise auf organische bzw. psychische Erkrankungen, welche die Schwindelgefühle des Klägers begründen könnten, gefunden. So hätten sich in den Hirnnervenbereichen keine Auffälligkeiten und vor allem keine Nachweise für eine vestibuläre Störung gefunden. Paresen oder sensible Störungen hätten ebenfalls nicht bestanden, die Muskeleigenreflexe seien lebhaft. Auch das Gangbild des Klägers sei unauffällig, auch auf Zehenballen und Fersen. Bei der Untersuchung durch Dr. K. habe der Kläger eine aufrechte Haltung und ein flüssiges Be- und Entkleiden sowie Hinlegen und Aufrichten auf der Untersuchungsliege gezeigt. Der Armvorhalteversuch sei unauffällig, der Stehversuch sicher gewesen. Der Tretversuch mit geschlossenen Augen sei unsicher gewesen, jedoch ohne Fallneigung erfolgt. Zwar habe Dr. S. eine auffällige Fallneigung nach links beim Augenschluss im Rahmen des Romberg-Tests bzw. Unterberger Tretversuch festgestellt. Jedoch sei die Fallneigung bei Ablenkung deutlich geringer ausgefallen. Auch habe der Kläger demonstrative Ausgleichsbewegungen im Seiltänzergang getätigt. Diese Ergebnisse deckten sich mit den Feststellungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. S., der im ärztlichen Bericht vom 22.01.2015 einen sicheren Gang und Stand bei nicht möglichem Romberg-Stehversuch mit Falltendenz nach links beschrieben habe. Der Seiltänzergang sei unsicher möglich gewesen. Im Rahmen der ärztlichen Beurteilung habe der Arzt ausgeführt, dass eine denkbare Funktionsstörung des Gleichgewichtsorgans "der Spekulation" überbleibe.
Auch aus den sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sei kein Gesundheitszustand ersichtlich, welcher eine Erwerbsfähigkeit des Klägers ausschließen würde. Vielmehr seien die Ärzte übereinstimmend nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gekommen. Dr. C. habe in Beantwortung der gerichtlichen Fragen im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sich seit 2013 lediglich zwei Mal aufgrund seines Asthmas vorgestellt. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes habe er nicht feststellen können. Eine körperlich leichte Berufstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden sei unter qualitativen Einschränkungen möglich. Dr. R. habe im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe sich seit 2013 lediglich zwei Mal aufgrund eines Ohrdrucks bzw. Halsschmerzen bei ihm vorgestellt. Die durch ihn erhobenen Befunde seien nicht geeignet, eine mehr als sechsstündige berufliche Tätigkeit auszuschließen. Dr. W. habe ebenfalls über eine lediglich einmalige persönliche Vorstellung des Klägers im November 2015 aufgrund von gastroenteritischen Beschwerden berichtet. Aufgrund einer somatoformen Störung sei das für die Erwerbsfähigkeit maßgebliche Fachgebiet das der Neurologie. Der Kläger sei danach aus objektiver Sicht in der Lage, einer Berufstätigkeit nachzugehen, halte sich hierfür jedoch subjektiv nicht in der Lage. Der Augenarzt Dr. S. habe ausgeführt, der Kläger habe sich seit 2013 zwei Mal zur Kontrolle vorgestellt. Als vorherrschendes Symptom habe der Kläger über Schwindel geklagt. Okuläre Ursachen als Grund für die Schwindelsymptomatik seien aber nicht nachzuweisen gewesen. Die Beschwerden lägen am ehesten im psychischen bzw. psychosomatischen Bereich. Aus augenärztlicher Sicht seien keine Einwände gegen eine leichte körperliche Berufstätigkeit ersichtlich. Auch der befragte Neurologe und Psychiater Dr. S., der seine Diagnosen aufgrund eines lediglich einmaligen Kontaktes im Januar 2015 gestellt habe, habe die Gleichgewichtsstörung als leichtgradig bezeichnet. Auffällig seien beim Kläger die sehr unregelmäßige Behandlungsfrequenz bzw. nicht vorhandene ambulante Behandlungen auf sämtlichen Fachgebieten. Dies spreche - im Gegensatz zum Vortrag des Klägers - für einen eher geringen Leidensdruck aufgrund seiner körperlichen Gebrechen. Auch aus dem Tagesablauf des Klägers seien keine erheblichen Einschränkungen ersichtlich. Der Kläger wohne zusammen mit seiner Mutter in einer Wohnung. Am Haushalt beteilige er sich, übernehme das Geschirrspülen, Abstauben und Staubsaugen. Außerdem gehe er mehrmals die Woche spazieren, wenn auch kurz. Im Übrigen verbringe der Kläger seine Zeit mit Musik hören und Fernsehen.
Das Gericht sehe sich aufgrund der übereinstimmenden sachverständigen Zeugenauskünfte und der vorliegenden Verwaltungsgutachten auch unter Beachtung des klägerischen Vortrags und des Verwaltungsgutachtens des Dr. A. S. zu keiner abweichenden Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers veranlasst. Insbesondere seien weder die Diagnosen erheblicher Gleichgewichtsstörungen und einer dadurch bedingten Einschränkung der Gehfähigkeit sowie einer Schwindelsymptomatik noch die hierauf aufbauende Leistungsbeurteilung nachvollziehbar. Zwar habe Dr. A. S. in der Befunderhebung einen unsicheren Seiltänzergang und Einbeinstand mitgeteilt, im Übrigen jedoch eine gegebene Stabilität der unteren Gliedmaßengelenke, einen möglichen Zehen- und Hackenstand rechts und links sowie einen flüssigen Barfußgang festgestellt.
Gegen den am 25.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.03.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er halte sich für erwerbsgemindert. Er habe in der Nacht starke Kopfschmerzen und falle tagsüber mindestens ein Mal, von Schwindelanfällen geplagt, zu Boden. Da er Hartz IV-Empfänger sei und nicht in der Nähe seiner Ärzte wohne, sei es ihm nicht möglich, ständig dorthin zu fahren, da er das nicht bezahlen könne. Er verweise auf das Gutachten des Dr. A. S., der die Problematik mit seinem Schwindel- und Gleichgewichtsproblem erkannt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2015 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat den Internisten Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen und ein Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt.
Dr. W. hat unter dem 15.06.2016 angegeben, der Kläger sei von ihm seit 2013 am 04.11.2014, 27.11.2015 und zuletzt am 30.05.2016 wegen einer Fraktur der rechten Kleinzehe behandelt worden. Bei diesen Untersuchungen hätten sich keine Hinweise gefunden, welche die Wegefähigkeit oder Einschränkungen in Bezug auf den Arbeitsplatz beinhalteten. Unter Beachtung des Krankheitsbildes über einen längeren Zeitraum könne man wohl von einer anhaltenden somatoformen Störung ausgehen, die die somatischen Befunde erheblich überlagere.
Dr. S. hat im Gutachten vom 05.08.2016 folgende Diagnosen gestellt: Beschwerdenaggravation hinsichtlich der Schwindelsymptomatik bei Rentenbegehren (ICD 10; F 68.0), akzentuierte Persönlichkeitszüge (ICD 10: Z 73.1), Spannungskopfschmerzen (ICD 10: G 44.2), Zustand nach Vestibuiarisausfall rechts 04/2009 ohne sicheren Anhalt für Folgebeeinträchtigungen, Zustand nach Entfernung eines gutartigen Tumors (Warthin-Tumor) sowohl an der rechten als auch an der linken Ohrspeicheldrüse (2013 und 2003), angegebenes Tinnitusleiden, Asthma bronchiale ohne Rechtsherzinsuffizienzzeichen, keine aktuelle pulmologische Symptomatik, Wirbelsäulenleiden ohne relevante sensomotorische Ausfälle. Aufgrund des bekannten Lungenleidens seien Tätigkeiten mit lungenbelastenden Verrichtungen und Tätigkeiten in Nachtschicht nicht leidensgerecht. Hierzu gehörten Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen. Widrige klimatische Bedingungen seien weitgehend auszuschließen, gelegentlich seien diese jedoch möglich. Bei bekanntem Wirbelsäulenleiden seien auch wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten nicht vertretbar. Weitere Einschränkungen seien nicht objektivierbar und belegbar. Das geistige Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Es ergebe sich auch kein Anhalt für relevante Einschränkungen der psychischen Belastbarkeit. Die diagnostizierten akzentuierten Persönlichkeitszüge seien persönlichkeitsimmanent; es handele sich nicht um "bloße Krankheitsvorstellungen". Eine weitere Erkrankung des psychiatrischen Fachgebietes habe sich nicht erheben lassen bzw. sei auch nicht aktenkundig. Eine Aggravation bzw. Simulation habe sich bezogen auf die Koordination bei Rentenbegehren feststellen lassen. Dieses sei entsprechend dem körperlichen Untersuchungsbefund eindeutig gewesen. Definitionsgemäß entziehe sich eine solche Aggravation bzw. Simulation nicht der zumutbaren Willensanstrengung. Ein Anhalt für eine seelische Symptomatik, die sich der zumutbaren Willensanstrengung entziehen könnte, habe sich nicht ergeben. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bestünden keine wesentlichen Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild. Auch unter Berücksichtigung der Aktenlage mit dem Wirbelsäulenleiden könne der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht verrichten. Auch Tätigkeiten mit Publikumsverkehr und solche unter üblichen nervlichen Belastungen seien vertretbar. Dem Kläger sei es durchaus möglich, eine erwerbsorientierte Lebensgestaltung zu realisieren. Eine organisch bedingte erhöhte Erschöpfbarkeit bestehe nicht. Es liege ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche vor. Der Kläger könne eine leidensgerechte Tätigkeit mit der erforderlichen Regelmäßigkeit ausüben. Es liege auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine spezifische Leistungseinschränkung vor. Auch die Wegefähigkeit sei gegeben. Der Kläger könne täglich viermal eine Wegstrecke von geringfügig mehr als 500 Metern zu Fuß zurücklegen. Es lägen keine Erkrankungen vor, die die Wegstrecke sozialmedizinisch relevant beschränken würden, wie Paresen an den unteren Extremitäten, schwere Schädigungen des Kleinhirns und/oder der Vestibularorgane mit den entsprechenden Koordinationsstörungen, gravierende orthopädische Erkrankungen oder eine schwere Zwangs- oder Angsterkrankung. Für die Erforderlichkeit einer weiteren Begutachtung auf einem anderen Fachgebiet ergebe sich kein ausreichender Grund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 22.02.2016 sowie der angefochtene Bescheid vom 26.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2015 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand April 2015, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff., m.w.N.).
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt, da er trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen und den zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen wegen eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat - ebenso wie das SG - nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, nicht festzustellen vermag. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, insbesondere der im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. K. und Dr. S. sowie den Aussagen der vom SG befragten sachverständigen Zeugen.
Aus dem weiteren Vorbringen im Berufungsverfahren und der erfolgten Beweisaufnahme folgt keine andere Bewertung. Weder der Gutachter Dr. S. noch der sachverständige Zeuge Dr. W. vermochten Leistungseinschränkungen festzustellen, die zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führen würden. Über die von Dr. S. im Einzelnen beschriebenen qualitativen Einschränkungen (Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht ohne Nachtschicht, keine Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen, keine wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten) hinaus bestehen keine relevanten Einschränkungen bei leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeiten. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden kann daher weder aus Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem, orthopädischem oder sonstigem Fachgebiet noch bei einer Gesamtschau aller Fachgebiete festgestellt werden.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Juris).
Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Dass den bei ihm bestehenden Leistungseinschränkungen mit dem Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreichend Rechnung getragen wird, hat das SG ausführlich und zutreffend dargestellt; auch insoweit schließt sich der Senat vollumfänglich den Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung an. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass auch nach Einschätzung des Senats weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Die erhaltenen Handfunktionen schließen insbesondere die vom BSG (Urteil v. 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R - Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) nicht aus. Auch der Sachverständige Dr. S. hat keine wesentlichen Einschränkungen der Fingerfeinmotorik feststellen können. Damit liegen in ausreichender Zahl Tätigkeitsfelder und in ausreichendem Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten vor, auf die der Kläger noch vermittelt werden kann.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R -, Juris). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R -, Juris); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R -, Juris). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - in SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R -, jeweils Juris). Hiernach ist der Senat nach dem gesamten Akteninhalt davon überzeugt, dass der Kläger trotz seiner Beschwerden in der Lage ist, viermal am Tag in 20 Minuten Wegstrecken von 500 Meter zurück zu legen. Dies haben zuletzt der Sachverständige Dr. S. und der Zeuge Dr. W. bestätigt.
Da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist, kommt ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht in Betracht.
Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1964 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Zuletzt arbeitete er bis zum Jahr 2008 als Dreher in Vollzeit. Seitdem bezieht er Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Er ist ledig und bewohnt zusammen mit seiner Mutter eine Mietwohnung.
Ein erster Rentenantrag des Klägers vom 15.05.2013 blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 07.04.2014 - S 12 R 3732/13 -).
Am 29.01.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und berief sich zur Begründung auf beigefügte Arztberichte, darunter eine Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin, Dr. W., vom 26.05.2014, wonach er an erheblichen Gleichgewichtsstörungen und auch dadurch bedingter Einschränkung der Gehfähigkeit leide. Vorgelegt wurde auch ein Gutachten von Dr. A. S., Vertragsarzt des Jobcenters P. vom 14.11.2014, der die Diagnosen erhebliche Gleichgewichtsstörungen und dadurch bedingte Einschränkung der Gehfähigkeit, zwei Warthin-Tumore der Glandula parotis mit inkompletter Facialisparese rechts postoperativ, Schwindelsymptomatik und Allergie stellte und hierzu ausführte, derzeit sei beim Kläger kein positives Leistungsbild zu erkennen. Es bestehe ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden täglich. In einem vorgelegten Bericht vom 22.01.2015 führte der Neurologe und Psychiater Dr. H. S. aus, der von ihm erhobene neurologische Befund decke sich mit der Angabe einer peripheren Vestibularisschädigung mit resultierender Gleichgewichtsstörung unter erschwerten Gleichgewichtsprüfungen. Denkbar wäre durchaus eine Neuronitis vestibularis, welche vor sechs Jahren zu einer Schädigung führte. Dies müsse jedoch Spekulation bleiben.
Die Beklagte holte daraufhin ein sozialmedizinisches Gutachten beim Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. ein. Dieser stellte unter dem 19.02.2015 die Diagnosen Schwindel und Gleichgewichtsstörungen nach Erkrankung des rechten Gleichgewichtsorgans 04/2010, leichte Nervenschädigung im Mundbereich rechts nach Entfernung eines gutartigen Tumors der rechten Ohrspeicheldrüse, leicht eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Ellenbogens nach Bruch 2006 und Nachweis einer Verschleißerkrankung 2010, leicht eingeschränkte Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule bei vorbeschriebener Verschleißerkrankung auf dem Boden einer Fehlhaltung ohne neurologische Ausfälle bzw. Wurzelreizungszeichen, Asthma bronchiale sowie somatoforme Störung. Es bestünden Leistungseinschränkungen im qualitativen Bereich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr vor.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 26.03.2015 ab mit der Begründung, es bestehe ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich. Den hiergegen am 24.04.2015 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen mit starken Kopfschmerzen und Schwindel- bzw. Gleichgewichtsproblemen. Diese habe er täglich immer wieder, so dass es ihm nicht möglich sei, ohne Begleitperson die Wohnung zu verlassen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung auf neuropsychiatrischem Fachgebiet durch den Arzt für Neurologie Dr. S ... Dieser stellte im Gutachten vom 30.06.2015 die Diagnosen Verdacht auf Somatisierungsstörung mit Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen und Schwindel, Wirbelsäulenbeschwerden, Schlafstörungen und subjektive Minderbelastbarkeit. Ein eindeutiges somatisches Korrelat für die angegebenen Beschwerden sei nicht feststellbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei eine Leistungsfähigkeit für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere und geistig-seelisch wenig belastende Tätigkeiten über sechs Stunden gegeben. Der Kläger sei auch wegefähig.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2015 als unbegründet zurück.
Am 15.09.2015 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und sich zur Begründung der Auffassung, er sei nicht erwerbsfähig, weiterhin auf das Gutachten des Dr. A. S. gestützt. Er leide seit April 2009 unter Schwindelgefühlen und Gleichgewichtsstörungen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Allergologie Dr. C. hat unter dem 29.10.2015 über ein bestehendes Asthma bronchiale beim Kläger berichtet, die letzte Vorstellung sei am 01.04.2014 gewesen. Die erhobenen Befunde stünden der Verrichtung einer körperlich leichten beruflichen Tätigkeit in einem Umfang von sechs Stunden täglich und mehr im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche nicht entgegen. Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. ist in der Aussage vom 20.10.2015 ebenfalls von einem arbeitstäglichen Leistungsvermögen des Klägers von sechs Stunden und mehr täglich ausgegangen. Der Internist Dr. W. hat unter dem 12.11.2015 angegeben, der letzte persönliche Kontakt sei am 04.11.2014 wegen gastroenteritischer Beschwerden erfolgt. Eine Berufstätigkeit im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr müsse nach den vorliegenden Facharztbefunden objektiv möglich sein. Der Kläger halte dies aber aus subjektiver Sicht nicht für möglich. Dr. S. hat aus augenärztlicher Sicht unter dem 23.11.2015 keine Bedenken gegen eine leichte berufliche körperliche Berufstätigkeit im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche geäußert. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. S. hat unter dem 05.08.2015 im Verfahren S 13 SB 2269/15 angegeben, der Kläger habe einmalig am 22.01.2015 Kontakt zu ihm aufgenommen. Bei der Untersuchung seien Gang und Stand sicher, aber der Romberg-Stehversuch nicht möglich gewesen mit Falltendenz nach links, sowie der Seiltänzergang unsicher möglich gewesen. Weitere Untersuchungen seien durch ihn nicht erfolgt, er habe die Diagnose einer noch residuellen Gleichgewichtsstörung nach anamnestischer Vestibulariserkrankung 2009 mit noch sensibler Affektion des Nervus Trigeminus rechts nach Speicheldrüsenoperation 2013 gestellt. Die Gleichgewichtsstörung sei als leichtgradig unter erschwerten Gleichgewichtsbedingungen zu bezeichnen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.02.2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger liege keine Erwerbsminderung vor, da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche verfüge. Zu dieser Überzeugung sei das Gericht nach kritischer und umfassender Würdigung sämtlicher vorliegender medizinischer Unterlagen, insbesondere der Ergebnisse der Begutachtung durch Dr. K. und Dr. S. gelangt. Die von diesen diagnostizierten Erkrankungen begründeten nur Einschränkungen in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht. Der Kläger sei in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten, in Wechselhaltung, in Tages-, Früh-/Spätschicht auszuüben. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderen Ansprüchen an die Konzentrationsfähigkeit, das Reaktionsvermögen und das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Arbeiten unter Zeitdruck. Auch das Besteigen von Leitern und Absturzgefahr sowie das Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten über 10 kg sowie unter widrigen Witterungsbedingungen sei nicht möglich.
Hinreichende Anhaltspunkte für einen die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufhebenden Gesundheitszustand seien aus den medizinischen Unterlagen nicht ersichtlich. Im Vordergrund der geschilderten Beschwerden stünden Schwindel bzw. Gleichgewichtsstörungen. Hierfür seien jedoch keine gesicherten medizinischen Ursachen ersichtlich. In der Untersuchung durch Dr. S. bzw. Dr. K. hätten sich keine Hinweise auf organische bzw. psychische Erkrankungen, welche die Schwindelgefühle des Klägers begründen könnten, gefunden. So hätten sich in den Hirnnervenbereichen keine Auffälligkeiten und vor allem keine Nachweise für eine vestibuläre Störung gefunden. Paresen oder sensible Störungen hätten ebenfalls nicht bestanden, die Muskeleigenreflexe seien lebhaft. Auch das Gangbild des Klägers sei unauffällig, auch auf Zehenballen und Fersen. Bei der Untersuchung durch Dr. K. habe der Kläger eine aufrechte Haltung und ein flüssiges Be- und Entkleiden sowie Hinlegen und Aufrichten auf der Untersuchungsliege gezeigt. Der Armvorhalteversuch sei unauffällig, der Stehversuch sicher gewesen. Der Tretversuch mit geschlossenen Augen sei unsicher gewesen, jedoch ohne Fallneigung erfolgt. Zwar habe Dr. S. eine auffällige Fallneigung nach links beim Augenschluss im Rahmen des Romberg-Tests bzw. Unterberger Tretversuch festgestellt. Jedoch sei die Fallneigung bei Ablenkung deutlich geringer ausgefallen. Auch habe der Kläger demonstrative Ausgleichsbewegungen im Seiltänzergang getätigt. Diese Ergebnisse deckten sich mit den Feststellungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. S., der im ärztlichen Bericht vom 22.01.2015 einen sicheren Gang und Stand bei nicht möglichem Romberg-Stehversuch mit Falltendenz nach links beschrieben habe. Der Seiltänzergang sei unsicher möglich gewesen. Im Rahmen der ärztlichen Beurteilung habe der Arzt ausgeführt, dass eine denkbare Funktionsstörung des Gleichgewichtsorgans "der Spekulation" überbleibe.
Auch aus den sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sei kein Gesundheitszustand ersichtlich, welcher eine Erwerbsfähigkeit des Klägers ausschließen würde. Vielmehr seien die Ärzte übereinstimmend nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gekommen. Dr. C. habe in Beantwortung der gerichtlichen Fragen im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sich seit 2013 lediglich zwei Mal aufgrund seines Asthmas vorgestellt. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes habe er nicht feststellen können. Eine körperlich leichte Berufstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden sei unter qualitativen Einschränkungen möglich. Dr. R. habe im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe sich seit 2013 lediglich zwei Mal aufgrund eines Ohrdrucks bzw. Halsschmerzen bei ihm vorgestellt. Die durch ihn erhobenen Befunde seien nicht geeignet, eine mehr als sechsstündige berufliche Tätigkeit auszuschließen. Dr. W. habe ebenfalls über eine lediglich einmalige persönliche Vorstellung des Klägers im November 2015 aufgrund von gastroenteritischen Beschwerden berichtet. Aufgrund einer somatoformen Störung sei das für die Erwerbsfähigkeit maßgebliche Fachgebiet das der Neurologie. Der Kläger sei danach aus objektiver Sicht in der Lage, einer Berufstätigkeit nachzugehen, halte sich hierfür jedoch subjektiv nicht in der Lage. Der Augenarzt Dr. S. habe ausgeführt, der Kläger habe sich seit 2013 zwei Mal zur Kontrolle vorgestellt. Als vorherrschendes Symptom habe der Kläger über Schwindel geklagt. Okuläre Ursachen als Grund für die Schwindelsymptomatik seien aber nicht nachzuweisen gewesen. Die Beschwerden lägen am ehesten im psychischen bzw. psychosomatischen Bereich. Aus augenärztlicher Sicht seien keine Einwände gegen eine leichte körperliche Berufstätigkeit ersichtlich. Auch der befragte Neurologe und Psychiater Dr. S., der seine Diagnosen aufgrund eines lediglich einmaligen Kontaktes im Januar 2015 gestellt habe, habe die Gleichgewichtsstörung als leichtgradig bezeichnet. Auffällig seien beim Kläger die sehr unregelmäßige Behandlungsfrequenz bzw. nicht vorhandene ambulante Behandlungen auf sämtlichen Fachgebieten. Dies spreche - im Gegensatz zum Vortrag des Klägers - für einen eher geringen Leidensdruck aufgrund seiner körperlichen Gebrechen. Auch aus dem Tagesablauf des Klägers seien keine erheblichen Einschränkungen ersichtlich. Der Kläger wohne zusammen mit seiner Mutter in einer Wohnung. Am Haushalt beteilige er sich, übernehme das Geschirrspülen, Abstauben und Staubsaugen. Außerdem gehe er mehrmals die Woche spazieren, wenn auch kurz. Im Übrigen verbringe der Kläger seine Zeit mit Musik hören und Fernsehen.
Das Gericht sehe sich aufgrund der übereinstimmenden sachverständigen Zeugenauskünfte und der vorliegenden Verwaltungsgutachten auch unter Beachtung des klägerischen Vortrags und des Verwaltungsgutachtens des Dr. A. S. zu keiner abweichenden Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers veranlasst. Insbesondere seien weder die Diagnosen erheblicher Gleichgewichtsstörungen und einer dadurch bedingten Einschränkung der Gehfähigkeit sowie einer Schwindelsymptomatik noch die hierauf aufbauende Leistungsbeurteilung nachvollziehbar. Zwar habe Dr. A. S. in der Befunderhebung einen unsicheren Seiltänzergang und Einbeinstand mitgeteilt, im Übrigen jedoch eine gegebene Stabilität der unteren Gliedmaßengelenke, einen möglichen Zehen- und Hackenstand rechts und links sowie einen flüssigen Barfußgang festgestellt.
Gegen den am 25.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.03.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er halte sich für erwerbsgemindert. Er habe in der Nacht starke Kopfschmerzen und falle tagsüber mindestens ein Mal, von Schwindelanfällen geplagt, zu Boden. Da er Hartz IV-Empfänger sei und nicht in der Nähe seiner Ärzte wohne, sei es ihm nicht möglich, ständig dorthin zu fahren, da er das nicht bezahlen könne. Er verweise auf das Gutachten des Dr. A. S., der die Problematik mit seinem Schwindel- und Gleichgewichtsproblem erkannt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2015 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat den Internisten Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen und ein Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt.
Dr. W. hat unter dem 15.06.2016 angegeben, der Kläger sei von ihm seit 2013 am 04.11.2014, 27.11.2015 und zuletzt am 30.05.2016 wegen einer Fraktur der rechten Kleinzehe behandelt worden. Bei diesen Untersuchungen hätten sich keine Hinweise gefunden, welche die Wegefähigkeit oder Einschränkungen in Bezug auf den Arbeitsplatz beinhalteten. Unter Beachtung des Krankheitsbildes über einen längeren Zeitraum könne man wohl von einer anhaltenden somatoformen Störung ausgehen, die die somatischen Befunde erheblich überlagere.
Dr. S. hat im Gutachten vom 05.08.2016 folgende Diagnosen gestellt: Beschwerdenaggravation hinsichtlich der Schwindelsymptomatik bei Rentenbegehren (ICD 10; F 68.0), akzentuierte Persönlichkeitszüge (ICD 10: Z 73.1), Spannungskopfschmerzen (ICD 10: G 44.2), Zustand nach Vestibuiarisausfall rechts 04/2009 ohne sicheren Anhalt für Folgebeeinträchtigungen, Zustand nach Entfernung eines gutartigen Tumors (Warthin-Tumor) sowohl an der rechten als auch an der linken Ohrspeicheldrüse (2013 und 2003), angegebenes Tinnitusleiden, Asthma bronchiale ohne Rechtsherzinsuffizienzzeichen, keine aktuelle pulmologische Symptomatik, Wirbelsäulenleiden ohne relevante sensomotorische Ausfälle. Aufgrund des bekannten Lungenleidens seien Tätigkeiten mit lungenbelastenden Verrichtungen und Tätigkeiten in Nachtschicht nicht leidensgerecht. Hierzu gehörten Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen. Widrige klimatische Bedingungen seien weitgehend auszuschließen, gelegentlich seien diese jedoch möglich. Bei bekanntem Wirbelsäulenleiden seien auch wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten nicht vertretbar. Weitere Einschränkungen seien nicht objektivierbar und belegbar. Das geistige Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Es ergebe sich auch kein Anhalt für relevante Einschränkungen der psychischen Belastbarkeit. Die diagnostizierten akzentuierten Persönlichkeitszüge seien persönlichkeitsimmanent; es handele sich nicht um "bloße Krankheitsvorstellungen". Eine weitere Erkrankung des psychiatrischen Fachgebietes habe sich nicht erheben lassen bzw. sei auch nicht aktenkundig. Eine Aggravation bzw. Simulation habe sich bezogen auf die Koordination bei Rentenbegehren feststellen lassen. Dieses sei entsprechend dem körperlichen Untersuchungsbefund eindeutig gewesen. Definitionsgemäß entziehe sich eine solche Aggravation bzw. Simulation nicht der zumutbaren Willensanstrengung. Ein Anhalt für eine seelische Symptomatik, die sich der zumutbaren Willensanstrengung entziehen könnte, habe sich nicht ergeben. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bestünden keine wesentlichen Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild. Auch unter Berücksichtigung der Aktenlage mit dem Wirbelsäulenleiden könne der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht verrichten. Auch Tätigkeiten mit Publikumsverkehr und solche unter üblichen nervlichen Belastungen seien vertretbar. Dem Kläger sei es durchaus möglich, eine erwerbsorientierte Lebensgestaltung zu realisieren. Eine organisch bedingte erhöhte Erschöpfbarkeit bestehe nicht. Es liege ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche vor. Der Kläger könne eine leidensgerechte Tätigkeit mit der erforderlichen Regelmäßigkeit ausüben. Es liege auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine spezifische Leistungseinschränkung vor. Auch die Wegefähigkeit sei gegeben. Der Kläger könne täglich viermal eine Wegstrecke von geringfügig mehr als 500 Metern zu Fuß zurücklegen. Es lägen keine Erkrankungen vor, die die Wegstrecke sozialmedizinisch relevant beschränken würden, wie Paresen an den unteren Extremitäten, schwere Schädigungen des Kleinhirns und/oder der Vestibularorgane mit den entsprechenden Koordinationsstörungen, gravierende orthopädische Erkrankungen oder eine schwere Zwangs- oder Angsterkrankung. Für die Erforderlichkeit einer weiteren Begutachtung auf einem anderen Fachgebiet ergebe sich kein ausreichender Grund.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 22.02.2016 sowie der angefochtene Bescheid vom 26.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2015 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand April 2015, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff., m.w.N.).
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt, da er trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen und den zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen wegen eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat - ebenso wie das SG - nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, nicht festzustellen vermag. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, insbesondere der im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. K. und Dr. S. sowie den Aussagen der vom SG befragten sachverständigen Zeugen.
Aus dem weiteren Vorbringen im Berufungsverfahren und der erfolgten Beweisaufnahme folgt keine andere Bewertung. Weder der Gutachter Dr. S. noch der sachverständige Zeuge Dr. W. vermochten Leistungseinschränkungen festzustellen, die zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führen würden. Über die von Dr. S. im Einzelnen beschriebenen qualitativen Einschränkungen (Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht ohne Nachtschicht, keine Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen, keine wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten) hinaus bestehen keine relevanten Einschränkungen bei leichten bis gelegentlich mittelschweren Tätigkeiten. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden kann daher weder aus Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem, orthopädischem oder sonstigem Fachgebiet noch bei einer Gesamtschau aller Fachgebiete festgestellt werden.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Juris).
Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Dass den bei ihm bestehenden Leistungseinschränkungen mit dem Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreichend Rechnung getragen wird, hat das SG ausführlich und zutreffend dargestellt; auch insoweit schließt sich der Senat vollumfänglich den Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung an. Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass auch nach Einschätzung des Senats weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Die erhaltenen Handfunktionen schließen insbesondere die vom BSG (Urteil v. 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R - Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) nicht aus. Auch der Sachverständige Dr. S. hat keine wesentlichen Einschränkungen der Fingerfeinmotorik feststellen können. Damit liegen in ausreichender Zahl Tätigkeitsfelder und in ausreichendem Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten vor, auf die der Kläger noch vermittelt werden kann.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R -, Juris). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R -, Juris); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R -, Juris). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - in SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R -, jeweils Juris). Hiernach ist der Senat nach dem gesamten Akteninhalt davon überzeugt, dass der Kläger trotz seiner Beschwerden in der Lage ist, viermal am Tag in 20 Minuten Wegstrecken von 500 Meter zurück zu legen. Dies haben zuletzt der Sachverständige Dr. S. und der Zeuge Dr. W. bestätigt.
Da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist, kommt ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht in Betracht.
Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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