Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3849/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1353/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.03.2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf 300 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Aufwandspauschale iHv 300 EUR streitig.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde die bei der Beklagten krankenversicherte L. D. (im Folgenden: Versicherte) in der Zeit vom 28.07. bis 18.08.2014 stationär behandelt. Die Klägerin berechnete hierfür unter Ansatz der DRG L60C (Niereninsuffizienz, mehr als ein Belegungstag, mit Dialyse oder äußerst schweren CC, ohne Kalziphylaxie) 5.221,37 EUR (Rechnung vom 27.08.2014). Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein mit dem Prüfauftrag: "Hauptdiagnose korrekt? HD eher I50.14? notfällig mit I50.14 auch aufgenommen!"
Nachdem der MDK mit Gutachten vom 28.11.2014 die Abrechnung bestätigt hatte, forderte die Klägerin mit Rechnung vom 18.12.2014 die Zahlung einer Aufwandspauschale iHv 300 EUR. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23.12.2014 ab unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 01.07.2014, B 1 KR 29/13 R und 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R). Die Abrechnung sei nur auf sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft worden, nämlich auf die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften. Hierfür falle keine Aufwandspauschale an.
Am 09.12.2015 hat die Klägerin Zahlungsklage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung stelle "eine neuerliche Kreation des 1. Senats am Bundessozialgericht" dar, für die es keine gesetzliche Grundlage gebe. Intention sei augenscheinlich, Einschränkungen des § 275 Abs 1c SGB V durchzusetzen. Im Übrigen spreche die Prüfanzeige des MDK für eine Auffälligkeitsprüfung.
Mit Urteil vom 02.03.2016 hat das SG die Beklagte zur Zahlung von 300 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V seien gegeben. Durch die Anforderung von Daten und deren Bereitstellung sei der Klägerin ein erhöhter, über die Übermittlung von Daten nach § 301 SGB V hinausgehender Aufwand entstanden. Es handele sich auch nicht um eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Der an den MDK gerichtete Prüfauftrag sei dahingehend eindeutig, dass eine Auffälligkeitsprüfung nach § 275 SGB V durchgeführt werden sollte. Auch überzeuge die Auffassung der Beklagten nicht, dass sie von dem eigenständigen Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit noch keine Kenntnis gehabt habe und daher auf eine Auffälligkeitsprüfung angewiesen gewesen sei. Eine eingeleitete Auffälligkeitsprüfung könne nicht nachträglich in eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit umgedeutet werden, abgesehen davon, dass die vom MDK angeforderten Unterlagen (insbesondere Tageskurven und Pflegedokumentation) weit über die Angaben hinausgingen, die im Rahmen von § 301 SGB V zu machen seien.
Gegen das ihr am 14.03.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.04.2016 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, welche sie mit Schreiben vom 27.07.2016 begründet hat. Das Urteil des SG beruhe auf einer Rechtsauslegung, die im Widerspruch zur Rechtsauffassung des BSG stehe (BSG 01.07.2014, B 1 KR 29/13 R; 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R; 10.03.2015, B 1 KR 4/15 R; 21.04.2015, B 1 KR 6715 R und 23.6.2015, B 1 KR 13/14 R ua). Das BSG habe hier entschieden, dass Prüfungen, die auf sachlich-rechnerische Richtigkeit abzielten, nicht § 275 Abs 1c SGB V unterfielen. Zwar äußere das SG keinen offenkundigen Widerspruch zu den vom BSG aufgestellten Rechtssätzen, jedoch stünden dessen Rechtssätze im Widerspruch zu den vom BSG aufgestellten Rechtssätzen. Für das Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit stelle das BSG den Rechtssatz auf, dass auch die Einschaltung des MDK zulässig sei. Hiervon abweichend wende das SG unter Bezugnahme auf die BSG-Rechtsprechung zum dreistufigen Prüfungsregime den Rechtssatz an, dass schon aus Datenschutzgründen keine über § 301 SGB V hinausgehende, ungeschriebene Übermittlungsbefugnis von Seiten des Krankenhauses bestehe. Bei der Abgrenzung zwischen den Prüfvarianten stelle das BSG den Rechtssatz auf, dass sich das Prüfungsziel aus dem Prüfauftrag der Kasse an den MDK entnehmen lassen müsse. Abweichend davon wende das SG den Rechtssatz an, dass schon dann eine Auffälligkeitsprüfung vorliege, wenn der MDK gegenüber dem Krankenhaus eine Prüfung gemäß § 275 SGB V anzeige. Da das BSG erstmals mit Urteil vom 01.07.2014 die Unterschiedlichkeit der Prüfarten konkretisiert habe, müssten alle vor diesem Zeitpunkt eingeleiteten Prüfverfahren eine formale Bezugnahme auf § 275 SGB V enthalten haben; auf die Urteilsfindung des BSG habe dies keine Auswirkungen gezeitigt. Die Rechtssache habe zudem grundsätzliche Bedeutung. Streitentscheidend sei die Frage, wie die Unterscheidung des Vorliegens einer Auffälligkeitsprüfung nach § 275 SGB V und einer sachlich-rechnerischen Richtigkeit aus § 301 SGB V nach alter Rechtslage vor dem 01.01.2016 vorzunehmen sei. Da noch eine erhebliche Anzahl von Fällen nach alter Rechtslage zu entscheiden sei, liege Klärungsbedürftigkeit vor trotz der Klärung der Rechtsfrage für die Zukunft. Es seien mehrere Revisionen zu der Thematik beim BSG anhängig (B 1 KR 18/16 R, B 1 KR 19/16 R und B 1 KR 20/16 R).
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten. Zulassungsgründe lägen nicht vor. Die Entscheidung des SG bewege sich im Rahmen der Rechtsprechung des BSG. Der Sachverhalt sei identisch zur Rechtssache BSG 28.11.2013, B 3 KR 4/13 R. Dort habe das BSG entschieden, dass bei Überprüfung der Richtigkeit der Kodierung und der richtigen Anwendung der Kodierrichtlinien eine Aufwandspauschale anfalle. Dem angefochtenen Urteil liege eine Einzelfallentscheidung des Tatrichters zugrunde. In identischen Verfahren seien die Nichtzulassungsbeschwerden auch von den Landessozialgerichten (LSG) Bayern (16.08.2016, L 5 KR 72/16 NZB) und Hessen (25.07.2016, L 8 KR 235/16 NZB) zurückgewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zwar statthaft, fristgemäß und auch sonst zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Berufung der Zulassung bedarf (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), denn die Beschwer liegt bei 300 EUR. Maßgeblich ist das Begehren der Beklagten als Rechtsmittelführerin und damit der Rechtsmittelstreitwert (vgl BSG 04.07.2011, B 14 AS 30/11 B, juris RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 RdNr 14).
Gemäß § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Von diesen Vorgaben ausgehend liegen Gründe für die Zulassung der Berufung nicht vor.
(1.) Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des BSG seit 20.12.1955, 10 RV 225/54, BSGE 2, 129, 132). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl BSG 16.11.1987, 5b BJ 118/87, SozR 1500 § 160a Nr 60; BSG 16.12.1993, 7 BAr 126/93, SozR 3-1500 § 160a Nr 16; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNrn 28 f.; § 160 RdNrn 6 ff. jeweils mwN). Von einer Klärung ist im Regelfall auszugehen, wenn die Frage höchstrichterlich entschieden ist (BSG 21.11.1983, 9a BVi 7/83, SozR 1500 § 160 Nr 51). Dem steht gleich, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichend Anhaltspunkte für die Beantwortung der konkreten Frage geben (BSG 31.03.1993, 13 BJ 215/92, SozR 3-1500 § 146 Nr 2) oder wenn die Beantwortung so gut wie unbestritten ist (BSG 02.03.1976, 12/11 BA 116/75, SozR 1500 § 160 Nr 17) oder von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG 04.06.1975, 11 BA 4/75, BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 7). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (BSG 26.06.1975, 12 BJ 12/75, SozR 1500 § 160a Nr 7).
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im oben dargestellten Sinn stellen sich hier nicht. Das BSG hat sich umfassend zum Anwendungsbereich von § 275 Abs 1c SGB V in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung geäußert mit Urteilen vom 01.07.2014 (B 1 KR 29/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 4 = BSGE 116, 165), 14.10.2014 (B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3); 21.04.2015 (B 1 KR 6/15 R, SozR 4-2500 § 109 Nr 43 = BSGE 118, 219) und 23.06.2015 (ua B 1 KR 20/14 R, BSG SozR 4-2500 § 108 Nr 4 = BSGE 119, 141). In ihrer Klageerwiderung vor dem SG ging die Beklagte im Übrigen noch selbst davon aus, dass die Frage, ob eine MDK-Überprüfung einer Abrechnung auf richtlinienkonforme Anwendung der Abrechnungsvorschriften die Verpflichtung zur Entrichtung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c SGB V nach sich ziehe, "durch die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des BSG eindeutig geklärt" sei.
Im Übrigen ist für die Zeit ab 01.01.2016 durch den Gesetzgeber mit der Einfügung von § 275 Abs 1c Satz 4 SGB V (durch das KrankenhausstrukturG vom 10.12.2015, BGBl I 2229) klargestellt worden, dass jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses als solche nach Satz 1 gilt, mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung des MDK beim Krankenhaus erfordert. Die Fristen- und Anzeigeregelungen des Satzes 2 und die Regelungen zur Aufwandspauschale nach Satz 3 gelten nunmehr ausdrücklich sowohl für die Auffälligkeitsprüfung als auch für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (BT-Drs 18/6586 S 110). Das vorliegende Verfahren kann daher auch keine Bedeutung für die Fortentwicklung des Rechts erlangen.
(2.) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichte (Divergenz) liegt nicht vor. Divergenz bedeutet einen Widerspruch im Rechtssatz oder das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind. Dies setzt begrifflich voraus, dass das SG einen entsprechenden abstrakten Rechtssatz gebildet hat. Nicht eine Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung wegen Divergenz (BSG 29.11.1989, 7 BAr 130/98, SozR 1500 § 160a Nr 67; Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNr 28). Ein derartiger Widerspruch liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Das SG hat vielmehr die maßgebliche Rechtsprechung des BSG beachtet und seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
Das SG stellt insbesondere keinen Rechtssatz des Inhalts auf, dass der MDK im Rahmen der sachlich-rechnerischen Prüfung der Krankenhausabrechnung nicht eingeschaltet werden darf, sondern geht vom Gegenteil aus (Seite 8 am Ende, Seite 9 oben SG-Urteil). Soweit das SG der Auffassung ist, es bestehe keine über § 301 SGB V hinausgehende Befugnis zur Übermittlung von Daten, handelt es sich schon nicht um einen tragenden Rechtssatz. Das SG führt selbst im Folgenden aus, es komme darauf nicht entscheidungserheblich an, da die Beklagte eine Auffälligkeitsprüfung nach § 275 SGB V eingeleitet habe. Ebenso stellt das SG auch keinen Rechtssatz des Inhalts auf, dass eine Auffälligkeitsprüfung immer schon dann vorliege, wenn der MDK eine Prüfung nach § 275 SGB V dem Krankenhaus anzeige. Vielmehr geht das SG in Übereinstimmung mit dem BSG davon aus, dass der von der Krankenkasse erteilte Prüfauftrag bestimmt, welchen Umfang die Abrechnungsprüfung hat. Hiervon ausgehend hat das SG im Einzelfall den Prüfauftrag dahingehend ausgelegt, dass es sich hier um eine Auffälligkeitsprüfung handelt. Die grundsätzliche Abgrenzung zwischen Auffälligkeitsprüfung und Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit nach der Rechtsprechung des BSG wird vom SG nicht in Frage gestellt. Damit macht die Beklagte letztlich die Unrichtigkeit der Rechtsanwendung im Einzelfall geltend. Diese stellt jedoch in keinem Fall einen Zulassungsgrund dar.
(3.) Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, wird von der Beklagten schon nicht geltend gemacht.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Mit der Zurückweisung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3 GKG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf 300 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Aufwandspauschale iHv 300 EUR streitig.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde die bei der Beklagten krankenversicherte L. D. (im Folgenden: Versicherte) in der Zeit vom 28.07. bis 18.08.2014 stationär behandelt. Die Klägerin berechnete hierfür unter Ansatz der DRG L60C (Niereninsuffizienz, mehr als ein Belegungstag, mit Dialyse oder äußerst schweren CC, ohne Kalziphylaxie) 5.221,37 EUR (Rechnung vom 27.08.2014). Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein mit dem Prüfauftrag: "Hauptdiagnose korrekt? HD eher I50.14? notfällig mit I50.14 auch aufgenommen!"
Nachdem der MDK mit Gutachten vom 28.11.2014 die Abrechnung bestätigt hatte, forderte die Klägerin mit Rechnung vom 18.12.2014 die Zahlung einer Aufwandspauschale iHv 300 EUR. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23.12.2014 ab unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 01.07.2014, B 1 KR 29/13 R und 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R). Die Abrechnung sei nur auf sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft worden, nämlich auf die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften. Hierfür falle keine Aufwandspauschale an.
Am 09.12.2015 hat die Klägerin Zahlungsklage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung stelle "eine neuerliche Kreation des 1. Senats am Bundessozialgericht" dar, für die es keine gesetzliche Grundlage gebe. Intention sei augenscheinlich, Einschränkungen des § 275 Abs 1c SGB V durchzusetzen. Im Übrigen spreche die Prüfanzeige des MDK für eine Auffälligkeitsprüfung.
Mit Urteil vom 02.03.2016 hat das SG die Beklagte zur Zahlung von 300 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V seien gegeben. Durch die Anforderung von Daten und deren Bereitstellung sei der Klägerin ein erhöhter, über die Übermittlung von Daten nach § 301 SGB V hinausgehender Aufwand entstanden. Es handele sich auch nicht um eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Der an den MDK gerichtete Prüfauftrag sei dahingehend eindeutig, dass eine Auffälligkeitsprüfung nach § 275 SGB V durchgeführt werden sollte. Auch überzeuge die Auffassung der Beklagten nicht, dass sie von dem eigenständigen Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit noch keine Kenntnis gehabt habe und daher auf eine Auffälligkeitsprüfung angewiesen gewesen sei. Eine eingeleitete Auffälligkeitsprüfung könne nicht nachträglich in eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit umgedeutet werden, abgesehen davon, dass die vom MDK angeforderten Unterlagen (insbesondere Tageskurven und Pflegedokumentation) weit über die Angaben hinausgingen, die im Rahmen von § 301 SGB V zu machen seien.
Gegen das ihr am 14.03.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.04.2016 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, welche sie mit Schreiben vom 27.07.2016 begründet hat. Das Urteil des SG beruhe auf einer Rechtsauslegung, die im Widerspruch zur Rechtsauffassung des BSG stehe (BSG 01.07.2014, B 1 KR 29/13 R; 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R; 10.03.2015, B 1 KR 4/15 R; 21.04.2015, B 1 KR 6715 R und 23.6.2015, B 1 KR 13/14 R ua). Das BSG habe hier entschieden, dass Prüfungen, die auf sachlich-rechnerische Richtigkeit abzielten, nicht § 275 Abs 1c SGB V unterfielen. Zwar äußere das SG keinen offenkundigen Widerspruch zu den vom BSG aufgestellten Rechtssätzen, jedoch stünden dessen Rechtssätze im Widerspruch zu den vom BSG aufgestellten Rechtssätzen. Für das Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit stelle das BSG den Rechtssatz auf, dass auch die Einschaltung des MDK zulässig sei. Hiervon abweichend wende das SG unter Bezugnahme auf die BSG-Rechtsprechung zum dreistufigen Prüfungsregime den Rechtssatz an, dass schon aus Datenschutzgründen keine über § 301 SGB V hinausgehende, ungeschriebene Übermittlungsbefugnis von Seiten des Krankenhauses bestehe. Bei der Abgrenzung zwischen den Prüfvarianten stelle das BSG den Rechtssatz auf, dass sich das Prüfungsziel aus dem Prüfauftrag der Kasse an den MDK entnehmen lassen müsse. Abweichend davon wende das SG den Rechtssatz an, dass schon dann eine Auffälligkeitsprüfung vorliege, wenn der MDK gegenüber dem Krankenhaus eine Prüfung gemäß § 275 SGB V anzeige. Da das BSG erstmals mit Urteil vom 01.07.2014 die Unterschiedlichkeit der Prüfarten konkretisiert habe, müssten alle vor diesem Zeitpunkt eingeleiteten Prüfverfahren eine formale Bezugnahme auf § 275 SGB V enthalten haben; auf die Urteilsfindung des BSG habe dies keine Auswirkungen gezeitigt. Die Rechtssache habe zudem grundsätzliche Bedeutung. Streitentscheidend sei die Frage, wie die Unterscheidung des Vorliegens einer Auffälligkeitsprüfung nach § 275 SGB V und einer sachlich-rechnerischen Richtigkeit aus § 301 SGB V nach alter Rechtslage vor dem 01.01.2016 vorzunehmen sei. Da noch eine erhebliche Anzahl von Fällen nach alter Rechtslage zu entscheiden sei, liege Klärungsbedürftigkeit vor trotz der Klärung der Rechtsfrage für die Zukunft. Es seien mehrere Revisionen zu der Thematik beim BSG anhängig (B 1 KR 18/16 R, B 1 KR 19/16 R und B 1 KR 20/16 R).
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten. Zulassungsgründe lägen nicht vor. Die Entscheidung des SG bewege sich im Rahmen der Rechtsprechung des BSG. Der Sachverhalt sei identisch zur Rechtssache BSG 28.11.2013, B 3 KR 4/13 R. Dort habe das BSG entschieden, dass bei Überprüfung der Richtigkeit der Kodierung und der richtigen Anwendung der Kodierrichtlinien eine Aufwandspauschale anfalle. Dem angefochtenen Urteil liege eine Einzelfallentscheidung des Tatrichters zugrunde. In identischen Verfahren seien die Nichtzulassungsbeschwerden auch von den Landessozialgerichten (LSG) Bayern (16.08.2016, L 5 KR 72/16 NZB) und Hessen (25.07.2016, L 8 KR 235/16 NZB) zurückgewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zwar statthaft, fristgemäß und auch sonst zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Berufung der Zulassung bedarf (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), denn die Beschwer liegt bei 300 EUR. Maßgeblich ist das Begehren der Beklagten als Rechtsmittelführerin und damit der Rechtsmittelstreitwert (vgl BSG 04.07.2011, B 14 AS 30/11 B, juris RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 RdNr 14).
Gemäß § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Von diesen Vorgaben ausgehend liegen Gründe für die Zulassung der Berufung nicht vor.
(1.) Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des BSG seit 20.12.1955, 10 RV 225/54, BSGE 2, 129, 132). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl BSG 16.11.1987, 5b BJ 118/87, SozR 1500 § 160a Nr 60; BSG 16.12.1993, 7 BAr 126/93, SozR 3-1500 § 160a Nr 16; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNrn 28 f.; § 160 RdNrn 6 ff. jeweils mwN). Von einer Klärung ist im Regelfall auszugehen, wenn die Frage höchstrichterlich entschieden ist (BSG 21.11.1983, 9a BVi 7/83, SozR 1500 § 160 Nr 51). Dem steht gleich, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichend Anhaltspunkte für die Beantwortung der konkreten Frage geben (BSG 31.03.1993, 13 BJ 215/92, SozR 3-1500 § 146 Nr 2) oder wenn die Beantwortung so gut wie unbestritten ist (BSG 02.03.1976, 12/11 BA 116/75, SozR 1500 § 160 Nr 17) oder von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG 04.06.1975, 11 BA 4/75, BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 7). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (BSG 26.06.1975, 12 BJ 12/75, SozR 1500 § 160a Nr 7).
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im oben dargestellten Sinn stellen sich hier nicht. Das BSG hat sich umfassend zum Anwendungsbereich von § 275 Abs 1c SGB V in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung geäußert mit Urteilen vom 01.07.2014 (B 1 KR 29/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 4 = BSGE 116, 165), 14.10.2014 (B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3); 21.04.2015 (B 1 KR 6/15 R, SozR 4-2500 § 109 Nr 43 = BSGE 118, 219) und 23.06.2015 (ua B 1 KR 20/14 R, BSG SozR 4-2500 § 108 Nr 4 = BSGE 119, 141). In ihrer Klageerwiderung vor dem SG ging die Beklagte im Übrigen noch selbst davon aus, dass die Frage, ob eine MDK-Überprüfung einer Abrechnung auf richtlinienkonforme Anwendung der Abrechnungsvorschriften die Verpflichtung zur Entrichtung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c SGB V nach sich ziehe, "durch die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des BSG eindeutig geklärt" sei.
Im Übrigen ist für die Zeit ab 01.01.2016 durch den Gesetzgeber mit der Einfügung von § 275 Abs 1c Satz 4 SGB V (durch das KrankenhausstrukturG vom 10.12.2015, BGBl I 2229) klargestellt worden, dass jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses als solche nach Satz 1 gilt, mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung des MDK beim Krankenhaus erfordert. Die Fristen- und Anzeigeregelungen des Satzes 2 und die Regelungen zur Aufwandspauschale nach Satz 3 gelten nunmehr ausdrücklich sowohl für die Auffälligkeitsprüfung als auch für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (BT-Drs 18/6586 S 110). Das vorliegende Verfahren kann daher auch keine Bedeutung für die Fortentwicklung des Rechts erlangen.
(2.) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichte (Divergenz) liegt nicht vor. Divergenz bedeutet einen Widerspruch im Rechtssatz oder das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind. Dies setzt begrifflich voraus, dass das SG einen entsprechenden abstrakten Rechtssatz gebildet hat. Nicht eine Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung wegen Divergenz (BSG 29.11.1989, 7 BAr 130/98, SozR 1500 § 160a Nr 67; Leitherer in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 144 RdNr 28). Ein derartiger Widerspruch liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Das SG hat vielmehr die maßgebliche Rechtsprechung des BSG beachtet und seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
Das SG stellt insbesondere keinen Rechtssatz des Inhalts auf, dass der MDK im Rahmen der sachlich-rechnerischen Prüfung der Krankenhausabrechnung nicht eingeschaltet werden darf, sondern geht vom Gegenteil aus (Seite 8 am Ende, Seite 9 oben SG-Urteil). Soweit das SG der Auffassung ist, es bestehe keine über § 301 SGB V hinausgehende Befugnis zur Übermittlung von Daten, handelt es sich schon nicht um einen tragenden Rechtssatz. Das SG führt selbst im Folgenden aus, es komme darauf nicht entscheidungserheblich an, da die Beklagte eine Auffälligkeitsprüfung nach § 275 SGB V eingeleitet habe. Ebenso stellt das SG auch keinen Rechtssatz des Inhalts auf, dass eine Auffälligkeitsprüfung immer schon dann vorliege, wenn der MDK eine Prüfung nach § 275 SGB V dem Krankenhaus anzeige. Vielmehr geht das SG in Übereinstimmung mit dem BSG davon aus, dass der von der Krankenkasse erteilte Prüfauftrag bestimmt, welchen Umfang die Abrechnungsprüfung hat. Hiervon ausgehend hat das SG im Einzelfall den Prüfauftrag dahingehend ausgelegt, dass es sich hier um eine Auffälligkeitsprüfung handelt. Die grundsätzliche Abgrenzung zwischen Auffälligkeitsprüfung und Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit nach der Rechtsprechung des BSG wird vom SG nicht in Frage gestellt. Damit macht die Beklagte letztlich die Unrichtigkeit der Rechtsanwendung im Einzelfall geltend. Diese stellt jedoch in keinem Fall einen Zulassungsgrund dar.
(3.) Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, wird von der Beklagten schon nicht geltend gemacht.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Mit der Zurückweisung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 197a SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3 GKG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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