L 2 R 85/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 10 R 647/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 85/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, in Ungarn zurückgelegte Beitragszeiten ungekürzt anzuerkennen.

Der 1944 in Ungarn geborene Kläger legte 1962 die Abiturprüfung ab. Er war zuvor in der Zeit vom 16. Juni bis 1. Juli 1960 und vom 29. Juni bis 15. Juli 1961 während der Schulferien für die Zentrale Staatliche Jugendorganisation KISZ als Dammarbeiter beschäftigt. Von November 1963 bis Juni 1968 studierte der Kläger an der Technischen Universität Budapest. Das Diplom erwarb er am 24. Juni 1968. In der Zeit vom 1. August 1963 bis Juni 1968 war der Kläger neben seinem Studium beschäftigt als Hilfsarbeiter, Kellner und Theaterdarsteller. Ab dem 16. September 1968 arbeitete er als Chemie-Ingenieur, ab 1. August 1977 als stellvertretender Abteilungsleiter bei einem Maschinenexportunternehmen, ab 16. Juni 1980 als Betriebsleiter in einer LPG, ab 17. November 1980 als Ingenieur, ab 1. September 1981 bis 14. Mai 1989 in der Gummi-Industrie, davon bis 1984 als Sachbearbeiter, in der Folgezeit als Handelsvertreter im Iran. Seit 15. Mai 1989 lebt der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A".

Im Juni 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Klärung seines Versicherungskontos. Er legte hier sein ungarisches Arbeitsbuch, ausgestellt am 2. August 1962, und seinen ungarischen Sozialversicherungsausweis, ausgestellt am 26. Juli 1963, vor. Im Sozialversicherungsausweis waren als Krankheitstage der 20. September und 5. bis 6. Oktober 1962, 18. Januar, 13. bis 14. Februar, 2. April und 7. Juni 1963 sowie 29. Oktober bis 22. Dezember 1979 angegeben.

Die Beklagte holte vom ungarischen Versicherungsträger eine Bestätigung ungarischer Versicherungszeiten nach dem Abkommen vom 2. Mai 1998 ein. Danach wurden Versicherungszeiten bestätigt vom 16. Juni 1960 bis 14. Mai 1989 mit Unterbrechungen. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2003 stellte die Beklagte die in einem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten als für die Beteiligten verbindlich fest. Dabei berücksichtigte sie die von dem Kläger in Ungarn zurückgelegten Beitragszeiten als glaubhaft gemachte Zeiten. Zeiten vom 21. März 1961 bis 15. Juni 1962 und vom 17. November 1963 bis 24. Juni 1968 merkte die Beklagte als Zeiten der Schul- bzw. Hochschulausbildung vor. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er geltend machte, die nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berücksichtigten Zeiten seien als nachgewiesen anzurechnen. Während des Widerspruchsverfahrens erteilte die Beklagte einen weiteren Bescheid nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) vom 9. März 2007. In diesem Bescheid wurden vorgemerkte Anrechnungszeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres nicht mehr berücksichtigt. Der Kläger legte eine Bescheinigung der ungarischen Rentenversicherung vom 10. April 2007 vor, mit der gemäß dem europäischen Recht eine aktualisierte Aufstellung seiner Beitragszeiten gefertigt worden war. Mit Bescheid vom 2. Juli 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die vollumfängliche Anrechnung der in Ungarn zurückgelegten Zeiten könne nicht erfolgen. Der Nachweis einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit mit der Folge der Vollanrechnung sei nur dann erbracht, wenn aus den Unterlagen ersichtlich sei, in welchem Umfang die Beitragszeit durch Fehlzeiten unterbrochen worden sei bzw. dass sie nicht unterbrochen worden sei. Der vom ungarischen Versicherungsträger erstellte ungarische Versicherungsverlauf stelle keinen Nachweis dar, da nur der Arbeitgeber aufgrund seiner ihm vorliegenden Unterlagen das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Fehlzeiten bestätigen könne. Auch die zusätzliche Angabe der Krankheitszeiten im ungarischen Versicherungsverlauf führe nicht zu einem Nachweis, da keine Angaben zu evtl. weiteren Fehlzeiten gemacht worden seien.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 16. Juli 2007 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Er vertrat die Auffassung, durch die vorgelegten Unterlagen seien die Beitragszeiten nachgewiesen. Der Kläger bezieht seit 1. Juni 2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die in der Folgezeit mehrfach neu berechnet wurde (Bescheide vom 27. März 2008, 6. Juni 2008, 15. Oktober 2009, 5. August 2010 sowie Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2010).

Mit Urteil vom 24. November 2010 änderte das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten vom 5. Dezember 2003 und den Bescheid vom 9. März 2007, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2007, und die Bescheide vom 27. März 2008, 6. Juni 2008, 15. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2010 sowie den Bescheid vom 26. Februar 2010 ab und verpflichtete die Beklagte, die in der Zeit zwischen dem 16. Juni 1960 und 14. Mai 1989 in Ungarn zurückgelegten Beitragszeiten als nachgewiesene Versicherungszeiten anzuerkennen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Sozialgericht aus, der Kläger habe zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass er während der streitigen Beschäftigungszeiten zwischen 1960 und 1989 lückenlos und durchgehend Beiträge entrichtet habe. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Inhalt des Sozialversicherungsausweises sowie aus dem hierauf beruhenden ungarischen Versicherungsverlauf vom 10. April 2007. Diese enthielten nicht nur Angaben zu den Beschäftigungszeiten, sondern auch Angaben über dazwischen liegende Fehlzeiten, nämlich Krankheits- und Hochschulausbildungszeiten. Die hier ausgewiesenen detaillierten Angaben auch einzelner Fehltage reichten nach Auffassung der Kammer jedenfalls aus, um auf eine ununterbrochene Beitragsleistung während der Beschäftigungszeiträume zu schließen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass zwischen 1979 und Mai 1989 im Sozialversicherungsausweis keinerlei Fehlzeiten mehr ausgewiesen seien. Halte man, wie die Beklagte, den Versicherungsverlauf für lückenhaft, müsse zumindest erklärt werden können, weshalb bis 1979 selbst einzelne Fehltage registriert, in der Zeit danach aber überhaupt keine Fehltage mehr aufgelistet worden seien. Die Angaben im Versicherungsverlauf jedenfalls seien ausreichend, um auch während der Beschäftigungszeiträume zwischen 1979 und Mai 1989 auf eine ununterbrochene Beitragsleistung zu schließen.

Mit ihrer am 22. Februar 2011 eingelegten Berufung richtet sich die Beklagte gegen das ihr am 24. Januar 2011 zugestellte Urteil. Die Berufung richtet sich gegen die Verurteilung zur ungekürzten Anrechnung der Beitragszeiten in den Zeiträumen vom 16. Juni 1960 bis 15. Juli 1961, vom 1. bis 31. August 1963, vom 16. September 1968 bis 31. Juli 1977 und vom 16. Juni 1980 bis 14. Mai 1989.

Die Beitragzeiten vom 8. August 1962 bis 31. Juli 1963 sowie vom 1. August 1977 bis 15. Juni 1980 werden von der Beklagten mit der Berufung nicht angefochten. Für diese Zeiträume war von den jeweiligen Arbeitgebern angegeben worden, dass Unterbrechungen wegen Krankheit eingetreten waren.

Im Berufungsverfahren hat die Beklagte ausgeführt, Fehlzeiten ließen sich üblicherweise nur aufgrund von Lohnlisten und Spezialregister für Ausgaben aus den sozialen Fonds der Arbeitgeber bzw. aus vergleichbaren Unterlagen feststellen. Wie man den Erläuterungen aus dem ungarischen Sozialversicherungsausweis entnehmen könne, würden Angaben zu Krankheitszeiten nur von Arbeitgebern mit eigener Betriebsbeihilfekasse gemacht. Die anderen Arbeitgeber machten grundsätzlich keine Angaben zu Krankheitszeiten. Für die Ausstellung des ungarischen Versicherungsverlaufs würden die Daten aus dem Sozialversicherungsausweis lediglich übernommen. Der ungarische Versicherungsverlauf habe damit keinen höheren Beweiswert als die Unterlagen, aus denen die Angaben stammten. Beitragszeiten könnten nur dann als nachgewiesene Zeiten berücksichtigt werden, wenn der jeweilige Arbeitgeber auch Angaben zu Fehlzeiten im Ausweis vermerkt habe. Dies sei für die streitigen Zeiträume nicht gegeben. Der Nachweis, dass jeder Beschäftigungsbetrieb des Klägers über eine eigene Beihilfekasse verfügt habe, sei nicht erbracht. Der Schlussfolgerung, aus der Vornahme eines Striches im Arbeitsbuch ergebe sich ein Nichtvorhandensein von Fehlzeiten, könne nicht gefolgt werden. Ein Strich enthalte, wie eine Auslassung oder ein Leerfeld, keine eindeutige Aussage.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen mit Ausnahme der Zeiträume vom 8. August 1962 bis 31. Juli 1963 und vom 1. August 1977 bis 14. Juni 1980.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger begehrt weiterhin die ungekürzte Anrechnung seiner in Ungarn zurückgelegten Beitragszeiten. Seine Krankheitszeiten seien im Sozialversicherungsheft vollständig aufgeführt. Weitere Unterbrechungen habe es nicht gegeben. Jedes Unternehmen, bei dem er beschäftigt gewesen sei, habe eine eigene Betriebsbeihilfekasse mit mindestens einer Sachbearbeiterin vor Ort gehabt. Diese habe sich um die Angelegenheiten der Sozialversicherung gekümmert. Die Arbeitgeber mit eigenen Betriebsbeihilfekassen seien verpflichtet gewesen, die Spalten 1, 3 bis 5 des Ausweises auszufüllen. Wenn ein Arbeitnehmer nicht krank gewesen sei, dann habe die eigene Betriebsbeihilfekasse in den entsprechenden Bescheinigungen dies durch einen Strich dokumentiert. Insofern seien auch die Zeiten, die im Sozialversicherungsbuch bei der Spalte 3 einen Strich enthielten, als nachgewiesen zu betrachten. Wenn also zwischen 1979 und Mai 1989 im Sozialversicherungsausweis keine Fehlzeiten vermerkt seien, könne daraus nicht geschlossen werden, dass die entsprechenden Eintragungen fehlten. Der einzig richtige Schluss sei der, dass während dieser Zeiten eben keine Fehlzeiten vorgelegen hätten. Hierzu hat der Kläger das Arbeitsbuch seiner Ehefrau in Kopie vorgelegt, das ebenfalls Striche in der Spalte 3 enthält. In diesem Arbeitsbuch sei auch unbezahlter Urlaub eindeutig vermerkt. Fehlzeiten bzw. Zeiten unbezahlten Urlaubs seien im Arbeitsbuch vermerkt worden.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass seine ungarischen Beitragszeiten in den Zeiträumen vom 16. Juni bis 1. Juli 1960 und vom 29. Juni bis 15. Juli 1961 sowie vom 1. August 1963 bis Juni 1968 und ab 16. September 1968 bis 31. Juli 1977 vom 15. Juni 1980 bis 14. Mai 1989 als nachgewiesene Beitragszeiten anerkannt und dementsprechend bei der Berechnung seiner Alterrente berücksichtigt werden.

Nach § 15 FRG Abs. 1 in Verbindung mit § 1 a FRG werden bei einem anerkannten Vertriebenen die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten so behandelt, als ob es sich um inländische Beiträge handelte. Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es ausnahmsweise, dass sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 FRG).

Nach § 22 Abs. 3 Fremdrentengesetz (FRG) in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 werden für Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen, also nur glaubhaft gemacht sind, die nach § 22 Abs. 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Die bis zum 31. Dezember 1991 geltende Vorschrift des § 19 Abs. 2 FRG, wonach die Zeit einer ununterbrochenen Beschäftigung von mindestens zehn Jahren bei demselben Arbeitgeber in vollem Umfang anzurechnen war, ist auf Versicherungsfälle ab dem 1. Januar 1992 nicht mehr anzuwenden. Wie sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG ergibt, ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Für die Glaubhaftmachung ist es demgemäß ausreichend, wenn bei Würdigung aller Gesamtumstände die gute Möglichkeit besteht, dass sich der Vorgang so, wie es behauptet wird, zugetragen hat, und wenn für das Vorliegen dieser Möglichkeit trotz verbleibender begründeter Zweifel letztlich mehr spricht als dagegen. Der vollständige Beweis (Nachweis) ist demgegenüber erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (z.B. BSGE 6, 144).

Grund für die pauschale Kürzung auf 5/6 ist, dass bei einem fehlenden Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder sonstigen Arbeitsunterbrechungen fallen können, für die der Arbeitgeber des Herkunftslandes keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste. Die gesetzliche Regelung geht hier von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten auch im Bundesgebiet im Durchschnitt nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind (BSG in SozR 5050 § 15 Nrn. 4 und 16). Deshalb werden die Entgeltpunkte für Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1a FRG regelmäßig um 1/6 gekürzt. Eine ungekürzte Anrechnung kommt nur in Betracht, wenn die Zeiten, für die Beiträge geleistet worden sind, nachgewiesen werden. Nachgewiesen sind Beitragszeiten allerdings nicht schon dann, wenn lediglich Anfang und Ende des jeweiligen Zeitraumes einer beitragspflichtigen Beschäftigung genau bekannt sind, vielmehr muss feststehen, dass währenddessen keine Ausfalltatbestände eingetreten sind, die zu einer Unterbrechung der Beitragsentrichtung geführt haben und dass nach den vorhandenen Beweismitteln sicher davon auszugehen ist, dass im Einzelfall eine den Anteil von 5/6 übersteigende höhere Beitragsdichte erreicht worden ist (BSG, Urteile vom 20. August 1974 - 4 RJ 241/73 - und vom 24. Juli 1980 - 5 RJ 38/79).

Den vorhandenen Beweismitteln muss im Einzelnen zu entnehmen sein, wann Unterbrechungszeiträume vorgelegen haben bzw., dass bestimmte Beschäftigungszeiträume nicht unterbrochen worden sind. Denn lag etwa eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Beschäftigung vor, die jedoch nicht vermerkt wurde, kann die Zeit einer deutschen Beitragzeit nicht gleichgestellt werden, weil eine Berücksichtung von krankheitsbedingten Fehlzeiten als Beitragszeit dem deutschen Rentenrecht grundsätzlich fremd ist (z.B. HLSG, Urteil vom 27. Januar 2004 - L 2 RJ 1062/02).

In Ungarn wurden, wie in dem Kommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung, Sozialgesetzbuch, Anhang Nebengesetze – Rechtsverordnungen Band 1, 29. Erg.Liefg., 1. Januar 1998, § 22 FRG S. 83 dargelegt, Beitragszeiten im Versicherungsverlauf für jedes einzelne Jahr in Tagen ausgewiesen. Arbeitsbücher, Versicherungsausweise und Zeugnisse kommen lediglich als Beweismittel für die Glaubhaftmachung in Betracht, es sei denn, Zeiten der Unterbrechung, wie etwa Krankheitszeiten sind in den Unterlagen ausdrücklich ausgewiesen. Arbeitsblätter weisen in der Regel nur die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse aus. Arbeitsunterbrechungen wurden nicht eingetragen. So brauchte zum Beispiel auch eine Arbeitsunterbrechung wegen Mutterschaft (bis zu drei Jahren) in einem ungarischen Arbeitsbuch nicht vermerkt zu werden. Außerdem kannte das ungarische Recht Sachverhalte von Arbeitsunfähigkeitszeiten, die dem deutschen Recht fremd sind und deshalb nicht gleichgestellt werden können. Wie sich aus den Hinweisen, wie sie in einem von der Beklagten vorgelegten ungarischen Ausweis über Sozialversicherungsleistungen beigefügt sind, ergibt, waren diese Ausweise eine wichtige Urkunde des Arbeitnehmers. Krankengeld und Krankenhausversorgung waren nur für den Inhaber dieses Ausweises zu leisten. Arbeitgeber mit eigenen Betriebsbeihilfekassen hatten den Ausweis über Sozialversicherungsleistungen als Beilage zum Arbeitsbuch für den Arbeitnehmer auszustellen und aufzubewahren. Sie waren verpflichtet, einen Krankengeldempfang und Krankenhausaufenthalte, die binnen eines Jahres eintraten, in dem Ausweis in bestimmten Spalten (1., 3. - 5.) zu vermerken. Dabei wurden in der Spalte 3. Zeitspannen, in denen der Arbeitnehmer von der Beihilfekasse des Arbeitgebers u.a. Krankengeld und Krankenhausversorgung erhalten hatte, erfasst. Untersagt war jedoch die Eintragung von bestimmten Beihilfetatbeständen, wie etwa Betriebsunfall oder Berufskrankheit. Arbeitgeber ohne eigene Betriebsbeihilfekasse dagegen hatten lediglich die Spalten 1. - 2. und 5. im Ausweis auszufüllen und bei Beihilfeanträgen die entsprechenden Angaben des Ausweises in einen sogenannten Arbeitgeberausweis zu übernehmen. Damit hatten nur Arbeitgeber mit eigener Betriebskrankenkasse bestimmte Fehlzeiten in den Sozialversicherungsausweis einzutragen.

Entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts können die vorgelegten Unterlagen nicht dazu führen, dass zugunsten des Klägers weitere ungarische Beitragszeiten als nachgewiesen anzuerkennen sind. Denn es steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass in den noch streitigen Zeiträumen eine Beitragsdichte von mehr als 5/6 erreicht worden ist.

Das ungarische Arbeitsbuch bezeichnet Beginn und Ende der einzelnen Arbeitsverhältnisse und ist deshalb zum Nachweis ununterbrochener Beitragsleistung nicht geeignet. Der im Kontenklärungsverfahren übermittelte ungarische Versicherungsverlauf des Klägers enthält die Mitteilung der Tage der pflichtversicherten Beschäftigungen einschließlich Samstage und Sonntage. Eine fehlende Unterbrechung der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse kann hieraus nicht zwingend abgeleitet werden, denn laut Versicherungsverlauf werden nur Versicherungszeiten (einschließlich Hochschulausbildungszeiten) nach ungarischem Recht bescheinigt. Ob Zeiten ohne Beitragsleistung, die nach ungarischem Recht keine Versicherungszeiten gewesen sind, während der einzelnen mitgeteilten Beschäftigungszeiten vorgelegen haben, kann dem Versicherungsverlauf nicht entnommen werden. Angaben hierzu sind im Versicherungsverlauf nicht enthalten.

Auf Grund der angegebenen Krankheitstage im Sozialversicherungsausweis des Klägers hat die Beklagte die Arbeitszeiten des Klägers in den Beschäftigungsverhältnissen vom 8. August 1962 bis 31. Juli 1963 und vom 1. August 1977 bis 15. Juni 1980 als nachgewiesen anerkannt. Die Anerkennung weiterer Beitragszeiten als nachgewiesen hat sie zutreffend abgelehnt. Denn der Sozialversicherungsausweis reicht für den Nachweis, dass weitere Arbeitsunterbrechungen in den bescheinigten Arbeitszeiten nicht vorgelegen haben, nicht aus. So sind Beweismittel dafür, dass die Arbeitgeber der übrigen Beschäftigungsverhältnisse des Klägers eigene Betriebsbeihilfekassen hatten und damit verpflichtet waren, überhaupt bestimmte Krankheitszeiten in dem Sozialversicherungsausweis zu vermerken, nicht vorhanden. Die Tatsache, dass Angaben zu Fehlzeiten in noch streitigen Zeiträumen fehlen, belegt eine ununterbrochene Arbeitsleistung nicht; auch das Anbringen eines Strichs in bestimmten Spalten der vorliegenden Unterlagen beweist nicht zwingend, dass Fehlzeiten nicht gegeben waren. Denkbar ist auch zum Beispiel, dass die Pflicht, eine bestimmte Tatsache einzutragen, nicht bestand. Jedenfalls lässt sich hieraus eine zweifelsfrei verwertbare Aussage nicht entnehmen. Außerdem war von Arbeitgebern ohne eigene Betriebsbeihilfekasse die Spalte 3. zu Krankenleistungen gar nicht auszufüllen.

Nach alledem konnte das erstinstanzliche Urteil nicht aufrechterhalten werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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