L 4 AS 407/15

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 40 AS 2630/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 AS 407/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Ermittlung des Verkehrswertes nach § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II kann für Beteiligungen an Fondgesellschaften (geschlossene Fonds) weder auf die getätigten Einlagen noch den sog. Buchwert abgestellt werden, wenn dieser Wert im maßgebenden Zeitpunkt nicht realisiert werden kann. Handelbare Gesellschaftsbeteiligungen sind mit dem tatsächlichen Kurs-/Verkaufswert als Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen.

Zur Bestimmung des Merkmals der Unwirtschaftlichkeit im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB II ist je nach Vermögensgegenstand zu differenzieren. Eine Vermögensverwertung ist dann nicht unwirtschaftlich, wenn der Wertverlust eines Vermögensgegenstandes nicht unmittelbar aus dem Umstand einer vorzeitigen Veräußerung, sondern aus der spezifisch risikobehafteten Form der Kapitalanlage resultiert.

Die Wahl einer hoch spekulativen Anlageform, die nicht im Ansatz die Gewähr dafür bietet, dass im Zeitpunkt des Renteneintrittes zumindest ein angemessener Grundbetrag für den Ruhestand zur Verfügung steht, lässt nicht darauf schließen, dass der Vermögensgegenstand für die Altersvorsorge bestimmt ist. Die Verwertung eines solchen Vermögensgegenstandes bedeutet für den Betroffenen deshalb keine besondere Härte im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB II.
Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Gotha vom 19. Februar 2015 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für die Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum 1. September 2010 bis 28. Februar 2012.

Der am geborene Kläger und seine Ehefrau, die am 30. August 1957 geborene I. K., wohnten im streitigen Zeitraum in einer ca. 84 m² großen Wohnung in der in A., für die eine Gesamtmiete von 450 Euro (Kaltmiete 330 Euro, Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten 120 Euro) zu zahlen war.

Seit Dezember 2004 übt der Kläger - mit nur kurzzeitiger Unterbrechung im Monat August 2009 - eine selbständige Tätigkeit als Finanz- und Versicherungsmakler aus. Seit April 2005 ist er als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Ab 20. Dezember 2004 zahlte er zunächst Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auf Grundlage der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Seit Januar 2008 leistet er keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Ehefrau des Klägers nahm zum 6. Dezember 2007 eine selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin für Hemden und Maßbekleidung sowie Zubehör auf, aus der sie nach eigenen Angaben keine bzw. nur geringfügige Einnahmen erzielt.

Die Eheleute bezogen zunächst Arbeitslosenhilfe und ab 1. Januar 2005 Grundsicherungsleis-tungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II vom Beklagten.

Am 31. August 2010, 24. Februar 2011 und 1. September 2011 beantragte der Kläger die Fortzahlung der bis einschließlich August 2010 fortlaufend gewährten Grundsicherungsleistungen. Die Frage, ob er oder in der Bedarfsgemeinschaft lebende Personen von der Renten-versicherungspflicht befreit seien, verneinte der Kläger. Mit seinen Fortzahlungsanträgen reichte er jeweils Vermögensübersichten ein, wonach er (gemeinsam mit seiner Ehefrau) über folgende Vermögenswerte verfügte:

Das Aktien/Fondvermögen wird in Depots bei verschiedenen Banken (u. a. Bankhaus H., , , , B., , ) geführt und setzt sich aus einer Vielzahl verschiedener Aktien/Fonds zusammen. Der Bestand der Depots wechselt stetig, indem der Kläger selbst einzelne Aktien/Fonds veräußert und andere kauft.

In die fondgebundene Rentenversicherung bei der Versicherungsgruppe zahlte der Kläger bis 1. Oktober 2009 insgesamt 5.400 Euro ein. Danach endete die Beitragszahlung vertragsgemäß. Im Zusammenhang mit dem Erstantrag auf Grundsicherungsleistungen hatte der Kläger eine ihm per Fax am 19. Oktober 2004 übersandte Erklärung über einen "Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz" zur Verwaltungsakte gereicht. Darauf befindet sich handschriftlich im Original die Datierung der Erklärung durch den Kläger auf " 19.10.04" sowie seine Unterschrift.

Die Beteiligung des Klägers an Fondgesellschaften der erfolgte, indem er als atypischer stiller Gesellschafter im Wege von Einlagen Anteile mit verschiedener Laufzeit an den einzelnen Fondgesellschaften (der GmbH,. GmbH, RWB GmbH und GmbH & Co. KG) erwarb (geschlossene Fonds). Nach einer im Verwaltungsverfahren vom Beklagten angeforderten Auskunft der AG (im Folgenden ) vom 22. Februar 2011, erwarb der Kläger im Zeitraum 1. August 2005 bis 22. Februar 2010 insgesamt Anteile im Wert von 22.750 Euro, deren planmäßige Laufzeit bis mindestens 31. Dezember 2015 angegeben wird. Zwischenzeitlich seien eine Sonderentnahme im Wert von 4.000 Euro sowie ein Gesamtverlust von 5.857,72 Euro eingetreten. Ferner teilte die mit, eine vorzeitige Kündigung des Anlegers sei nicht vorgesehen. Ein Rückkaufswert, wie bspw. bei Versicherungen, bestehe nicht. Die Veräußerung sei möglich, jedoch erfahrungsgemäß mit Verlusten von 30 Prozent bis 50 Prozent, ausgehend von der Summe der Einlagen, verbunden.

Im August 2010 zeichnete der Kläger mit einer Einlage von 5.000 Euro Anteile am ... Die Bestätigung des Beteiligungsbetrages und Einzahlung der Einlage erfolgten im September 2010. Ausweislich der Produktbeschreibung handelt es sich bei der Geldanlage um eine Treu-hand/Kommanditbeteiligung an der GmbH (geschlossener Fond) mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2021. In der Produktbeschreibung wird darauf hingewiesen, dass die Anteile der Beteiligungsgesellschaft nicht zurückgegeben werden können, weil für den Verkauf von Fondanteilen derzeit kein gesetzlich geregelter Markt existiere und daher das Risiko bestehe, dass sich bei einem beabsichtigten Verkauf kein Verkäufer finde oder dass die Beteiligung nur mit erheblichen Abschlägen veräußert werden könne. Der Investor solle sich daher auf eine Bindung bis zum Abschluss der Liquidation einstellen. Bei der Anlage bestehe das Risiko des Ausfalls von Einnahmen und damit einer Wertminderung der Beteiligung. Auf telefonische Rückfrage bei der am 4. November 2010 erhielt der Beklagte die Auskunft, die Anteile könnten vorzeitig auf dem Zweiten Markt veräußert werden, sofern sich ein Käufer finde. Eine vorzeitige Kündigung sei nicht ausdrücklich ausgeschlossen. In einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 25. Februar 2011 teilte die mit, ein vorzeitiger Verkauf eines Fondanteils am sei nicht grundsätzlich ausgeschlossen. In der Regel erfolge ein Anteilshandel aber frühestens nach Abschluss der Platzierungsphase. Der befinde sich aktuell noch in der Platzierung. Beim Vorgängerfond sei im vergangen Jahr ein Anteilshandel durchgeführt worden, wobei ein Kaufpreis von 66 Prozent bezogen auf die ursprüngliche Nominalbeteiligung erzielt worden sei.

Mit Bescheid vom 1. September 2010 lehnte der Beklagte die Fortzahlung von Grundsiche-rungsleistungen für die Zeit ab 1. September 2010 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, es bestehe keine Hilfebedürftigkeit. Die Eheleute verfügten über verwertbares Vermögen in Höhe von 33.925,40 Euro bei Vermögensfreibeträgen von 17.700 Euro. Auch die Beteiligungen an den -Gesellschaften seien als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen. Zwar sei für diese eine Laufzeit bis mindestens Dezember 2015 bestimmt, dies schließe jedoch ein außerordentliches Kündigungsrecht nicht aus. Die Verwertbarkeit könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden, denn insofern müsse die vom Kläger bewusst gewählte Anlageform Berücksichtigung finden. Bei der Anlage von Aktien und Aktienfonds ergebe sich aus der Anlageform selbst ein gewisses Verlustrisiko, welches nicht durch den Grundsicherungsträger übernommen werden könne. Bloße Gewinnerwartungen oder Hoffnungen auf Kurserholung könnten keinen Schutz erfahren. Im Besonderen bei den Anlagen in Form von stillen Unternehmensbeteiligungen sei der Kläger bewusst das Risiko eines Totalverlustes eingegangen, denn es handele sich um spekulative Investitionen ohne Kapitalgarantie. Ein Schutz als Altersvorsorgevermögen komme aufgrund der fehlenden unwiderruflichen Erklärung zum Ausschluss der vorzeitigen Verwertbarkeit nicht in Betracht. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 18. April 2011 Klage zum Sozialgericht Gotha erhoben (Az. S 40 AS 2630/11).

Mit Bescheid vom 26. Mai 2011 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen bezogen auf den Antrag vom 24. Februar 2011 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2011). Hiergegen hat der Kläger am 9. Juli 2011 Klage zum Sozialgericht Gotha erhoben (Az. S 40 AS 4686/11).

Mit Bescheid vom 7. November 2011 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen bezogen auf den Antrag vom 1. September 2011 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28. November 2011). Hiergegen hat der Kläger am 27. Dezember 2011 Klage zum Sozialgericht Gotha erhoben (Az. S 40 AS 8723/11).

Mit einem Bescheid vom 4. April 2012 lehnte der Beklagte auf den am 1. März 2012 erneut gestellten Antrag, die Gewährung von Grundsicherungsleistungen wiederum unter Verweis auf die vorhandenen Vermögenswerte ab.

Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat die Versicherungsgruppe dem Kläger mit einem Schreiben vom 25. November 2014 mitgeteilt, "wie von Ihnen beantragt, haben wir den Ver-wertungsausschluss für Ihre Versicherung eingerichtet. " Gleichzeitig wurde er gebeten, dieses Schreiben als wichtigen Bestandteil des Versicherungsscheines zu seinen Unterlagen zu nehmen. Mit Schreiben vom 4. Februar 2015 hat die Versicherungsgruppe dem Kläger mitgeteilt, der Verwertungsausschluss zu seinem Vertrag liege bereits seit 19. Oktober 2004 vor und sei aus gesetzlichen Gründen erst zum 1. Januar 2005 wirksam geworden.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Verwertung des Aktien/Fondvermögens sowie der Beteiligungen sei offensichtlich unwirtschaftlich. Das Bundessozialgericht habe eindeutig eine Verlustgrenze von 26,7 Prozent benannt. Eine vorzeitige Veräußerung der - und -Beteiligungen führe zu einem weit höheren Verlust von mindestens 50 Prozent. Die vorhandenen Vermögenswerte seien für die Altersvorsorge bestimmt. Die Betonung des Risikos der Geldanlagen könne er nicht nachvollziehen. Er habe das Recht die Form seiner Altersvorsorge frei zu wählen. Er besitze selbst die erforderliche Fachkunde und verfüge über ein stabiles und sachwertbezogenes Altersvorsorgevermögen, welches die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge nicht übersteige. Der Beklagte ist dem unter Verweis auf seine Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden entgegen getreten.

Mit drei Urteilen vom 19. Februar 2015 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Der Kläger und seine Ehefrau haben in den jeweiligen streitigen Zeiträumen über ausreichende liquide Mittel auf Konten und Aktiendepots verfügt. Auch die Gesellschaftsanteile der und seien veräußerbar gewesen. Insofern komme es auf den gegenwärtigen Marktwert an, der Wertverlust der Einlagen sei bereits zuvor eingetreten und stehe in keinem Zusammenhang mit einem Verkauf. Es könne auch nicht angenommen werden, dass die vorhandenen Vermögenswerte ausschließlich zur Altersvorsorge bestimmt seien.

Gegen diese Entscheidungen richtet sich der Kläger mit seinen Berufungen, die zunächst unter den Az L 4 AS 407/15, L 4 AS 408/15 und L 4 AS 409/15 registriert wurden.

Mit Beschluss vom 26. Oktober 2016 hat der Senat die drei Verfahren zur gemeinsamen Ver-handlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen L 4 AS 407/15 verbunden.

Der Kläger hält an seinem Begehren fest. Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag trägt er vor, er erbringe seit Januar 2008 keine Zahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr, weil dieses System für ihn keine Zukunftserwartung habe. Zweck des Gesetzes vom 17. April 2010 (Sozialversicherungsstabilisierungsgesetz) sei die Vermeidung von Altersarmut. Dies beruhe auf dem Grundgedanken der privaten Vorsorge. Es müsse daher akzeptiert werden, wenn er aus diesen Bemühungen heraus alles spare anstatt zu verbrauchen. Sofern das Sozialgericht Aktien und Gesellschaftsbeteiligungen als ungeeignet zur Altersvorsorge bezeichne, stimme dies nicht, denn längerfristig seien allein diese Sachwertanlagen im Niedrigzinsumfeld überhaupt noch geeignet.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Sozialgerichts Gotha vom 19. Februar 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm in Abänderung des Bescheides vom 1. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 für den Zeitraum 1. September 2010 bis 31. Januar 2011, in Abänderung des Bescheides vom 26. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2011 für den Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. August 2011 und in Abänderung des Bescheides vom 7. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 für den Zeitraum 1. September 2011 bis 28. Februar 2012 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf seine Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden sowie die Gründe der erstinstanzlichen Urteile Bezug genommen.

Der Senat hat im Verfahren eine Renteninformation bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 2. Februar 2016 eingeholt. Danach entsprechen die von der Ehefrau des Klägers erworbenen Rentenanwartschaften einer künftigen Regelaltersrente von 179,32 Euro. Für den Kläger selbst ergibt sich aus einer Rentenauskunft vom 8. April 2016 eine zu erwartende Regelaltersrente von 562,86 Euro.

Die hat auf Nachfrage mit Schreiben vom 25. Februar 2016 zum Kapitalkontenstand des Klägers mitgeteilt, dieser habe im Zeitraum August 2005 bis Februar 2010 insgesamt Anteile im Wert von 22.500 Euro erworben. Eine Verkehrswertermittlung während der Beteiligungslaufzeit könne nicht erfolgen, weil die anteiligen stillen Reserven zum Stichtag nicht ermittelt bzw. bewertet worden seien. Stelle man jedoch auf den sog. Buchwert ab, so ergebe sich dieser aus folgendem Kapitalkontensaldo:

Zur Erläuterung hat die ausgeführt, der Anleger erziele im Rahmen der Beteiligungen ge-werbliche Einkünfte, d. h. das Jahresergebnis der Gesellschaften werde ermittelt und jährlich anteilig den einzelnen Beteiligungen zugewiesen. Aussagen über die Höhe eines zu erwartenden Auseinandersetzungsguthabens bzw. anteiligen Liquidationserlöses seien nicht möglich. Da es sich um unternehmerische Beteiligungen handele, wohne diesen – so auch in der zu-grundeliegenden Prospektierung ausgewiesen – das Risiko eines Teil- und/oder Totalverlustes inne.

Die Versicherungsgruppe hat in einer Auskunft vom 28. Juni 2016 mitgeteilt, der Rück-kaufswert der fondgebundenen Rentenversicherung habe 5.328,09 Euro zum Stichtag 31. August 2010, 5.965,77 Euro zum Stichtag 28. Februar 2011 und 5.372,45 Euro zum Stichtag 1. September 2011 betragen. Auf Nachfrage des Senats hat die Versicherungsgruppe mitgeteilt, der Verwertungsausschluss sei der Gesellschaft bereits am 19. Oktober 2004 zugegangen. Weil das Formular zunächst übersehen worden sei, sei die Einrichtung des Verwertungsausschlusses erst am 25. November 2014 bestätigt worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig, im Besonderen nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufungen sind unbegründet. Die angegriffenen Ablehnungsbescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für den insgesamt streitigen Zeitraum 1. September 2010 bis 28. Februar 2012 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil er aufgrund des vorhandenen verwertbaren Vermögens nicht hilfebedürftig war.

1. Nach Verbindung durch Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2016 sind Streitgegenstände des Berufungsverfahrens, die drei Urteile des Sozialgerichts Gotha vom 19. Februar 2015 sowie der Ablehnungsbescheid vom 1. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011, der Ablehnungsbescheid vom 26. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2011 und der Ablehnungsbescheid vom 7. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011. Zulässig wendet sich der Kläger gegen die Entscheidungen des Beklagten im Wege kombinierter Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1, 4 SGG). Dabei ist über die Ansprüche des Klägers auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. September 2010 bis 31. Januar 2011 (Bescheid vom 1. September 2010), 1. Februar 2011 bis 31. August 2011 (Bescheid vom 26. Mai 2011) und 1. September 2011 bis 28. Februar 2012 (Bescheid vom 7. November 2011) zu entscheiden. Zwar erstreckt sich der streitige Zeitraum bei einer Entscheidung, mit der die Verwaltung Leistungen für die Zukunft vollständig abgelehnt hat, grundsätzlich bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Leistungsträger aufgrund eines erneuten Leistungsantrages eine weitere Entscheidung getroffen hat (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 29/12 R, juris). Hier hat der Kläger am 24. Februar 2011 (nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung vom 24. März 2011 mit Wirkung zum 1. Februar 2011), 1. September 2011 und 1. März 2012 erneut Leistungsanträge gestellt, über die der Beklagte mit separaten Bescheiden entschieden hat. Diese bilden daher für die jeweils zu prüfenden Leistungszeiträume eine Zäsur. Zutreffend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26. Oktober 2016 seinen Antrag in diesem Sinne korrigiert. Nicht Klagegegenstand sind Leistungsansprüche der nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II zur Be-darfsgemeinschaft gehörenden Ehefrau des Klägers, denn weder den einzelnen Klageschriften, noch dem Übrigen Vortrag des Klägers kann bei gebotener Auslegung entnommen werden, dass auch sie sich gegen die Entscheidungen des Beklagten wendet.

2. Die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende liegen jedoch nicht vor. Der Kläger zählt zwar nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II zum grundsätzlich leistungsberechtigten Personenkreis, da er im streitgegenständlichen Zeitraum 54 bzw. 55 Jahre alt und erwerbsfähig war sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Er war jedoch nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II iVm § 9 Abs. 1 SGB II, denn er war in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus berücksichtigungsfähigen Einkommen und Vermögen zu sichern.

3. Entgegen der Ansicht des Klägers, verfügte er im streitbefangenen Zeitraum über ausrei-chendes zu berücksichtigendes Vermögen. Nach § 12 Abs. 1 SGB II (in der Fassung vom 14. April 2010 bzw. 13. Mai 2011) sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Das Vermögen ist nach § 12 Abs. 4 SGB II mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen gestellt wird. Vorliegend ist daher auf den Vermögensstatus am 31. August 2010, 1. Februar 2011 bzw. 1. September 2011 abzustellen.

Ob und inwieweit Vermögen als zur Verfügung stehende Bedarfsdeckungsmöglichkeit zu berücksichtigen ist, richtet sich danach, über welche Vermögenswerte mit welchem Verkehrswert die Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person verfügt (im Folgenden a), ob diese Vermögensgegenstände verwertbar sind und in absehbarer und angemessener Zeit verwertet werden können (im Folgenden b), ob ihre Verkehrswerte die Vermögensfreibeträge übersteigen (im Folgenden c) und, ob die Vermögensgegenstände als Schonvermögen nicht von der Berücksichtigung ausgenommen sind (im Folgenden d; vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R, juris).

a) Der Kläger und seine Ehefrau verfügten zu den hier maßgeblichen Stichtagen über ein Ge-samtvermögen, welches sich aus Aktien/Fonds in Depots verschiedener Banken, Guthaben auf Spar- und Girokonten, der zugunsten des Vermieters angelegten Mietkaution für die bewohnte Wohnung in der in A., dem Guthaben der fondgebundenen Rentenversicherung bei der Versicherungsgruppe, den beiden Riesterrenten bei der und den Beteiligungen an den Gesellschaften der sowie zusammensetzte. Der Verkehrswert der Guthaben auf Spar- und Girokonten ergibt sich aus dem zum Stichtag als tatsächliches Guthaben ausgewiesenen Beträgen. Für kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen ist regelmäßig auf den Rückkaufswert abzustellen (vgl. Mecke in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 12 Rn. 129). Der Verkehrswert von Aktien und Fonds bestimmt sich nicht nach dem Anschaffungspreis, sondern nach dem aktuellen Kurswert (vgl. BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 9/07 R, juris), denn nur dieser spiegelt den Wert wieder, der im Fall einer Veräußerung tatsächlich erzielt und für den Lebensunterhalt eingesetzt werden kann.

Zur Ermittlung des Verkehrswertes der vom Kläger erworbenen Beteiligungen an den Gesell-schaften der und., kann ebenfalls nicht auf die vom Kläger in den Jahren 2005 bis 2011 getätigten Einlagen abgestellt werden, denn diese konnte der Kläger nach den vorliegenden Auskünften der und zu den einzelnen Stichtagen nicht realisieren, weil eine ordentliche Kündigung, d. h. eine Rückgabe gegen Auszahlung der Einlagen, bis zum Ablauf der Ver-tragsbindungszeit – hier mindestens bis 31. Dezember 2015 – nicht vorgesehen war. Die hat in ihrer Auskunft vom 25. Februar 2016 ausgeführt, dass sie einen Verkehrswert zu den einzelnen Stichtagen nicht beziffern könne, weil eine Verkehrswertermittlung während der Beteiligungslaufzeiten nicht erfolge. Stelle man jedoch auf den sog. Buchwert ab, ergebe sich dieser aus den Kapitalkontensalden. Der Buchwert bzw. der Saldo der von der dargestellten Kapitalkonten (Kapitalkonto I: Höhe der tatsächlich getätigten Einlagen, Kapitalkonto II: Verbuchung bilanzierter Gewinn- und Verlustanteile, Kapitalkonto III: Verrechnungskonto, welches die Verbuchung von Einzahlungen und Entnahmen ausweist) ist vorliegend jedoch ebenfalls nicht zur Bestimmung des berücksichtigungsfähigen Verkehrswertes im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II geeignet, weil er nicht mit dem Wert übereinstimmt, der im Fall einer Veräußerung tatsächlich realisierbar ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beteiligungen nicht vor Ablauf der Vertragsbindungsfrist an die einzelnen Gesellschaften zurückgegeben werden können und auf dem sog. Ersten Markt auch nicht zum Buchwert gehandelt werden. Wie bei anderen spekulativen Geldanlagen (Aktien, Fonds) kann daher als Verkehrswert nur der tatsächliche Kurs-/Verkaufswert in Ansatz gebracht werden. Nach der im Verfahren eingeholten Auskunft der sind die hier fraglichen Beteiligungen vor Ablauf der Vertragsbindung auf dem sog. Zweitwert handelbar, wobei hier Abschläge zwischen 30 Prozent und 50 Prozent hinzunehmen sind. Die hat mit Schreiben vom 25. Februar 2011 mitgeteilt, dass nach Abschluss der Plazierungsphase des vom Kläger erworbenen Fonds Anteilshandel möglich ist, jedoch im Fall einer Veräußerung Abschläge zu erwarten sind. Bei dem im vorangegangenen Jahr für den Vorgängerfond, , durchgeführten Handel sei ein Kaufpreis von 66 Prozent bezogen auf die ursprüngliche Nominalbeteiligung erzielt worden. Ausgehend von diesen Auskünften geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass die Beteiligungen mit einem Verkehrswert zu berücksichtigen sind, der 50 Prozent der ursprünglich getätigten Einlage entspricht.

Insgesamt ergeben sich daher zu den einzelnen Stichtagen vorhandene Vermögenswerte, die mit folgenden Verkehrswerten zu berücksichtigen sind:

Die Beteiligung an der Fondgesellschaft (Einlagen 5.000 Euro) konnten nur zu den Stichtagen 1. Februar 2011 und 1. September 2011 Berücksichtigung finden. Zwar hatte der Kläger diese Beteiligungen bereits im August 2010 gezeichnet, Bestätigung und Tätigung der Einklage erfolgten jedoch erst Mitte September 2010, d. h. nach Antragstellung und Erlass des ersten Ablehnungsbescheides am 1. September 2010. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte muss daher davon ausgegangen werden, dass der Erwerb aus bereits berücksichtigten liquiden Mitteln erfolgte.

b) Mit Ausnahme der Mietkaution waren diese Vermögenswerte auch grundsätzlich verwertbar. Vermögen ist verwertbar, wenn es für den Lebensunterhalt verwendet werden kann oder sein Geldwert durch Verbrauch, Verkauf, Beleihung, Vermietung oder Verpachtung für den Lebensunterhalt innerhalb des Zeitraums, in dem Hilfebedarf besteht, nutzbar gemacht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 42/07 R, juris).

Dies trifft auf das Guthaben in Höhe von 660 Euro, welches als Mietkaution auf einem Konto bei der Bank separat angelegt war, nicht zu. Aufgrund der Verpfändung zugunsten des Vermieters war eine Verwertung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht möglich.

Keine Bedenken bestehen insofern in Bezug auf die Aktien-/Fondguthaben, Guthaben auf Spar- und Girokonten und den im Rahmen von Versicherungen bei der Versicherungsgruppe sowie der angesparten Beträgen.

Entgegen dem Vortrag des Klägers waren auch die an den Gesellschaften der und ge-haltenen Beteiligungen grundsätzlich verwertbar. Zwar war für alle Beteiligungen eine über die hier im Einzelnen streitigen Zeiträume hinausgehende Laufzeit bis mindestens 31. Dezember 2015 vorgesehen. Die Einhaltung der Laufzeit hat jedoch nur zur Folge, dass die Einlage bis zu diesem Zeitpunkt nicht von der begünstigten Gesellschaft zurückverlangt werden kann. Sowohl die (Stellungnahme vom 22. Februar 2011) als auch die (Stellungnahme vom 25. Februar 2011) haben mitgeteilt, dass eine Veräußerung der Beteiligung an Dritte, unter Inkaufnahme von Verlusten, grundsätzlich jederzeit möglich ist.

Dem Senat liegen auch keine Anhaltpunkte dafür vor, dass der Kläger Vermögenswerte bis zur ermittelten Freibetragsgrenze nicht innerhalb angemessener Zeit hätte realisieren und zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einsetzen können. Guthaben auf Spar- und Girokonten sind keinen Reglementierungen unterworfen und stehen damit unmittelbar zur Verfügung. Aktien und Fonds lassen sich an jedem Werktag veräußern, die Verkaufserlöse werden in der Regel in kurzer Zeit dem Konto gutgeschrieben. Auch für die Veräußerung einzelner Beteiligungen der oder auf dem sog. Zweitmarkt ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte da-für, dass diese mehr als die Dauer eines sechsmonatigen Bewilligungsabschnittes in Anspruch genommen hätte.

c) Das grundsätzlich verwertbare Vermögen von 35.162,09 Euro (zum 31. August 2010), 38.706,77 Euro (zum 1. Februar 2011) bzw. 35.282,45 Euro (zum 1. September 2011) über-stieg zu den maßgeblichen Zeitpunkten die für den Kläger und seine Ehefrau zu berücksichtigen Freibeträge von insgesamt 17.550 Euro bzw. 17.850 Euro deutlich. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vom Vermögen ein Grundfreibetrag von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 3.100 Euro abzusetzen. Hieraus ergibt sich für den Kläger bis einschließlich September 2010 ein Freibetrag von Euro 8.100 Euro (54 x 150 Euro) und ab Oktober 2010 von Euro 8.250 Euro (55 x 150 Euro). Für die Ehefrau des Klägers ergibt sich bis einschließlich August 2010 ein Freibetrag von 7.950 Euro (53 x 150 Euro) und ab September 2010 von 8.100 Euro (54 x 150 Euro). Hinzu kommt ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II).

Zusätzlich bleiben nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II (in der Fassung vom 14. April 2010 bzw. 13. Mai 2011) die Guthaben bei der (für den Kläger 1.866 Euro, 2094 Euro bzw. 2.097 Euro, für seine Ehefrau 617 Euro bzw. 839 Euro) unberücksichtigt, denn es handelt sich im Sinne dieser Vorschrift um bundesrechtlich gefördertes Altersvorsorgevermögen ("Riester-Anlageform"), welches über die allgemeinen Freibeträge hinaus vom Vermögen abzusetzen ist.

Zudem spricht einiges dafür, dass auch der Wert der vom Kläger bei der Versicherungsgruppe abgeschlossenen fondgebundenen Rentenversicherung (5.328,09 Euro, 5.965,77 Euro bzw. 5.372,45 Euro) von der Berücksichtigung ausgenommen ist. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II sind vom Vermögen geldwerte Ansprüche abzusetzen, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jedoch jeweils 48.750 Euro (§ 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II) nicht übersteigt. Aufgrund der Stellungnahme der Versicherung vom 15. September 2016 ist der Senat davon überzeugt, dass die vom Kläger am 19. Oktober 2004 unterzeichnete Erklärung "Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz" am gleichen Tag per Fax bei der Versicherung eingegangen ist. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der von der Versicherung vorgelegten Kopie der Erklärung, auf der der Faxeingang 19. Oktober 2004 erkennbar ist. Dahinstehen kann vorliegend, ob dies, angesichts dessen, dass die Versicherung die Erklärung in ihren Unterlagen zunächst übersehen und erstmals am 25. November 2014 die Einrichtung des Verwertungsausschlusses bestätigt hat, für die Privilegierung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II ausreichend ist. Selbst wenn das Guthaben der privaten Rentenversicherung von der Gesamtbewertung ausgenommen wird, ergibt sich ein die übrigen Freibeträge übersteigendes berücksichtigungsfähiges Vermögen.

d) Entgegen dem Vortrag des Klägers können die in Aktien und Fonds angelegten Vermö-genswerte, die Guthaben auf Spar- und Girokonten sowie die Beteiligungen an den Gesell-schaften der und nicht als Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs. 3 SGB II bewertet werden.

Nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II sind als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermö-gensgegenstände in angemessenen Umfang über die in § 12 Abs. 2 SGB II vorgesehenen Freibeträge hinaus berücksichtigungsfrei, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Der Tatbestand greift nur für Personen, die nach den §§ 6, 231, 231a Sechstes Buch Sozialgesetz-buch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, nicht jedoch für Hilfebedürftige, die auf Grund einer selbständigen Tätigkeit von vornherein nicht versicherungspflichtig (§ 2 SGB VI) oder versicherungsfrei (§ 5 SGB VI) waren oder sind (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 68/06 R, juris; Mecke in Eicher, SGB II, Kommentar, 3. Auflage 2013, § 12 Rn. 86). Zwar hat der Kläger angegeben, die offizielle Befreiung von der Rentenversicherungspflicht sei für seine Person im Dezember 2007 erfolgt. Einen Bescheid des Rentenversicherungsträgers konnte er hierzu jedoch nicht vorlegen. Vielmehr hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, für sich selbst keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragt zu haben. Nach der Auskunft der vom 5. Oktober 2016 wurde auch für die Ehefrau des Klägers kein Antrag auf Befreiung nach den §§ 6, 321, 231a SGB VI gestellt.

Nach der Überzeugung des Senats liegen im Fall des Klägers auch die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II nicht vor. Danach sind Sachen und Rechte nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist (Alt. 1) oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (Alt. 2).

Der Zweck der Regelung des § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 1 SGB II besteht darin, den Leistungsbe-rechtigten vor einer Vergeudung seines Vermögens zu schützen. Die Wirtschaftlichkeit der Verwertung eines bestimmten Vermögensgegenstandes ist ausschließlich nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Dabei ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung liegt vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwendenden Vermögensgegenstandes steht. Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem aus der Verwertung nach Abzug aller Kosten zu erzielenden Erlös und dem Substanzwert (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 100/11 R, juris; Mecke in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 12 Rn. 109ff).

Hinsichtlich der vom Kläger in Aktien und Fonds angelegten Vermögenswerte ist weder vom Kläger vorgetragen, noch ersichtlich, dass eine Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich im vorgenannten Sinne sein könnte. Auch im Hinblick auf die Beteiligungen an den Gesellschaften der und liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nicht vor. Der Substanzwert der vom Kläger gehaltenen Beteiligungen bemisst sich, wie der Verkehrswert, nach dem am jeweiligen Stichtag realisierbaren Kurs-/Verkaufswert. Dieser liegt für die Beteiligungen an den Gesellschaften der zwischen 70 Prozent und 50 Prozent der Einlagen und die Beteiligungen an der bei ca. 60 Prozent der Einlagen.

Sofern der Kläger die Rechtsprechung zu anderen Vermögenswerten, im Besonderen zu Kapi-tallebensversicherungen in Bezug genommen hat, können die dafür entwickelten Maßstäbe, wonach zur Ermittlung des Substanzwertes auf die Höhe der eingezahlten Beträge bzw. den Anschaffungswert abzustellen ist, nicht auf die hier zu bewertenden Beteiligungen übertragen werden. Zur Bestimmung des Merkmals der Unwirtschaftlichkeit ist je nach Vermögensge-genstand zu differenzieren (zur Übertragbarkeit vgl. Mecke in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 12 Rn. 114ff). Entscheidend für das Merkmal der offensichtlichen Unwirt-schaftlichkeit der Verwertung eines Vermögensgegenstandes ist, ob (gerade oder erst) ein "Zwang zum Verkauf" die Investition für den Erwerb eines Vermögensgegenstandes in einem nennenswerten Umfang entwerten würde und daher ein normal und ökonomisch Handelnder die Verwertung unterlassen würde (vgl. BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 9/07 R, juris). Kennzeichen der Verwertung einer Kapitallebensversicherung ist, dass ein wirtschaftlicher Verlust erst dadurch eintritt, dass der Vertrag vorfristig beendet wird und sich aus diesem Grund im Vergleich zum Substanzwert (= Summe der eingezahlten Beträge und Gewinnerwartung bzw. -chance) ein geringerer Rückkaufswert ergibt. Im Regelfall lässt sich aus der Vertragsgestaltung der Kapitallebensversicherung ersehen, in welchem Umfang der Substanzwert realisieren werden kann, wenn der Vertrag bis zum Ende der vorgesehenen Vertragslaufzeit fortgeführt wird. D. h. der Inhaber einer Kapitallebensversicherung kann zum Vergleich auf eine begründete Gewinnerwartung zum Ende der Vertragslaufzeit verweisen. Für die hier streitigen Gesellschaftsbeteiligungen lässt sich ein derartiger Bezugswert, d. h. eine begründete Gewinnerwartung zum Ende der vorgesehenen Vertragslaufzeit nicht ermitteln. Ausweislich der Prospektierungen der Kapitalanlageprodukte und den Stellungnahmen der und handelt es sich bei den Beteiligungen um eine hoch risikobehaftete Anlageform. Die Entwicklung des Wertes vollzieht sich in keinem kalkulierbaren und bei ungestörtem Verlauf gesicherten vertraglichen Rahmen. Zum Laufzeitende der Beteiligungen wird weder eine bestimmte Rendite zugesagt, noch garantiert, dass der Investor seine Einlagen ganz oder anteilig zurückerhält. Vielmehr besteht von Beginn an das Risiko eines Teil- oder Totalverlustes, worauf die Anleger in den Prospektierungen ausdrücklich hingewiesen werden. Genau dieses Risiko spiegelt sich auch in dem Verkaufserlös wieder, der bei Veräußerung der Anteile an Dritte auf dem sog. Zweitmarkt realisiert werden kann. Der Wertverlust der Beteiligungen nach Erstplatzierung am Markt (Abschläge zwischen 30 Prozent und 50 Prozent im Vergleich zur Summe der Einlagen) resultiert somit nicht unmittelbar aus dem Umstand einer vorzeitigen Veräußerung, sondern aus der spezifisch risikobehafteten Form der Kapitalanlage. Insofern stellt sich – wie bei Aktien oder Aktienfonds (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 9/07 R, juris) – die Frage, ab welchem Grenzwert ausgehend von der ursprünglich getätigten Einlage generell von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer der Beteiligungen ausgegangen werden kann, anders als beim Verkauf einer Kapitallebensversicherung, nicht. Aufgrund der unkalkulierbaren Wertentwicklung der Beteiligungen ist eine Aussage darüber, ob deren Veräußerung auf dem Zweitmarkt vor Ende der vorgesehenen Laufzeit tatsächlich unwirtschaftlich ist, gar nicht möglich. Insofern kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein normal und ökonomisch Handelnder die (vorzeitige) Verwertung unter Inkaufnahme der Abschläge aus Gesichtspunkten der Schadensminimierung sogar bewusst veranlasst hätte, um einem weit höheren Wertverlust zum Ende der Vertragslaufzeit zu begegnen. Allein die subjektive Erwartung einer positiven Entwicklung der Beteiligungen einschließlich der Erzielung einer Rendite zum Laufzeitende, ist nicht geeignet, das mit der gewählten Anlageform bewusst eingegangene Verlustrisiko auf den Grundsicherungsträger und damit die Allgemeinheit zu übertragen (vgl. hierzu Mecke in Eicher, SGB II Kommentar, 3. Auflage 2013, § 12 Rn. 116).

Schließlich sind auch die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 2 SGB II, wonach eine Vermögensverwertung nicht verlangt werden kann, wenn diese für den Betroffenen eine be-sondere Härte bedeuten würde, nicht erfüllt. Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles, die nicht bereits in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II als Privilegierungstatbestände erfasst sind und die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R; BSG, Urteil vom 18. September 2014 – B 14 AS 58/13 R, juris). Der Zweck der Regelung besteht darin, einen Lösungsansatz für besonders gelagerte Härtefälle zu bieten. Als außergewöhnliche Umstände, die geeignet sind, eine besondere Härte zu begründen wurde daher zum Beispiel der Fall anerkannt, dass ein Leistungsberechtigter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge verwerten müsste, obwohl er kurz vor dem Renteneintritt steht und sein Versicherungsverlauf wegen langjähriger selbständiger Tätigkeit erhebliche Lücken aufweist (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 68/06 R, juris). Im Fall des Klägers und seiner Ehefrau sind derartige außergewöhnliche Gesamtumstände nicht erkennbar. Zwar lassen die letzten Auskünfte der Rentenversicherungsträger zur Höhe der zu erwartenden Altersrenten erkennen, dass diese im Alter zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht ausreichen werden. In den maßgeblichen Zeitpunkten (31. August 2010, 1. Februar 2011, 1. September 2011) stand der Renteneintritt aber nicht unmittelbar bevor. Die Regelaltersrente beginnt für den Kläger erst am 21. Juni 2021 und für dessen Ehefrau am 1. August 2023. Hinzu kommt, dass eine Privilegierung nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 Alt. 2 SGB II nur für Vermögensgegenstände in Betracht kommt, die tatsächlich für die Altersvorsorge bestimmt sind (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 68/06 R, juris). Zwar hat der Kläger erklärt, sämtliche Vermögenswerte zum Zweck der Altersvorsorge anzusparen, aufgrund der objektiven Begleitumstände vermag der Senat dem jedoch nicht zu folgen. Nachvollziehbar ist eine solche Zweckbestimmung für die fondgebundene Rentenversicherung bei der Versicherungsgruppe sowie die beiden Riesterrenten bei der ... Für die Übrigen Vermögenswerte hält der Senat den klägerischen Vortrag nicht für glaubhaft. In der Regel legt jeder vernünftige Bürger, sofern er wirtschaftlich dazu in der Lage ist, Beträge für notwendige vorhersehbare und/oder unvorhersehbare Anschaffungen oder Ausgaben zurück. Zudem halten gerade selbständig Erwerbstätige Rücklangen für den Fall schwankender Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb vor. Weshalb der Kläger und seine Ehefrau dies in keiner Weise, nicht einmal in Höhe des persönlichen Anschaffungsfreibetrages von 750 Euro pro Person tun, ist nicht nachvollziehbar. Der pauschale Vortrag, das gesamte Vermögen sei zur Altersvorsorge bestimmt, überzeugt auch deshalb nicht, weil es sich – abgesehen von den vergleichsweise geringen Beträgen der privaten Rentenversicherung bei der Versicherung, den Riesterrenten bei der und den Guthaben auf Spar- und Girokonten – bei den Anlagen in Aktien/Fonds und im Besonderen der Beteiligungen an den Gesellschaften der und um hoch spekulative Anlageformen handelt, die nicht im Ansatz die Gewähr dafür bieten, dass im Zeitpunkt des Renteneintrittes zumindest ein angemessener Grundbetrag für den Ruhestand zur Verfügung steht. Zu den hier maßgeblichen Stichtagen betrug der Anteil an unsicheren bzw. spekulativen Anlagen ca. 80 Prozent. Je näher der Renteneintritt rückt, desto weniger sind im Zusammenhang mit der Motivation einer Alterssicherung spekulative Anlageformen in weit überwiegendem Umfang zu erwarten. Auch der Umstand, dass der Kläger aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit eine entsprechende Sachkunde in Geldanlagen für sich in Anspruch nimmt, befreit ihn nicht von den mit den gewählten Anlageformen (Aktien, Fond, Beteiligungen) einhergehenden Risiken. Diese ergeben sich aus der Unkalkulierbarkeit der Markt- und Wertentwicklung und nicht aus dem Umfang der Fachkenntnisse des Anlegers. Hinzu kommt, dass die Aktien/Fonds keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, so dass sie jederzeit veräußert werden können und das Geld für andere Zwecke eingesetzt werden kann.

4. Zusammenfassend ergibt sich daher für den Kläger und seine Ehefrau berücksichtigungsfä-higes verwertbares Vermögen in Höhe von 9.801 Euro (zum 30. August 2010), in Höhe von 12.258,10 Euro (zum 1. Februar 2011) und in Höhe von 9.124 Euro (zum 1. September 2011), welches sich wie folgt ermittelt:

Damit steht dem Kläger in den hier streitigen Zeiträumen kein Leistungsanspruch nach dem SGB II gegen den Beklagten zu.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved