L 18 R 324/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 R 787/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 324/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 33/16 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Auf Rev. d.Kl. werden Urteile des LSG und des SG aufgehoben !!!
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 3. März 2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 seiner außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe des monatlichen Zahlbetrags einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in der Zeit vom 1.4. bis zum 30.9.2011.

Der 1952 geborene Kläger ist seit 1977 als technischer Zeichner beim M X versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 1.12.2004 bezieht er von der Beklagten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit in Höhe von (bei Rentenbeginn) EUR 436,39 netto. Für die Zeit ab 1.10.2008 betrug der monatliche Zahlbetrag EUR 436,53 (Bescheid vom 19.9.2008). Seit dem Beginn der Rentenzahlung übt der Kläger das Beschäftigungsverhältnis nur noch in Teilzeit aus (5,06 Stunden täglich). Die Höhe seines monatlichen Entgelts betrug ab Mai 2010 zunächst laufend EUR 1.759, 62 brutto. Im Oktober erhielt er zu diesem Betrag wegen der Rückabwicklung einer Entgeltumwandlung weitere EUR 6.982,50 (insgesamt also EUR 8.742,12). Im Januar 2011 bezog der Kläger Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 1.929,94. Wegen einer im Januar eingetretenen längerfristigen Arbeitsunfähigkeit bezog er im Wege der Lohnfortzahlung für Februar 2011 Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 1.770,23 und für März (bis zum 5.3.) in Höhe von EUR 284,29. Anschließend bezog er vom 6.3. bis 23.8.2011 Krankengeld und vom 24.8. bis 21.10.2011 (von der Beklagten) Übergangsgeld. Zur Aufstockung dieser Sozialleistungen gewährte ihm sein Arbeitgeber einen tariflich vorgesehenen monatlichen Krankengeldzuschuss (fortan: KGZ). Dieser betrug für März 2011 EUR 121,73 und für die Folgemonate bis einschließlich September 2011 EUR 146,08. Während dieser Zeit erhielt der Kläger zunächst weiter die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von monatlich (netto) EUR 445,07 (bis Juni) und EUR 449,48 (ab Juli).

Nachdem der Beklagten die Einkünfte des Klägers ab Oktober 2010 bekannt geworden waren, hob sie den Bescheid vom 19.9.2008 ab dem 1.4.2011 auf und entschied, dass die Rente ab diesem Zeitpunkt nicht mehr geleistet werde, weil sämtlich Hinzuverdienstgrenzen überschritten seien; die (für die Zeit bis zum 30.11.2011) entstandene Überzahlung von EUR 2.234,17 sei zu erstatten (bestandskräftiger Bescheid vom 21.11.2011).

Im Januar 2012 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheids vom 21.11.2011 "gemäß § 44 SGB X": Ihm habe auch im streitigen Zeitraum die volle Rente zugestanden. Die Beklagte sei bei der Berechnung des Hinzuverdienstes von einem zu hohen Regelentgelt ausgegangen; überdies dürfe der KGZ nicht als Hinzuverdienst berücksichtigt werden.

Die Beklagte bewilligte ab dem 1.12.2011 wieder die volle Rente (Aufnahme der laufenden Zahlung ab 1.4.2012); für die Zeit vom 1.12.2011 bis 31.3.2012 errechnete sie zugunsten des Klägers eine Nachzahlung von EUR 1.797,92. Für den vorangehenden Zeitraum hielt sie vor einer erneuten Entscheidung weitere Ermittlungen für erforderlich (Bescheid vom 6. März 2012).

Nach Abschluss dieser Ermittlungen entschied die Beklagte, dass dem Kläger die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für März 2011 (wie bisher) in voller Höhe, für April bis September 2011 zur Hälfte, für Oktober 2011 in voller Höhe, für November 2011 gar nicht und ab Dezember, wie bereits mit Bescheid vom 6.3.2012 entschieden, auf Dauer wieder in voller Höhe zustehe. Für April bis September 2011 bestehe nur Anspruch auf die halbe Rente, weil der KGZ als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen sei und damit die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze für die volle Rente von EUR 1.826,36 überschritten werde. Für den Monat November 2011 werde die Rente nicht geleistet, weil das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in diesem Monat bereits das dritte anspruchsschädliche Überschreiten (nach Januar und März 2011) gewesen sei; das Überschreiten im März 2011 beruhe darauf, dass auch für diesen Monat der gezahlte KGZ als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen gewesen sei. Die sich für die Zeit vom 1.4. bis 31 (gemeint: 30.).11. ergebende Nachzahlung in Höhe von EUR 1.791,32 (1.117,10 + 674,22) werde - das Einverständnis des Klägers voraussetzend - mit den in den Bescheiden vom 21.11.2011 und 6.3.2012 errechneten Beträgen verrechnet, so dass ein Guthaben von EUR 1.355,04 verbleibe, das unverzüglich zur Zahlung angewiesen werde (Bescheid vom 3.5.2012).

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger auch für den Zeitraum ab April 2011 die volle Rente geltend. Der KGZ dürfe nicht als Hinzuverdienst berücksichtigt werden. Zwar werde er vom Wortlaut der Anrechnungsvorschrift erfasst. Nach § 23c Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei ein KGZ indes beitragsfrei. Der Gesetzgeber habe damit vermeiden wollen, dass durch den gleichzeitigen Bezug von sozialversicherungspflichtigem Krankengeld und Zuschüssen von Arbeitgebern samt darauf geleisteter Rentenbeiträge höhere Rentenanwartschaften entstünden als durch den durch diese Leistungen ausgeglichenen Bezug von Arbeitsentgelt. Wenn die Zuschüsse aber zu keiner Leistungserhöhung führen sollten, dürften sie auch nicht zu einer Kürzung führen.

Die Beklagte wies den Widerspruch unter Beibehaltung ihres Standpunkts zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.10.2012).

Mit seiner Klage vom 14.11.2012 hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und beantragt,

die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 6.3.2012 und 3.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2012 zu verurteilen, die Rente neu zu berechnen unter Außerachtlassung eines Hinzuverdienstes, soweit sich dieser aus dem arbeitgeberseitigen Zuschuss zum Krankengeld ergibt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Entscheidung weiter für richtig gehalten.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim KGZ handele es sich um einen Hinzuverdienst iSv § 96a Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Dafür spreche, dass Krankengeld als klassische Lohnersatzleistung sonst bezogenes Entgelt (Lohn) ersetze. In § 14 SGB IV werde Arbeitsentgelt als laufende oder einmalige Einnahme aus einer Beschäftigung definiert, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch darauf bestehe, in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung sie geleistet werde. Ausnahmen von den anzurechnenden Hinzuverdiensten wie Arbeitsentgelt seien in § 96a Abs 1 S 4 SGB VI abschließend geregelt. Etwas Anderes gelte auch nicht wegen § 23c SGB VI. Diese Vorschrift stelle keine Ergänzung zu § 14 SGB IV dar. Dagegen spreche bereits die Systematik, nämlich die Stellung im zweiten Abschnitt des SGB IV (Leistungen und Beiträge). Auch in § 96a SGB VI werde nicht auf § 23c SGB VI verwiesen (Urteil vom 3.3.2015, zugestellt am 26.3 2015).

Mit seiner Berufung vom 23.4.2015 macht der Kläger insbesondere geltend, die Einführung von Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen Erwerbsminderung habe deren Lohnersatzfunktion stärken sollen. Wer neben dem Bezug einer Rente erwerbstätig sei, solle insgesamt nicht besser gestellt sein als vor dem Rentenbezug; deshalb seien auch Kranken- und Übergangsgeld insoweit dem Arbeitsentgelt gleichgestellt worden. Andererseits habe der Gesetzgeber auch keine Schlechterstellung beabsichtigt. Bei der Ermittlung des Hinzuverdienstes werde - und dies sei problematisch - das dem Kranken- bzw. Übergangsgeld zugrunde liegende Regelentgelt in Höhe des monatlichen Bruttoeinkommens des Versicherten berücksichtigt. Wenn man nun den Zuschuss des Arbeitgebers, mit dem lediglich das mit diesem Bruttoeinkommen korrespondierende Nettoeinkommen erreicht werden soll, als weiteren (Brutto-)Hinzuverdienst berücksichtige, erfolge eine ungewollte und unzulässige doppelte Berücksichtigung des Einkommens. Im konkreten Fall führe dies sogar dazu, dass er schlechter stehe als ohne den Zuschuss. Korrigiert werden könne dieser Fehler, indem man das dem Krankengeld zugrunde liegende Regelentgelt (fiktiv) um die Höhe des Arbeitgeberzuschusses kürze. Alternativ könne man den Arbeitgeberzuschuss auch als Nichtarbeitsentgelt werten, sozusagen als tarifliche Sozialleistung ähnlich dem Aufstockungsbetrag nach dem Altersteilzeitgesetz. Beide Varianten ließen sich mit § 23c SGB IV begründen. Nach dieser Norm seien Zuschüsse des Arbeitgebers in der tatsächlich geleisteten Höhe wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung ausdrücklich von einer sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht ausgenommen. Für diese Lösung spreche auch, dass mit dem Beitragsentlastungsgesetz das Krankengeld zunächst auf 80 % des regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelt, höchstens aber das Nettoarbeitsentgelt, festgesetzt, später dann auf 70 % des Bruttoarbeitsentgelts, höchstens aber 90 % des Nettoarbeitsentgelts, reduziert worden sei. Diese Schlechterstellung der Bezieher von Krankengeld habe die hier strittigen Arbeitgeberzuschüsse notwendig gemacht. Wie diese beitragsrechtlich zu behandeln seien, ergebe sich aus § 23c SGB IV; die leistungsrechtliche Einordnung sei bis heute ungeklärt. Im Wege einer teleologischen Reduktion sei die Regelungslücke dahingehend zu schließen, dass beitragsfreie Arbeitgeberzuschüsse nicht als Hinzuverdienst bei Renten wegen Erwerbsminderung zu beachten seien.

Die Beklagte hat ihre Erstattungsforderung zwischenzeitlich auf den Betrag beschränkt, um den der KGZ von März bis September 2011 die Hinzuverdienstgrenze von EUR 1.826,36 überschritten hat (= EUR 543,89) und im Übrigen ein Teilanerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen hat. Sie hält weiter an ihrer Auffassung fest, dass der KGZ auch in Anbetracht der Beitragsfreiheit als neben einer Rente erzielter Hinzuverdienst zu berücksichtigen sei. Sie hat die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache angeregt.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 24.11. bzw. 11.12.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand von Beratung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Vorgehensweise erklärt haben, § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht erhoben. Richtige Klageart ist die (Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, hinsichtlich des streitbefangenen Zeitraums eine Neuberechnung seiner Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vorzunehmen und dabei einen Hinzuverdienst unter Außerachtlassung der seitens des Arbeitgebers gezahlten Zuschüsse zum Kranken- bzw. Übergangsgeld zugrundezulegen. Soweit der auf den Überprüfungsantrag des Klägers hin ergangene Bescheid vom 3.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2012 diesem Klageziel entgegensteht, begehrt der Kläger eine entsprechende teilweise Aufhebung. Indem die Beklagte, statt den Antrag des Klägers auf Überprüfung des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 21.11.2011 ausdrücklich zu bescheiden, den Bescheid vom 3.5.2012 (als sog. Zweitbescheid) erlassen und damit den Bescheid vom 21.11.2011 hinsichtlich des streitbefangenen Zeitraums konkludent aufgehoben hat, konnte der Kläger sein den KGZ und damit letztlich den Zahlbetrag der Rente betreffendes Begehren (erneut) im Wege des Widerspruchs verfolgen und hat dies auch getan.

Die Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat der Klage zu Recht nicht entsprochen. Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, in welchem Umfang der Kläger in dem Zeitraum 1.4. bis 30.9.2011 Anspruch auf Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hatte; für März und Oktober 2011 hat die Beklagte die Rente in voller Höhe gewährt. Einen Anspruch auf höhere als die von der Beklagten errechneten monatlichen Zahlbeträge hat der Kläger für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht; der angegriffene Bescheid ist in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, rechtmäßig.

Ausgehend von zutreffenden und auch vom Kläger nicht angegriffenen Beträgen hinsichtlich des monatlichen Rentenanspruchs, der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen sowie des Kranken- bzw. Übergangsgeldes, des Arbeitsentgelts und des KGZ hat die Beklagte in der Anlage 21 des angegriffenen Bescheides zutreffend Hinzuverdienste unter Einbeziehung der seitens des Arbeitgebers gezahlten Zuschüsse berücksichtigt.

Gemäß § 96a Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird; anderenfalls steht dem monatlichen Zahlungsanspruch der rechtsvernichtende "Übersicherungseinwand" entgegen. Die Hinzuverdienstgrenze wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 2 der Vorschrift genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt (wie im Fall des Klägers im März 2011). Dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen stehen der Bezug von Kranken- und Übergangsgeld gleich (§ 96a Abs 3 Satz 1 Nrn 1 und 3 SGB VI). Dabei ist das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (§ 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI). Wie der hier streitige KGZ im Fall des Zusammentreffens mit einer Rente rechtlich einzuordnen ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Darauf haben die Beteiligten zu Recht hingewiesen.

Der nach dem Tarifvertrag vom Arbeitgeber zur Aufstockung des Kranken- oder Übergangsgeldes auf den Nettolohn zu zahlende Zuschuss (KGZ) fällt unter den Begriff des Arbeitsentgelts (§ 96a Abs 1 Satz 1 SGB VI). Diesen hat der Gesetzgeber in § 14 SGB IV für die Sozialversicherung und die Arbeitsförderung ihren Belangen entsprechend eigenständig definiert. Er gilt für die beitragsrechtliche Seite ebenso wie für die leistungsrechtliche (vgl BSG, Urteil vom 9.5.1996, Az 7 RAr 36/95, zitiert nach juris). Der Legaldefinition zufolge sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Die Einnahmen müssen zwar unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei sind jedoch an den inneren Zusammenhang zwischen Beschäftigung und Einnahme keine strengen Anforderungen zu stellen (vgl BSG, Urteil vom 18.1.1990, Az 4 RA 17/89, zitiert nach juris), so dass es genügt, wenn die konkrete Zahlung ohne das Beschäftigungsverhältnis nicht denkbar wäre bzw. die Einnahme im weitesten Sinne Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellt (vgl Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.5.2001, Az VI R 159/99). Dies ist hier der Fall, denn der Kläger hat die in Rede stehenden Zuschüsse nur aufgrund des mit seinem tarifgebundenen Arbeitgeber bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erhalten.

Bei dem KGZ handelt es sich auch nicht um eine an sich unter den Begriff des Arbeitsentgelts fallende Einnahme, die aufgrund einer besonderen gesetzlichen Regelung ausnahmsweise kein Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinn darstellt. Insbesondere ist er keine steuerfreie Aufwandsentschädigung oder eine der in § 3 Nrn 26 und 26a des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten steuerfreien Einnahmen, die gem. § 14 Abs 1 Satz 3 SGB IV nicht als Arbeitsentgelt gelten.

Soweit der Kläger meint, der KGZ sei kein Arbeitsentgelt iSd § 96a SGB VI iVm § 14 SGB IV, weil er eine nach § 23c Abs 1 Satz 1 SGB IV sonstige nicht beitragspflichtige Einnahme sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Vorschrift regelt allein die Verbeitragung der Einnahme, nicht aber die sozialversicherungsrechtliche Behandlung im Übrigen. Gegen die Annahme, aus der mangelnden Beitragspflichtigkeit sei zu schließen, dass es sich bei der Einnahme auch nicht um Arbeitsentgelt iSd § 14 SGB IV handele, spricht zum einen der Wortlaut: Würde die Tatsache, dass eine Einnahme beitragsfrei ist, bedeuten, dass sie kein Arbeitsentgelt darstellt, so müsste § 23c Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht regeln, dass diese Einnahme nicht als Arbeitsentgelt gilt. Im Übrigen spricht auch die Systematik des Gesetzes gegen ein solches Verständnis der Norm. In welchen Fällen nämlich die in § 14 SGB IV näher bezeichneten Einnahmen ausnahmsweise nicht als Arbeitsentgelt gelten sollen, ist in der Vorschrift selbst abschließend geregelt. Sie findet sich im ersten Abschnitt des SGB IV, der Grundsätze und Begriffsbestimmungen regelt. Die vom Kläger in Bezug genommene Norm hingegen steht im zweiten Abschnitt, welcher mit "Leistungen und Beiträge" überschrieben ist.

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt auch keine durch Auslegung zu schließende Regelungslücke vor. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 96a SGB VI geregelt, welche Einnahmen und Leistungen beim Hinzuverdienst berücksichtigt (§ 96a Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB VI) und zusammengerechnet werden sollen (§ 96a Abs. 1 Satz 3 SGB VI) und welche nicht (§ 96a Abs 1 Satz 4 SGB VI). Ohne auf die Gesetzesmaterialien zurückgreifen zu müssen oder die Gesetzessystematik zu bemühen, ergibt sich bereits aus § 96a Abs 1 und Abs 3 SGB VI, dass unter den Begriff des Hinzuverdienstes neben dem unmittelbar durch eine Erwerbstätigkeit Erwirtschafteten auch das fällt, was anstelle dessen geleistet wird, wenn eine ansonsten neben dem Rentenbezug ausgeübte Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen wird und daher nicht zur Erzielung eines Arbeitsentgelts oder -einkommens führt. Dafür, dass ein arbeitgeberseitig gezahlter Zuschuss zu solchen Leistungen nicht darunter fallen sollte, gibt die Vorschrift nichts her. Eine Differenzierung nach sozialversicherungspflichtigen und beitragsfreien Leistungen findet sich in § 96a SGB VI nicht. Ein Rückgriff auf andere Vorschriften - wie § 23c SGB IV - dürfte sich angesichts der Tatsache, dass die einschlägige Vorschrift sehr umfangreiche und ausdifferenzierte Regelungen trifft, verbieten. Für eine Auslegung besteht nach alledem kein Raum.

Auch die Annahme des Klägers, es liege eine unzulässige Doppelberücksichtigung desselben Einkommens als Hinzuverdienst vor, greift nicht. Er selbst bestreitet nicht, zwei Leistungen erhalten zu haben, zum einen das Kranken- bzw. Übergangsgeld, zum anderen den KGZ des Arbeitgebers. Damit hatte er in den hier relevanten Monaten tatsächlich höhere Einnahmen als ein erkrankter Arbeitnehmer ohne Anspruch auf einen KGZ.

Dass schließlich (unter anderem) Kranken- und Übergangsgeld nach § 96a Abs 3 Satz 3 SGB VI nicht in Höhe des Zahlbetrags, sondern in Höhe des jeweils zugrunde liegenden monatlichen Arbeitsentgelts als Hinzuverdienst berücksichtigt werden, beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers.

Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger dadurch, dass der KGZ - zu Recht - als Hinzuverdienst berücksichtigt worden ist, während seiner Krankheit letztlich - entgegen der mit der Zahlung des KGZ verbundenen Intention - in der Summe nicht denselben Betrag monatlich zur Verfügung hatte wie vor der Erkrankung. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, die Umsetzung arbeits- oder tarifvertragsrechtlicher Ziele sozialversicherungsrechtlich zu ermöglichen oder sicherzustellen. Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Kläger sich ohne die Zahlung des KGZ finanziell besser gestanden hätte, weil er die Rente dann durchgehend ungemindert erhalten hätte. Dass das Ergebnis im Einzelfall unbefriedigend erscheinen mag, rechtfertigt keine vom klaren gesetzgeberischen Willen abweichende rechtliche Beurteilung.

Eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art 3 des Grundgesetzes) dadurch, dass der Kläger im Ergebnis monatlich weniger zur Verfügung hatte als ein ebenfalls im Kranken- oder Übergangsgeldbezug, nicht aber auch im Rentenbezug stehender Arbeitnehmer, sieht der Senat nicht, denn ein Rentner gehört grundsätzlich einer anderen Gruppe an als ein Nichtrentner, so dass ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung besteht.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision hat der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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