Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 567/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5296/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.11.2013 hinaus.
Der 1966 geborene Kläger übersiedelte 1982 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber eines Vertriebenenausweises A. Nach Abschluss einer Lehre als Kfz-Mechaniker arbeitete der Kläger bis 2005 in diesem Beruf. Im November 2005 wurde erstmals eine Sarkoidose diagnostiziert. Nach innerbetrieblicher Umsetzung war der Kläger als Sachbearbeiter tätig.
Auf seinen Rentenantrag vom 11.07.2007 bewilligte die Beklagte ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.02.2008 bis 30.09.2008. Nach Gewährung einer Reha-Maßnahme (Klinik H. 08.10. bis 05.11.2008), aus welcher der Kläger mit einem drei bis unter sechsstündigen Leistungsvermögen entlassen wurde, verlängerte die Beklagte die Zeitrente, zuletzt bis 30.11.2013 (Bescheid vom 29.07.2011).
Am 07.06.2013 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente mit dem Hinweis, sein Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert, eher verschlechtert. Die Beklagte holte ein Gutachten bei Dr. T. ein, die unter dem 01.08.2013 folgende Diagnosen stellte: Sarkoidose Stadium II mit Augenbeteiligung ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen, Bluthochdruckerkrankung medikamentös eingestellt, leichtgradige depressive Verstimmung. Mit qualitativen Einschränkungen verfüge der Kläger über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen. Mit Bescheid vom 13.08.2013 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab.
Mit seinem Widerspruch legte der Kläger einen Befundbericht seines behandelnden Lungenfacharztes Dr. S. vor, demzufolge sich der Gesundheitszustand des Klägers in den letzten Monaten nicht verändert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 02.01.2014 zum Sozialgericht Speyer erhobene Klage, welche dieses mit Beschluss vom 06.02.2014 an das örtlich zuständige Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwiesen hat. Zur Begründung der Klage hat der Kläger ergänzend ausgeführt, er sei ständig müde, leide unter Atembeschwerden und Schmerzen in der Brust.
Das SG hat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein lungenfachärztliches Gutachten bei Dr. S. eingeholt. Im Gutachten vom 06.11.2014 hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Sarkoidose Typ II mit intermittierender Vitritis und assoziiertem Fatigue, Adipositas Grad II, belastungsabhängige Angina-pectoris-Beschwerden, Kniegelenksbeschwerden links, Oberschenkelbeschwerden rechts. Das Leistungsvermögen liege wegen der Fatigue-Symptomatik bei drei Stunden arbeitstäglich; die bronchopulmonale Situation sei nicht der limitierende Faktor. Weiter hat das SG die behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S.-J. schriftlich als sachverständige Zeugin befragt und Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. beigezogen.
Mit Urteil vom 19.11.2015 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten von Dr. T. und die Aussage von Dr. S.-J. abgewiesen. Der Kläger sei über den 30.11.2013 hinaus weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Einschätzung von Dr. S., dass das Leistungsvermögen wegen der Fatigue-Symptomatik aufgehoben sei, könne nicht gefolgt werden. Die fachfremde Beurteilung durch Dr. S. sehe das SG durch die Aussage der behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. S.-J. als widerlegt an. In bronchopulmonaler Hinsicht leide der Kläger nach den Gutachten von Dr. S. und Dr. T. bei fehlender Ventilationsstörung nicht unter so gravierenden Beschwerden, dass eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens gerechtfertigt sein könnte. Auch in kardiologischer Hinsicht liege bei der von Dr. S. ermittelten fahrradergometrischen Belastbarkeit bis 100 Watt keine das zeitliche Leistungsvermögen betreffende Einschränkung vor.
Gegen das seiner Bevollmächtigten am 25.11.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.12.2015 eingelegte Berufung des Klägers. Dr. S. habe in seinem Gutachten auf eine erhebliche Fatigue-Symptomatik hingewiesen. Inzwischen habe der Kläger selbst einen Spezialisten für das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) gefunden, Prof. Dr. S. in H ... Nach dessen Einschätzung sei eine Berentung wegen des CFS indiziert. Hierzu hat der Kläger eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom 29.02.2016 vorgelegt sowie eine undatierte weitere Stellungnahme (Blatt 86/87 Senatsakte).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 30.11.2013 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Prof. Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat die bereits vorliegende gutachterliche Stellungnahme vom 29.02.2016 übersandt und einen an den Kläger gerichteten "Auswertungsbericht der erhobenen Diagnosedaten zum aktuellen Belastungszustand Ihres bio-physikalischen Systems" vom 03.03.2016. Ergänzend hat der Senat ein nervenärztliches Gutachten bei Prof. Dr. G. eingeholt. Im Gutachten vom 17.05.2016 wird aus nervenärztlicher Sicht eine Dysthymia (F34.1) und eine Meralgia paraesthetica rechts mit Schmerzen am rechten Oberschenkel festgestellt. Leichte Tätigkeiten ohne ständiges Gehen oder Stehen, besondere Anforderungen an Reaktionsvermögen oder Konzentrationsfähigkeit und ohne Wechsel- oder Nachtschicht seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung über den 30.11.2013 hinaus.
Befristete Renten wegen Erwerbsminderung können verlängert werden; dabei verbleibt es nach § 102 Abs 2 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Mit dieser durch Art 1 Nr 32 Buchst a) Doppelbuchst aa) RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554) mit Wirkung ab 01.05.2007 (Art 27 Abs 7 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) eingefügten Regelung wird bestimmt, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt, es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt und eine Folgerente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist (BT-Drs 16/3794 S 37).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und er damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage an sich nur teilweise erwerbsgemindert ist (sog abstrakte Betrachtungsweise), ihm aber der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist (sog konkrete Betrachtungsweise). Wurde für die Prüfung, ob der Arbeitsmarkt verschlossen ist, zunächst noch gefordert, dass Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung oder des Rentenversicherungsträgers innerhalb eines Jahres ab Stellung des Rentenantrags erfolglos blieben (vgl BSG 10.05.1977, 11 RA 8/76, juris), ist nunmehr zur Feststellung der Erwerbsminderung eines drei bis unter sechsstündig einsatzfähigen Versicherten bei rückwirkender Prüfung der Arbeitsmarktlage der Nachweis solcher konkreter Vermittlungsbemühungen nicht mehr erforderlich (vgl zum früheren Recht BSG 08.09.2005, B 13 RJ 10/04 R, BSGE 95, 112).
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme in beiden Instanzen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zumindest seit dem 01.12.2013 in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen oder Unterbrechungen sind nicht notwendig. Nicht zumutbar sind dauerhaftes Stehen oder eine rein gehende Tätigkeit, ebenso müssen Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an Aufmerksamkeit und Konzentration sowie Wechsel- und Nachtschicht vermieden werden. Das Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 6 kg, Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ist gleichfalls nicht mehr möglich.
Diese Überzeugung schöpft der Senat insbesondere aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. G., dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. T., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird und der Aussage der behandelnden Ärztin Dr. S.-J ... Danach liegen folgende Gesundheitsstörungen vor: - Sarkoidose Typ II mit Augenbeteiligung - Bluthochdruck, medikamentös eingestellt - Dysthymia - Meralgia paraesthetica rechts - Adipositas Grad II.
Maßgebend für die Rentengewährung war zunächst die Sarkoidoseerkrankung. Nach übereinstimmender ärztlicher Einschätzung besteht aus bronchopulmonaler Sicht kein Grund mehr, weiterhin deswegen von einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen auszugehen. Bereits bei der Untersuchung durch Dr. T. wurde nur eine leichtgradige Ventilationsstörung in der Lungenfunktion festgestellt. Dies entspricht den Befunden des behandelnden Lungenfacharztes Dr. S ... Dieser stellte bei einer Bodyplethysmographie im Mai 2013 ebenfalls nur eine leichtgradige, kombinierte Ventilationsstörung fest, pulsoxymetrisch ergab sich ein unauffälliger Befund. Bestätigt wird diese Einschätzung auch durch den Sachverständigen Dr. S ... Dieser führt in seinem Gutachten vom 06.11.2014 aus, dass aktuell sogar gar keine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung vorliege. Die ophtalmologische Mitbeteiligung bei Sarkoidose ist derzeit ohne Bedeutung für die berufliche Leistungsfähigkeit, wie Dr. S. ausdrücklich ausführt. Auch nach seiner Auffassung ergibt sich aus bronchopulmonaler Sicht kein limitierender Faktor bezogen auf körperlich leichte Tätigkeiten.
Soweit Dr. S. aus der mit der Grunderkrankung verbundenen Fatigue-Symptomatik ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen herleitet, kann der Senat dem nicht folgen. Maßgebend sind die funktionellen Einschränkungen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit, nicht die gestellte Diagnose. Es kommt daher auch nicht entscheidend darauf an, ob hier ein CFS diagnostiziert wird – so der behandelnde Arzt Prof. Dr. S. – oder eine Dysthymie – so Prof. Dr. G ... Für den Senat steht fest, dass verbunden mit der Sarkoidose beim Kläger eine Müdigkeitssymptomatik besteht, wie auch schon aus früheren ärztlichen Unterlagen hervorgeht (zB Entlassungsbericht Reha-Klinik H. vom 05.11.2008). Anzeichen für eine deutliche Tagesmüdigkeit mit verminderter Auffassung und Konzentration ergaben sich weder im Rahmen der Begutachtung von Dr. T., noch von Prof. Dr. G ... Beide führten vielmehr aus, dass Aufmerksamkeit und Konzentration für die Dauer der Untersuchung (bei Prof. Dr. G. 2 ½ Stunden) ungestört waren. Insoweit bestehen gewisse Inkonsistenzen zu dem eigenen Beschwerdevortrag des Klägers, der gegenüber Prof. Dr. G. angab, sich nur 30 bis 35 Minuten auf ein Gespräch konzentrieren zu können. Auch weitere Inkonsistenzen in Bezug auf Funktionsniveau und Bewältigungsverhalten hat Prof. Dr. G. aufgezeigt. Die behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. S.-J. sah ebenfalls keine funktionellen Einschränkungen, die einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit entgegenstehen würden. Dr. S. hat dagegen allein aufgrund der vom Kläger geschilderten Fatigue-Symptomatik ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen angenommen, ohne die Angaben des Klägers kritisch zu würdigen. Insoweit hat er selbst – da sein Fachgebiet überschreitend – ein Zusatzgutachten angeregt. Dieses liegt mit dem nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. G. vor. Weitergehende Einschränkungen lassen sich auch nicht aus dem vom Kläger geschilderten Tagesablauf entnehmen mit Tätigkeiten im Haushalt und Versorgung der im Kindergartenalter befindlichen Tochter bei Vollzeitberufstätigkeit der Ehefrau.
Nichts anderes ergibt sich aus den Unterlagen und Ausführungen von Prof. Dr. S ... Dieser betreibt nach den Angaben auf seiner Homepage (http://prof-S ...de) eine Praxis für "Innovative Diagnostik und Therapie für Privatpatienten" und hat die "Prof. S. Methode" entwickelt zur Diagnostik und Therapie von psychischen und körperlichen Belastungssymptomen. Seine allgemein gehaltenen Ausführungen zu CFS als eigenständigem Krankheitsbild führen bezogen auf den konkreten Fall nicht weiter. Soweit er aus seinen Untersuchungen (Messung chronotroper Reaktions-Index zur Regulations- und Erholungsfähigkeit des Herzens; Orthostase Test zur Ermittlung der aktuellen Stressbelastung des Organismus und Messung der muskulären Grundvibration) ein CFS als eigenständiges Krankheitsbild ableitet und damit eine erforderliche Berentung begründet, ist dies für den Senat nicht plausibel. Insbesondere werden keinerlei nachvollziehbare Feststellungen zu konkreten Funktionsbeeinträchtigungen mitgeteilt.
Die beim Kläger zusätzlich vorliegenden Gesundheitsstörungen führen zu keinen weitergehenden Leistungseinschränkungen als bereits festgestellt. Nach den ärztlichen Unterlagen von Dr. S. liegen degenerative Veränderungen an HWS und LWS, Coxarthrose und ein Einriss am Innenmeniskushinterhorn links vor. Aus den Befunden der MRT-Untersuchungen von HWS und LWS ist zu entnehmen, dass weder Nervenwurzelschäden noch Bandscheibenvorfälle vorliegen. Kardiologisch bestehen ebenfalls keine Einschränkungen. Bei der Untersuchung durch Dr. S. konnte der Kläger bis 100 Watt belastet werden. Die Echokardiographie vom 29.07.2014 ergab eine gute linksventrikuläre Funktion ohne Nachweis regionaler Kontraktilitätsstörungen.
Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeits-platz zu erhalten (BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders ein-schneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in viel-fältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl BSG 20.08.1997, 13 RJ 39/96, SozR 3-2600 § 43 Nr 17; 11.05.1999, B 13 RJ 71/97 R, SozR 3-2600 § 43 Nr 21; 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90). Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Dies ist der Fall, wie sich aus dem festgestellten positiven Leistungsbild ohne weiteres entnehmen lässt. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich zu erhalten, liegt bei diesem Leistungsvermögen nicht im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2 mwN; 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2; 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berück-sichtigen (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R (juris) mwN). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Wegstrecke von mindestens 500 Metern nicht mehr in bis zu 20 Minuten bewältigen kann, liegen nach den plausiblen Darlegungen von Dr. T. und Prof. Dr. G. nicht vor. Auch Dr. S. geht von erhaltener Wegefähigkeit aus.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. T. und Prof. Dr. G. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.11.2013 hinaus.
Der 1966 geborene Kläger übersiedelte 1982 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber eines Vertriebenenausweises A. Nach Abschluss einer Lehre als Kfz-Mechaniker arbeitete der Kläger bis 2005 in diesem Beruf. Im November 2005 wurde erstmals eine Sarkoidose diagnostiziert. Nach innerbetrieblicher Umsetzung war der Kläger als Sachbearbeiter tätig.
Auf seinen Rentenantrag vom 11.07.2007 bewilligte die Beklagte ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.02.2008 bis 30.09.2008. Nach Gewährung einer Reha-Maßnahme (Klinik H. 08.10. bis 05.11.2008), aus welcher der Kläger mit einem drei bis unter sechsstündigen Leistungsvermögen entlassen wurde, verlängerte die Beklagte die Zeitrente, zuletzt bis 30.11.2013 (Bescheid vom 29.07.2011).
Am 07.06.2013 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente mit dem Hinweis, sein Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert, eher verschlechtert. Die Beklagte holte ein Gutachten bei Dr. T. ein, die unter dem 01.08.2013 folgende Diagnosen stellte: Sarkoidose Stadium II mit Augenbeteiligung ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen, Bluthochdruckerkrankung medikamentös eingestellt, leichtgradige depressive Verstimmung. Mit qualitativen Einschränkungen verfüge der Kläger über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen. Mit Bescheid vom 13.08.2013 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab.
Mit seinem Widerspruch legte der Kläger einen Befundbericht seines behandelnden Lungenfacharztes Dr. S. vor, demzufolge sich der Gesundheitszustand des Klägers in den letzten Monaten nicht verändert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 02.01.2014 zum Sozialgericht Speyer erhobene Klage, welche dieses mit Beschluss vom 06.02.2014 an das örtlich zuständige Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwiesen hat. Zur Begründung der Klage hat der Kläger ergänzend ausgeführt, er sei ständig müde, leide unter Atembeschwerden und Schmerzen in der Brust.
Das SG hat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein lungenfachärztliches Gutachten bei Dr. S. eingeholt. Im Gutachten vom 06.11.2014 hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Sarkoidose Typ II mit intermittierender Vitritis und assoziiertem Fatigue, Adipositas Grad II, belastungsabhängige Angina-pectoris-Beschwerden, Kniegelenksbeschwerden links, Oberschenkelbeschwerden rechts. Das Leistungsvermögen liege wegen der Fatigue-Symptomatik bei drei Stunden arbeitstäglich; die bronchopulmonale Situation sei nicht der limitierende Faktor. Weiter hat das SG die behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S.-J. schriftlich als sachverständige Zeugin befragt und Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. beigezogen.
Mit Urteil vom 19.11.2015 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten von Dr. T. und die Aussage von Dr. S.-J. abgewiesen. Der Kläger sei über den 30.11.2013 hinaus weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Einschätzung von Dr. S., dass das Leistungsvermögen wegen der Fatigue-Symptomatik aufgehoben sei, könne nicht gefolgt werden. Die fachfremde Beurteilung durch Dr. S. sehe das SG durch die Aussage der behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. S.-J. als widerlegt an. In bronchopulmonaler Hinsicht leide der Kläger nach den Gutachten von Dr. S. und Dr. T. bei fehlender Ventilationsstörung nicht unter so gravierenden Beschwerden, dass eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens gerechtfertigt sein könnte. Auch in kardiologischer Hinsicht liege bei der von Dr. S. ermittelten fahrradergometrischen Belastbarkeit bis 100 Watt keine das zeitliche Leistungsvermögen betreffende Einschränkung vor.
Gegen das seiner Bevollmächtigten am 25.11.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 28.12.2015 eingelegte Berufung des Klägers. Dr. S. habe in seinem Gutachten auf eine erhebliche Fatigue-Symptomatik hingewiesen. Inzwischen habe der Kläger selbst einen Spezialisten für das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) gefunden, Prof. Dr. S. in H ... Nach dessen Einschätzung sei eine Berentung wegen des CFS indiziert. Hierzu hat der Kläger eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom 29.02.2016 vorgelegt sowie eine undatierte weitere Stellungnahme (Blatt 86/87 Senatsakte).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 30.11.2013 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Prof. Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat die bereits vorliegende gutachterliche Stellungnahme vom 29.02.2016 übersandt und einen an den Kläger gerichteten "Auswertungsbericht der erhobenen Diagnosedaten zum aktuellen Belastungszustand Ihres bio-physikalischen Systems" vom 03.03.2016. Ergänzend hat der Senat ein nervenärztliches Gutachten bei Prof. Dr. G. eingeholt. Im Gutachten vom 17.05.2016 wird aus nervenärztlicher Sicht eine Dysthymia (F34.1) und eine Meralgia paraesthetica rechts mit Schmerzen am rechten Oberschenkel festgestellt. Leichte Tätigkeiten ohne ständiges Gehen oder Stehen, besondere Anforderungen an Reaktionsvermögen oder Konzentrationsfähigkeit und ohne Wechsel- oder Nachtschicht seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung über den 30.11.2013 hinaus.
Befristete Renten wegen Erwerbsminderung können verlängert werden; dabei verbleibt es nach § 102 Abs 2 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Mit dieser durch Art 1 Nr 32 Buchst a) Doppelbuchst aa) RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554) mit Wirkung ab 01.05.2007 (Art 27 Abs 7 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) eingefügten Regelung wird bestimmt, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt, es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt und eine Folgerente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist (BT-Drs 16/3794 S 37).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und er damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage an sich nur teilweise erwerbsgemindert ist (sog abstrakte Betrachtungsweise), ihm aber der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist (sog konkrete Betrachtungsweise). Wurde für die Prüfung, ob der Arbeitsmarkt verschlossen ist, zunächst noch gefordert, dass Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung oder des Rentenversicherungsträgers innerhalb eines Jahres ab Stellung des Rentenantrags erfolglos blieben (vgl BSG 10.05.1977, 11 RA 8/76, juris), ist nunmehr zur Feststellung der Erwerbsminderung eines drei bis unter sechsstündig einsatzfähigen Versicherten bei rückwirkender Prüfung der Arbeitsmarktlage der Nachweis solcher konkreter Vermittlungsbemühungen nicht mehr erforderlich (vgl zum früheren Recht BSG 08.09.2005, B 13 RJ 10/04 R, BSGE 95, 112).
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme in beiden Instanzen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zumindest seit dem 01.12.2013 in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten. Zusätzliche betriebsunübliche Pausen oder Unterbrechungen sind nicht notwendig. Nicht zumutbar sind dauerhaftes Stehen oder eine rein gehende Tätigkeit, ebenso müssen Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an Aufmerksamkeit und Konzentration sowie Wechsel- und Nachtschicht vermieden werden. Das Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 6 kg, Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ist gleichfalls nicht mehr möglich.
Diese Überzeugung schöpft der Senat insbesondere aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. G., dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. T., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird und der Aussage der behandelnden Ärztin Dr. S.-J ... Danach liegen folgende Gesundheitsstörungen vor: - Sarkoidose Typ II mit Augenbeteiligung - Bluthochdruck, medikamentös eingestellt - Dysthymia - Meralgia paraesthetica rechts - Adipositas Grad II.
Maßgebend für die Rentengewährung war zunächst die Sarkoidoseerkrankung. Nach übereinstimmender ärztlicher Einschätzung besteht aus bronchopulmonaler Sicht kein Grund mehr, weiterhin deswegen von einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen auszugehen. Bereits bei der Untersuchung durch Dr. T. wurde nur eine leichtgradige Ventilationsstörung in der Lungenfunktion festgestellt. Dies entspricht den Befunden des behandelnden Lungenfacharztes Dr. S ... Dieser stellte bei einer Bodyplethysmographie im Mai 2013 ebenfalls nur eine leichtgradige, kombinierte Ventilationsstörung fest, pulsoxymetrisch ergab sich ein unauffälliger Befund. Bestätigt wird diese Einschätzung auch durch den Sachverständigen Dr. S ... Dieser führt in seinem Gutachten vom 06.11.2014 aus, dass aktuell sogar gar keine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung vorliege. Die ophtalmologische Mitbeteiligung bei Sarkoidose ist derzeit ohne Bedeutung für die berufliche Leistungsfähigkeit, wie Dr. S. ausdrücklich ausführt. Auch nach seiner Auffassung ergibt sich aus bronchopulmonaler Sicht kein limitierender Faktor bezogen auf körperlich leichte Tätigkeiten.
Soweit Dr. S. aus der mit der Grunderkrankung verbundenen Fatigue-Symptomatik ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen herleitet, kann der Senat dem nicht folgen. Maßgebend sind die funktionellen Einschränkungen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit, nicht die gestellte Diagnose. Es kommt daher auch nicht entscheidend darauf an, ob hier ein CFS diagnostiziert wird – so der behandelnde Arzt Prof. Dr. S. – oder eine Dysthymie – so Prof. Dr. G ... Für den Senat steht fest, dass verbunden mit der Sarkoidose beim Kläger eine Müdigkeitssymptomatik besteht, wie auch schon aus früheren ärztlichen Unterlagen hervorgeht (zB Entlassungsbericht Reha-Klinik H. vom 05.11.2008). Anzeichen für eine deutliche Tagesmüdigkeit mit verminderter Auffassung und Konzentration ergaben sich weder im Rahmen der Begutachtung von Dr. T., noch von Prof. Dr. G ... Beide führten vielmehr aus, dass Aufmerksamkeit und Konzentration für die Dauer der Untersuchung (bei Prof. Dr. G. 2 ½ Stunden) ungestört waren. Insoweit bestehen gewisse Inkonsistenzen zu dem eigenen Beschwerdevortrag des Klägers, der gegenüber Prof. Dr. G. angab, sich nur 30 bis 35 Minuten auf ein Gespräch konzentrieren zu können. Auch weitere Inkonsistenzen in Bezug auf Funktionsniveau und Bewältigungsverhalten hat Prof. Dr. G. aufgezeigt. Die behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. S.-J. sah ebenfalls keine funktionellen Einschränkungen, die einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit entgegenstehen würden. Dr. S. hat dagegen allein aufgrund der vom Kläger geschilderten Fatigue-Symptomatik ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen angenommen, ohne die Angaben des Klägers kritisch zu würdigen. Insoweit hat er selbst – da sein Fachgebiet überschreitend – ein Zusatzgutachten angeregt. Dieses liegt mit dem nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. G. vor. Weitergehende Einschränkungen lassen sich auch nicht aus dem vom Kläger geschilderten Tagesablauf entnehmen mit Tätigkeiten im Haushalt und Versorgung der im Kindergartenalter befindlichen Tochter bei Vollzeitberufstätigkeit der Ehefrau.
Nichts anderes ergibt sich aus den Unterlagen und Ausführungen von Prof. Dr. S ... Dieser betreibt nach den Angaben auf seiner Homepage (http://prof-S ...de) eine Praxis für "Innovative Diagnostik und Therapie für Privatpatienten" und hat die "Prof. S. Methode" entwickelt zur Diagnostik und Therapie von psychischen und körperlichen Belastungssymptomen. Seine allgemein gehaltenen Ausführungen zu CFS als eigenständigem Krankheitsbild führen bezogen auf den konkreten Fall nicht weiter. Soweit er aus seinen Untersuchungen (Messung chronotroper Reaktions-Index zur Regulations- und Erholungsfähigkeit des Herzens; Orthostase Test zur Ermittlung der aktuellen Stressbelastung des Organismus und Messung der muskulären Grundvibration) ein CFS als eigenständiges Krankheitsbild ableitet und damit eine erforderliche Berentung begründet, ist dies für den Senat nicht plausibel. Insbesondere werden keinerlei nachvollziehbare Feststellungen zu konkreten Funktionsbeeinträchtigungen mitgeteilt.
Die beim Kläger zusätzlich vorliegenden Gesundheitsstörungen führen zu keinen weitergehenden Leistungseinschränkungen als bereits festgestellt. Nach den ärztlichen Unterlagen von Dr. S. liegen degenerative Veränderungen an HWS und LWS, Coxarthrose und ein Einriss am Innenmeniskushinterhorn links vor. Aus den Befunden der MRT-Untersuchungen von HWS und LWS ist zu entnehmen, dass weder Nervenwurzelschäden noch Bandscheibenvorfälle vorliegen. Kardiologisch bestehen ebenfalls keine Einschränkungen. Bei der Untersuchung durch Dr. S. konnte der Kläger bis 100 Watt belastet werden. Die Echokardiographie vom 29.07.2014 ergab eine gute linksventrikuläre Funktion ohne Nachweis regionaler Kontraktilitätsstörungen.
Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeits-platz zu erhalten (BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders ein-schneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in viel-fältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl BSG 20.08.1997, 13 RJ 39/96, SozR 3-2600 § 43 Nr 17; 11.05.1999, B 13 RJ 71/97 R, SozR 3-2600 § 43 Nr 21; 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90). Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Dies ist der Fall, wie sich aus dem festgestellten positiven Leistungsbild ohne weiteres entnehmen lässt. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich zu erhalten, liegt bei diesem Leistungsvermögen nicht im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2 mwN; 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2; 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berück-sichtigen (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R (juris) mwN). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Wegstrecke von mindestens 500 Metern nicht mehr in bis zu 20 Minuten bewältigen kann, liegen nach den plausiblen Darlegungen von Dr. T. und Prof. Dr. G. nicht vor. Auch Dr. S. geht von erhaltener Wegefähigkeit aus.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. T. und Prof. Dr. G. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved