L 9 U 903/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 U 2638/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 903/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten zuletzt die Übernahme von Kosten der Heilbehandlung und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls am 04.10.2011.

Der 1966 geborene Kläger war seit Mai 2008 bei dem Erlebniszentrum M. in Z., einem Anbieter von Outdoor-Aktivitäten mit Gästehaus, versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 04.10.2011 betreute der Kläger gemeinsam mit dem Inhaber des Erlebniszentrums, M. W. (im Folgenden: MW) und einem weiteren Mitarbeiter eine Schulklasse mit Kindern im Alter von etwa sieben bis acht Jahren bei einer Floßfahrt auf der E. Als das selbstgebaute Floß, auf dem sich lediglich die Kinder sowie MW befanden, kenterte, schritt der Kläger zusammen mit den Lehrkräften der Schulklasse rettend ein. Dabei begab er sich ins Wasser, hob unter anderem das gekenterte Floß hoch, um nachzusehen, ob sich darunter Kinder befanden und brachte ein leblos wirkendes Mädchen an Land.

Einen Tag später stellte sich der Kläger wegen Schmerzen an der linken Schulter und am linken Oberarm bei seiner Hausärztin, Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B., vor, die ihn an die Fachärztin für Orthopädie R. vom Orthopädischen Praxiszentrum S. weiterleitete. In deren H-Arzt-Bericht vom 06.10.2011 ist ausgeführt, der Kläger habe bei dem Rettungsversuch das Floß mit dem linken Arm und der linken Schulter hoch gehoben. Seitdem verspüre er Schmerzen im linken Nackenbereich. Der klinische Befund habe eine reizlose Halswirbelsäule (HWS) mit einem 4 x 4 cm großen Hämatom im Bizepsmuskel mit Klopfschmerz ergeben. Es seien keine sensiblen oder motorischen Ausfälle der oberen Extremität erkennbar gewesen. Allerdings habe ein ausgeprägter paravertebraler Druckschmerz der gesamten HWS links bestanden. Die linke Schulter habe leicht schmerzhaft bis 160° abduziert werden können. Die Röntgenuntersuchungen hätten eine Steilstellung der HWS bei Osteochondrose C4-6 mit osteophytären Einbauten sowie an der linken Schulter einen leichten Humeruskopfhochstand mit beginnender OM-Arthrose ohne Fraktur ergeben. Diagnostiziert wurde eine Prellung des Bizepsmuskels. Am 12.10.2011 begab sich der Kläger erstmals bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. in Behandlung, der ihn wegen der Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) an die Psychiatrische Klinik des Universitätsklinikums H. weiterleitete, wo bei ihm eine akute Belastungsreaktion und eine Anpassungsstörung diagnostiziert wurde.

Am 25.10.2011 zeigte Dr. W. der Beklagten das Vorliegen eines Unfalls an, die MW und den Kläger um Auskunft bat.

MW teilte am 07.11.2011 der Beklagten telefonisch mit, der Kläger habe mitgeholfen, die Kinder aus dem Wasser zu ziehen. Ein Kind habe Wasser geschluckt, sei aber nicht in Lebensgefahr gewesen. Dieses Kind sei in ein Krankenhaus gebracht worden, wo man aber keinen Handlungsbedarf gesehen habe. Der Kläger habe überdies noch zwei bis drei Tage gearbeitet und sei erst arbeitsunfähig erkrankt, als es zu Konflikten am Arbeitsplatz wegen eines bei der Rettungsaktion verloren gegangenen Handys gekommen sei. Schriftlich teilte er am 08.11.2011 außerdem mit, dass der Kläger keinen Unfall gehabt, sondern gemeinsam mit den Lehrern und einem weiteren Mitarbeiter geholfen habe, die Kinder aus dem Wasser zu holen. Alle Personen seien hierbei unversehrt geblieben. Eines der unten am Floß befestigten Kunststoff-Fässer sei nicht dicht gewesen, so dass Wasser hineingelaufen sei, das das Floß zum Kentern gebracht habe.

Der Kläger gab mit Schreiben vom 15.11.2011 an, das Floß mit MW und den Kindern sei bereits unterwegs gewesen, als er ein Kind im Wasser gesehen und festgestellt habe, dass etwas passiert sei. Er habe sich dann in ein Kajak gesetzt und sei zur Unfallstelle gepaddelt. Da vor Ort ein Durcheinander gewesen sei, habe er ins Wasser springen müssen, um nachzuschauen, ob sich Kinder unter dem Floß befänden. Das Wasser sei ihm im Stehen bis zur Brust gegangen. Beim Anheben des Floßes habe er ein Kind bewusstlos mit dem Kopf unter Wasser treiben sehen. Er habe das Floß diagonal hochgestemmt, es mit einer Hand gehalten und das Kind mit der anderen Hand herausgezogen. Dabei habe er gesehen, dass noch ein anderes Kind im Wasser gelegen sei. Er habe das erste Kind, ein Mädchen, herausgeholt und habe das Floß absetzen müssen, da es sehr schwer gewesen sei. Gemeinsam mit dem weiteren Mitarbeiter habe er das Floß wieder angehoben und MW habe das zweite Kind herausgeholt. Das Mädchen sei dann zu sich gekommen. Seit dem 06.10.2011 könne er nicht mehr richtig schlafen und habe immer wieder an den Unfall denken müssen. Auch leide er seitdem unter Schmerzen in Schulter und Ellenbogen. Am 30.11.2011 begab sich der Kläger zu dem Facharzt für Orthopädie Dr. R. in Behandlung, der bei ihm eine Zerrung (brachii links) und ein myofasziales Schmerzsyndrom (cervical) feststellte und ausführte, dass Arbeitsfähigkeit bestehe.

Die Beklagte zog bei der zuständigen Krankenkasse des Klägers, der B., Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit vom 06.10.2011 bis 18.11.2011 bei.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. S. vom Orthopädischen Praxiszentrum S. teilte der Beklagten im Juni 2012 mit, dass nach dem 21.03.2012 keine Plausibilität mehr für eine krankengymnastische Behandlung zu Lasten der Beklagten bestanden habe. Die Behandlung sei auf den kassenärztlichen Kostenträger umgestellt worden. Es sei möglich, dass schon zum Unfallzeitpunkt Muskelverspannungen in HWS und im Schulterbereich bestanden hätten, sodass durch die Zerrung am linken Arm, Schulter und ggfs. HWS eine Verlängerung des Ausheilungszustandes möglich sei. Eine exakte Differenzierung der Schmerzentstehung sei nicht mehr durchführbar gewesen, weil es sich meist um gemischte Krankheitsbilder handele.

Die Beklagte beauftragte den Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. C. mit der ambulanten Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Dieser führte in seinem Gutachten vom 06.06.2012 aus, eine unfallmechanische Belastung der HWS bzw. des linken Schultergelenks könne bei dem Ereignis vom 04.10.2011 nicht wahrscheinlich gemacht werden. Die im H-Arzt-Bericht angegebene Prellung des Bizepsmuskels sei unter Berücksichtigung der dokumentierten Vorgeschichte nicht sachgerecht. Der zwei Tage nach dem Ereignis beschriebene Bluterguss könne nicht Folge des Geschehens vom 04.10.2011 sein, sondern müsse eine andere Ursache haben. Die Druckschmerzen und Verspannungen erklärten sich ebenfalls nicht mit dem Ereignis vom 04.10.2011. Ursächlich hierfür seien vielmehr die nachgewiesenen Verschleißumformungen an der HWS. Da der Kläger außerdem heute noch über die beschriebenen Beschwerden klage, hätten die Verletzungen seinerzeit in einem Ausmaß eingetreten sein müssen, dass sie aus den Röntgenaufnahmen zu erkennen gewesen wären.

Der Kläger trat diesem Gutachten entgegen und führte mit Schreiben vom 27.09.2012 aus, dass Dr. C. nicht auf seine psychischen Probleme eingehe, die seiner Auffassung nach unfallbedingt seien. Er sei entgegen den Ausführungen im Gutachten immer noch aufgrund der Schmerzen in der linken Schulter und einem Pelzigkeitsgefühl im linken Arm extrem eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 13.02.2013 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 04.10.2011 als Arbeitsunfall an und stellte fest, dass weder eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit noch eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Zudem bestehe kein Anspruch auf eine Rente. Zur Begründung stützte sie sich einerseits auf das Gutachten des Dr. C. Zudem führte sie aus, dass im Hinblick auf die vom Kläger geklagten Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet ein über eine akute Belastungsreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden nicht plausibel sei. Da er aktiv bei der Rettung der Kinder geholfen habe, könne sich ein Ohnmachtsgefühl nicht eingestellt haben. Auch die übrigen beteiligten Personen hätten nicht über Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet geklagt.

Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2013 Widerspruch und führte aus, das Floß, das nur mit fünf bis sechs Personen bewegbar gewesen sei, habe ein erhebliches Gewicht gehabt und habe von ihm alleine hochgewuchtet werden müssen. Dr. W. habe bei ihm eine PTBS diagnostiziert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2013 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie für den Zeitraum vom 06.10.2011 bis 18.11.2011 unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und bis 21.03.2012 unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit anerkannte. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren übernahm die Beklagte zur Hälfte.

Der Kläger hat hiergegen am 29.07.2013 vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und die Anerkennung von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit über den 18.11.2011 hinaus, die Anerkennung von unfallbedingter Behandlungsfähigkeit über den 21.03.2012 hinaus sowie die Gewährung einer Verletztenrente geltend gemacht.

Das SG hat das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers bei der B. beigezogen und die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich befragt.

Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. hat am 07.01.2014 mitgeteilt, der Kläger sei am 19.07.2013 und 02.08.2013 bei ihm wegen Schlafstörungen sowie einer erheblichen psychischen Belastung in Behandlung gewesen.

Dr. W. hat mit Schreiben vom 09.01.2014 ausgeführt, der Kläger sei bei ihm vom 12.10.2011 bis 24.10.2011 insgesamt fünf Mal wegen Schlafstörungen, einer depressiven Unruhe und Angstzuständen in Behandlung gewesen, dann erst wieder im Zeitraum vom 05.03.2013 bis 19.04.2013. Er habe im Jahr 2011 die Diagnose einer PTBS gestellt. Im Jahre 2011 habe ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Unfall und den psychischen Problemen gestanden. Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 24.10.2011 vorgelegen. Im Jahr 2013 sei der Kläger wegen einer Dysthymia bei ihm vorstellig geworden.

Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. hat unter dem 13.01.2013 angegeben, die Beschwerden (Schlafstörungen, Ängste und Depression) bei Vorliegen einer PTBS seien vorher nicht vorhanden gewesen und auf den Unfall vom 04.10.2011 zurückzuführen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege bei 100 v.H.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. des Orthopädischen Praxiszentrums S. hat mit Schreiben vom 09.01.2014 ausgeführt, seiner Ansicht nach seien eine Prellung des linken Bizepsmuskels und eine Distorsion der linken Schulter sowie eine Cervikobrachialgie linksseitig betont auf den Unfall zurückzuführen. Der Kläger habe bereits vor dem Unfall an einer Osteochondrose C4 bis C6 und einer Insertionstendopathie der rechten Bizepssehne gelitten. Schon damals seien eine physikalische Therapie und die Durchführung von krankengymnastischen Übungsbehandlungen notwendig gewesen. Durch den Unfall habe sich möglicherweise die Beschwerdesymptomatik im Bereich der Schulter vorübergehend verstärkt. Da jedoch durch den Unfall keine wesentlichen neuen Verletzungen hinzugekommen seien, sei es durch den Unfall zu keiner dauernden schwerwiegenden Neuerkrankung gekommen. Bei den drei auf den Unfall zurückzuführenden Gesundheitsstörungen handele es sich allesamt um Erkrankungen ohne dauerhafte körperliche Beeinträchtigung. Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet (auch Coxarthrose, AC-Gelenksarthrose, Impingementsyndrom der linken Hüfte, NPP L5/S1) könne eine MdE von 10 bis 20 v.H. angenommen werden.

Dr. B., bei der der Kläger bis zum 22.01.2013 in Behandlung war, hat am 03.03.2014 mitgeteilt, der Kläger habe schon immer orthopädische Beschwerden gehabt. Sie könne daher nicht einschätzen, welche orthopädischen Erkrankungen auf den Unfall zurückzuführen seien. Psychisch sei auf jeden Fall eine PTBS auffällig gewesen.

Aus dem beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers ergibt sich unter anderem eine Erkrankung an Psychosomatose, psychophysischen Erschöpfungszustand und Suchtproblematik für die Zeit vom 10.06.1991 bis 13.07.1991 sowie die Diagnose einer Depression bei Partnerproblematik für die Zeit vom 26.06.1992 bis 01.07.1992, eine psychovegetative Dysregulation vom 04.11.1992 bis 14.11.1992 sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, für die Zeit vom 14.10.2002 bis 15.12.2002.

Vom 15.10.2014 bis 16.10.2014 hat sich der Kläger in stationärer Behandlung in der geschützten Station der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums N. in W. befunden. Im Entlassungsbericht vom 15.10.2014 sind als Diagnosen eine PTBS sowie eine mittelgradige depressive Episode festgehalten. Der Kläger habe angegeben, seit acht Tagen wieder vermehrt unter Erinnerungen und Angstzuständen aufgrund des Arbeitsunfalls vom 04.10.2011 zu leiden. Auch habe er erklärt, dass ihn die Bilder des Unfalls nicht mehr loslassen würden, dass er es vermeide, sich an Orte zu begeben, die im Zusammenhang mit dem Unfall stünden, dass er schlechter Stimmung und antriebslos sei und unter massiven Schlafstörungen leide.

Im Anschluss daran ist der Kläger vom 16.10.2014 bis 04.11.2014 in stationärer Behandlung der GRN-Klinik Schwetzingen, Station für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, gestanden. Der Entlassungsbericht vom 04.11.2014 nennt als Diagnosen eine mittelgradige depressive Episode sowie den Verdacht auf eine PTBS.

Vom 10.12.2014 bis 28.01.2015 ist der Kläger erneut stationär im psychiatrischen Zentrum Nordbaden behandelt worden. Im Entlassungsbericht vom 21.01.2015 ist als Diagnose eine mittelgradige depressive Episode angegeben.

Das SG hat den Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Psychiatrischen Zentrums N. Prof. Dr. S. als Sachverständigen bestellt und ihn mit der Erstellung eines Gutachtens nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers beauftragt, die zunächst am 02.10.2014 und 07.11.2014 stattgefunden hat. Aufgrund des Hinweises des Sachverständigen Prof. Dr. S., die Angaben des Klägers zum Unfallablauf differenzierten zu denen des MW, hat das SG in einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts MW, dessen damaligen Mitarbeiter R. K. sowie die Betreuungspersonen (Lehrerin, Referendarin) der Schulklasse, K. A., C. K. und A. D., als Zeugen vernommen.

MW hat hierzu ausgesagt, das Floß sei langsam im Zeitlupentempo umgekippt, die Kinder seien ins Wasser gefallen und hätten geschrien. Er selbst sei unter Wasser gewesen, und sein Rucksack habe sich mit dem Floß verklemmt. Nachdem er sich habe befreien können, habe er den Kläger und den Zeugen K. gerufen, die ins Wasser gesprungen seien, um die Kinder zu retten. Alle Kinder hätten Schwimmwesten getragen. Soviel er wisse, sei kein Kind unter dem Floß gewesen. Er habe jedoch den Kläger gebeten gehabt, das Floß hochzuheben und nachzuschauen, ob sich darunter Kinder befänden. Er selbst habe Panik gehabt, da sich die Kinder im Wasser befunden und geschrien hätten und es kalt gewesen sei.

Der Zeuge K. hat ausgesagt, der Kläger und er seien in ein kleines Boot gesprungen und zu der Unfallstelle gepaddelt. Ein Kind, das mit einem Seil ans Boot gebunden gewesen sei, habe er herausgeholt. Der Kläger habe das Floß hochgehoben. Er habe gesehen, wie ein Junge unter dem Floß gelegen sei. Der Kläger habe bereits ein Mädchen im Arm gehabt, das auch vorher unter dem Floß gelegen habe. Der Junge unter dem Floß sei ganz ruhig gewesen, habe jedoch nicht reagiert und nach oben geschaut. Er habe die Augen geöffnet gehabt. Er habe mit beiden Händen das Floß hochdrücken müssen. Der Kläger habe das Floß mit einem Arm hochgehoben, da er in dem anderen Arm das Mädchen gehalten habe. Er wisse nicht mehr, wer den Jungen schließlich herausgehoben habe. Er selbst sei unter Schock gestanden. In dem Moment, als er die Situation gesehen habe, sei das für ihn unglaublich gewesen, und er sei nicht bereit gewesen, dies zu sehen, denn ein solches Floß sollte nicht umkippen. Erstens seien es die Kinder im Wasser gewesen und zweitens die Tatsache, dass möglicherweise noch weitere Kinder unter dem Floß gewesen seien und es nicht so leicht gewesen sei, das Floß hochzuheben. Die Zeugin A. hat angegeben, das Ereignis sei für sie tiefgehend und traumatisierend gewesen. Als die Kinder im Wasser gelegen hätten, hätten sich die Schwimmwesten teilweise von den Kindern gelöst. Sie habe gesehen, dass sich die Kinder im Wasser befunden hätten und sei dann hereingesprungen. MW habe sich mit einem Seil seiner Schwimmweste am Floß verfangen gehabt und habe nicht helfen können. Ein Mädchen habe sie bewusstlos im Wasser mit dem Gesicht nach unten angetroffen. Sie habe es herausgezogen; die Lippen seien blau gewesen. Das Mädchen habe sich auf ihrem Arm ins Wasser übergeben müssen und sei so wieder zur Besinnung gekommen. Sie habe das Mädchen ans Ufer gelegt. Dann sei sie wieder ins Wasser gesprungen, um die anderen Kinder zu retten. Sie habe versucht, das Floß hochzustemmen, dies sei ihr jedoch nicht gelungen. Sie glaube, dass die Männer das Boot wieder umgedreht hätten. Ein Junge habe sich nach dem Vorfall in psychotherapeutischer Behandlung befunden. Im Nachhinein sei sie schwer erschüttert über die Dramatik der Situation, die für sie "ganz, ganz schrecklich" gewesen sei. Für die Kinder sei es ein Ereignis extremer, lebensbedrohlicher Natur gewesen.

Die Zeugin K. hat ausgesagt, die Kinder seien teilweise aus den Schwimmwesten herausgerutscht, als sie im Wasser gelegen hätten. Die Zeugin A. sei ins Wasser gesprungen, um die Kinder zu retten. Sie selbst sei am Ufer geblieben, um die Kinder entgegenzunehmen. Der Kläger sei dann auch im Wasser und direkt an das Floß herangegangen, so dass sie eine Art Kette bildeten, um die Kinder zu retten. Der Kläger habe die Kinder mit aus dem Wasser gezogen, die sich teilweise unter Wasser befunden hätten. Sie wisse, dass auch Kinder unter dem Floß gewesen seien, es seien vielleicht drei Kinder gewesen. Ihrer Erinnerung nach sei keines der Kinder bewusstlos gewesen. Zwei Kinder hätten geweint und einen verstörten Eindruck gemacht. Die Kinder seien alle ansprechbar gewesen. Die Situation sei für die Kinder sicher sehr lebensbedrohlich gewesen.

Schließlich hat die Zeugin D. angegeben, sie sei neben der Zeugin A. ins Wasser gegangen, wobei sie selbst sich eher am Rand aufgehalten und die Kinder entgegengenommen habe, welche die Zeugin A. ihr entgegengereicht habe. Ob Kinder unter Wasser gewesen seien, habe sie nicht mitbekommen. Ihres Wissens seien keine Kinder bewusstlos gewesen. Die Kinder, die am Rand gewesen seien und zugeschaut hätten, seien verschreckt gewesen und hätten teilweise zu weinen begonnen. Sie wisse nur vom Hörensagen, dass ein Junge und ein Mädchen sich unter dem Floß befunden hätten.

Das SG hat die Niederschrift zur Zeugenvernehmung dem Sachverständigen Prof. Dr. S. weitergeleitet mit der Bitte um weitere Bearbeitung. Prof. Dr. S. hat daraufhin den Kläger am 23.07.2015 im Rahmen einer Abschlussbegutachtung erneut ambulant untersucht. In seinem Gutachten vom 20.10.2015 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, bei dem Kläger habe am 05.10.2014 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, vorgelegen. Vom 04.10.2011 bis etwa Mitte 2011 (gemeint: Mitte November 2011) habe eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung bestanden, die sich symptomatisch als Teilsymptomatik einer PTBS und depressiver Symptombildung dargestellt habe. Bei der Zusammenhangsbeurteilung sei zu berücksichtigen, dass eine rezidivierende depressive Störung als unfallunabhängig vorbestehende Erkrankung zu diagnostizieren sei, so dass eine erhöhte Disposition zur Auslösung depressiver Verstimmungen vorgelegen habe. Die sonstige Reaktion auf schwere Belastung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unfallbedingt zu werten. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit hätten jeweils bis etwa Mitte November 2011 vorgelegen. Die entsprechende MdE sei bis dahin mit 30 v.H. einzuschätzen.

Mit Urteil vom 18.12.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet im Wesentlichen auf die Ausführungen des Prof. Dr. S. gestützt. Ferner hat es ausgeführt, dass sich der Kläger bei dem Arbeitsunfall eine Prellung des linken Bizepsmuskels sowie eine Distorsion der linken Schulter zugefügt habe. Diese Gesundheitsstörungen seien spätestens am 18.11.2011 folgenlos ausgeheilt gewesen. Dr. R. habe angegeben, dass am 30.11.2011 Arbeitsfähigkeit bestanden und er eine Arbeitsunfähigkeit nur bis 15.10.2011 bescheinigt habe. Dr. B. und Dr. R. hätten überdies bekundet, dass der Kläger bereits vor dem Unfallereignis an Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der Schulter gelitten habe. Es könne davon ausgegangen werden, dass es zu keiner dauerhaften körperlichen Beeinträchtigung gekommen sei.

Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 16.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.03.2016 vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt und sein Klagebegehren im Hinblick auf die Heilbehandlung sowie den Anspruch auf Verletztenrente weiterverfolgt.

Er trägt vor, es sei nicht sachgerecht, nur auf die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Schwarz abzustellen, wonach sämtliche Gesundheitsstörungen nach dem 18.11.2011 unfallunabhängig sein sollten. Es sei wenig wahrscheinlich, dass bestimmte Gesundheitsstörungen nur bis zu einem bestimmten Tag unfallabhängig seien und ab dem darauffolgenden Tag plötzlich und schlagartig durch unfallunabhängige Vorerkrankungen hervorgerufen werden sollten. Denn er sei trotz dieser Vorerkrankungen arbeitsfähig gewesen. Dabei sei die Arbeitsunfähigkeit erst durch das Unfallereignis eingetreten. Aus den Entlassungsberichten aus den Jahren 2014/15 ergäben sich Erinnerungen an das Unfallgeschehen, Angstzustände und ein Vermeidungsverhalten sowie Schlafstörungen. Er habe versucht, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben, dies sei jedoch aufgrund verschiedener Aspekte gescheitert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 13. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2013 die Beklagte zu verurteilen, seine Kosten der Heilbehandlung über den 21. März 2012 hinaus zu übernehmen und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich zur Begründung auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil.

Mit Beschluss vom 10.08.2016 hat der Senat den Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin O. zu gewähren, abgelehnt. Unter dem 15.08.2016 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 18.12.2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 13.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2013 sind nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Übernahme von Kosten der Heilbehandlung über den 11.03.2012 hinaus, noch auf die Gewährung einer Verletztenrente zu.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Streitgegenständlich ist hierbei der Bescheid vom 13.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2013, mit dem die Beklagte zum einen das Ereignis vom 04.10.2011 als Arbeitsunfall und zuletzt unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vom 06.10.2011 bis 18.11.2011 sowie unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis 21.03.2012 anerkannt und einen Anspruch auf eine Verletztenrente abgelehnt hat. Dabei sind die Bescheide dahingehend auszulegen, dass die Beklagte mit der Anerkennung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über einen Anspruch des Klägers auf Verletztengeld sowie Heilbehandlung entschieden hat. Allerdings hat der Kläger im Berufungsverfahren seinen Antrag auf Gewährung von Verletztengeld nicht aufrechterhalten, wie sich aus seinem Antrag vom 06.07.2016 sowie der dazugehörenden Berufungsbegründung ergibt (vgl. Blatt 16 Berufungsakte), sondern sein Begehren ausdrücklich auf die Gewährung einer Verletztenrente sowie die Übernahme von Heilbehandlungskosten beschränkt.

Hierauf hat der Kläger jedoch keine Ansprüche.

Nach § 26 Absatz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches (u.a.) Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Umfang der Heilbehandlung richtet sich nach § 27 SGB VII. Der Unfallversicherungsträger hat gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern. Die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers ist somit immer dann gegeben, wenn die Notwendigkeit der Heilbehandlung rechtlich wesentlich auf einen Versicherungsfall, mithin einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit (vgl. § 7 SGB VII) zurückzuführen ist. Der Kläger macht vorliegend Gesundheitsbeeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet sowie im Bereich der Schulter, mithin auf orthopädischem Fachgebiet, geltend. Diese sind jedoch, soweit sie über den 21.03.2012 hinaus bestanden haben, nicht auf den Arbeitsunfall vom 04.10.2011 zurückzuführen.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein. Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 (juris)). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung, sogenannte haftungsbegründende Kausalität, sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung, sog. haftungsausfüllende Kausalität, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 2 U 5/10 R (juris)). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG, Urteil vom 18.01.2011, a.a.O.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen somit zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 (juris)).

Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne voraus. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen, die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R (juris)). Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. Wesentlich ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R (juris)).

Diesen Maßstab zugrunde gelegt, ist zunächst nicht davon auszugehen, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkrankt ist, deren Bestehen im Vollbeweis festzustellen wäre. Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung von entsprechenden Leistungen aufgrund von ihnen ist zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und die aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgen soll (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R (juris)). Dies sind namentlich die Diagnosesysteme ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, Version 2013) sowie DSM V (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Stand Mai 2013).

Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat sich in seinem Gutachten vom 20.10.2015 an den Diagnosekriterien des ICD-10 orientiert. Laut ICD-10 F 43.1 entsteht die PTBS als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (A). Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten (B). Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten (C). Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf (D). Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert, und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann (E). Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über.

Prof. Dr. S. hat hierzu ausgeführt, dass kein Zweifel besteht, dass der Kläger unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers sowie sämtlicher im Erörterungstermin vor dem SG befragten Zeugen einer besonders dramatischen Situation gegenübergestanden hat, in der die am Unfall beteiligten zumindest subjektiv eine Lebensbedrohung für sich oder zumindest die Kinder wahrgenommen hat, und somit das A- bzw. Traumakriterium als erfüllt anzusehen ist. Er hat jedoch auch überzeugend dargelegt, dass keine Hinweise auf das Vorliegen des C-Kriteriums (Vermeidung) bestanden haben. Hierzu hat Prof. Dr. S. darauf hingewiesen, dass der Kläger am Unfalltag seine Arbeit noch zu Ende geführt, am Folgetag abends das Erlebniszentrum ein weiteres Mal aufgesucht und morgens mit seiner Handy-Kamera einen Film gedreht habe, in dem er mit laufender Kamera von der Anlege- zur Unfallstelle gelaufen sei, um das Ereignis zu rekonstruieren. Zudem hat der Kläger dem Sachverständigen gegenüber angegeben, gegenüber einem Bach zu wohnen und somit ständig visuellen und akustischen Reizen von Wasser ausgesetzt zu sein, ohne dass ihm dies etwas ausmachen würde. Prof. Dr. S. hat somit eine Vermeidung traumaassoziierter Reize schlüssig verneint. Soweit im Entlassungsbericht vom 15.10.2014 zum stationären Aufenthalt vom 15.10.2014 bis 16.10.2014 im Psychiatrischen Zentrum N. ausgeführt wird, der Kläger vermeide es, an Orte zu gehen, die mit dem Unfall in Verbindung stünden, z.B. in eine bestimmte Bäckerei, ergeben sich daraus zwar Hinweise für ein Vermeidungsverhalten. Diese Angaben sind aber im Oktober 2014 erstmals in medizinischen Unterlagen dokumentiert. Das E-Kriterium (Zeit) verlangt jedoch, dass (u.a.) das Vermeidungskriterium innerhalb von sechs Monaten nach dem belastenden Ereignis eingetreten ist, worauf auch Prof. Dr. S. hingewiesen hat.

Zwar stellte Prof. Dr. S. bei dem Kläger eine sonstige Reaktion auf eine schwere Belastung nach ICD-10: F 43.8 fest. Es ist jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass diese über Mitte November 2011 hinaus und somit auch nicht über den 21.03.2012 hinaus vorgelegen hat. Prof. Dr. S. hat das Bestehen dieser Gesundheitsstörung mit dem Vorliegen von psychopathologischen Auffälligkeiten begründet. Insbesondere hat er darauf hingewiesen, dass die Symptomatik einer PTBS für den Unfallmonat in Teilbereichen dokumentiert ist. Prof. Dr. S. hat außerdem ausgeführt, dass nicht anzunehmen ist, dass diese Symptomatik plötzlich sistierte. Der Kläger befand sich allerdings nach dem 15.11.2011 wegen psychischer Beschwerden über einen langen Zeitraum von über einem Jahr nicht mehr in ärztlicher oder psychologischer Behandlung. Somit existieren für die Zeit ab dem 18.11.2011 keine Befundberichte oder sonstige Behandlungsunterlagen. Diese wären aber erforderlich, um den Vollbeweis vom Vorliegen einer Gesundheitsstörung (dieses Ausmaßes) auch zu diesem Zeitpunkt zu erbringen. Der Kläger befand sich im Oktober 2011 an zwei Tagen bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. in Behandlung und stellte sich ebenfalls zwei Mal in diesem Monat in der Psychiatrischen Klinik in Heidelberg vor. Auch bei der Hausärztin Dr. B. wurde der Kläger laut deren schriftlicher Zeugenaussage zuletzt am 15.11.2011 vorstellig. Für die restliche Zeit des Jahres 2011 sowie für das gesamte Jahr 2012 gibt es keine weiteren medizinischen Unterlagen, aus denen sich psychiatrische Befunde oder zumindest diesbezügliche anamnestische Angaben ergeben. Lediglich vom 17.02.2012 existiert ein Behandlungsbericht der Fachärzte für HNO-Krankheiten (Dr.) S., in dem vermerkt ist, dass der Kläger den Rettungseinsatz noch nicht ganz verkraftet habe. Konkrete psychopathologische Beschwerden werden hingegen nicht erwähnt. Prof. Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die von Dr. S. vermerkte Diagnose "PTBS" als Übertrag einer Überweisungsdiagnose zu verstehen ist. Auch wenn der Kläger im Berufungsverfahren hierzu vorträgt, er habe die Behandlungslücke nicht zu vertreten, so ändert dies nichts an der Beweislast. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung des Klägers ist ergänzend auszuführen, dass Zweifel an einem ununterbrochenen Fortbestand der Beschwerden des Klägers sich auch aus dem Befundbericht des Dr. W. vom 05.03.2013 ergeben, in dem ausgeführt ist, der Kläger habe über seit vier Wochen wieder zunehmende Schlafstörungen berichtet.

Erst im Jahre 2013 begab sich der Kläger wieder in fachärztliche Behandlung. In diesem Zusammenhang ist bei ihm durch Dr. W. eine Dysthymie diagnostiziert worden, in deren Zusammenhang wieder belastende Eindrücke an das Unfallereignis mit psychopathologischen Beschwerden auftraten. Nachvollziehbar hat Prof. Dr. S. dargelegt, dass diese belastenden Eindrücke an das Unfallereignis im Rahmen später aufgetretener depressiver Verstimmungen lebendig geworden sind und insofern depressive Episoden von Seiten der subjektiven Beschwerden durchaus auch mitgeprägt haben. Ein Ursachenzusammenhang zwischen dieser depressiven Erkrankung und dem Arbeitsunfall am 04.10.2011 ist jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich. Zunächst fehlt es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Depression im Frühjahr 2013 und dem Unfallereignis im Herbst 2011, da die nach dem Unfall auftretenden psychopathologischen Beschwerden - nach den Grundsätzen der Beweislast - nicht fortbestanden haben und erst im Rahmen einer depressiven Erkrankung wieder aufgetreten sind. Der Senat stützt sich außerdem auf die schlüssigen Ausführungen des Prof. Dr. S., der darauf hinweist, dass der Kläger von dem ab dem Jahr 2013 beginnenden multimodalen Therapieprogramm profitieren konnte, das keine spezifischen traumatherapeutischen Ansätze verfolgte. Dabei habe sich gezeigt, dass allein durch Behandlung der Depressivität die vom Kläger im Rahmen der depressiven Erkrankung erneut auftretenden belastenden Eindrücke des Unfalls zeitgleich abklangen. Prof. Dr. S. führt außerdem aus, dass bei dem Kläger bereits in der Vergangenheit wiederkehrend depressive Verstimmungen aufgetreten sind (vgl. Blatt 223 Klageakte) und somit eine entsprechende Disposition besteht. Eine wesentliche Verschlimmerung der unfallunabhängigen depressiven Erkrankung durch das Lebendig-Werden der Unfalleindrücke ist ebenfalls nicht anzunehmen. Hierzu hat Prof. Dr. S. dargelegt, dass diese belastenden Eindrücke bei dem Kläger eine merklich subjektive Unfallfokussierung in dem Sinne hervorgerufen haben, dass der Kläger im Rahmen seiner depressiven Erkrankung aktuell auftretende Beschwerden zeitlich und ursächlich auf das Unfallereignis zurückgeführt und dabei unfallunabhängig vorbestehende Gesundheitsstörungen regelrecht ausgeblendet hat. Eine objektiv bestehende Verschlimmerung eines Gesundheitszustandes ergibt sich daraus jedoch gerade nicht.

Auch die Beschwerden des Klägers im Schulterbereich - unabhängig von ihrer Zuordnung zu einem bestimmten Krankheitsbild - sind nicht als unfallbedingte Gesundheitsstörungen anzusehen. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 18.12.2015 zutreffend ausgeführt, dass sich eine über den 18.11.2011 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit sowie eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit im Schulterbereich über den 21.03.2012 hinaus nicht belegen lässt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überzeugung uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Gründe insoweit ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist auszuführen, dass weder der im Verwaltungsverfahren beauftragte Chirurg Dr. C., dessen Gutachten im Wege des Urkundsbeweis Verwertung findet, noch die behandelnden Ärzte des Orthopädischen Praxiszentrums S. (Dr. R. und M.) orthopädische Befunde feststellen konnten, die mit dem in Rede stehenden Arbeitsunfall in Verbindung zu bringen waren. Der Orthopäde M. hat in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 09.01.2014 lediglich angegeben, dass sich aufgrund des Unfalls die Beschwerdesymptomatik der bereits vorbestehenden Insertionstendopathie der rechten Bizepssehne möglicherweise verstärkt habe, weist aber zugleich darauf hin, dass keine Anhaltspunkte für eine bleibende schwerwiegende Neuerkrankung bestehen und sich durch den Unfall keine neuen Verletzungen ergeben haben. Auch Dr. C. konnte in den Röntgenuntersuchungen weder einen Hochstand des Oberarmkopfes der linken Schulter noch Hinweise auf umformende Veränderungen am Schultereck- und Schulterhauptgelenk bei einem unauffälligen Kalksalzgehalt finden. Aus diesem Grund gelangte er nachvollziehbar zu der Schlussfolgerung, dass sich eine unfallmechanische Behandlung der Schulter nicht wahrscheinlich machen lasse.

Ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente ist ebenfalls nicht anzunehmen. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert (v.H.) gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Renten an Versicherte werden gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet. Prof. Dr. S. nahm eine MdE in Höhe von 30 v.H. jedoch nur für die Zeit bis Mitte November 2011 an. Eine unfallbedingte MdE über den 18.11.2011 konnte er - analog den Ausführungen zum Verletztengeldanspruch - nicht erkennen. Auch auf orthopädischem Fachgebiet lässt sich - mangels Nachweis von unfallbedingten Verletzungen - keine MdE begründen.

Aus diesen Gründen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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