L 15 RF 35/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 RF 35/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG.
2. Zu den gesetzgeberischen Motiven der Ermöglichung einer Vereinbarung zur Höhe der Vergütung.
3. Eine mit der Gerichtsbarkeit abgeschlossene Honorarvereinbarung gilt auch für Gutachten gemäß § 109 SGG.
Die Vergütung des Antragstellers für die Erstellung des Gutachtens vom 30.08.2016 wird auf 616,53 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Festsetzung der Vergütung für ein im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten durch gerichtlichen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Der Antragsteller ist als ärztlicher Sachverständiger tätig. Er schloss zuletzt am 06.08.2013 mit dem Freistaat Bayern, vertreten durch den Präsidenten des Sozialgerichts (SG) Augsburg, dieser wiederum vertreten durch die Vizepräsidentin des SG, eine Vereinbarung zur Vergütung der von einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaats Bayern angeforderten schriftlichen Gutachten ab. Für ein Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung sieht die Vereinbarung "zur Abgeltung sämtlicher damit verbundenen Leistungen und Verrichtungen" eine Vergütung in Höhe von 485,- EUR vor.

In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 2 U 516/13 geführten Berufungsverfahren in einer unfallversicherungsrechtlichen Streitsache erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts (Auftragsdatum: 22.06.2016) unter dem Datum vom 30.08.2016 ein ausführliches 26-seitiges Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (Eingang beim LSG am 07.09.2016). Im Rahmen des Gutachtensauftrags war darauf hingewiesen worden, dass für das Gutachten ein Vorschuss in Höhe von 2.500,- EUR zur Verfügung stehe. Sollten die gesamten Kosten den Vorschuss übersteigen, müsse dies dem Gericht unverzüglich mitgeteilt werden.

Mit am 07.09.2016 eingegangener Rechnung vom "26.08.2017" machte der Antragsteller für sein Gutachten vom 30.08.2016 eine Vergütung in Höhe von insgesamt 1.702,23 EUR geltend, wobei er einen Zeitaufwand von 14 Stunden zu je 100,- EUR (Honorargruppe M 3), Schreibgebühren über 23,46 EUR und Porto in Höhe von 6,99 EUR, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, ansetzte.

Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG bewilligte mit Schreiben vom 14.10.2016 lediglich einen Betrag in Höhe von 616,53 EUR, davon für das Gutachten 485,- EUR, für Schreibgebühren 26,10 EUR und für Porto 6,99 EUR, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Die Kürzung begründete sie mit Hinweis auf die geschlossene Honorarvereinbarung.

Mit Schreiben vom 19.10.2016 hat der Antragsteller das Gericht gebeten, ob nicht im vorliegenden Fall eine Abrechnung unabhängig von der Pauschalvereinbarung vorgenommen werden könne. Es habe sich um einen außerordentlich komplexen Zusammenhang mit mittlerweile mehreren Vorgutachten gehandelt. Die Pauschalvereinbarung beziehe sich auf Gutachten, die üblicherweise Fragen bezüglich der Einschätzung des Grads der Behinderung bzw. eines regulären Rentenverfahrens beträfen. Vorliegend sei jedoch ein wissenschaftliches Gutachten unter Bezugnahme auf diverse Vorgutachten durchzuführen gewesen, was den Aufwand eines regulären, im Rahmen einer Pauschalvereinbarung abgedeckten Gutachtens bei Weitem übersteige.

II.

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn dies wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 19.10.2016 sinngemäß dadurch beantragt, dass er um eine Überprüfung der von der Kostenbeamtin festgesetzten Vergütung bittet.

Die Vergütung für das Gutachten vom 30.08.2016 ist auf 616,53 EUR festzusetzen.

1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).

2. Vergütung des Antragstellers

Maßstab für die Ermittlung der Vergütung ist die zwischen dem Freistaat Bayern und dem Antragsteller getroffene Vereinbarung vom 06.08.2013.

2.1. Allgemeine Voraussetzungen einer Vereinbarung

Gemäß § 14 JVEG können zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung und Honorarabrechnung Vereinbarungen mit Sachverständigen geschlossen werden. Die in der Vereinbarung getroffenen Vorgaben für die Vergütung gehen dann den allgemeinen Abrechnungsvorgaben des JVEG vor.

Die Vereinbarung ist für Landesgerichte zwischen der für den Gerichtszweig zuständigen obersten Landesbehörde und dem Sachverständigen zu treffen. Statt der obersten Landesbehörde kann auch eine von dieser bestimmte Stelle die Vereinbarung mit dem Sachverständigen abschließen.

2.2. Wirksamkeit der Vereinbarung im vorliegenden Fall

Es liegt eine wirksame Vereinbarung im Sinn des § 14 JVEG vor.

2.2.1. Ermächtigung zum Abschluss.

Beim Abschluss der Honorarvereinbarung vom 06.08.2013 hat für den Freistaat Bayern die Vizepräsidentin des Sozialgerichts als vom Präsidenten des Sozialgerichts Augsburg beauftragte Vertreterin gehandelt. Dieser war gemäß dem Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge vom 18.03.1966, modifiziert mit Schreiben des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.08.2014, zum Abschluss der Vereinbarung mit Zustimmung des Bayer. LSG ermächtigt.

2.2.2. Inhaltskontrolle der Vereinbarung

Durchgreifende inhaltliche Bedenken gegen die Vereinbarung bestehen nicht.

Die Vorschrift des § 14 JVEG lautet wie folgt:

"Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf."

Diese Vorgaben hält die Vereinbarung vom 06.08.2013 ein.

2.2.2.1. Obergrenze der Vergütung

Die Vereinbarung beachtet das Gebot der sich aus § 14 JVEG ergebenden Obergrenze der Vergütung nach der Vereinbarung.

Die vereinbarte Vergütung kann die Vergütung, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG, die bei Fehlen einer Vereinbarung anzuwenden sind, regelmäßig nicht überschreiten (§ 14 JVEG a.E.).

2.2.2.2. Untergrenze der Vergütung

Die in der Vereinbarung geregelte eher niedrige Pauschale steht nicht in Konflikt mit sich aus dem JVEG ergebenden kostenrechtlichen Vorgaben oder sonstigen rechtlichen Maßgaben.

Der Senat sieht keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt, dass die für die gesamte ärztliche Sachverständigenleistung einschließlich sämtlicher damit verbundener Leistungen und Verrichtungen vereinbarte Pauschale von 485,- EUR in nicht wenigen Fällen nicht ausschließbar erheblich unter der Vergütung liegt, wie sie sich ohne Vorliegen einer derartigen Vereinbarung aus dem JVEG ergeben würde (vgl. auch Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16).

Sofern Meyer/Höver/Bach/Oberlack (vgl. a.a.O., § 14, Rdnr. 2) mit Blick auf Vereinbarungen mit Dolmetschern, bei denen im Weg einer Vereinbarung ausschließlich ein geringerer Stundensatz, als er vom JVEG vorgegeben ist, geregelt wird, "eine sich abzeichnende Praxis von einigen der nach § 14 bestimmten Stellen, von herangezogenen Dolmetschern allein aus fiskalischen Gründen regelmäßig den Abschluss einer Vereinbarung nach § 14 zu fordern, die teilweise zu einer deutlich unter der nach diesem Gesetz vorgesehenen Vergütung führt, [als] bedenklich" ansehen, eine Argumentation, die auch auf Vereinbarungen mit Sachverständigen in ähnliche Weise übertragen werden kann, teilt der Senat diese Kritik schon vom Grundsatz her jedenfalls insofern nicht, wenn mit den aufgezeigten Bedenken eine Rechtswidrigkeit der Vereinbarung im Einzelfall begründet werden soll (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15, und vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16). Zudem kann im vorliegenden Fall einer Vereinbarung mit einem ärztlichen Sachverständigen - anders als möglicherweise mit einem Dolmetscher - nicht von einem rein fiskalischen Hintergrund der Vereinbarung ausgegangen werden (vgl. Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16). Denn - anders als bei Dolmetschern - ist die Abrechnung von ärztlichen Sachverständigengutachten außerhalb einer Honorarvereinbarung von großer Komplexität und teilweise mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, was ein berechtigter Anlass für die Gerichtsverwaltung ist, derartige Vereinbarungen abzuschließen. Zwar ist Meyer/Höver/Bach/Oberlack zuzugestehen, dass die gesetzliche Regelung des § 14 JVEG nach der Gesetzesbegründung vorrangig der Vereinfachung dienen soll und der Gedanke, dass der Abschluss derartiger Vereinbarungen (auch) ein fiskalisches Instrument zur Kosteneinsparung für die Staatskasse sein könnte, jedenfalls explizit keinen Eingang in die Überlegungen des Gesetzgebers gefunden hat. So hat der Gesetzgeber bereits 1956 in der Gesetzesbegründung zu § 13 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) ("Mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Entschädigung im Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung vereinbaren.") Folgendes ausgeführt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - Bundestags-Drucksache 2/2545, S. 219):

"Jedoch ist es aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig, Vereinbarungen der obersten Landesbehörden mit häufiger herangezogenen Sachverständigen zuzulassen. Gedacht ist dabei vor allem an die Vereinbarung einer pauschalen Entschädigung, die in den typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden gesetzlichen Entschädigungen entspricht."

Einen ähnlichen Eindruck, nämlich dass der Abschluss von Vereinbarungen im Sinn von - heute - § 14 JVEG zum Ziel allein eine Vereinfachung des Abrechnungswesens haben solle, erweckt auch die im Jahr 2003 gegebene Gesetzesbegründung zu § 14 JVEG, die wie folgt lautet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 185):

"In Betracht kommen hier etwa wie bisher Vereinbarungen über Fallpauschalen, die Höhe des Stundensatzes oder die Pauschalierung von Fahrtkosten oder sonstigen Aufwandserstattungen. Solche Vereinbarungen sollen auch in Zukunft möglich sein, da sie für alle Beteiligten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinfachung des Abrechnungswesens leisten."

Dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen ausschließen hätte wollen, dass aus fiskalischen Gründen und nicht (nur) zur Vereinfachung der Abrechnung derartige Vereinbarungen abgeschlossen werden, wovon Meyer/Höver/ Bach/Oberlack in ihren Kommentierungen zu § 14 JVEG auszugehen scheinen, findet aber in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Dies wird für den Senat schon aus der Formulierung "vor allem" in der Gesetzesbegründung von 1956 deutlich, die erkennen lässt, dass zwar eine Vereinfachung der Abrechnung, die im Übrigen auch dem Sachverständigen selbst die Rechnungsstellung erleichtert und ihm daher zugute kommt, ein wesentliches Ziel für den Abschluss einer Vereinbarung ist, gleichwohl aber auch andere Gründe für den Abschluss einer Vereinbarung maßgeblich sein können. So sind marktwirtschaftliche Gründe in dem Sinn, dass einerseits der Sachverständige nach dem Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit einer vermehrten Zuziehung durch die Gerichte rechnen kann, die Gerichtsbarkeit andererseits dafür ein gewisses finanzielles Entgegenkommen des Sachverständigen im Sinn eines Mengenrabatts erwarten kann, auch ein legitimer Grund für den Abschluss von Vereinbarungen. Davon, dass diese Überlegungen bei der Einführung der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG bzw. § 14 JVEG, wenn auch nicht zu Papier gebracht, so doch zu Grunde gelegen haben, ist der Senat überzeugt (vgl. Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16). Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats letztlich auch in der Gesetzesbegründung zum KostRMoG zu § 14 JVEG, wenn dort unter den möglichen Vereinbarungsgegenständen explizit auch die Höhe des Stundensatzes genannt wird. Dass eine Vereinbarung zur Höhe des Stundensatzes, abgesehen von dem Fall, dass ein vom Schwierigkeitsgrad unabhängiger einheitlicher Stundensatz für alle Gutachten vereinbart wird, nicht einer Abrechnungsvereinfachung, sondern ausschließlich einer Kosteneinsparung auf Seiten der Staatskasse dient, ist offenkundig. Sofern die Gesetzesbegründungen diesen Umstand sowohl im Jahr 1956 als auch im Jahr 2003 verschwiegen haben, kann dies nur als eine Verschleierung der wahren gesetzgeberischen Motive angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann sich der Senat auch nicht des Eindrucks einer gewissen Scheinheiligkeit der Gesetzesbegründung von 1956 erwehren. Denn dass bei Beachtung der Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 13 ZSEG, wonach die Entschädigung eines Sachverständigen - seit dem Erlass des JVEG spricht das Gesetz nicht mehr von einer Entschädigung des Sachverständigen, sondern von seiner Vergütung - nicht den "Rahmen der nach diesem Gesetz zulässigen Entschädigung" überschreiten darf, die bei Vorliegen einer Vereinbarung zustehende Entschädigung nicht in jedem Einzelfall "den in typischen Fällen durchschnittlich zu gewährenden Entschädigungen" entsprechen kann, liegt auf der Hand. Denn wenn - von besonderen Einzelfällen abgesehen - die nach der Vereinbarung zustehende Entschädigung (bzw. Vergütung) der durchschnittlichen Entschädigung (bzw. Vergütung) entsprechen soll, würde dies für nicht wenige Fälle bedeuten, dass der Sachverständige nach der Vereinbarung besser entschädigt (bzw. vergütet) würde als nach den gesetzlichen Vorgaben. Genau dies verbieten aber § 13 ZSEG und § 14 JVEG, sodass die nach einer Vereinbarung zu gewährende Vergütung typischerweise niedriger sein muss (vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15, und vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16).

Ein aus § 14 JVEG resultierendes Verbot einer Vereinbarung mit einer Vergütung, die regelmäßig unter der Vergütung liegt, wie sie sich ohne Honorarvereinbarung ergeben würde, wäre auch mit dem Umstand nicht vereinbar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG dem Sachverständigen die Vergütung nicht von Amts wegen ohne entsprechenden Antrag oder Rechnungsstellung zu gewähren ist, sondern er seinen Anspruch auf Vergütung geltend machen muss. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs besteht nach der gesetzlichen Symptomatik nicht. Warum es einem Vergütungsberechtigten nach dem JVEG nicht erlaubt sein sollte, bereits vorab im Rahmen einer Vereinbarung zu erklären, dass er seinen, ihm nach den gesetzlichen Regelungen zustehenden Vergütungsanspruch nicht in voller Höhe geltend machen werde, lässt sich nicht begründen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 14 JVEG, Rdnr. 6; Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15, und vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16).

Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG geregelten Vergütung ist daher grundsätzlich der Überprüfung durch den Kostenbeamten und den Kostenrichter entzogen, sofern nicht Gründe offenkundig auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch der Marktposition des Staats beim Abschluss der Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden am Markt mehr möglich ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.04.2016, Az.: L 15 RF 31/15, vom 08.04.2016, Az.: L 15 RF 47/15, und vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16). Von einem derartigen Fall ist vorliegend sicherlich nicht auszugehen.

2.3. Anwendbarkeit der Vereinbarung auf das Gutachten vom 30.08.2016

Die Vereinbarung vom 06.08.2013 gilt auch für das Gutachten vom 30.08.2016.

Die Vereinbarung vom 06.08.2013 gilt nach ihrem Wortlaut für jedes "von einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaates Bayern angefordertes, wissenschaftlich begründetes und schriftlich erstattetes Gutachten".

Ob das Gutachten von Amts wegen gemäß § 106 SGG oder auf Antrag eines Klägers gemäß § 109 SGG in Auftrag gegeben worden ist, ist daher ohne rechtliche Relevanz (vgl. Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16). Denn auch wenn es sich um ein Gutachten gemäß § 109 SGG handelt, wird der Gutachtensauftrag vom "Gericht der Sozialgerichtsbarkeit des Freistaates Bayern" erteilt, nicht von dem den Antrag gemäß § 109 SGG stellenden Kläger.

Ebenso ist für die Höhe der Vergütung der im gerichtlichen Auftragsschreiben vom 22.06.2016 enthaltene Hinweises auf einen zur Verfügung stehenden Vorschuss in Höhe von 2.500,- EUR ohne Bedeutung. Damit wird der gesetzlichen Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG Rechnung getragen; zum Zweck der Vermeidung etwaiger Mehrkosten, die durch den vom Kläger eingezahlten Vorschuss nicht abgedeckt sind, war der Hinweis unverzichtbar, auch wenn angesichts der Höhe des Vorschusses eine Überschreitung, selbst bei Durchführung teurer radiologischer Verfahren im Rahmen der Begutachtung, sehr unwahrscheinlich ist (vgl. Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16). Irgendein Vertrauenstatbestand dahingehend, dass im vorliegenden Fall die Vereinbarung nicht zur Anwendung käme, ergibt sich aus dem Hinweis auf den zur Verfügung stehenden Vorschuss jedenfalls nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16).

Ob das vorliegende Gutachten im Vergleich zu anderen vom Antragsteller angefertigten Gutachten von vergleichsweise höherem Zeitaufwand und erhöhter Schwierigkeit gewesen ist, ist für die Vergütung ohne Relevanz. Ein erhöhter Zeitaufwand und eine überdurchschnittliche Schwierigkeit stehen der Anwendung der Honorarvereinbarung nicht entgegen. Denn die Honorarvereinbarung gilt ausnahmslos für alle von einem Richter der bayer. Sozialgerichtsbarkeit angeforderten Gutachten des Antragstellers, unabhängig vom Schwierigkeitsgrad und vom erforderlichen Zeitaufwand (vgl. Beschluss des Senats vom 21.11.2016, Az.: L 15 RF 32/16), und auch unabhängig davon, ob das Gutachten in einem erstinstanzlichen oder in einem zweitinstanzlichen Verfahren, in dem die Anfertigung eines Gutachtens erfahrungsgemäß mit einem höheren Aufwand verbunden ist als in der ersten Instanz, angefertigt wird.

Über die aufgezeigten entscheidungserheblichen Gesichtspunkte hinaus erlaubt sich der Senat folgenden Hinweis: Auch wenn der Senat nachvollziehen kann, dass das vorliegend erstellte Gutachten für den Antragsteller wahrscheinlich weit weniger wirtschaftlich war als andere Gutachten, ist es dem Gericht verwehrt, dieser Erkenntnis im Sinn des Antragstellers Rechnung zu tragen. Pauschalvereinbarungen wie hier liegen, wie bereits oben aufgezeigt worden ist, verschiedene Gesichtspunkte zu Grunde. Für einen Sachverständigen ist, davon geht der Senat jedenfalls für viele Fälle aus, Grund für den Abschluss einer Honorarvereinbarung die Erwartung, deshalb mit einer häufigeren Beauftragung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit rechnen zu dürfen. Ein pauschal vereinbartes Honorar, das typischerweise unter der Vergütung liegt, wie sie sich aus den Vorschriften des JVEG ergeben würde, wenn keine Vereinbarung vorliegen würde, wird daher mit Blick auf die Zahl der zu erwartenden Gutachtensaufträge für den Sachverständigen aus wirtschaftlicher Sicht heraus sinnvoll erscheinen. Mit dem Abschluss einer derartigen Pauschalvereinbarung akzeptiert der Gutachter aber auch, dass es neben für ihn rentablen Gutachtensaufträgen auch solche gibt, die im Einzelfall aufgrund des höheren Zeitaufwands weniger wirtschaftlich erscheinen. Sollte ein Sachverständiger im Einzelfall der Meinung sein, dass ein bestimmtes Gutachten für ihn nicht lukrativ genug ist, so kann er sich der Vereinbarung aber nicht dadurch entziehen, dass er bei ihm unwirtschaftlich erscheinenden Gutachtensaufträgen eine Vergütung außerhalb der Vereinbarung anstrebt (oder den Gutachtensauftrag ablehnt, was dem Senat aus anderen Verfahren, die nicht den Antragsteller betreffen, bekannt ist). Eine adäquat erscheinende Reaktion des Sachverständigen in einer solchen Situation wäre daher nur, zu versuchen, im Weg einer Änderung der Honorarvereinbarung zu einer für beide Seiten finanziell akzeptablen Situation zu kommen, sei es durch eine höhere Vergütung, sei es durch eine größere Differenzierung bei der vereinbarten Vergütung. Für das vorliegende Verfahren kann aber eine solche potentielle zukünftige Änderung der Vereinbarung keine Bedeutung haben.

2.4. Vergütung des Gutachtens vom 30.08.2016

Die Vergütung ergibt sich vorliegend wie folgt: * Pauschale Vergütung für ein Gutachten nach Untersuchung nach Ziff. I. der Vereinbarung vom 06.08.2013: 485,- EUR. * Schreibgebühren in Höhe von 26,10 EUR. Der Senat legt die Vereinbarung vom 06.08.2013, wonach mit der Pauschale "sämtliche damit verbundenen Leistungen und Verrichtungen" abgedeckt sind, zu Gunsten des Antragstellers dahingehend aus, dass mit dieser Formulierung lediglich die ärztlichen Leistungen bzw. die medizinischen Tätigkeiten von nichtärztlichen Hilfspersonen umfasst sind, nicht aber die Schreibgebühren als nichtmedizinische Tätigkeit. Schreibgebühren sind, ebenso wie Portokosten und Umsatzsteuer, nicht Teil der Gemeinkosten des Gutachtens (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Es sind daher, da die Vereinbarung keine Regelung zu Schreibauslagen enthält, gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG Schreibgebühren in Höhe von 0,75 EUR pro angefangenen 1.000 Anschlägen zu leisten. Bei geschätzt 29.000 Anschlägen ergeben sich Schreibgebühren in Höhe von 26,10 EUR. * Porto in Höhe von 6,99 EUR. Es sind die geltend gemachten Kosten für Porto gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG zu erstatten. * Umsatzsteuer: 98,44 EUR. Die Umsatzsteuer ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG zu erstatten.

Dem Antragsteller steht daher eine Vergütung in Höhe von insgesamt 616,53 EUR zu.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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