Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1542/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1180/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Behandlung eines Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV), der an einem Chemotherapie refraktären Rezidiv bei großzelligem B-Zell-Non-Hodgin-Lymphom litt, mit allogener Stammzelltransplantation nach "klassischer" myeoablativer Konditionierung entsprach im Jahr 2005 nicht dem Qualitätsgebot nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Ein Anspruch auf diese Behandlung ergab sich auch nicht aufgrund einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts der GKV, wenn eine Behandlung des Versicherten im Rahmen einer klinischen Studie möglich gewesen wäre.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 100.363,91 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Der bei der Beklagten versicherte E. A. (im Folgenden: Versicherter), geboren am 31.03.1946, wurde vom 04.07.2005 bis zu seinem Tod am 04.09.2005 im Hochschulklinikum des Klägers stationär behandelt. Bei dem Versicherten wurde im Mai 1999 die Erstdiagnose eines follikulären B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms Grad I-II, Stadium IVA gestellt. Nach einer Beobachtungsphase erfolgten von März bis Juli 2001 6 Zyklen Chemotherapie nach dem CHOP-Protokoll bei ausgedehntem Progress im Bereich des linken Oberschenkels mit kompletter Remission. Im Juni 2003 trat ein Rezidiv im Bereich des rechten Unterschenkels mit Hautinfiltration auf (follikuläres Lymphom Grad I). Anschließend erfolgte eine Radiatio des rechten Unterschenkels (Juli/August 2003) und der rechten Inguinalregion (September/Oktober 2003). Im Januar 2004 wurde ein Übergang zu einem aggressiven großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom (Grad III) festgestellt. Von Februar bis April 2004 erfolgten 4 Zyklen Chemo-Immun-Therapie nach dem R-CHOP-Protokoll, anschließend im Mai 2004 ein Zyklus Chemotherapie nach dem VIPE-Protokoll und im Juni 2004 ein Zyklus Chemotherapie nach dem VIP-Protokoll. Im Juli 2004 erfolgte eine Hochdosis-Chemotherapie nach dem BEAM-Protokoll mit anschließender autologer Stammzelltransplantation. Im September 2004 lag eine Remission der Tumormanifestationen inguinal und suprasymphysär vor, jedoch ein Progress im Bereich des rechten Unterschenkels. Angeschlossen wurde eine Rituximab-Erhaltungstherapie bis Januar 2005. Bei erneut größenprogredienten Lymphknoten wurde im März 2005 eine Zevalin-Behandlung durchgeführt und bei weiterem Lymphomprogress im April 2005 erfolgte eine Behandlung nach Block C des B-ALL-Protokolls mit anschließender Stammzellretransfusion. Als Komplikation trat ein pilztypisches pulmonales Infiltrat im linken Unterlappen auf, das sich nach antimykotischer Therapie bis Juni 2005 nahezu komplett zurückbildete. Am 08.06.2005 zeigte sich ein erneuter Lymphomprogress mit Hautmanifestationen. Am 14.07.2005 erfolgte eine allogene Stammzelltransplantation (HLA-identischer, nicht verwandter Spender) nach myeloablativer Konditionierung (Cyclophosphamid 2 x 60 mg/kg und Ganzkörperbestrahlung 12 Gy). Ab 04.08.2005 entwickelte der Versicherte zunehmend Atembeschwerden und musste auf die Intensivstation verlegt werden. Er verstarb am 04.09.2005 aufgrund eines Lungenversagens.
Unter Ansatz der Diagnosis Related Group (DRG) A04D (Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, ohne In-vitro-Aufbereitung, HLA-identisch) forderte der Kläger zunächst mit Rechnung vom 27.10.2005 von der Beklagten einen Gesamtbetrag iHv 99.139,75 EUR. Diese Rechnung wurde unter dem 08.08.2006 storniert und mit stationärer Endabrechnung mit gleichem Datum nunmehr ein Betrag iHv 100.363,91 EUR gefordert. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Auf Veranlassung der Beklagten überprüfte Dr. Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) die Krankenhausabrechnung und kam in seinem Gutachten vom 22.12.2005 zu dem Ergebnis, die fremd-allogene Stammzelltransplantation bei hochmalignen Lymphomen therapierefraktär nach autologer Stammzelltransplantation stelle ein hochexperimentelles, nicht evidenzgesichertes Therapieverfahren dar. Solche Therapien könnten in Form von klinischen Studien durchgeführt werden. Es finde sich kein Hinweis, dass der Versicherte im Rahmen eines Studienprotokolls behandelt worden sei. Es handele sich um einen individuellen Heilversuch, der keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung auslösen könne.
Nachdem die Beteiligten den Widerspruch des Klägers zunächst im Hinblick auf parallele Abrechnungsstreitigkeiten ruhend gestellt hatten, führte Dr. F., Ärztlicher Leiter der allogenen Stammzelltransplantation des Klägers mit Stellungnahme vom 31.10.2012 aus, bei dem Versicherten sei die Prognose äußerst schlecht gewesen, seine geschätzte Lebenserwartung habe wenige Monate betragen. Alle Therapieverfahren außer der allogenen Stammzelltransplantation seien ausgeschöpft gewesen, dies sei die einzige Behandlungsmöglichkeit zur Abwendung des drohenden Todes gewesen. Drei Studien aus den Jahren 2003 und 2004 (Izutsu, Freytes und Doocey) belegten, dass die Wahrscheinlichkeit, drei Jahre nach allogener Stammzelltransplantation ohne Krankheitsrückfall am Leben zu sein, mindestens 15% betragen habe. Dies stehe im Kontrast zu einer 100% Mortalität ohne allogene Stammzelltransplantation. Die Studien belegten, dass im Jahr 2005 ausreichende medizinische Erkenntnisse verfügbar gewesen seien, um diese erfolgversprechende Behandlung durchzuführen.
Am 10.06.2013 hat der Kläger zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage auf Zahlung des streitgegenständlichen Betrages erhoben. Die allogene Stammzelltransplantation entspreche dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse. Der Vergütungsanspruch ergebe sich aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts. Wie sich aus den Stellungnahmen von Dr. F. vom 31.10.2012 und 02.06.2014 ergebe, habe bei dem Versicherten eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen. Eine andere Therapie als die allogene Stammzelltransplantation mit dem Ziel der Heilung habe nicht zur Verfügung gestanden. Aus den von Dr. F. zitierten Studien ergebe sich, dass eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung bestanden habe. Diese Studien bewiesen, dass Patienten mit einem chemorefraktären Rezidiv eines diffusen großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms durch allogene Stammzelltransplantation geheilt werden könnten. Aus diesen Daten habe für den Versicherten eine 3-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von mindestens 25% und eine Heilungschance von mindestens 15% abgeleitet werden können.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Gutachten von Prof. Dr. H., Leiter des Kompetenz Zentrums Onkologie beim MDK N., vom 02.12.2013 und 05.01.2015 vorgelegt. Dieser führt zusammenfassend aus, dass die Studien von Freytes, Izutsu und Doocey über die Prognose bei der hier vorliegenden Konstellation großzelliges Lymphom und Chemotherapie refraktäres Rezidiv und nicht verwandter Spender nichts aussagten, die Arbeit von Doocey sei als Vollpublikation zudem erst im Oktober 2005 erschienen (Kongressvortrag im Dezember 2014). Es werde in der Literatur bis 2005 nicht ein Fall beschrieben, bei dem eine Heilung eines Patienten mit entsprechender Prognosekonstellation durch eine allogene Stammzelltransplantation erfolgt sei. Der Versicherte hätte im Rahmen der damaligen DSHNHL-R3-Studie behandelt werden können. In diesem Protokoll sei der Stellenwert der allogenen Stammzelltransplantation bei Patienten mit aggressiven (großzelligen) Lymphomen im Alter von 18 bis 65 Jahren erprobt worden. Eines der weiteren Einschlusskriterien sei ein Rezidiv nach Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation gewesen. Seit Publikation der Studienergebnisse im Mai 2014 (3-Jahres-Überleben 38,3%) werde die Behandlung von Patienten mit Chemotherapie refraktärem großzelligem Lymphom als Standardindikation für allogene Stammzelltransplantation anerkannt, sofern die Konditionierung nach dem DSHNHL-R3-Protokoll erfolge. Die mutmaßlich für das günstige Behandlungsergebnis verantwortliche Besonderheit dieses Protokolls liege in der Konditionierung mit drei Medikamenten (teilweise dosisreduziert) mit ausgeprägter Wirksamkeit bei Lymphomen unter Verzicht auf eine Ganzkörperbestrahlung. Hier sei dagegen eine klassische myeloablative Konditionierung erfolgt. Bereits 2005 sei bekannt gewesen, dass solche Konditionierungsprotokolle mit einer behandlungsbedingten Sterblichkeit von mehr als 50% verbunden seien. Nach der Europäischen Fachgesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarktransplantation (EBTM) sei die Transplantation bei Lymphomen hohen oder intermediären Grades, refraktärem Krankheitsstadium und nicht-verwandtem Spender der Kategorie "not generally recommanded"(NR) zugeordnet worden. Bereits bei der dritten Kategorie "in klinischer Entwicklung" (D – für developmental) werde der Einschluss in eine klinische Studie empfohlen. Würden in Abweichung von den EBMT-Empfehlungen auch in der Kategorie NR allogene Stammzelltransplantationen durchgeführt, sei erst recht die Teilnahme an klinischen Studien dringend zu empfehlen. Die Aufklärung des Versicherten sei nicht ausreichend, es fehle der Hinweis auf die Durchführung einer experimentellen Therapie und die Möglichkeit der Teilnahme an einer Studie. Die wirksame Einwilligung in die Behandlung sei jedoch Voraussetzung des Vergütungsanspruchs gegen die Krankenkasse.
Mit Urteil vom 11.02.2015 hat das SG die Beklagte zur Zahlung von 100.363,91 EUR nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.09.2006 verurteilt. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Behandlung des Versicherten habe nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse eine Krankenhausbehandlung, die nicht dem Qualitätsgebot entspreche, von den Krankenkassen nicht bezahlt werden. § 137c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürfe nicht über seinen Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden. Aus der Aufnahme der allogenen Stammzelltransplantation in die DRG im Fallpauschalenkatalog 2005 könne nicht gefolgert werden, dass diese dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im maßgebenden Zeitpunkt der Behandlung entsprochen habe. Ein Ausschluss der allogenen Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom sei in der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung zwar nicht erfolgt. Das im stationären Bereich zu beachtende Qualitätsgebot fordere jedoch, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürworte. Nach den von den Beteiligten zitierten Publikationen und ärztlichen Stellungnahmen stehe für das SG fest, dass die allogene Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom jedenfalls außerhalb einer klinischen Studie im Zeitraum Juli bis September 2005 nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Gleichwohl habe ein Vergütungsanspruch des Klägers bestanden, dieser ergebe sich aus grundrechtsorientierter Auslegung. Bei dem Versicherten habe eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, die innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt hätte. Auch Prof. Dr. H. sei davon ausgegangen, dass es sich um eine tödlich verlaufende Erkrankung gehandelt habe und die im Jahr 2005 verfügbaren anerkannten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft gewesen seien. Allein durch eine allogene Stammzelltransplantation sei eine Heilung trotz der zweifellos vorhandenen hohen Risiken möglich gewesen. Bei dieser Behandlungsmethode habe durchaus eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung bestanden. Neben den Aussagen des Dr. F. belegten dies überzeugend die Ergebnisse der DSHNHL 2003-R3-Studie sowie die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie "Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom", die beide die allogene Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom als wesentliche und vielversprechende Therapieoption ansähen. Eine wirksame Einwilligung des Versicherten in die Behandlung als Vergütungsvoraussetzung habe vorgelegen. Eine Verpflichtung zur Aufklärung über die Möglichkeit der Behandlung in einer Studie habe nicht bestanden.
Gegen das ihr am 04.03.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.03.2015 eingelegte Berufung der Beklagten. Es stehe fest, dass die Behandlung nicht dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse entsprochen habe. Die in den 80er Jahren eingesetzten Protokolle mit maximal dosierter Ganzkörperbestrahlung seien 2005 längst verlassen worden, da diese mit einer nicht akzeptabel hohen Rate tödlicher Komplikationen verbunden gewesen seien. Mit den ab ca 2000 vorzugsweise eingesetzten dosisreduzierten Konditionierungsprotokollen hätten bei Patienten mit kleinzelligen Lymphomen in Einzelfällen günstigere Ergebnisse erzielt werden können. Bei Patienten mit großzelligem Lymphom seien diese Protokolle aufgrund unzureichender Tumorkontrolle nicht geeignet gewesen. Das hier eingesetzte Protokoll sei mit einer hohen Rate tödlicher Komplikationen verbunden gewesen und selbst in Einzelfallberichten sei eine erfolgreiche Behandlung bei der vorliegenden Konstellation nicht beschrieben worden. Nach der 2002 publizierten EBMT-Empfehlung werde bei Patienten mit Chemotherapie refraktärem Rezidiv eines großzelligen Lymphoms eine Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation in klinischen Studien nur für den Fall empfohlen, dass ein HLA-identischer Familien- bzw Geschwisterspender verfügbar sei. Bei nicht verwandten Spendern sei von einer Behandlung abgeraten worden (NR). In der medizinischen Fachwelt habe es gerade keinen Konsens über die Zweckmäßigkeit der eingesetzten Therapie gegeben. Die Studienteilnahme stelle eine Ausnahme vom Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V dar. Allen damit verbundenen Schutzmechanismen sei der Versicherte hier grundlos entzogen worden, obwohl es eine erfolgversprechende Behandlungsalternative gegeben habe. Diese sei ignoriert und stattdessen eine wissenschaftlich durch nichts gestützte deutlich riskantere Behandlung versucht worden. Ein individueller Heilversuch sei nur dann gerechtfertigt, wenn es kein anderes Mittel mehr gebe.
Die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung lägen nicht vor, denn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf habe nicht bestanden. Die Rechtsprechung setze insoweit eine Risiko-Nutzen-Abwägung der Methodenanwendung allgemein sowie im konkreten Fall voraus. Der Patientenschutz gebiete die jeweils mögliche Erhebung und Zugänglichmachung von verfügbaren Informationen durch die Behandler entsprechend ihrem Berufs- und Standesrecht. Vorliegend habe ein Risiko von tödlichen Komplikationen von über 50% bestanden. Laut MDK-Gutachten hätte man damals zumindest der von deutschen Studiengruppen veröffentlichten Empfehlung folgen müssen, ein Fludarabin-haltiges dosisreduziertes Konditionierungsprotokoll auszuwählen. Nach der Rechtsprechung des BSG könne der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse erfordern, dass betroffene Patienten im Interesse ihres Schutzes regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien behandelt würden. Dies gelte umso mehr, wenn die Behandlung sehr risikobehaftet sei und ausreichende Indizien für einen Nutzen nicht vorhanden seien. Sämtliche Fachgesellschaften und Expertengruppen, die sich vor Veröffentlichung der DSHNHL-Studie zu diesem Thema geäußert hätten, hätten die Beschränkung der Behandlung von Patienten mit großzelligen Lymphomen mit allogener Stammzelltransplantation auf klinische Studien empfohlen oder rieten hiervon ganz ab, wenn HLA-identische Familienspender nicht verfügbar waren. Im Gutachten vom 04.04.2016 widerlege Prof. Dr. H. die Argumentation von Dr. F ... Es stelle sich die Frage, weshalb der Versicherte nicht ein Standardprotokoll wie DHAP oder ICE bekommen habe, sondern stattdessen Zevalin verabreicht worden sei und danach ein für Patienten mit großzelligem Lymphom gänzlich unerprobtes Protokoll (Block C des alten B-ALL-Protokolls), welches im Rahmen einer Studie bei Patienten mit einer seltenen Unterform einer akuten Leukämie (B-ALL) erprobt worden sei. Es hätte vorliegend alles dafür gesprochen, nach Rezidivdiagnose im März 2005 der Empfehlung des DSHNHL-Protokolls zu folgen. Die Argumentation von Dr. F. sei nicht plausibel, dass eine Rezidivchemotherapie ohne Bestrahlung für den Patienten zu riskant gewesen sei, wenn gleichzeitig eine radikale myeloablative Ganzkörperbestrahlung mit hochdosierter Chemotherapie empfohlen und durchgeführt worden sei. Grund für das Vorgehen der Beklagten sei nicht die Tatsache, dass eine allogene Stammzelltransplantation durchgeführt worden sei, sondern die spezielle veraltete Methodik des Konditionierungsprotokolls. Dieses stehe einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung entgegen. Im vorliegenden Fall fehle eine korrekte Aufklärung mit dem Hinweis, dass es sich um eine experimentelle Therapie handele und national und international eine Teilnahme an klinischen Studien empfohlen werde. Eine wirksame Aufklärung müsse auch Therapiealternativen erfassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Behandlung habe dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprochen. Hier sei allein zu beurteilen, ob eine allogene Stammzelltransplantation im Rahmen der Rezidivbehandlung eines Non-Hodgkin-Lymphoms dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Auch der GBA überprüfe bei Bewertung einzelner Stammzelltransplantationen nicht einzelne Konditionierungsprotokolle auf ihre Evidenz. Das BSG habe in der Entscheidung vom 17.12.2013 (B 1 KR 70/12 R) lediglich die Frage aufgeworfen, ob die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA dem Qualitätsgebot entspreche. Die MDK-Ärzte wendeten sich vorliegend nicht gegen die allogene Stammzelltransplantation, ihr Einwand beschränke sich vielmehr darauf, der Patient hätte im Rahmen einer klinischen Studie allogen transplantiert werden müssen. Die Studie DSHNHL 2003-R3 spreche deutlich dafür, dass die angewandte Methode bereits damals dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe; in dem Protokoll werde auf positive Erfahrungen bei Behandlung von Patienten mit aggressivem Non-Hodgkin-Lymphom mit allogener Stammzelltransplantation verwiesen. Bei diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen habe der Anteil myeloablativer Konditionierungen im Jahr 2004 bei ca 35% gelegen und 2005 bei ca 47% und 2013 immer noch bei etwa 44%. Warum die myeloablative Konditionierung bei dieser Datenlage 2005 von vornherein nicht in Frage kommen sollte, bleibe unerklärlich. Angesichts des sehr hohen Rückfallrisikos beim Versicherten sei aus fachärztlicher Sicht die myeloablative Konditionierung, bei der das Rückfallrisiko deutlich geringer sei, gegenüber einer dosisreduzierten Konditionierung vorzugswürdig erschienen. Es bestehe bei Übereinstimmung molekular genetisch analysierter HLA-Allele wie hier kein relevanter Unterschied in den Behandlungsergebnissen zwischen Familienspender und nicht-verwandtem Spender. Bereits die EBMT von 2006, die schon am 20.07.2005 eingereicht worden sei, habe bei den aggressiven Lymphomen keine Unterscheidung mehr nach Familienspendern und nicht-verwandten Spendern enthalten.
Auch die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung lägen vor. Eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung habe vorgelegen und eine allgemein anerkannte Behandlung nicht zur Verfügung gestanden, wenn man sich auf den Standpunkt stelle, die hier angewandte allogene Stammzelltransplantation habe damals bei dem bestehenden Krankheitsbild des Versicherten keine Standardbehandlung dargestellt. Die Ärzte hätten damals vor der Alternative gestanden, eine palliative Therapie durchzuführen oder eine allogene Stammzelltransplantation mit dem Ziel der dauerhaften Heilung. Vorrangig sei das Ziel gewesen, einen Rückfall des Lymphoms zu vermeiden, weshalb eine myeloablative Konditionierung mit Ganzkörperbestrahlung erfolgt sei. Der Versicherte sei darüber aufgeklärt worden, dass bei dieser Therapie die Mortalitätsquote bei etwa 50% und die Rückfallquote bei etwa 30% liege. Daraus habe sich eine Heilungschance von etwa 20% ergeben. Jedenfalls vor dem Hintergrund der Klarstellung des Gesetzgebers im Rahmen des GKV-VSG vom 16.07.2015 erweise sich die Berufung als begründet, denn ausweislich der amtlichen Begründung handele es sich lediglich um eine Klarstellung vor dem Hintergrund einer zweifelhaften Gesetzesauslegung in der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Methode habe Potenzial iSv § 137c Abs 3 SGB V nF. Der Vergütungsanspruch hänge mit Ausnahme der Regelung in § 137c Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB V nicht von der Teilnahme an einer Studie ab. Im Übrigen wäre es auch medizinisch nicht vertretbar gewesen, den Versicherten im Rahmen der klinischen Studie zu behandeln. Der Kläger verweist insoweit auf Stellungnahmen von Dr. F. vom 20.08.2015 und 23.06.2016. Das Studienprotokoll verlange eine konventionelle Vortherapie (DHAP oder ICE), eine solche sei bei dem Versicherten nach zahlreichen Vortherapien medizinisch nicht mehr vertretbar gewesen. Ein geeigneter Stammzellspender sei erst Ende Mai 2005 gefunden worden, erst ab diesem Zeitpunkt habe über eine Studienteilnahme entschieden werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch ein Einschluss in die Studie vor dem Hintergrund der zwingend durchzuführenden konventionellen Vortherapien nicht mehr möglich gewesen.
Die pauschalen Annahmen der Beklagten zur fehlenden wirksamen Aufklärung bzw Einwilligung entbehrten jeglicher Grundlage. Eine schriftliche Einverständniserklärung nach umfangreicher mündlicher und schriftlicher Aufklärung sei vorgelegt worden. Eine bestimmte Form sei insoweit nicht erforderlich. Da die Teilnahme an einer Studie nicht vergütungsrelevant sei und eine Einbeziehung medizinisch nicht vertretbar gewesen sei, habe hierüber auch nicht aufgeklärt werden müssen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die gemäß § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 100.363,91 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.09.2006. Das SG hat zu Unrecht entschieden, dass in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall aufgrund der allogenen Stammzelltransplantation Vergütungsansprüche nach DRG A04D und damit in Zusammenhang stehende Abrechnungsposten entstanden sind.
Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 5 SGG die richtige Klage gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 23.07.2002, B 3 KR 64/01 R, BSGE 90, 1). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl BSG 02.11.2010, B 1 KR 11/10 R, BSGE 107, 78).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs des Klägers als DRG-Krankenhaus sind § 109 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2005 vom 16.09.2004 (Fallpauschalenvereinbarung 2005 - FPV 2005 -) und deren Anlage 1 Teil a iVm § 17b Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Vertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlungen (KHBV) zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen idF des Schiedsspruchs vom 21.09.2005 galt ab 01.01.2006. In den Jahren 2004 und 2005 existierte kein Vertrag.
Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG iVm § 18 Abs 2 KHG: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Komorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R, BSGE 100, 164; BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 KR R, BSGE 102, 172). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch ist gerichtet auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V).
Der Versicherte war im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglied der Beklagten. Es bestand aufgrund der Schwere der Erkrankung des Versicherten (Chemotherapie refraktäres Rezidiv bei großzelligem B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom) die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 Abs 1 SGB V. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Einziger Einwand der Beklagten ist, dass die angewandte Behandlungsmethode nur bei Teilnahme des Versicherten an einer klinischen Studie zu Lasten der GKV abrechenbar sei.
Auch die ua von § 17b KHG erfassten Leistungen müssen grundsätzlich dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4 mwN). § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R, juris und BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) stattzufinden hat (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO).
Nach § 137c Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des Art 1 Nr 106 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003, BGBl I S 2190) überprüft der GBA auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BSG normiert § 137c SGB V einen bloßen Verbotsvorbehalt (BSG 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R, BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6; BSG 18.12.2012, B 1 KR 34/12 R, BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2; BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO) und setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. § 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die Krankenkasse und anschließender Prüfung durch die Gerichte. An dieser Rechtsprechung hat sich auch durch die Einfügung des Abs 3 in § 137c SGB V mWv 23.07.2015 (GKV-VSG vom 16.07.2015, BGBl I S 1211) nichts geändert (BSG 17.11.2015, B 1 KR 15/15 R, SozR 4-2500 § 137 Nr 6).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben entspricht die stattgefundene Behandlung des Versicherten, der an einem Chemotherapie refraktären Rezidiv bei großzelligem B-Zell-Hon-Hodgkin-Lymphom litt, mit allogener Stammzelltransplantation nach "klassischer" myeloablativer Konditionierung nicht dem Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG, dass im Zeitraum Juli bis September 2005 die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode noch nicht befürwortete und über die Zweckmäßigkeit der Therapie auch kein Konsens bestand. Der Senat stützt sich insoweit im Wesentlichen auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen in den MDK-Gutachten von Prof. Dr. H. vom 02.12.2013 und 05.01.2015. Danach lassen sich aus der Analyse des französischen Transplantationsregisters (Dhedin 1999) und einer Fallsammlung französischer Transplantationszentren (Bernard 1999) für den hier vorliegenden Fall eines großzelligen Chemotherapie refraktären B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms keine eindeutigen Erkenntnisse für eine Abwägung der Nutzen-Schaden-Relation einer allogenen Stammzelltransplantation entnehmen. In einer Fallsammlung aus israelischen Transplantationszentren (Nagler 2000) wiesen drei von 23 Patienten die Merkmale wie der Versicherte auf; alle drei verstarben zwei bzw drei Monate nach der Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation. Auch wenn Dr. F. zu Recht darauf hinweist, dass diese Fallzahl zu klein für eine wissenschaftliche Aussage ist, so spricht das Ergebnis doch jedenfalls nicht für einen Nutzenbeleg. Aus den EBTM-Registeranalysen (Robinson 2002 und Peniket 2003) lassen sich ebenfalls keine Belege dafür entnehmen, dass auch bei Patienten mit großzelligem refraktärem Lymphom ein Behandlungserfolg eingetreten war. Nach Robinson lebten von 40 Chemotherapie refraktären (von insgesamt ausgewerteten 188) Patienten mit Lymphomen nach allogener Stammzelltransplantation nur zwei länger als 18 Monate (2 Jahre und 2,5 Jahre); in dieser Gruppe waren jedoch auch Patienten mit den prognostisch wesentlich günstigeren kleinzelligen Lymphomen, so dass kein Beleg vorhanden ist, dass auch nur ein Patient mit großzelligem refraktären Lymphom überlebt hat. Nach Peniket lebten von 255 Patienten mit großzelligem Lymphom (insgesamt analysiert 1.185 Patienten) fünf Jahre nach allogener Stammzelltransplantation noch 53, nach 10 Jahren noch neun Patienten. Da allerdings ca 80% der Patienten Chemotherapie sensitiv mit deutlich günstigerer Prognose waren, ist auch hier ein Nutzen für Patienten mit refraktärem großzelligem Lymphom nicht erkennbar. Aus der Publikation von Izutsu (2004) zur Analyse des japanischen Transplantationsregisters lässt sich für die hier bestehende Konstellation ebenfalls nichts entnehmen. Von den 124 ausgewerteten Patientendaten betrafen nur fünf Patienten mit einem großzelligen Lymphom und nur 33 Patienten mit refraktärem Lymphom. Danach wiesen Patienten mit einer Chemotherapie refraktären Erkrankung eine deutlich ungünstigere Prognose auf; als weitere signifikant für eine Prognose ungünstige Merkmale erwiesen sich ein Alter über 40 Jahre und eine vorherige Behandlung mit autologer Stammzelltransplantation. Diese ungünstigen Merkmale trafen sämtlich auf den Versicherten zu. In der Analyse von Freytes zum US-amerikanischen Transplantationsregister von 2004 werden Daten von 114 Patienten untersucht, davon wiesen nur acht ein großzelliges Lymphom und nur 23 eine Chemotherapie refraktäre Erkrankung auf. Nur ein Patient mit Chemotherapie refraktärer Erkrankung überlebte länger als 12 Monate. Da die Patienten mit kleinzelligem Lymphom deutlich in der Überzahl waren und deren Prognose deutlich günstiger ist, erscheint sehr wahrscheinlich, dass der überlebende Patient nicht an einem großzelligen Lymphom litt. Die im Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten erst als Kongressveröffentlichung vorliegende Untersuchung von Doocey (12/2004) über eine Fallsammlung von 47 Patienten lässt nicht erkennen, ob auch nur ein Patient mit der Konstellation Chemotherapie refraktäres, großzelliges B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom langfristig nach allogener Stammzelltransplantation überlebt hat. Auch aus anderen wissenschaftlichen Stellungnahmen lässt sich mit Stand 2005 nicht entnehmen, dass die allogene Stammzelltransplantation für refraktäre, großzellige B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphome empfohlen oder gar als Standardtherapie angesehen wurde. Die 2005 noch maßgebliche EBTM-Publikation von 2002 stufte die Indikation Lymphome hohen oder intermediären Grades, refraktäres Krankheitsstadium in die vierte Kategorie "not generally recommanded" (NR) ein, also eine Kategorie, in der Patienten üblicherweise nicht mit allogener Stammzelltransplantation behandelt werden (ab 2006 klarstellend als "generell nicht empfohlen" benannt). Bereits bei der dritten Kategorie D (in klinischer Entwicklung) handelt es sich um Behandlung mit Stammzelltransplantationen, welche sich in einem frühen Stadium der klinischen Entwicklung befinden, der Einschluss in eine klinische Studie wird empfohlen. Das Manual Maligne Lymphome vom Tumorzentrum M. (7. Aufl 2004, S 126 ff) führt zum Stellenwert der allogenen Stammzelltransplantation bei Patienten mit großzelligem Lymphom aus: "Hinsichtlich der allogenen Transplantation bei jüngeren Patienten im Rezidiv nach konventioneller Therapie oder autologer Stammzelltransplantation ist die Datenlage spärlich und zeigt eine hohe Therapie-assoziierte Mortalität. Eine Empfehlung hierzu kann derzeit nicht ausgesprochen werden. Eine weitere Evaluierung der allogenen Transplantation im Rahmen von Studien ist erforderlich". Eine ähnliche Empfehlung ergibt sich aus den 2003 herausgegebenen Leitlinien der amerikanischen Gesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarkstransplantation, in welcher für Patienten mit großzelligen Lymphomen eine Liste enthalten ist, in der nicht ausreichend erprobte Transplantationsverfahren genannt werden, die nur in klinischen Studien empfohlen werden; dazu gehört die myeloablative allogene Stammzelltransplantation. Der Senat folgt insoweit insgesamt den Ausführungen von Prof. Dr. H., dass im Jahr 2005 die allogene Stammzelltransplantation bei Patienten mit großzelligem Lymphom nach der ganz überwiegenden Einschätzung der wissenschaftlichen Fachwelt als Behandlung mit nicht gesichertem Nutzen eingestuft wurde, die deshalb nur im Rahmen klinischer Studien empfohlen wurde.
Zur Überzeugung des Senats sind auch die im Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) aufgestellten Kriterien vorliegend nicht erfüllt (vgl nunmehr § 2 Abs 1a SGB V eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2012 durch Art 1 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011, BGBl I S 2983). Der Versicherte hatte auch bei grundrechtsorientierter Auslegung keinen Anspruch auf diese Behandlung, weshalb dem Kläger kein Vergütungsanspruch nach der DRG A04D (Fallpauschalen-Katalog 2005) zusteht.
Das BVerfG hat mit dem genannten Beschluss zu einer ärztlichen Behandlungsmethode entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Artikel 2 Abs 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt daher voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (ständige Rechtsprechung; BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, aaO; BSG 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R, SozR 4-2500 § 18 Nr 8 und 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO).
Eine lebensbedrohliche bzw regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei dem Versicherten unstreitig vor. Der Versicherte litt an einem Chemotherapie refraktären, großzelligen Lymphom, das unbehandelt innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von wenigen Wochen bzw Monaten zum Tode geführt hätte. Dies entnimmt der Senat den Aussagen des behandelnden Arztes Dr. F. und den Gutachten von Prof. Dr. H., die in dieser Einschätzung übereinstimmen. Es gab damals auch keine alternative Behandlungsmethode (mehr), die ebenfalls das Ziel hatte, die Krankheit zu heilen, und dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprach. Insoweit wird auf die oben gemachten Ausführungen zur fehlenden Anerkennung der allogenen Stammzelltransplantation als anerkannte Behandlungsmethode bei großzelligen, refraktären Lymphomen Bezug genommen. Andere Behandlungen mit kurativem Ansatz waren schon gar nicht ersichtlich, es hätte lediglich noch eine palliative Behandlung zur Verfügung gestanden.
Zur Überzeugung des Senats bestand mit der allogenen Blutstammzelltransplantation außerhalb einer klinischen Studie in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall allerdings keine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine "spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf". Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist zu bejahen, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten oder Komplikationen verhindert werden. Setzt im Grundsatz das Qualitätsgebot voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode, die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können iS einwandfrei durchgeführter Studien mit einer ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen, sind diese Anforderungen im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung abhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz einzuschränken. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zu verlangen ist, um davon ausgehen zu dürfen, dass die behaupteten Behandlungserfolge mit hinreichender Sicherheit dem Einsatz gerade der streitigen Behandlung zugerechnet werden können und das einzugehende Risiko vertretbar ist, unterliegt Abstufungen je nach der Schwere und dem Stadium der Erkrankung. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg". Anhaltspunkte zur Entwicklung solcher Abstufungen können die in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), vor dem 01.04.2006 die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) niedergelegten Grundsätze bieten (LSG Baden-Württemberg 16.10.2015, L 4 KR 3748/13, juris). Es können als Beurteilungsgrundlage beim Fehlen anderer Studien auch "Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, uÄ; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten und Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen" in Betracht kommen (zum Ganzen mwN: BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V kann nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung bestehen, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO).
Gemessen an diesen Kriterien kann insbesondere im Hinblick auf das besonders hohe Risiko bei der hier vorgenommenen allogenen Stammzelltransplantation nach Konditionierung mit Hochdosischemotherapie und Ganzkörperbestrahlung nicht festgestellt werden, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Die als einzig mögliche mit dem Ziel der Heilung in Betracht kommende Therapie durch allogene Stammzelltransplantation hätte bei der hier vorliegenden, prognostisch äußerst ungünstigen Situation eines Chemotherapie refraktären, großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms allein im Rahmen einer klinischen Studie erfolgen dürfen. Die Beschränkung auf die Erbringung der Behandlung im Rahmen von Studien ist auch im Rahmen der grundrechtlich gebotenen Auslegung von Leistungsansprüchen ggf geboten, um Patienten gerade auch in einer für sie ausweglos erscheinenden Situation nicht den insoweit bestehenden Schutzmechanismen zu entziehen (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO RdNr 31). Nach der bestehenden Erkenntnislage im Jahr 2005 wurde generell bei der hier vorliegenden Konstellation eine allogene Stammzelltransplantation außerhalb von Studien nicht befürwortet, wie oben ausgeführt. Eine solche Studienteilnahme wäre im vorliegenden Fall möglich gewesen, so dass sich die Frage nicht stellt, ob angesichts ansonsten fehlender Alternativen im Einzelfall eine Behandlung auch außerhalb von Studien vertretbar gewesen wäre.
Der Versicherte erfüllte die Einschlusskriterien der DSHNHL 2003-R3Studie "Allogene Stammzelltransplantation nach Vorbehandlung mit Fludarabin, Busulfan, Cyclophosphamid und GvHD-Prophylaxe mit oder ohne Rituximab bei Patienten mit Rezidiv eines aggressiven Non-Hodgkin-Lymphoms in besonderer Risikosituation im Alter von 18 bis 65 Jahren". Der Kläger wendet insoweit lediglich ein, dass der Einschluss in diese Studie im Mai/Juni 2005 nicht mehr möglich gewesen wäre, da der Versicherte aufgrund der Vorbehandlungen nicht mehr entsprechend dem Studienprotokoll mit weiterer Chemotherapie hätte behandelt werden können. Diese Argumentation überzeugt den Senat nicht. Die allogene Stammzelltransplantation wurde als Behandlungsoption nach Auftreten des Rezidivs im März 2003 in Erwägung gezogen, die schriftliche Einwilligung des Versicherten zur Spendersuche datiert vom 15.04.2005. Bereits zum damaligen Zeitpunkt hätte eine Behandlung mit Chemotherapie entsprechend dem Studienprotokoll nach dem DHAP-Protokoll oder dem ICE-Protokoll nahegelegen, wie Prof. Dr. H. insbesondere in seinem Gutachten vom 05.01.2015 nachvollziehbar ausführt. Stattdessen erfolgte im März 2005 eine Behandlung mit Zevalin, das für die Behandlung von Patienten mit kleinzelligem Lymphom zugelassen ist. Nach erfolglosem Verlauf erhielt der Versicherte eine Rezidivchemotherapie nach dem B-ALL-NHL-2002-Protokoll, welches ebenfalls nach den Vorgaben der Deutschen ALL-Studiengruppe nicht für Patienten mit großzelligen Lymphomen gedacht war. Zudem ist die Behandlung nach Block C des alten B-ALL-Protokolls dem DHAP-Protokoll sehr ähnlich, es wird lediglich neben Dexamethason und hochdosiertem Ara-C als dritte Substanz Cisplatin eingesetzt, bei B-ALL stattdessen Vindesin und Etoposid (Ara-C doppelt so hoch dosiert und Etoposid mit höherem Potenzial zur Schädigung des Knochenmarks als Cisplatin). Warum stattdessen nicht eine Behandlung nach dem Protokoll der DSHNHL-2003-R3 Studie in Betracht gezogen worden ist, erschließt sich dem Senat nicht. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, denn auch im Zeitpunkt Mai/Juni 2005 wäre zur Überzeugung des Senats noch eine Teilnahme an der Studie möglich gewesen. Dies folgt schon daraus, dass das Blutbild des Versicherten sich im Rahmen der Untersuchung vom 15.06.2005 als völlig normal darstellte, worauf Prof. Dr. H. wiederholt hingewiesen hat. Der nach dem Studienprotokoll geforderten Vorbehandlung hätte danach nichts entgegengestanden. Im Übrigen werden nach dem DSHNHL-Studienprotokoll zur Vorbehandlung mit konventioneller Chemotherapie zwar die beiden am häufigsten eingesetzten und am besten klinisch geprüften Protokolle für Patienten mit rezidivierenden großzelligen Lymphomen empfohlen (DHAP und ICE), andere Therapieprotokolle können aber in Betracht gezogen werden, ggf nach Rücksprache mit der Studienleitung. Wie die Endauswertung der Studie nach den Ausführungen von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 04.04.2016 ergeben hat, wurde bei fast der Hälfte der Patienten (48%) von dieser Empfehlung abgewichen und andere Protokolle eingesetzt.
Nach alledem ist es auch im Rahmen der grundrechtskonformen Auslegung des Leistungsrechts nicht geboten, die hier noch rein experimentelle Behandlungsmethode, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt ist, außerhalb einer klinischen Studie anzuerkennen.
Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder er noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Gerichtskostengesetz.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 100.363,91 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Der bei der Beklagten versicherte E. A. (im Folgenden: Versicherter), geboren am 31.03.1946, wurde vom 04.07.2005 bis zu seinem Tod am 04.09.2005 im Hochschulklinikum des Klägers stationär behandelt. Bei dem Versicherten wurde im Mai 1999 die Erstdiagnose eines follikulären B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms Grad I-II, Stadium IVA gestellt. Nach einer Beobachtungsphase erfolgten von März bis Juli 2001 6 Zyklen Chemotherapie nach dem CHOP-Protokoll bei ausgedehntem Progress im Bereich des linken Oberschenkels mit kompletter Remission. Im Juni 2003 trat ein Rezidiv im Bereich des rechten Unterschenkels mit Hautinfiltration auf (follikuläres Lymphom Grad I). Anschließend erfolgte eine Radiatio des rechten Unterschenkels (Juli/August 2003) und der rechten Inguinalregion (September/Oktober 2003). Im Januar 2004 wurde ein Übergang zu einem aggressiven großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom (Grad III) festgestellt. Von Februar bis April 2004 erfolgten 4 Zyklen Chemo-Immun-Therapie nach dem R-CHOP-Protokoll, anschließend im Mai 2004 ein Zyklus Chemotherapie nach dem VIPE-Protokoll und im Juni 2004 ein Zyklus Chemotherapie nach dem VIP-Protokoll. Im Juli 2004 erfolgte eine Hochdosis-Chemotherapie nach dem BEAM-Protokoll mit anschließender autologer Stammzelltransplantation. Im September 2004 lag eine Remission der Tumormanifestationen inguinal und suprasymphysär vor, jedoch ein Progress im Bereich des rechten Unterschenkels. Angeschlossen wurde eine Rituximab-Erhaltungstherapie bis Januar 2005. Bei erneut größenprogredienten Lymphknoten wurde im März 2005 eine Zevalin-Behandlung durchgeführt und bei weiterem Lymphomprogress im April 2005 erfolgte eine Behandlung nach Block C des B-ALL-Protokolls mit anschließender Stammzellretransfusion. Als Komplikation trat ein pilztypisches pulmonales Infiltrat im linken Unterlappen auf, das sich nach antimykotischer Therapie bis Juni 2005 nahezu komplett zurückbildete. Am 08.06.2005 zeigte sich ein erneuter Lymphomprogress mit Hautmanifestationen. Am 14.07.2005 erfolgte eine allogene Stammzelltransplantation (HLA-identischer, nicht verwandter Spender) nach myeloablativer Konditionierung (Cyclophosphamid 2 x 60 mg/kg und Ganzkörperbestrahlung 12 Gy). Ab 04.08.2005 entwickelte der Versicherte zunehmend Atembeschwerden und musste auf die Intensivstation verlegt werden. Er verstarb am 04.09.2005 aufgrund eines Lungenversagens.
Unter Ansatz der Diagnosis Related Group (DRG) A04D (Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, ohne In-vitro-Aufbereitung, HLA-identisch) forderte der Kläger zunächst mit Rechnung vom 27.10.2005 von der Beklagten einen Gesamtbetrag iHv 99.139,75 EUR. Diese Rechnung wurde unter dem 08.08.2006 storniert und mit stationärer Endabrechnung mit gleichem Datum nunmehr ein Betrag iHv 100.363,91 EUR gefordert. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Auf Veranlassung der Beklagten überprüfte Dr. Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) die Krankenhausabrechnung und kam in seinem Gutachten vom 22.12.2005 zu dem Ergebnis, die fremd-allogene Stammzelltransplantation bei hochmalignen Lymphomen therapierefraktär nach autologer Stammzelltransplantation stelle ein hochexperimentelles, nicht evidenzgesichertes Therapieverfahren dar. Solche Therapien könnten in Form von klinischen Studien durchgeführt werden. Es finde sich kein Hinweis, dass der Versicherte im Rahmen eines Studienprotokolls behandelt worden sei. Es handele sich um einen individuellen Heilversuch, der keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung auslösen könne.
Nachdem die Beteiligten den Widerspruch des Klägers zunächst im Hinblick auf parallele Abrechnungsstreitigkeiten ruhend gestellt hatten, führte Dr. F., Ärztlicher Leiter der allogenen Stammzelltransplantation des Klägers mit Stellungnahme vom 31.10.2012 aus, bei dem Versicherten sei die Prognose äußerst schlecht gewesen, seine geschätzte Lebenserwartung habe wenige Monate betragen. Alle Therapieverfahren außer der allogenen Stammzelltransplantation seien ausgeschöpft gewesen, dies sei die einzige Behandlungsmöglichkeit zur Abwendung des drohenden Todes gewesen. Drei Studien aus den Jahren 2003 und 2004 (Izutsu, Freytes und Doocey) belegten, dass die Wahrscheinlichkeit, drei Jahre nach allogener Stammzelltransplantation ohne Krankheitsrückfall am Leben zu sein, mindestens 15% betragen habe. Dies stehe im Kontrast zu einer 100% Mortalität ohne allogene Stammzelltransplantation. Die Studien belegten, dass im Jahr 2005 ausreichende medizinische Erkenntnisse verfügbar gewesen seien, um diese erfolgversprechende Behandlung durchzuführen.
Am 10.06.2013 hat der Kläger zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage auf Zahlung des streitgegenständlichen Betrages erhoben. Die allogene Stammzelltransplantation entspreche dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse. Der Vergütungsanspruch ergebe sich aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts. Wie sich aus den Stellungnahmen von Dr. F. vom 31.10.2012 und 02.06.2014 ergebe, habe bei dem Versicherten eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen. Eine andere Therapie als die allogene Stammzelltransplantation mit dem Ziel der Heilung habe nicht zur Verfügung gestanden. Aus den von Dr. F. zitierten Studien ergebe sich, dass eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung bestanden habe. Diese Studien bewiesen, dass Patienten mit einem chemorefraktären Rezidiv eines diffusen großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms durch allogene Stammzelltransplantation geheilt werden könnten. Aus diesen Daten habe für den Versicherten eine 3-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von mindestens 25% und eine Heilungschance von mindestens 15% abgeleitet werden können.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Gutachten von Prof. Dr. H., Leiter des Kompetenz Zentrums Onkologie beim MDK N., vom 02.12.2013 und 05.01.2015 vorgelegt. Dieser führt zusammenfassend aus, dass die Studien von Freytes, Izutsu und Doocey über die Prognose bei der hier vorliegenden Konstellation großzelliges Lymphom und Chemotherapie refraktäres Rezidiv und nicht verwandter Spender nichts aussagten, die Arbeit von Doocey sei als Vollpublikation zudem erst im Oktober 2005 erschienen (Kongressvortrag im Dezember 2014). Es werde in der Literatur bis 2005 nicht ein Fall beschrieben, bei dem eine Heilung eines Patienten mit entsprechender Prognosekonstellation durch eine allogene Stammzelltransplantation erfolgt sei. Der Versicherte hätte im Rahmen der damaligen DSHNHL-R3-Studie behandelt werden können. In diesem Protokoll sei der Stellenwert der allogenen Stammzelltransplantation bei Patienten mit aggressiven (großzelligen) Lymphomen im Alter von 18 bis 65 Jahren erprobt worden. Eines der weiteren Einschlusskriterien sei ein Rezidiv nach Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation gewesen. Seit Publikation der Studienergebnisse im Mai 2014 (3-Jahres-Überleben 38,3%) werde die Behandlung von Patienten mit Chemotherapie refraktärem großzelligem Lymphom als Standardindikation für allogene Stammzelltransplantation anerkannt, sofern die Konditionierung nach dem DSHNHL-R3-Protokoll erfolge. Die mutmaßlich für das günstige Behandlungsergebnis verantwortliche Besonderheit dieses Protokolls liege in der Konditionierung mit drei Medikamenten (teilweise dosisreduziert) mit ausgeprägter Wirksamkeit bei Lymphomen unter Verzicht auf eine Ganzkörperbestrahlung. Hier sei dagegen eine klassische myeloablative Konditionierung erfolgt. Bereits 2005 sei bekannt gewesen, dass solche Konditionierungsprotokolle mit einer behandlungsbedingten Sterblichkeit von mehr als 50% verbunden seien. Nach der Europäischen Fachgesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarktransplantation (EBTM) sei die Transplantation bei Lymphomen hohen oder intermediären Grades, refraktärem Krankheitsstadium und nicht-verwandtem Spender der Kategorie "not generally recommanded"(NR) zugeordnet worden. Bereits bei der dritten Kategorie "in klinischer Entwicklung" (D – für developmental) werde der Einschluss in eine klinische Studie empfohlen. Würden in Abweichung von den EBMT-Empfehlungen auch in der Kategorie NR allogene Stammzelltransplantationen durchgeführt, sei erst recht die Teilnahme an klinischen Studien dringend zu empfehlen. Die Aufklärung des Versicherten sei nicht ausreichend, es fehle der Hinweis auf die Durchführung einer experimentellen Therapie und die Möglichkeit der Teilnahme an einer Studie. Die wirksame Einwilligung in die Behandlung sei jedoch Voraussetzung des Vergütungsanspruchs gegen die Krankenkasse.
Mit Urteil vom 11.02.2015 hat das SG die Beklagte zur Zahlung von 100.363,91 EUR nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.09.2006 verurteilt. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Behandlung des Versicherten habe nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse eine Krankenhausbehandlung, die nicht dem Qualitätsgebot entspreche, von den Krankenkassen nicht bezahlt werden. § 137c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürfe nicht über seinen Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden. Aus der Aufnahme der allogenen Stammzelltransplantation in die DRG im Fallpauschalenkatalog 2005 könne nicht gefolgert werden, dass diese dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im maßgebenden Zeitpunkt der Behandlung entsprochen habe. Ein Ausschluss der allogenen Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom sei in der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung zwar nicht erfolgt. Das im stationären Bereich zu beachtende Qualitätsgebot fordere jedoch, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürworte. Nach den von den Beteiligten zitierten Publikationen und ärztlichen Stellungnahmen stehe für das SG fest, dass die allogene Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom jedenfalls außerhalb einer klinischen Studie im Zeitraum Juli bis September 2005 nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Gleichwohl habe ein Vergütungsanspruch des Klägers bestanden, dieser ergebe sich aus grundrechtsorientierter Auslegung. Bei dem Versicherten habe eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, die innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt hätte. Auch Prof. Dr. H. sei davon ausgegangen, dass es sich um eine tödlich verlaufende Erkrankung gehandelt habe und die im Jahr 2005 verfügbaren anerkannten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft gewesen seien. Allein durch eine allogene Stammzelltransplantation sei eine Heilung trotz der zweifellos vorhandenen hohen Risiken möglich gewesen. Bei dieser Behandlungsmethode habe durchaus eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung bestanden. Neben den Aussagen des Dr. F. belegten dies überzeugend die Ergebnisse der DSHNHL 2003-R3-Studie sowie die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie "Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom", die beide die allogene Stammzelltransplantation bei Non-Hodgkin-Lymphom als wesentliche und vielversprechende Therapieoption ansähen. Eine wirksame Einwilligung des Versicherten in die Behandlung als Vergütungsvoraussetzung habe vorgelegen. Eine Verpflichtung zur Aufklärung über die Möglichkeit der Behandlung in einer Studie habe nicht bestanden.
Gegen das ihr am 04.03.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.03.2015 eingelegte Berufung der Beklagten. Es stehe fest, dass die Behandlung nicht dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse entsprochen habe. Die in den 80er Jahren eingesetzten Protokolle mit maximal dosierter Ganzkörperbestrahlung seien 2005 längst verlassen worden, da diese mit einer nicht akzeptabel hohen Rate tödlicher Komplikationen verbunden gewesen seien. Mit den ab ca 2000 vorzugsweise eingesetzten dosisreduzierten Konditionierungsprotokollen hätten bei Patienten mit kleinzelligen Lymphomen in Einzelfällen günstigere Ergebnisse erzielt werden können. Bei Patienten mit großzelligem Lymphom seien diese Protokolle aufgrund unzureichender Tumorkontrolle nicht geeignet gewesen. Das hier eingesetzte Protokoll sei mit einer hohen Rate tödlicher Komplikationen verbunden gewesen und selbst in Einzelfallberichten sei eine erfolgreiche Behandlung bei der vorliegenden Konstellation nicht beschrieben worden. Nach der 2002 publizierten EBMT-Empfehlung werde bei Patienten mit Chemotherapie refraktärem Rezidiv eines großzelligen Lymphoms eine Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation in klinischen Studien nur für den Fall empfohlen, dass ein HLA-identischer Familien- bzw Geschwisterspender verfügbar sei. Bei nicht verwandten Spendern sei von einer Behandlung abgeraten worden (NR). In der medizinischen Fachwelt habe es gerade keinen Konsens über die Zweckmäßigkeit der eingesetzten Therapie gegeben. Die Studienteilnahme stelle eine Ausnahme vom Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V dar. Allen damit verbundenen Schutzmechanismen sei der Versicherte hier grundlos entzogen worden, obwohl es eine erfolgversprechende Behandlungsalternative gegeben habe. Diese sei ignoriert und stattdessen eine wissenschaftlich durch nichts gestützte deutlich riskantere Behandlung versucht worden. Ein individueller Heilversuch sei nur dann gerechtfertigt, wenn es kein anderes Mittel mehr gebe.
Die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung lägen nicht vor, denn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf habe nicht bestanden. Die Rechtsprechung setze insoweit eine Risiko-Nutzen-Abwägung der Methodenanwendung allgemein sowie im konkreten Fall voraus. Der Patientenschutz gebiete die jeweils mögliche Erhebung und Zugänglichmachung von verfügbaren Informationen durch die Behandler entsprechend ihrem Berufs- und Standesrecht. Vorliegend habe ein Risiko von tödlichen Komplikationen von über 50% bestanden. Laut MDK-Gutachten hätte man damals zumindest der von deutschen Studiengruppen veröffentlichten Empfehlung folgen müssen, ein Fludarabin-haltiges dosisreduziertes Konditionierungsprotokoll auszuwählen. Nach der Rechtsprechung des BSG könne der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse erfordern, dass betroffene Patienten im Interesse ihres Schutzes regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien behandelt würden. Dies gelte umso mehr, wenn die Behandlung sehr risikobehaftet sei und ausreichende Indizien für einen Nutzen nicht vorhanden seien. Sämtliche Fachgesellschaften und Expertengruppen, die sich vor Veröffentlichung der DSHNHL-Studie zu diesem Thema geäußert hätten, hätten die Beschränkung der Behandlung von Patienten mit großzelligen Lymphomen mit allogener Stammzelltransplantation auf klinische Studien empfohlen oder rieten hiervon ganz ab, wenn HLA-identische Familienspender nicht verfügbar waren. Im Gutachten vom 04.04.2016 widerlege Prof. Dr. H. die Argumentation von Dr. F ... Es stelle sich die Frage, weshalb der Versicherte nicht ein Standardprotokoll wie DHAP oder ICE bekommen habe, sondern stattdessen Zevalin verabreicht worden sei und danach ein für Patienten mit großzelligem Lymphom gänzlich unerprobtes Protokoll (Block C des alten B-ALL-Protokolls), welches im Rahmen einer Studie bei Patienten mit einer seltenen Unterform einer akuten Leukämie (B-ALL) erprobt worden sei. Es hätte vorliegend alles dafür gesprochen, nach Rezidivdiagnose im März 2005 der Empfehlung des DSHNHL-Protokolls zu folgen. Die Argumentation von Dr. F. sei nicht plausibel, dass eine Rezidivchemotherapie ohne Bestrahlung für den Patienten zu riskant gewesen sei, wenn gleichzeitig eine radikale myeloablative Ganzkörperbestrahlung mit hochdosierter Chemotherapie empfohlen und durchgeführt worden sei. Grund für das Vorgehen der Beklagten sei nicht die Tatsache, dass eine allogene Stammzelltransplantation durchgeführt worden sei, sondern die spezielle veraltete Methodik des Konditionierungsprotokolls. Dieses stehe einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung entgegen. Im vorliegenden Fall fehle eine korrekte Aufklärung mit dem Hinweis, dass es sich um eine experimentelle Therapie handele und national und international eine Teilnahme an klinischen Studien empfohlen werde. Eine wirksame Aufklärung müsse auch Therapiealternativen erfassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11.02.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Behandlung habe dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprochen. Hier sei allein zu beurteilen, ob eine allogene Stammzelltransplantation im Rahmen der Rezidivbehandlung eines Non-Hodgkin-Lymphoms dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Auch der GBA überprüfe bei Bewertung einzelner Stammzelltransplantationen nicht einzelne Konditionierungsprotokolle auf ihre Evidenz. Das BSG habe in der Entscheidung vom 17.12.2013 (B 1 KR 70/12 R) lediglich die Frage aufgeworfen, ob die allogene Stammzelltransplantation mit nicht-verwandtem Spender bei SAA dem Qualitätsgebot entspreche. Die MDK-Ärzte wendeten sich vorliegend nicht gegen die allogene Stammzelltransplantation, ihr Einwand beschränke sich vielmehr darauf, der Patient hätte im Rahmen einer klinischen Studie allogen transplantiert werden müssen. Die Studie DSHNHL 2003-R3 spreche deutlich dafür, dass die angewandte Methode bereits damals dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe; in dem Protokoll werde auf positive Erfahrungen bei Behandlung von Patienten mit aggressivem Non-Hodgkin-Lymphom mit allogener Stammzelltransplantation verwiesen. Bei diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen habe der Anteil myeloablativer Konditionierungen im Jahr 2004 bei ca 35% gelegen und 2005 bei ca 47% und 2013 immer noch bei etwa 44%. Warum die myeloablative Konditionierung bei dieser Datenlage 2005 von vornherein nicht in Frage kommen sollte, bleibe unerklärlich. Angesichts des sehr hohen Rückfallrisikos beim Versicherten sei aus fachärztlicher Sicht die myeloablative Konditionierung, bei der das Rückfallrisiko deutlich geringer sei, gegenüber einer dosisreduzierten Konditionierung vorzugswürdig erschienen. Es bestehe bei Übereinstimmung molekular genetisch analysierter HLA-Allele wie hier kein relevanter Unterschied in den Behandlungsergebnissen zwischen Familienspender und nicht-verwandtem Spender. Bereits die EBMT von 2006, die schon am 20.07.2005 eingereicht worden sei, habe bei den aggressiven Lymphomen keine Unterscheidung mehr nach Familienspendern und nicht-verwandten Spendern enthalten.
Auch die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung lägen vor. Eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung habe vorgelegen und eine allgemein anerkannte Behandlung nicht zur Verfügung gestanden, wenn man sich auf den Standpunkt stelle, die hier angewandte allogene Stammzelltransplantation habe damals bei dem bestehenden Krankheitsbild des Versicherten keine Standardbehandlung dargestellt. Die Ärzte hätten damals vor der Alternative gestanden, eine palliative Therapie durchzuführen oder eine allogene Stammzelltransplantation mit dem Ziel der dauerhaften Heilung. Vorrangig sei das Ziel gewesen, einen Rückfall des Lymphoms zu vermeiden, weshalb eine myeloablative Konditionierung mit Ganzkörperbestrahlung erfolgt sei. Der Versicherte sei darüber aufgeklärt worden, dass bei dieser Therapie die Mortalitätsquote bei etwa 50% und die Rückfallquote bei etwa 30% liege. Daraus habe sich eine Heilungschance von etwa 20% ergeben. Jedenfalls vor dem Hintergrund der Klarstellung des Gesetzgebers im Rahmen des GKV-VSG vom 16.07.2015 erweise sich die Berufung als begründet, denn ausweislich der amtlichen Begründung handele es sich lediglich um eine Klarstellung vor dem Hintergrund einer zweifelhaften Gesetzesauslegung in der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Methode habe Potenzial iSv § 137c Abs 3 SGB V nF. Der Vergütungsanspruch hänge mit Ausnahme der Regelung in § 137c Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB V nicht von der Teilnahme an einer Studie ab. Im Übrigen wäre es auch medizinisch nicht vertretbar gewesen, den Versicherten im Rahmen der klinischen Studie zu behandeln. Der Kläger verweist insoweit auf Stellungnahmen von Dr. F. vom 20.08.2015 und 23.06.2016. Das Studienprotokoll verlange eine konventionelle Vortherapie (DHAP oder ICE), eine solche sei bei dem Versicherten nach zahlreichen Vortherapien medizinisch nicht mehr vertretbar gewesen. Ein geeigneter Stammzellspender sei erst Ende Mai 2005 gefunden worden, erst ab diesem Zeitpunkt habe über eine Studienteilnahme entschieden werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch ein Einschluss in die Studie vor dem Hintergrund der zwingend durchzuführenden konventionellen Vortherapien nicht mehr möglich gewesen.
Die pauschalen Annahmen der Beklagten zur fehlenden wirksamen Aufklärung bzw Einwilligung entbehrten jeglicher Grundlage. Eine schriftliche Einverständniserklärung nach umfangreicher mündlicher und schriftlicher Aufklärung sei vorgelegt worden. Eine bestimmte Form sei insoweit nicht erforderlich. Da die Teilnahme an einer Studie nicht vergütungsrelevant sei und eine Einbeziehung medizinisch nicht vertretbar gewesen sei, habe hierüber auch nicht aufgeklärt werden müssen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die gemäß § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, denn der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 100.363,91 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.09.2006. Das SG hat zu Unrecht entschieden, dass in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall aufgrund der allogenen Stammzelltransplantation Vergütungsansprüche nach DRG A04D und damit in Zusammenhang stehende Abrechnungsposten entstanden sind.
Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 5 SGG die richtige Klage gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 23.07.2002, B 3 KR 64/01 R, BSGE 90, 1). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl BSG 02.11.2010, B 1 KR 11/10 R, BSGE 107, 78).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs des Klägers als DRG-Krankenhaus sind § 109 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2005 vom 16.09.2004 (Fallpauschalenvereinbarung 2005 - FPV 2005 -) und deren Anlage 1 Teil a iVm § 17b Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Vertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlungen (KHBV) zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen idF des Schiedsspruchs vom 21.09.2005 galt ab 01.01.2006. In den Jahren 2004 und 2005 existierte kein Vertrag.
Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG iVm § 18 Abs 2 KHG: Krankenhausträger und Sozialleistungsträger) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Komorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R, BSGE 100, 164; BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 KR R, BSGE 102, 172). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch ist gerichtet auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V).
Der Versicherte war im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglied der Beklagten. Es bestand aufgrund der Schwere der Erkrankung des Versicherten (Chemotherapie refraktäres Rezidiv bei großzelligem B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom) die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 Abs 1 SGB V. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Einziger Einwand der Beklagten ist, dass die angewandte Behandlungsmethode nur bei Teilnahme des Versicherten an einer klinischen Studie zu Lasten der GKV abrechenbar sei.
Auch die ua von § 17b KHG erfassten Leistungen müssen grundsätzlich dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V genügen, um überhaupt zulasten der GKV abrechenbar zu sein (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4 mwN). § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R, juris und BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) stattzufinden hat (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO).
Nach § 137c Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des Art 1 Nr 106 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003, BGBl I S 2190) überprüft der GBA auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BSG normiert § 137c SGB V einen bloßen Verbotsvorbehalt (BSG 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R, BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6; BSG 18.12.2012, B 1 KR 34/12 R, BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2; BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO) und setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. § 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die Krankenkasse und anschließender Prüfung durch die Gerichte. An dieser Rechtsprechung hat sich auch durch die Einfügung des Abs 3 in § 137c SGB V mWv 23.07.2015 (GKV-VSG vom 16.07.2015, BGBl I S 1211) nichts geändert (BSG 17.11.2015, B 1 KR 15/15 R, SozR 4-2500 § 137 Nr 6).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben entspricht die stattgefundene Behandlung des Versicherten, der an einem Chemotherapie refraktären Rezidiv bei großzelligem B-Zell-Hon-Hodgkin-Lymphom litt, mit allogener Stammzelltransplantation nach "klassischer" myeloablativer Konditionierung nicht dem Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG, dass im Zeitraum Juli bis September 2005 die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode noch nicht befürwortete und über die Zweckmäßigkeit der Therapie auch kein Konsens bestand. Der Senat stützt sich insoweit im Wesentlichen auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen in den MDK-Gutachten von Prof. Dr. H. vom 02.12.2013 und 05.01.2015. Danach lassen sich aus der Analyse des französischen Transplantationsregisters (Dhedin 1999) und einer Fallsammlung französischer Transplantationszentren (Bernard 1999) für den hier vorliegenden Fall eines großzelligen Chemotherapie refraktären B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms keine eindeutigen Erkenntnisse für eine Abwägung der Nutzen-Schaden-Relation einer allogenen Stammzelltransplantation entnehmen. In einer Fallsammlung aus israelischen Transplantationszentren (Nagler 2000) wiesen drei von 23 Patienten die Merkmale wie der Versicherte auf; alle drei verstarben zwei bzw drei Monate nach der Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation. Auch wenn Dr. F. zu Recht darauf hinweist, dass diese Fallzahl zu klein für eine wissenschaftliche Aussage ist, so spricht das Ergebnis doch jedenfalls nicht für einen Nutzenbeleg. Aus den EBTM-Registeranalysen (Robinson 2002 und Peniket 2003) lassen sich ebenfalls keine Belege dafür entnehmen, dass auch bei Patienten mit großzelligem refraktärem Lymphom ein Behandlungserfolg eingetreten war. Nach Robinson lebten von 40 Chemotherapie refraktären (von insgesamt ausgewerteten 188) Patienten mit Lymphomen nach allogener Stammzelltransplantation nur zwei länger als 18 Monate (2 Jahre und 2,5 Jahre); in dieser Gruppe waren jedoch auch Patienten mit den prognostisch wesentlich günstigeren kleinzelligen Lymphomen, so dass kein Beleg vorhanden ist, dass auch nur ein Patient mit großzelligem refraktären Lymphom überlebt hat. Nach Peniket lebten von 255 Patienten mit großzelligem Lymphom (insgesamt analysiert 1.185 Patienten) fünf Jahre nach allogener Stammzelltransplantation noch 53, nach 10 Jahren noch neun Patienten. Da allerdings ca 80% der Patienten Chemotherapie sensitiv mit deutlich günstigerer Prognose waren, ist auch hier ein Nutzen für Patienten mit refraktärem großzelligem Lymphom nicht erkennbar. Aus der Publikation von Izutsu (2004) zur Analyse des japanischen Transplantationsregisters lässt sich für die hier bestehende Konstellation ebenfalls nichts entnehmen. Von den 124 ausgewerteten Patientendaten betrafen nur fünf Patienten mit einem großzelligen Lymphom und nur 33 Patienten mit refraktärem Lymphom. Danach wiesen Patienten mit einer Chemotherapie refraktären Erkrankung eine deutlich ungünstigere Prognose auf; als weitere signifikant für eine Prognose ungünstige Merkmale erwiesen sich ein Alter über 40 Jahre und eine vorherige Behandlung mit autologer Stammzelltransplantation. Diese ungünstigen Merkmale trafen sämtlich auf den Versicherten zu. In der Analyse von Freytes zum US-amerikanischen Transplantationsregister von 2004 werden Daten von 114 Patienten untersucht, davon wiesen nur acht ein großzelliges Lymphom und nur 23 eine Chemotherapie refraktäre Erkrankung auf. Nur ein Patient mit Chemotherapie refraktärer Erkrankung überlebte länger als 12 Monate. Da die Patienten mit kleinzelligem Lymphom deutlich in der Überzahl waren und deren Prognose deutlich günstiger ist, erscheint sehr wahrscheinlich, dass der überlebende Patient nicht an einem großzelligen Lymphom litt. Die im Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten erst als Kongressveröffentlichung vorliegende Untersuchung von Doocey (12/2004) über eine Fallsammlung von 47 Patienten lässt nicht erkennen, ob auch nur ein Patient mit der Konstellation Chemotherapie refraktäres, großzelliges B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom langfristig nach allogener Stammzelltransplantation überlebt hat. Auch aus anderen wissenschaftlichen Stellungnahmen lässt sich mit Stand 2005 nicht entnehmen, dass die allogene Stammzelltransplantation für refraktäre, großzellige B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphome empfohlen oder gar als Standardtherapie angesehen wurde. Die 2005 noch maßgebliche EBTM-Publikation von 2002 stufte die Indikation Lymphome hohen oder intermediären Grades, refraktäres Krankheitsstadium in die vierte Kategorie "not generally recommanded" (NR) ein, also eine Kategorie, in der Patienten üblicherweise nicht mit allogener Stammzelltransplantation behandelt werden (ab 2006 klarstellend als "generell nicht empfohlen" benannt). Bereits bei der dritten Kategorie D (in klinischer Entwicklung) handelt es sich um Behandlung mit Stammzelltransplantationen, welche sich in einem frühen Stadium der klinischen Entwicklung befinden, der Einschluss in eine klinische Studie wird empfohlen. Das Manual Maligne Lymphome vom Tumorzentrum M. (7. Aufl 2004, S 126 ff) führt zum Stellenwert der allogenen Stammzelltransplantation bei Patienten mit großzelligem Lymphom aus: "Hinsichtlich der allogenen Transplantation bei jüngeren Patienten im Rezidiv nach konventioneller Therapie oder autologer Stammzelltransplantation ist die Datenlage spärlich und zeigt eine hohe Therapie-assoziierte Mortalität. Eine Empfehlung hierzu kann derzeit nicht ausgesprochen werden. Eine weitere Evaluierung der allogenen Transplantation im Rahmen von Studien ist erforderlich". Eine ähnliche Empfehlung ergibt sich aus den 2003 herausgegebenen Leitlinien der amerikanischen Gesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarkstransplantation, in welcher für Patienten mit großzelligen Lymphomen eine Liste enthalten ist, in der nicht ausreichend erprobte Transplantationsverfahren genannt werden, die nur in klinischen Studien empfohlen werden; dazu gehört die myeloablative allogene Stammzelltransplantation. Der Senat folgt insoweit insgesamt den Ausführungen von Prof. Dr. H., dass im Jahr 2005 die allogene Stammzelltransplantation bei Patienten mit großzelligem Lymphom nach der ganz überwiegenden Einschätzung der wissenschaftlichen Fachwelt als Behandlung mit nicht gesichertem Nutzen eingestuft wurde, die deshalb nur im Rahmen klinischer Studien empfohlen wurde.
Zur Überzeugung des Senats sind auch die im Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) aufgestellten Kriterien vorliegend nicht erfüllt (vgl nunmehr § 2 Abs 1a SGB V eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2012 durch Art 1 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011, BGBl I S 2983). Der Versicherte hatte auch bei grundrechtsorientierter Auslegung keinen Anspruch auf diese Behandlung, weshalb dem Kläger kein Vergütungsanspruch nach der DRG A04D (Fallpauschalen-Katalog 2005) zusteht.
Das BVerfG hat mit dem genannten Beschluss zu einer ärztlichen Behandlungsmethode entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Sozialstaatsprinzip und aus Artikel 2 Abs 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt daher voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (ständige Rechtsprechung; BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, aaO; BSG 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R, SozR 4-2500 § 18 Nr 8 und 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO).
Eine lebensbedrohliche bzw regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei dem Versicherten unstreitig vor. Der Versicherte litt an einem Chemotherapie refraktären, großzelligen Lymphom, das unbehandelt innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von wenigen Wochen bzw Monaten zum Tode geführt hätte. Dies entnimmt der Senat den Aussagen des behandelnden Arztes Dr. F. und den Gutachten von Prof. Dr. H., die in dieser Einschätzung übereinstimmen. Es gab damals auch keine alternative Behandlungsmethode (mehr), die ebenfalls das Ziel hatte, die Krankheit zu heilen, und dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprach. Insoweit wird auf die oben gemachten Ausführungen zur fehlenden Anerkennung der allogenen Stammzelltransplantation als anerkannte Behandlungsmethode bei großzelligen, refraktären Lymphomen Bezug genommen. Andere Behandlungen mit kurativem Ansatz waren schon gar nicht ersichtlich, es hätte lediglich noch eine palliative Behandlung zur Verfügung gestanden.
Zur Überzeugung des Senats bestand mit der allogenen Blutstammzelltransplantation außerhalb einer klinischen Studie in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall allerdings keine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine "spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf". Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist zu bejahen, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten oder Komplikationen verhindert werden. Setzt im Grundsatz das Qualitätsgebot voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode, die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können iS einwandfrei durchgeführter Studien mit einer ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen, sind diese Anforderungen im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung abhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz einzuschränken. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zu verlangen ist, um davon ausgehen zu dürfen, dass die behaupteten Behandlungserfolge mit hinreichender Sicherheit dem Einsatz gerade der streitigen Behandlung zugerechnet werden können und das einzugehende Risiko vertretbar ist, unterliegt Abstufungen je nach der Schwere und dem Stadium der Erkrankung. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg". Anhaltspunkte zur Entwicklung solcher Abstufungen können die in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), vor dem 01.04.2006 die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) niedergelegten Grundsätze bieten (LSG Baden-Württemberg 16.10.2015, L 4 KR 3748/13, juris). Es können als Beurteilungsgrundlage beim Fehlen anderer Studien auch "Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, uÄ; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten und Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen" in Betracht kommen (zum Ganzen mwN: BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V kann nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung bestehen, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO).
Gemessen an diesen Kriterien kann insbesondere im Hinblick auf das besonders hohe Risiko bei der hier vorgenommenen allogenen Stammzelltransplantation nach Konditionierung mit Hochdosischemotherapie und Ganzkörperbestrahlung nicht festgestellt werden, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Die als einzig mögliche mit dem Ziel der Heilung in Betracht kommende Therapie durch allogene Stammzelltransplantation hätte bei der hier vorliegenden, prognostisch äußerst ungünstigen Situation eines Chemotherapie refraktären, großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms allein im Rahmen einer klinischen Studie erfolgen dürfen. Die Beschränkung auf die Erbringung der Behandlung im Rahmen von Studien ist auch im Rahmen der grundrechtlich gebotenen Auslegung von Leistungsansprüchen ggf geboten, um Patienten gerade auch in einer für sie ausweglos erscheinenden Situation nicht den insoweit bestehenden Schutzmechanismen zu entziehen (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, aaO RdNr 31). Nach der bestehenden Erkenntnislage im Jahr 2005 wurde generell bei der hier vorliegenden Konstellation eine allogene Stammzelltransplantation außerhalb von Studien nicht befürwortet, wie oben ausgeführt. Eine solche Studienteilnahme wäre im vorliegenden Fall möglich gewesen, so dass sich die Frage nicht stellt, ob angesichts ansonsten fehlender Alternativen im Einzelfall eine Behandlung auch außerhalb von Studien vertretbar gewesen wäre.
Der Versicherte erfüllte die Einschlusskriterien der DSHNHL 2003-R3Studie "Allogene Stammzelltransplantation nach Vorbehandlung mit Fludarabin, Busulfan, Cyclophosphamid und GvHD-Prophylaxe mit oder ohne Rituximab bei Patienten mit Rezidiv eines aggressiven Non-Hodgkin-Lymphoms in besonderer Risikosituation im Alter von 18 bis 65 Jahren". Der Kläger wendet insoweit lediglich ein, dass der Einschluss in diese Studie im Mai/Juni 2005 nicht mehr möglich gewesen wäre, da der Versicherte aufgrund der Vorbehandlungen nicht mehr entsprechend dem Studienprotokoll mit weiterer Chemotherapie hätte behandelt werden können. Diese Argumentation überzeugt den Senat nicht. Die allogene Stammzelltransplantation wurde als Behandlungsoption nach Auftreten des Rezidivs im März 2003 in Erwägung gezogen, die schriftliche Einwilligung des Versicherten zur Spendersuche datiert vom 15.04.2005. Bereits zum damaligen Zeitpunkt hätte eine Behandlung mit Chemotherapie entsprechend dem Studienprotokoll nach dem DHAP-Protokoll oder dem ICE-Protokoll nahegelegen, wie Prof. Dr. H. insbesondere in seinem Gutachten vom 05.01.2015 nachvollziehbar ausführt. Stattdessen erfolgte im März 2005 eine Behandlung mit Zevalin, das für die Behandlung von Patienten mit kleinzelligem Lymphom zugelassen ist. Nach erfolglosem Verlauf erhielt der Versicherte eine Rezidivchemotherapie nach dem B-ALL-NHL-2002-Protokoll, welches ebenfalls nach den Vorgaben der Deutschen ALL-Studiengruppe nicht für Patienten mit großzelligen Lymphomen gedacht war. Zudem ist die Behandlung nach Block C des alten B-ALL-Protokolls dem DHAP-Protokoll sehr ähnlich, es wird lediglich neben Dexamethason und hochdosiertem Ara-C als dritte Substanz Cisplatin eingesetzt, bei B-ALL stattdessen Vindesin und Etoposid (Ara-C doppelt so hoch dosiert und Etoposid mit höherem Potenzial zur Schädigung des Knochenmarks als Cisplatin). Warum stattdessen nicht eine Behandlung nach dem Protokoll der DSHNHL-2003-R3 Studie in Betracht gezogen worden ist, erschließt sich dem Senat nicht. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, denn auch im Zeitpunkt Mai/Juni 2005 wäre zur Überzeugung des Senats noch eine Teilnahme an der Studie möglich gewesen. Dies folgt schon daraus, dass das Blutbild des Versicherten sich im Rahmen der Untersuchung vom 15.06.2005 als völlig normal darstellte, worauf Prof. Dr. H. wiederholt hingewiesen hat. Der nach dem Studienprotokoll geforderten Vorbehandlung hätte danach nichts entgegengestanden. Im Übrigen werden nach dem DSHNHL-Studienprotokoll zur Vorbehandlung mit konventioneller Chemotherapie zwar die beiden am häufigsten eingesetzten und am besten klinisch geprüften Protokolle für Patienten mit rezidivierenden großzelligen Lymphomen empfohlen (DHAP und ICE), andere Therapieprotokolle können aber in Betracht gezogen werden, ggf nach Rücksprache mit der Studienleitung. Wie die Endauswertung der Studie nach den Ausführungen von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 04.04.2016 ergeben hat, wurde bei fast der Hälfte der Patienten (48%) von dieser Empfehlung abgewichen und andere Protokolle eingesetzt.
Nach alledem ist es auch im Rahmen der grundrechtskonformen Auslegung des Leistungsrechts nicht geboten, die hier noch rein experimentelle Behandlungsmethode, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt ist, außerhalb einer klinischen Studie anzuerkennen.
Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder er noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved