L 10 U 2980/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1228/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2980/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die notwendige Mitbehandlung degenerativer Vorschäden bei der Behandlung des durch den Arbeitsunfall verursachten Gesundheitserstschadens führt dazu, dass die Folgen der gesamten Behandlung - auch der unfallunabhängigen Schäden - Unfallfolge ist.
2. Dem Schutzbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (mittelbare Unfallfolgen bei Heilbehandlung) unterfallen nicht die gesundheitlichen Folgen einer "geglückten" Heilbehandlung.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.05.2013 abgeändert und die Beklagte verurteilt, als Folgen des Unfalls vom 05.07.2011 eine reizlose Narbenbildung und eine diskrete Muskelverformung anzuerkennen. Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Unfallfolgen streitig.

Der am 1968 geborene Kläger erlitt am 05.07.2011, gegen 17.30 Uhr einen Arbeitsunfall, als er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als kaufmännischer Mitarbeiter des Autohauses S. einen ca. 210 kg schweren Karton mit Windschutzscheiben vor sich her schob, dieser sich verkantete und nach rechts kippte. Beim Versuch, den Karton mit der rechten Hand aufzufangen, wurde sein Arm nach unten gerissen und der Kläger verspürte - so seine Angaben - sofort einen stechenden Schmerz in der rechten Schulter.

Am 08.07.2011 stellte sich der Kläger bei dem Internisten Dr. R. vor, der auf Grund des erhobenen Befundes (Druckschmerz rechte Schulter, kein Muskelbauch M. bizeps) eine Schulterzerrung diagnostizierte und mit Diclofenac behandelte (Auskunft vom 15.09.2011, Bl. 47/48 VerwA). Bei fortbestehenden Beschwerden stellte sich der Kläger am 19.07.2011 bei dem Durchgangsarzt Dr. V. vor, der nach klinischer Untersuchung (Befund: Druckschmerz im Verlauf der langen Bizepssehne, Schultergeradstand, keine Seitendifferenz der Muskulatur, freie Funktion, jedoch ab 90 ° Abduktion/Elevation sehr schmerzhaft, Impingementzeichen negativ, Rotatorenmanschettentests negativ, Lift-Off-Test positiv, Apprehensionstest negativ, AC-Gelenk frei, keine Kraftminderung bei Abduktion/Elevation gegen Widerstand, Ellenbogen, Handgelenk und Finger frei, DMS intakt), röntgenologischer (rechte Schulter kein pathologischer Befund) und sonographischer Untersuchung (Befund: [Sub-]Luxation der langen Bizepssehene) den Verdacht auf eine Läsion der langen Bizepssehne rechts äußerte (Durchgangsarztbericht vom 19.07.2011, Bl. 1 VerwA). Er veranlasste eine Magnetresonanztomographie (MRT) der rechten Schulter, die am 27.07.2011 durchgeführt wurde und ausweislich des Befundes des Radiologen Dr. V. Hinweise auf eine SLAP- und Pulley-Läsion zeigte (Befund vom 27.07.2011, Bl. 23 VerwA). Anlässlich der hiernach am 04.08.2011 erfolgten Vorstellung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) empfahl Prof. Dr. S. , Ärztlicher Direktor der BG-Klinik, auf Grund des klinischen und des bildgebenden Befundes eine Arthroskopie des rechten Schultergelenks mit Bizepssehnentenodese, subacromialer Depression und ggf. Rotatorenmanschettenrekonstruktion (Zwischenbericht vom 05.08.2011, Bl. 27/28 VerwA), die schließlich am 30.09.2011 in der BG-Klinik im Rahmen einer stationären Behandlung durchgeführt wurde (Therapie: ASAD und Acromio-Plastik, Debridement der Rotatorenmanschette, Tenodese der langen Bizepssehne mit einem Swivelock).

Mit Bescheid vom 25.10.2011 führte die Beklagte dem Kläger gegenüber aus, ein Anspruch auf Leistungen über den 15.08.2011 hinaus bestehe nicht. Im OP-Bericht seien keine krankhaften Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenks beschrieben worden, die mit einer Zerrung des rechten Schultergelenks am 05.07.2011 in Zusammenhang gebracht werden könnten. Vielmehr seien lediglich verschleißbedingte Veränderungen beschrieben worden. Da eine Zerrung der Schulter nach ärztlicher Erfahrung spätestens nach sechs Wochen folgenlos verheile, bestehe über den 15.08.2011 hinaus kein Anspruch auf Leistungen.

Auf die gleichzeitig an Prof. Dr. S. gerichtete Frage, weshalb die zu ihren Lasten erfolgte Heilbehandlung nach Kenntnis des OP-Befundes, der lediglich verschleißbedingte Veränderungen gezeigt habe, nicht abgebrochen worden sei, führte Prof. Dr. S. aus, dass sich die im intraoperativen Befund beschriebene Erweiterung der Pulley-Schlinge auf Grund des Unfallhergangs als Traumafolge darstelle. Der stationäre Aufenthalt zur Sanierung der Pulley-Schlinge/SLAP-Läsion sei daher als Unfallfolge notwendig geworden. Die Partialläsion der Bizepssehne und der Supraspinatussehne stellten keine Unfallfolgen dar, seien aber zum Schutz der Pulley-Läsion mitbehandelt worden (Schreiben vom 07.11.2011, Bl. 97 VerwA). Der von der Beklagten sodann hinzugezogene Arzt für Orthopädie Dr. H. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.01.2012 aus, dass im Operationsbericht zwar eine (unspezifische) Erweiterung des Pulley-Systems dokumentiert, eine traumatische Genese jedoch nicht belegt sei. Ein Erstschaden sei durch den OP-Bericht nicht gesichert (vgl. &61506;l. 168/173 VerwA). Nachfolgend wandte sich auch die Krankenkasse des Klägers (D. Betriebskrankenkasse) unter Vorlage von Gutachten des Dr. S. , Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg, vom 05.01. und 08.02.2012 (Operation zweifellos Konsequenz des Unfallereignisses) und des Schreibens des Dr. V. vom 30.01.2012 (Pulley-Läsion sei auf das Unfallereignis zurückzuführen) gegen die Einschätzung der Beklagten, worauf die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei der Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. K. einholte, die ausführte, dass kein Einriss der Pulley-Schlinge beschrieben sei und eine Erweiterung ohne Ruptur nicht traumatisch bedingt sei. Die lange Bizepssehne weise die typischen Verschleißerscheinungen in diesem Bereich auf, was darauf hindeute, dass die Erweiterung und damit eine gewisse Instabilität der Bizepssehnenführung schon lange bestanden habe. Weder die MRT noch der intraoperative Befund deuteten auf traumatische Veränderungen hin. Es seien lediglich degenerative Veränderungen gefunden und therapiert worden (vgl. Bl. 200/201 VerwA).

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2012 wies die Beklagte den vom Kläger gegen den Bescheid vom 25.10.2011 eingelegten Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurück, Hinweise auf eine traumatische Schädigung der rechten Schulter lägen nicht vor. Der Unfall habe lediglich zu einer Zerrung geführt.

Am 27.04.2012 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und gestützt auf die Auffassung des Prof. Dr. S. und das vorgelegte weitere Gutachten des Dr. S. vom 25.05.2012 geltend gemacht, dass die dokumentierte Funktionsbehinderung des rechten Armes Folge des Unfalls vom 05.07.2011 sei.

Das SG hat das Gutachten des Prof. Dr. L. , A. H. , auf Grund Untersuchung des Klägers im September 2012 eingeholt. Der Sachverständige hat Teilschädigungen der Supraspinatussehne (Pasta-Läsion) und der langen Bizepssehne sowie die Erweiterung des Pulley-Systems auf den Unfall zurückgeführt und die Folgen der deshalb durchgeführten Operation als Unfallfolgen angesehen (reizlose Narbenbildung, diskrete Muskelverformung, endgradige Bewegungsschmerzen und leichte Kraftminderung der rechten Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette und nach chirurgischer Tenodese der langen Bizepssehne).

Die Beklagte hat das Gutachten nicht für überzeugend erachtet.

Mit Urteil vom 29.05.2013 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide und gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. L. verurteilt, eine reizlose Narbenbildung, diskrete Muskelverformung, endgradige Bewegungseinschränkung und leichte Kraftminderung der rechten Schulter bei Läsion der Rotatorenmanschette und nach chirurgischer Tenodese der langen Bizepssehne als Folgen des Unfalls vom 05.07.2011 anzuerkennen. Eine traumatische Erweiterung der Pulley-Schlinge habe auch Prof. Dr. S. bestätigt. Wenn auch vorbestehende degenerative Veränderungen vorhanden gewesen seien, so sei der Unfall angesichts des Unfallhergangs und des Beschwerdeverlaufs (weitest gehendes Abklingen der Beschwerde nach Stabilisierung der langen Bizepssehne in ihrer Rinne) zumindest wesentliche Mitursache für den zur Operation führenden Beschwerdezustand gewesen.

Gegen das der Beklagten am 27.06.2013 zugestellte Urteil hat diese am 22.07.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und an der vertretenen Auffassung festgehalten, dass sich Hinweise auf Traumafolgen weder im Durchgangsarztbericht noch in der MRT vom 27.07.2011 und auch nicht im intraoperativen Befund zeigten, vielmehr lediglich degenerative Veränderungen behandelt worden seien. Auch der Heilverlauf spreche gegen eine traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette, nachdem der Kläger weitergearbeitet und sich erstmals am 08.07.2011 bei seinem Hausarzt vorgestellt habe. Die Pulley-Schlinge sei im Übrigen lediglich erweitert gewesen; eine Erweiterung ohne Ruptur sei jedoch nicht traumatisch bedingt. Dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. sei daher nicht zu folgen. Auch sog. mittelbare Unfallfolgen seien nicht festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zu den gegen das Gutachten des Sachverständigen erhobenen Einwendungen eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. L. eingeholt, der an seiner Einschätzung festgehalten hat. Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. P.-S. vorgelegt und daran festgehalten, dass die von Prof. Dr. L. aufgeführten Gesundheitsstörungen nicht Unfallfolgen seien. Schließlich seien intraoperativ nur degenerative Schäden behandelt worden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist jedoch nur zum Teil begründet.

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.04.2012 zu Recht verurteilt, als Folgen des Unfalls vom 05.07.2011 eine reizlose Narbenbildung und eine diskrete Muskelverformung anzuerkennen. Hingegen ist nicht festzustellen, dass der Kläger bei dem Unfall auch Teilschädigungen im Bereich der Supraspinatussehne und der langen Bizepssehne erlitt, weshalb die Berufung insoweit erfolgreich ist, als das SG die Beklagte zur Anerkennung einer Läsion der Rotatorenmanschette und - als Hinweis auf einen entsprechenden Gesundheitserstschaden - einer Tenodese der langen Bizepssehne verurteilt hat. Soweit das SG zur Anerkennung einer Bewegungseinschränkung und Kraftminderung verurteilt hat, hält dies schon deshalb der Überprüfung nicht stand, weil solche Funktionseinschränkungen nicht liegen.

Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen über den 15.08.2011 hinaus pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen, weil diese im Grunde das Nichtvorliegen von fortbestehenden Unfallfolgen regeln und bei Vorliegen von Unfallfolgen einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung von Unfallfolgen als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage).

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger am 05.07.2011 im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII einen Arbeitsunfall erlitt. Hiervon ist die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden auch selbst ausgegangen, indem sie darlegte, dass der Kläger am 05.07.2011 eine Zerrung des rechten Schultergelenks erlitt. Allerdings verheilte diese Zerrung - wie der Krankheitsverlauf zeigt - anders als von der Beklagten angenommen nicht spätestens nach sechs Wochen folgenlos. Vielmehr zeigten sich beim Kläger - wie dem Zwischenbericht der BG-Klinik T. vom 04.08.2011 zu entnehmen ist - auch einen Monat nach dem Unfall mit einer schmerzhaften Abduktion ab 60 Grad, einer Außenrotation bis lediglich 10 Grad, einer Anteversion bis 90 Grad und einer deutlichen Kraftminderung bei der Seitwärtshebung ab 60 Grad klinisch noch erhebliche pathologische Befunde, weshalb Prof. Dr. S. eine Indikation für einen arthroskopischen Eingriff im Bereich der rechten Schulter sah, der schließlich am 30.09.2011 durchgeführt wurde.

Ausgehend von den hierbei objektivierten und schließlich behandelten Schäden ist zwischen den Beteiligten streitig, ob diese ursächlich auf den Unfall vom 05.07.2011 zurückzuführen sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies hinsichtlich der arthroskopisch objektivierten Erweiterung der Pulley-Schlinge der Fall, weshalb der nach operativer Versorgung verbliebene Zustand als Unfallfolge anzuerkennen ist. Demgegenüber sind die strukturellen Schäden im Bereich der langen Bizepssehne und der Supraspinatussehne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des erlittenen Unfalls.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze erachtet es der Senat - ebenso wie das SG - für wahrscheinlich, dass der Kläger bei dem in Rede stehenden Unfall im Verlauf der langen Bizepssehne eine Schädigung des Pulley-Systems erlitt. Bei der langen Bizepssehne handelt es sich um eine der beiden Sehnen des beugeseitigen Oberarmmuskels. Die lange Bizepssehne verläuft - so die Darstellung von Prof. Dr. L. - von ihrem Ursprung am oberen Schulterpfannenhöcker zunächst durch das Schultergelenk, bevor sie in einem Bogen in eine Rinne am Oberarmkopf einzieht, wo sie vorn unten durch verstärkende Bänder geschützt ist. Diese Bänder werden als sog. Pulley-System bezeichnet. Es handelt sich hierbei um Bandstrukturen, die ein Herausrutschen der langen Bizepssehne aus ihrer Rinne nach innen und unten verhindern. Der Senat teilt die Auffassung des Sachverständigen Prof Dr. L. und ihm folgend des SG, dass die intraoperativ objektivierte Erweiterung der Pulley-Schlinge Folge des in Rede stehenden Unfalls ist. Der Sachverständige hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass es bei einer passiven Gewalteinwirkung, die auf den Unterarm trifft, während der Ellenbogen rechtwinklig angebeugt ist, bspw. beim ungeplanten und reflektorischen Auffangen eines schweren fallenden Gegenstandes, zu einer Zugbelastung mit (Teil)zerreißung der langen Bizepssehne oder auch zu einer Verlagerung der Sehne aus ihrer Rinne kommen kann. Vorliegend umgriff der Kläger mit der rechten Hand den Karton beim Schieben, wobei der schwere Karton beim Umkippen den rechten Arm des Klägers nach unten riss. Dieser Ereignisablauf entspricht dem von Prof. Dr. L. beschriebenen Mechanismus, so dass die beim Kippen des Kartons aufgetretene Zugbelastung mit einer Schädigung im Bereich der beschriebenen Strukturen in Einklang gebracht werden kann. Passend hierzu gab der Kläger gegenüber Dr. V. auch einen sofort bei dem Abstützversuch einsetzenden Schmerz an, den er sowohl gegenüber Dr. R. als auch im Unfallfragebogen der Beklagten als stechend charakterisierte. Davon dass der vom Kläger beschriebene Unfallhergang nicht geeignet ist, eine Schädigung des Pulley-Systems herbeizuführen, geht im Übrigen auch die Beklagte selbst nicht aus. Dies lässt sich insbesondere nicht den Ausführungen des Dr. H. entnehmen, der demgegenüber vielmehr darlegte, dass eine Verletzung des Pulley-Systems im Rahmen einer erheblichen, zur Schultergelenksverrenkung oder knöchernen Verletzung führenden Gewalteinwirkung durchaus schlüssig erscheine, es allerdings keine sicheren Erkenntnisse gebe, was ein Pulley-System ggf. schädigen könne. Insoweit hat Prof. Dr. L. für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass im Sinne dieser Ausführungen vorliegend von einer erheblichen Gewalteinwirkung, die zu schweren strukturellen Schäden führen kann, auszugehen ist, nachdem sich der Unfall im Zusammenhang mit der Bewegung eines Gewichts von mehr als 200 kg ereignete.

Mit einer anlässlich des Ereignisses vom 05.07.2011 erlittenen Schädigung im Bereich des Pulley-Systems ist auch der Befund der sonographischen Untersuchung des Dr. V. vom 19.07.2011 zu vereinbaren, wonach sich eine (Sub-)Luxation der langen Bizepssehne zeigte. Dieser Befund bedeutet - so der Sachverständige Prof. Dr. L. -, dass die lange Bizepssehne aus ihrer Rinne nach hinten gerutscht ist, was sich als eindeutiger Hinweis auf eine Verletzung des Pulley-Systems darstellt. Dass die Sehne anlässlich der nachfolgenden MRT am 27.07.2011 in ihrer knöchernen Rinne zentriert war, steht dem nicht entgegen. Insoweit hat der Sachverständige überzeugend darauf hingewiesen, dass die Subluxation aus der Rinne ein dynamisches Phänomen ist, so dass sehr gut vorstellbar ist, dass in liegender Position, in der die MRT ausgeführt wird, die Sehne auch in ihre Rinne zurückgeglitten sein konnte. Passend zu dem sonographischen Befund fand Dr. V. anlässlich seiner klinischen Untersuchung im Übrigen auch eine Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der langen Bizepssehne sowie eine zwar freie, aber sehr schmerzhafte Abspreiz-Außendrehbewegung, was nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. L. wiederum für eine Belastung der langen Bizepssehne in ihrer Rinne und somit den später festgestellten Schaden spricht.

Soweit die Beklagte hiergegen eingewandt hat, eine strukturelle Schädigung des Pulley-Komplexes liege nicht vor, ist zwar zutreffend, dass operativ keine Ruptur der entsprechenden Strukturen objektiviert wurde. Indessen hat die Beklagte selbst - insoweit zutreffend - in der Berufungsbegründung darauf hingewiesen, dass im MRT vom Juli 2011 im Bereich des Pulley-Komplexes ein Reizödem "wie bei z.B. stattgehabter Distorsion" dargestellt wurde, also eine Primärschädigung gerade in diesem Bereich. Schließlich zeigte sich intraoperativ eine erhebliche Überdehnung des Pulley-Komplexes, was sich gleichermaßen als regelwidriger und insbesondere auch behandlungsbedürftiger Zustand darstellte. Denn zweifelsohne wird die Funktion des Pulley-Komplexes, nämlich das Herausrutschen der langen Bizepssehne aus ihrer Rinne zu verhindern, nicht allein durch eine Ruptur gestört, sondern ohne weiteres auch durch eine erhebliche Erweiterung dieses Komplexes. Anschaulich machen dies die Ausführungen im OP-Bericht, wonach es als Folge der Erweiterung der Pulley-Schlinge zu einem Kontakt zwischen der Subscapularissehne und der langen Bizepssehne bei Abduktion von 90 Grad und Außendrehung kam, weshalb insoweit auch eine Revision notwendig wurde.

Soweit die Beklagte für die intraoperativ objektivierte Erweiterung des Pulley-Komplexes eine traumatische Ursache ausschloss, hat sie dies nicht näher begründet. Insoweit erschließt sich dem Senat schon nicht, weshalb die Beklagte zwar für eine Ruptur der Pulley-Schlinge eine traumatische Ursache in Betracht zieht, nicht aber für eine bloße Erweiterung dieses Komplexes. Denn seinen Charakter als Trauma verliert ein Geschehen nicht dadurch, dass zwar auf eine Struktur erweiternd eingewirkt wird, dies jedoch nicht derart massiv, dass es gleichzeitig auch zu einer Zerreißung dieser Struktur kommt. Zwar hat auch der Sachverständige Prof. Dr. L. deutlich gemacht, dass sich anhand des arthroskopischen Befundes keine eindeutige Unterscheidung zwischen traumatischer und degenerativer Ursache treffen lasse. Allerdings weisen die oben beschriebenen Befunde gerade auf eine akut aufgetretene Schädigung des Pulley-Komplexes hin und damit auch auf eine erhebliche Erweiterung der Pulley-Schlinge, quasi als Vorstufe einer Ruptur. Neben dem Sachverständigen Prof. Dr. L. ging auch Prof. Dr. S. davon aus, dass sich die intraoperativ gefundene Erweiterung der Pulley-Schlinge mit dem vom Kläger geschilderte Unfallhergang vereinbaren lässt. Dementsprechend beurteilte er die Erweiterung der Pulley-Schlinge in seinem Schreiben vom 07.11.2011 auch als Traumafolge. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 05.07.2011 aufgetretenen Beschwerden nach operativer Stabilisierung der langen Bizepssehne in ihrer Rinne weitestgehend abgeklungen sind, dafür, dass die Instabilität der Sehne Ursache für die Beschwerden war. Hierauf hat der Sachverständige nach Überzeugung des Senats zutreffend hingewiesen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der arthroskopisch gesicherten erheblichen Erweiterung der Pulley-Schlinge um einen vorbestehenden Schaden handelte, sieht der Senat nicht. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen resultiert aus einer derartigen Überdehnung eine chronische, immer wieder auftretende Verlagerung der langen Bizepssehne aus ihrer Rinne bei der Außendrehung, was der Kläger vor dem Unfall jedoch nicht beklagte. Schulterbeschwerden der nach dem Unfall beklagten Art waren zuvor nicht aufgetreten. Doch selbst wenn die in Rede stehenden Strukturen bereits vor dem Unfall gewisse Vorschädigungen aufgewiesen haben sollten, so käme dieser Ursache angesichts der erheblichen Gewalteinwirkung bei dem Unfall keine überragende Bedeutung zu.

Soweit die Beklagte schließlich geltend macht, eine derartige Verletzung sei nicht damit zu vereinbaren, dass der Kläger seine Arbeit nicht einstellte und sich auch nicht zeitnah in ärztliche Behandlung begab, trifft zwar zu, dass sich der Kläger erst drei Tage nach dem Unfall in die Behandlung des Dr. R. begab und sich auch erst weitere elf Tage später bei dem Durchgangsarzt Dr. V. vorstellte. Allerdings kann hierbei nicht unberücksichtigt bleiben, dass die in Rede stehende Verletzung keinen Funktionsausfall im Schultergelenk zur Folge hat, sondern vielmehr in erster Linie zu Bewegungsschmerzen bei der Außenrotation führt. Damit war für den Kläger eine Einstellung der Tätigkeit nicht zwangsläufig notwendig. Denn schließlich verrichtete er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter im Wesentlichen lediglich leichte körperliche Tätigkeiten, durch die der rechte Arm keiner starken Belastung ausgesetzt wurde.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. L. über die Schädigung der Pulley-Schlinge hinaus auch die intraoperativ gesicherten strukturellen Schäden im Bereich der langen Bizepssehne und der Supraspinatussehne auf den in Rede stehenden Unfalls zurückgeführt hat, folgt der Senat dem Sachverständigen nicht. Denn es ist nicht festzustellen, dass die entsprechenden, im OP-Bericht beschriebenen Partialläsionen in Form von degenerativen Aufspleißungen bzw. einer Pasta-Läsion Folge des erlittenen Arbeitsunfalls sind. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne der obigen Darlegungen lässt sich den Ausführungen des Sachverständigen nicht entnehmen. Vielmehr hat der Sachverständige im Hinblick auf die Rotatorenmanschette gerade auf die in gewisser Regelmäßigkeit im fünften Lebensjahrzehnt vorzufindenden Verschleißveränderungen hingewiesen, die sich häufig ohne wesentliche Beschwerden zu verursachen entwickeln und sehr häufig erst bei einmaligen ungewöhnlichen Belastungen oder auch geringfügigen äußeren Gewalteinwirkungen Beschwerden auftreten, wobei durch die dann eingeleitete Diagnostik Schäden im Bereich der Rotatorenmanschette erst entdeckt werden. Im Hinblick auf die Schädigung der Supraspinatussehne hat der Sachverständige dann die für die Bejahung eines Unfallzusammenhangs maßgeblichen Kriterien (Unfallhergang, Primärbefund, zeitnahe bildgebende Diagnostik, Heilverlauf) geprüft und es für eher wahrscheinlich, wenn auch nicht nachweisbar erachtet, dass die Schädigung anlässlich des Ereignisses vom 05.07.2011 eingetreten ist. Bei Prüfung der von dem Sachverständigen diskutierten für und gegen einen Unfallzusammenhang sprechenden Kriterien ist allerdings nicht festzustellen, dass die für einen Unfallzusammenhang sprechenden Gesichtspunkten tatsächlich überwiegen. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen wurden im Erstbefund an sich zu erwartende äußere Verletzungszeichen (Schwellungen und Blutergüsse) gerade nicht dokumentiert. Dass solche Verletzungszeichen beim Kläger möglicherweise konstitutionsbedingt - so Prof. Dr. L. - nicht nach außen erkennbar waren, ändert nichts daran, dass sie nicht positiv festgestellt werden können. Auch die als Zeichen einer Zerreißung der oberen Anteile der Rotatorenmanschette zu erwartende erhebliche Bewegungseinschränkung, bei der der Verletzte über Tage hinweg nicht in der Lage ist, den Arm aktiv nach vorn oder seitlich abzuspreizen, wurde weder von Dr. R. anlässlich der Erstvorstellung des Klägers beschrieben noch von dem Durchgangsarzt Dr. V. für den Zeitpunkt seiner Untersuchung am 19.07.2011. Nachdem der Sachverständige auch die Dokumentation verletzungstypischer Veränderungen in der MRT in Bezug auf die beiden Sehnen verneint hat, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein Überwiegen der für einen Unfallzusammenhang sprechenden Gesichtspunkte. Dass sich die aufgetretenen Beschwerden nicht, wie dies bspw. bei Schulterprellungen der Fall ist, innerhalb von sechs Wochen zurückbildeten spricht ebenfalls nicht für einen am 05.07.2011 eingetretenen strukturellen Schaden. Denn die fortdauernde Beschwerdesituation lässt sich entsprechend den obigen Darlegungen zwanglos mit der unfallbedingt aufgetretenen Läsion des Pulley-Komplexes erklären. Auch im Hinblick auf die im Operationsbericht beschriebenen Aufspleißungen im Bereich der langen Bizepssehne hat der Sachverständige nicht überzeugend herausgearbeitet, dass die für einen Unfallzusammenhang sprechenden Gesichtspunkten überwiegen und der entsprechende Zusammenhang daher als wahrscheinlich zu erachten ist. Vielmehr hat die Beklagte insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sachverständige lediglich Möglichkeiten beschrieben hat, nicht jedoch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit begründet hat. Schließlich hat auch Prof. Dr. S. weder die im OP-Bericht beschriebenen degenerativen Aufspleißungen im Bereich der langen Bizepssehne noch die Pasta-Läsion im Bereich der Supraspinatussehne in einen Zusammenhang mit dem Unfall gebracht. Seinen Ausführungen zufolge stellen sich diese gerade nicht als Unfallfolgen dar und wurden zum Schutz der unfallbedingt aufgetretenen Pulleyläsion mitbehandelt.

Indessen begründet letzteres, also die Tatsache, dass - so Prof. Dr. S. und zugleich der mitunterzeichnende Operateur Dr. L. e - gerade die unfallbedingte (s. die vorstehenden Ausführungen) Schädigung des Pulley-Systems Anlass für die durchgeführte Arthroskopie war, den Anspruch des Klägers, die Folgen dieses operativen Eingriffs als Unfallfolgen anerkannt zu bekommen.

Allerdings handelt es sich hierbei nicht um sog. mittelbare Unfallfolgen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Danach sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung. Normale Folgen einer (geglückten) Operation, wie beispielsweise Narben oder typischerweise verbleibende funktionelle Einschränkungen, unterfallen dabei nicht dem Anwendungsbereich dieser Norm, weil § 11 SGB VII eine gesonderte, zusätzliche Zurechnungsnorm darstellt und dem entsprechend jene Gesundheitsschäden, die einer normalen Behandlung entsprechen und ohnehin der entsprechenden originären Zurechnungsnorm (hier: § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) unterfallen, nicht erfasst (Schutzzweck der Norm). § 11 SGB VII erfasst somit nur Gesundheitsschäden, die nicht wesentlich durch den behandelten Gesundheitsschaden, sondern durch einen Schädigungstatbestand des § 11 SGB VII verursacht werden (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 11 Rdnr. 2; Ricke in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 11 SGB VII Rdnr. 4; in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1). Als Folge der am 30.09.2011 erfolgten Arthroskopie, sind - unabhängig davon, ob diese als diagnostische oder Maßnahme der Heilbehandlung zu qualifizieren ist - keine Folgen aufgetreten, die über das Ergebnis einer erfolgreichen Operation der strukturellen Läsionen hinausgehen. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen.

Die Folgen der Arthroskopie sind vielmehr unmittelbare Unfallfolgen. Ausgangspunkt der Arthroskopie war - wie dargelegt - die durch den Arbeitsunfall verursachte Läsion im Bereich des Pulley-Systems. Auch wenn Prof. Dr. S. bei der ursprünglichen OP-Indikation noch von einer - dann traumatische bedingten - Slap-Läsion ausging (Bericht vom 05.08.2011), die sich später - intraoperativ - nicht bestätigte, erfolgte die Arthroskopie als solche wegen der anstatt der Slap-Läsion festgestellten Pulley-Läsion. Dies ergibt sich eindeutig und unmissverständlich aus dem Bericht des Prof. Dr. S. und des Operateurs Dr. L. e vom 07.11.2011. Dass dabei, anlässlich dieser Operation auch die degenerative Aufspleißung der langen Bizepssehne und die Läsion der Supraspinatussehne behandelt wurde, ändert nichts daran, dass die Arthroskopie wesentlich durch den Arbeitsunfall, nämlich die traumatische Schädigung des Pulley-Systems, veranlasst war. Entsprechend sind die Folgen der Arthroskopie als solcher (nach dem Gutachten von Prof. Dr. L. die entsprechenden reizlosen Narben) unmittelbare Unfallfolgen.

Gleiches gilt aber auch in Bezug auf die operierten Teilläsionen der langen Bizepssehne und der Supraspinatussehne. Diese strukturellen Schäden wurden - so Prof. Dr. S. und Dr. L. e im Bericht vom 07.11.2011 - als unfallunabhängige Schäden "zum Schutz der Pulley-Läsion mitbehandelt". Hieraus ergibt sich - worauf auch Prof. Dr. L. in seinem Gutachten hingewiesen hat - ein ursächlicher naturwissenschaftlicher Zusammenhang zum Arbeitsunfall. Dieser Zusammenhang ist auch wesentlich. Denn die medizinisch veranlasste Mitbehandlung unfallunabhängiger Schäden zur Sicherstellung des Behandlungserfolges unfallbedingter Schäden begründet die Annahme einer zumindest wesentlichen Mitverursachung der unfallbedingten Schäden am Gesamtergebnis der Behandlung. Entsprechend sind die Folgen der operativen Mitbehandlung der Supraspinatussehne und der langen Bizepssehne wiederum Unfallfolgen. Dem entsprechend ist die von Prof. Dr. L. beschriebene diskrete Muskelverformung (am rechten Oberarm, vgl. Bl 40 SG-Akte) als Unfallfolge anzuerkennen, allerdings nicht mit dem Hinweis auf die "chirurgische Tenodese der langen Bizepssehne" als Feststellung eines unfallbedingten Gesundheitserstschadens, weil der entsprechende strukturelle Schaden der langen Bizepssehne - wie oben ausführlich dargelegt - gerade nicht unfallbedingt ist und daher keinen Gesundheitserstschaden darstellt. Gleiches gilt für die vom Sozialgericht in den Tenor aufgenommene "Läsion der Rotatorenmanschette".

Soweit das Sozialgericht die Beklagte dem in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellten Antrag entsprechend verurteilt hat, eine endgradige Bewegungseinschränkung und leichte Kraftminderung der rechten Schulter als Unfallfolge anzuerkennen, hält dies der Überprüfung im Tatsächlichen nicht stand. Zwar hat Prof. Dr. L. als Unfallfolge eine solche Kraftminderung formuliert, aus dem von ihm erhobenen Befund lässt sich eine Kraftminderung indessen nicht ableiten. In seiner Befunddokumentation der rechten oberen Gliedmaße (Bl. 37 f. SG-Akte) ergeben sich für alle durchgeführten Prüfungen normale Kraftentfaltungen ("Kraftentfaltung seitengleich" beim Abspreizen und Vorführen, bei den isometrischen und dynamischen Tests "kraftvolle" Demonstration mit "Kraftgrad M5/5", die übrigen Tests ebenfalls "kraftvoll"). Der Kläger hat eine solche Kraftminderung noch nicht einmal behauptet (vgl. Gutachten unter "Aktuelle Beschwerden": "spüre keinen eindeutigen Kraftverlust"). Von einer auch nur leichten Kraftminderung vermag sich der Senat deshalb nicht zu überzeugen. In Bezug auf die vom Sozialgericht angenommene endgradige Bewegungseinschränkung fehlt es ebenfalls an deren Vorliegen. Prof. Dr. L. hat vielmehr seitengleiche( Bewegungsmaße dokumentiert, und zwar sowohl aktiv wie passiv (vgl. Bl. 39/40 SG-Akte). Auch bei der Formulierung der aus seiner Sicht bestehenden Unfallfolgen hat der Sachverständige eine Bewegungseinschränkung nicht aufgeführt, sondern lediglich - vom Kläger nicht zur Anerkennung beantragte - endgradige Bewegungsschmerzen.

Im Ergebnis sind von der Beklagten somit eine reizlose Narbenbildung und eine diskrete Muskelverformung als Unfallfolgen anzuerkennen. Entsprechend ist das weitergehende Urteil des Sozialgerichts abzuändern. Aus Gründen der Klarheit hat der Senat die Unfallfolgen im Tenor neu gefasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger mit seinem Begehren auf Anerkennung von Unfallfolgen in Bezug auf die wesentlichen Fragen des ursächlichen Zusammenhangs Erfolg hat, während die Beklagte mit ihrer Berufung lediglich in einem untergeordneten Teilbereich erfolgreich ist, hält es der Senat für angemessen, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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