L 2 AL 12/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 17 AL 606/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 12/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Juli 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Klageverfahrens tragen die Beklagte zu 89 Prozent und die Klägerin zu 11 Prozent. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Der Beigeladene trägt seine Kosten in beiden Rechtszügen selbst. 3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Prozesszinsen auf eine ihr unstreitig zustehende Vermittlungsvergütung nach dem bis zum 31. März 2012 geltenden Recht.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Auszahlung aus einem Vermittlungsgutschein durch Bescheid vom 31. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2011 mit der Begründung ab, nicht die Klägerin habe den Beigeladenen in Arbeit vermittelt, sondern die Beklagte selbst. Die Klägerin erhob hiergegen am 12. Dezember 2011 Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Abänderung der genannten Bescheide zur Auszahlung des Vermittlungsgutscheins zu verurteilen. Nachdem die Beklagte (mit Schriftsatz vom 11. August 2014) den Klageanspruch anerkannt und der Klägerin durch Bescheid vom 6. August 2014 einen Betrag von 1.000 Euro bewilligt hatte, beantragte die Klägerin (mit Schriftsatz vom 13. August 2014), die Beklagte zur Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 12. Dezember 2011 bis zum 7. August 2014 zu verurteilen. Im Übrigen erklärte die Klägerin den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt.

Durch Urteil vom 28. Juli 2015 (der Beklagten zugestellt am 26. August 2015) hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.000 Euro für die Zeit vom 12. Dezember 2011 bis zum 7. August 2014 zu zahlen. Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung hat es nicht getroffen und in der Rechtsmittelbelehrung wird über die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde belehrt.

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus einer analogen Anwendung von § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Zwar scheitere eine direkte Anwendung der Vorschrift daran, dass es sich nicht um eine zivilrechtliche Geldforderung handele und dass es an einer auf § 291 BGB verweisenden sozialrechtlichen Vorschrift fehle. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie des Bundesverwaltungsgerichts seien aber auch öffentlich-rechtliche Geldforderungen entsprechend § 291 BGB zu verzinsen, sofern nichts Abweichendes geregelt sei und keine Besonderheiten des Sachgebiets der analogen Anwendung entgegenstünden. Einen gesetzlichen Ausschluss gebe es nicht, und einer Verzinsung stünden auch keine Besonderheiten des Arbeitsförderungsrechts entgegen. Ein privater Arbeitsvermittler sei wie jeder am Wirtschaftsleben teilnehmende Dienstleistungserbringer auf eine zeitnahe Bezahlung angewiesen. Weiterhin diene die Möglichkeit, Prozesszinsen geltend zu machen, der Vermeidung unberechtigter Zahlungsverweigerungen.

Für einen Anspruch auf Prozesszinsen spreche auch, dass für die Kostenentscheidung § 197a SGG einschlägig sei, der auf das Kostenrecht der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verweise. Dies lege nahe, auch beim Anspruch auf Prozesszinsen keinen Unterschied mehr zu machen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. März 2006 – B 3 KR 6/05 R, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3: Verzinsung der Vergütungsforderung eines zugelassenen Leistungserbringers [hier: Reha-Klinik] gegen eine Krankenkasse).

Schließlich spreche auch der Umstand für Prozesszinsen, dass der öffentlich-rechtliche Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte an die Stelle des (makler-) vertraglich geregelten Vergütungsanspruchs getreten sei, der ebenfalls zu verzinsen gewesen wäre.

Auf die am 28. September 2015 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 21. Januar 2015 (Az. L 2 AL 52/15 NZB) zugelassen.

Die Beklagte beruft sich insbesondere auf das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2010 (Az. L 1 AL 204/09, juris) hin, wonach bei der verspäteten Zahlung einer Vermittlungsvergütung kein Anspruch analog den §§ 288, 280, 286 Abs. 2 BGB bestehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Juli 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entschieden. Außerdem ergebe es sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass die Beklagte Zinsen zu zahlen habe.

Der Beigeladene

hat keinen Antrag gestellt

und sich auch sonst nicht geäußert.

Der Senat hat am 1. Juni 2016 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Sie ist nach ihrer Zulassung durch den Senat (§§ 143, 145 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung von Prozesszinsen auf die von der Beklagten anerkannte Hauptforderung verurteilt.

Die Klägerin kann ihren Zinsanspruch auf keine Anspruchsgrundlage stützen. Hierbei kann dahinstehen, ob sich das Erfordernis einer hinreichenden Anspruchsgrundlage unmittelbar aus dem Gesetzesvorbehalt in § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) ergibt, denn es sind auch keine untergesetzlichen oder ungeschriebenen Anspruchsgrundlagen ersichtlich.

I.) Ein Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich nicht in direkter Anwendung von § 291 BGB, da die unmittelbar gegen die Beklagte gerichtete Forderung nicht zivilrechtlicher Natur ist und damit nicht den Vorschriften des BGB unterfällt. Gemäß § 421g Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung, a.F.) hatten Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein, mit dem sich – so § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III a.F. – die Agentur für Arbeit verpflichtete, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (§ 421g Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 und 3 SGB III a.F.) zu erfüllen. Die Vergütung wurde nach § 421g Abs. 2 Satz 4 SGB III a.F. unmittelbar an den Vermittler gezahlt. Für das Rechtsverhältnis zwischen dem Vermittler und dem Arbeitsuchenden hatte dies die Auswirkung, dass der Vergütungsanspruch des Vermittlers nach Vorlage des Vermittlungsgutscheins bis zu dem Zeitpunkt gestundet war, in dem die Agentur für Arbeit nach Maßgabe von § 421g SGB III a.F. gezahlt hatte (§ 296 Abs. 4 Satz 2 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung). Aus letzterem Punkt ergibt sich zunächst, dass es sich bei der in § 421g Abs. 2 und 3 SGB III a.F. geregelten Forderung des Vermittlers gegen die Agentur für Arbeit nicht etwa um eine übergegangene oder in Prozessstandschaft geltend gemachte vertragliche Forderung des Vermittlers gegen den Arbeitsuchenden handelte, sondern um einen originären Anspruch des Vermittlers gegen die Agentur für Arbeit, der öffentlich-rechtlicher Natur ist (BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R, SozR 4-4300 § 421g Nr. 1). Somit könnten die zivilrechtlichen Bestimmungen über Prozesszinsen aber auch nur kraft ausdrücklicher Anordnung zu direkter Anwendung kommen. Eine solche Verweisungsvorschrift gab und gibt es indes nicht.

II.) Ein Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 291 BGB.

1.) Einem Anspruch auf Prozesszinsen steht hierbei allerdings nicht bereits die Sperrwirkung des § 44 SGB I entgegen, der – soweit sein Anwendungsbereich reicht – den Ausgleich für Zinslast, Zinsverlust und eingeschränkte Lebensführung abschließend regelt (BSG, Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 RU 4/95, SozR 3-1300 § 61 Nr. 1; Rolfs in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand Juli 2014, § 44 Rn. 15), indem er eine von Amts wegen vorzunehmende Verzinsung mit 4 Prozent anordnet. Diese Sperrwirkung geht nicht weiter als der Anwendungsbereich der Vorschrift. Obwohl § 44 Abs. 1 SGB I nur von "Ansprüche(n) auf Geldleistungen" spricht, sind hiermit Sozialleistungen im Sinne von § 11 SGB I gemeint, die in Form von Geld erbracht werden (Rolfs, a.a.O., Rn. 5). Der Vergütungsanspruch des Arbeitsvermittlers nach dem bis zum 31. März 2012 geltenden (und somit im vorliegenden Fall einschlägigen) Recht stellt allerdings keine Sozialleistung im Sinne von § 11 SGB I dar. Bei diesem Vermittlerhonorar handelt es sich – anders als bei Arbeitgeberleistungen (die nicht auf eine Bereicherung des Arbeitgebers abzielen, sondern der Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmern durch den Ausgleich von Minderleistungen dienen, dazu BSG, Beschluss vom 22. September 2004 – B 11 AL 33/03 R, SozR 4-1500 § 183 Nr. 2) und den Trägerleistungen – nicht um eine Sozialleistung, sondern um eine Vergütung aus wirtschaftlicher Betätigung (BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 R, SozR 4-4300 § 421g Nr. 1 = juris, Rn. 21, aus neuerer Zeit auch BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 1/14 R, juris).

2.) Es fehlt jedoch an einer planwidrigen Regelungslücke als einer der allgemeinen Voraussetzungen einer Rechtsanalogie.

a) Zunächst liegt eine planwidrige Regelungslücke nicht schon darin, dass das Sozialgesetzbuch – jedenfalls nach dem bis zum 31. März 2012 geltenden Recht – keine Regelung über die Verzinsung des Anspruchs des Vermittlers gegen die Agentur für Arbeit enthalten hat. Anders als nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die Nachweise bei BSG, Urteil vom 23. Juli 1992 – 7 RAr 98/90, BSGE 71, 72 = juris, Rn. 25), auf die das Sozialgericht seine Rechtsauffassung stützt, gilt im Sozialrecht nach wie vor nicht, dass § 291 BGB schon dann zur Anwendung kommt, wenn nichts Abweichendes geregelt ist oder Besonderheiten eines Sachgebietes einer Analogie entgegenstehen. Die ältere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach diejenigen Nachteile, deren Ausgleich die Vorschriften über Verzug und Verzinsung gelten, nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auszugleichen sind (so zum Verzugsschaden bereits BSG, Urteil vom 27. September 1957 – 2 RU 39/55 = juris, Rn. 27; ausführlich zu Prozesszinsen BSG, Urteil vom 16. Dezember 1964 – 12 RJ 526/64, BSGE 22, 150; weiter auch BSG, Urteil vom 25. Mai 1965 – 2 RU 122/64, SGb 1967, 117; BSG, Urteil vom 25. November 1965 – 9 RV 370/63, BSGE 24, 118; BSG, Urteil vom 14. Februar 1973 – 1 RA 241/72, BSGE 35, 195; BSG, Urteil vom 15. Dezember 1976 – 3 RK 3/75, juris), ist nur in Teilen ihrer Begründung, nicht aber im Grundsatz als durch die Rechtsentwicklung überholt zu betrachten: Die – vom Bundessozialgericht (Urteil vom 23. Juli 1992 – 7 RAr 98/90, SozR 3-7610 § 291 Nr. 1) als Bruch mit der "verzinsungsfeindlichen" Tradition im Sozialrecht bezeichnete – Schaffung solch allgemeiner Normen wie § 44 SGB I und § 27 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) hat insoweit nicht zu einer durchgreifenden Änderung geführt, denn das Bundessozialgericht hat auch angesichts beider Vorschriften an der Ablehnung eines Anspruchs auf Verzugs- und/oder Prozesszinsen ausdrücklich festgehalten (BSG, Urteil vom 23. Juli 1992 – 7 RAr 98/90, SozR 3-7610 § 291 Nr. 1 = juris, Rn. 33 bis 36).

Die Einführung eines "zweiten Kostenregimes" durch das 6. SGG-Änderungsgesetz (vom 17. August 2001, BGBl. I S. 2144, in Kraft seit dem 2. Januar 2002) hat zwar dem Argument einer besonders klägerfreundlichen Verteilung des Prozesskostenrisikos, auf das das Bundessozialgericht seine Ablehnung einer Heranziehung von § 291 BGB in wesentlichen Teilen gestützt hatte (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 1964 – 12 RJ 526/64, BSGE 22, 150), in den meisten Punkten den Boden entzogen. Seitdem das Sozialgerichtsgesetz in den §§ 183 und 197a SGG zwischen einem privilegierten Kostenregime für Versicherte, Leistungsempfänger, Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen und deren Sonderrechtsnachfolger einerseits und einem weiteren, durch Verweisung auf die VwGO geregelten Kostenregime unterscheidet, dem diejenigen unterfallen, die eines besonderen sozialen Schutzes nicht bedürfen, folgt aus dem Kostenrecht kein zwingender Grund mehr für eine Abweichung von den im Verwaltungsprozess geltenden Grundsätzen (BSG, Urteil vom 23. März 2006 – B 3 KR 6/05 R, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3).

b) Dies bedeutet aber – negativ gewendet – zunächst nur, dass derjenige, der nicht in einer der in § 183 Satz 1 SGG genannten Eigenschaften, sondern schlicht als Marktteilnehmer Beteiligter eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist, sich einen Anspruch auf Prozesszinsen nicht (schon) unter Hinweis auf solche Privilegierungen (namentlich aus § 193 SGG) versagen lassen muss, in deren Genuss er ohnehin nicht kommt. Positiv gewendet bedarf es für die analoge Anwendbarkeit von § 291 BGB indes der weiteren – über die Einschlägigkeit von § 197a SGG hinausgehenden – Voraussetzung, wonach die Verpflichtung zur Zahlung von Prozesszinsen als Mittel der Verhaltenssteuerung in einem übergeordneten Interesse an der Funktionsfähigkeit des Leistungserbringungssystems insgesamt angezeigt ist. Das Bundessozialgericht hat hierzu im Urteil vom 28. September 2005 ausgeführt (Az. B 6 KA 71/04 R, SozR 4-2500 § 83 Nr. 2 = juris, Rn. 42 ff.; Hervorhebungen hinzugefügt):

"In der Rechtsprechung aller bislang mit dem Anspruch auf Prozesszinsen befassten Senate des BSG ist bislang die Anwendung des § 291 Satz 1 BGB auf im Sozialversicherungsrecht begründete Zahlungsansprüche ausgeschlossen worden, soweit in sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über eine Verzinsung enthalten ist. Wesentlicher Grund dafür waren die einseitig zu Lasten der Leistungsträger getroffenen Regelungen hinsichtlich der Gerichtsgebühren (§§ 183, 184 SGG jeweils aF) sowie der Ausschluss der Erstattung außergerichtlicher Kosten an den Leistungsträger selbst im Falle seines Obsiegens (§ 193 Abs 4 SGG aF; BSGE 71, 72, 74 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1 S 3). Diese Gründe sind teilweise schon mit dem Inkrafttreten des GSG zum 1. Januar 1993 entfallen, weil dort für die Streitsachen, auf die § 116 Abs 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung) Anwendung fand, eine Kostenerstattungspflicht auch zu Gunsten einer obsiegenden Körperschaft angeordnet worden ist. Spätestens mit der Neufassung des Kostenrechts im sozialgerichtlichen Verfahren zum 2. Januar 2002 durch das 6. SGGÄndG vom 17. August 2001 (BGBl I 2144) können aus der Kostenregelung im SGG jedenfalls in den von § 197a Abs 1 Satz 1 SGG erfassten Streitigkeiten keine Schlüsse mehr auf den Ausschluss von Prozesszinsen gezogen werden.

In diesen Streitigkeiten, zu denen auch die hier allein zu beurteilenden Auseinandersetzungen zwischen Krankenkassen und KÄVen zählen, werden Gerichtskosten erhoben und gelten im Übrigen die Kostenvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das hat zur Folge, dass der unterlegene Beteiligte neben den Gerichtskosten die Anwaltskosten des obsiegenden Beteiligten nach dem maßgeblichen Streitwert zu tragen bzw zu erstatten hat. Die Annäherung des sozialgerichtlichen Kostenrechts an dasjenige der VwGO legt nahe, auch hinsichtlich der Prozesszinsen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) Bezug zu nehmen. Das BVerwG ist schon immer davon ausgegangen, dass im Wege der Zahlungs- oder Verpflichtungsklage geltend gemachte Geldforderungen in entsprechender Anwendung des § 291 BGB zu verzinsen sind, sofern das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung enthält (Urteile vom 18. Mai 1994 - 11 A 1.92 - Buchholz 11 Art 104a GG Nr 11 und vom 28. Mai 1998 - 2 C 28.97 - Buchholz 239.1 § 49 BeamtVG Nr 5). Das BVerwG differenziert ausdrücklich zwischen Verzugszinsen, die im öffentlichen Recht nur geltend gemacht werden könnten, wenn das gesetzlich oder vertraglich explizit geregelt sei, und Prozesszinsen ab Eintritt der Rechtshängigkeit einer Geldforderung (dazu näher BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 6 B 80/04 - juris), die gezahlt werden müssten, soweit der darauf gerichtete Anspruch nicht ausgeschlossen sei (vgl auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl 2004, § 42 RdNr 157; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl 2005, § 291 RdNr 2).

Die hier in Frage stehende Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich des Ausschlusses von Prozesszinsen beim Streit um Zahlungsansprüche der Gesamtvertragspartner ist indessen nicht nur eine Folge des veränderten Gerichtskostenrechts in sozialgerichtlichen Streitverfahren, sondern ist auch von der Sache her geboten. Jenseits der gesetzestechnischen Ausgestaltung im Einzelnen ist der Ausschluss der Verzinsungspflicht in Rechtsstreitigkeiten zwischen den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung, also insbesondere den KÄVen und den Krankenkassen, auch von der Erwägung getragen gewesen, dass wegen der gemeinsamen Verantwortung, die das Gesetz diesen Institutionen in § 72 Abs 1 SGB V überträgt, auf die sanktionierende Wirkung von Prozesszinsen verzichtet werden kann. Dem liegt nicht die Vorstellung zu Grunde, dass zwischen den Trägern der vertragsärztlichen Versorgung nicht auch schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Ausgestaltung insbesondere der Vergütungsbeziehungen bestehen können. Das Gesetz ist jedoch von der Erwartung geprägt, dass diese Auseinandersetzungen nicht dazu genutzt werden, dass sich die eine Institution auf Kosten der anderen ua während eines zwangsläufig längere Zeit in Anspruch nehmenden Rechtsstreits durch Nichtzahlung fälliger Beträge wirtschaftlich Vorteile verschafft.

( )

Die Auseinandersetzungen der letzten Jahre und insbesondere der hier zu beurteilende Rechtsstreit zeigen indessen, dass die Grundlage für diese auf einen begrenzten Konsens der Gesamtvertragspartner trotz bestehender Meinungsverschiedenheiten gerichtete Erwartung des Gesetzgebers jedenfalls teilweise entfallen ist. Wenn eine Krankenkasse aus Anlass eines Streits um die Höhe der Kopfpauschalen Beträge im zweistelligen Millionenbereich einbehält, obwohl ihre Versicherten von den Mitgliedern der KÄV weiter behandelt werden sollen und behandelt werden müssen, bringt sie die KÄV in die Zwangslage, entsprechende Beträge zur zeitnahen Honorierung der Vertragsärzte vorzufinanzieren. Diese kann nämlich ihrerseits die Honorarverteilung an ihre Mitglieder nicht einstellen oder aussetzen, weil bestimmte Anteile der Gesamtvergütung nicht entrichtet worden sind. Soweit das Instrument der Einbehaltung von Beträgen der Gesamtvergütung nicht nur in begrenztem Umfang benutzt wird, um grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten einer gerichtlichen Klärung zuzuführen, sondern auch eingesetzt wird, um wirtschaftlichen Druck in diesen Rechtsbeziehungen durch Vorenthaltung bzw Entzug von Liquidität zu entfalten, muss die Rechtsordnung darauf reagieren. Jede Vorfinanzierung ist mit Finanzierungskosten verbunden, die nach dem Verursacherprinzip derjenige zu tragen hat, dessen Standpunkt sich nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens als unzutreffend erweist. Soweit damit eine Erhöhung des Prozessrisikos verbunden ist, ist das sachgerecht, weil die Verpflichtung, ggf Prozesszinsen zu zahlen, ebenso wie die Verpflichtung, im Unterliegensfalle Gerichtskosten und Anwaltskosten tragen zu müssen, zu den Risiken zählt, die verständige Beteiligte abwägen, bevor sie Klage erheben bzw gegen sie gerichtete Forderungen nicht iS des § 93 Zivilprozessordnung unverzüglich anerkennen.

Die der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu Grunde liegende Erwartung, dass es derartiger Ausgleichsmechanismen in den Rechtsbeziehungen der Partner der Gesamtverträge nicht bedürfe, hat sich jedenfalls partiell als nicht gerechtfertigt herausgestellt. Deshalb sind bei Klagen auf Zahlung fälliger Gesamtvergütungen, die nach dem Tag der Verkündung dieser Entscheidung im ersten Rechtszug anhängig werden, Prozesszinsen in entsprechender Anwendung des § 291 BGB zu zahlen. Soweit die Beteiligten der Gesamtvergütungsvereinbarungen sich der oben aufgezeigten Möglichkeiten zur Begrenzung der wirtschaftlichen Auswirkungen rechtlicher Konflikte bedienen und den Streitgegenstand entsprechend sachgerecht eingrenzen, verbleibt die wirtschaftliche Folge von Prozesszinsen angesichts des Umfangs der Gesamtvergütungen in einer zu vernachlässigenden Größenordnung. Soweit dagegen auch in Zukunft rechtliche Auffassungsunterschiede hinsichtlich der Berechnungs- und Zahlungsmodalitäten der Gesamtvergütung durch die Summe der geltend gemachten bzw einbehaltenen Beträge zu erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen führen, ist die Zubilligung von Prozesszinsen in der in § 291 iVm § 288 BGB vorgegebenen Höhe ein notwendiges und wirksames Mittel, die wirtschaftlichen Folgen eines erheblichen Finanzierungsbedarfs dem im Rechtsstreit Unterlegenen aufzuerlegen. Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass die Änderung der Rechtsprechung zu den Prozesszinsen nur die Zahlung fälliger Gesamtvergütungen betrifft. Für diese Materie ist der Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG allein zuständig, sodass es keiner Anfrage an andere Senate des BSG iS des § 41 Abs 3 SGG bedarf.

Auch den Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und nichtärztlichen Leistungserbringern hat das Bundessozialgericht einen Anspruch auf Prozesszinsen ausdrücklich unter Hinweis auf die gehobene Bedeutung einer Liquiditätssicherung zugebilligt (BSG, Urteil vom 23. März 2006 – B 3 KR 6/05 R, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3):

"Unabhängig von den kostenrechtlichen Änderungen ist die entsprechende Anwendung des § 291 BGB auf die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und nichtärztlichen Leistungserbringern auch aus der wachsenden Bedeutung der Wirtschaftlichkeit in der Leistungserbringung der GKV begründet, die nach kaufmännischen Grundsätzen auf liquide Mittel angewiesen ist und wegen des Wettbewerbsdrucks auf Zinsen nicht verzichten kann. Deshalb vereinbaren die Beteiligten zunehmend für den Fall des Zahlungsverzugs eine Zinsregelung. Das trifft zB für das Vergütungsrecht für zugelassene Krankenhäuser (§§ 108, 109 SGB V) zu, für das der Abschluss von Vereinbarungen über die Folgen verzögerter Zahlungen vom Gesetz- und Verordnungsgeber ausdrücklich angeordnet worden ist. Nach § 11 Abs 1 Satz 3 KHEntgG müssen die Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG, also der jeweilige Krankenhausträger und die beteiligten Sozialversicherungsträger, in die auf das einzelne Krankenhaus bezogene Vereinbarung Bestimmungen ua über "Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung" aufnehmen. § 17 Abs 1 Satz 3 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl I 2750) enthält eine gleichartige Regelung (ebenso schon § 16 Abs 1 Satz 2 BPflV vom 21. August 1985, BGBl I 1666). Vergleichbare gesetzliche Bestimmungen gibt es für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu anderen Leistungserbringern zwar nicht, was aber nicht bedeutet, dass vertragliche Vereinbarungen über die Folgen des Zahlungsverzugs nicht erlaubt wären. In zahlreichen Vergütungsvereinbarungen sind daher Regelungen über Verzugszinsen enthalten. Gibt es eine - gesetzliche oder vertragliche - Regelung über Verzugszinsen, ist kein Grund ersichtlich, für Prozesszinsen die analoge Heranziehung des § 291 BGB auszuschließen, zumal in solchen Fällen die den Anspruch auf Prozesszinsen auslösende Klageerhebung in der Regel auch den Verzug begründet (§ 286 Abs 1 Satz 2 BGB).

( ...)

Es gibt keinen sachlichen Grund, Prozesszinsen nur dann zu gewähren, wenn die Leistungserbringer mit den Krankenkassen zumindest Regelungen über die Zahlung von Verzugszinsen getroffen haben. Sofern in einer Vergütungsvereinbarung die Zahlung von Prozesszinsen nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist, kann auf § 291 BGB vielmehr auch dann zurückgegriffen werden, wenn in der Vergütungsvereinbarung eine Regelung über Verzugszinsen nicht enthalten ist; ob dies auch dann gilt, wenn nur Verzugszinsen ausdrücklich ausgeschlossen worden sind, kann der Senat an dieser Stelle offen lassen. Die Krankenkassen auf der einen und die Leistungserbringer auf der anderen Seite stehen sich im Gesundheitsmarkt als Nachfrager und Anbieter von medizinischen Dienstleistungen (zB Heilmittel, stationäre Behandlung) und Sachleistungen (zB Hilfsmittel, Arzneimittel) gegenüber. Die Krankenkassen "kaufen" auf Grund der ihnen gegenüber ihren Versicherten obliegenden Sachleistungspflicht (vgl § 2 Abs 2 SGB V) bei Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringern, Pflegediensten und sonstigen zugelassenen Leistungserbringern Sach- und Dienstleistungen ein. Der Gesundheitsmarkt stellt sich insoweit als Teil des allgemeinen Wirtschaftslebens dar, in dem die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen und Prozesszinsen selbstverständlich ist. Demgemäß unterlagen Vergütungsansprüche von Leistungserbringern gegen die Krankenkassen aus zivilrechtlichen Verträgen immer schon dem Anspruch auf Verzugs- und Prozesszinsen (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 3; stRspr). Es gibt keinen sachlichen Grund, den - früher teilweise, ab 2000 ausschließlich - öffentlich-rechtlich geregelten Gesundheitsmarkt im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung insoweit unterschiedlich zu behandeln."

Hieraus lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, dass beim "Einkauf" privater Arbeitsvermittlungsleistungen dasselbe gelten müsse. Seine Ablehnung, die dargestellten Grundsätze auch auf das Verhältnis zwischen Vertragsarzt und Kassenärztlicher Vereinigung zu übertragen, hat das Bundessozialgericht wie folgt begründet (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2012 – B 6 KA 65/11 B, juris, Rn. 13, Hervorhebungen hinzugefügt):

"Auch die Auffassung des Klägers, es sei nicht konsequent - und deshalb erneut klärungsbedürftig -, zwar bei den Ansprüchen der K(Z)ÄV auf Zahlung ausstehender Gesamtvergütungen Prozesszinsen zuzuerkennen (BSG vom 28.9.2005, BSGE 95, 141 RdNr 30 ff, insbesondere RdNr 33 iVm RdNr 39 am Ende = SozR 4-2500 § 83 Nr 2, RdNr 38 ff, insbesondere RdNr 41 iVm RdNr 47 am Ende), nicht aber auch bei Ansprüchen zwischen Vertrags(zahn)arzt und K(Z)ÄV (vgl Beschwerdebegründung vom 6.12.2011, zB S 2, 7), ist nicht zutreffend; denn die Rechtsbeziehungen zwischen K(Z)ÄVen und KKn einerseits und diejenigen zwischen Vertrags(zahn)arzt und K(Z)ÄV andererseits unterscheiden sich grundlegend. Die Gründe für die Zuerkennung von Prozesszinsen bei Ansprüchen auf Gesamtvergütungen bzw Gesamtvergütungsanteilen hat der Senat im Urteil vom 28.9.2005 angesprochen: nämlich die Verpflichtung zur Kooperation zwischen K(Z)ÄV und KKn sowie die wirtschaftlichen Folgen eines erheblichen Finanzierungsbedarfs durch Einbehaltung von Gesamtvergütungsanteilen (vgl hierzu BSG vom 28.9.2005 aaO RdNr 36, 38 f bzw RdNr 44, 46 f). Dass diese Erwägungen auf das Verhältnis zwischen Vertrags(zahn)arzt und K(Z)ÄV nicht in gleicher Weise zutreffen, liegt auf der Hand. Ein Bedarf nach näherer - grundsätzlicher - Klärung in einem Revisionsverfahren besteht insoweit nicht."

c) Im Verhältnis zwischen einem privaten Arbeitsvermittler und der Agentur für Arbeit lässt sich weder eine vergleichbare, im übergeordneten Interesse an einer Funktionsfähigkeit der staatlichen Arbeitsförderung bestehende Pflicht zur Kooperation feststellen, noch hat die Nichterfüllung eines bestehenden Anspruchs auf Vergütung vergleichbare Folgen für das Funktionieren der staatlichen Arbeitsvermittlung.

aa) Der Annahme einer gesteigerten Pflicht zur Kooperation zwischen dem (privaten) Arbeitsvermittler und der Agentur für Arbeit steht bereits entgegen, dass die private Arbeitsvermittlung nur ein Instrument unter zahlreichen anderen ist.

Die Arbeitsvermittlung durch Private war zunächst insgesamt untersagt (§ 35 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, später § 23 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. April 1967 – 1 BvR 126/65, BVerfGE 21, 245) und hatte anschließend einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterlegen (§ 23 Abs. 1 AFG in der seit dem 1. April 1994 geltenden Fassung, später § 291 SGB III). Kurz nachdem durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz, vom 10. Dezember 2001, BGBl. I, 3443) den Arbeitsämtern die Möglichkeit eingeräumt worden war, zu ihrer Unterstützung Dritte mit der Vermittlung oder mit Teilaufgaben der Vermittlung beauftragen (§ 37a Abs. 1 Satz 1 SGB III; gültig vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2003), wurde das präventive Verbot durch das Gesetz zur Vereinfachung der Wahl von Arbeitnehmervertetern in den Aufsichtsrat (vom 23. März 2002, BGBl. I, 1130) aufgegeben (vgl. auch BT-Drs. 14/8546, S. 5) und zugleich – zunächst bis Ende 2004 befristet – durch Schaffung des neuen § 421g SGB III der Vermittlungsgutschein eingeführt, der es im Zusammenspiel mit § 37a SGB III den Arbeitsämter ermöglichen sollte, die im Einzelfall angemessene und geeignete Form der Vermittlung zu wählen (BT-Drs. 14/8546, S. 5). Die Verpflichtung des Arbeitsamtes zur Vermittlung des Arbeitslosen ließen diese Neuerungen allerdings unter Hinweis auf einen Wettbewerb zwischen Arbeitsamt und Vermittler unberührt (a.a.O.). Die zunächst nur befristet vorgesehene Möglichkeit des Vermittlungsgutschein wurde im Laufe der Zeit weiter verlängert und schließlich mit der Reform des Arbeitsförderungsrechts durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (vom 20. Dezember 2011, BGBl. I 2854) in geänderter Form des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins (§ 45 Abs. 4 ff. SGB III in der seit dem 1. April 2012 geltenden Fassung) fortgeführt.

Bereits aus dieser Normgeschichte wird deutlich, dass der – im weitesten Sinne verstandenen – Einbindung privater Arbeitsvermittler in die staatliche Arbeitsförderung keine tragende Rolle bei der Arbeitsvermittlung zukommt. Die fortschreitende Liberalisierung des Rechts der privaten Arbeitsvermittlung war zum einen grundsätzlichen Bedenken gegen das staatliche Monopol der Arbeitsvermittlung geschuldet (vgl. bereits EuGH, Urteil vom 23. April 1991 – C-41/90, SozR 3-6030 Art 86 Nr. 1), zum anderen dem – vor dem Hintergrund der um die Jahrtausendwende vorherrschenden allgemeinen Tendenz zu Liberalisierung und Deregulierung zu verstehenden – Wunsch, einen Wettbewerb staatlicher und privater Systeme zu fördern. Somit war und ist die Arbeitsvermittlung durch Private zwar integraler Bestandteil der Arbeitsförderung, sie ist indes nicht in einem solchen Maße in das System der staatlichen Aufgabenerfüllung implementiert, dass von einer gemeinsamen Verantwortung der privaten Anbieter von Arbeitsvermittlung und der Beklagten gesprochen werden könnte.

bb) Weiterhin hat die unberechtigte Zurückhaltung der Vermittlungsvergütung für den Arbeitsvermittler keine Folgen, die einer Zurückhaltung von Gesamtvergütung oder Krankenhausvergütung durch Krankenkassen vergleichbar wäre. Ein Vergleich mit der Gesamtvergütung des Vertragsarztrechts verbietet sich schon deswegen, weil die Vergütung zwischen dem Arbeitsvermittler und der Beklagten im Einzelfall abgerechnet und gegebenenfalls eingeklagt wird. Letzteres trifft zwar auch für die Krankenhausvergütungen zu (die ebenfalls im Einzelfall abgerechnet werden), allerdings wirkt sich auch hier die eher randständige Rolle der privaten Arbeitsvermittlung aus, zumal sich im Arbeitsförderungsrecht keine der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbare Bedeutung von Wirtschaftlichkeitserwägungen feststellen lässt.

III.) Das angefochtene Urteil ist auch nicht etwa teilweise aufrecht zu erhalten, weil der Klägerin aus einem anderen Rechtsgrund ein ggf. geringerer (niedrigerer oder kürzerer) Zinsanspruch zustünde, denn dies ist nicht der Fall.

Ein Anspruch aus § 44 SGB I kommt – wie bereits im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit von § 291 BGB dargelegt – nicht in Betracht, da es sich bei der Hauptforderung nicht um eine Sozialleistung handelt. Gegen eine analoge Anwendung dieser Vorschrift oder gar einen allgemeinen – ungeschriebenen – Zinsanspruch sprechen im Ergebnis dieselben Gesichtspunkte wie gegen eine analoge Anwendung von § 291 BGB (so i.E. auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Dezember 2010 – L 1 AL 204/09, juris).

IV.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG (zur Einschlägigkeit des nichtprivilegierten Kostenregimes für Vermittlungsvergütungen nach altem Recht BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 1/14 R, juris) in Verbindung mit den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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