L 9 U 4615/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 4304/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4615/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. September 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen von Unfallfolgen sowie die Gewährung medizinischer Behandlungsleistungen über den 30.04.2012 hinaus streitig.

Der 1964 geborene Kläger erlitt am 09.03.2012 gegen 22:00 Uhr auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause einen Autounfall. Er war mit seinem Pkw auf der Vorfahrtstraße mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h unterwegs, als er seitlich von einem anderen Fahrzeug gerammt wurde. Der Kläger war bei dem Unfall angeschnallt; die Seitenairbags seines Fahrzeugs lösten aus.

Am folgenden Morgen suchte der Kläger den D-Arzt Dr. E. auf, der in seinem Bericht vom 10.03.2012 als Erstdiagnosen eine Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule (HWS) sowie eine Prellung des Thorax angab. Bei der primären klinischen Untersuchung zeigten sich keine Hämatome, keine Prellmarken, ein druckschmerzhafter Nacken und eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit, jedoch kein neurologisches Defizit. Röntgenuntersuchungen von Schädel, HWS und Dens sowie Thorax ergaben keine Fraktur und keinen Pneumothorax. Die Wirbelkörper waren nur bis C 6 beurteilbar. Am 02.04.2012 erstellte der Radiologe Dr. K. eine Magnetresonanztomographie (MRT) der HWS und gab an, es hätten keine frischen Unfallfolgen nachgewiesen werden können. Festzustellen seien vorbestandene, deutlich ausgeprägte degenerative Veränderungen mit angedeuteter paradoxer Kyphosierung der HWS und multisegmentalen Bandscheibenprotrusionen mit Retrospondylose. Eine Myelonaffektion sei ebenfalls nicht nachzuweisen. Bei einer weiteren Untersuchung am 10.04.2012 klagte der Kläger bei Dr. E. über anhaltende Kopf- und Nackenschmerzen. Der Kläger wurde an die BG-Unfallklinik Ludwigshafen verwiesen. In dem dort erstellten Krankheitsbericht vom 18.04.2012 geben Dr. T. und Dr. E. an, bei dem Kläger liege ein Zustand nach HWS-Distorsion vor. An der HWS finde sich eine endgradige Bewegungseinschränkung, ein leichter paravertebraler Druckschmerz und ein leichter Druckschmerz im Bereich der Nackenmuskulatur. Die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität seien intakt. Es finde sich kein Hinweis auf ein neurologisches Defizit. Es bestünden noch ausstrahlende Schmerzen vom Nacken in den Kopf, ansonsten finde sich kein Hinweis auf Unfallfolgen. Der Hausarzt des Klägers Dr. J. widersprach am 02.05.2012 der von den berufsgenossenschaftlichen Ärzten angenommenen Arbeitsfähigkeit des Klägers. Der Kläger habe vor dem Unfallereignis keinerlei HWS-Beschwerden gehabt. Er sei derzeit weiterhin nicht an seinem Arbeitsplatz einsatzfähig. Beigefügt war der Stellungnahme eine Arbeitsfähigkeitsbescheinigung des Assistenzarztes der BG-U.klinik Dr. S. vom 30.04.2012, welcher den Abschluss des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens empfahl. Aktuell bestehe eine Bewegungseinschränkung bei muskulärem Hartspann. Die Beschwerdesymptomatik sei rückläufig; es bestünden keine neurologischen Beschwerden. Seitens des Unfalls liege Arbeitsfähigkeit vor. Dr. K. teilte nach erneuter Auswertung des MRT vom 02.04.2012 am 03.05.2012 mit, eine frische Unfallfolge sei nicht nachgewiesen.

Mit Bescheid vom 03.05.2012 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Übernahme der Kosten für die medizinische Behandlung über den 29.04.2012 hinaus ab, weil kein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Krankheit bestehe. Unfallbedingte Befunde hätten bei der Untersuchung am 30.04.2012 nicht mehr festgestellt werden können. Neurologisch hätten sich keine Auffälligkeiten gefunden. Es seien ausschließlich unfallunabhängige arthrotische Veränderungen der HWS und Bandscheibenvorwölbungen an den Halswirbelkörpern (HWK) 4/5 und 5/6 diagnostiziert worden. Wegen der unfallbedingt erlittenen Zerrung der Halswirbelsäule und der Brustkorbprellung seien keine weiteren Behandlungen mehr erforderlich.

Zur Begründung seines hiergegen am 15.05.2012 eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er arbeite im Drei-Schicht-System im Rahmen von Wartungs- und Umbauarbeiten, welche zu großen Teilen über Kopf ausgeführt würden. Aufgrund der Nackenschmerzen bei längerer Belastung und der Bewegungsschmerzen beim Drehen des Kopfes und beim Hoch- und Runterbewegen sowie der zeitweisen Spannungskopfschmerzen könne er diese Tätigkeit derzeit noch nicht ausüben. Vor dem Unfall habe er unter keinen Beschwerden gelitten. Die von Dr. S. genannten degenerativen Veränderungen seien hierfür nicht verantwortlich. Es liege ein Fall einer richtungsweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens durch den Unfall vor. Der Hausarzt Dr. J. habe mitgeteilt, dass vor dem Unfallereignis keinerlei Beschwerden an der HWS bestanden hätten. Es sei auch bekannt, dass durch bildgebende Verfahren nachweisbare Veränderungen an der Wirbelsäule völlig symptomlos bleiben und im Übrigen diese Veränderungen lange Zeit kompensiert werden könnten. Durch das Unfallereignis/Schleudertrauma sei es offenbar zu einer wesentlichen Mitverursachung der nunmehr bestehenden Beschwerden gekommen.

Die Beklagte zog einen Befundbericht des Z. für Nervenheilkunde L. vom 03.05.2012 bei, in dem der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. als vorläufige Diagnose eine HWS-Distorsion Grad I angab und eine Arbeitsunfähigkeit neurologischerseits verneinte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den Ergebnissen der medizinischen Feststellungen könne eine richtungsweisende Verschlimmerung nicht angenommen werden. Bereits im MRT-Befund vom 02.04.2012, also ca. vier Wochen nach dem Ereignis, habe kein auf den Unfall zurückzuführender Gesundheitsschaden mehr festgestellt werden können.

Hiergegen hat der Kläger am 27.11.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, allein der zeitliche Zusammenhang zwischen dem erstmaligen Auftreten der Beschwerden im Anschluss an das Unfallereignis lege die Annahme nahe, dass die Beschwerden durch das Unfallereignis verursacht worden seien. Eine Gelegenheitsursache könne hier nicht angenommen werden. Soweit die Ursächlichkeit feststellbar sei, könne auch ein Mitverursachungsanteil von deutlich unter 50 % (teilweise werde auch vertreten 10 % - 20 %) ausreichen, um ein entschädigungspflichtiges Ereignis anzunehmen.

Das SG hat im Rahmen der Beweisaufnahme die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. J. hat unter dem 29.01.2013 mitgeteilt, der Kläger sei vor dem 09.03.2012 zu keinem Zeitpunkt wegen Halswirbelsäulen- oder Schulterbeschwerden vorstellig geworden. Bei der erstmaligen Vorstellung des Klägers am 02.05.2012 habe er keine Befunde, aber eine Anamnese erhoben. Der Kläger sei letztmalig am 06.12.2012 vorstellig geworden. Ob noch Unfallfolgen vorlägen, sei ihm nicht bekannt. Nach der Mitteilung der BG vom 08.05.2012, dass Unfallfolgen nicht mehr vorlägen, habe er den Kläger am 16.05.2012 zwecks weiterer Prüfung der Arbeitsunfähigkeit an die BG-Klinik verweisen. Seines Erachtens habe am 02.05.2012 noch keine Arbeitsfähigkeit bestanden, sondern erst ab dem Arbeitsversuch am 21.05.2012. Der Facharzt für Chirurgie Dr. T. hat in seiner Auskunft vom 19.02.2013 mitgeteilt, er habe den Kläger erstmalig am 02.05.2012 untersucht. Damals habe er noch über Beschwerden im Bereich der HWS geklagt, wo ein paravertebraler Hartspann festgestellt worden sei. Die Beweglichkeit der HWS sei nur unwesentlich eingeschränkt gewesen, neurologische Ausfälle hätten keine bestanden. Die HWS-Beschwerden seien mit den ausgeprägten degenerativen Veränderungen zu erklären. Unfallfolgen lägen nicht mehr vor. In seiner Aussage vom 19.02.2013 hat der Chirurg Dr. S. ausgeführt, er habe den Kläger letztmalig am 02.05.2012 untersucht. Bis zum Ende der Behandlung hätten bei dem Kläger persistierende Beschwerden im Bereich der HWS vorgelegen. Er könne jedoch nicht beantworten, ob bei der letzten Vorstellung noch Unfallfolgen vorgelegen hätten, da ein Zusammenhangsgutachten nicht erstellt worden sei. Den Feststellungen der BG-U., wonach zum Zeitpunkt der Untersuchung noch bestehende Beschwerden als Folge der unfallunabhängig bestehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS mit multisegmentalen Bandscheibenprotrusionen zu sehen sei, könne aufgrund der Aktenlage nicht widersprochen werden.

Mit Urteil vom 17.09.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Verletzungen des Klägers aufgrund des Unfalls vom 09.03.2012 hätten über den 30.04.2012 hinaus nicht vorgelegen. Denn ab diesem Zeitpunkt seien Gesundheitsstörungen aufgrund des Unfalls vom 09.03.2012 nicht mehr feststellbar. Dies ergebe sich aus den ärztlichen Stellungnahmen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Der Radiologe Dr. K. habe nach Auswertung seiner MRT der HWS am 02.04.2012 mitgeteilt, dass zu diesem Zeitpunkt bereits keine frischen Unfallfolgen mehr vorgelegen hätten. Demgegenüber habe er auf deutlich ausgeprägte degenerative Veränderungen der HWS (mit angedeuteter paradoxer Kyphosierung, sowie multisegmentalen Bandscheibenprotrusionen mit Retrospondylose) hingewiesen. Die Tatsache, dass bereits im MRT-Befund vom 02.04.2012, also ca. 4 Wochen nach dem Ereignis, kein auf den Unfall zurückzuführender Gesundheitsschaden festzustellen gewesen sei, bestätige die ärztlichen Feststellungen, wonach bei dem Kläger allenfalls eine HWS-Distorsion Grad I vorgelegen habe. Für diese Art von Verletzung gelte, dass grundsätzlich nur eine Behandlungsbedürftigkeit von vier Wochen Dauer anzunehmen sei (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 464). Für das geltend gemachte Vorliegen von Schädigungsfolgen über den 30.04.2012 hinaus und die richtungsweisende Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens fehlten Anhaltspunkte. In dem in der BG-Klinik zeitnah erstellten ausführlichen Krankheitsbericht des Dr. T. und des Dr. E. vom 18.04.2012 sei angegeben, dass bei dem Kläger ein Zustand nach HWS-Distorsion vorliege. Die Befundungen des Radiologen hätten sich bestätigt, es bestünde kein Hinweis auf eine Myelonaffektion oder auf eine Unfallfolge. Es werde (lediglich) die Durchführung einer ambulanten Physiotherapie und Wiedervorstellung empfohlen. Aus dem Befundbericht des Zentrums für Nervenheilkunde Ludwigshafen vom 03.05.2012 gehe hervor, dass nach einer Untersuchung am 30.04.2012 Dr. H. eine HWS-Distorsion Grad I festgestellt und eine Arbeitsunfähigkeit neurologischerseits abgelehnt habe. Von Seiten der maßgeblichen Fachärzte auf den Gebieten der Chirurgie und Neurologie seien daher konkret und zeitnah die Heilung und der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bestätigt worden. Die Feststellungen seien auch durch die Ermittlungen im Klageverfahren, insbesondere die Aussagen des Dr. J., des Chirurgen Dr. T. sowie des Chirurgen Dr. S. bestätigt worden.

Gegen das ihm am 24.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.10.2013 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, bislang sei ein Zusammenhangsgutachten nicht eingeholt worden, obwohl dies selbst die behandelnden und als sachverständige Zeugen befragten Ärzte gefordert hätten. Der Hausarzt habe ausgeführt, dass er einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den weiter persistierenden Beschwerden sehe. Dies werde auch durch das im Berufungsverfahren bei Dr. S. eingeholte Gutachten bestätigt. Die Beklagte habe ein Gutachten einholen lassen und medizinische Daten weitergegeben, ohne zuvor seine Genehmigung einzuholen. Die Stellungnahme der beratenden Ärztin Dr. H. sei deshalb bereits unverwertbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. September 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 3. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2012 zu verurteilen, medizinische Behandlungsleistungen als Folge des Unfalls vom 9. März 2012 über den 30. April 2012 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihre Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung sowie eine beratungsärztliche Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. H. vom 07.03.2016, die ausführt, bei dem Versicherten habe eine Halswirbelsäulen-Distorsion Grad I nach Erdmann oder QTF bestanden, die eine Arbeitsunfähigkeit von längstens vier Wochen begründen könne. Bei dem Kläger bestünden degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule in drei Bewegungssegmenten, die bereits zum Unfallzeitpunkt vorbestehend gewesen seien. Die Beklagte hat ferner die Niederschrift über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen und die Verpflichtung auf Wahrung des Datenschutzes nach dem Sozialgesetzbuch und die Verpflichtung nach dem Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung der Dr. H. vom 15.04.2015 vorgelegt und den Berater-Vertrag vom 15.08.2012 zur Einsichtnahme ausgehändigt. Wegen des Inhalts des Berater-Vertrags wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 06.12.2016 Bezug genommen.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers ist Oberarzt Dr. S., U.klinikum H., Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. In seinem Gutachten vom 23.12.2015 hat der Gutachter nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 08.12.2015 als Diagnosen ein HWS-Distorsionstrauma, eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Segmente HWK 3 - HWK 5 und eine fixierte HWS-Steilstellung angegeben. Durch das Ereignis vom 09.03.2012 seien keine Gesundheitsstörungen im Halswirbelsäulenbereich verschlimmert worden, weil ausweislich der Patientenaufzeichnungen des Dr. J. bis zu diesem Zeitpunkt keine Gesundheitsstörungen im Halswirbelsäulenbereich vorgelegen hätten. Durch das Ereignis seien eine aktiv und passiv schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule in drei Bewegungsebenen verursacht worden. Röntgenbildgebend fänden sich eine eingeschränkte Beweglichkeit der Intervertebralgelenke der Segmente HWK3 - HWK5. Dies habe eine reaktive Muskelverspannung der Nacken- und Halsmuskulatur mit intermittierenden Kopfschmerzen zur Folge. Über-Kopf-Arbeiten seien vom 09.03.2012 bis zum 02.05.2012 schmerzbedingt risikobehaftet gewesen, auch im Hinblick auf eine Verschlimmerung der bestehenden Beschwerden. Das Fahren und Steuern eines Pkw sowie das Über-Kopf-Arbeiten sei wegen der eingeschränkten Halswirbelsäulenmobilität bis zum heutigen Tag relativ limitiert. Unter der Annahme einer unfallbedingten schmerzhaft eingeschränkten Halswirbelsäulenbeweglichkeit mit konsekutiver Muskelverspannung und bis heute anhaltenden Kopfschmerzen bestehe auch im Hinblick der Vermeidung eines Schmerzprogresses anhaltender Behandlungsbedarf in Form von Physiotherapie, klassischer Massagen, manueller Therapie, gegebenenfalls auch balneo- und hydrotherapeutischer Maßnahmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie das Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie der angefochtene Bescheid vom 03.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2012 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf die im Berufungsverfahren noch allein geltend gemachte Übernahme der Heilbehandlungskosten über den 29.04.2012 hinaus hat.

Nach § 26 Absatz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches (u.a.) Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Der Umfang der Heilbehandlung richtet sich nach § 27 SGB VII. Der Unfallversicherungsträger hat gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern. Die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers ist somit immer dann gegeben, wenn die Notwendigkeit der Heilbehandlung rechtlich wesentlich auf einen Versicherungsfall, mithin einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit (vgl. § 7 SGB VII) zurückzuführen ist. Der Kläger macht vorliegend Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form von HWS-Schmerzen sowie Muskelverspannungen geltend. Diese sind jedoch, soweit sie über den 29.04.2012 hinaus bestanden haben, nicht auf den Arbeitsunfall vom 09.03.2012 zurückzuführen. Ab dem 30.04.2012 waren Gesundheitsstörungen aufgrund des Unfalls vom 09.03.2012 nicht mehr feststellbar.

Zwischen den Beteiligten ist - zu Recht - völlig unstreitig, dass der Kläger am 09.03.2012 einen versicherten Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) erlitten hat. Er befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem unmittelbaren Weg vom Arbeitsplatz zu seiner Wohnung.

Dementsprechend ging die Beklagte im angefochtenen Bescheid von einer Zerrung der Halswirbelsäule und einer Brustkorbprellung als Unfallfolge aus und erbrachte insoweit entsprechende Leistungen. Damit ist aber nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass die nach dem Wegeunfall festgestellten weiteren Gesundheitsstörungen, hier insbesondere die Schmerzen im Bereich der HWS sowie die Muskelverspannungen, aufgrund derer der Kläger weitere medizinische Behandlungsleistungen begehrt, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein. Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 - Juris). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung, sogenannte haftungsbegründende Kausalität, sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung, sog. haftungsausfüllende Kausalität, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 5/10 R - Juris). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG, Urteil vom 18.01.2011, a.a.O.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen somit zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - Juris).

Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne voraus. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen, die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - Juris). Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. Wesentlich ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung gebräuchlichen Formel, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris).

Der Senat stellt zunächst fest, dass der Kläger sich bei dem Unfall eine HWS-Distorsion Grad I zugezogen hat. Dies geht aus dem Befundbericht des Zentrums für Nervenheilkunde Ludwigshafen vom 03.05.2012 hervor, das nach einer Untersuchung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. eine HWS-Distorsion Grad I feststellte. Auch der ausführliche Befundbericht des Dr. T. und des Dr. E. vom 18.04.2012 bestätigt, dass bei dem Kläger ein Zustand nach HWS-Distorsion vorliegt.

Eine Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der unfallbedingten Gesundheitsstörungen - HWS-Distorsion Grad I - bestand spätestens nach sechs Wochen nicht mehr. Dies ergibt sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen und den Aussagen der behandelnden Ärzte. Dr. K. teilte nach Auswertung seiner MRT vom 02.04.2012 mit, dass zu diesem Zeitpunkt bereits keine frischen Unfallfolgen mehr vorlagen. Auch nach der arbeitsmedizinischen Fachliteratur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 464) ist bei einer HWS-Distorsion leichten Grades, wie sie bei dem Kläger festzustellen war, eine Beschwerdedauer von unter einem Monat und eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu vier Wochen anzunehmen. Die von der Beklagten angenommene Behandlungsbedürftigkeit bis zum 29.04.2012 und damit für die Dauer von mehr als sieben Wochen ist daher nicht zu beanstanden; sie wird insbesondere auch durch den behandelnden Arzt der BG-U.klinik Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 30.04.2012 bestätigt.

Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit auf die Unfallfolgen zurückzuführen ist. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im vorliegenden Fall abweichend von den Annahmen in der unfallmedizinischen Fachliteratur im Rahmen der HWS-Distorsion von einer länger andauernden Behandlungsbedürftigkeit ausgegangen werden kann.

Der Senat hält es nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass die bei dem Kläger noch bestehenden Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall eingetreten sind und damit die dadurch verursachte Behandlungsbedürftigkeit unfallbedingt ist.

Der durch das SG als sachverständiger Zeuge gehörte Chirurg Dr. T. hat ausgesagt, dass am 02.05.2013 nur noch ein paravertebraler Hartspann und eine unwesentliche Einschränkung der HWS-Beweglichkeit festzustellen gewesen sei. Neurologische Ausfälle hätten nicht bestanden. Die (noch andauernden) HWS-Beschwerden seien mit den erheblichen degenerativen Veränderungen zu erklären. Auch der als sachverständiger Zeuge gehörte Chirurg Dr. S. teilte mit, dass den Feststellungen aufgrund der Aktenlage nicht widersprochen werden könne. Der Senat konnte sich daher nicht mit der hinreichenden Gewissheit davon überzeugen, dass die bei dem Kläger weiterhin andauernden Beschwerden im Bereich der HWS auf die Unfallfolgen zurückzuführen sind. Wie sich aus dem Gutachten von Dr. S. vom 23.12.2015 ergibt, besteht bei dem Kläger eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Segmente HWK3-HWK5 und eine fixierte HWS-Steilstellung. Diese Gesundheitsstörungen sind nicht als Unfallfolgen anzusehen. Dies ergibt sich aus der Auswertung des MRT vom 02.04.2012 durch Dr. K., der zum einen darlegt, dass zum Zeitpunkt des MRT bereits keine frischen Unfallfolgen mehr vorlagen, zum anderen aber auf deutlich ausgeprägte degenerative Veränderungen der HWS (mit angedeuteter paradoxer Kyphosierung, sowie multisegmentalen Bandscheibenprotrusionen mit Retrospondylose) festzustellen sind.

Soweit Dr. S. ausführt, durch das Ereignis vom 09.03.2012 sei eine aktiv und passiv schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der HWS in drei Bewegungsebenen verursacht worden, überzeugt dies nicht. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger vor dem Unfall nicht wegen Beschwerden im Bereich der HWS in Behandlung war, konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass die HWS-Distorsion ursächlich für die Schädigungen im Bereich der HWS waren. Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bei dem Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses erhebliche Vorschädigungen bestanden, die durch das MRT vom 02.04.2012 auch dokumentiert worden sind. Dr. K. bestätigt deutlich ausgeprägte degenerative Veränderungen mit angedeuteter paradoxer Kyphosierung der HWS, multisegmentalen Bandscheibenprotrusionen mit Retrospondylose und verneint den Nachweis einer frischen Unfallfolge. Dies wird auch durch die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. H. bestätigt, die überzeugend darlegt, dass eine Schädigung durch die Halswirbelsäulenzerrung im MRT hätte abgebildet werden müssen. Man hätte Ödemphasen im Bereich der HWS sehen müssen oder Instabilitäten, Verletzungen der Bänder oder der Weichteile. Dementsprechende Nachweise fanden sich auf den MRT-Aufnahmen nicht. Demgegenüber fanden sich ganz eindeutig bandscheibenbedingte Schäden in drei Segmenten, die wiederum nicht traumatisch bedingt sind, sondern auf degenerative Veränderungen zurückzuführen sind.

Die Stellungnahme der Dr. H. vom 07.03.2016 unterliegt keinem Beweisverwertungsverbot. Zwar gilt § 200 Abs. 2 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger dem Versicherten vor Erteilung eines Gutachtensauftrags mehrere Gutachter zur Auswahl benennen soll sowie ihn auf sein Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinzuweisen und über den Zweck zu informieren hat, auch für von den Unfallversicherungsträgern im Laufe eines Gerichtsverfahrens eingeholte Gutachten (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 8/07 R - Juris); ein Verstoß hiergegen liegt aber nicht vor, da es sich bei der Stellungnahme der Dr. H. nicht um ein Gutachten handelt und die Ärztin nicht als Dritte oder als andere Stelle herangezogen wurde. Die Stellungnahme vom 07.03.2016 stellt kein Gutachten dar. Zur Abgrenzung eines Gutachtens von einer beratungsärztlichen, mithin verwaltungsinternen Stellungnahme ist auf eine Kombination äußerer und innerer Faktoren abzustellen. Zu den äußeren Faktoren zählen z. B., ob die Verwaltung ein Gutachten angefordert oder der Arzt ausweislich seiner Selbstbezeichnung ein Gutachten erstellt, übersandt oder abgerechnet hat. Ein Gutachten liegt nur dann vor, wenn vornehmlich eine eigenständige Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachen, zum Beispiel eines umstrittenen Ursachenzusammenhangs, erfolgt, während es sich bei einer schriftlichen Äußerung eines Arztes, die sich im Wesentlichen mit einem eingeholten (Vor-)gutachten auseinandersetzt, insbesondere im Hinblick auf dessen Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage, nur um eine beratende Stellungnahme handelt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1012/14 - Juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Nach diesen Kriterien ist die Stellungnahme von Dr. H. nicht als Gutachten zu verstehen. Dr. H. setzt sich - entsprechend der Fragestellung der Beklagten - allein mit dem Gutachten von Dr. S. auseinander und prüft es auf Schlüssigkeit. Die Heranziehung der in den Akten befindlichen Vorbefunde ist für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. S. zwingend erforderlich und führt nicht dazu, die Ausführungen als eigenständiges Gutachten anzusehen. § 200 Abs. 2 SGB VII ist auch deshalb nicht einschlägig, da Dr. H. nicht als Dritte oder als andere Stelle unter Übersendung der Akten herangezogen wurde. Die Verwaltung ist nicht darauf beschränkt, verwaltungsinterne Stellungnahmen nur bei ihr angestellten oder verbeamteten Ärzten einzuholen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.2015, a.a.O.). Das BSG stellt in seiner Entscheidung vom 05.02.2008 (a.a.O.) vielmehr für die Frage eines Verstoßes gegen § 200 Abs. 2 SGB VII in Verbindung mit einer unzulässigen Übermittlung von Sozialdaten darauf ab, ob ärztliche Sachverständige tätig werden, die nicht bei dem Verwaltungsträger beschäftigt und auch nicht als interne Berater im weiteren Sinne in einer besonderen Rechtsbeziehung zum Unfallversicherungsträger stehen, so dass sie nicht als Teil des Unfallversicherungsträgers tätig werden. Besteht zwischen dem Unfallversicherungsträger und dem nicht bei ihr angestellten/verbeamteten Arzt eine solche besondere Rechtsbeziehung, dass dieser Teil des Unfallversicherungsträgers wird, wird er nicht als Gutachter im Sinne des § 200 Abs. 2 SGB VII tätig. Eine solche besondere Rechtsbeziehung kann - auch bei räumlicher Distanz zwischen Beratungsarzt und Verwaltung - angenommen werden, wenn der Arzt durch den Abschluss entsprechender Dienst- und Beratungsverträge höherer Art mit der Verwaltung verbunden ist (BSG, Urteil vom 05.02.2008, a.a.O.). Liegt eine solche Rechtsbeziehung vor, ist der Arzt kein Dritter oder eine andere Stelle im Sinne des § 67 Abs. 6, 10 SGB X. Vorliegend ist Dr. H. der Beklagten mit einem Vertrag verbunden, der sie zur Erbringung beratungsärztlicher Leistungen verpflichtet. Gegenstand des Vertrages ist die Unterstützung der Sachbearbeitung bei der Beurteilung von medizinischen Fragestellungen. Die Vertragsbeziehung erstreckt sich nach Ziffer 3 des Vertrags ausdrücklich nicht auf die Erstellung von Gutachten. Dr. H. war zudem nach dem Gesetz über die Verpflichtung nichtbeamteter Personen vom 02.03.1974 (BGBl. I S. 547) auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten verpflichtet, auf anwendbare Strafvorschriften hingewiesen sowie auf das Daten- und Geschäftsgeheimnis verpflichtet und belehrt worden. Bei dem Vertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag höherer Art, auf dessen Grundlage zwischen der Beklagten und Dr. H. eine besondere Rechtsbeziehung bestand, die diese in die Verwaltungsorganisation und den Verwaltungsablauf einbezogen und zum Teil der Beklagten gemacht hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., m.w.N.). Selbst wenn man den naturwissenschaftlichen Zusammenhang zwischen den Unfallfolgen (HWS-Distorsion Grad I) und den behandlungsbedürftigen Beschwerden vorliegend bejahen wollte, so war das Unfallereignis jedenfalls nicht wesentlich für die nach dem 29.04.2012 noch behandlungsbedürftigen Gesundheitsstörungen. Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben; nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich kausale Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005, a.a.O., Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - Juris).

Gegenüber den durch das MRT vom 02.04.2012 gesicherten und durch die behandelnden Ärzte bestätigten degenerativen Veränderungen waren die konkreten Unfallfolgen geringfügig. Bei der Erstuntersuchung durch Dr. E. gab der Kläger zwar Kopf-, Nacken- und Brustschmerzen an, Gurthämatome oder Prellmarken waren aber nicht sichtbar. Der Nacken war druckschmerzhaft und die Beweglichkeit eingeschränkt, neurologische Auffälligkeiten zeigten sich allerdings nicht. Die Motorik war ohne pathologischen Befund und es gab keine Anhaltspunkte für eine Commotio cerebri. Die Röntgenuntersuchung von Schädel, HWS, Dens und Thorax ergaben keine Fraktur. Der Senat konnte sich daher im Ergebnis nicht davon überzeugen, dass die behandlungsbedürftigen Beschwerden rechtlich wesentlich auf den Unfall und dessen Folgen zurückzuführen sind.

Die Beklagte hat die Gewährung von Heilbehandlungen daher zu Recht zum 29.04.2012 beendet; die Voraussetzungen für eine Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten gemäß § 26 SGB VII haben nicht mehr vorgelegen.

Da das Urteil des SG nicht zu beanstanden war, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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