L 5 KA 1494/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KA 3093/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1494/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Injektion intraartikulär, intrakutan, subkutan, submukös, subkonjunktival oder intramuskulär ist nach Anhang 1 des EBM ein möglicher Bestandteil der chirurgischen Grundpauschalen nach GOP 07210 EBM, 07211 EBM und 07212 EBM. Dies gilt auch dann, wenn vor der Applikation des Arzneimittels mithilfe der Kanüle eine Aspiration erfolgt. GOP 02341 EBM (Punktion II) ist nur dann abrechenbar, wenn tatsächlich Körperflüssigkeiten oder Gewebe entnommen wird.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.02.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 12.260,67 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine nach einer Plausibilitätsprüfung erfolgte Neufestsetzung der Honoraransprüche des Klägers für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 und eine daraus resultierende Rückforderung der Beklagten in Höhe von 12.260,67 EUR.

Der Kläger nimmt als Facharzt für Chirurgie mit Sitz in G. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 ergangenen Honorarbescheiden vom 15.10.2008, 15.01.2009, 15.04.2009, 07.10.2009, 14.12.2009, 15.01.2010, 16.04.2010, 15.07.2010, 15.10.2010, 13.01.2011, 15.04.2011, 15.07.2011, 17.10.2011, 16.01.2012, 16.04.2012 und 16.07.2012 wurde ihm (u. a.) die Punktion von Gelenken vergütet. Die hierfür einschlägigen Gebührenordnungsposition (GOP) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM - hier in der für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 geltenden Fassung, im Folgenden nur EBM) hat folgenden Wortlaut:

02341 Punktion II Obligater Leistungsinhalt - Punktion der/des &61485; Mammae und/oder &61485; Knochenmarks und/oder &61485; Leber und/oder &61485; Nieren und/oder &61485; Pankreas und/oder &61485; Gelenke und/oder &61485; Adnextumoren, ggf. einschl. Douglasraum und/oder &61485; Hodens und/oder &61485; Ascites als Entlastungspunktion unter Gewinnung von mindestens 250 ml Ascites-Flüssigkeit und/oder &61485; Milz 330 Punkte

Im Juni 2012 leitete die Bezirksdirektion K. der Beklagten wegen zeitauffälliger Quartalsarbeitszeiten eine Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnungen des Klägers gemäß § 106a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein. Die Beklagte bat mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 05.06.2012 um Übersendung der vollständigen Patientendokumentationen (Karteikarte und/oder Computerausdruck) im Original, der Arztbriefe, Operationsberichte etc. für das Kalenderjahr 2008.

Nach Überprüfung der vorgelegten Dokumentationen beschloss der Plausibilitätsausschuss am 03.09.2012 die prozentuale Berichtigung der GOP 02300 EBM in Höhe von 93 % und der GOP 02341 EBM in Höhe von 89 %.

Mit Bescheid vom 08.10.2012 verfügte die Beklagte die Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) und die Neufestsetzung der Honorarbescheide wie folgt:

Quartal Honoraranspruch neu in EUR Honoraranspruch alt in EUR Differenz in EUR 2/2008 77.741,46 80.007,80 2.266,34 3/2008 66.568,84 67.962,64 1.393,80 4/2008 89.693,64 75.182,70 2.860,02 1/2009 70.353,29 72.103,26 1.749,97 2/2009 64.050,62 66.021,37 1.970,75 3/2009 62.191,51 64.098,61 1.907,10 4/2009 68.217,09 71.041,74 2.824,65 1/2010 71.193,65 73.729,37 2.535,72 2/2010 68.756,56 70.838,05 2.081,49 3/2010 73.752,55 76.454,27 2.701,72 4/2010 73.002,78 75.833,32 2.830,54 1/2011 81.576,15 83.522,41 1.946,26 2/2011 74.324,06 77.009,09 2.685,03 3/2011 74.711,64 76.844,64 2.133,00 4/2011 82.707,48 85.434,42 2.726,94 1/2012 84.663,49 87.179,86 2.516,37

Zur Begründung der sich aus der Neufestsetzung ergebenden Rückforderung in Höhe von insgesamt 37.129,70 EUR (12.260,67 EUR bzgl. GOP 02341 EBM; 24.869,03 EUR bzgl. GOP 02300 EBM) führte die Beklagte mit Blick auf die GOP 02341 EBM aus, dass zur Punktion nach GOP 02341 EBM 20 Patientendokumentationen angefordert worden seien. In diesen 20 Fällen sei die Leistung insgesamt 54 Mal angesetzt worden. Lediglich in zwei Fällen sei in sechs Ansätzen tatsächlich ein Gelenk punktiert worden. Hier fänden sich auch Angaben zur Menge und zur Beschaffenheit des Punktates. In allen anderen Fällen fänden sich die Einträge: "Instillation von Prednisolon auf Xylonest 2 % 5 ml oder Instillation von Xylonest 2 % 5 ml." Unter dem Begriff Instillation verstehe man in der Medizin die Applikation von flüssigen Arzneimitteln (z. B. Lösungen, Emulsionen oder Suspensionen von Antibiotika, Zytostatika, Analgetika, Lokalanästhetika, etc.) in den Organismus (Hohlorgane, Körperhöhlen und -öffnungen, Gelenke, Bindehautsack) zu therapeutischen, diagnostischen und präventiven Zwecken. Bei Xylonest handele es sich um ein Lokalanästhetikum und bei Prednisolon um ein Glucocorticoid. Beide Präparate würden zu therapeutischen Zwecken in die entsprechenden Gelenke injiziert. Die bei der Injektion erforderliche Aspiration könne nicht als Punktion abgerechnet werden. Injektionen (intrakutan, subkutan, submukös, subkonjunktival, intramuskulär, intravenös oder intraartikulär) seien mit dem Ansatz des Ordinationskomplexes abgegolten und nicht gesondert abrechnungsfähig. Die Leistung könne auch nicht ersatzweise mit dem Ansatz der GOP 02341 EBM abgegolten werden. Eine Leistung oder ein Leistungskomplex sei nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Der Plausibilitätsausschuss sei auf Grund dessen zu dem Ergebnis gekommen, dass im Zusammenhang mit der Leistung nach der GOP 02341 EBM sechs Ansätze in zwei Fällen als korrekt gewertet worden seien. In diesen Fällen sei wirklich eine Punktion durchgeführt worden. Bei insgesamt 54 Ansätzen in 20 vorgelegten Patientendokumentationen entsprächen die sechs Ansätze 11 %. Es werde deshalb eine Ansatzhäufigkeit in Höhe von 11% anerkannt. Nach Auffassung des Plausibilitätsausschusses sei dieses Abrechnungsverhalten auch in den Folgequartalen anzunehmen. Aus diesem Grund werde der oben genannte Berechnungsmodus auch für Abrechnungen der Quartale 3/2008 bis 1/2012 angewandt. Mit der Unterzeichnung der Sammelerklärung zu der Abrechnung habe der Kläger die sachliche Richtigkeit seiner Abrechnung erklärt. Entfalle die Garantiefunktion der Sammelerklärung, da diese wegen zwar abgerechneter, aber nicht oder nicht vollständig erbrachter Leistungen unrichtig sei, fehle damit auch eine Voraussetzung für die Festsetzung eines Honoraranspruchs des Vertragsarztes. Die Honorarbescheide für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 seien nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä aufzuheben und die Honoraransprüche neu festzusetzen. Bei der Schadensbemessung stehe dem Plausibilitätsausschuss im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ein umfassendes und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Schätzungsermessen zu. Die detaillierte Berechnung des Korrekturbetrags wurde in einer dem Bescheid beigefügten Anlage, auf die verwiesen wurde, dargestellt. Die Rückforderung werde dem Honorarkonto des Klägers mit der Quartalsabrechnung 3/2012 belastet.

Am 24.10.2012 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er mit Blick auf die GOP 02341 EBM vor, die Definition Punktion der Gelenke sei unabhängig von einer Gewebs- oder Punktatgewinnung. Um ein Medikament in ein Gelenk einzubringen, sei eine zuvor durchgeführte Punktion - ob mit oder ohne Gewinnung von Punktat - des jeweiligen Gelenkes medizinisch notwendig, um anschließend die Medikamenteninstillation sicher durchführen zu können. Diesen Vorgang nur als Aspiration darzustellen, entspreche nicht der tatsächlichen Behandlung. Die Instillation eines Medikaments bei unklarem Punktat sei medizinisch sogar kontraindiziert. Daher beinhalte die von ihm angegebene Instillation von Prednisolon und Xylonest bzw. Xylonest dem Leistungsinhalt der GOP 02341 EBM entsprechend eine Punktion des Gelenks. Die Begründung, eine Medikamenteninstillation in ein Gelenk sei nur in der GOP 07311 EBM oder GOP 07312 EBM beinhaltet, sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, da dort die Gelenkpunktion und/oder Instillation nicht als obligater, sondern als fakultativer Behandlungsinhalt aufgeführt werde. Zudem werde trotz der Ausweitung des Prüfzeitraums auf weitere 13 Quartale keinerlei Sicherheitsabschlag gewährt. Ein Sicherheitsabschlag von 15 % werde für angemessen erachtet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend wurde im Zusammenhang mit der Punktionsleistung nach der GOP 02341 EBM auf den Anhang 1 des EBM verwiesen. Die dort aufgeführten Leistungen seien in den Grundpauschalen enthalten (Grundpauschalen nach den GOP 07210 bis 07212 EBM). Zu diesen Leistungen gehörten auch die intrakutanen, subkutanen, submukösen, intramuskulären, intravenösen und explizit die intraartikulären Injektionen. Die Medikamenteninstillation in ein Gelenk könne nicht gesondert als Punktion abgerechnet werden. In den angeforderten Patientendokumentationen finde sich im Rahmen der Medikamenteninstillation in keinem Fall der Hinweis auf eine zuvor durchgeführte Punktion.

Am 03.06.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er wandte sich nur noch gegen die Streichung der GOP 02341 EBM und trug diesbezüglich vor, die Klägerin (gemeint wohl Beklagte) verkenne, dass zwingende Voraussetzung für die Infiltration von Medikamenten bei Gelenken stets die zuvor durch Punktion erfolgte diagnostische Abklärung des Zustands des Gelenkes sei. Die Leistungslegende der GOP 02341 EBM sei damit erfüllt. Aufgrund der Tatsache, dass dies eine medizinisch zwingende Voraussetzung sei, sei die ergänzende ausdrückliche Dokumentation des Punktionsvorgangs nicht erforderlich. Die von der Beklagten angegebene Definition der Punktion decke sich nicht mit den allgemein zugänglichen Definitionen. Denn danach bezeichne man als Punktion das Einstechen in einen Hohlraum des Körpers. Sie ermögliche die Gewinnung diagnostischen Materials, die Injektion von diagnostischen oder therapeutisch relevanten Substanzen, sowie die Entfernung pathologischer Flüssigkeitsansammlungen. Diese Definition finde sich in sämtlichen medizinischen Lexika einheitlich wieder (bspw. unter folgendem Link: FLexikon.doccheck.com/de/punktion). Das klinische Wörterbuch Psychrembel nenne ebenfalls folgende Definition der Punktion:

"Einstich einer Hohlnadel oder eines Trokars in (Blut) Gefäße, Physiol oder Pathol. Körperhohlräume, Hohlorgane, Parenchymatöse Organe oder in Tumoren (evtl. unter Ultraschall, Röntgen- oder endoskopischer Kontrolle) zur Entnahme von Flüssigkeiten (z. B. Blutentnahme, als diagnostische Probepunktion, therap. zur Entlastung) bzw. Geweben (Biopsie) oder zur Einbringung (Injektion bzw. Infusion) von Diagnostika (z. B. Röntgenkontrastmittel) oder Therapeutika".

Die von der Beklagten angenommene Beschränkung der Punktion auf die Entleerung bzw. Entnahme von Flüssigkeit aus dem Gewebe greife deshalb zu kurz. Dementsprechend werde auch weder in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) für privatärztliche Leistungen noch bei der entsprechenden GOÄ der Berufsgenossenschaften (UV-GOÄ) zwischen der Punktion zur Entnahme von Flüssigkeiten und der Punktion zur Einbringung von Medikamenten (durch Instillation, Injektion) unterschieden. In den Allgemeinen Bestimmungen zu den Ziffern 300 bis 319 heiße es vielmehr:

"Zum Inhalt der Leistungen für Punktionen gehören die damit im Zusammenhang stehenden Injektionen, Instillationen, Spülungen sowie Entnahmen z. B. von Blut, Liquor, Gewebe."

In der von der Beklagten benannten Anlage 1 des EBM, dem "Verzeichnis der nicht gesondert berechnungsfähigen Leistungen", sei lediglich geregelt, dass die intraartikuläre Injektion möglicher Bestandteil der Grundpauschale sein könne. Er bestreite jedoch, dass die von ihm vorgenommene Infiltration von Medikamenten mit zwingend zuvor einhergehender diagnostischer Abklärung durch Punktion ein solcher Bestandteil sei. Die Frage der Berechnungsfähigkeit von intraartikulären Einbringungen werde zudem ansonsten im EBM ausdrücklich geregelt. So heiße es z. B. unter 31.2.4 Ziff. 2: "Die intraartikuläre Einbringung von Carbonfaserstiften und die Sachkosten für Carbonfaserstifte sind nicht berechnungsfähig." Eine solche ausdrückliche Regelung fehle bei der GOP 02341 EBM.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie trug ergänzend vor, die GOP 02341 EBM setze die Punktion u. a. eines Gelenkes als obligaten Leistungsinhalt voraus. Nach der Kommentierung in Wezel/Liebold verstehe man unter einer Punktion die Entleerung (evtl. krankhafter) Flüssigkeitsansammlungen aus Körperhöhlen, Blutgefäßen oder Organen zu therapeutischen Zwecken oder die Entleerung bzw. Entnahme von Flüssigkeiten oder Gewebe aus diagnostischen Gründen mit Hilfe einer Kanüle oder einem Trokar. Nach dieser Kommentierung stelle das Einbringen einer Kanüle (Einstich) allein zum Zwecke der Applikation eines Arzneimittels eine Injektion, Infiltration oder Infusion und keine Punktion dar. Nach dem Kölner Kommentar zum EBM verstehe man unter der Punktion die über die reine Einstichsituation hinausgehende Entleerung von Flüssigkeitsansammlungen des Körpers. Daraus sei zu folgern, dass die GOP 02341 EBM hinsichtlich des Leistungsinhalts einer Punktion eng und restriktiv auszulegen sei und somit nicht auf intraartikuläre Injektionen auszudehnen sei. Die seitens des Klägers vertretene Auffassung, dass die Punktion II im Sinne der GOP 02341 EBM per definitionem nicht auf die Entleerung bzw. Entnahme von Flüssigkeiten aus dem Gewebe beschränkt sei, sondern ebenfalls die Einbringung von Medikamenten (durch Instillation, Injektion) beinhalte, finde keinerlei Grundlage in der maßgeblichen EBM-Bestimmung 02341 EBM bzw. im Anhang 1 zum EBM. Im Anhang 1 zum EBM werde klargestellt, dass intraartikuläre Injektionen als nicht gesondert berechnungsfähige Bestandteile gelten würden. Hieraus lasse sich schlussfolgern, dass intraartikuläre Injektionen neben den Grundpauschalen nicht gesondert berechnungsfähig seien und die Punktion eines Gelenkes nicht synonym mit intraartikulärer Injektion in ein Gelenk zu setzen sei, sondern davon abgrenzbar sei. Diese Auffassung werde auch durch die Historie des EBM bestätigt. In der Fassung des EBM vor 1996 sei die intraartikuläre Injektion (GNR 255) in Abschnitt C II angesiedelt gewesen, wohingegen die Punktionen der Gelenke hiervon getrennt in Abschnitt C III aufgeführt gewesen seien. Auch hieraus lasse sich schließen, dass der Ansatz der GOP 02341 EBM für die ausschließliche intraartikuläre Injektion nicht zulässig sei. Für ihre, der Beklagten, Auffassung, seien auch die Legenden der GOP 34235 EBM bzw. 34236 EBM heranzuziehen, da auch hier klar zwischen (intraartikulär injezierter) Kontrastmitteleinbringung und Gelenkpunktion unterschieden werde, jedoch beides explizit mit der Röntgenleistung abgegolten sei. Die GOÄ für privatärztliche Leistungen könne für die Beurteilung und Auslegung der hier streitgegenständlichen EBM-Ziffern keine Relevanz haben.

Mit Urteil vom 18.02.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, der Kläger habe die GOP 02341 EBM mehrheitlich unter inhaltlich falschen Voraussetzungen der Leistungserbringung abgerechnet. Unter einer Punktion verstehe man die Entleerung (evtl. krankhafter) Flüssigkeitsansammlungen aus Körperhöhlen, Blutgefäßen oder Organen zu therapeutischen Zwecken oder die Entleerung bzw. Entnahme von Flüssigkeiten oder Gewebe aus diagnostischen Gründen mit Hilfe einer Kanüle oder einem Trokar (vgl. Wezel/Liebold, Kommentar zum EBM-Ä zu Ziff. 02341). Die vom Kläger vorgenommene Interpretation der GOP 02341 EBM vermöge die Kammer demgegenüber nicht zu überzeugen. Erfolge das Einbringen einer Kanüle (Einstich) allein zum Zweck der Applikation eines Arzneimittels, so handele es sich um eine Injektion, Infiltration oder Infusion, nicht um eine Punktion (vgl. wiederum Wezel/Liebold, Kommentar zum EBM, Ziff. 02341). Bereits im Anhang zum EBM 1, Ziff. 1 werde ausgeführt, dass die intrakutane, subkutane, submuköse, subkonjunktivale oder intramuskuläre Injektion ein möglicher Bestandteil der Grundpauschalen des EBM, mithin der GOP 07210 bis 07212 EBM sei. Die Injektion sei demnach nur dann gesondert abrechenbar, wenn sie in einer der GOP - außerhalb der Grundpauschalen - definitiv ausgewiesen werde (vgl. Wezel/Liebold, Kommentar zum EBM, Allgemeine Bestimmungen I, Ziff. 1). Die Injektion sei in der Leistungslegende der GOP 02341 EBM jedoch nicht explizit erwähnt und damit weiterhin über die Grundpauschale als abgegolten zu sehen. Die Injektion sei auch nicht mit der Punktion gleichzusetzen. Dies ergebe sich aus den weiteren im Anhang aufgeführten Leistungen. Hier werde die "Punktion zu therapeutischen Zwecken" (gleich Punktion bei ausgeprägten Gelenkergüssen, um das Gelenk zu entlasten) explizit erwähnt und mitgeteilt, dass diese Leistung in den sonstigen GOP, nicht aber in den Grundpauschalen, enthalten sei. Hieraus sei zum einen zu schlussfolgern, dass das Regelungswerk des EBM zwischen Injektion und Punktion begrifflich differenziere und zum anderen, dass die Punktion zu therapeutischen Zwecken - im Gegensatz zur Injektion - der GOP 02341 EBM zuzuordnen sei. Die Legenden der GOP 34235 EBM und 34236 EBM differenzierten ebenfalls zwischen Punktion und Injektion. Auch die Historie der EBM bestätige diese Auffassung, wonach (intraartikuläre) Injektion und Punktion bis 1996 in getrennten Abschnitten geführt worden seien. Schließlich gehe auch aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen hervor, dass dieser ebenfalls sprachlich zwischen Punktion und Infiltration/Instillation unterscheide. Die vom Kläger angeführte Bezugnahme auf die GOÄ sei angesichts der oben beschriebenen Maßstäbe demgegenüber nicht zulässig. Insoweit bestehe auch keine Notwendigkeit eines Rückgriffs auf Regelungen anderer Normwerke, da bereits aus dem Wortlaut sowie mittels systematischer und historischer Auslegung der Wille des Bewertungsausschusses hinreichend deutlich zum Ausdruck komme. Demzufolge sei aus Sicht der fachkundig besetzten Kammer wesentlicher Leistungsinhalt der GOP 02341 EBM neben dem Punktionsvorgang (Einbringen einer Kanüle) vorrangig die Punktion im Sinne der Entnahme von Flüssigkeiten oder Gewebe zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken. Die bloße Instillation von Medikamenten in eine Körperhöhle genüge demgegenüber nicht. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs der GOP 02341 EBM habe der Kläger im Quartal 2/2008 lediglich in zwei Fällen (= sechs Ansätze) eine entsprechende Dokumentation vorgelegt, die Mengenangaben zum Punktat und die Beschaffenheit des Punktates beschrieben. In den anderen 18 Fällen (= 48 Ansätze) fänden sich lediglich Einträge zur Instillation von Prednisolon aus Xylonest bzw. Xylonest, mithin zur Einbringung von Diagnostika, was nach den oben beschriebenen Grundsätzen die GOP 02341 EBM nicht auszulösen vermöge. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal 2/2008 sei danach nicht zu beanstanden. Die Beklagte sei des Weiteren berechtigt gewesen, die Leistungen der GOP 02341 EBM in dem vorgenommenen Umfang auch in den Folgequartalen zu streichen. Die Richtigstellung setze immer voraus, dass die Kassenärztliche Vereinigung dem Antragsteller für jedes Quartal, für das sie das Honorar richtig stellen wolle, zumindest eine unrichtige Abrechnung in der Abrechnungs-Sammelerklärung nachweise. Für die korrigierten Quartale ab 3/2008 seien zwar selbst keine Behandlungsfälle aufgeführt, aus denen sich ein Fehlansatz des Klägers in den jeweiligen Honorarbescheiden ergebe. Die Beklagte habe aber - im Ergebnis zutreffend - auf die unwidersprochen gebliebene Tatsache abgestellt, dass auch in den Folgequartalen ab 3/2008 das Abrechnungsverhalten des Klägers sich vergleichbar dargestellt habe, insbesondere der Kläger seinen Abrechnungserklärungen weiterhin eine andere (falsche) Interpretation der streitgegenständlichen GOP zugrunde gelegt habe. Der Nachweis einer unrichtigen Abrechnung pro Quartal sei demnach geführt. Bei der Festsetzung der Höhe des sachlich-rechnerischen Richtigstellungsbetrags sei die Beklagte berechtigt, das dem Vertragsarzt zustehende Honorar zu schätzen. Bei der Schätzung bestehe kein der Gerichtskontrolle entzogener Beurteilungsspielraum. Da der Kläger auch in den Folgequartalen ab 3/2008 zugestanden habe, die GOP 02341 EBM als Punktion zur Einbringung von Medikamenten verstanden zu haben, könne nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte auf der Basis der Falschabrechnungen im Quartal 2/2008 davon ausgehe, dass in vergleichbarem Umfang auch in den übrigen streitigen Quartalen entsprechende Falschabrechnungen erfolgt seien und deshalb auf dieser Basis im Rahmen der vorzunehmenden Honorarschätzung dann das Honorar neu festgesetzt worden sei. Der Kläger habe auch nicht vorgetragen oder behauptet, dass sich sein Abrechnungsverhalten im Hinblick auf die Anzahl der fehlerhaft angesetzten GOP 02341 EBM in den Folgequartalen wesentlich anders dargestellt habe als im Quartal 2/2008. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen - nach Erlass des Richtigstellungsbescheids - auf die seiner Ansicht nach falschen Schätzungen hinzuweisen und entsprechende Unterlagen und Dokumentationen, die einen der Höhe nach abweichenden Ansatz der GOP 02341 EBM belegen würden, vorzulegen. Unabhängig vom Fehlen eines solchen Vortrags seien Anhaltspunkte für ein verändertes Abrechnungsverhalten nicht erkennbar. Im überprüften Quartal 2/2008 sei die GOP 02341 EBM 96 mal, in den Folgequartalen zwischen 46 und 118 mal angesetzt worden. Der pauschale Verweis auf die Gewährung eines Sicherheitsabschlags führe ebenfalls nicht weiter. Insoweit sei nicht auszuschließen, dass der von der Beklagten angesetzte prozentuale Kürzungsbetrag bereits zu Gunsten des Klägers ausgefallen sei. Schließlich bestehe auch kein offensichtliches Missverhältnis zwischen den im Quartal 2/2008 überprüften Ansätzen (54 mal) und den insgesamt im Quartal 2/2008 abgerechneten Ansätzen (96 mal). Die überprüften Ansätze seien für sich genommen zahlenmäßig ausreichend, um das getroffene Ergebnis zu stützen. Das ausgeübte Schätzungsermessen sei daher nicht zu beanstanden.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 03.03.2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 01.04.2014. Das SG setze die Einbringung einer Kanüle in ein Gelenk auf Basis der Regelungen der Allgemeinen Bestimmungen des EBM gleich mit jeglichen subkutanen, submukösen, intramuskulären Injektionen, die nach Anhang 1 des EBM Bestandteil der Grundpauschale sein könnten (aber nicht müssten!). Die intraartikuläre Injektion werde hier bezeichnender Weise gar nicht genannt. Es werde damit verkannt, dass eine Einbringung in ein Gelenk mit sonstigen Injektionen nicht vergleichbar sei. Diesen Sachverhalt habe der Kommentar von Wezel/Liebold deshalb erkennbar überhaupt nicht umfasst und er sei insoweit für die streitgegenständliche Frage nicht hilfreich. Denn die bei der Gelenkpunktion erforderliche Sterilisation und Prüfung der enthaltenen Flüssigkeitsmenge und deren Konsistenz sei zwingende Voraussetzung für eine fachgerechte nachfolgende Einbringung eines Medikaments. Der Arbeitsaufwand sei damit ungleich höher als z. B. bei der einfachen subkutanen Injektion im Oberarm. Hieraus rechtfertige sich der Ansatz der GOP 02341 EBM. Nach der Definition im Pschyrembel sei unter einer Punktion die Gewinnung diagnostischen Materials, die Injektion von diagnostischen oder therapeutischen relevanten Substanzen sowie die Entfernung pathologischer Flüssigkeitsansammlungen zu verstehen. Diese Definition finde sich in sämtlichen medizinischen Lexika einheitlich wieder. Unverständlich sei auch die Bezugnahme des SG auf weitere EBM-Ziffern, die angeblich die Differenzierung zwischen Injektion und Punktion belegten. Die GOP 34235 und 34236 EBM enthielten keinerlei Anhaltspunkte zu der verfahrensgegenständlichen Problematik. Die Hinweise auf die frühere Differenzierung zwischen intraartikulärer Injektion und Punktion im EBM belege gerade die Tatsache, dass durch den Wegfall der eigenständigen GOP für die intraartikuläre Injektion und die Schaffung der GOP 02341 EBM hierdurch der Mehraufwand der Einbringung einer Kanüle in ein Gelenk mit zwingend einhergehender Abklärung von Vorhandensein und Art der Flüssigkeitsansammlung ebenfalls mit abgedeckt werde. Des Weiteren seien die Ausführungen des SG zum Umfang der Nachweispflicht und des Schätzungsermessens der Beklagten unrichtig. Er, der Kläger, habe der Falschabrechnung von Anfang an widersprochen und immer wieder darauf hingewiesen, dass er bei allen punktierten Patienten eine Prüfung des Vorhandenseins und ggf. der Beschaffenheit des Punktates vorgenommen habe. Es wäre deshalb Aufgabe der Beklagten gewesen, die angeblichen Abrechnungsfehler nach Ausweitung der Prüfung auf weitere 14 Quartale anhand der Prüfung entsprechender weiterer Patientendokumentationen zu überprüfen. Für eine Beweislastumkehr sei kein Raum. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass es die Beklagte versäumt habe im Hinblick auf diese mangelhafte Nachweisführung einen Sicherheitsabschlag auf die Kürzungssumme zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.02.2014 aufzuheben und den Honorarbescheid der Beklagten vom 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.05.2013 insoweit aufzuheben, als darin der Ansatz der GOP 02341 EBM für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 prozentual berichtigt worden ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihm weiteres Honorar in Höhe von 12.260,67 EUR zu zahlen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie habe den Ansatz der GOP 02341 EBM in den streitgegenständlichen Quartalen zu Recht mit einer Quote von 89 % gestrichen, da der Kläger die Leistungslegende der GOP 02341 EBM nahezu generell falsch interpretiert bzw. ausgelegt habe. Die Leistungslegende der GOP 02314 EBM setze eine Punktion voraus. Unter einer Punktion sei die Entleerung von Flüssigkeitsansammlungen zu verstehen. Die seitens des Klägers nach wie vor vorgenommene Interpretation der GOP 02341 EBM vermöge dagegen nicht zu überzeugen. Erfolge das Einbringen einer Kanüle allein zum Zwecke der Applikation eines Arzneimittels, so handele es sich um eine Injektion, Infiltration oder Infusion, nicht um eine Punktion. Der Kläger verkenne, was die Bezeichnung "möglicher Bestandteil der Grundpauschalen" bedeute. Auszugehen sei von der Leistungslegende bspw. der GOP 07210 EBM, die in einen obligaten und in einen fakultativen Leistungsinhalt aufgeteilt sei. Im Anhang 1 zum EBM aufgeführte Leistungen wie die Injektion seien Bestandteil der Kategorie "fakultativer Leistungsinhalt", d. h. zum Ansatz der GOP 07210 EBM seien diese nicht zwingend erforderlich. Würden sie jedoch als fakultativer Leistungsinhalt der GOP 07210 EBM erbracht, seien diese Leistungen des Anhangs 1 nicht gesondert abrechenbar, sondern mit dem Ansatz der Grundpauschale abgegolten. Der Kläger irre weiter, wenn er behaupte, die intraartikuläre Injektion sei nicht im Anhang 1 aufgeführt. Diese sei ebenfalls im Anhang 1 mit derselben Maßgabe aufgeführt, dass sie als möglicher Bestandteil der Grundpauschale mit abgegolten sei, es sei denn, dass sie explizit in einer anderen GOP enthalten sei. Dies sei bei der GOP 02341 EBM nicht der Fall. Die Injektion sei auch nicht mit der Punktion gleichzusetzen. Dies ergebe sich aus den weiteren im Anhang 1 aufgeführten Leistungen. Hier werde die "Punktion zu therapeutischen Zwecken" (= Punktion bei ausgeprägten Gelenkergüsse, um das Gelenk zu entlasten) explizit erwähnt und mitgeteilt, dass diese Leistung in den sonstigen GOP, nicht aber in den Grundpauschalen enthalten sei. Hieraus sei zum einen abzuleiten, dass das Regelungswerk des EBM zwischen Injektion und Punktion begrifflich differenziere und zum anderen, dass die Punktion zu therapeutischen Zwecken - im Gegensatz zur Injektion - der GOP 02341 EBM zuzuordnen sei. Bzgl. der "Hochrechnung" der Fehlansätze in den Folgequartalen sei entscheidend, dass es sich vorliegend nicht nur um eine einmalige versehentliche Fehlinterpretation der Leistungslegende der GOP 02341 EBM handele, sondern der Kläger in allen streitgegenständlichen Quartalen grundsätzlich davon ausgegangen sei, dass auch das Einbringen einer Kanüle (Einstich) allein zum Zweck der Applikation eines Arzneimittels eine Punktion im Sinne der GOP 02341 EBM darstelle. Dadurch sei sie berechtigt, die Quote des Quartals 2/2008 hinsichtlich der Fehlansätze der GOP 02341 EBM auch auf die Folgequartale zu übertragen, zumal der Kläger dieser Hochrechnung nicht substantiiert entgegengetreten sei und bzgl. der GOP 02300 EBM die auf der Hochrechnung beruhende Kürzung akzeptiert habe. Die Übertragung des geprüften Quartals 2/2008 auf die Folgequartale ab 3/2008 sei auch nicht hinsichtlich der Ausübung des Schätzungsermessens zu beanstanden (Hervorhebungen, Unterstreichungen, Fettdruck etc. im jeweils im Original).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750,00 EUR) ist bei einem Kürzungsbetrag von 12.260,67 EUR überschritten.

Der Senat hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten entschieden, da es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.05.2013, mit dem die Honoraransprüche des Klägers für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 neu festgesetzt und 12.260,67 EUR zurückgefordert wurden. Soweit im angefochtenen Bescheid auch die Berichtigung der GOP 02300 EBM verfügt wurde, hat der Kläger den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht (mehr) angefochten, sodass er insofern bestandskräftig geworden ist (§ 77 SGG).

Die streitigen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Honorarbescheide für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 und die damit verbundene Festsetzung von Rückforderungen in Höhe von insgesamt 12.260,67 EUR bezüglich der GOP 02341 EBM sind nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist nicht begründet.

Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 BMV-Ä und § 34 EKV-Ä.

Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Einzelheiten der Plausibilitätsprüfung ergeben sich aus den "Richtlinien gemäß § 106a SGB V" (RL § 106a SGB V), die die Partner der Bundesmantelverträge, zuletzt geändert zum 01.07.2008 (Deutsches Ärzteblatt 2008, A 1925), auf Grundlage des § 106a Abs. 6 SGB V vereinbart haben. Nach § 5 Abs. 1 RL § 106a SGB V stellt die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten. Diese sind durch die Anwendung von Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, die es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung zugrunde liegt. Nach § 7 Abs. 1 RL § 106a SGB V werden Plausibilitätsprüfungen von der Kassenärztlichen Vereinigung als regelhafte Prüfungen (§ 7 Abs. 2 RL § 106a SGB V) durchgeführt, die sich auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 3 RL § 106 SGB V) erstreckt. Konkretisierend hierzu ist in der auf § 13 Abs. 1 RL §106a SGB V beruhenden Verfahrensordnung der Beklagten zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen festgelegt, dass die Plausibilität der Honorarabrechnung u.a. auf der Grundlage von Stichproben geprüft wird (§§ 4, 5 der Verfahrensordnung), wobei nach Anlage 1 Nr. 3 der Verfahrensordnung u.a. auch statistische Auffälligkeiten, insb. bei der Abrechnung von Leistungspositionen um 100% oberhalb des Schnitts der Arztgruppe überprüft werden. Erst wenn die Kassenärztliche Vereinigung aufgrund der Plausibilitätsprüfung allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis kommt, dass die Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind, führt die Kassenärztliche Vereinigung ein Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch (§ 5 Abs. 2 Satz 1 RL § 106a SGB V); die aufgrund einer Plausibilitätsprüfung festgestellten Abrechnungsfehler führen in vollem Umfang zur Abrechnungskorrektur (Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Dez. 2015, § 106a SGB V, Rn. 6).

Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzuzahlen ist. Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R -, m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen im Sinne des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) das allgemeine Sozialversicherungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -; auch Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 12/09 R -, beide in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von vier Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung "verbraucht" ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010, - B 6 KA 22/09 B -; Urteil vom 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -, alle in juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwürdiges Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheides aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Urteile des erkennenden Senats vom 29.08.2012, - L 5 KA 2439/10 -, n. v. und vom 16.03.2016 - L 5 KA 5268/12 -, in juris sowie BSG, Urteil vom 16.12.2015, - B 6 KA 39/15 R -, in juris).

Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die Kassenärztliche Vereinigung den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG; Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 76/04 R -, in juris).

Für die Frage, ob eine Honorarabrechnung unrichtig erstellt und abgegeben und der auf ihr beruhende Honorarbescheid deshalb ebenfalls unrichtig ist, hat die Erklärung des Vertragsarztes über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung der geltend gemachten Leistungen eine grundlegende Bedeutung. Die an sich für jede einzelne Leistungsabrechnung gebotene Erklärung des Arztes über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung dieser Leistung wird aufgrund der den Vertragsarzt bindenden Bestimmungen untergesetzlichen Rechts durch eine sog. Abrechnungs-Sammelerklärung ersetzt. Hierzu hat er mit jeder Quartalsabrechnung zu bestätigen, dass die abgerechneten Leistungen persönlich erbracht worden sind und dass die Abrechnung sachlich richtig ist (§ 45 Abs. 1 BMV-Ä). Die Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung ist eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des Vergütungsanspruchs. Mit ihr garantiert der Vertragsarzt, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Abrechnungen zutreffen. Diese Garantiefunktion ist gerade wegen der infolge des Sachleistungsprinzips im Vertragsarztrecht auseinander fallenden Beziehungen bei der Leistungserbringung und der Vergütung und den damit verbundenen Kontrolldefiziten unverzichtbar. Die Richtigkeit der Angaben in den Abrechnungen kann nur in engen Grenzen überprüft werden. Kontrollen sind mit erheblichem Aufwand und unsicheren Ergebnissen verbunden. Das System der Abrechnung beruht deshalb in weitem Maße auf dem Vertrauen, dass der Arzt die erbrachten Leistungen zutreffend abrechnet. Insoweit kommt der Abrechnungs-Sammelerklärung als Korrelat für das Recht des Arztes, allein aufgrund eigener Erklärungen über Inhalt und Umfang der von ihm erbrachten Leistungen einen Honoraranspruch zu erwerben, eine entscheidende Funktion bei der Überprüfung der Abrechnung zu. Aus dieser Funktion der Abrechnungs-Sammelerklärung als Voraussetzung der Vergütung der von dem Vertragsarzt abgerechneten Leistungen folgt zugleich, dass die Erklärung in den Fällen, in denen sie sich wegen abgerechneter, aber nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch erweist, ihre Garantiewirkung nicht mehr erfüllt, es sei denn, es läge lediglich ein Fall schlichten Versehens vor. Wenn die Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung entfällt und damit eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruches des Arztes fehlt, ist der auf der Honorarabrechnung des Vertragsarztes in Verbindung mit seiner Bestätigung der ordnungsgemäßen Abrechnung beruhende Honorarbescheid rechtswidrig. Die Kassenärztliche Vereinigung ist zumindest berechtigt, wenn nicht verpflichtet, den entsprechenden Honorarbescheid aufzuheben und das Honorar neu festzusetzen. Die Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes ist bereits dann unrichtig, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält. Damit entfällt für die Beklagte grundsätzlich die Verpflichtung, als Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Sie ist rechtlich nicht gehalten, in allen Behandlungsfällen, in denen sie unrichtige Abrechnungen vermutet, den Nachweis der Unrichtigkeit zu führen. Im Ergebnis liegt somit das Honorarrisiko auf Seiten des Vertragsarztes, der in seiner Honorarabrechnung unrichtige Angaben gemacht hat (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 -, Urteil des erkennenden Senats vom 13.11.2002 - L 5 KA 4454/00 -, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.06.2016 - L 11 KA 7/16 B ER -, alle in juris). Bei der Richtigstellung ist die Kassenärztliche Vereinigung berechtigt, das dem Vertragsarzt zustehende Honorar zu schätzen. Bei der Schätzung besteht kein der Gerichtskontrolle entzogener Beurteilungsspielraum. Sie gehört zu den Tatsachenfeststellungen. Das Gericht hat sie deshalb selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 -; Urteil des erkennenden Senats vom 13.11.2002 - L 5 KA 4454/00 -, beide in juris).

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben sind die angefochtenen Bescheide (Kürzungsbescheid vom 08.10.2012/Widerspruchsbescheid vom 02.05.2013) rechtmäßig. Die Abrechnung von Injektionen als Punktion war fehlerhaft (hierzu a). Die Beklagte hat deshalb in nicht zu beanstandender Weise die Honorarbescheide für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 nachträglich berichtigt, (hierzu b). Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung ist ebenfalls nicht zu beanstanden (hierzu c).

a) Die Beteiligten streiten über die Auslegung der in Rede stehenden GOP 02341 EBM.

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der st. Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 16.12.2015, - B 6 KA 39/15 R -, Urteil vom 11.02.2015, - B 6 KA 15/14 R -; beide in juris) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - des Bewertungsausschusses gem. § 87 Abs. 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern Pauschalerstattungen vorsehen (so: BSG, Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 14/13 R -, m. w. N., in juris).

Über die Auslegung des von den zuständigen Gremien erlassenen Regelwerks für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Daher ist im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen grundsätzlich kein Raum für Sachverständigenvernehmungen (so jurisPK - SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 49 unter Bezugnahme u. a. auf die Rechtsprechung des BSG). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -; u. a. Frage, welche Leistungen mit der Pauschale nach GNR 3454 EBM a. F. [bis 31.03.2005] - Grundpauschale für Ärzte für Laboratoriumsmedizin - abgegolten sind, dem Beweis durch Sachverständige nicht zugänglich; alle Entscheidungen in juris).

Der Normgeber des EBM hat bei der Abfassung der Vergütungstatbestände im Übrigen eine weite Gestaltungsfreiheit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.05.2008, - B 6 KA 9/07 R -, in juris). Er hat insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung. Unwirksam wäre eine Regelung nur dann, wenn sie nicht sachgerecht wäre. Ob dies der Fall ist, ist nach rechtlichen Kriterien zu beurteilen. Einwendungen aus medizinischer Sicht sind grundsätzlich unerheblich (jurisPK - SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 96 m. N.).

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben hat das SG ausführlich und umfassend dargelegt, dass ein Einstich allein zum Zweck der Applikation eines Arzneimittels eine Injektion, Infiltration oder Infusion darstellt und unter einer Punktion demgegenüber die Entleerung (evtl. krankhafter) Flüssigkeitsansammlungen aus Körperhöhlen, Blutgefäßen oder Organen zu therapeutischen Zwecken oder die Entleerung bzw. Entnahme von Flüssigkeiten oder Gewebe aus diagnostischen Gründen mithilfe einer Kanüle oder einem Trokar zu verstehen ist. Dem schließt sich der fachkundig besetzte Senat an. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat sein Urteil in nicht zu beanstandender Weise mit der Kommentierung in Wezel-Liebold und mit der Anführung der Injektion im Anhang zur EBM 1, Ziffer 1 als möglichen Bestandteil der Grundpauschalen des EBM und den weiteren im Anhang aufgeführten Leistungen begründet. Ergänzend hat es auf die Legenden der GOP 34235 EBM und 34236 EBM sowie die Historie der EBM Bezug genommen.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist lediglich zur Ergänzung noch Folgendes anzuführen:

Die Injektion intraartikulär, intrakutan, subkutan, submukös, subkonjunktival oder intramuskulär ist nach Anhang 1 des EBM ein möglicher Bestandteil der Grundpauschalen. Dies bedeutet, dass die genannten Injektionen mit den chirurgischen Grundpauschalen nach 07210 EBM (für Versicherte bis zum vollendeten 5. Lebensjahr), 07211 EBM (für Versicherte ab Beginn des 6. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr) und 07212 EBM (für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahres) bereits abgegolten sind. Dies gilt auch dann wenn vor der Applikation des Arzneimittels mithilfe der Kanüle eine Aspiration erfolgt. Diese Aspiration ist Bestandteil der Injektion. Die Abrechnung der Grundpauschalen GOP 07210 - 07212 EBM setzt nicht voraus, dass stets eine Injektion erfolgt; für den Fall, dass eine intraartikuläre, intrakutane, subkutane, submuköse, subkonjunktivale oder intramuskuläre Injektion erfolgt, ist diese jedoch Bestandteil der Grundpauschale. Dies gilt nach dem Anhang 1 explizit auch für die intraartikuläre Injektion ("in die Gelenkhöhle hinein" oder "innerhalb der Gelenkkapsel eines Gelenks befindlich"). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Injektion explizit in der GOP 02341 EBM genannt werden würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Genannt wird nur die Punktion. Es findet insoweit im Anhang 1 zum EBM auch eine Differenzierung zwischen Injektion und Punktion statt. Zum einen werden die oben aufgezählten Injektionen als möglicher Bestandteil der Grundpauschale und zum anderen Punktionen zu therapeutischen Zwecken angeführt, wobei letztere nicht möglicher Bestandteil der Grundpauschale sind. Daran, dass es sich bei der bloßen Verabreichung eines Medikaments mithilfe einer Spritze "nur" um eine Injektion und nicht um eine Punktion handelt, besteht für den sachkundig besetzten Senat auch kein Zweifel. Eine Punktion im Sinne der GOP 02341 EBM setzt die Entnahme von Körperflüssigkeiten voraus. Darauf, ob die Injektionen medizinisch und vom Aufwand her einer Punktion vergleichbar sind, kommt es nicht an. Wie eine Injektion in der GOÄ oder der UV-GOÄ abgerechnet wird, ist für die Auslegung des vergütungsrechtlichen Regelwerks ebenfalls nicht maßgeblich.

Davon ausgehend kann die GOP 02341 EBM nur abgerechnet werden, wenn tatsächlich Körperflüssigkeiten oder Gewebe entnommen wurden. Nur dies stellt eine Punktion dar. Der Leistungsinhalt der genannten GOP ist hingegen nicht erfüllt, wenn ohne Punktion, d. h. Entnehmen eines Punktats, nur eine Injektion erfolgt. Ersteres war im Falle des Klägers im Quartal 2/2008 bei insgesamt 54 Ansätzen in 20 vorgelegten Patientendokumentationen nur in sechs Ansätzen in zwei Fällen der Fall. Dies entspricht einer Punktion in 11 % der Fälle.

b) aa) Damit war die Abrechnungs-Sammelerklärung bezüglich der Abrechnung im Quartal 2/2008 falsch; ihre Garantiefunktion ist damit entfallen. Dies hat zur Folge, dass der hierauf beruhende Honorarbescheid rechtswidrig ist. Es bedurfte nicht des Nachweises der Unrichtigkeit in allen Behandlungsfällen, in denen die Beklagte eine unrichtige Abrechnung vermutete. Die Beklagte war aufgrund der Rechtswidrigkeit berechtigt, den Honorarbescheid zu berichtigen. Insoweit erfolgte mit dem Bescheid vom 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 02.05.2013 keine Aufhebung des gesamten Honorarbescheids vom 15.10.2008. Zwar führte die Beklagte im Bescheid vom 08.10.2012 aus, sie hebe die Honorarbescheide für die Quartale 2/2008 bis 1/2012 auf und setze den Honoraranspruch neu fest. Tatsächlich erfolgte - was sich auch durch die Bezugnahme auf § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä ergibt, in denen nur die Berichtigung genannt ist - keine komplette Aufhebung der früheren Honorarbescheide, sondern nur eine Berichtigung/Reduzierung bzgl. der beanstandeten GOP. Dies wird auch aus der Aufstellung im Bescheid, in der der neue und der alte Honoraranspruch aufgeführt sind und letztlich nur eine Entscheidung hinsichtlich der Differenz (wegen der Berichtigung der GOP 02300 und 02351 EBM) erfolgte, deutlich. Verjährung bzw. der Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs war insoweit noch nicht eingetreten. Der Honorarbescheid für das Quartal 2/2008 datiert vom 15.10.2008. Der Rückforderungsbescheid vom 08.10.2012 erging damit vor Ablauf der vierjährigen Verjährungs-/Ausschlussfrist. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf Vertrauen berufen. Die Beklagte hatte den Honorarbescheid zuvor nicht bereits überprüft und vorbehaltlos bestätigt. Sie hatte den Kläger in der Vergangenheit auch nicht darin bestätigt, dass die von ihm vorgenommene Abrechnung der GOP 02341 EBM korrekt sei.

bb) Die Beklagte war darüber hinaus berechtigt, auch die Abrechnung in den Quartalen 3/2008 bis 1/2012 zu berichtigen. Auch insoweit war die Abrechnung falsch. Zwar setzt die nach den obigen Ausführungen vorzunehmende Richtigstellung grundsätzlich voraus, dass die Kassenärztliche Vereinigung dem Arzt für jedes Quartal, für das sie das Honorar richtigstellen will, zumindest eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachweist. Ein solcher Nachweis liegt für die Quartale 3/2008 bis 1/2012 nicht vor. Hier hat der Kläger jedoch ein grundsätzliches Verständnis von der Abrechnungsfähigkeit der GOP 02341 EBM auch bei einer bloßen Injektion ohne Gewinnung eines Punktats deutlich gemacht. Dies hat er auch in der Berufungsbegründung noch einmal wiederholt. Die Fälle sind auch in den Folgequartalen gleichgelagert und die Ansatzhäufigkeit in den Folgequartalen mit Ansätzen zwischen 46mal und 118mal weicht auch nicht gravierend von dem überprüften Quartal 2/2008, in dem der Kläger die GOP 96mal ansetzte, ab. Dies rechtfertigt es ausnahmsweise in diesem Einzelfall - ohne konkreten Nachweis einer Falschabrechnung in den einzelnen Quartalen - davon auszugehen, dass die Abrechnungs-Sammelerklärungen auch bezüglich der Quartale 3/2008 bis 1/2012 falsch waren. Die Vermutung der Unrichtigkeit gilt auch für die Folgequartale. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, es sei Aufgabe der Beklagten gewesen, die angeblichen Abrechnungsfehler auch in den Folgequartalen zu überprüfen. Das Honorarrisiko liegt in einem solchen Ausnahmefall auch für die Folgequartale auf Seiten des Vertragsarztes. Es wäre Sache des Klägers gewesen nachzuweisen, dass er in den Folgequartalen die GOP 02341 EBM nur in den Fällen angesetzt hat, in denen er tatsächlich ein Punktat gewonnen hat. In einer solchen Konstellation muss der Vertragsarzt, hier der Kläger, wie im allgemeinen Geschäftsverkehr seine Leistung bzw. die Erfüllung der GOP 02341 EBM im Einzelnen nachweisen. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. Von daher ist die Vorgehensweise der Beklagten nicht zu beanstanden, da offensichtlich eine grundsätzliche Verkennung der Leistungslegende der GOP 02341 vorliegt (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.02.2015 - L 11 KA 82/14 B ER -, mit der weiteren Einschränkung, dass die Beteiligten wegen der Gleichlagerung aller Fälle einvernehmlich auf die Besprechung weiterer Fälle verzichtet hatten; BayLSG, Urteil vom 11.03.2015 - L 12 KA 25/13 -; Sozialgericht Marburg, Urteil vom 02.12.2015 - S 12 KA 196/14 -, alle in juris).

Etwas anderes lässt sich auch nicht darauf stützen, dass der Kläger sich der Unrichtigkeit der von ihm durchgeführten Abrechnung nicht bewusst war. Die Rechtmäßigkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung setzt grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, in juris). Dies war hier nicht der Fall. Der Honorarbescheid für das Quartal 2/2008 (und auch bezüglich der Quartale bis 1/2012) wurde nur hinsichtlich der Abrechnung einer GOP in geringem Umfang reduziert (vgl. Aufstellung im Bescheid vom 08.10.2012 unter Angabe der Differenz für beide beanstandeten GOP).

c) Bei der Festsetzung der Höhe des sachlich-rechnerischen Richtigstellungsbetrags ist die Beklagte berechtigt, das dem Vertragsarzt zustehende Honorar zu schätzen. Die von der Beklagten angenommene und der Richtigstellung zugrundegelegte Ansatzhäufigkeit von 11 % bezüglich der GOP 02341 EBM im Quartal 2/2008 hält der Senat für sachgerecht. Hierfür spricht die Auswertung der 20 Patientendokumentationen, aus der sich ergab, dass der Kläger die GOP 02341 EBM 54mal angesetzt hatte und lediglich in 2 Fällen tatsächlich 6mal ein Gelenk punktiert hatte. Dies entspricht einer Ansatzhäufigkeit von 11 %. Diese Ansatzhäufigkeit ist bei allen 43 Patienten, bei denen die GOP 02341 EBM im Quartal 2/2008 96mal zum Ansatz kam, anzuwenden. Der Kläger hat dieses Abrechnungsverhalten generell und nicht nur mit Blick auf die 20 überprüften Dokumentationen aufgrund seines Verständnisses der GOP 02341 EBM an den Tag gelegt. Einer darüber hinausgehenden weiteren Prüfung bedurfte es angesichts der gleichgelagerten Fälle insoweit nicht. Anhaltspunkte für ein nachfolgend geändertes Abrechnungsverhalten liegen nicht vor. Dies trägt auch der Kläger nicht vor. Allein die Tatsache, dass der Kläger der Falschabrechnung von Anfang an widersprochen und auf seine Auslegung der GOP 02341 EBM hingewiesen hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Zusammenhang mit der Schätzung bedarf es auch keines zusätzlichen Sicherheitsabschlags. Da der Kläger sein Abrechnungsverhalten nicht verändert hat, ist diese Schätzung auch auf die Folgequartale zu übertragen

Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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