Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 112/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 167/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 1/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung eines Unfalls im Ausland als Arbeitsunfall im Rahmen der Ausstrahlungsregelungen des § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV).
Der 1982 geborene Kläger ist Tierpfleger im Zoo A-Stadt GmbH und in dieser Tätigkeit bei der Beklagten im Rahmen der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im gesamten Kalenderjahr 2009 war er in Vietnam im D-Nationalpark beschäftigt. Dort erlitt er während einer Exkursion am 10.11.2009 einen schweren Unfall, in dessen Folge ihm das linke Bein zu 1/3 amputiert werden musste. Streitig ist, ob er zu dieser Zeit als Tierpfleger "entsandt" war oder ob es sich um eine eigenständige Tätigkeit in Vietnam handelte.
Der Zoo A-Stadt GmbH zeigte dieses Ereignis als Arbeitsunfall mit Unfallanzeige vom 19.11.2009, bei der Beklagten am 24.11.2009 eingegangen, an. Neben der Schilderung gab die GmbH an, der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt als Zoo Tierpfleger tätig gewesen. Im Verwaltungsverfahren holte die Beklagte zunächst telefonisch weitere Informationen bei der Personalabteilung der Zoo A-Stadt GmbH ein. Frau E. von der Personalabteilung bestätigte, dass der Kläger eine Freistellungsvereinbarung für ein Jahr mit dem Zoo A Stadt GmbH gehabt habe. In dieser Zeit habe er auch kein Gehalt bekommen und es seien keine Sozialversicherungsbeiträge für ihn abgeführt worden. Der Zoo A-Stadt fördere ein Projekt in dem genannten Nationalpark in Vietnam und überweise dorthin wohl immer Geld. Die Tierpfleger würden dann vor Ort durch den Park das Geld erhalten, welches sie zum Leben benötigen würden. Für diese Zeit in Vietnam hätten sie Freistellungsverträge. Frau E. äußerte in diesem Telefongespräch die Ansicht, da der Zoo Gelder nach Vietnam bezahle, müsse es sich doch bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall handeln. Die Beklagte forderte daraufhin sämtliche schriftliche Vereinbarungen vom Zoo an. Der Zoo übersandte die Freistellungsvereinbarung, aus der sich ergibt, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 befristet von der Arbeitsleistung freigestellt worden war. Ausdrücklich regelt § 2 der Vereinbarung, dass während der Freistellungsphase das Arbeitsverhältnis ruhe (vgl. Bl. 15 Unfallakte). Daneben übersandte der Zoo den Arbeitsvertrag mit dem Kläger und eine Vereinbarung mit dem Nationalpark in Vietnam, woraus sich ergibt, dass der Zoo an den Nationalpark eine Summe von 12.000 EUR für die Bezahlung der Tierpflegertätigkeit im Jahr 2009 überweisen musste (Bl. 18 der Unfallakte). Mit Bescheid vom 11.12.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, der Kläger habe zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht zum versicherten Personenkreis gehört. Eine Entsendung nach § 4 Abs. 1 SGB IV liege nicht vor, vielmehr sei es so, dass der Kläger am Unfalltag im Rahmen seiner Tätigkeit für den Nationalpark in Vietnam beschäftigt gewesen sei. Für die Bezahlung sei ebenfalls der Nationalpark verantwortlich gewesen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22.12.2009 Widerspruch ein und fügte zur weiteren Begründung eine Lohnsteuerbescheinigung für 2009 vor, aus der sich ergibt, dass im Jahr 2009 ein Bruttoarbeitslohn von 645,33 EUR von der Zoo A-Stadt GmbH an den Kläger gezahlt worden ist (vgl. Bl. 63 Unfallakte). Die Beklagte hat im Verwaltungsverfahren weitere Ermittlungen angestellt durch Nachfrage bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), ob hier ggf. eine versicherte Tätigkeit für die zoologische Gesellschaft F-Stadt vorliegen könne. Die VBG hat dies verneint. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 16.06.2010 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Er ist der Ansicht, nach allen Vereinbarungen müsse er Versicherungsschutz genießen. Der Zoo A-Stadt habe letztendlich das Gehalt für ihn getragen und die Summe an den Nationalpark überwiesen. Auch habe er, wie er schon im Widerspruchsverfahren nachgewiesen habe, eine kleinere Direktzahlung vom Zoo erhalten. Letztlich sei er in Vietnam auch im Interesse des Zoos tätig geworden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 10.11.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei im Jahr 2009 in Vietnam in einem eigenständigen Beschäftigungsverhältnis mit einem ausländischen Arbeitgeber tätig geworden. Dies komme auch eindeutig aus der Freistellungsvereinbarung zwischen seinem Arbeitgeber in Deutschland, der Zoo A-Stadt GmbH, und ihm hervor. Auch habe der Zoo A-Stadt das Gehalt für das Jahr 2009 nicht direkt an den Kläger gezahlt. Vielmehr sei dies an den Nationalpark in Vietnam im Rahmen der Vereinbarungen zwischen der Zoo A-Stadt GmbH und dem Nationalpark ausgezahlt worden. Auch durch die nachgewiesene Zahlung von ca. 650 EUR im Kalenderjahr 2009, sowie sie der Kläger mit seiner Lohnsteuerbescheinigung nachgewiesen habe, könne nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden. Es handele sich dabei nämlich noch um erfolgsabhängige Zahlungen für das Kalenderjahr 2008.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Zeugen A. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird vollinhaltlich auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2011 Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Klage- und Unfallakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2011 gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Sachlich ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt, denn der Kläger gehörte in seiner Tätigkeit am 10.11.2009 nicht zum versicherten Personenkreis.
Ein Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt, ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) als Arbeitsunfall anzuerkennen, wenn es in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) eingetreten ist. Gemäß § 3 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) gilt das Deutsche Sozialversicherungsrecht nur, soweit die Beschäftigung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs ausgeübt wird. Dieser Fall liegt hier nicht vor, da der schwere Unfall des Klägers am 10.11.2009 in Vietnam eingetreten ist. Ansprüche für dieses Ereignis kommen daher nur in Betracht, wenn ein Fall der Ausstrahlung im Sinne des § 4 Abs. 1 SGB IV vorgelegen hat.
Voraussetzung für das Vorliegen einer sogenannten Ausstrahlung nach § 4 SGB IV ist, dass jemand im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend ins Ausland entsendet wird. Dem Begriff "Entsendung" ist dabei die Bewegung von einem Ort zum anderen immanent, so das eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB schon begrifflich erfordert, dass sich der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort in der Bundesrepublik in einen anderen Staat begibt (vgl. schon BSG, Urteil vom 27.05.1986 2 R U 12/85). Von diesem Grundsatz abweichend genügt es nach der Rechtsprechung, wenn jemand im Inland nur zum Zweck einer vorübergehenden Beschäftigung im Ausland eingestellt wird (vgl. BSG, a.a.O.). Keinesfalls genügt es aber, wenn jemand im Ausland für das Ausland eingestellt wird. Wird jemand zeitgleich mit der Entsendung von einem inländischen Arbeitgeber erst eingestellt, rechtfertigt sich seine Einbeziehung in den Deutschen Sozialversicherungsrechtschutz nur dann, wenn wenigstens anderweitig ein Bezug zur Deutschen Sozialversicherung besteht, d. h. zumindest ist zu fordern, dass der Betreffende seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses muss zusätzlich im Inland liegen (BSG, Urteil vom 25.08.1994 – 2 R U 14/93). Bei der Feststellung, ob diese Ausnahmebedingung zur Anerkennung eines Versicherungsschutzes vorgelegen haben, kommt es nicht auf den Inhalt des Arbeitsvertrages sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse des Arbeitsverhältnisses an. Das Gleiche gilt für die sonstigen Ausnahmebedingungen.
In Anwendung dieser Grundsätze lag hier keine Entsendung vor. Zwar bestand schon vor der Tätigkeit des Klägers in Vietnam ein Arbeitsvertrag mit dem Zoo A-Stadt GmbH. Dieses Arbeitsverhältnis ist aber vertraglich und auch faktisch durch die zwischen den Parteien geschlossene Freistellungsvereinbarung (Bl. 15 der Unfallakte) ordnungsgemäß zum Ruhen gebracht worden. Aus dieser Freistellungsvereinbarung geht eindeutig hervor, dass sich die Beteiligten darüber im Klaren gewesen seien mussten, dass die Tätigkeit des Klägers im Jahr 2009 zwar von der Zoo A-Stadt GmbH gewünscht und gefördert aber nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit dieser ausgeführt wurde. Auch hat der Kläger selbst eingeräumt und dies hat der Zeuge A. nochmals bestätigt, dass "Gehaltszahlungen" in 2009 nicht von der Zoo A-Stadt GmbH geleistet wurden sondern vom Nationalpark im Vietnam. Von dort erhielt der Kläger bis zum Ende seiner Tätigkeit Geld und auch Abrechnungen über diese Leistungen. Dies entspricht im Übrigen der Vereinbarung zwischen der Zoo A-Stadt GmbH und dem G. in Vietnam. Die Zoo A-Stadt GmbH hat zweckbezogene Leistungen an das G. gezahlt, dieses hat selbstständig hieraus die Tätigkeit des Klägers abgerechnet. Die Fortgeltung der zwischen dem Kläger und der Zoo A-Stadt GmbH beschlossenen arbeitsvertraglichen Vereinbarung kann daraus entgegen der schriftlichen Fixierung nicht geschlossen werden. Der Kläger war 2009 damit nicht für ein inländisches Unternehmen tätig. Zwar hält es die Kammer für durchaus wahrscheinlich, dass der Kläger vor Abschluss der Vereinbarungen für das Jahr 2009 deren rechtlichen Inhalt letztendlich nicht vollständig durchschaute. Dies führt jedoch nicht zur Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sondern höchstenfalls zur Entstehung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Zoo A-Stadt GmbH, die ihn hier beraten hatte. Eine etwaige Fehlberatung ist jedenfalls nicht der Beklagten zuzurechnen. Diese hat deshalb keine Entschädigungsleistungen wegen des streitigen Ereignisses zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung eines Unfalls im Ausland als Arbeitsunfall im Rahmen der Ausstrahlungsregelungen des § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV).
Der 1982 geborene Kläger ist Tierpfleger im Zoo A-Stadt GmbH und in dieser Tätigkeit bei der Beklagten im Rahmen der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Im gesamten Kalenderjahr 2009 war er in Vietnam im D-Nationalpark beschäftigt. Dort erlitt er während einer Exkursion am 10.11.2009 einen schweren Unfall, in dessen Folge ihm das linke Bein zu 1/3 amputiert werden musste. Streitig ist, ob er zu dieser Zeit als Tierpfleger "entsandt" war oder ob es sich um eine eigenständige Tätigkeit in Vietnam handelte.
Der Zoo A-Stadt GmbH zeigte dieses Ereignis als Arbeitsunfall mit Unfallanzeige vom 19.11.2009, bei der Beklagten am 24.11.2009 eingegangen, an. Neben der Schilderung gab die GmbH an, der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt als Zoo Tierpfleger tätig gewesen. Im Verwaltungsverfahren holte die Beklagte zunächst telefonisch weitere Informationen bei der Personalabteilung der Zoo A-Stadt GmbH ein. Frau E. von der Personalabteilung bestätigte, dass der Kläger eine Freistellungsvereinbarung für ein Jahr mit dem Zoo A Stadt GmbH gehabt habe. In dieser Zeit habe er auch kein Gehalt bekommen und es seien keine Sozialversicherungsbeiträge für ihn abgeführt worden. Der Zoo A-Stadt fördere ein Projekt in dem genannten Nationalpark in Vietnam und überweise dorthin wohl immer Geld. Die Tierpfleger würden dann vor Ort durch den Park das Geld erhalten, welches sie zum Leben benötigen würden. Für diese Zeit in Vietnam hätten sie Freistellungsverträge. Frau E. äußerte in diesem Telefongespräch die Ansicht, da der Zoo Gelder nach Vietnam bezahle, müsse es sich doch bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall handeln. Die Beklagte forderte daraufhin sämtliche schriftliche Vereinbarungen vom Zoo an. Der Zoo übersandte die Freistellungsvereinbarung, aus der sich ergibt, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 befristet von der Arbeitsleistung freigestellt worden war. Ausdrücklich regelt § 2 der Vereinbarung, dass während der Freistellungsphase das Arbeitsverhältnis ruhe (vgl. Bl. 15 Unfallakte). Daneben übersandte der Zoo den Arbeitsvertrag mit dem Kläger und eine Vereinbarung mit dem Nationalpark in Vietnam, woraus sich ergibt, dass der Zoo an den Nationalpark eine Summe von 12.000 EUR für die Bezahlung der Tierpflegertätigkeit im Jahr 2009 überweisen musste (Bl. 18 der Unfallakte). Mit Bescheid vom 11.12.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, der Kläger habe zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht zum versicherten Personenkreis gehört. Eine Entsendung nach § 4 Abs. 1 SGB IV liege nicht vor, vielmehr sei es so, dass der Kläger am Unfalltag im Rahmen seiner Tätigkeit für den Nationalpark in Vietnam beschäftigt gewesen sei. Für die Bezahlung sei ebenfalls der Nationalpark verantwortlich gewesen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 22.12.2009 Widerspruch ein und fügte zur weiteren Begründung eine Lohnsteuerbescheinigung für 2009 vor, aus der sich ergibt, dass im Jahr 2009 ein Bruttoarbeitslohn von 645,33 EUR von der Zoo A-Stadt GmbH an den Kläger gezahlt worden ist (vgl. Bl. 63 Unfallakte). Die Beklagte hat im Verwaltungsverfahren weitere Ermittlungen angestellt durch Nachfrage bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), ob hier ggf. eine versicherte Tätigkeit für die zoologische Gesellschaft F-Stadt vorliegen könne. Die VBG hat dies verneint. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 16.06.2010 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Er ist der Ansicht, nach allen Vereinbarungen müsse er Versicherungsschutz genießen. Der Zoo A-Stadt habe letztendlich das Gehalt für ihn getragen und die Summe an den Nationalpark überwiesen. Auch habe er, wie er schon im Widerspruchsverfahren nachgewiesen habe, eine kleinere Direktzahlung vom Zoo erhalten. Letztlich sei er in Vietnam auch im Interesse des Zoos tätig geworden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 10.11.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei im Jahr 2009 in Vietnam in einem eigenständigen Beschäftigungsverhältnis mit einem ausländischen Arbeitgeber tätig geworden. Dies komme auch eindeutig aus der Freistellungsvereinbarung zwischen seinem Arbeitgeber in Deutschland, der Zoo A-Stadt GmbH, und ihm hervor. Auch habe der Zoo A-Stadt das Gehalt für das Jahr 2009 nicht direkt an den Kläger gezahlt. Vielmehr sei dies an den Nationalpark in Vietnam im Rahmen der Vereinbarungen zwischen der Zoo A-Stadt GmbH und dem Nationalpark ausgezahlt worden. Auch durch die nachgewiesene Zahlung von ca. 650 EUR im Kalenderjahr 2009, sowie sie der Kläger mit seiner Lohnsteuerbescheinigung nachgewiesen habe, könne nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden. Es handele sich dabei nämlich noch um erfolgsabhängige Zahlungen für das Kalenderjahr 2008.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Zeugen A. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird vollinhaltlich auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2011 Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Klage- und Unfallakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2011 gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Sachlich ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt, denn der Kläger gehörte in seiner Tätigkeit am 10.11.2009 nicht zum versicherten Personenkreis.
Ein Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt, ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) als Arbeitsunfall anzuerkennen, wenn es in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) eingetreten ist. Gemäß § 3 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) gilt das Deutsche Sozialversicherungsrecht nur, soweit die Beschäftigung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs ausgeübt wird. Dieser Fall liegt hier nicht vor, da der schwere Unfall des Klägers am 10.11.2009 in Vietnam eingetreten ist. Ansprüche für dieses Ereignis kommen daher nur in Betracht, wenn ein Fall der Ausstrahlung im Sinne des § 4 Abs. 1 SGB IV vorgelegen hat.
Voraussetzung für das Vorliegen einer sogenannten Ausstrahlung nach § 4 SGB IV ist, dass jemand im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend ins Ausland entsendet wird. Dem Begriff "Entsendung" ist dabei die Bewegung von einem Ort zum anderen immanent, so das eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB schon begrifflich erfordert, dass sich der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort in der Bundesrepublik in einen anderen Staat begibt (vgl. schon BSG, Urteil vom 27.05.1986 2 R U 12/85). Von diesem Grundsatz abweichend genügt es nach der Rechtsprechung, wenn jemand im Inland nur zum Zweck einer vorübergehenden Beschäftigung im Ausland eingestellt wird (vgl. BSG, a.a.O.). Keinesfalls genügt es aber, wenn jemand im Ausland für das Ausland eingestellt wird. Wird jemand zeitgleich mit der Entsendung von einem inländischen Arbeitgeber erst eingestellt, rechtfertigt sich seine Einbeziehung in den Deutschen Sozialversicherungsrechtschutz nur dann, wenn wenigstens anderweitig ein Bezug zur Deutschen Sozialversicherung besteht, d. h. zumindest ist zu fordern, dass der Betreffende seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses muss zusätzlich im Inland liegen (BSG, Urteil vom 25.08.1994 – 2 R U 14/93). Bei der Feststellung, ob diese Ausnahmebedingung zur Anerkennung eines Versicherungsschutzes vorgelegen haben, kommt es nicht auf den Inhalt des Arbeitsvertrages sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse des Arbeitsverhältnisses an. Das Gleiche gilt für die sonstigen Ausnahmebedingungen.
In Anwendung dieser Grundsätze lag hier keine Entsendung vor. Zwar bestand schon vor der Tätigkeit des Klägers in Vietnam ein Arbeitsvertrag mit dem Zoo A-Stadt GmbH. Dieses Arbeitsverhältnis ist aber vertraglich und auch faktisch durch die zwischen den Parteien geschlossene Freistellungsvereinbarung (Bl. 15 der Unfallakte) ordnungsgemäß zum Ruhen gebracht worden. Aus dieser Freistellungsvereinbarung geht eindeutig hervor, dass sich die Beteiligten darüber im Klaren gewesen seien mussten, dass die Tätigkeit des Klägers im Jahr 2009 zwar von der Zoo A-Stadt GmbH gewünscht und gefördert aber nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit dieser ausgeführt wurde. Auch hat der Kläger selbst eingeräumt und dies hat der Zeuge A. nochmals bestätigt, dass "Gehaltszahlungen" in 2009 nicht von der Zoo A-Stadt GmbH geleistet wurden sondern vom Nationalpark im Vietnam. Von dort erhielt der Kläger bis zum Ende seiner Tätigkeit Geld und auch Abrechnungen über diese Leistungen. Dies entspricht im Übrigen der Vereinbarung zwischen der Zoo A-Stadt GmbH und dem G. in Vietnam. Die Zoo A-Stadt GmbH hat zweckbezogene Leistungen an das G. gezahlt, dieses hat selbstständig hieraus die Tätigkeit des Klägers abgerechnet. Die Fortgeltung der zwischen dem Kläger und der Zoo A-Stadt GmbH beschlossenen arbeitsvertraglichen Vereinbarung kann daraus entgegen der schriftlichen Fixierung nicht geschlossen werden. Der Kläger war 2009 damit nicht für ein inländisches Unternehmen tätig. Zwar hält es die Kammer für durchaus wahrscheinlich, dass der Kläger vor Abschluss der Vereinbarungen für das Jahr 2009 deren rechtlichen Inhalt letztendlich nicht vollständig durchschaute. Dies führt jedoch nicht zur Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sondern höchstenfalls zur Entstehung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Zoo A-Stadt GmbH, die ihn hier beraten hatte. Eine etwaige Fehlberatung ist jedenfalls nicht der Beklagten zuzurechnen. Diese hat deshalb keine Entschädigungsleistungen wegen des streitigen Ereignisses zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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