Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 2295/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2601/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1965 geborene Klägerin ist 1983 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland gezogen. Zuletzt war sie bis September 2012 als Küchenhilfe in einem Imbiss geringfügig, nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Im Versicherungsverlauf sind Pflichtbeitragszeiten für Arbeitslosengeld II zuletzt vom 25.02.2010 bis 30.09.2010 sowie im Zeitraum vom 01.12.2010 bis 31.12.2010 und der Bezug von Arbeitslosengeld II seit dem 01.01.2011 vermerkt.
Nachdem die Beklagte Anträge der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 15.12.2008, 13.06.2012 und vom 24.04.2013 abgelehnt hatte, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (Bescheid vom 05.01.2009, 18.06.2012 und vom 03.05.2013), beantragte die Klägerin am 23.07.2014 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Unter Berücksichtigung veranlasster Gutachten beim Facharzt für Orthopädie Dr. H. und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L., die in ihren Gutachten vom 29.09.2014 und 15.10.2014 zu dem Ergebnis gekommen waren, dass der Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung näher ausgeführter qualitativer Leistungseinschränkungen täglich noch sechs Stunden und mehr zumutbar seien, lehnte die Beklagten diesen Antrag mit Bescheid vom 03.11.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung) nicht erfülle, weil selbst bei einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Antragsdatums 23.07.2014 das Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 22.07.2014 nicht enthalte. Dies gelte auch unter Berücksichtigung von Zeiten, die den Zeitraum von fünf Jahren verlängern könnten. In dem genannten Zeitraum habe die Klägerin nur 12 Monate mit Pflichtbeiträgen.
Mit dem am 12.02.2014 eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass bis Dezember 2010 auch im Rahmen des Arbeitslosengeld II-Bezuges Beiträge abgeführt worden seien und die Zeiten des Arbeitslosengeld II-Bezugs seit Januar 2011 als Anrechnungszeiten zählten. Sie bat um Überprüfung, ob die Zeiten der Kindererziehung vollständig und richtig berücksichtigt worden und ob die Tätigkeiten im Rahmen eines Minijobs jeweils richtig und vollständig berücksichtigt seien. Sie leide darüber hinaus unter schwerwiegenden Einschränkungen und werde umfangreich behandelt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie hielt daran fest, dass die Klägerin unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr auszuüben. Ferner lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor, weil im maßgeblichen Zeitraum vom 01.06.2007 bis 22.07.2014 lediglich 12 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden seien.
Hiergegen hat der Ehemann der Klägerin als deren Bevollmächtigter am 20.04.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin Dr. K., bei den Fachärzten für Neurologie D ... G./B. sowie beim Facharzt für Orthopädie Dr. T ... Wegen der gemachten Angaben wird auf Blatt 16 ff., 20 und 22 ff. der SG Akten verwiesen. Das SG hat darüber hinaus den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 09.09.2015 erörtert (vgl. Niederschrift vom 09.09.2015, Bl. 42 ff. der SG-Akten).
Nach einem entsprechenden Hinweis hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin erfülle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die von ihr begehrten Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 16.09.2015 durch Einlegen des Schriftstückes in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt, nachdem die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung nicht möglich gewesen war (vgl. Zustellungsurkunde vom 16.09.2015, Bl. 55 der SG-Akten).
Am 07.07.2016 hat der Ehemann der Klägerin "für seine Ehefrau" zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 15.09.2015 eingelegt und eine Vollmacht der Klägerin vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. September 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Verfügung des Berichterstatters vom 12.09.2016 wurde der Vertreter der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung verfristet eingelegt wurde.
Unter dem 28.09.2016 teilte er mit, er sei nicht in der Lage gewesen, termingerecht zu reagieren, weil er selbst gesundheitlich sehr eingeschränkt gewesen sei. Hierauf wurde ihm vom Berichterstatter mitgeteilt, dass eine krankheitsbedingte Verhinderung, die Berufung fristgerecht einlegen zu können, weder plausibel dargelegt noch glaubhaft gemacht sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist.
Gemäß § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt ist.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bzw. Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufungsfrist gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist hier versäumt.
Die Berechnung der Berufungsfrist richtet sich nach § 64 SGG. Die Frist beginnt mit dem Tage nach der Zustellung (des Gerichtsbescheids) zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 2 SGG). Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).
Der angefochtene Gerichtsbescheid enthält eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung. Sowohl die Frist für die Berufung, die Form der Berufungseinlegung und die Stellen, bei denen die Berufung eingelegt werden kann, sind zutreffend benannt (§ 66 Abs. 1 SGG).
Der Gerichtsbescheid des SG vom 14.09.2015 ist dem Bevollmächtigten der Klägerin gemäß der Postzustellungsurkunde am 16.09.2015 zugestellt worden. Nach § 64 Abs. 2 SGG hat der Lauf der Berufungsfrist mit dem Tage nach der Zustellung, also am 17.09.2015, begonnen und mit Ablauf des 16.10.2015, einem Freitag, geendet. Die im Gerichtsbescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung ist vollständig und weist insbesondere auf die Monatsfrist des § 151 SGG hin.
Die Berufung ist indes erst am 07.07.2012 zur Niederschrift des Urkundsbeamten erhoben worden und daher verspätet eingelegt worden.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung der Wiedereinsetzung sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Unabhängig davon, dass ein Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin, der die Versäumung der Berufungsfrist bereits mit Verfügung vom 12.09.2016 mitgeteilt worden ist, ausdrücklich nicht gestellt wurde, waren die Klägerin und/oder ihr Bevollmächtigter jedenfalls nicht ohne Verschulden gehindert, die Berufungsfrist einzuhalten.
Die Berufungsfrist ist nur dann ohne Verschulden nicht eingehalten, wenn diejenige Sorgfalt angewandt wird, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist, so dass auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft Prozessführenden die Versäumnis der Verfahrensfrist nicht vermeidbar gewesen ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27.05.2008, B 2 U 5/07 R, in SozR 4-1500 § 67 Nr. 6 und in Juris, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Auflage § 67 Rdnr. 3 m.w.N.). Insoweit haben weder die Klägerin selbst noch ihr Bevollmächtigter Umstände substantiiert geltend gemacht, die eine unverschuldete Verhinderung der Einlegung des Rechtsmittels nur möglich erscheinen lassen könnten. Denn die bloße Behauptung einer Erkrankung des Bevollmächtigten reicht für sich genommen keinesfalls aus, eine unverschuldete Verhinderung zu belegen, da auch eine Erkrankung grundsätzlich nicht hindert, ein Rechtsmittel einzulegen, weil hierfür auch ein nur kurzes Schreiben ausreicht. Außerdem macht der Bevollmächtigte nicht gleichzeitig auch eine krankheitsbedingte Verhinderung der Klägerin selbst geltend, sodass auch diesbezüglich ein unverschuldetes Fristversäumnis nicht angenommen werden kann.
Aus den vorstehenden Gründen verwirft der Senat die Berufung als unzulässig. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1965 geborene Klägerin ist 1983 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland gezogen. Zuletzt war sie bis September 2012 als Küchenhilfe in einem Imbiss geringfügig, nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Im Versicherungsverlauf sind Pflichtbeitragszeiten für Arbeitslosengeld II zuletzt vom 25.02.2010 bis 30.09.2010 sowie im Zeitraum vom 01.12.2010 bis 31.12.2010 und der Bezug von Arbeitslosengeld II seit dem 01.01.2011 vermerkt.
Nachdem die Beklagte Anträge der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 15.12.2008, 13.06.2012 und vom 24.04.2013 abgelehnt hatte, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (Bescheid vom 05.01.2009, 18.06.2012 und vom 03.05.2013), beantragte die Klägerin am 23.07.2014 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Unter Berücksichtigung veranlasster Gutachten beim Facharzt für Orthopädie Dr. H. und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L., die in ihren Gutachten vom 29.09.2014 und 15.10.2014 zu dem Ergebnis gekommen waren, dass der Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung näher ausgeführter qualitativer Leistungseinschränkungen täglich noch sechs Stunden und mehr zumutbar seien, lehnte die Beklagten diesen Antrag mit Bescheid vom 03.11.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung) nicht erfülle, weil selbst bei einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Antragsdatums 23.07.2014 das Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 22.07.2014 nicht enthalte. Dies gelte auch unter Berücksichtigung von Zeiten, die den Zeitraum von fünf Jahren verlängern könnten. In dem genannten Zeitraum habe die Klägerin nur 12 Monate mit Pflichtbeiträgen.
Mit dem am 12.02.2014 eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass bis Dezember 2010 auch im Rahmen des Arbeitslosengeld II-Bezuges Beiträge abgeführt worden seien und die Zeiten des Arbeitslosengeld II-Bezugs seit Januar 2011 als Anrechnungszeiten zählten. Sie bat um Überprüfung, ob die Zeiten der Kindererziehung vollständig und richtig berücksichtigt worden und ob die Tätigkeiten im Rahmen eines Minijobs jeweils richtig und vollständig berücksichtigt seien. Sie leide darüber hinaus unter schwerwiegenden Einschränkungen und werde umfangreich behandelt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie hielt daran fest, dass die Klägerin unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr auszuüben. Ferner lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor, weil im maßgeblichen Zeitraum vom 01.06.2007 bis 22.07.2014 lediglich 12 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden seien.
Hiergegen hat der Ehemann der Klägerin als deren Bevollmächtigter am 20.04.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin Dr. K., bei den Fachärzten für Neurologie D ... G./B. sowie beim Facharzt für Orthopädie Dr. T ... Wegen der gemachten Angaben wird auf Blatt 16 ff., 20 und 22 ff. der SG Akten verwiesen. Das SG hat darüber hinaus den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 09.09.2015 erörtert (vgl. Niederschrift vom 09.09.2015, Bl. 42 ff. der SG-Akten).
Nach einem entsprechenden Hinweis hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin erfülle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die von ihr begehrten Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 16.09.2015 durch Einlegen des Schriftstückes in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt, nachdem die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung nicht möglich gewesen war (vgl. Zustellungsurkunde vom 16.09.2015, Bl. 55 der SG-Akten).
Am 07.07.2016 hat der Ehemann der Klägerin "für seine Ehefrau" zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 15.09.2015 eingelegt und eine Vollmacht der Klägerin vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. September 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Verfügung des Berichterstatters vom 12.09.2016 wurde der Vertreter der Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung verfristet eingelegt wurde.
Unter dem 28.09.2016 teilte er mit, er sei nicht in der Lage gewesen, termingerecht zu reagieren, weil er selbst gesundheitlich sehr eingeschränkt gewesen sei. Hierauf wurde ihm vom Berichterstatter mitgeteilt, dass eine krankheitsbedingte Verhinderung, die Berufung fristgerecht einlegen zu können, weder plausibel dargelegt noch glaubhaft gemacht sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist.
Gemäß § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt ist.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bzw. Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufungsfrist gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist hier versäumt.
Die Berechnung der Berufungsfrist richtet sich nach § 64 SGG. Die Frist beginnt mit dem Tage nach der Zustellung (des Gerichtsbescheids) zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 2 SGG). Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).
Der angefochtene Gerichtsbescheid enthält eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung. Sowohl die Frist für die Berufung, die Form der Berufungseinlegung und die Stellen, bei denen die Berufung eingelegt werden kann, sind zutreffend benannt (§ 66 Abs. 1 SGG).
Der Gerichtsbescheid des SG vom 14.09.2015 ist dem Bevollmächtigten der Klägerin gemäß der Postzustellungsurkunde am 16.09.2015 zugestellt worden. Nach § 64 Abs. 2 SGG hat der Lauf der Berufungsfrist mit dem Tage nach der Zustellung, also am 17.09.2015, begonnen und mit Ablauf des 16.10.2015, einem Freitag, geendet. Die im Gerichtsbescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung ist vollständig und weist insbesondere auf die Monatsfrist des § 151 SGG hin.
Die Berufung ist indes erst am 07.07.2012 zur Niederschrift des Urkundsbeamten erhoben worden und daher verspätet eingelegt worden.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung der Wiedereinsetzung sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Unabhängig davon, dass ein Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin, der die Versäumung der Berufungsfrist bereits mit Verfügung vom 12.09.2016 mitgeteilt worden ist, ausdrücklich nicht gestellt wurde, waren die Klägerin und/oder ihr Bevollmächtigter jedenfalls nicht ohne Verschulden gehindert, die Berufungsfrist einzuhalten.
Die Berufungsfrist ist nur dann ohne Verschulden nicht eingehalten, wenn diejenige Sorgfalt angewandt wird, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist, so dass auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft Prozessführenden die Versäumnis der Verfahrensfrist nicht vermeidbar gewesen ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27.05.2008, B 2 U 5/07 R, in SozR 4-1500 § 67 Nr. 6 und in Juris, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Auflage § 67 Rdnr. 3 m.w.N.). Insoweit haben weder die Klägerin selbst noch ihr Bevollmächtigter Umstände substantiiert geltend gemacht, die eine unverschuldete Verhinderung der Einlegung des Rechtsmittels nur möglich erscheinen lassen könnten. Denn die bloße Behauptung einer Erkrankung des Bevollmächtigten reicht für sich genommen keinesfalls aus, eine unverschuldete Verhinderung zu belegen, da auch eine Erkrankung grundsätzlich nicht hindert, ein Rechtsmittel einzulegen, weil hierfür auch ein nur kurzes Schreiben ausreicht. Außerdem macht der Bevollmächtigte nicht gleichzeitig auch eine krankheitsbedingte Verhinderung der Klägerin selbst geltend, sodass auch diesbezüglich ein unverschuldetes Fristversäumnis nicht angenommen werden kann.
Aus den vorstehenden Gründen verwirft der Senat die Berufung als unzulässig. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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