Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 120 AL 4730/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 127/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) – Arbeitsförderung –.
Der 1976 geborene Kläger erlernte den Beruf des Friseurs, den er bis 2011 in G und sodann in D in verschiedenen abhängigen Beschäftigungen ausübte. Im Oktober 2010 legte er die Meisterprüfung im Friseurhandwerk ab (Teilprüfungszeugnisse über das Bestehen der Meisterprüfung im Friseurhandwerk vom 26. bzw. 29. Oktober 2010). Die Beklagte bewilligte ihm antragsgemäß ab 1. März 2012 für ein Jahr Arbeitslosengeld (Alg). Im Zuge eines Beratungsgesprächs am 27. Februar 2012 teilte ihm die Beklagte mit, die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (Übernahme eines bestehenden Friseurgeschäfts) sei ausgeschlossen, da der Arbeitsmarkt für Friseure und Friseurmeister sehr gut sei. Am 8. März 2012 meldete der Kläger ein Friseurgewerbe an und schloss am 21. März 2012 einen auf ein Jahr befristeten Mietvertrag für die Zeit ab 1. April 2012 zum Betrieb eines Friseurgeschäfts (27,50 qm für 452,20 EUR bruttowarm); er entrichtete die am 23. März 2012 fällige Grundkaution in Höhe von 2.260 EUR und zahlte am 28. März 2012 einen Betrag in Höhe von 1.487,50 EUR für Wasser- und Elektroinstallationen im Friseursalon.
Am 10. Mai 2012 gingen bei der Beklagten die vom Kläger mit Datum vom 7. Mai 2012 unterzeichneten Formanträge auf Gewährung eines GZ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ein, mit denen der Kläger angab, am 2. April 2012 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Friseur aufzunehmen. Beigefügt war dem Antrag eine Stellungnahme der Handwerkskammer B vom 7. Mai 2012.
Die Beklagte übersandte dem Kläger fünf Stellenangebote in Bezug auf abhängige Beschäftigungen als Friseur bzw. Friseurmeister und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2012 ab. Der Kläger erfülle zwar die Tatbestandsvoraussetzungen für einen GZ. Im Rahmen der Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung beständen, so dass die Arbeitslosigkeit auch ohne die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit hätte beendet werden können. Derzeit seien mindestens sechs Stellen in B für Friesurmeister ausgeschrieben. Auf die dem Kläger im Zeitraum von einem Monat angebotenen fünf Stellen habe er sich nicht beworben. Bereits im Erstgespräch habe er angegeben, sich selbständig machen zu wollen.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger zunächst die Zahlung eines GZ für sechs Monate ab 1. April 2012 in Höhe von 912,30 EUR begehrt, sein Begehren in der mündlichen Verhandlung aber auf eine Neubescheidung des Antrags auf GZ beschränkt.
Das SG hat mit Urteil vom 12. Mai 2015 den Bescheid vom 23. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Antrag des Klägers auf Zahlung eines GZ ab April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht bzw. jedenfalls fehlerhaft ausgeübt. Sie habe ohne jede Einzelfallprüfung die Förderung pauschal unter Hinweis auf den Vermittlungsvorrang abgelehnt. Dies entspreche jedoch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Denn die Förderung tragfähiger Existenzgründungen stelle durchaus eine Alternative zu einer Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt dar.
Mit ihrer Berufung vom 15. Juli 2015 macht die Beklagte geltend, der Kläger hätte voraussichtlich auch ohne Förderung der selbständigen Tätigkeit, die er im Übrigen bereits im Zeitpunkt seiner Vorsprache am 27. Februar 2012 geplant habe, in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Die Bezugnahme auf den Vermittlungsvorrang begründe keinen Ermessensfehlgebrauch wie sich aus der näher zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung ergebe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ergänzt, für die Entscheidung der Beklagten sei es unerheblich, ob er sich bereits im Februar 2012 habe selbständig machen wollen. Die Geschäftsausstattung habe er ab Ende März 2012 gekauft. Die Friseurstühle seien bereits montiert gewesen und vom Vorbetreiber übernommen worden. Einen Waschtisch habe er ebenfalls ohne Rechnung gebraucht gekauft und in der Eröffnungswoche montiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Zahlung eines GZ. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Das Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat bereits keinen Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags, weil er den Antrag auf Gewährung eines GZ verspätet gestellt hat. Dieser wird nicht rückwirkend erbracht. Gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) werden sämtliche Leistungen der Arbeitsförderung, zu denen auch die Gewährung eines GZ gehört (vgl. § 3 Abs. 1 SGB III), nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Dies war hier unter Zugrundelegung des 10. Mai 2012 als Tag der Antragstellung nicht der Fall. Selbst wenn entsprechend dem Vermerk der Beklagten von einer Antragstellung am 21. März 2012 ausgegangen würde, wäre der Antrag nicht vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt worden, nachdem der Kläger bereits am 8. März 2012 ein Friseurgewerbe angemeldet und den maßgeblichen Mietvertrag für das Friseurgeschäft am 21. März 2012 unterschrieben hatte. Leistungsbegründendes Ereignis ist regelmäßig dasjenige, dass den Leistungsbedarf – hier auf GZ – auslöst. Anders als im Bescheid vom 23. Mai 2012 verlautbart, finden sich für eine Antragstellung am 13. März 2012 indes keinerlei Anhaltspunkte. Entsprechende Umstände konnten auch die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht benennen. Soweit der Kläger im Zuge des Beratungsgesprächs am 27. Februar 2012 einen Antrag auf Gewährung eines GZ formlos gestellt haben sollte, hat sich dieser ausweislich des inhaltlich vom Kläger nicht bestrittenen Vermerks nach einer entsprechenden Beratung durch die Beklagte erledigt, wie daraus erhellt, dass der Kläger auf einen Ablehnungsbescheid verzichtete. Die Beklagte hat schließlich die verspätete Antragstellung nicht zugelassen (vgl. § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Selbst wenn eine rechtzeitige Antragstellung bei der Beklagten unterstellt würde, hat der Kläger – anders als vom SG entschieden – gemäß § 93 Abs. 1 SGB III in der seit dem 1. April 2012 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) keinen Neubescheidungsanspruch. Nach dieser Vorschrift können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen GZ erhalten. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III kann ein GZ geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt.
Der Kläger hatte zwar für die vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit als Friseurmeister liegende Zeit einen durch bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2012 für die Zeit vom 1. März 2012 bis 28. Februar 2013 begründeten Anspruch auf Alg i.S. eines Zahlungsanspruchs (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 AL 11/09 R – juris) und verfügte auf dieser Grundlage noch über einen – nicht ruhenden (vgl. § 93 Abs. 3 SGB III) Alg-Restanspruch von mehr als 150 Tagen. Der Kläger hatte ferner die Tragfähigkeit der Existenzgründung durch die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III; Stellungnahme der Handwerkskammer Berlin vom 7. Mai 2012) nachgewiesen und seine Befähigung zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt.
Ob dem Kläger schon deshalb kein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags zusteht, weil er durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht kausal seine Arbeitslosigkeit beendet hatte, kann offenbleiben, wenngleich sich der Eindruck aufdrängt, dass er seit Anspruchsbeginn am 1. März 2012 von vornherein nicht bereit war, eine abhängige Beschäftigung zur Beendigung der Arbeitslosigkeit aufzunehmen. Hierauf deutet der Beratungsvermerk der Beklagten vom 27. Februar 2012 hin, wonach sich der Kläger bereits zu jener Zeit um die Übernahme eines bestehenden Friseurgeschäfts bemüht habe. Ob seine gleichwohl erklärte Bereitschaft im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung eine lokale Tätigkeit als Friseurmeister aufzunehmen lediglich dem Ziel geschuldet war, Alg zu erhalten und die Voraussetzungen für einen GZ zu schaffen, mag dahinstehen.
Selbst wenn der Senat die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines GZ als gegeben unterstellt, ist der ablehnende Bescheid der Beklagten nicht zu beanstanden. Ein – vom Kläger freilich nicht mehr mit der Klage verfolgter – Anspruch auf Gewährung des GZ besteht von vornherein nicht, weil das der Beklagten nach § 93 Abs. 1 SGB III eröffnete Ermessen nicht auf Null reduziert ist. Diese hat dem Kläger weder die Gewährung eines GZ mündlich zugesagt (vgl. BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 66/04 R – juris Rn. 49) – Anhaltspunkte für eine Zusicherung bestehen ohnehin nicht – noch hat sie sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel festgelegt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Februar 2014 – L 8 AL 1515/13 – juris Rn. 33). Vielmehr war ausweislich des vom Kläger nicht in Abrede gestellten Inhalts des Beratungsvermerks vom 27. Februar 2012 die Förderung einer selbständigen Tätigkeit gerade von der Beklagten nicht in Aussicht gestellt, sondern als gemeinsames Eingliederungsziel eine Tätigkeit auf dem lokalen Arbeitsmarkt festgelegt worden.
Die der Beklagten gesetzten Schranken der Ermessensausübung folgen aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Ermessensfehler (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R – juris Rn. 16) liegen indes – anders als das SG ausgeführt hat – nicht vor.
Ein Ermessensausfall ist nicht gegeben. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide ausgeübt und sich insofern auch nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Ebenso wenig liegt eine Ermessensunterschreitung oder -überschreitung vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sie war sich bewusst, dass die Bewilligung des GZ in ihrem Ermessen stand und hat ihr Ermessen insofern nicht zu eng ausgelegt. Der Beklagten kann schließlich auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 10/10 R – juris Rn. 15). Indem sie darauf abgestellt hat, ob der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre, hat sie vielmehr ein am Sinn und Zweck des § 93 SGB III n. F. orientiertes Ziel verfolgt und damit ihr Ermessen innerhalb der Grenzen und entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Der GZ dient der möglichst frühzeitigen Reintegration des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Insoweit ist aber der allgemeine Vorrang der Vermittlung insbesondere in ein Beschäftigungsverhältnis zu beachten. Der GZ als Ermessensleistung kann nach der gesetzlichen Intention mithin nur dann gewährt werden, wenn er für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich ist (Vermittlungsvorrang gemäß § 4 Abs. 2 SGB III), d.h. wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen würde (vgl. bereits das Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13 – juris Rn. 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. November 2013 – L 9 AL 81/13 – juris Rn. 42; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 13 AL 1924/14 – juris Rn. 28 sowie Urteil vom 24. Juli 2015 – L 8 AL 2364/14 – juris Rn. 39). Diesen normativen Vorgaben entspricht es, wenn die Beklagte, wie im Falle des Klägers geschehen, im Rahmen ihres Ermessens entscheidend darauf abstellt, ob eine möglichst nachhaltige Integration innerhalb des Alg-Bezugszeitraums nach der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt realistisch wäre und dass dem Profil des Klägers entsprechende Stellenangebote hätten unterbreitet werden können bzw. tatsächlich unterbreitet wurden.
Die Beklagte ist auch nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr ist ihre – als Teil einer Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfbare – Prognose, dass der Kläger bei Inanspruchnahme der Vermittlungsbemühungen der Beklagten – bei zu unterstellenden Eigenbemühungen – in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbstständigkeit notwendig gewesen wäre, nicht zu beanstanden. Insofern durfte und musste die Beklagte davon ausgehen, dass für den Kläger gute Vermittlungschancen, und zwar auch als Friseurmeister, bestanden. Soweit der Kläger meint, die Beschäftigungsangebote wären ihm als Friseurmeister nicht zumutbar gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Seine Behauptung im Widerspruchsverfahren, dass Friseurmeister in der Regel nicht als zusätzliche Meister in einem Betrieb eingestellt werden, ist nicht ansatzweise substantiiert und wird durch die in den Leistungsakten enthaltenen Stellenangebote, die auch Friseurmeister betreffen, gerade nicht bestätigt. Gemäß § 140 Abs. 1 SGB II sind einer arbeitslosen Person alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen. Dass hier solche Gründe vorlägen, kann nicht festgestellt werden. Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitslosenentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. Dies ist unter Zugrundelegung eines im Falle des Klägers täglichen Bemessungsentgelts (vgl. § 151 Abs. 1 SGB III) von 46,26 EUR nicht ansatzweise konkret dargetan, zumal dieser sich offensichtlich weder auf die übersandten Stellenangebote, und zwar auch Friseurmeister betreffend, noch im Rahmen einer eigenständigen Stellensuche beworben hatte. Wie sich aber aus der Leistungsakte der Beklagten ergibt, wiesen die in Betracht gekommenen Stellenangebote für Friseurmeister Vergütungen für Vollzeitstellen nach Absprache bzw. Qualifikation aus. Der Wunsch des Klägers nach Selbständigkeit führt hingegen nicht zu einem entsprechenden personenbezogenen Grund.
Schließlich weist die Entscheidung der Beklagten auch keinen Abwägungsfehler auf. Die Abwägung der – ausdrücklich erwähnten – persönlichen Interessen des Klägers an einer Förderung mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden und sparsamen Verwendung der Beitragsmittel ist nicht zu beanstanden. Dass ein für die Bewilligung zugunsten des Klägers sprechender Gesichtspunkt nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt worden wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) – Arbeitsförderung –.
Der 1976 geborene Kläger erlernte den Beruf des Friseurs, den er bis 2011 in G und sodann in D in verschiedenen abhängigen Beschäftigungen ausübte. Im Oktober 2010 legte er die Meisterprüfung im Friseurhandwerk ab (Teilprüfungszeugnisse über das Bestehen der Meisterprüfung im Friseurhandwerk vom 26. bzw. 29. Oktober 2010). Die Beklagte bewilligte ihm antragsgemäß ab 1. März 2012 für ein Jahr Arbeitslosengeld (Alg). Im Zuge eines Beratungsgesprächs am 27. Februar 2012 teilte ihm die Beklagte mit, die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (Übernahme eines bestehenden Friseurgeschäfts) sei ausgeschlossen, da der Arbeitsmarkt für Friseure und Friseurmeister sehr gut sei. Am 8. März 2012 meldete der Kläger ein Friseurgewerbe an und schloss am 21. März 2012 einen auf ein Jahr befristeten Mietvertrag für die Zeit ab 1. April 2012 zum Betrieb eines Friseurgeschäfts (27,50 qm für 452,20 EUR bruttowarm); er entrichtete die am 23. März 2012 fällige Grundkaution in Höhe von 2.260 EUR und zahlte am 28. März 2012 einen Betrag in Höhe von 1.487,50 EUR für Wasser- und Elektroinstallationen im Friseursalon.
Am 10. Mai 2012 gingen bei der Beklagten die vom Kläger mit Datum vom 7. Mai 2012 unterzeichneten Formanträge auf Gewährung eines GZ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ein, mit denen der Kläger angab, am 2. April 2012 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Friseur aufzunehmen. Beigefügt war dem Antrag eine Stellungnahme der Handwerkskammer B vom 7. Mai 2012.
Die Beklagte übersandte dem Kläger fünf Stellenangebote in Bezug auf abhängige Beschäftigungen als Friseur bzw. Friseurmeister und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2012 ab. Der Kläger erfülle zwar die Tatbestandsvoraussetzungen für einen GZ. Im Rahmen der Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ausreichende Integrationsmöglichkeiten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung beständen, so dass die Arbeitslosigkeit auch ohne die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit hätte beendet werden können. Derzeit seien mindestens sechs Stellen in B für Friesurmeister ausgeschrieben. Auf die dem Kläger im Zeitraum von einem Monat angebotenen fünf Stellen habe er sich nicht beworben. Bereits im Erstgespräch habe er angegeben, sich selbständig machen zu wollen.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger zunächst die Zahlung eines GZ für sechs Monate ab 1. April 2012 in Höhe von 912,30 EUR begehrt, sein Begehren in der mündlichen Verhandlung aber auf eine Neubescheidung des Antrags auf GZ beschränkt.
Das SG hat mit Urteil vom 12. Mai 2015 den Bescheid vom 23. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Antrag des Klägers auf Zahlung eines GZ ab April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht bzw. jedenfalls fehlerhaft ausgeübt. Sie habe ohne jede Einzelfallprüfung die Förderung pauschal unter Hinweis auf den Vermittlungsvorrang abgelehnt. Dies entspreche jedoch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Denn die Förderung tragfähiger Existenzgründungen stelle durchaus eine Alternative zu einer Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt dar.
Mit ihrer Berufung vom 15. Juli 2015 macht die Beklagte geltend, der Kläger hätte voraussichtlich auch ohne Förderung der selbständigen Tätigkeit, die er im Übrigen bereits im Zeitpunkt seiner Vorsprache am 27. Februar 2012 geplant habe, in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Die Bezugnahme auf den Vermittlungsvorrang begründe keinen Ermessensfehlgebrauch wie sich aus der näher zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung ergebe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ergänzt, für die Entscheidung der Beklagten sei es unerheblich, ob er sich bereits im Februar 2012 habe selbständig machen wollen. Die Geschäftsausstattung habe er ab Ende März 2012 gekauft. Die Friseurstühle seien bereits montiert gewesen und vom Vorbetreiber übernommen worden. Einen Waschtisch habe er ebenfalls ohne Rechnung gebraucht gekauft und in der Eröffnungswoche montiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Zahlung eines GZ. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Das Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat bereits keinen Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags, weil er den Antrag auf Gewährung eines GZ verspätet gestellt hat. Dieser wird nicht rückwirkend erbracht. Gemäß § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) werden sämtliche Leistungen der Arbeitsförderung, zu denen auch die Gewährung eines GZ gehört (vgl. § 3 Abs. 1 SGB III), nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Dies war hier unter Zugrundelegung des 10. Mai 2012 als Tag der Antragstellung nicht der Fall. Selbst wenn entsprechend dem Vermerk der Beklagten von einer Antragstellung am 21. März 2012 ausgegangen würde, wäre der Antrag nicht vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt worden, nachdem der Kläger bereits am 8. März 2012 ein Friseurgewerbe angemeldet und den maßgeblichen Mietvertrag für das Friseurgeschäft am 21. März 2012 unterschrieben hatte. Leistungsbegründendes Ereignis ist regelmäßig dasjenige, dass den Leistungsbedarf – hier auf GZ – auslöst. Anders als im Bescheid vom 23. Mai 2012 verlautbart, finden sich für eine Antragstellung am 13. März 2012 indes keinerlei Anhaltspunkte. Entsprechende Umstände konnten auch die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht benennen. Soweit der Kläger im Zuge des Beratungsgesprächs am 27. Februar 2012 einen Antrag auf Gewährung eines GZ formlos gestellt haben sollte, hat sich dieser ausweislich des inhaltlich vom Kläger nicht bestrittenen Vermerks nach einer entsprechenden Beratung durch die Beklagte erledigt, wie daraus erhellt, dass der Kläger auf einen Ablehnungsbescheid verzichtete. Die Beklagte hat schließlich die verspätete Antragstellung nicht zugelassen (vgl. § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Selbst wenn eine rechtzeitige Antragstellung bei der Beklagten unterstellt würde, hat der Kläger – anders als vom SG entschieden – gemäß § 93 Abs. 1 SGB III in der seit dem 1. April 2012 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) keinen Neubescheidungsanspruch. Nach dieser Vorschrift können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen GZ erhalten. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III kann ein GZ geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Alg hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit darlegt.
Der Kläger hatte zwar für die vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit als Friseurmeister liegende Zeit einen durch bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2012 für die Zeit vom 1. März 2012 bis 28. Februar 2013 begründeten Anspruch auf Alg i.S. eines Zahlungsanspruchs (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 AL 11/09 R – juris) und verfügte auf dieser Grundlage noch über einen – nicht ruhenden (vgl. § 93 Abs. 3 SGB III) Alg-Restanspruch von mehr als 150 Tagen. Der Kläger hatte ferner die Tragfähigkeit der Existenzgründung durch die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III; Stellungnahme der Handwerkskammer Berlin vom 7. Mai 2012) nachgewiesen und seine Befähigung zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dargelegt.
Ob dem Kläger schon deshalb kein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags zusteht, weil er durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht kausal seine Arbeitslosigkeit beendet hatte, kann offenbleiben, wenngleich sich der Eindruck aufdrängt, dass er seit Anspruchsbeginn am 1. März 2012 von vornherein nicht bereit war, eine abhängige Beschäftigung zur Beendigung der Arbeitslosigkeit aufzunehmen. Hierauf deutet der Beratungsvermerk der Beklagten vom 27. Februar 2012 hin, wonach sich der Kläger bereits zu jener Zeit um die Übernahme eines bestehenden Friseurgeschäfts bemüht habe. Ob seine gleichwohl erklärte Bereitschaft im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung eine lokale Tätigkeit als Friseurmeister aufzunehmen lediglich dem Ziel geschuldet war, Alg zu erhalten und die Voraussetzungen für einen GZ zu schaffen, mag dahinstehen.
Selbst wenn der Senat die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines GZ als gegeben unterstellt, ist der ablehnende Bescheid der Beklagten nicht zu beanstanden. Ein – vom Kläger freilich nicht mehr mit der Klage verfolgter – Anspruch auf Gewährung des GZ besteht von vornherein nicht, weil das der Beklagten nach § 93 Abs. 1 SGB III eröffnete Ermessen nicht auf Null reduziert ist. Diese hat dem Kläger weder die Gewährung eines GZ mündlich zugesagt (vgl. BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a/7 AL 66/04 R – juris Rn. 49) – Anhaltspunkte für eine Zusicherung bestehen ohnehin nicht – noch hat sie sich im Wege einer Eingliederungsvereinbarung auf eine selbständige Tätigkeit des Klägers als Eingliederungsziel festgelegt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Februar 2014 – L 8 AL 1515/13 – juris Rn. 33). Vielmehr war ausweislich des vom Kläger nicht in Abrede gestellten Inhalts des Beratungsvermerks vom 27. Februar 2012 die Förderung einer selbständigen Tätigkeit gerade von der Beklagten nicht in Aussicht gestellt, sondern als gemeinsames Eingliederungsziel eine Tätigkeit auf dem lokalen Arbeitsmarkt festgelegt worden.
Die der Beklagten gesetzten Schranken der Ermessensausübung folgen aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Ermessensfehler (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R – juris Rn. 16) liegen indes – anders als das SG ausgeführt hat – nicht vor.
Ein Ermessensausfall ist nicht gegeben. Die Beklagte hat ihr Ermessen ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide ausgeübt und sich insofern auch nicht nur mit formelhaften Erwägungen begnügt. Ebenso wenig liegt eine Ermessensunterschreitung oder -überschreitung vor. Die Beklagte hat keine Rechtsfolge gesetzt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Sie war sich bewusst, dass die Bewilligung des GZ in ihrem Ermessen stand und hat ihr Ermessen insofern nicht zu eng ausgelegt. Der Beklagten kann schließlich auch kein Ermessensfehlgebrauch vorgeworfen werden (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 10/10 R – juris Rn. 15). Indem sie darauf abgestellt hat, ob der Kläger voraussichtlich auch ohne die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt eingegliedert worden wäre, hat sie vielmehr ein am Sinn und Zweck des § 93 SGB III n. F. orientiertes Ziel verfolgt und damit ihr Ermessen innerhalb der Grenzen und entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Der GZ dient der möglichst frühzeitigen Reintegration des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Insoweit ist aber der allgemeine Vorrang der Vermittlung insbesondere in ein Beschäftigungsverhältnis zu beachten. Der GZ als Ermessensleistung kann nach der gesetzlichen Intention mithin nur dann gewährt werden, wenn er für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich ist (Vermittlungsvorrang gemäß § 4 Abs. 2 SGB III), d.h. wenn die Vermittlung voraussichtlich nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen würde (vgl. bereits das Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 2014 – L 18 AL 236/13 – juris Rn. 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. November 2013 – L 9 AL 81/13 – juris Rn. 42; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 13 AL 1924/14 – juris Rn. 28 sowie Urteil vom 24. Juli 2015 – L 8 AL 2364/14 – juris Rn. 39). Diesen normativen Vorgaben entspricht es, wenn die Beklagte, wie im Falle des Klägers geschehen, im Rahmen ihres Ermessens entscheidend darauf abstellt, ob eine möglichst nachhaltige Integration innerhalb des Alg-Bezugszeitraums nach der aktuellen Lage am Arbeitsmarkt realistisch wäre und dass dem Profil des Klägers entsprechende Stellenangebote hätten unterbreitet werden können bzw. tatsächlich unterbreitet wurden.
Die Beklagte ist auch nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr ist ihre – als Teil einer Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfbare – Prognose, dass der Kläger bei Inanspruchnahme der Vermittlungsbemühungen der Beklagten – bei zu unterstellenden Eigenbemühungen – in absehbarer Zeit in den Arbeitsmarkt integriert worden wäre, ohne dass hierfür die Förderung der Selbstständigkeit notwendig gewesen wäre, nicht zu beanstanden. Insofern durfte und musste die Beklagte davon ausgehen, dass für den Kläger gute Vermittlungschancen, und zwar auch als Friseurmeister, bestanden. Soweit der Kläger meint, die Beschäftigungsangebote wären ihm als Friseurmeister nicht zumutbar gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Seine Behauptung im Widerspruchsverfahren, dass Friseurmeister in der Regel nicht als zusätzliche Meister in einem Betrieb eingestellt werden, ist nicht ansatzweise substantiiert und wird durch die in den Leistungsakten enthaltenen Stellenangebote, die auch Friseurmeister betreffen, gerade nicht bestätigt. Gemäß § 140 Abs. 1 SGB II sind einer arbeitslosen Person alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen. Dass hier solche Gründe vorlägen, kann nicht festgestellt werden. Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitslosenentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. Dies ist unter Zugrundelegung eines im Falle des Klägers täglichen Bemessungsentgelts (vgl. § 151 Abs. 1 SGB III) von 46,26 EUR nicht ansatzweise konkret dargetan, zumal dieser sich offensichtlich weder auf die übersandten Stellenangebote, und zwar auch Friseurmeister betreffend, noch im Rahmen einer eigenständigen Stellensuche beworben hatte. Wie sich aber aus der Leistungsakte der Beklagten ergibt, wiesen die in Betracht gekommenen Stellenangebote für Friseurmeister Vergütungen für Vollzeitstellen nach Absprache bzw. Qualifikation aus. Der Wunsch des Klägers nach Selbständigkeit führt hingegen nicht zu einem entsprechenden personenbezogenen Grund.
Schließlich weist die Entscheidung der Beklagten auch keinen Abwägungsfehler auf. Die Abwägung der – ausdrücklich erwähnten – persönlichen Interessen des Klägers an einer Förderung mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden und sparsamen Verwendung der Beitragsmittel ist nicht zu beanstanden. Dass ein für die Bewilligung zugunsten des Klägers sprechender Gesichtspunkt nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt worden wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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