L 5 B 126/03 SB

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 B 126/03 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 02.10.2002 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit, in dem die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) streitig ist, bat der Vorsitzende der 7. Kammer des Sozialgerichts Mainz (SG) den Beschwerdeführer, einen der behandelnden Ärzte des Klägers, mit Schreiben vom 24.01.2002 unter Übersendung eines Vordrucks um Erstattung eines Befundberichts. Im Anforderungsschreiben wurde darauf hingewiesen, dass eine Untersuchung aufgrund dieser Anforderung nicht bezahlt werde, des Weiteren wurde gebeten, insbesondere das Ergebnis der am 17.01.2002 durchgeführten Lungenfunktionsprüfung möglichst genau mitzuteilen. Mit Schreiben vom 07.03.2002 und 16.04.2002 wurde der Beschwerdeführer an die Übersendung des Befundberichts erinnert. Am 05.06.2002 wurde er durch die Geschäftsstelle der 7. Kammer telefonisch erinnert. Am 04.07.2002 telefonierte der Vorsitzende der 7. Kammer mit dem Beschwerdeführer und wies ihn darauf hin, dass eine Ladung zur Beweisaufnahme erfolgen werde, wenn der Befundbericht nicht alsbald vorgelegt werde. Der Beschwerdeführer bat daraufhin um erneute Übersendung des Vordrucks zur Erstattung des Befundberichts und sagte eine Übersendung in der nächsten Woche zu. Mit Schreiben vom 08.07.2002 wurde ihm ein neuer Vordruck übersandt. Aufgrund einer erneuten telefonischen Anfrage am 13.08.2002 teilte der Beschwerdeführer mit, der Befundbericht komme bis Ende der Woche, da noch die Befunde einer Operation abgewartet werden sollten.

Mit Ladung vom 13.09.2002 wurde der Beschwerdeführer unter Angabe des Gegenstandes der Vernehmung und unter Hinweis auf die Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens zum Beweisaufnahmetermin am 26.09.2002 geladen. In diesem Termin erschien der Beschwerdeführer nicht.

Am 01.10.2002 ging der auf den 27.09.2002 datierte Befundbericht mit medizinischen Unterlagen beim SG ein.

Mit Beschluss vom 02.10.2002 setzte das SG gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 750,-- Euro, im Nichtbeitreibungsfall für je 250,-- Euro ein Tag Ordnungshaft, fest und legte dem Beschwerdeführer weiterhin die durch das Ausbleiben im Termin vom 26.09.2002 verursachten Kosten auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Entschuldigung zum Termin zur Beweisaufnahme nicht erschienen. Die im oberen Bereich des eröffneten Rahmens liegende Festsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes finde ihre Entsprechung in den aktenkundigen, diesen Einzelfall prägenden Umständen und dabei im besonderen in der beruflichen Stellung des Beschwerdeführers, die mangels gegenteiliger Anhaltspunkte die Vermutung für weit über dem Durchschnitt liegende wirtschaftliche Verhältnisse begründe. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den erbetenen Befundbericht am 01.10.2002 zu den Akten gereicht habe, führe zu keinem anderen Ergebnis.

Gegen den ihm am 16.10.2002 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 15.11.2002 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 07.08.2003).

Der Beschwerdeführer trägt vor, die Tatsache, dass er im Termin nicht erschienen sei, beruhe ausschließlich auf einem entschuldbaren Irrtum seinerseits infolge seiner gerichtlichen Unerfahrenheit. Er habe den Kläger nach Erhalt des Befundberichtes gebeten, sich umgehend in seiner Praxis vorzustellen. Dies habe der Kläger nicht getan, so dass er den Befundbericht nicht habe erstellen können. Als er die Ladung zum Termin für die Beweisaufnahme erhalten habe, habe er sofort bei der Geschäftsstelle der 7. Kammer angerufen, um mitzuteilen, dass er die Angelegenheit so schnell wie möglich erledigen werde. Daraufhin sei ihm durch Frau N von der Geschäftsstelle der 7. Kammer mitgeteilt worden, dass sie seine Information weiterleiten werde und dass sich sein Erscheinen vor Gericht am 26.09.2002 damit wohl erübrigen werde. Als er vom Gericht nichts mehr gehört habe, sei er davon ausgegangen, dass er am Termin nicht persönlich habe erscheinen müssen. Da ihm somit allenfalls leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, sei die Verhängung des Ordnungsgeldes rechtswidrig gewesen. Zumindestens sei aber die Höhe des Ordnungsgeldes unangemessen hoch. Er sei kein Klinikchef mit einem Einkommen von 500.000 bis 800.000 Euro im Jahr, sondern ein niedergelassener Internist mit hausärztlicher Praxis, der nur über das durchschnittliche Einkommen eines Arztes für Allgemeinmedizin verfüge. Ein Betrag von 750,-- Euro sei für ihn kein Taschengeld, sondern eine erhebliche Belastung.

Der Beschwerdeführer hat Einzelverbindungsnachweise seines Telefonanschlusses vorgelegt.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 02.10.2002 aufzuheben.

In einer dienstlichen Stellungnahme vom 25.11.2002 hat Frau N von der Geschäftsstelle der 7. Kammer mitgeteilt, sie könne sich an das Telefonat vom 17.09.2002 mit dem Beschwerdeführer nicht mehr erinnern. Allgemein gingen ihre Aussagen zu diesem Thema dahin, dass, wenn der Befundbericht bei Gericht eingehe, er sofort dem Richter vorgelegt werde und der Termin sich dann erledigen werde.

II.

Die zulässige Beschwerde des Beschwerdeführers hat in der Sache keinen Erfolg. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 750,-- Euro, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft, ist rechtmäßig.

Nach § 118 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 380 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen, zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs 1 Satz 1 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs 1 Satz 3 ZPO aufgehoben. Die Höhe des Ordnungsgeldes beträgt gemäß Art 6 Abs 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) 5 bis 1.000 Euro.

Der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer ist ohne vorherige Entschuldigung nicht im Termin zur Beweisaufnahme am 26.09.2002 erschienen, er hat auch nicht nachträglich eine genügende Entschuldigung vorgelegt. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, als Zeuge vor Gericht auszusagen, umfasst grundsätzlich die Pflicht zum Erscheinen, zur Aussage und gegebenenfalls zur Eidesleistung. Erscheint der Zeuge trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht, kann gegebenenfalls neben der Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 380 Abs 2 ZPO die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden. Seiner staatsbürgerlichen Verpflichtung zum Erscheinen und zur Aussage hatte der Beschwerdeführer aufgrund der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin zur Beweisaufnahme am 26.09.2002 nachzukommen. Die von ihm nachträglich vorgebrachten Entschuldigungsgründe rechtfertigen nicht die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses. Zwar hat der Beschwerdeführer ausweislich der vorgelegten Listen am 17.09.2002, am Tag der Ladungszustellung, mit der Geschäftsstelle der 7. Kammer des SG telefoniert. Über den Inhalt dieses Telefonats konnte die Geschäftsstellenbeamtin der 7. Kammer nichts aussagen. Sie hat aber mitgeteilt, dass sie Anrufer in entsprechenden Fällen dahingehend informiert, dass der Beweisaufnahmetermin aufgehoben werde, wenn der Befundbericht vorher bei Gericht eingehe und dem Richter vorgelegt werde. Anhaltspunkte dafür, dass sie gegenüber dem Beschwerdeführer eine andere Mitteilung gemacht hat, sind nicht ersichtlich. Dafür spricht auch die Aussage des Beschwerdeführers über den Inhalt des Telefonats. Nach seinen Angaben hat die Geschäftsstellenbeamtin ihm mitgeteilt, der Termin werde sich "wohl" erledigen. Somit hat sie ihm gegenüber nicht bereits eine Terminsaufhebung ausgesprochen, sondern ihm nur eine mögliche Terminsaufhebung in Aussicht gestellt. Angesichts seines früheren Verhaltens, nämlich der mehrmonatigen Nichtbeantwortung zahlreicher gerichtlicher Schreiben und Anfragen, konnte der Beschwerdeführer ernsthaft nicht davon ausgehen, dass er ohne schriftliche Bestätigung des Gerichts nicht zum Termin erscheinen müsse. Zudem hat er den erbetenen Befundbericht nicht bereits vor dem Beweisaufnahmetermin an das Gericht abgesandt, sondern ihn ausweislich des Datumsvermerks erst am 27.09.2002 nach dem Termin zur Beweisaufnahme verfasst.

Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, der Kläger sei über Monate nicht zur Untersuchung erschienen und deshalb habe der Befundbericht nicht erstattet werden können, stellt keine genügende Entschuldigung für sein Nichterscheinen dar. Der Befundbericht sollte gemäß dem gerichtlichen Anschreiben nicht aufgrund einer gutachterlichen Untersuchung des Klägers erstellt werden, vielmehr sollte der Beschwerdeführer aufgrund der von ihm bereits erhobenen Befunde und ihm vorliegender Unterlagen anderer Ärzte Daten mitteilen, die Anhaltspunkte für das Vorliegen wesentlicher, auf Krankheiten beruhender Funktionsstörungen lieferten und deren Auswirkungen möglicherweise zu einer Behinderung messbaren Grades führten. Darüber hinaus entband eine möglicherweise unterbliebene Untersuchung des Klägers den Beschwerdeführer nicht von seiner Pflicht, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen.

Die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes ist unter Berücksichtigung der Bedeutung des Ordnungsverstoßes und des dem Beschwerdeführer zu machenden Vorwurfes nicht zu beanstanden. Das gemäß § 380 Abs 1 ZPO zu verhängende Ordnungsgeld hat keinen Strafcharakter, sondern dient dazu, über die Beachtung der Aussagepflicht die Durchsetzung des sachlichen Rechts zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Beweisaufnahmetermins abzustellen, spätere Gesichtspunkte können nur eingeschränkt berücksichtigt werden. Bei der Höhe der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Zeugen sprechen, gegeneinander ab. Dabei können die Beweggründe und die Ziele des Zeugen, die Gesinnung, die aus dem Ordnungsverstoß spricht, und der bei dem Verstoß aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen verschuldete Auswirkung, das Vorleben des Zeugen, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach dem Ordnungsverstoß berücksichtigt werden.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer ist nicht nur im Termin zur Beweisaufnahme am 26.09.2002 nicht erschienen, sondern er hat ab Ende Januar 2002 trotz zahlreicher schriftlicher und telefonischer Aufforderungen des SG den erbetenen Befundbericht nicht erstattet. Telefonische Zusagen, den Befundbericht innerhalb kürzerer Fristen vorzulegen, hat er nicht eingehalten. Damit hat er weit mehr als ein halbes Jahr das gerichtliche Verfahren verzögert. Auch die Ladung zum Beweisaufnahmetermin veranlasste ihn nicht, den Befundbericht nunmehr umgehend anzufertigen und vor dem Termin dem Gericht vorzulegen. Hieraus ergibt sich ein hohes Maß an Pflichtwidrigkeit, welches in die Höhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes einzufließen hat.

Sein Verhalten nach dem Ordnungsverstoß, nämlich die nunmehrige Vorlage des Befundberichtes nebst ärztlicher Unterlagen, kann angesichts seines früheren Verhaltens nicht zu einer Minderung bei der Höhe des Ordnungsgeldes führen.

Schließlich rechtfertigen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten wirtschaftlichen Verhältnisse keine Reduzierung der Höhe des verhängten Ordnungsgeldes. Konkrete Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Beschwerdeführer nicht gemacht. Sein allgemeiner Hinweis, er erziele das Einkommen eines niedergelassenen Internisten und nicht eines Chefarztes in einem Krankenhaus, sind zu unbestimmt, um die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes als unbillig erscheinen zu lassen.

Nach alledem ist die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

Dieser Beschluss kann nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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