Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 2 U 138/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 218/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 253/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
BSG: Beschwerde (-)
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Oktober 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind fürs gesamte gerichtliche Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Neufestsetzung der ihm infolge eines Schulunfalls gewährten Verletztenrente nach einem höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV).
Der 1975 geborene Kläger erlitt im Beitrittsgebiet am 18. Februar 1991 als Schüler einer Berufsschule in W im Sportunterricht einen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten späterhin anerkannten Arbeitsunfall, bei welchem er sich eine vordere Kreuzbandruptur und einen medialen Hinterhornlängsriss im rechten Kniegelenk zuzog; es schloss sich ein langwieriger und komplizierter Behandlungsverlauf an. Mit Bescheid vom 25. Juli 1994 bewilligte die Rechtsvorgängerin der Beklagten wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Verletztenteilrente beginnend ab dem 20. August 1991 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zunächst 40 vom Hundert (v.H.) und zuletzt ab dem 18. Januar 1993 nach einer MdE von 20 v.H. Als JAV wurden für die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 40 v.H. der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Bezugsgröße Ost (7.392,00 DM) und für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres 60 v.H. der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Bezugsgröße Ost (11.088,00 DM) zugrunde gelegt.
Zwischenzeitlich legte der Kläger die Abschlussprüfung an der Berufsschule am 03. Juli 1991 mit der Note "gut bestanden" ab. Anschließend besuchte er die erweiterte Oberschule am Oberstufenzentrum in W und legte am 23. Juni 1993 die Abiturprüfung mit der Note 2,3 ab. Er durchlief ab August 1993 eine verkürzte Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel, welche er am 21. Juni 1995 erfolgreich abschloss. Anschließend wurde er zunächst von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen. Er wurde für das Wintersemester 1995/ 1996 zum Studiengang Rechtswissenschaft an der Universität P zugelassen und kündigte mit Wirkung zum 31. Oktober 1995 seinen Arbeitsvertrag beim Ausbildungsbetrieb. Er absolvierte am 18. Januar 2000 die erste juristische Staatsprüfung und nach zweijährigem Rechtsreferendariat am 09. Mai 2003 die zweite juristische Staatsprüfung. Am 15. Juli 2003 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen.
Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, seine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel am 21. Juni 1995 zu beenden, stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 28. August 1995 die Rente des Klägers unter Zugrundelegung eines JAV für einen 20-jährigen Kaufmann im Groß- und Außenhandel auf der Grundlage des § 573 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Zeit ab dem 21. Juni 1995 neu fest. Zugrunde gelegt wurde ein JAV von 32.150,00 DM für Juni 1995.
Mit Bescheid vom 05. November 2003 stellte die Beklagte fest, dass u.a. die Neufestsetzung seiner Rente zum 21. Juni 1995 zu Unrecht erfolgt sei, da die Vorschriften über die Neufestsetzung der JAVe §§ 573 und 575 RVO nach § 1152 RVO für Versicherungsfälle, die vor dem 01. Januar 1992 eingetreten seien, nicht anwendbar seien. Der JAV hätte von Beginn der Rente an mit 60 v.H. der Bezugsgröße Ost (11.088,00 DM) festgestellt werden müssen, für eine Neufeststellung zum Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung habe es keine Rechtsgrundlage gegeben, der rechtmäßige JAV betrage 13.684,42 EUR, der Kläger erhalte aber derzeit eine Rente aufgrund eines JAV von 20.545,41 EUR. Da u.a. der Verwaltungsakt vom 28. August 1995 wegen Fristablaufs nicht mehr zurückgenommen werden könne, werde aber für die Zeit ab dem 01. Juli 2004 solange von einer Rentenanpassung nach § 95 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) abgesehen, bis der JAV, der Grundlage für die Rentenberechnung sei, dem JAV nach den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Der Zahlbetrag der Rente werde demzufolge in Höhe der bisherigen Rente (228,28 EUR) "eingefroren". Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2006 zurück. Die hiergegen erhobene Klage, mit welcher der Kläger zudem zunächst auch die Neufestsetzung der Verletztenrente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts geltend machte, wies das Sozialgericht Potsdam (SG) mit Urteil vom 27. Februar 2008 ab. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hob im anschließenden Berufungsverfahren L 2 U 580/08 mit Urteil vom 16. Juni 2011 das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 05. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2006 auf. Es führte u.a. zur Begründung aus, die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 28. August 1995 ergebe sich aus § 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO i.V.m. § 12 Rentenangleichungsgesetz (RAG) und § 24 Abs. 3 der Rentenverordnung der ehemaligen DDR (Renten-VO). Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 28. November 2011 – B 2 U 237/11 B - als unzulässig.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2011 beantragte der Kläger (erneut) die Neufestsetzung der Rente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2012 ab. Sie führte zur Begründung aus, das LSG Berlin-Brandenburg habe in seinem Urteil vom 16. Juni 2011 die Neufeststellung des JAV mit Bescheid vom 28. August 1995 als rechtmäßig angesehen. Dieser Bescheid sei mithin bindend geworden. Eine Neufestsetzung des JAV nach dem Ende einer zweiten Ausbildung sehe § 573 Abs. 1 RVO nicht vor. Bei der damaligen Neufestsetzung des JAV sei der Beklagten nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der begonnenen Berufsausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel das Berufsziel Rechtsanwalt verfolgt habe. Es handele sich insofern auch nicht um eine sog. Stufenausbildung, bei der die Ausbildungsgänge aufeinander aufbauten, sondern um zwei eigenständige Berufsbilder. Der Kläger erhob am 23. Mai 2012 Widerspruch und führte zur Begründung aus, entgegen der Auffassung der Beklagten stehe das Urteil des LSG vom 16. Juni 2011 einer Neufestsetzung nicht entgegen. Bereits während des Abiturs habe er geplant, nach der Ausbildung zum Kaufmann das Studium der Rechtswissenschaft zu durchlaufen. Lediglich aus Vernunftgründen und auch auf Anraten seiner Eltern habe er vorher die Ausbildung absolviert. Er habe für die anwaltliche freiberufliche Tätigkeit auch wirtschaftliche Kenntnisse erlangen wollen. Deshalb habe er seine Ausbildung auch in verkürzter Zeit absolviert. Für die Kaufmannstätigkeit hätte er i.Ü. auch kein Abitur benötigt. Schließlich habe er seine juristische Ausbildung konsequent bis zum Ende verfolgt. Deshalb sei der gesamte Ausbildungsgang einschließlich des Studiums als einheitliche Berufsausbildung anzusehen. Auf Anforderung der Beklagten legte der Kläger mit Schreiben vom 11. September 2012 Schulzeugnisse vor (u.a. ein Zeugnis der Klasse 11a, 1. Halbjahr 1991/92) und trug nun vor, der Berufswunsch des Rechtsanwalts sei auch seiner damaligen Klassenlehrerin L bekannt gewesen, welche ihn von der neunten bis zu zwölften Klasse begleitet habe und dies bestätigen könne. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2012 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 11. Oktober 2012 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat weitergehend ausgeführt, angesichts des umfangreichen, langwierigen Jurastudiums eine abgeschlossene Berufsausbildung habe innehaben zu wollen, um ggf. für den Fall, dass das Studium nicht erfolgreich zu Ende gebracht worden wäre, zumindest eine abgeschlossene Ausbildung zu haben. Das SG hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2015 persönlich angehört. Dort hat er vorgetragen, den Schulunfall 1991 am OSZ in W erlitten zu haben. In der Schule sei Thema gewesen, was man beruflich so machen wolle, u.a. im Deutschunterricht. Er habe in P studieren wollen, wo damals nur Jura, Volkswirtschaftslehre, Lehramtsstudiengänge und Naturwissenschaften angeboten worden seien. Für ihn sei nur Jura in Betracht gekommen, was als Zukunftsfach gegolten habe. Es sei interessant gewesen. Im Deutschunterricht seien Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsverhandlungen nachgestellt worden. Dies habe sein Interesse geweckt. Dann habe es damals auch einen schweren Schulunfall gegeben, bei welchem der Sohn des Schuldirektors tödlich verunglückt sei, was strafrechtliche Ermittlungen nach sich gezogen habe und sein Interesse an Jura weiter angefacht habe. Dies alles sei so in der elften Klasse, jedenfalls noch vor der zwölften Klasse gewesen. In der zwölften Klasse habe er die Schule praktisch nicht besucht, weil er die ganze Zeit krankgeschrieben gewesen sei. Er habe damals Heimunterricht erhalten, u.a. von der Lehrerin L. Den Unfall habe er in der zwölften Klasse gehabt. Wegen der Fehlzeiten habe er ums Abitur kämpfen müssen. Er habe einen Abiturdurchschnitt von 2,7 gehabt. Er habe sich nach dem Abitur um einen Studienplatz für Jura in P bemüht. Von der ZVS habe er die Mitteilung erhalten, warten zu müssen. Nach Beratungen mit seiner Mutter und einem Berufsberater bei der Bundesagentur habe er dann zur Überbrückung eine Banklehre angestrebt, sei aber überall abgelehnt worden. Die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn sei knapp geworden, nachdem er sich unmittelbar nach dem Abitur gar nicht darum gekümmert habe, weil er ja ursprünglich gar keine Ausbildung habe durchlaufen, sondern studieren wollen. Kurzfristig habe sich dann die Möglichkeit zur verkürzten Ausbildung, die er schließlich durchlaufen habe, geboten.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 16. Oktober 2015 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2012 verurteilt, dem Kläger ab dem 15. Juli 2003 eine Verletztenrente auf der Grundlage des JAV eines Rechtsanwalts zu gewähren. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass nach den für das Begehren des Klägers zugrunde zu legenden Vorschriften aus § 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO i.V.m. § 12 RAG und § 24 Abs. 3 Renten-VO unter Einbeziehung der zu den im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften der § 573 Abs. 1 RVO und § 90 Abs. 1 SGB VII ergangenen Rechtsprechung in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen sei, dass er seinen Entschluss zum Studium der Rechtswissenschaften bereits während der elften Klasse, und zwar vor dem Arbeitsunfall gefasst habe, ohne ihn mit der nach dem Abitur durchlaufenen Berufsausbildung aufgegeben zu haben. Deshalb sei die Verletztenrente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts neu festzusetzen. Die Rechtskraft des Urteils des LSG vom 16. Juni 2011 stehe der Neuberechnung des JAV nicht entgegen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 01. Dezember 2015 zugestellte Urteil am 21. Dezember 2015 Berufung eingelegt und an ihrem bereits im Vorverfahren geäußerten rechtlichen Standpunkt festgehalten, dass bereits die Rechtskraft des Urteils des LSG vom 16. Juni 2011 der Neufestsetzung entgegen stehe und es an der erforderlichen einheitlichen Ausbildung fehle. Davon abgesehen sei gerade auch nach der persönlichen Anhörung des Klägers durchs SG nicht bewiesen, dass er bereits im Zeitpunkt des Unfalls den Berufswunsch des Rechtsanwalts gefasst gehabt habe. Das SG vernachlässige den Umstand, dass der Kläger unmissverständlich und eindeutig in der Widerspruchsbegründung vom 23. Mai 2012 vorgetragen habe, während des Abiturs geplant zu haben, nach der Ausbildung zum Kaufmann das Studium der Rechtswissenschaft zu durchlaufen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise weiteren Beweis durch Vernehmung etwa der Klassenlehrerin zu erheben.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er trägt im Berufungsverfahren u.a. ergänzend vor, zunächst eigentlich nur Interesse an der Juristerei gehabt zu haben. Den definitiven Berufsentschluss zum Rechtsanwalt habe er erst während des Referendariats gefasst.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2012 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, soweit die Beklagte die (rückwirkende) Neufestsetzung der Verletztenrente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts ablehnte. Der Kläger hat hierauf keinen Anspruch.
Die Voraussetzungen der einzig für das Begehren des Klägers in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil der Verwaltungsakt, dessen Rücknahme der Kläger gegenüber der Beklagten begehrt, nämlich der Bescheid vom 28. August 1995, nicht rechtswidrig ist; dies gilt insbesondere, soweit dort nicht der ggf. höhere JAV eines Rechtsanwalts zugrunde gelegt wird. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch auf Zugrundelegung eines höheren JAV unter Berücksichtigung seines abgeschlossenen Jurastudiums mit dem Berufsziel Rechtsanwalt. Die wiederum hierfür erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Der hier erkennende Senat verweist hierzu zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des LSG im bereits angesprochenen, zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 16. Juni 2011 – L 2 U 580/08 -, zitiert nach juris, welche er sich nach eigener Prüfung zu eigen macht; dort heißt es u.a.:
"Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 1995, mit welchem der Jahresarbeitsverdienst für die Zeit ab 21. Juni 1995 neu festgestellt worden ist, erweist sich aber im Ergebnis als rechtmäßig.
Allerdings war die von der Beklagten zugrunde gelegte Vorschrift des § 573 Abs. 1 RVO nicht anwendbar. Denn gemäß § 1152 Abs. 1 RVO galten u. a. die §§ 570 bis 578 RVO im Beitrittsgebiet lediglich für Arbeitsunfälle, die nach dem 31. Dezember 1991 ‚eingetreten sind‘. § 573 RVO war damit auf den am 18. Februar 1991 eingetretenen Schulunfall des Klägers von vornherein nicht anwendbar. Unmaßgeblich ist entgegen der Auffassung des Klägers, wann der Unfall gemeldet worden ist oder wann die Entschädigung für den Unfall festgesetzt worden ist. Hierauf kommt es nach dem klaren Wortlaut des § 1152 Abs. 1 RVO nicht an.
Auch die Argumentation des Klägers, dass § 1152 RVO nach § 1154 Abs. 3 Satz 2 RVO auf seinen Arbeitsunfall keine Anwendung fände, ist nicht nachvollziehbar. § 1154 Abs. 3 RVO bestimmt Folgendes:
‚Soweit für einen vor dem 01. Januar 1992 eingetretenen Arbeitsunfall aufgrund von § 4 der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 (GBl. I Nr. 22 S. 199) am 31. Dezember 1991 kein Anspruch auf eine Rente besteht, beginnt die Rente am 01. Januar 1992, sofern die Voraussetzungen des § 580 vorliegen. Abweichend von § 1152 Abs. 2 gelten für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes die §§ 570 bis 578. Hat der Träger der Unfallversicherung keine Kenntnis von dem Arbeitsunfall, wird die Rente auf Antrag gezahlt; wird der Antrag nach dem 31. Dezember 1993 gestellt, beginnt die Rente mit dem ersten des Antragsmonats.‘
Dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift ist ohne weiteres zu entnehmen, dass sich § 1154 Abs. 3 Satz 2 RVO allein auf die unter § 1154 Abs. 3 Satz 1 fallenden Arbeitsunfälle bezieht, zu denen der des Klägers nicht gehört, und dass nicht etwa hierdurch § 1152 Abs. 1 RVO für sämtliche Fälle abgeändert werden sollte. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch keineswegs aus der von ihm zitierten Kommentarstelle im Kasseler Kommentar (Ricke in KassKom, § 1154 RVO Rdnr. 11). Vielmehr ist hier ausdrücklich aufgeführt, dass Satz 2 bestimme, dass für ‚diese Fälle‘, also die zuvor in Satz 1 genannten Fälle, die JAV-Vorschriften uneingeschränkt gelten. Das Begehren des Klägers wird hierdurch in keiner Weise gestützt.
Allerdings ergibt sich die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 28. August 1995 zum 21. Juni 1995 vorgenommenen Anpassung des JAV zum Ausbildungsende aus § 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO in Verbindung mit § 12 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) in der Fassung vom 28. Juni 1990 und § 24 Abs. 3 Renten-VO.
§ 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO ist auf die vorliegend zu überprüfende Anpassung durch Bescheid vom 28. August 1995 anwendbar, denn die Vorschrift ist nach Art. 42 Abs. 1 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG in der Fassung vom 25. Juli 1991 BGBl. I. S. 1606, geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1991, BGBl. I 2207) zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten, weil die Vorschrift in Art. 42 Abs. 4 RÜG, die die bereits zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Vorschriften enthält, nicht genannt ist. Sie ist erst mit Inkrafttreten des SGB VII zum 1. Januar 1997 außer Kraft getreten und gilt daher für den hier fraglichen Zeitpunkt.
§ 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO schreibt für den Fall, dass der Rentenanspruch -wie hier- nach dem 30. Juni 1990 entstanden ist, vor, dass die Berechnungsgrundlage das Zwölffache der Berechnungsgrundlage nach § 12 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990 (RAnglG) beträgt. § 12 Abs. 1 RAnglG verweist in Satz 1 für die Festsetzung der Unfallrenten auf die Bestimmungen der Rentenverordnung. Damit wird für die Berechnung des JAV letztlich auch auf § 24 der Renten-VO der DDR verwiesen (so auch Thüringer Landessozialgericht, Urteile vom 04. Dezember 1997 –L 2 U 174/96 – und 31. Mai 2006 – L 1 U 179/05 – zitiert nach juris und Hasche/Knobloch, BG 2004, Seite 607 ff). Nach § 24 Abs. 1 Renten-VO war prinzipiell der beitragspflichtige monatliche Durchschnittsverdient maßgeblich, Abs. 3 sah für verunfallte Schüler eine Berechnung nach dem beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienst vor, der nach Beendigung der Ausbildung erzielt werden würde.
Die JAV-Anpassung zum Ausbildungsende ergibt sich schon aus dem aus der Sicht des Senats eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften. Weder § 1152 RVO noch dem § 12 RAnglG ist zu entnehmen, dass nicht auf alle für die Berechnung der Unfallrente einschlägigen Vorschriften der Renten-VO verwiesen werden sollte. So spricht § 12 RAnglG ausdrücklich von den Bestimmungen im Plural und nicht etwa nur von der Bestimmung des § 24 Abs. 1 Renten-VO, die den beitragspflichtigen durchschnittlichen Monatsverdienst in Bezug nimmt, den ein Schüler naturgemäß nicht haben kann.
Vor dem Hintergrund dieser für den Senat schon vom Wortlaut her eindeutigen Verweisung auch auf § 24 Abs. 3 Renten-VO der ehemaligen DDR erstaunt es nicht, dass in den Abs. 3-6 des § 1152 RVO, die Einzelheiten der JAV-Festsetzung in bestimmten Sonderfällen regeln, eine dem § 573 RVO vergleichbare Vorschrift fehlt. Eine solche Regelung war wegen des dargestellten Verweises schon in Abs. 2 Nr. 2 der Vorschrift enthalten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet zeigt die Systematik der Vorschrift keineswegs, dass Schüler, die im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 einen als Arbeitsunfall anzuerkennenden Schulunfall erlitten hatten, von einer JAV-Anpassung zum Ausbildungsende grundsätzlich ausgenommen werden sollten. Die Systematik der Vorschrift, die auch für einen Übergangszeitraum der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands Sonderfälle der JAV-Berechnung berücksichtigt hat, belegt bei dem hier aufgezeigten richtigen Verständnis des Abs. 2 Nr. 2 das Gegenteil.
Auch die Gesetzgebungsgeschichte enthält keinen Hinweis darauf, dass rentenberechtigte Schüler, die den Unfall vor dem 1. Januar 1992 erlitten hatten, auf Dauer ohne Berücksichtigung einer späteren Ausbildung an dem eher geringen JAV von 60 v.H. der Bezugsgröße-Ost festgehalten werden sollten. Dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Rentenüberleitungsgesetz (Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, Drucksache 12/405, gleichlautend Drucksache 12/630 Gesetzentwurf der Bundesregierung) ist dafür kein Anhaltspunkt zu entnehmen. Vielmehr ist dort auf Seite 116 unter II. Gesetzliche Unfallversicherung, c) ausgeführt:
‚Der der Unfallrente zugrunde liegende Arbeitsverdienst bzw. die Bemessung der Unfallfolgen werden grundsätzlich den entsprechenden Berechnungsgrundlagen nach der Reichsversicherungsordnung gleichgestellt (vgl. § 1152 Abs. 2 und § 1154 Abs. 1 Satz 1)‘.
Auf Seite 155 (a.a.O) ist zu § 1152 RVO wörtlich ausgeführt:
‚Der Jahresarbeitsverdienst als Berechnungsgrundlage für Geldleistungen bei Arbeitsunfällen vor dem 1. Januar 1992 richtet sich -vorbehaltlich der in den Abs. 2 bis 4 enthaltenen Besonderheiten- weiterhin nach dem bisher im Beitrittsgebiet geltenden Recht‘.
Zu dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht gehört aber auch § 24 Abs. 3 Renten-VO. Eine Ausnahme für Schüler ordnet § 1152 RVO gerade nicht an.
Auch der Sinn und Zweck solcher Regelungen, wie sie in § 24 Renten-VO, § 573 RVO und jetzt in § 90 SGB VII enthalten sind, sprechen gegen eine Auslegung von § 1152 RVO, die letztlich nur Schüler eines bestimmten Jahrgangs von der Rechtswohltat der Anpassung des JAV zum Ausbildungsende ausnehmen würde. Die genannten Regelungen tragen dem Umstand Rechnung, dass Schüler, die Unfallfolgen in rentenberechtigendem Grade erleiden, hierfür mangels Arbeitsentgeltes zur Zeit des Unfalls nicht die finanzielle Kompensation erhalten können wie berufstätige Versicherte, obwohl sie, wie die letztgenannten, die Unfallfolgen oft ihr ganzes Berufsleben zu tragen haben (vgl. Schmitt, SGB VII, 4. Auflage, § 90 Rdnr. 2; Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 3. Auflage, § 90 Rdnr. 1; Ricke, in KassKom, § 90 Rdnr. 2). Deshalb erscheint es geboten, den individualisierenden Aspekt der abstrakten Schadensberechnung, der in der Berücksichtigung des für jeden Versicherten nach seinem Arbeitsentgelt individuell zu berechnenden JAV seinen Ausdruck findet, im Falle verunfallter Schüler bezogen auf den Zeitpunkt des Endes der Ausbildung nachzuholen. Dieser richtige Gedanke muss aber auch für die zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 31. Dezember 1991 verunfallten Schüler gelten. Jedenfalls ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, diesen Jahrgang von der Vergünstigung auszunehmen.
Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch verfassungsrechtliche Erwägungen zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz –GG-) gestützt "
Der Senat folgt hiervon ausgehend zwar im Übrigen auch im Ansatz der Auffassung des SG im angefochtenen Urteil, dass für die Frage, welches Ausbildungsziel für die Zugrundelegung des JAV zugrunde zu legen ist, auf die zu § 573 Abs. 1 RVO und § 90 Abs. 1 SGB VII entwickelten Maßstäbe zurückzugreifen ist. So wird nach § 573 Abs. 1 RVO ähnlich wie bei § 24 Abs. 3 Renten-VO, wenn sich der Verletzte zurzeit des Arbeitsunfalls noch in einer Schul- oder Berufsausbildung befand, wenn es für den Berechtigten günstiger ist, der JAV für die Zeit nach der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung neuberechnet (Satz 1). Der neuen Berechnung ist das Entgelt zugrunde zu legen, welches in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzt oder sonst ortsüblich ist (Satz 2). § 573 Abs. 1 RVO liegt der Gedanke zugrunde, dass die zur Zeit des Arbeitsunfalls in einer Schul- oder Berufsausbildung Stehenden vom Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung hinsichtlich der Berechnung des JAV so zu stellen sind, als ob sie den Unfall erst in diesem Zeitpunkt erlitten hätten.
Dies zugrunde gelegt erweist sich die Festsetzung der Verletztenrente mit Bescheid vom 28. August 1995 nach dem JAV eines Groß- und Außenhandelskaufmanns jedoch – anders, als es das SG angenommen hat - als rechtmäßig. Dem Begehren des Klägers nach einer Neufestsetzung der Verletztenrente nach dem JAV eines Rechtsanwalts steht nach dem zuvor Gesagten zwar nicht von vornherein entgegen, dass er nach dem Abitur nicht sogleich das Jurastudium begann, sondern zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann durchlief, jedoch, dass nicht bewiesen ist, dass der Entschluss zur Ergreifung des Rechtsanwaltsberufs bereits im Unfallzeitpunkt gefasst war.
Mit der Möglichkeit, bei Eintritt des Versicherungsfalls während einer Schul- oder Berufsausbildung die Bemessungsgrundlage anzuheben, weicht das Gesetz für einen Sonderfall von dem die Unfallversicherung beherrschenden Grundsatz ab, dass die Verdienstverhältnisse vor dem Arbeitsunfall für alle Zukunft die maßgebende Grundlage der Geldleistungen bleiben und spätere Erwerbsaussichten bei der Feststellung des JAV nicht zu berücksichtigen sind. Einzig Personen, die bereits während der Zeit der Ausbildung für einen späteren Beruf einen Arbeitsunfall erleiden und deshalb im Jahre vor dem Unfall regelmäßig noch kein Arbeitsentgelt, sondern allenfalls eine geringe Ausbildungsvergütung erhalten haben, sollen zur Vermeidung von Härten geschützt und so gestellt werden, als hätten sie den Unfall nach der voraussichtlichen Beendigung der Berufsausbildung erlitten. Eine solche genau umschriebene Ausnahmeregelung kann nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auf andere, vermeintlich ähnlich liegende Sachverhalte erstreckt werden (vgl. auch Senatsrechtsprechung, etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01. November 2010 – L 3 U 59/10 –, zitiert nach juris Rn. 35). Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 573 RVO ist ein eigenständiger Begriff, bei dem die Abgrenzung einer beruflichen Bildungsmaßnahme nicht einheitlich für alle Rechtsgebiete erfolgen kann. Vielmehr ist entscheidend, auf den jeweiligen Sinn des Gesetzes abzustellen. Es kann daher nicht ohne Weiteres auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung einerseits und Fortbildung andererseits zurückgegriffen werden, wie sie zu anderen sozialversicherungsrechtlichen Normen z.B. aus dem Arbeitsförderungsrecht vorgenommen wird. Im Arbeitsförderungsrecht ist eine Ausbildung in Abgrenzung zur Fortbildung oder Umschulung nur die erste zu einem beruflichen Abschluss führende Bildungsmaßnahme. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO ist hingegen, welcher mögliche Abschluss mit der zur Zeit des Unfalls begonnenen Ausbildung angestrebt wird. Dies bedeutet nicht notwendig nur eine Grundausbildung. Während es im Arbeitsförderungsrecht darum geht, ob und ggf. in welchem Umfang zeitlich begrenzte berufliche Bildungsmaßnahmen gefördert werden, kommt es im Unfallversicherungsrecht für die Entschädigung der Folgen eines Arbeitsunfalles darauf an, auf der Grundlage von welchem JAV die Verletztenrente eines Versicherten, der einen Arbeitsunfall noch während der Schul- oder Berufsausbildung erleidet, für die Zukunft zu berechnen ist. Die Berufsausbildung im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO ist somit nicht zwingend bereits mit dem Erwerb eines ersten beruflichen Abschlusses beendet. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 573 Abs. 1 RVO ist, welches Berufsziel der Verletzte zum Zeitpunkt des Unfalls angestrebt hat (BSG, Urteil vom 15. August 1993 – 2 RU 24/02 –, zitiert nach juris Rn. 17 f.) und dass er dieses Ziel auch nach Abschluss einer ggf. vorgehenden Lehre umgehend weiterverfolgt hat. Hierbei kann die Neuberechnung der Verletztenrente auf der Grundlage des JAV etwa eines Diplom-Ingenieurs nicht schon allein mit der Begründung abgelehnt werden, der Versicherte habe mit der vorangegangenen Gesellenprüfung etwa als Zimmermann bereits einen beruflichen Abschluss erworben, wenn der Versicherte diesen Abschluss als Berufsziel nie angestrebt, sondern einzig und allein die Ausbildung etwa zu einem Bauingenieur angestrebt hat. Von einer einheitlichen Ausbildung ist dabei nicht nur im Fall einer Stufenausbildung auszugehen, bei der der erfolgreiche Abschluss einer Stufe Zugangsvoraussetzung für die Zulassung zur weiteren Ausbildungsstufe ist. Ausreichend ist vielmehr, wenn eine Ausbildung in eine darauf aufbauende Ausbildung einmündet, wie es von vornherein auch geplant war und objektiv sinnvoll ist (BSG, a.a.O., Rn. 20; vgl. auch Senatsrechtsprechung, etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08. Mai 2014 – L 3 U 19/12 –, zitiert nach juris Rn. 23).
Dies zugrunde gelegt sperrt nicht allein schon eine nach dem Vorbringen des Klägers quasi zwischengeschaltete Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann von vornherein eine Neuberechnung der Verletztenrente nach dem JAV eines Rechtsanwalts, wenn das Jurastudium, wie dies im Fall des Klägers unterstellt werden mag, darauf aufbauendes Fernziel war. Jedoch steht bereits nicht im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu fordernden Maße eines Vollbeweises zur Überzeugung des Senats fest, dass vom Kläger im Zeitpunkt seines Schulunfalls am 18. Februar 1991 ein auf seine spätere Kaufmannsausbildung aufbauendes Jurastudium mit anschließendem Rechtsreferendariat und folgender Rechtsanwaltszulassung geplant gewesen war. Dies lässt sich bereits dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Weil es bzgl. der Frage, welches Berufsziel im Unfallzeitpunkt konkret angestrebt war, um subjektive, in der Person des Klägers liegende innere Umstände geht, ist den Angaben des Klägers ein überragendes Gewicht beizumessen. Zwar hat er im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. Oktober 2015 in der Tat für sich betrachtet nachvollziehbar vorgetragen, den Schulunfall 1991 am OSZ in Werder erlitten zu haben. Eine klare zeitliche Zuordnung des erwachsenden Berufswunschs des Rechtsanwalts zum Zeitpunkt des Unfalls ergibt sich jedoch schon hieraus nicht. Aus dem protokollierten Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2015 folgt allein, dass er gegen Ende seiner Schullaufbahn hin ein Jurastudium in Erwägung zog, und er bietet hierfür plausible Gründe auf: wohnortnahes Studienangebot in Potsdam, Zukunftsfach, Anlässe aus dem persönlichen (Schul-) Umfeld. Wann aber nun der Berufswunsch endgültig gereift war, bleibt bereits nach diesen Angaben offen. Im Widerspruchsverfahren hatte der Kläger noch vortragen lassen (vgl. Widerspruchsschreiben vom 23. Mai 2012), dass der Berufswunsch während des Abiturs gereift sei, also in der Zeit nach dem Unfall. Allein dies stellt seine Behauptung in Frage, der Berufswunsch habe bereits im Unfallzeitpunkt vorgelegen. Diese Behauptung lässt sich auch nicht mit seinem Vorbringen im ausgangsgerichtlichen Verfahren in Deckung bringen, wonach der Unfall in der zwölften Klasse passiert sei, was tatsächlich nicht zutrifft; der Unfall ereignete sich in der zehnten Klasse. Dies ergibt sich allein schon aus den vorgelegten Zeugnissen der Klasse 11a über das Schuljahr 1991/ 1992, also über das dem Unfall vom 18. Februar 1991 nachfolgende Schuljahr. Soweit er in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2015 ferner angegeben hat, dass der Berufswunsch in der elften Klasse feststand, ist mithin auch dies genau genommen nur ein Zeitpunkt nach dem Unfall. Zwar behauptet der Kläger in diesem Zusammenhang, das Interesse an Jura sei bereits vor der zwölften Klasse geweckt worden, jedoch reicht dies für den Schluss, damit habe der Berufswunsch bereits im Unfallzeitpunkt festgestanden, bei weitem noch nicht aus. Vielmehr offenbart sich anhand dieses Gesamtvorbringens, dass er über die zeitlichen Abläufe – angesichts des lang zurückliegenden Zeitraums auch verständlich – selbst nicht mehr schlüssig im Bilde gewesen ist, also gar nicht gewusst hat, wann genau nun der Berufswunsch des Rechtsanwalts feststand. Fraglich bei alldem erscheint indes auch, warum der Kläger nicht anlässlich der Festsetzung des JAV mit Bescheid vom 20. August 1995 nach dem Einkommen als Kaufmann bereits Einwendungen erhob, auch wenn er von der Beklagten nicht entsprechend beraten worden war, wo er doch – eigener Behauptung zufolge – den definitiven Entschluss zum Studium bereits gefasst gehabt haben wollte. Es tun sich zudem weitere Widersprüche auf. Im Widerspruchsverfahren – vgl. nochmals Schriftsatz vom 23. Mai 2012 – hatte er noch vorgetragen, lediglich aus Vernunftgründen und auch auf Anraten seiner Eltern vorher die Ausbildung absolviert zu haben; er habe für die anwaltliche freiberufliche Tätigkeit auch wirtschaftliche Kenntnisse erlangen wollen. Demgegenüber hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben, dass er die Ausbildung letztlich im Wesentlichen zur Überbrückung der Wartezeit bis zur Erlangung eines Studienplatzes, quasi als Verlegenheitslösung, wenngleich dann mit Billigung und Zureden seiner Mutter aus Vernunftgründen durchlief. Schließlich setzt der Kläger sich zu seiner eigenen Behauptung mit dem weiteren Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vom 15. September 2016 in Widerspruch, indem er dort einräumt, den Entschluss, Rechtsanwalt zu werden, eigentlich erst während des Referendariats gefasst zu haben.
Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat auch eingedenk der ihm aus § 103 SGG obliegenden Untersuchungsmaxime zur Durchführung einer Beweisaufnahme etwa durch Vernehmung von Zeugen nicht gedrängt, zumal der Kläger einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt hat. Es fehlt bereits – wie gezeigt - an einem in sich widerspruchsfreien, schlüssigen Vorbringen des Klägers selbst, ohne welches weitere Ermittlungen als - auch unter der im Sozialgerichtsverfahren geltenden Untersuchungsmaxime - nicht gebotener Ausforschungsbeweis erschienen (vgl. BSG, Beschluss vom 19. November 2009 – B 13 R 303/09 B –, zitiert nach juris Rn. 11 f.). Der Kläger behauptet (oder lässt behaupten), der Berufswunsch habe bereits im Unfallzeitpunkt festgestanden, trägt hierzu jedoch Tatsachen vor, welche diese Behauptung nicht nur nicht stützen, sondern ihr widersprechen. Ein Zeugenbeweis würde demnach lediglich dem Zweck dienen, das klägerische Vorbringen schlüssig zu machen. Dies geht nicht an. Von vornherein nicht erforderlich ist nämlich eine Sachaufklärung, die nicht dem Beweis vorgetragener Tatsachen zu dienen bestimmt ist, sondern stattdessen die Ausforschung von Tatsachen zum Inhalt hat (vgl. BSG, ebd.; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10. Februar 2009 – 1 BvR 1232/07 –, zitiert nach juris Rn. 26).
Nach alledem kann dahinstehen, ob eine Neuberechnung des JAV überhaupt durch das Urteil des LSG vom 16. Juni 2011 gesperrt wäre. Dagegen spricht indes, dass zum Einen grundsätzlich nur der Tenor eines Urteils in Rechtskraft erwächst und selbst dann, wenn die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 20. August 1995 bindend festgestellt worden wäre, dies eine Überprüfung nach § 44 SGB X gerade nicht von vornherein sperrt. Zum anderen stellt sich bei dem vorliegenden Ergebnis auch nicht die Frage, ob § 24 Abs. 3 Renten-VO – wie etwa § 573 RVO – nur die erstmalige Neufestsetzung zulässt, wenn gerade diese Gegenstand der Überprüfung nach § 44 SGB X ist.
Dem von der Beklagten gestellten Hilfsantrag ist nicht nachzugehen, weil die innerprozessuale Bedingung, unter welchem er gestellt worden ist, mit der Stattgabe der Berufung nicht eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Auch hierfür kann sich auf die Ausführungen des LSG im Urteil vom 16. Juni 2011 bezogen werden; dort wird ausgeführt:
"Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Mit Beschluss vom 2. Dezember 1998 (B 2 U 256/98 B) hat das BSG zu § 1152 Abs. 2 RVO bereits ausgeführt, dass eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht angenommen werden kann, wenn dieser außer Kraft getretene Rechtsnormen oder Übergangsvorschriften zu Grunde liegen. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn eine erhebliche Anzahl gleich gelagerter Fälle der Entscheidung harrt. Der Vertreter der Beklagten hat in der Sitzung von etwa vier abgeschlossenen Widerspruchsverfahren zur gleichen rechtlichen Thematik berichtet. Dies vermag eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu rechtfertigen, zumal der Verweis auf § 24 Renten-VO mindestens seit 1997 Thema der Rechtsprechung war."
Kosten sind fürs gesamte gerichtliche Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Neufestsetzung der ihm infolge eines Schulunfalls gewährten Verletztenrente nach einem höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV).
Der 1975 geborene Kläger erlitt im Beitrittsgebiet am 18. Februar 1991 als Schüler einer Berufsschule in W im Sportunterricht einen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten späterhin anerkannten Arbeitsunfall, bei welchem er sich eine vordere Kreuzbandruptur und einen medialen Hinterhornlängsriss im rechten Kniegelenk zuzog; es schloss sich ein langwieriger und komplizierter Behandlungsverlauf an. Mit Bescheid vom 25. Juli 1994 bewilligte die Rechtsvorgängerin der Beklagten wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Verletztenteilrente beginnend ab dem 20. August 1991 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zunächst 40 vom Hundert (v.H.) und zuletzt ab dem 18. Januar 1993 nach einer MdE von 20 v.H. Als JAV wurden für die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 40 v.H. der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Bezugsgröße Ost (7.392,00 DM) und für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres 60 v.H. der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Bezugsgröße Ost (11.088,00 DM) zugrunde gelegt.
Zwischenzeitlich legte der Kläger die Abschlussprüfung an der Berufsschule am 03. Juli 1991 mit der Note "gut bestanden" ab. Anschließend besuchte er die erweiterte Oberschule am Oberstufenzentrum in W und legte am 23. Juni 1993 die Abiturprüfung mit der Note 2,3 ab. Er durchlief ab August 1993 eine verkürzte Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel, welche er am 21. Juni 1995 erfolgreich abschloss. Anschließend wurde er zunächst von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen. Er wurde für das Wintersemester 1995/ 1996 zum Studiengang Rechtswissenschaft an der Universität P zugelassen und kündigte mit Wirkung zum 31. Oktober 1995 seinen Arbeitsvertrag beim Ausbildungsbetrieb. Er absolvierte am 18. Januar 2000 die erste juristische Staatsprüfung und nach zweijährigem Rechtsreferendariat am 09. Mai 2003 die zweite juristische Staatsprüfung. Am 15. Juli 2003 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen.
Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, seine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel am 21. Juni 1995 zu beenden, stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 28. August 1995 die Rente des Klägers unter Zugrundelegung eines JAV für einen 20-jährigen Kaufmann im Groß- und Außenhandel auf der Grundlage des § 573 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Zeit ab dem 21. Juni 1995 neu fest. Zugrunde gelegt wurde ein JAV von 32.150,00 DM für Juni 1995.
Mit Bescheid vom 05. November 2003 stellte die Beklagte fest, dass u.a. die Neufestsetzung seiner Rente zum 21. Juni 1995 zu Unrecht erfolgt sei, da die Vorschriften über die Neufestsetzung der JAVe §§ 573 und 575 RVO nach § 1152 RVO für Versicherungsfälle, die vor dem 01. Januar 1992 eingetreten seien, nicht anwendbar seien. Der JAV hätte von Beginn der Rente an mit 60 v.H. der Bezugsgröße Ost (11.088,00 DM) festgestellt werden müssen, für eine Neufeststellung zum Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung habe es keine Rechtsgrundlage gegeben, der rechtmäßige JAV betrage 13.684,42 EUR, der Kläger erhalte aber derzeit eine Rente aufgrund eines JAV von 20.545,41 EUR. Da u.a. der Verwaltungsakt vom 28. August 1995 wegen Fristablaufs nicht mehr zurückgenommen werden könne, werde aber für die Zeit ab dem 01. Juli 2004 solange von einer Rentenanpassung nach § 95 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) abgesehen, bis der JAV, der Grundlage für die Rentenberechnung sei, dem JAV nach den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Der Zahlbetrag der Rente werde demzufolge in Höhe der bisherigen Rente (228,28 EUR) "eingefroren". Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2006 zurück. Die hiergegen erhobene Klage, mit welcher der Kläger zudem zunächst auch die Neufestsetzung der Verletztenrente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts geltend machte, wies das Sozialgericht Potsdam (SG) mit Urteil vom 27. Februar 2008 ab. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hob im anschließenden Berufungsverfahren L 2 U 580/08 mit Urteil vom 16. Juni 2011 das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 05. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2006 auf. Es führte u.a. zur Begründung aus, die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 28. August 1995 ergebe sich aus § 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO i.V.m. § 12 Rentenangleichungsgesetz (RAG) und § 24 Abs. 3 der Rentenverordnung der ehemaligen DDR (Renten-VO). Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 28. November 2011 – B 2 U 237/11 B - als unzulässig.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2011 beantragte der Kläger (erneut) die Neufestsetzung der Rente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2012 ab. Sie führte zur Begründung aus, das LSG Berlin-Brandenburg habe in seinem Urteil vom 16. Juni 2011 die Neufeststellung des JAV mit Bescheid vom 28. August 1995 als rechtmäßig angesehen. Dieser Bescheid sei mithin bindend geworden. Eine Neufestsetzung des JAV nach dem Ende einer zweiten Ausbildung sehe § 573 Abs. 1 RVO nicht vor. Bei der damaligen Neufestsetzung des JAV sei der Beklagten nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der begonnenen Berufsausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel das Berufsziel Rechtsanwalt verfolgt habe. Es handele sich insofern auch nicht um eine sog. Stufenausbildung, bei der die Ausbildungsgänge aufeinander aufbauten, sondern um zwei eigenständige Berufsbilder. Der Kläger erhob am 23. Mai 2012 Widerspruch und führte zur Begründung aus, entgegen der Auffassung der Beklagten stehe das Urteil des LSG vom 16. Juni 2011 einer Neufestsetzung nicht entgegen. Bereits während des Abiturs habe er geplant, nach der Ausbildung zum Kaufmann das Studium der Rechtswissenschaft zu durchlaufen. Lediglich aus Vernunftgründen und auch auf Anraten seiner Eltern habe er vorher die Ausbildung absolviert. Er habe für die anwaltliche freiberufliche Tätigkeit auch wirtschaftliche Kenntnisse erlangen wollen. Deshalb habe er seine Ausbildung auch in verkürzter Zeit absolviert. Für die Kaufmannstätigkeit hätte er i.Ü. auch kein Abitur benötigt. Schließlich habe er seine juristische Ausbildung konsequent bis zum Ende verfolgt. Deshalb sei der gesamte Ausbildungsgang einschließlich des Studiums als einheitliche Berufsausbildung anzusehen. Auf Anforderung der Beklagten legte der Kläger mit Schreiben vom 11. September 2012 Schulzeugnisse vor (u.a. ein Zeugnis der Klasse 11a, 1. Halbjahr 1991/92) und trug nun vor, der Berufswunsch des Rechtsanwalts sei auch seiner damaligen Klassenlehrerin L bekannt gewesen, welche ihn von der neunten bis zu zwölften Klasse begleitet habe und dies bestätigen könne. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2012 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 11. Oktober 2012 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat weitergehend ausgeführt, angesichts des umfangreichen, langwierigen Jurastudiums eine abgeschlossene Berufsausbildung habe innehaben zu wollen, um ggf. für den Fall, dass das Studium nicht erfolgreich zu Ende gebracht worden wäre, zumindest eine abgeschlossene Ausbildung zu haben. Das SG hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2015 persönlich angehört. Dort hat er vorgetragen, den Schulunfall 1991 am OSZ in W erlitten zu haben. In der Schule sei Thema gewesen, was man beruflich so machen wolle, u.a. im Deutschunterricht. Er habe in P studieren wollen, wo damals nur Jura, Volkswirtschaftslehre, Lehramtsstudiengänge und Naturwissenschaften angeboten worden seien. Für ihn sei nur Jura in Betracht gekommen, was als Zukunftsfach gegolten habe. Es sei interessant gewesen. Im Deutschunterricht seien Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsverhandlungen nachgestellt worden. Dies habe sein Interesse geweckt. Dann habe es damals auch einen schweren Schulunfall gegeben, bei welchem der Sohn des Schuldirektors tödlich verunglückt sei, was strafrechtliche Ermittlungen nach sich gezogen habe und sein Interesse an Jura weiter angefacht habe. Dies alles sei so in der elften Klasse, jedenfalls noch vor der zwölften Klasse gewesen. In der zwölften Klasse habe er die Schule praktisch nicht besucht, weil er die ganze Zeit krankgeschrieben gewesen sei. Er habe damals Heimunterricht erhalten, u.a. von der Lehrerin L. Den Unfall habe er in der zwölften Klasse gehabt. Wegen der Fehlzeiten habe er ums Abitur kämpfen müssen. Er habe einen Abiturdurchschnitt von 2,7 gehabt. Er habe sich nach dem Abitur um einen Studienplatz für Jura in P bemüht. Von der ZVS habe er die Mitteilung erhalten, warten zu müssen. Nach Beratungen mit seiner Mutter und einem Berufsberater bei der Bundesagentur habe er dann zur Überbrückung eine Banklehre angestrebt, sei aber überall abgelehnt worden. Die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn sei knapp geworden, nachdem er sich unmittelbar nach dem Abitur gar nicht darum gekümmert habe, weil er ja ursprünglich gar keine Ausbildung habe durchlaufen, sondern studieren wollen. Kurzfristig habe sich dann die Möglichkeit zur verkürzten Ausbildung, die er schließlich durchlaufen habe, geboten.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 16. Oktober 2015 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2012 verurteilt, dem Kläger ab dem 15. Juli 2003 eine Verletztenrente auf der Grundlage des JAV eines Rechtsanwalts zu gewähren. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass nach den für das Begehren des Klägers zugrunde zu legenden Vorschriften aus § 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO i.V.m. § 12 RAG und § 24 Abs. 3 Renten-VO unter Einbeziehung der zu den im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften der § 573 Abs. 1 RVO und § 90 Abs. 1 SGB VII ergangenen Rechtsprechung in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen sei, dass er seinen Entschluss zum Studium der Rechtswissenschaften bereits während der elften Klasse, und zwar vor dem Arbeitsunfall gefasst habe, ohne ihn mit der nach dem Abitur durchlaufenen Berufsausbildung aufgegeben zu haben. Deshalb sei die Verletztenrente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts neu festzusetzen. Die Rechtskraft des Urteils des LSG vom 16. Juni 2011 stehe der Neuberechnung des JAV nicht entgegen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 01. Dezember 2015 zugestellte Urteil am 21. Dezember 2015 Berufung eingelegt und an ihrem bereits im Vorverfahren geäußerten rechtlichen Standpunkt festgehalten, dass bereits die Rechtskraft des Urteils des LSG vom 16. Juni 2011 der Neufestsetzung entgegen stehe und es an der erforderlichen einheitlichen Ausbildung fehle. Davon abgesehen sei gerade auch nach der persönlichen Anhörung des Klägers durchs SG nicht bewiesen, dass er bereits im Zeitpunkt des Unfalls den Berufswunsch des Rechtsanwalts gefasst gehabt habe. Das SG vernachlässige den Umstand, dass der Kläger unmissverständlich und eindeutig in der Widerspruchsbegründung vom 23. Mai 2012 vorgetragen habe, während des Abiturs geplant zu haben, nach der Ausbildung zum Kaufmann das Studium der Rechtswissenschaft zu durchlaufen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise weiteren Beweis durch Vernehmung etwa der Klassenlehrerin zu erheben.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er trägt im Berufungsverfahren u.a. ergänzend vor, zunächst eigentlich nur Interesse an der Juristerei gehabt zu haben. Den definitiven Berufsentschluss zum Rechtsanwalt habe er erst während des Referendariats gefasst.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2012 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, soweit die Beklagte die (rückwirkende) Neufestsetzung der Verletztenrente unter Zugrundelegung des JAV eines Rechtsanwalts ablehnte. Der Kläger hat hierauf keinen Anspruch.
Die Voraussetzungen der einzig für das Begehren des Klägers in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil der Verwaltungsakt, dessen Rücknahme der Kläger gegenüber der Beklagten begehrt, nämlich der Bescheid vom 28. August 1995, nicht rechtswidrig ist; dies gilt insbesondere, soweit dort nicht der ggf. höhere JAV eines Rechtsanwalts zugrunde gelegt wird. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch auf Zugrundelegung eines höheren JAV unter Berücksichtigung seines abgeschlossenen Jurastudiums mit dem Berufsziel Rechtsanwalt. Die wiederum hierfür erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Der hier erkennende Senat verweist hierzu zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des LSG im bereits angesprochenen, zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 16. Juni 2011 – L 2 U 580/08 -, zitiert nach juris, welche er sich nach eigener Prüfung zu eigen macht; dort heißt es u.a.:
"Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 1995, mit welchem der Jahresarbeitsverdienst für die Zeit ab 21. Juni 1995 neu festgestellt worden ist, erweist sich aber im Ergebnis als rechtmäßig.
Allerdings war die von der Beklagten zugrunde gelegte Vorschrift des § 573 Abs. 1 RVO nicht anwendbar. Denn gemäß § 1152 Abs. 1 RVO galten u. a. die §§ 570 bis 578 RVO im Beitrittsgebiet lediglich für Arbeitsunfälle, die nach dem 31. Dezember 1991 ‚eingetreten sind‘. § 573 RVO war damit auf den am 18. Februar 1991 eingetretenen Schulunfall des Klägers von vornherein nicht anwendbar. Unmaßgeblich ist entgegen der Auffassung des Klägers, wann der Unfall gemeldet worden ist oder wann die Entschädigung für den Unfall festgesetzt worden ist. Hierauf kommt es nach dem klaren Wortlaut des § 1152 Abs. 1 RVO nicht an.
Auch die Argumentation des Klägers, dass § 1152 RVO nach § 1154 Abs. 3 Satz 2 RVO auf seinen Arbeitsunfall keine Anwendung fände, ist nicht nachvollziehbar. § 1154 Abs. 3 RVO bestimmt Folgendes:
‚Soweit für einen vor dem 01. Januar 1992 eingetretenen Arbeitsunfall aufgrund von § 4 der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 (GBl. I Nr. 22 S. 199) am 31. Dezember 1991 kein Anspruch auf eine Rente besteht, beginnt die Rente am 01. Januar 1992, sofern die Voraussetzungen des § 580 vorliegen. Abweichend von § 1152 Abs. 2 gelten für die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes die §§ 570 bis 578. Hat der Träger der Unfallversicherung keine Kenntnis von dem Arbeitsunfall, wird die Rente auf Antrag gezahlt; wird der Antrag nach dem 31. Dezember 1993 gestellt, beginnt die Rente mit dem ersten des Antragsmonats.‘
Dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift ist ohne weiteres zu entnehmen, dass sich § 1154 Abs. 3 Satz 2 RVO allein auf die unter § 1154 Abs. 3 Satz 1 fallenden Arbeitsunfälle bezieht, zu denen der des Klägers nicht gehört, und dass nicht etwa hierdurch § 1152 Abs. 1 RVO für sämtliche Fälle abgeändert werden sollte. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch keineswegs aus der von ihm zitierten Kommentarstelle im Kasseler Kommentar (Ricke in KassKom, § 1154 RVO Rdnr. 11). Vielmehr ist hier ausdrücklich aufgeführt, dass Satz 2 bestimme, dass für ‚diese Fälle‘, also die zuvor in Satz 1 genannten Fälle, die JAV-Vorschriften uneingeschränkt gelten. Das Begehren des Klägers wird hierdurch in keiner Weise gestützt.
Allerdings ergibt sich die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 28. August 1995 zum 21. Juni 1995 vorgenommenen Anpassung des JAV zum Ausbildungsende aus § 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO in Verbindung mit § 12 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) in der Fassung vom 28. Juni 1990 und § 24 Abs. 3 Renten-VO.
§ 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO ist auf die vorliegend zu überprüfende Anpassung durch Bescheid vom 28. August 1995 anwendbar, denn die Vorschrift ist nach Art. 42 Abs. 1 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG in der Fassung vom 25. Juli 1991 BGBl. I. S. 1606, geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1991, BGBl. I 2207) zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten, weil die Vorschrift in Art. 42 Abs. 4 RÜG, die die bereits zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Vorschriften enthält, nicht genannt ist. Sie ist erst mit Inkrafttreten des SGB VII zum 1. Januar 1997 außer Kraft getreten und gilt daher für den hier fraglichen Zeitpunkt.
§ 1152 Abs. 2 Nr. 2 RVO schreibt für den Fall, dass der Rentenanspruch -wie hier- nach dem 30. Juni 1990 entstanden ist, vor, dass die Berechnungsgrundlage das Zwölffache der Berechnungsgrundlage nach § 12 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990 (RAnglG) beträgt. § 12 Abs. 1 RAnglG verweist in Satz 1 für die Festsetzung der Unfallrenten auf die Bestimmungen der Rentenverordnung. Damit wird für die Berechnung des JAV letztlich auch auf § 24 der Renten-VO der DDR verwiesen (so auch Thüringer Landessozialgericht, Urteile vom 04. Dezember 1997 –L 2 U 174/96 – und 31. Mai 2006 – L 1 U 179/05 – zitiert nach juris und Hasche/Knobloch, BG 2004, Seite 607 ff). Nach § 24 Abs. 1 Renten-VO war prinzipiell der beitragspflichtige monatliche Durchschnittsverdient maßgeblich, Abs. 3 sah für verunfallte Schüler eine Berechnung nach dem beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienst vor, der nach Beendigung der Ausbildung erzielt werden würde.
Die JAV-Anpassung zum Ausbildungsende ergibt sich schon aus dem aus der Sicht des Senats eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften. Weder § 1152 RVO noch dem § 12 RAnglG ist zu entnehmen, dass nicht auf alle für die Berechnung der Unfallrente einschlägigen Vorschriften der Renten-VO verwiesen werden sollte. So spricht § 12 RAnglG ausdrücklich von den Bestimmungen im Plural und nicht etwa nur von der Bestimmung des § 24 Abs. 1 Renten-VO, die den beitragspflichtigen durchschnittlichen Monatsverdienst in Bezug nimmt, den ein Schüler naturgemäß nicht haben kann.
Vor dem Hintergrund dieser für den Senat schon vom Wortlaut her eindeutigen Verweisung auch auf § 24 Abs. 3 Renten-VO der ehemaligen DDR erstaunt es nicht, dass in den Abs. 3-6 des § 1152 RVO, die Einzelheiten der JAV-Festsetzung in bestimmten Sonderfällen regeln, eine dem § 573 RVO vergleichbare Vorschrift fehlt. Eine solche Regelung war wegen des dargestellten Verweises schon in Abs. 2 Nr. 2 der Vorschrift enthalten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet zeigt die Systematik der Vorschrift keineswegs, dass Schüler, die im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 einen als Arbeitsunfall anzuerkennenden Schulunfall erlitten hatten, von einer JAV-Anpassung zum Ausbildungsende grundsätzlich ausgenommen werden sollten. Die Systematik der Vorschrift, die auch für einen Übergangszeitraum der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands Sonderfälle der JAV-Berechnung berücksichtigt hat, belegt bei dem hier aufgezeigten richtigen Verständnis des Abs. 2 Nr. 2 das Gegenteil.
Auch die Gesetzgebungsgeschichte enthält keinen Hinweis darauf, dass rentenberechtigte Schüler, die den Unfall vor dem 1. Januar 1992 erlitten hatten, auf Dauer ohne Berücksichtigung einer späteren Ausbildung an dem eher geringen JAV von 60 v.H. der Bezugsgröße-Ost festgehalten werden sollten. Dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Rentenüberleitungsgesetz (Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, Drucksache 12/405, gleichlautend Drucksache 12/630 Gesetzentwurf der Bundesregierung) ist dafür kein Anhaltspunkt zu entnehmen. Vielmehr ist dort auf Seite 116 unter II. Gesetzliche Unfallversicherung, c) ausgeführt:
‚Der der Unfallrente zugrunde liegende Arbeitsverdienst bzw. die Bemessung der Unfallfolgen werden grundsätzlich den entsprechenden Berechnungsgrundlagen nach der Reichsversicherungsordnung gleichgestellt (vgl. § 1152 Abs. 2 und § 1154 Abs. 1 Satz 1)‘.
Auf Seite 155 (a.a.O) ist zu § 1152 RVO wörtlich ausgeführt:
‚Der Jahresarbeitsverdienst als Berechnungsgrundlage für Geldleistungen bei Arbeitsunfällen vor dem 1. Januar 1992 richtet sich -vorbehaltlich der in den Abs. 2 bis 4 enthaltenen Besonderheiten- weiterhin nach dem bisher im Beitrittsgebiet geltenden Recht‘.
Zu dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht gehört aber auch § 24 Abs. 3 Renten-VO. Eine Ausnahme für Schüler ordnet § 1152 RVO gerade nicht an.
Auch der Sinn und Zweck solcher Regelungen, wie sie in § 24 Renten-VO, § 573 RVO und jetzt in § 90 SGB VII enthalten sind, sprechen gegen eine Auslegung von § 1152 RVO, die letztlich nur Schüler eines bestimmten Jahrgangs von der Rechtswohltat der Anpassung des JAV zum Ausbildungsende ausnehmen würde. Die genannten Regelungen tragen dem Umstand Rechnung, dass Schüler, die Unfallfolgen in rentenberechtigendem Grade erleiden, hierfür mangels Arbeitsentgeltes zur Zeit des Unfalls nicht die finanzielle Kompensation erhalten können wie berufstätige Versicherte, obwohl sie, wie die letztgenannten, die Unfallfolgen oft ihr ganzes Berufsleben zu tragen haben (vgl. Schmitt, SGB VII, 4. Auflage, § 90 Rdnr. 2; Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 3. Auflage, § 90 Rdnr. 1; Ricke, in KassKom, § 90 Rdnr. 2). Deshalb erscheint es geboten, den individualisierenden Aspekt der abstrakten Schadensberechnung, der in der Berücksichtigung des für jeden Versicherten nach seinem Arbeitsentgelt individuell zu berechnenden JAV seinen Ausdruck findet, im Falle verunfallter Schüler bezogen auf den Zeitpunkt des Endes der Ausbildung nachzuholen. Dieser richtige Gedanke muss aber auch für die zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 31. Dezember 1991 verunfallten Schüler gelten. Jedenfalls ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, diesen Jahrgang von der Vergünstigung auszunehmen.
Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch verfassungsrechtliche Erwägungen zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz –GG-) gestützt "
Der Senat folgt hiervon ausgehend zwar im Übrigen auch im Ansatz der Auffassung des SG im angefochtenen Urteil, dass für die Frage, welches Ausbildungsziel für die Zugrundelegung des JAV zugrunde zu legen ist, auf die zu § 573 Abs. 1 RVO und § 90 Abs. 1 SGB VII entwickelten Maßstäbe zurückzugreifen ist. So wird nach § 573 Abs. 1 RVO ähnlich wie bei § 24 Abs. 3 Renten-VO, wenn sich der Verletzte zurzeit des Arbeitsunfalls noch in einer Schul- oder Berufsausbildung befand, wenn es für den Berechtigten günstiger ist, der JAV für die Zeit nach der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung neuberechnet (Satz 1). Der neuen Berechnung ist das Entgelt zugrunde zu legen, welches in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzt oder sonst ortsüblich ist (Satz 2). § 573 Abs. 1 RVO liegt der Gedanke zugrunde, dass die zur Zeit des Arbeitsunfalls in einer Schul- oder Berufsausbildung Stehenden vom Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung der Ausbildung hinsichtlich der Berechnung des JAV so zu stellen sind, als ob sie den Unfall erst in diesem Zeitpunkt erlitten hätten.
Dies zugrunde gelegt erweist sich die Festsetzung der Verletztenrente mit Bescheid vom 28. August 1995 nach dem JAV eines Groß- und Außenhandelskaufmanns jedoch – anders, als es das SG angenommen hat - als rechtmäßig. Dem Begehren des Klägers nach einer Neufestsetzung der Verletztenrente nach dem JAV eines Rechtsanwalts steht nach dem zuvor Gesagten zwar nicht von vornherein entgegen, dass er nach dem Abitur nicht sogleich das Jurastudium begann, sondern zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann durchlief, jedoch, dass nicht bewiesen ist, dass der Entschluss zur Ergreifung des Rechtsanwaltsberufs bereits im Unfallzeitpunkt gefasst war.
Mit der Möglichkeit, bei Eintritt des Versicherungsfalls während einer Schul- oder Berufsausbildung die Bemessungsgrundlage anzuheben, weicht das Gesetz für einen Sonderfall von dem die Unfallversicherung beherrschenden Grundsatz ab, dass die Verdienstverhältnisse vor dem Arbeitsunfall für alle Zukunft die maßgebende Grundlage der Geldleistungen bleiben und spätere Erwerbsaussichten bei der Feststellung des JAV nicht zu berücksichtigen sind. Einzig Personen, die bereits während der Zeit der Ausbildung für einen späteren Beruf einen Arbeitsunfall erleiden und deshalb im Jahre vor dem Unfall regelmäßig noch kein Arbeitsentgelt, sondern allenfalls eine geringe Ausbildungsvergütung erhalten haben, sollen zur Vermeidung von Härten geschützt und so gestellt werden, als hätten sie den Unfall nach der voraussichtlichen Beendigung der Berufsausbildung erlitten. Eine solche genau umschriebene Ausnahmeregelung kann nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auf andere, vermeintlich ähnlich liegende Sachverhalte erstreckt werden (vgl. auch Senatsrechtsprechung, etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01. November 2010 – L 3 U 59/10 –, zitiert nach juris Rn. 35). Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 573 RVO ist ein eigenständiger Begriff, bei dem die Abgrenzung einer beruflichen Bildungsmaßnahme nicht einheitlich für alle Rechtsgebiete erfolgen kann. Vielmehr ist entscheidend, auf den jeweiligen Sinn des Gesetzes abzustellen. Es kann daher nicht ohne Weiteres auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung einerseits und Fortbildung andererseits zurückgegriffen werden, wie sie zu anderen sozialversicherungsrechtlichen Normen z.B. aus dem Arbeitsförderungsrecht vorgenommen wird. Im Arbeitsförderungsrecht ist eine Ausbildung in Abgrenzung zur Fortbildung oder Umschulung nur die erste zu einem beruflichen Abschluss führende Bildungsmaßnahme. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO ist hingegen, welcher mögliche Abschluss mit der zur Zeit des Unfalls begonnenen Ausbildung angestrebt wird. Dies bedeutet nicht notwendig nur eine Grundausbildung. Während es im Arbeitsförderungsrecht darum geht, ob und ggf. in welchem Umfang zeitlich begrenzte berufliche Bildungsmaßnahmen gefördert werden, kommt es im Unfallversicherungsrecht für die Entschädigung der Folgen eines Arbeitsunfalles darauf an, auf der Grundlage von welchem JAV die Verletztenrente eines Versicherten, der einen Arbeitsunfall noch während der Schul- oder Berufsausbildung erleidet, für die Zukunft zu berechnen ist. Die Berufsausbildung im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO ist somit nicht zwingend bereits mit dem Erwerb eines ersten beruflichen Abschlusses beendet. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 573 Abs. 1 RVO ist, welches Berufsziel der Verletzte zum Zeitpunkt des Unfalls angestrebt hat (BSG, Urteil vom 15. August 1993 – 2 RU 24/02 –, zitiert nach juris Rn. 17 f.) und dass er dieses Ziel auch nach Abschluss einer ggf. vorgehenden Lehre umgehend weiterverfolgt hat. Hierbei kann die Neuberechnung der Verletztenrente auf der Grundlage des JAV etwa eines Diplom-Ingenieurs nicht schon allein mit der Begründung abgelehnt werden, der Versicherte habe mit der vorangegangenen Gesellenprüfung etwa als Zimmermann bereits einen beruflichen Abschluss erworben, wenn der Versicherte diesen Abschluss als Berufsziel nie angestrebt, sondern einzig und allein die Ausbildung etwa zu einem Bauingenieur angestrebt hat. Von einer einheitlichen Ausbildung ist dabei nicht nur im Fall einer Stufenausbildung auszugehen, bei der der erfolgreiche Abschluss einer Stufe Zugangsvoraussetzung für die Zulassung zur weiteren Ausbildungsstufe ist. Ausreichend ist vielmehr, wenn eine Ausbildung in eine darauf aufbauende Ausbildung einmündet, wie es von vornherein auch geplant war und objektiv sinnvoll ist (BSG, a.a.O., Rn. 20; vgl. auch Senatsrechtsprechung, etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08. Mai 2014 – L 3 U 19/12 –, zitiert nach juris Rn. 23).
Dies zugrunde gelegt sperrt nicht allein schon eine nach dem Vorbringen des Klägers quasi zwischengeschaltete Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann von vornherein eine Neuberechnung der Verletztenrente nach dem JAV eines Rechtsanwalts, wenn das Jurastudium, wie dies im Fall des Klägers unterstellt werden mag, darauf aufbauendes Fernziel war. Jedoch steht bereits nicht im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu fordernden Maße eines Vollbeweises zur Überzeugung des Senats fest, dass vom Kläger im Zeitpunkt seines Schulunfalls am 18. Februar 1991 ein auf seine spätere Kaufmannsausbildung aufbauendes Jurastudium mit anschließendem Rechtsreferendariat und folgender Rechtsanwaltszulassung geplant gewesen war. Dies lässt sich bereits dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Weil es bzgl. der Frage, welches Berufsziel im Unfallzeitpunkt konkret angestrebt war, um subjektive, in der Person des Klägers liegende innere Umstände geht, ist den Angaben des Klägers ein überragendes Gewicht beizumessen. Zwar hat er im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. Oktober 2015 in der Tat für sich betrachtet nachvollziehbar vorgetragen, den Schulunfall 1991 am OSZ in Werder erlitten zu haben. Eine klare zeitliche Zuordnung des erwachsenden Berufswunschs des Rechtsanwalts zum Zeitpunkt des Unfalls ergibt sich jedoch schon hieraus nicht. Aus dem protokollierten Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2015 folgt allein, dass er gegen Ende seiner Schullaufbahn hin ein Jurastudium in Erwägung zog, und er bietet hierfür plausible Gründe auf: wohnortnahes Studienangebot in Potsdam, Zukunftsfach, Anlässe aus dem persönlichen (Schul-) Umfeld. Wann aber nun der Berufswunsch endgültig gereift war, bleibt bereits nach diesen Angaben offen. Im Widerspruchsverfahren hatte der Kläger noch vortragen lassen (vgl. Widerspruchsschreiben vom 23. Mai 2012), dass der Berufswunsch während des Abiturs gereift sei, also in der Zeit nach dem Unfall. Allein dies stellt seine Behauptung in Frage, der Berufswunsch habe bereits im Unfallzeitpunkt vorgelegen. Diese Behauptung lässt sich auch nicht mit seinem Vorbringen im ausgangsgerichtlichen Verfahren in Deckung bringen, wonach der Unfall in der zwölften Klasse passiert sei, was tatsächlich nicht zutrifft; der Unfall ereignete sich in der zehnten Klasse. Dies ergibt sich allein schon aus den vorgelegten Zeugnissen der Klasse 11a über das Schuljahr 1991/ 1992, also über das dem Unfall vom 18. Februar 1991 nachfolgende Schuljahr. Soweit er in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2015 ferner angegeben hat, dass der Berufswunsch in der elften Klasse feststand, ist mithin auch dies genau genommen nur ein Zeitpunkt nach dem Unfall. Zwar behauptet der Kläger in diesem Zusammenhang, das Interesse an Jura sei bereits vor der zwölften Klasse geweckt worden, jedoch reicht dies für den Schluss, damit habe der Berufswunsch bereits im Unfallzeitpunkt festgestanden, bei weitem noch nicht aus. Vielmehr offenbart sich anhand dieses Gesamtvorbringens, dass er über die zeitlichen Abläufe – angesichts des lang zurückliegenden Zeitraums auch verständlich – selbst nicht mehr schlüssig im Bilde gewesen ist, also gar nicht gewusst hat, wann genau nun der Berufswunsch des Rechtsanwalts feststand. Fraglich bei alldem erscheint indes auch, warum der Kläger nicht anlässlich der Festsetzung des JAV mit Bescheid vom 20. August 1995 nach dem Einkommen als Kaufmann bereits Einwendungen erhob, auch wenn er von der Beklagten nicht entsprechend beraten worden war, wo er doch – eigener Behauptung zufolge – den definitiven Entschluss zum Studium bereits gefasst gehabt haben wollte. Es tun sich zudem weitere Widersprüche auf. Im Widerspruchsverfahren – vgl. nochmals Schriftsatz vom 23. Mai 2012 – hatte er noch vorgetragen, lediglich aus Vernunftgründen und auch auf Anraten seiner Eltern vorher die Ausbildung absolviert zu haben; er habe für die anwaltliche freiberufliche Tätigkeit auch wirtschaftliche Kenntnisse erlangen wollen. Demgegenüber hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben, dass er die Ausbildung letztlich im Wesentlichen zur Überbrückung der Wartezeit bis zur Erlangung eines Studienplatzes, quasi als Verlegenheitslösung, wenngleich dann mit Billigung und Zureden seiner Mutter aus Vernunftgründen durchlief. Schließlich setzt der Kläger sich zu seiner eigenen Behauptung mit dem weiteren Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vom 15. September 2016 in Widerspruch, indem er dort einräumt, den Entschluss, Rechtsanwalt zu werden, eigentlich erst während des Referendariats gefasst zu haben.
Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat auch eingedenk der ihm aus § 103 SGG obliegenden Untersuchungsmaxime zur Durchführung einer Beweisaufnahme etwa durch Vernehmung von Zeugen nicht gedrängt, zumal der Kläger einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt hat. Es fehlt bereits – wie gezeigt - an einem in sich widerspruchsfreien, schlüssigen Vorbringen des Klägers selbst, ohne welches weitere Ermittlungen als - auch unter der im Sozialgerichtsverfahren geltenden Untersuchungsmaxime - nicht gebotener Ausforschungsbeweis erschienen (vgl. BSG, Beschluss vom 19. November 2009 – B 13 R 303/09 B –, zitiert nach juris Rn. 11 f.). Der Kläger behauptet (oder lässt behaupten), der Berufswunsch habe bereits im Unfallzeitpunkt festgestanden, trägt hierzu jedoch Tatsachen vor, welche diese Behauptung nicht nur nicht stützen, sondern ihr widersprechen. Ein Zeugenbeweis würde demnach lediglich dem Zweck dienen, das klägerische Vorbringen schlüssig zu machen. Dies geht nicht an. Von vornherein nicht erforderlich ist nämlich eine Sachaufklärung, die nicht dem Beweis vorgetragener Tatsachen zu dienen bestimmt ist, sondern stattdessen die Ausforschung von Tatsachen zum Inhalt hat (vgl. BSG, ebd.; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10. Februar 2009 – 1 BvR 1232/07 –, zitiert nach juris Rn. 26).
Nach alledem kann dahinstehen, ob eine Neuberechnung des JAV überhaupt durch das Urteil des LSG vom 16. Juni 2011 gesperrt wäre. Dagegen spricht indes, dass zum Einen grundsätzlich nur der Tenor eines Urteils in Rechtskraft erwächst und selbst dann, wenn die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 20. August 1995 bindend festgestellt worden wäre, dies eine Überprüfung nach § 44 SGB X gerade nicht von vornherein sperrt. Zum anderen stellt sich bei dem vorliegenden Ergebnis auch nicht die Frage, ob § 24 Abs. 3 Renten-VO – wie etwa § 573 RVO – nur die erstmalige Neufestsetzung zulässt, wenn gerade diese Gegenstand der Überprüfung nach § 44 SGB X ist.
Dem von der Beklagten gestellten Hilfsantrag ist nicht nachzugehen, weil die innerprozessuale Bedingung, unter welchem er gestellt worden ist, mit der Stattgabe der Berufung nicht eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Auch hierfür kann sich auf die Ausführungen des LSG im Urteil vom 16. Juni 2011 bezogen werden; dort wird ausgeführt:
"Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Mit Beschluss vom 2. Dezember 1998 (B 2 U 256/98 B) hat das BSG zu § 1152 Abs. 2 RVO bereits ausgeführt, dass eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht angenommen werden kann, wenn dieser außer Kraft getretene Rechtsnormen oder Übergangsvorschriften zu Grunde liegen. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn eine erhebliche Anzahl gleich gelagerter Fälle der Entscheidung harrt. Der Vertreter der Beklagten hat in der Sitzung von etwa vier abgeschlossenen Widerspruchsverfahren zur gleichen rechtlichen Thematik berichtet. Dies vermag eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu rechtfertigen, zumal der Verweis auf § 24 Renten-VO mindestens seit 1997 Thema der Rechtsprechung war."
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