L 1 KR 375/16 KL ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 375/16 KL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Festbetragsbeschluss des Antragsgegners vom 17. Mai 2016 erhobenen Klage wird abgelehnt. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 2,5 Mio EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Anpassung eines Festbetrags.

Die Antragstellerin bringt als pharmazeutische Unternehmerin niedermolekulare Heparine unter den Handelsnamen Mono-Embolex®, Fraxiparine® und Fraxodi® mit den Wirkstoffen Certoparin und Nadroparin in den Verkehr. Inhaberin der Zulassung ist die APT Ltd. I; die zum selben Konzern gehörende Antragstellerin ist Inhaberin der Vertriebsrechte für Deutschland.

Niedermolekulare Heparine werden zur Prophylaxe und Therapie tiefer Venenthrombosen eingesetzt, zur Behandlung der Angina Pectoris/Myokardinfarkt und zur Antikoagulation bei Hämodialyse. Für die niedermolekularen Heparine gilt seit dem 1. Juli 2005 auf der Grundlage des Beschlusses des Beigeladenen vom 15. Februar 2005 ein Festbetrag der Stufe 2 für pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Arzneimittel. Dieser Festbetrag war bereits einmal auf der Grundlage des Beschlusses des Beigeladenen vom 13. März 2008 angepasst worden.

Der Beigeladene beschloss am 8. September 2015, ein Stellungnahmeverfahren zur Aktualisierung der Festbetragsgruppe (u.a.) der niedermolekularen Heparine durchzuführen. Das Verfahren leitete der Beigeladene durch Schreiben vom 15. September 2015 ein, mit dem er auf seinen Beschluss vom 8. September 2015 verwies, wonach ein Wechsel der Methodik zur Ermittlung der Vergleichsgröße nach Anlage 1 zum 4. Kapitel der Verfahrensordnung des Beigeladenen (VerfO) von § 2 "Vergleichsgröße für Wirkstoffe mit unterschiedlicher Applikationsfrequenz" zu § 3 "Vergleichsgröße für Wirkstoffe mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Behandlungszeiten" erfolgt sei, um die unterschiedlichen Behandlungszeiten besser abbilden zu können. Die Antragstellerin gab keine schriftliche Stellungnahme ab.

Der Beigeladene führte am 12. Januar 2016 eine mündliche Anhörung durch, zu der nur diejenigen pharmazeutischen Unternehmer geladen waren, welche eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hatten. Nach dem Stellungnahmeverfahren beschloss der Beigeladene, die Vergleichsgrößen für niedermolekulare Heparine weiter nach § 2 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO zu bestimmen. Der Beigeladene aktualisierte durch Beschluss vom 18. Februar 2016 die Vergleichsgröße (u.a.) für die Festbetragsgruppe der niedermolekularen Heparine in Anwendung der Methodik nach § 2 der Anlage 1 zum 4. Kapitel VerfO. Die für Certoparin und Tinzaparin neu festgesetzte Vergleichsgröße unterlag erheblichen Veränderungen gegenüber den Jahren 2005 und 2008. Am 17. Mai 2016 beschloss der Antragsgegner auf der Grundlage des Beschlusses des Beigeladenen vom 18. Februar 2016 einen Anpassung des Festbetrags für die Festbetragsgruppe "Heparine, niedermolekular 1", die im Bundesanzeiger am 20. Mai 2016 veröffentlicht wurde.

Mit dem am 25. Juli 2016 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für die von der API Ltd. gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 17. Mai 2016 am 17. Juni 2016 zum Az L 1 KR 291/16 KL erhobenen Klage. In dem Verfahren L 1 KR 291/16 KL erklärte die Antragstellerin am 25. Juli 2016, dass die Vertriebsrechte für Deutschland mittlerweile auf sie übertragen worden seien, so dass sie den Rechtsstreit an Stelle der bisherigen Klägerin weiterführe.

Die Antragstellerin hält den gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für zulässig. Das LSG Berlin-Brandenburg sei sachlich und örtlich zuständig, die Festsetzung eines Festbetrages ein belastender Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung. Sie - die Antragstellerin – mache Gründe geltend, die auf eine willkürliche Wettbewerbsverfälschung hindeuteten, nämlich das Unterbleiben einer Anhörung zum Methodenwechsel bei der Bildung der Vergleichsgröße und zur Einführung unterschiedlicher Applikationsfaktoren für die einzelnen Wirkstoffe, die unzureichende Begründung der vorgenommenen Vergleichsgrößenbildung und die Festlegung der Vergleichsgröße ohne hinreichende Kontrolle von Verzerrungsfaktoren. Diese Gründe unterlägen im vollen Umfang der richterlichen Kontrolle (Hinweis auf BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R). Das Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich aus dem Ziel, eine Absenkung der Festbeträge zu verhindern. Die Statthaftigkeit des Antrags folge daraus, dass die erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung habe. Grundlage der Entscheidung des Gerichts müsse die Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses mit dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin sein. Dabei sei an die Erfolgsaussichten in der Hauptsache anzuknüpfen. Das entspreche dem Prinzip der Bindung der öffentlichen Verwaltung an Recht und Gesetz. Es liege auch eine erhebliche wirtschaftliche Betroffenheit vor. Der Schaden auf Jahresbasis, berechnet aufgrund der Absatzzahlen des ersten Halbjahres 2016, betrage mehr als 6 Mio. Euro. Keine Rolle spiele, dass der Festbetrag für Nadroparin erhöht worden sei. Das rechtfertige nicht die willkürliche Wettbewerbsverfälschung zu Lasten von Certoparin, zumal sie – die Antragstellerin – den Preis für Nadroparin nicht entsprechend der festgesetzten Anpassung erhöht habe. Die Begründetheit des Antrags ergebe sich aus der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Festbetragsanpassung. Festbeträge für Arzneimittel dienten dazu, die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Ein Festbetrag solle einen fairen Wettbewerb unter unverfälschten Bedingungen gewährleisten. Bei seiner Bestimmung sei das Willkürverbot zu beachten, auch könnten pharmazeutische Unternehmer eine Verletzung ihrer Anhörungsrechte geltend machen. Der den pharmazeutischen Unternehmern im Verfahren der Festbetragsfestsetzung eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme komme hohe Bedeutung zu, weil sie wirksamen Grundrechtsschutz durch Verfahren gewährleiste. Sie diene der verfassungsrechtlich erforderlichen Beteiligtenpartizipation (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - v. 15. Dezember 2015 – B 1 KR 30/15 R). Auch die durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung in § 92 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorgenommene ausdrückliche Ausweitung der Anhörungsrechte auf pharmazeutische Unternehmer bestätige die hohe Bedeutung des Anhörungsrechts. Dies sei auch sonst in der Rechtsprechung anerkannt (Hinweis auf BSG v. 1. März 2011 – B 1 KR 7/10R; LSG Berlin-Brandenburg v. 6. Januar 2014 – L 1 KR 40/13 KL ER, v. 22. Juni 2012 – L 1 KR 296/00 KL; v, 27. Mai 2015 - L 7 KL 113/12 KL). Der Beigeladene müsse im Rahmen der Selbstbindung der öffentlichen Verwaltung die Verfahrensregeln einhalten, die er sich selbst gegeben habe. Er habe das streitbefangene Festbetragsverfahren eingeleitet zur "Aktualisierung von Vergleichsgrößen". Die dafür maßgebende Verfahrensweise sei in § 7 der Anlage 1 zum vierten Kapitel VerfO festgelegt. Wenn er davon abweichen wolle, müsse er im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens darauf hinweisen. Nach seiner Geschäftsordnung sei ein erneutes Stellungnahmeverfahren durchzuführen, wenn es zu wesentlichen Änderungen gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf gekommen sei. Alternativ hätten alle betroffenen Firmen, die über die Lauer-Taxe einfach zu ermitteln seien, zur mündlichen Anhörung eingeladen werden können. Vorliegend habe sich der Beschlussinhalt wesentlich geändert, weil eine andere Methodik Anwendung gefunden habe, die wesentliche Änderungen bei der Vergleichsgrößenbildung auslöse. Bei der erstmaligen Festsetzung des Festbetrags für niedermolekulare Heparine am 15. Februar 2005 seien nach ihrem – der Antragstellerin – ursprünglichen Kenntnisstand keine Applikationsfaktoren zur Anwendung gekommen. Soweit nunmehr erst im Verlauf des vorliegenden Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz Unterlagen vorgelegt worden seien, dass bereits der Beschluss vom 13. März 2008 unterschiedliche Applikationsfaktoren verwendet habe, fände sich dafür nichts in den Unterlagen über das Stellungnahmeverfahren des Jahres 2008, so dass sich das Stellungnahmeverfahren auch nicht darauf habe erstrecken können. Die Bildung der Applikationsfaktoren sei zudem nicht nachvollziehbar. Auch im Jahr 2016 sei kein ordnungsgemäßes Stellungnahmeverfahren zu den Applikationsfaktoren durchgeführt worden. Zudem seien die Applikationsfaktoren in den Beschlüssen aus den Jahren 2008 und 2016 keineswegs identisch. Außerdem sei die Anhörung zu dem aktuellen Beschluss und nicht zu dem des Jahres 2008 durchzuführen gewesen. Schließlich habe ihr - der Antragstellerin - Portfolio im Jahre 2008 noch kein niedermolekulares Heparin umfasst.

Sie – die Antragstellerin – sei durch die unterbliebene Anhörung auch betroffen, weil ein nach der ursprünglichen Methode gebildeter Festbetrag ein für sie günstigeres Ergebnis gehabt hätte. Auch der Umstand, dass die Änderung von einem seinerseits zur Stellungnahme berechtigten Unternehmen vorgeschlagen worden sei, könne der Einleitung eines erneuten Stellungnahmeverfahrens nicht entgegenstehen. Der Verzicht auf eine Anhörung sei nur zulässig, wenn die vorgeschlagene Änderung nicht in die Rechte eines anderen betroffenen Unternehmers eingreife. Zudem liege kein Ausnahmefall vor, in dem nach der Verfahrensordnung von einem erneuten Stellungnahmeverfahren abgesehen werden dürfe, weil der Beigeladene nicht lediglich dem Vorschlag eines Stellungnahmeberechtigten gefolgt sei. Es verstoße zudem gegen die übergeordneten Grundsätze des Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), wenn für die Vermeidung eines erneuten Anhörungsverfahrens genügen würde, dass irgendeinem Stellungnahmeberechtigten gefolgt werde. Denn nach dem SGB X dürfe nur dann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn nicht zu Ungunsten eines Betroffenen von seinen Angaben abgewichen werde. Weiter verstoße die Vornahme eines Methodenwechsels im Aktualisierungsverfahren gegen § 35 Abs. 2 SGB V iVm § 7 Anlage 1 des 4. Kapitels der VerfO. Das gelte auch für einen Rückwechsel. Es könne dabei nicht darauf ankommen, ob die Änderung als Wechsel der Methodik oder als Wechsel der Verfahrensweise bezeichnet werde. Die Entscheidungsgrundlage habe sich nämlich maßgeblich geändert. Das zeige sich daran, dass die verschiedenen Arten der Ermittlung der Vergleichsgröße in der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO in zwei unterschiedlichen Paragraphen geregelt seien. Erst recht müsse eine erneute Anhörung erfolgen, wenn über den normalen Entscheidungsrahmen eines Aktualisierungsverfahrens hinausgegangen werde. Der Beigeladene habe den Methodenwechsel selbst für erheblich gehalten, was sich daraus ergebe, dass er in dem Anschreiben zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf ihn hingewiesen habe. Es handele sich nicht nur um eine rechnerische Anpassung des Festbetrags. Denn es seien mehr als nur die Verordnungszahlen geändert worden. Auch habe der Beigeladene gegen seine formelle Begründungspflicht verstoßen. Die von ihm gegebene Begründung sei nicht ausreichend, weil sie hinsichtlich der Handhabung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Verfahrensordnung nicht schlüssig sei. Aus ihr ergebe sich nicht, dass der Beigeladene den Änderungswünschen eines Stellungnahmeberechtigten gefolgt sei. Und selbst wenn im Jahr 2016 für die Anpassung der Festbeträge die gleiche Methodik wie im Jahr 2008 verwendet worden sein sollte, stelle sich noch die Frage, warum sich die Standardapplikationsfrequenz und die Applikationsfaktoren der Wirkstoffe geändert hätten. Wesentliche Änderungen der Entscheidungsgrundlagen seien zu begründen.

Die Festbetragsanpassung verstoße gegen § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V. Wenn der Beigeladene Vergleichsgrößen nicht auf Basis der angenommenen mittleren Tagesdosis bilde, müssten diese geeignet sein, den Zweck einer Vergleichsgröße zu erfüllen. Nach Auffassung des Beigeladenen müsse die Vergleichsgröße sich weder auf die therapeutische Wirksamkeit noch auf die Therapiekosten beziehen, sondern allein die Wirkstoffgehalte in ein mathematisches Verhältnis setzen, um die vorhandenen Preisregulationen mittels regressionsanalytischer Verfahren abbilden zu können. Das BSG habe zwar die im Durchschnitt tatsächlich von den Ärzten verordnete Tagesdosis als Ausgangspunkt für die Bildung der Vergleichsgröße akzeptiert, aber auch darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Sachgerechtigkeit der Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke entstehen, wenn die Anwendungsgebiete der in einer Festbetragsgruppe erfassten Arzneimittel ,nicht deckungsgleich seien, für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete unterschiedliche Wirkstärken erforderlich wären und die Arzneimittel in erheblichem Umfang in den unterschiedlichen Anwendungsgebieten verordnet würden (BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R). Die Bildung von Vergleichsgrößen auf der Grundlage der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke könne nur dann zu einer richtigen Aussage führen, wenn die gesamten Anwendungsgebiete der Wirkstoffe in ihrer jeweiligen tatsächlichen Breite im Wesentlichen vergleichbar seien. Insoweit komme es auf das tatsächliche Einsatzgebiet der Wirkstoffe und nicht auf den Umfang der arzneimittelrechtlichen Zulassung an.

Die Hauptanwendungsgebiete der niedermolekularen Heparine seien die Prophylaxe- und die Therapie-Indikation. In der Therapie-Indikation werde ca. 5 mal so hoch dosiert wie in der Prophylaxe-Indikation. Die Verordnungsanteile der Prophylaxe- und Therapie-Indikation seien bei den einzelnen Wirkstoffen unterschiedlich groß. Der hohe Therapieanteil etwa bei Tinzaparin liege daran, dass dieses Arzneimittel keine arzneimittelrechtliche Zulassung zur Behandlung von Hochrisikopatienten in der Prophylaxe habe. Der angewandte Applikationsfaktor bilde die grob unterschiedlichen Anwendungsbedingungen der einzelnen Wirkstoffe nicht ab, da zur Therapie 5 mal höher dosiert werde als zur Prophylaxe. Soweit der Beigeladene sich in anderen Verfahren gegen die Berücksichtigung eines Versorgungsbezugs ausgesprochen habe, weil aus der Anzahl der Verordnungen nicht hergeleitet werden könne, für welche Indikation das jeweilige Präparat vorwiegend eingesetzt werde, zeige sich eine generelle Schwäche seiner Vergleichsmethodik. Das BSG habe ihn verpflichtet, das Wirksamwerden von Verzerrungsfaktoren zu prüfen und gegebenenfalls auszugleichen. Bei der Festbetragsgruppe der niedermolekularen Heparine liege auch deswegen ein Sonderfall vor, weil aus der Wirkstärke der Packung auf den Anwendungsbereich Prophylaxe oder Therapie geschlossen werden könne. Nur für drei Packungen der betroffenen Arzneimittel ergebe sich eine Anwendungsmöglichkeit in beiden Therapiegebieten, nämlich für Nadroparin 3.800 I.E.; Nadroparin 5.700 I.E. und Reviparin 3.436 I.E. Hier seien die Packungsgrößen auf beide Indikationen jeweils zu 50 % aufzuteilen. Die wesentliche Ursache der bei der Berechnung der Vergleichsgröße eingetretenen Verzerrung liege in den unterschiedlichen Applikationsfaktoren. Die Applikationsfrequenz sei zu Lasten von Certoparin zu hoch und im Vergleich zu Dalteparin, Nadroparin und Reviparin nicht diskriminierungsfrei berechnet worden. Die Applikationsfrequenz für Tinzaparin sei dagegen zu niedrig angenommen. Beides wirke sich zu Lasten des Festbetrags für Certoparin aus. Für Certoparin sei eine Therapie-Indikation von 2,0 statt von 1,5 angenommen worden. Deswegen betrage der Applikationsfaktor 1,33 statt 1,0. Die Methodik des Beigeladenen berücksichtige nicht die Verordnungsanteile in verschiedenen Indikationen. Trotz unterschiedlicher Applikationsfrequenz in den beiden Hauptindikationen beachte der angenommene Applikationsfaktor nicht, bei welcher Indikation der Verordnungsschwerpunkt liege. Wenn ein Präparat in der Therapie-Indikation 2 mal täglich gegeben werde, mache es nach der derzeitigen Methodik des Beigeladenen für die Berechnung des Applikationsfaktor keinen Unterschied, ob der Verordnungsanteil der Indikation mit der täglichen Zweimalgabe bei 99 % oder bei 1 % liege. Der Applikationsgröße missachte so die Versorgungsrealität. Das gehe zu Lasten von Certoparin, wo der Verordnungsanteil in der Prophylaxe mit der Applikationsfrequenz von 1,0 bei 70 % liege.

Der Applikationsfaktor solle sicherstellen, dass therapierelevante Tagesdosen miteinander verglichen würden. Er gleiche aus, wenn ein Wirkstoff regelhaft zweimal täglich und ein anderer regelhaft nur einmal täglich gegeben werde. Vorliegend verkehre er sich aber ins Gegenteil, weil er nicht berücksichtige, dass bei den Wirkstoffen Dalteparin, Nadroparin und Reviparin nicht die Einmal- oder Zweimalgabe am Tag entscheidend sei, sondern die Menge der pro Tag gegebenen Anti-Xa-Einheiten. Certoparin werde dadurch benachteiligt, dass ihm eine Applikationsfrequenz von 2,0 zugewiesen werde, obwohl auch bei den anderen Substanzen regelmäßig eine zweimal tägliche Gabe erfolge, diesen aber nur eine Applikationsfrequenz von 1,5 zugewiesen werde. Darin liege eine systematische Benachteiligung. Falsch sei auch die Annahme einer Applikationsfrequenz von 1,0 für den Wirkstoff Tinzaparin bei der Therapieindikation, weil sie nicht berücksichtige, dass Tinzaparin wertungsmäßig zweimal täglich gegeben werde, weil ab dem 2. Behandlungstag oral Gerinnungshemmer gegeben würden. Die falsche Beurteilung von Tinzaparin verzerre die Vergleichsgröße zu Lasten aller anderen Heparine und damit auch zu Lasten von Certoparin.

Danach sei der Fall gegeben, dass klare Hinweise für eine Verzerrung der Vergleichsgrößenbildung durch den Applikationsfaktor vorlägen. Für den Fall einer eintretenden Verzerrung verlange das BSG eine "intellektuelle Prüfung" möglicher Korrekturen, die aber nicht dokumentiert sei. Die Begründung des Beigeladenen, wie sie der zusammenfassenden Dokumentation zu entnehmen sei, enthalte keine Ausführungen zu der Frage, worin er eine Verzerrung gesehen und wie er sie behoben hat und ob die dabei angewandte Methodik zum Ausgleich etwaiger Verzerrungsfaktoren in der Lage ist. Begründet sei auch nicht, warum anders als in den Beschlüssen vom 15. Februar 2005 und 13. März 2008 für die einzelnen Wirkstoffe unterschiedliche Applikationsfaktoren angewandt worden seien.

Damit der ihm zustehende Gestaltungsspielraum überprüfbar werde, schulde der Beigeladene eine Begründung, die verdeutliche, dass er von seinem Gestaltungsspielraum sachgerecht Gebrauch gemacht habe. Diese fehle in Bezug auf die Frage, wie der eingeführte Applikationsfaktor Verzerrungen ausgleichen könne. Der Beigeladene habe auch gegen die methodischen Vorgaben aus seiner Verfahrensordnung verstoßen, indem er von der Methodik nach § 3 auf die nach § 2 der Anlage zur Verfahrensordnung gewechselt habe. Letztere finde nämlich nur Anwendung für Wirkstoffe mit Dauertherapie oder Mischformen aus Dauertherapie und zyklischer Therapie, die eine unterschiedliche Applikationsfrequenz innerhalb von 24 Stunden besitzen. Bei der Prophylaxe handele es sich um eine anlassbezogene Therapie und nicht um eine Dauertherapie. Auch sei die Anwendung der niedermolekularen Heparine nicht durch die unterschiedliche Applikationsfrequenz geprägt. Entscheidend sei, den notwendigen Anti-Xa-Wert zu erreichen, wobei es keine Rolle spiele, ob dies im Wege einer Einmal- oder Zweimalgabe geschehe. Danach seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 der Anlage I zur Verfahrensordnung nicht erfüllt. Die dem Beschluss des Beigeladenen mitgegebene Begründung verdeutliche nicht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen geprüft und bejaht worden seien, sie liefere auch keine Hinweise dafür, dass die Anwendung unterschiedlicher Applikationsfaktoren sinnvoll sei. Demnach habe der Beigeladene den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum nicht widerspruchsfrei ausgeübt und die von ihm festgesetzte Vergleichsgröße nicht willkürfrei gebildet.

Soweit der Antragsgegner vortrage, dass die im Beschluss vom 18. Februar 2016 vorgenommene Anpassung der Vergleichsgröße gegenüber dem Beschluss vom 13. März 2008 auf einer Änderung der Verordnungsschwerpunkte beruhe, habe er das nicht nachweisen können. Es sei nicht nur bei Certoparin, sondern auch bei anderen Wirkstoffen der Festbetragsgruppe zu Verordnungsveränderungen gekommen. So sei etwa auch bei Reviparin eine deutliche Steigerung eingetreten, ohne dass dies zu einer Absenkung des Festbetrags geführt habe. Auch stelle die Vergleichsgröße entgegen ihrer eigentlichen Aufgabe nicht sicher, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig von dem jeweiligen Wirkstoff bezogen auf die individuell benötigte Tagesdosis annähernd gleich seien. So müsse die Versichertengemeinschaft bei der Versorgung mit Dalteparin bei gleicher Leistung deutlich mehr zahlen als bei der Versorgung mit Certoparin. Auch mit Tinzaparin sei Certoparin nicht zu vergleichen, weil Tinzaparin keine Zulassung für die Prophylaxe bei einem hohen Risiko besitze. Im Sinne der Rechtsprechung des BSG sei entscheidend, ob die rein mathematische Herleitung zu Verzerrungen führe. Die Wirkstoffe müssten in ihrer jeweiligen tatsächlichen Breite im Wesentlichen vergleichbar sein. Daran fehle es, wenn in der Prophylaxe- und Therapie-Indikation unterschiedlich hoch dosiert werde und der Anteil beider Anwendungsgebiete bei den Wirkstoffen unterschiedlich hoch sei. Auch sei zu fragen, warum die weiteren Indikationen der niedermolekularen Heparine (Onkologie und Dialyse) keine Berücksichtigung gefunden hätten.

Soweit der Antragsgegner gegen die Berücksichtigung eines Verordnungsbezugs bei der Bestimmung der Applikationsfaktoren einwende, dass die Berücksichtigung der Prophylaxe bei onkologischen Patienten Schwierigkeiten bereite, vernachlässige dieser Einwand, dass es sich bei der onkologischen Prophylaxe um eine Erhaltungstherapie und somit eine therapeutische Anwendung handele. Soweit der Antragsgegner auf den Vorwurf, die Versorgungsrealität zu verkennen, entgegnet habe, dass der Applikationsfaktor anhand der kleinstmöglichsten Applikationsfrequenz pro Indikationsbereich ermittelt werde, entspreche das nicht der tatsächlichen Vorgehensweise. Bei Certoparin habe der Beigeladene einen Mischwert aus Prophylaxe- und Therapieindikation zugrunde gelegt und zusätzlich eine Standardapplikationsfrequenz von 1,5 berücksichtigt. Offen bleibe aber, warum nicht alle Indikationen zumindest in die Bildung der Standardapplikationsfrequenz mit eingehen würden. Soweit der Antragsgegner für die Bildung des Applikationsfaktors bei Certoparin darauf verweise, dass er ausschließlich die Angaben aus Kapitel 4.3 der Fachinformation zugrunde gelegt habe, sei ihm zu entgegen, dass nach der Verfahrensordnung die gesamte Fachinformation zu berücksichtigen sei. Diese sehe in ihrem Kapitel 4.4 aber eine Reduzierung der Dosis vor. Auch für Tinzaparin sei der Applikationsfaktor falsch berechnet worden. Denn Tinzaparin werde nur deshalb lediglich einmal täglich gegeben, weil zusätzlich ab dem 2. Tag ein orales Antikoagulanz einzunehmen sei. Der Antragsgegner halte das für nicht relevant, ohne dafür aber Gründe anzugeben. Wenn auch bei anderen Wirkstoffen der Festbetragsgruppe innerhalb von 2-3 Tagen mit der Gabe von oralen Antikoagulantien begonnen werden müsse, zeige das nur, dass das Problem noch viel umfassender sei. Es könne bei der Festbetragsfestsetzung nicht außer Acht gelassen werden, dass der eine Wirkstoff frühzeitig in Kombination mit einem anderen Arzneimittel eingesetzt werden müsse, der andere jedoch erst zu einem viel späteren Zeitpunkt. Bei Certoparin werde die orale Antikoagulation erst am Ende des Therapiezeitraums gegeben. Certoparin sei das einzige niedermolekulare Heparin, das nicht gewichtsadaptiert angewendet werde. Die nach der Fachinformation bei der Niereninsuffizienz notwendige Dosisanpassung könne also nur durch eine Einmalgabe statt einer Zweimalgabe erfolgen. Davon seien immerhin 13 % der Patienten betroffen. Deswegen sei bei Certoparin die Möglichkeit der Einmalgabe bei der Therapie im Rahmen der Festlegung des Applikationsfaktors zu berücksichtigen.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 17. Juni 2016 (L 1 KR 291/16 KL) gegen den Festbetragsbeschluss des Antragsgegners vom 17. Mai 2016 für die Festbetragsgruppe "Heparine, niedermolekular 1", veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 20. Mai 2016, vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens anzuordnen, soweit dadurch die Wirkstoffe Certoparin und Nadroparin betroffen sind.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.

Eine Antragsbefugnis der Antragstellerin sei nur für den Wirkstoff Certoparin anzuerkennen, weil in Bezuge auf den Wirkstoff Nadroparin der Festbetrag erhöht worden sei. Im Übrigen sei der Antrag nicht begründet. Die am 17. Mai 2016 beschlossene Anpassung des Festbetrages sei rechtmäßig. Die Antragstellerin gehe in Bezug auf die von ihr gerügten Verstöße bei der Aktualisierung der Vergleichsgröße von einem falschen Sachverhalt aus. Bereits bei der Aktualisierung der Vergleichsgrößenbestimmung durch Beschluss des Beigeladenen vom 13. März 2008 seien unterschiedliche Applikationsfaktoren angewandt worden. Die Vergleichsgrößenbeschlüsse vom 13. März 2008 und 18. Februar 2016 seien nach demselben Verfahren erfolgt. Soweit die Antragstellerin einwende, dass dem Beschluss vom 13. März 2008 kein ordnungsgemäßes Stellungnahmeverfahren vorausgegangen sei, werde darauf verwiesen, dass der Beschluss gerichtlich nicht angegriffen und bestandskräftig geworden sei. Davon ganz abgesehen habe das Stellungnahmeverfahren auch ordnungsgemäß stattgefunden. Auf die Applikationsfaktoren sei hingewiesen worden. Bei der Rückkehr zur Berechnung der Vergleichsgrößen nach § 2 der Anlage I des 4. Kapitels der VerfO habe der Beigeladene Einwänden und entsprechenden Forderungen von Stellungnehmern Rechnung getragen. Nach § 14 Abs. 2 VerfO habe das Stellungnahmeverfahren deswegen nicht erneut durchgeführt werden müssen. Die Bestimmung der Applikationsfaktoren ergebe sich aus § 2 VerfO. Der Beigeladene sei für deren Ermittlung nicht auf die Sachkunde der Sachverständigen angewiesen gewesen.

Weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 35 Abs. 2 SGB V iVm § 7 Anlage I des 4. Kapitels der VerfO lasse sich entnehmen, dass eine Aktualisierung der Vergleichsgröße nur vorliege, wenn die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen (bis auf die Verordnungszahlen) identisch blieben. Vielmehr habe eine Aktualisierung stets den zum Zeitpunkt des Beschlusses maßgeblichen Änderungsbedarf zu berücksichtigen. Der Beigeladene habe sich in seinen tragenden Gründen nicht mit einer Abweichung zu früheren Applikationsfaktoren auseinandersetzen müssen.

Die Vergleichsgrößen würden als verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärken ermittelt. Sie dienten dazu, die Wirkstoffgehalte der Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen in ein mathematisches Verhältnis zu setzen. Der Beigeladene gehe bei der Ermittlung der Vergleichsgrößen davon aus, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken zugelassen würden. Die Gewichtung aller Wirkstärkenausprägungen berücksichtige die Therapiemöglichkeiten und die therapeutisch notwendigen Dosierungen und sei Ausdruck der realen Marktverhältnisse und Verordnungsgewohnheiten. Zusätzliche Faktoren wie Applikationsfaktor und wirkstoffbezogenes Therapieintervall dienten dem Ausgleich von Sachverhalten, die über die Verordnungsgewichtung nicht hinreichend abgedeckt würden. Dies sei der Fall, wenn ein Wirkstoff anders als andere regelhaft mehrfach am Tage verabreicht werde (Applikation) oder seine Wirkung einen deutlich längeren Behandlungszeitraum abdecke (Therapieintervall). Unterschiedliche Anwendungsgebiete und Dosierungen würden dagegen über die Verordnungsgewichtung erfasst. Die Änderung der Vergleichsgrößen begründe sich aus Änderungen des ärztlichen Verordnungsverhaltens, neuen Wirkstärken oder Änderungen der Applikationsvorgaben.

Das Stellungnahmeverfahren diene vorrangig dem öffentlichen Interesse, es solle sichergestellt werden, dass die Sachkunde der pharmazeutischen Unternehmer, der Apotheker sowie der Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen Berücksichtigung findet. Es diene nicht dem Schutz privater Interessen einzelner pharmazeutischer Unternehmer (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg v. 27. Februar 2008 – L 7 B 112/07). Die Antragstellerin habe auch Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, davon aber keinen Gebrauch gemacht. Schon aus dem Gesetz ergebe sich, dass sie nicht zur mündlichen Anhörung einzuladen gewesen sei, weil sie keine schriftliche Stellungnahme abgegeben habe. Es habe auch nicht die Notwendigkeit bestanden, das Stellungnahmeverfahren erneut durchzuführen. Die von der Antragstellerin benannte Änderung der Methodik bewirke lediglich die Anwendung einer anderen Verfahrensweise zur Ermittlung der Vergleichsgrößen, bedeute jedoch keine Abkehr von der Methode der verordnungsgewichteten Wirkstärke. Der Beigeladene habe zwar zunächst die Bildung der Vergleichsgrößen nach § 3 der Anlage I der Verfahrensordnung vorgesehen, sei nach Auswertung der Stellungnahmen aber zur Anwendung des bereits im Jahre 2008 praktizierten Verfahren nach § 2 der Anlage I zur VerfO zurückgekehrt. Da die Methode der verordnungsgewichteten Wirkstärke nicht geändert worden sei, sei die Durchführung eines erneuten Stellungnahmeverfahrens nicht notwendig gewesen. Die Sachverständigenanhörung sei keine Anhörung im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22. Mai 2008 – L 24 KR 1227/05). Deswegen seien die Verfahrensvorschriften des SGB X nicht anwendbar. Der Beigeladene müsse die eingegangenen Stellungnahmen zwar in seine Entscheidung mit einbeziehen, er müsse aber nicht erneut ein Stellungnahmeverfahren einleiten, wenn er aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen von seiner ursprünglichen Konzeption wieder abweichen wolle (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22. Mai 2008 – L 24 KR 1227/05). Die VerfO des Beigeladenen sehe in ihren §§ 1 – 6 der Anlage 1 zum 4. Kapitel sechs Ansätze zur Ermittlung von Vergleichsgrößen nach der Methode der verordnungsgewichteten Wirkstärken vor, von denen für den streitgegenständlichen Festbetrag lediglich die §§ 2 und 3 in Frage kämen. Wenn einer von zwei möglichen Ansätzen von den Stellungnehmern abgelehnt werde, bleibe nur der andere. Außerdem sei auch von einem Stellungnehmer ausdrücklich gefordert worden, nach § 2 vorzugehen. Im Hinblick auf den Umfang der Begründungspflicht sei auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu verweisen (BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R). Der Beigeladene habe seine diesbezüglichen Pflichten durch die zusammenfassende Dokumentation erfüllt. Das BSG habe die vom Beigeladenen zugrunde gelegte Methode der verordnungsgewichteten Wirkstärke auch bereits anerkannt (Hinweis auf BSG v. 1. März 2011 – B 1 KR 10/10 R und v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R). Der Beigeladene habe für die Ermittlung der Vergleichsgröße einen Beurteilungsspielraum.

Die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen für eine Verzerrung der Vergleichsgröße lägen nicht vor. Das BSG habe für rechtlich unbedenklich gehalten, als Ausgangspunkt die im Durchschnitt tatsächlich von den Ärzten verordnete Tagesdosis zu wählen, wenn die unterschiedlichen Wirkstoffe im Wesentlichen für gleiche Anwendungsgebiete vorgesehen seien oder Abweichungen bei den zugelassenen Anwendungsgebieten unwesentlich seien. Alle Wirkstoffe der streitigen Festbetragsgruppe seien für die Prophylaxe und Therapie tiefer Venenthrombosen zugelassen. Es handele sich um zwei gemeinsame Anwendungsgebiete. Der Beigeladene habe in seiner Dokumentation ebenfalls eine Verzerrung verneint.

Die Vergleichsgrößen und die diesen zugrunde liegenden Applikationsfaktoren seien zutreffend ermittelt. Applikationsfaktoren sollten unterschiedliche Applikationsfrequenzen der von einer Festbetragsgruppe erfassten Wirkstoffe ausgleichen. Für die Wirkstoffe Certoparin und Enoxaparin sei ausschließlich eine zweimal tägliche Gabe vorgesehen, der Wirkstoff Tinzaparin sei dagegen in allen Anwendungsgebieten ausschließlich einmal täglich anzuwenden. Die Vergleichsgrößen sollten nach der Rechtsprechung des BSG sicherstellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten benötigte Arzneimitteldosis ungefähr gleich seien. Das leisteten die nach der Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke ermittelten Vergleichsgrößen. Im Durchschnitt betrage die Arzneimitteldosis, die einem Versicherten für alle zugelassenen Indikationen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Applikationshäufigkeit verordnet werde, für Certoparin 6097 Anti-Xa I.E. und für Tinzaparin 7385 Anti-Xa I.E. In diese Werte sei jede individuell benötigte (und verordnete) Arzneimitteldosis eingeflossen. Die von den Krankenkassen dafür aufzuwendenden Arzneimittelkosten seien annähernd gleich, nämlich höchstens der Festbetrag. Entgegen der Antragstellerin sei die Applikationsfrequenz für Certoparin nicht fehlerhaft ermittelt worden. Der Beigeladene habe entsprechend seiner Verfahrensordnung auf die Fachinformationen abgestellt. Deren Struktur sei arzneimittelrechtlich vorgegeben, die relevanten Angaben fänden sich unter 4.2 "Dosierung, Art und Dauer der Anwendung". Die Fachinformation für das Arzneimittel Mono-Embolex® 8000 I.E. mit dem Wirkstoff Certoparin sehe ausschließlich eine zweimal tägliche Gabe vor. Unklar bleibe, ob im Hinblick auf die Formulierung, dass die Dosis bei bestimmten Patienten individuell anzupassen sei, auch im Bereich der Therapie eine einmal tägliche Gabe möglich sei. Die Ausweisung der Applikationsfrequenzen von 1 und 2 für die Wirkstoffe Dalteparin und Nadroparin habe ihren Grund in den entsprechenden Angaben der jeweiligen Fachinformation. Zu Unrecht verlange die Antragstellerin für die Bestimmung des Applikationsfaktors zu berücksichtigen, dass 70% der Verordnungen von Certoparin im Bereich der Prophylaxe erfolgten, bei dem die tägliche Einmalgabe die Regel sei. Der Rückgriff auf die Fachinformation erfolge deswegen, weil in der Regel nicht bekannt sei, welche tägliche Anwendungshäufigkeit eines Wirkstoffes welche Relevanz in der ärztlichen Verordnungspraxis habe. Zwar sei für Certoparin ein Rückschluss von der Wirkstärke auf die in der Fachinformation ausgewiesenen Anwendungshäufigkeiten möglich, dass sei jedoch nicht für alle Wirkstoffe der Festbetragsgruppe der Fall. Im Hinblick auf die bemängelte Nichtberücksichtigung der Versorgungsrealität ergebe sich aus der Verfahrensordnung des Beigeladenen, dass der Applikationsfaktor pro Wirkstoff anhand der kleinstmöglichsten Applikationsfrequenzen pro Indikationsbereich ermittelt werde. Denn die Relevanz der jeweiligen Anwendungshäufigkeit eines Wirkstoffes in der ärztlichen Verordnungspraxis sei nicht bekannt. In der Regel werde bei mehreren Möglichkeiten eine häufige Anwendung eher der Ausnahmefall sein. Soweit die Antragstellerin geltend mache, dass der Applikationsfaktor für Tinzaparin fehlerhaft sei, weil zusätzlich weitere Arzneimittel verabreicht würden, sei darauf hinzuweisen, dass der Applikationsfaktor nach der Verfahrensordnung grundsätzlich entsprechend den Angaben in der Fachinformation zu bestimmen sei. Die Verabreichung weiterer Arzneimittel sei daneben nicht relevant. Im Übrigen übersehe die Antragstellerin, dass nicht nur bei Tinzaparin, sondern auch bei den in die Festbetragsgruppe gehörenden Arzneimitteln Clexane und Fraxodi orale Antikoagulanzien gegeben werden sollten. Die von der Antragstellerin vorgenommene Zuweisung von Verordnungsanteilen zur Prophylaxe und Therapie-Indikation sei nicht sachgerecht. So ergebe sich aus den Fachinformationen, dass bei onkologischen Patienten zur Prophylaxe erheblich höhere Dosierungen über längere Zeiträume eingesetzt würden. Neben den von der Antragstellerin genannten Wirkstärken seien also weitere Wirkstärken in beiden Bereichen anwendbar. Lediglich bei Certoparin und Enoxaparin lasse sich den Wirkstärken ein eindeutiger Anwendungsbereich zuordnen.

Soweit die Antragstellerin eine Schlechterstellung von Certoparin im Verhältnis zu Dalteparin bemängele, sei darauf hinzuweisen, dass der Festbetrag annähernd gleich sei. Falsch sei die Vorstellung, dass das Verhältnis der Festbeträge unterschiedliche Risiken innerhalb eines Anwendungsgebietes abbilden müsse. Es werde maßgeblich vom Markt bestimmt, welchen Festbetrag ein Arzneimittel erhalte. Auch seien die drei Wirkstoffe Certoparin, Tinzaparin und Dalteparin übereinstimmend für das mittlere Risiko zugelassen.

Die Vergleichsgrößen der Festbeträge seien entgegen den Vorstellungen der Antragstellerin nicht indikationsbezogen zu ermitteln. Die gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke errechne für jeden Wirkstoff einen Einzelwert als Vergleichsgröße, der sich am ärztlichen Verordnungsverhalten orientiere. Alle Verordnungen würden in die Vergleichsgröße einfließen. Die Festbetragsregelung in § 35 SGB V unterscheide nicht zwischen unterschiedlichen Indikationen. Festbeträge könnten gerade nicht nur bei Identität der Indikationen gebildet werden. Es gebe keine gesonderten Festbeträge für bestimmte Indikationen. Eine solche Differenzierung sei auch nicht umsetzbar, weil die Indikation nicht in der Verordnung angegeben werde. Auch die Preisgestaltung des pharmazeutischen Unternehmers unterscheide sich nicht nach einzelnen Indikationen. Deswegen sei auch der Festbetrag nicht indikationsspezifisch zu ermitteln. Soweit die Antragstellerin eine Verzerrung geltend mache, weil die Anwendungsgebiete Prophylaxe tiefer Venenthrombosen und Therapie tiefer Venenthrombosen miteinander verglichen würden, sei darauf hinzuweisen, dass alle Wirkstoffe für beide Anwendungsgebiete zugelassen seien. Es träfe auch für alle Wirkstoffe zu, dass sie im Anwendungsgebiet Prophylaxe niedriger dosiert würden. Demnach wären vorliegend gleiche Sachverhalte miteinander verglichen worden. Der Hinweis darauf, dass Certoparin bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion im Bereich der Therapie nur einmal täglich verabreicht werde, betreffe nur einen sehr kleinen Personenkreis und sei schon deswegen nicht geeignet, die regelhafte zweimal tägliche Anwendung in Frage zu stellen.

Die Festsetzung des Festbetrags sei danach rechtmäßig. Die Antragstellerin habe auch kein überwiegendes Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung geltend gemacht. Die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin sei nicht bedroht. Ihr verbleibe trotz des berechneten Umsatzrückgangs noch ein erhebliches Umsatzvolumen. Auch habe die Antragstellerin eine Gegenrechnung mit der für den Wirkstoff Nadroparin erfolgten Erhöhung des Festbetrags unterlassen sowie keine Angaben zu ihren Gesamtumsätzen gemacht. Dahingegen stehe für die gesetzlichen Krankenkassen ein Einsparvolumen von 14 Mio Euro auf dem Spiel, das auf der Basis der Annahme eines unveränderten Verordnungsverhaltens der Ärzte errechnet worden sei. Jedenfalls könnte die aufschiebende Wirkung der Klage nur beschränkt auf die Arzneimittel der Antragstellerin mit dem Wirkstoff Certoparin angeordnet werden.

Der Beigeladene beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Stellungnahme des Antragsgegners schließe er sich vollumfänglich an. Die Festsetzung des Festbetrages sei nicht offensichtlich rechtswidrig. Der Gesetzgeber habe der schnellen Umsetzung der Festbeträge den Vorrang gegenüber dem Rechtsschutzinteresse der pharmazeutischen Unternehmer eingeräumt. Die Anpassung der Festbeträge erfolge als normale Reaktion auf Veränderungen der Marktlage. Ein überwiegendes Interesse an der Aussetzung habe die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Die Heparine machten an ihrem Portfolio keinen überwiegenden Anteil aus, der es rechtfertigen würde, ihre wirtschaftlichen Interessen über die der Beitragszahler zu stellen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Festbetrag für den Wirkstoff Nadroparin, mit dem die Antragstellerin ebenfalls am Markt sei, erhöht worden ist. Deswegen bleibe die Darstellung ihrer wirtschaftlichen Betroffenheit unvollständig.

Eine willkürliche Benachteiligung der Antragstellerin sei nicht feststellbar. Er – der Beigeladene - habe nicht pflichtwidrig unterlassen, die Antragstellerin zur mündlichen Anhörung einzuladen. Das Recht zur Stellungnahme sei kein verfahrensbezogenes Mitwirkungsrecht. Das Stellungnahmeverfahren diene dazu, ihm – den Beigeladenen einen Überblick über das Für und Wider einer beabsichtigten Richtlinienänderung und die bestehende Interessenlage zu verschaffen. Die Antragstellerin habe von der auch ihr eröffneten Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. Dass sie dann nicht zur Teilnahme an der mündlichen Anhörung eingeladen wurde, stehe in Übereinstimmung mit § 91 Abs. 9 Satz 1 SGB V. Im Gesetz sei keine Diskussion von Fragestellungen vorgesehen, die sich unabhängig von den eingereichten schriftlichen Stellungnahmen stellten. Auch könne die Antragstellerin nicht aus der Einleitung eines Stellungnahmeverfahrens ableiten, dass genau die beabsichtigte Richtlinienänderung umgesetzt werden müsse. Vielmehr handele es sich um Entwürfe, die nach Auswertung und Beratung der Stellungnahmen noch Änderungen unterliegen könnten. Ein Stellungnahmeentwurf sei keine verbindliche Vorabfestlegung des Beschlussgremiums (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 27. Februar 2008 – L 7 B 112/07 KA ER). Die Antragstellerin werde auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass nach den gegenüber dem Beschlussentwurf vorgenommenen Änderungen kein erneutes Stellungnahmeverfahren durchgeführt worden sei. Mit den Änderungen sei kein Methodenwechsel eingeleitet, sondern das bereits im Jahre 2008 zugrunde gelegte Berechnungsverfahren fortgeführt worden. Er - der Beigeladene – sei auch nicht auf die rechnerische Anpassung aktueller Jahresdaten beschränkt. Bereits in dem Beschlussentwurf seien nämlich notwendige Anpassungen der Gruppenbildung und der Vergleichsgrößenbestimmung vorgenommen worden. Die aufgrund der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zur mündlichen Anhörung einzuladenden Unternehmen und Organisationen seien ohne rechtliche Verpflichtung darauf hingewiesen worden, dass er – der Beigeladene – aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen eine Rückkehr zu der ursprünglichen Berechnungsweise erwäge. Es entspräche dem Wesen des Stellungnahmeverfahrens, erhobenen Einwendungen Rechnung zu tragen und vorgeschlagene Änderungen am Beschlussentwurf zu erwägen. Nach dem 1. Kapitel § 14 Satz 2 der VerfO würden Änderungen am Beschlussentwurf, die von Stellungnahmeberechtigten vorgeschlagen würden, daher kein erneutes Stellungnahmerecht auslösen. Anderenfalls würde die Entscheidungsfindung unangemessen verzögert. Die Verfahrenshoheit liege beim Beschlussgremium. Die Beibehaltung der ursprünglichen Berechnungsweise sei von anderen Stellungnehmern ausdrücklich gefordert worden. Er – der Beigeladene – habe diesen berechtigten Einwänden Rechnung getragen.

Soweit die Antragstellerin die Sachgerechtigkeit der Vergleichsgrößenermittlung in Frage stelle, habe er – der Beigeladene – sich dazu bereits in den tragenden Gründen zu seinem Beschluss positioniert. Ungeachtet des ihm – dem Beigeladenen – zustehenden Gestaltungsspielraums trage die Antragstellerin Verzerrungsaspekte vor, die bei Anwendung der Methodik nach § 3 der Anlage I zur VerfO gegeben sein könnten und deswegen Veranlassung gegeben hätten, die Vergleichsgrößenbildung weiter nach § 2 der Anlage I zur VerfO vorzunehmen. Das entspreche auch der Vorgehensweise bei der Beschlussfassung im Jahr 2008. In Bezug auf die Applikationsfaktoren liege bei den Heparinen die Besonderheit vor, dass sie sich hinsichtlich ihrer Applikationsfrequenz nur in der Therapie unterschieden. Die so ermittelten Ausprägungen der Applikationsfrequenz und der daraus ermittelte Durchschnittswert könne generell als Applikationsfaktor des Wirkstoffs herangezogen werden. Es werde eine Standardapplikationsfrequenz ermittelt, welche die Abweichungen vom Durchschnitt eines Merkmals berücksichtige, um den Unterschieden der Wirkstoffe Rechnung zu tragen. Nach den jeweiligen Fachinformationen lägen unterschiedliche Applikationsfrequenzen der Wirkstoffe nur im gemeinsamen Anwendungsgebiet der Therapie tiefer Venenthrombosen vor, weswegen die Ermittlung einer Standardapplikationsfrequenz entsprechend § 2 Nr. 3 Abs. 5 Anlage I zur VerfO erfolge. Diese Standardapplikationsfrequenz werde zu den entsprechenden Durchschnittswerten für das Anwendungsgebiet ins Verhältnis gesetzt. Der Applikationsfaktor ergebe sich also nicht nur aus dem gruppenbezogen ermittelten Durchschnittswert pro Wirkstoff. Die Vergleichsgröße sei nicht in einer Weise wettbewerbsverzerrend, dass sie mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar wäre. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Differenzierungsmerkmale gegenüber anderen Wirkstoffen würden deutlich machen, dass sich die Heparine seit der Beschlussfassung im Jahr 2008 hinsichtlich ihrer Anwendungsspektren noch einmal erheblich angenähert hätten. Bespielhaft werde darauf hingewiesen, dass bei Niereninsuffizienten eine Anpassung der Dosierung nicht nur bei dem Wirkstoff Certoparin erfolgen müsse, sondern bei dieser Patientengruppe alle Heparine mit Vorsicht und Dosiskontrolle einzusetzen seien. Die Antragstellerin greife Detailaspekte heraus, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben sollte. Hinsichtlich der Sachgerechtigkeit der Vergleichsgrößenbestimmung sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens zumindest offen. Die Interessenabwägung gehe dann zu Lasten der Antragstellerin.

Die Ermittlung der Standardapplikationsfrequenzen sei bereits Gegenstand des Stellungnahmeverfahrens im Jahre 2008 gewesen. Soweit sich die Standardapplikationsfrequenzen des Jahres 2016 von diesen unterschieden, sei darauf hinzuweisen, dass die in die Festbetragsgruppen einbezogenen Wirkstoffe sich in ihren Anwendungsgebieten, insbesondere hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten in Therapie und Prophylaxe angeglichen hätten. Die Berechnung sei wieder anhand der Vorgaben § 2 Nr. 3 Absatz 5 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO erfolgt. Er – der Beigeladene - sei bei der Aktualisierung der Vergleichsgrößen nicht in seinem Beschlussgegenstand beschränkt. Die im Hinblick auf die Applikationsfrequenz vorgetragenen Einwände wegen Dosisabweichungen bei eingeschränkter Nierenfunktion sowie der Berücksichtigung der gleichzeitigen Gabe von Antikoagulantien überzeugten nicht, weil diese Umstände alle Wirkstoffe gleichermaßen betreffen würden. Es fehle auch Vortrag dazu, welche konkreten Auswirkung auf die Festbetragssetzung sich ergebe, die zu einer mit dem Gerechtigkeitsdenken nicht mehr zu vereinbarenden Verzerrung führe. Allein dass die Anpassung für die Antragstellerin zu einem ungünstigeren Ergebnis führe, reiche nicht aus.

Der Gegenstand des Verfahrens sei zu beschränken auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Änderungen, die gegenüber dem ursprünglichen auf der Basis des Verfahrens aus dem Jahre 2008 in Rechtskraft erwachsenen Festbetrags vorgenommen worden seien. In die Abwägung seien auch die Vorteile einzubeziehen, welche die Antragstellerin aus der Anpassung des Festbetrags ziehe. Wesentlich sei, dass sich das Stellungnahmerecht nach § 92 Abs. 3a SGB V erheblich von anderen verfahrensbezogenen Mitwirkungsrechten unterscheide. Es sei nämlich Sache des Stellungnahmeberechtigten, sich über eine schriftliche Einlassung das Recht auf mündliche Anhörung und Einbeziehung in den weiteren Verfahrensverlaufs zu sichern. Die Antragstellerin habe von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

Für die vorgenommene Vergleichsgrößenbestimmung gebe es gute Gründe. Die Angriffe wegen etwaiger Verzerrungen blieben dagegen pauschal. Die Auseinandersetzung darüber solle dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, soweit die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Festbetragsbeschluss des Antragsgegners vom 17. Mai 2016 mit Bezug auf den Wirkstoff Certoparin begehrt. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist Gericht der Hauptsache, da es nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 SGG ausschließlich zuständig für eine Klage gegen einen von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen festgesetzten Festbetrag ist. Die Antragstellerin führt seit dem 25. Juli 2016 die am 17. Juni 2016 erhobene Klage gegen die am 17. Mai 2016 erfolgte Anpassung des Festbetrages für die Festbetragsgruppe "Heparine, niedermolekular 1" durch den Antragsgegner. Klagen gegen die Festsetzung eines Festbetrages haben nach § 35 Abs. 7 Satz 2 SGG keine aufschiebende Wirkung. Ein vorheriges Widerspruchsverfahren findet nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG iVm § 35 Abs. 7 Satz 3 SGB V nicht statt. Richtige Klageart ist eine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 SGG. Die Festsetzung eines Festbetrags ist Verwaltungsakt in der Erscheinungsform der in § 31 Satz 2 SGB X geregelten Allgemeinverfügung (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 31; BSG Urt. v. 22. November 2012 – B 3 KR 19/11 R - juris Rn 21, v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R – juris Rn 12).

Der Antragstellerin fehlt nicht die entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG auch für einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage erforderliche Beschwer. Sie ist Inhaberin der Vertriebsrechte für die Arzneimittel Mono-Emolex®, Fraxiparine® und Fraxodi® mit den Wirkstoffen Certoparin und Nadroparin. Die Möglichkeit, dass die Antragstellerin durch die angegriffene Festsetzung des Festbetrags in eigenen Rechten verletzt wird, kann nicht ausgeschlossen werden, soweit der Wirkstoff Certoparin betroffen ist ...

Für die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten verweist der erkennende Senat auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Hersteller und Vertriebsfirmen von Arzneimitteln jedenfalls gerichtlich geltend machen können, dass die Festsetzung eines Festbetrages gegen ihre Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 12 Grundgesetz – GG - (ggfls. iVm. Art. 19 Abs. 3 GG) verstößt (Urt. v. 4. Mai 2016 – L 1 KR 54/14 KL ZVW - juris Rn. 92; v. 22. Juni 2012 – L 1 KR 296/09 KL – juris Rn 80; Beschluss v. 6. Dezember 2011 – L 1 KR 184/11 ER – juris Rn. 73). Auch wenn die in § 35 SGB V enthaltenen Vorgaben über die Festsetzung von Festbeträgen keinen drittschützenden Charakter haben, ihr Zweck offensichtlich nicht ist, die Interessen der pharmazeutischen Industrie zu schützen, kann sich doch aus der mit der Festsetzung von Festbeträgen einhergehenden Einflussnahme auf den Wettbewerb eine grundrechtsrelevante Rechtsverletzung ergeben. Zwar konkretisiert die Festsetzung von Festbeträgen nur den ohnehin im SGB V angelegten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz und damit auch den Wettbewerb der pharmazeutischen Unternehmer untereinander (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 110). Die in Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit geht auch nicht soweit, den Unternehmern das Recht einzuräumen, vom Wettbewerb verschont zu bleiben (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 123). Sie schützt zwar die Freiheit der Unternehmer, selbst über die Preise der von ihnen angebotenen Waren zu bestimmen. Gleichsam geschützt ist aber auch das Recht der Abnehmer, selbst darüber zu entscheiden, ob sie zu diesen Preisen kaufen wollen oder nicht (BVerfG, Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn. 105). Wegen der mit der Festsetzung von Festbeträgen einhergehenden steuernden Wirkung ist jedoch auch insoweit das aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitende Willkürverbot zu beachten, dass für dirigistische Maßnahmen der öffentlichen Hand hinreichende sachliche Gründe verlangt. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt nach der sog. "neuen Formel" des BVerfG, dass Gründe von solcher Art und Gewicht vorhanden sind, welche die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Diese Gründe müssen im Falle der Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel insbesondere auch vor der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit der Pharmazeutischen Unternehmer bestehen können. Demnach können die Antragsteller hier insoweit in eigenen Rechten betroffen sein, als sie geltend machen, dass die streitige Festsetzung des Festbetrages sachwidrig, nämlich willkürlich erfolgt sei. Eine darüber hinausgehende Darlegung einer Wettbewerbsbeeinträchtigung ist nicht erforderlich.

Die Rechtsprechung des BVerfG steht dem nicht entgegen. Soweit das BVerfG ausgeführt hat, dass die im Gesetz verankerte Ermächtigung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festsetzung von Festbeträgen die pharmazeutischen Unternehmer nicht in ihrer Berufsfreiheit verletze (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn. 101), meinte es die Ermächtigung an sich. Das BVerfG wollte damit nicht Möglichkeiten beschneiden, gegen eine willkürlich erfolgte Umsetzung der gesetzlichen Ermächtigung gerichtlich vorzugehen, wenn die Umsetzung erhebliche tatsächliche Auswirkungen für betroffene Unternehmer mit sich bringt. Auch das BSG geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die von den Auswirkungen von Festbetragsfestsetzungen betroffenen Unternehmer das Recht haben, die Entscheidungen auf Willkür hin überprüfen zu können (BSG Urt. v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R - juris Rn. 13; Urt. v. 22. November 2012 – B 3 KR 19/11 R - juris Rn. 38).

Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass die pharmazeutischen Unternehmer eine Verletzung des in § 35 Abs. 3 Satz 3 iVm § 35 Abs. 2 SGB V verankerten Anhörungsrechts gerichtlich geltend machen können (BSG v. 17. September 2013 – B – 1 KR 54/12 R; juris Rn. 20; Urt. v. 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R - juris Rn. 13). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung, da das Anhörungsrecht nur für einen begrenzten, nämlich dem in § 35 Abs. 2 SGB V genannten Kreis der an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung Mitwirkenden und erkennbar in deren Interesse eingeführt worden ist (vgl. bereits Urt. v. 8. April 2016 – L 1 KR 476/12 KL – juris Rn. 32). Soweit der 7. Senat des LSG Berlin-Brandenburg die Auffassung vertreten hat, dass das Anhörungsrecht ausschließlich im öffentlichen Interesse bestehe (Beschluss v. 27. Februar 2008 – L 7 B 112/07 KA ER – juris Rn. 23), kann daran angesichts der jetzigen Fassung des § 91 Abs. 9 SGB V nicht festgehalten werden (Wiegand in jurisPK SGB V, 3. Aufl., § 92 Rn. 71).

Der Antragstellerin hat schließlich auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihr beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit es den Wirkstoff Certoparin betrifft. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Antragstellerin durch die Festbetragsanpassung nachteilig betroffen wird. Sie verweist darauf, dass die die Preise für das von ihr vertriebene Arzneimittel Mono Embolex® mit dem Wirkstoff Certoparin um 11,6 % bis 14,9 % (je nach Packungsgröße) absenken musste, um den neuen Festbetrag zu erreichen. Daraus errechnet sie einen Schaden von gut 6,389 Mio EUR. Eine erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigung ist schon durch die prozentuale Höhe der vorgetragenen Preissenkung glaubhaft gemacht, ohne dass es darauf ankommt, auf welcher Grundlage die Absatzzahlen die für das Jahr 2016 zu besorgenden Umsatzeinbußen zu schätzen sind. Über die drohenden Umsatzeinbußen hinaus muss die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht im Einzelnen weiter glaubhaft gemacht werden. Der Senat bleibt dazu bei seiner Rechtsprechung, dass im Rahmen des § 86 Abs. 1 SGG nicht wie für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 Abs. 2 SGG ein besonderer Anordnungsgrund erforderlich ist (Beschluss v. 6. Dezember 2011 – L 1 KR 184/11 ER - juris Rn. 86).

Ausgeschlossen ist eine Beeinträchtigung der Antragstellerin dagegen insoweit, als der Wirkstoff Nadroparin betroffen ist. Der angefochtene Beschluss hat insoweit den Festbetrag erhöht, so dass in Bezug auf Nadroparin keinerlei Nachteile für die Antragstellerin zu besorgen sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob möglicherweise Anspruch auf einen noch höheren Festbetrag besteht, weil Maßstab des Rechtsschutzziels bei einer Anfechtungsklage die Abwehr einer Belastung, nicht der Gewinn einer Begünstigung ist. Die Antragstellerin kann durch ihre gegen den Anpassungsbeschluss des Antragsgegners vom 17. Mai 2016 gerichtete Klage nicht mehr erreichen, als dass wieder der alte niedrigere Festbetrag für Nadroparin gilt. Bezeichnender Weise hat sie in Bezug auf Nadroparin davon abgesehen, einen möglichen Schaden zu beziffern.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nicht begründet, soweit er zulässig ist. Nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist, gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG nicht ausdrücklich vor. Hat der Gesetzgeber aber – wie es § 86b Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG voraussetzt – an anderer Stelle die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit grundsätzlich in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Soweit er von diesem Grundsatz in § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG Ausnahmen ermöglicht, müssen dafür besondere Voraussetzungen gegeben sein: Zunächst ist in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Hier gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz der sofortigen Vollziehbarkeit abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 12f mit weit. Nachw.).

Bei Beachtung dieser Maßstäbe kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier keinen Erfolg haben. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie durch die sofortige Vollziehbarkeit der Festbetragsanpassung schwer und unwiederbringlich getroffen wird. Offensichtlich ist sie in der Lage, die Abgabepreise für Mono Embolex® an den neuen Festbetrag anzupassen, ohne dass dadurch ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet wird. Die Antragstellerin hat nichts Gegenteiliges vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Deswegen könnte nur die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Antragsgegners vom 17. Mai 2016 die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen. Nach Auffassung des Senats ist die vorgenommen Anpassung der Festbeträge für niedermolekulare Heparine aber jedenfalls nicht eindeutig und offensichtlich rechtswidrig. Bestehende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festbetragsanpassung reichen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach dem eben gesagten nicht aus.

Rechtgrundlage für die mit Beschluss vom 17. Mai 2016 erfolgte Anpassung des Festbetrages für die Festbetragsgruppe "Heparine, niedermolekular 1" durch den Antragsgegner ist § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V iVm § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V. Die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ist in § 35 SGB V in einem mehrstufigen Verfahren geregelt. Nachdem der Beigeladene gemäß § 35 Abs. 1 SGB V bestimmt hat, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festzusetzen sind, setzt der Antragsgegner gemäß § 35 Abs. 3 SGB V den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderer geeigneter Vergleichsgrößen fest. Dabei ist die Ermittlung der rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderer geeigneter Vergleichsgrößen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V Sache des Beigeladenen. Näheres über die von dem Beigeladenen zu beachtende Vorgehensweise ergibt sich aus der von ihm nach § 91 Abs. 4 SGB V zu beschließenden Verfahrensordnung. Nach § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V sind Festbeträge mindestens einmal im Jahr zu überprüfen und in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Besondere Vorschriften für die Durchführung dieser Überprüfung enthält das SGB V nicht. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Überprüfung nach den für die erstmalige Festsetzung eines Festbetrags geltenden Vorschriften zu erfolgen hat. Damit stehen alle Faktoren, die in der Vergangenheit zur Bildung eines Festbetrags geführt haben, wieder zur Disposition des Beigeladenen und des Antragsgegners. Soweit in § 7 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO vorgesehen ist, dass eine Aktualisierung der Vergleichsgrößen durch rechnerische Anpassung zu erfolgen hat, wird dem Beigeladenen eine vereinfachte Möglichkeit der Anpassung eröffnet, ohne ihn aber darauf zu beschränken. Das ergibt sich schon aus dem höheren Rang des SGB V. Es gibt folglich keine Rechtsgrundlage für die Annahme der Antragstellerin, dass sich die Überprüfung auf einige bestimmte Faktoren zu beschränken habe. Die von ihr in dem vorliegenden Verfahren erhobenen Einwendungen zielen sämtlich auf die dem Beigeladenen obliegenden Bestimmung der Vergleichsgröße, ohne dass der Senat aber insoweit eine offensichtlich und eindeutig rechtswidrige Vorgehensweise erkennen könnte.

Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin hat der Beigeladene die maßgeblichen Verfahrensvorschriften für die Anpassung des Festbetrages (noch) eingehalten. Er leitete durch Beschluss vom 8. Dezember 2015 ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet, nachdem er im Jahr 2014 für die Festbetragsgruppe "Heparine, niedermolekular 1" eine Marktdynamik festgestellt hatte. Insoweit entsprach sein Verhalten den ihm in § 35 Abs. 1, Abs. 5 Satz 3 SGB V zugewiesenen Aufgaben. Das Stellungnahmeverfahren bezog sich auf die Bildung der Vergleichsgröße sowie auf Änderungen der Gruppenbeschreibung, so dass der Beigeladene innerhalb seiner Kompetenzen blieb. Die Notwendigkeit einer Anhörung und der Kreis der zu Beteiligenden ergibt sich aus § 35 Abs. 2 SGB V, ihre Durchführung aus § 91 Abs. 9 SGB V sowie den §§ 8-14 des 1. Kapitels der Verfahrensordnung des Beigeladenen (VerfO). Die Antragstellerin ist schriftlich von dem Beigeladenen angehört worden. Für den Umfang einer Anhörungspflicht ist die Einschätzung der zur Anhörung verpflichteten Stelle maßgeblich. Eine Behörde kann einen Betroffenen nur zu den Tatsachen anhören, die sie selbst für entscheidungserheblich hält. Insoweit kann die Antragstellerin nichts daraus herleiten, dass ihr zusammen mit dem Anhörungsschreiben der Beschluss des Beigeladenen vom 8. September 2015 übersandt worden ist, wonach für die Festbetragsgruppe "Heparine, niedermolekular, Gruppe 1" ein Wechsel der Methodik zur Ermittlung defr Vergleichsgröße von § 2 der Anlage 1 zur VerO nach § 3 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO erfolgen sollte. Denn dies entsprach dem Stand der Überlegungen des Beigeladenen zum Zeitpunkt der Einleitung des Stellungnahmeverfahrens.

Das Stellungnahmeverfahren ist nicht deswegen rechtswidrig, weil die Antragstellerin nicht zu der am 12. Januar 2016 stattgefunden habenden mündlichen Anhörung eingeladen worden ist. Denn nach § 12 Abs. 1 des 1. Kapitels der VerfO muss nur denjenigen Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme gegeben werden, die eine schriftliche Stellungnahme abgegeben haben. Das steht in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Vorgabe in § 91 Abs. 9 Satz 1 SGB V. Da die Antragstellerin keine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorhaben des Beigeladenen abgegeben hatte, war der Beigeladene nicht gehalten, sie zur mündlichen Anhörung einzuladen.

Schließlich ist das Anhörungsverfahren auch nicht deswegen offensichtlich rechtswidrig gewesen, weil der Beigeladene davon abgesehen hat, ein erneutes Stellungnahmeverfahren durchzuführen, nachdem er sich entschlossen hatte, zur Ermittlung der Vergleichsgröße weiter nach § 2 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO vorzugehen. § 14 Abs. 1 des 1. Kapitels der VerfO bestimmt dazu, dass ein Stellungnahmeverfahren erneut durchzuführen ist, wenn sich die Tatsachengrundlage oder der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben und die Stellungnahmeberechtigten von den Änderungen unmittelbar betroffen sind. Änderungen, die von Stellungnahmeberechtigten vorgeschlagen werden, lösen kein erneutes Stellungnahmeverfahren aus. Nach dieser in § 14 Abs. 1 Satz 2 des 1. Kapitels der VerfO zu findenden Regelung war ein erneutes Stellungnahmeverfahren schon deswegen entbehrlich, weil ausweislich der vom Beigeladenen vorgelegten zusammenfassenden Dokumentation über die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie vom 18. Februar 2016 der Beigeladene in Reaktion auf die eingegangenen Stellungnahmen entschieden hat, bei der Vergleichsgrößenbildung weiter nach § 2 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO vorzugehen. Das verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der Senat lässt in diesem Zusammenhang ausdrücklich dahingestellt sein, ob das auf § 35 Abs. 2 beruhende Stellungnahmeverfahren als eine den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts unterliegende Anhörung anzusehen ist (dagegen etwa LSG Berlin-Brandenburg v. 22. Mai 2008 – L 24 KA 1227/05 – juris Rn. 72). Auf diese Frage kommt es nicht entscheidend an. Denn schon nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht (§ 24 Abs. 2 Nr. 4 SGB X) gelten die Vorschriften über die Anhörung nur eingeschränkt bei dem Erlass einer Allgemeinverfügung, zu der die Festbetragsfestsetzung gehört. Davon ganz abgesehen ist das Verfahren einer Stellungnahme vor dem Beigeladenen in § 91 Abs. 9 SGB V spezialgesetzlich geregelt. Dort wird ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, dass eine mündliche Erörterung nur mit den Stellungnahmeberechtigten durchgeführt wird, welche bereits eine schriftliche Stellungnahme abgegeben haben. Da nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber die mündliche Erörterung mit einem solcherart beschränkten Teilnehmerkreis gänzlich funktionslos lassen wollte, impliziert diese Regelung, dass der Beigeladene im Interesse der Verfahrensbeschleunigung auch auf erst dort vorgebrachte Einwendungen reagieren darf, ohne deswegen erneut ein schriftliches Stellungnahmeverfahren einleiten zu müssen. Eine Grenze ist dieser Befugnis zum Schutz der Nichtteilnehmenden allerdings möglicherweise insoweit zu ziehen, als ohne erneutes Stellungnahmeverfahren keine Gestaltungen aufgegriffen werden dürfen, mit denen die Nichtteilnehmer billigerweise nicht rechnen mussten.

Diese Grenze ist vorliegend nicht eindeutig und zweifelsfrei überschritten. Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass dem Beschluss des Beigeladenen vom 8. September 2015, der Gegenstand der schriftlichen Anhörung war, Anlagen beigefügt waren, in denen die neuen anzupassenden Vergleichsgrößen bereits konkret berechnet waren. Demnach hätte es dem Gebot der Fairness und der möglichst weitgehenden Einbeziehung der Beteiligten sicher mehr entsprochen, die nach § 35 Abs. 2 SGB V Anzuhörenden vorab von einer zu erwartenden Veränderung der Vergleichsgrößen in Kenntnis zu setzen und ihnen Gelegenheit zu einer erneuten ergebnisbezogenen Stellungnahme zu geben. Indessen ist die Beschleunigung des Anpassungsverfahrens auch ein legitimes Ziel für den Beigeladenen. Es kommt hinzu, dass der Beigeladene im schriftlichen Stellungnahmeverfahren im Kern nur auf die Möglichkeit hingewiesen hatte, bei der Bildung der Vergleichsgröße in Abkehr von dem bisherigen Verfahren künftig nach § 3 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO vorzugehen. Damit war dann im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens auch die Frage aufgeworfen, ob es nicht besser bei der bisherigen Vorgehensweise verbleiben sollte. Insoweit war Gegenstand der Anhörung auch die bisherige Methodik, nämlich die Anwendung des § 2 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO. Unstreitig ist mittlerweile zwischen den Beteiligten, dass die Vergleichsgröße für niedermolekulare Heparine schon bei der Anpassung des Festbetrags im Jahre 2008 unter Anwendung der Methodik nach § 2 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO berechnet wurde. Dann kann die Antragstellerin nicht damit gehört werden, dass ihr zunächst unklar gewesen sei, nach welchen Grundsätzen die Vergleichsgrößenbildung bislang vorgenommen wurde. Die Frage war mit der Einleitung eines neuen Stellungnahmeverfahrens erkennbar aufgeworfen. Zur Vorzugswürdigkeit der vom Beigeladenen zunächst angedachten neuen Lösung konnten sich die Stellungnahmeberechtigten sinnvoll nur äußern, wenn ihnen der bisherige Weg bekannt war. Bei Unklarheiten wäre es Sache der Antragstellerin gewesen, eine nachfragende Stellungnahme zu der ihr nicht erkennbaren bisherigen Verfahrensweise zu verfassen. Angesichts des Umstandes, dass die Vergleichsgröße letztlich unter Rückkehr zur bisherigen Methodik berechnet worden ist, hält der Senat einen Verstoß des Beklagten gegen die Anhörungspflicht nicht für eindeutig gegeben.

Der Beigeladene hat seine Begründungspflicht nach § 94 Abs. 2 SGB V nicht verletzt. Soweit § 94 Abs. 2 Satz 1 SGB V die Bekanntmachung der Richtlinien und der tragenden Gründe verlangt, folgt daraus nach der Rechtsprechung des BSG weder die Verpflichtung, alle Unterlagen, Erwägungen und Gründe anzugeben noch eine umfassende, abschließende und wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Auseinandersetzung mit allen möglichen Argumenten und allen denkbaren Problemkonstellationen vorzulegen (BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R – juris Rn. 23). Es sind lediglich die aus der Sicht des Beigeladenen maßgeblichen Gründe für den Inhalt des Beschlusses mitzuteilen. Es kommt dagegen nicht darauf an, dass die Gründe rechtmäßig sind. Inhaltliche Fehler verletzen weder die förmliche Begründungspflicht noch das Transparenzgebot. Nach diesen Grundsätzen ist es kein Fehler, dass der Beigeladene nicht mitgeteilt hat, wie die Änderung der Standardapplikationsfrequenzfaktoren gegenüber den bisherigen Werten zu rechtfertigen ist. Auf Seite 4 der tragenden Gründe zum Beschluss des Beigeladenen ist erläutert, wie die Applikationsfaktoren bestimmt worden sind und welche Überlegungen dabei maßgeblich waren. Den dortigen Ausführungen ist zu entnehmen, dass für die unterschiedlichen Applikationsfrequenzen auf die jeweiligen Fachinformationen und im Übrigen auf die in § 2 Nr. 3 Abs. 5 Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO beschriebene Verfahrensweise abgestellt worden ist. Weitergehende Ausführungen zu Abweichungen gegenüber dem Jahre 2008 waren dann schon deswegen nicht erforderlich, weil die Werte aus dem Jahre 2008 nicht der Aufsatzpunkt für die Berechnung des Jahres 2016 waren. Und selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre die Begründung bestenfalls inhaltlich unschlüssig. Es kommt aber nur darauf an, dass die aus Sicht der Beigeladenen tragenden Gründe mitgeteilt worden sind, und nicht, ob diese tragenden Gründe inhaltlich zutreffend sind und einer Überprüfung standhalten. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, dass nicht nachvollziehbar sei, welchen Änderungswünschen der Beigeladene gefolgt sei und worin er genau das Risiko einer Verzerrung gesehen habe. Insoweit beziehen sich die Vorwürfe darauf, dass die Tiefe der Begründung gerügt wird. Entscheidend ist aber nur, dass überhaupt eine Begründung vorliegt.

Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass der Beigeladene die Vergleichsgröße nach § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V unzutreffend bestimmt hat. Er hat insoweit ohnehin keine umfassende Prüfungskompetenz. Die gerichtliche Kontrolle der Ermittlung von Vergleichsgrößen ist beschränkt. Dem Beigeladenen steht bei der Entscheidung über die Vergleichsgrößenbildung ein Gestaltungsspielraum zu. Er kann darüber entscheiden, anhand welcher Kriterien er die Vergleichsgrößen bestimmt. Das Gesetz gibt nicht vor, ob der Tagesdosis, der Einzeldosis oder aber einer gänzlich anderen geeigneten Vergleichsgröße der Vorrang gebührt (BSG, Urt. v. 17. September 2013 - B 1 KR 54/12 R - juris Rn. 56). Die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob der Beigeladene hierbei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachtet hat, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen. Die vom Beigeladenen hier gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke, die jedem Wirkstoff einen bestimmten Zahlenwert zuweist, ist nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich geeignet, eine sachgerechte mengenbezogene Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Wirkstoffen herzustellen (BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R – juris Rn. 57). Diese Vergleichsgröße bildet ab, was bezogen auf den Wirkstoff über alle seine Anwendungsgebiete und erfassten Versicherten hinweg als errechnete Durchschnittsdosis je Verordnung erforderlich ist, um das erfasste Patientenkollektiv therapeutisch wirksam zu behandeln. Hierbei werden die jeweiligen Packungsgröße-Wirkstärke-Kombinationen einer Grundeinheit (Standardpackung) gegenübergestellt, der ein Festbetrag zugewiesen wird. Da eine Verordnung keine Indikation enthält, kann es immer nur eine Vergleichsgröße je Wirkstoff geben. Die unterschiedlichen Packungsgrößen mit unterschiedlichen Wirkstärken werden auf diesem Weg grundsätzlich sachgerecht miteinander vergleichbar. Auch soweit der Beigeladene bestrebt gewesen ist, unterschiedliche Applikationsfrequenzen der in einer Festbetragsgruppe zusammengefassten Wirkstoffe bei der Bildung einer Vergleichsgröße durch die Einführung eines Applikationsfaktors entsprechend den Regelungen in § 2 Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO abzubilden, hat er das zu billigende Ziel verfolgt, eine Vergleichbarkeit der Wirkstoffe herzustellen. Ob die Voraussetzungen der Anwendung dieser Regelungen gegeben sind, musste er nach seinem Verfahrensrecht nicht erneut prüfen, da er sich nach § 7 der Anlage 1 zum 4. Kapitel der VerfO auf eine rechnerische Anpassung beschränken durfte.

Der Beigeladene hat für die Ermittlung der Vergleichsgröße danach auf eine grundsätzlich anerkannte Methodik zurückgegriffen. Auch die Voraussetzungen, unter denen die Methodik zu sachgerechten Ergebnissen führt, sind nach Einschätzung des Senats grundsätzlich gegeben: So haben alle in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Wirkstoffe mit der Prophylaxe tiefer Venenthrombosen und der Therapie tiefer Venenthrombosen zwei (Haupt-)Anwendungsgebiete gemeinsam. Auch gibt es ausweislich der den betroffenen Arzneimitteln beigegebenen Fachinformationen unterschiedliche Applikationsfrequenzen: So soll Mono-Embolex® mit dem Wirkstoff Certoparin zur Therapie ausschließlich 2mal täglich (alle 12 Stunden) genommen werden (ebenso wie der Wirkstoff Enoxaparin), während für den Wirkstoff Tinzaparin auch zur Therapie lediglich eine einmal tägliche Anwendung erfolgen soll und für die Wirkstoffe Dalteparin, Nadroparin und Reviparin beide Möglichkeiten eröffnet werden ... Das lässt die Annahme zutreffend erscheinen, dass Certoparin häufiger als andere Wirkstoffe appliziert wird, wenn es zu Therapiezwecken eingesetzt wird.

Die Antragstellerin macht dazu geltend, dass es aus besonderen Gründen bei der Vergleichsgrößenbildung zu sie belastenden Verzerrungen gekommen sei. Solche Verzerrungen hält der Senat aber nicht für eindeutig und offensichtlich gegeben. Zwar ist im Ausgangspunkt richtig, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Bildung von Vergleichsgrößen nur dann zu einer richtigen Aussage führen kann, wenn die Gesamtanwendungsgebiete der Wirkstoffe in ihrer jeweiligen tatsächlichen Breite im Wesentlichen vergleichbar sind, weil nur so sichergestellt ist, dass annähernd gleiche Sachverhalte verglichen werden (BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R – Rn. 61). Deswegen erwachsen Zweifel an der Sachgerechtigkeit der Methode und ihrer Ergebnisse, wenn die Anwendungsgebiete der in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Arzneimittel nicht deckungsgleich sind, für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete eine Therapie mit unterschiedlichen Wirkstärken erforderlich sind und die betroffenen Arzneimittel in erheblichem Umfang in den unterschiedlichen Anwendungsgebieten verordnet würden. Der Beigeladene muss in Fällen, in denen sich Zweifel der aufgezeigten Art aufdrängen, er aber dennoch der Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke folgen will, das rechnerisch gefundene Ergebnis im Wege einer "intellektuellen Prüfung" daraufhin überprüfen, ob die Gleichbehandlung gleichwohl auf einem einleuchtenden Grund beruht und gegebenenfalls nach Wegen suchen, um eine sachwidrige Gleichbehandlung zu vermeiden (BSG v. 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R – Rn. 62).

Die Berufung der Antragstellerin auf diese Rechtsprechung überzeugt nicht. Soweit die Antragstellerin gegen die Vergleichbarkeit einwendet, dass die Wirkstoffe in weit unterschiedlicher Ausprägung entweder zur Therapie oder zur Prophylaxe verordnet werden, übersieht sie, dass Voraussetzung für die Verzerrungsrechtsprechung des BSG gewesen ist, dass die in einer Festbetragsgruppe zusammen gefassten Wirkstoffe für unterschiedliche Anwendungsgebiete zugelassen gewesen sind. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass dem gleichsteht, wenn bestimmte Medikamente nur tatsächlich überwiegend für bestimmte Anwendungsgebiete eingesetzt werden. Denn die ausweislich der Zulassung übereinstimmenden Anwendungsgebiete deuten auf eine therapeutische Austauschbarkeit der Wirkstoffe hin, welche durch die Bildung von Festbeträgen eher gefördert werden soll. Die Festbetragsgruppen sind gerade nicht anwendungsbezogen definiert, so dass eine Vergleichbarkeit der Wirkstoffe über alle (zugelassenen) Anwendungsgebiete hergestellt werden soll. Damit wäre nicht zu vereinbaren, wenn nur die Verordnungen in die Berechnung der Vergleichsgrößen eingestellt werden, die für bestimmte therapeutische Zwecke erfolgen.

Auch die Festsetzung des Applikationsfaktors für Certoparin kann nicht als offensichtliche Verzerrung angesehen werden. Der Beigeladene geht nicht willkürlich vor, wenn er sich bei der Bestimmung des Applikationsfaktors auf die den Arzneimitteln jeweils zugeordnete Fachinformation stützt. Zuzugeben ist der Antragstellerin zwar, dass der Beigeladene bei der Bestimmung des Applikationsfaktors den bisherigen Weg verlässt, die Vergleichsgröße orientiert an dem tatsächlichen Verordnungsverhalten zu ermitteln. Das ist aber deswegen gerechtfertigt, weil die Zahl der Applikationen von der Indikation abhängt und den Verordnungen nicht entnommen werden kann, für welche Indikation sie erfolgen. Weil es um die Vergleichbarkeit aller Wirkstoffe untereinander geht, reicht auch nicht aus, dass – wie von der Antragstellerin vorgetragen – bei dem Wirkstoff Certoparin sich im Wesentlichen schon aus der verordneten Packungsgröße ergibt, für welche Indikation seine Verordnung erfolgt ist. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass dies gleichermaßen für alle der Festbetragsgruppe angehörenden Wirkstoffe der Fall ist. Der Beigeladene weicht demnach wohl mit Recht auf andere Erkenntnisquellen aus. Es besteht auch ein Sachzusammenhang. Wenn sich der Fachinformation mit Bezug zu dem Wirkstoff Certoparin entnehmen lässt, dass Certoparin zu Therapiezwecken zweimal täglich appliziert werden muss und Certoparin auch tatsächlich zu Therapiezwecken eingesetzt wird, erscheint der Schluss nachvollziehbar, dass bei der Verwendung von Certoparin jedenfalls in einem bestimmten Umfang eine zweimal tägliche Applikation erfolgt, welche ihren Niederschlag in einem zuzuordnenden Applikationsfaktor finden kann.

Offen bleibt dabei letztlich, in welchem Umfang Certoparin tatsächlich zweimal täglich appliziert wird. Der Beigeladene hat den bestehenden Ungewissheiten in gewissem Umfang Rechnung getragen indem er den Applikationsfaktor für Certoparin unter Berücksichtigung einer Standardapplikationsfrequenz ermittelt hat. Der zugewiesene Faktor von 1,3 drückt gerade nicht die Annahme aus, dass (allein) Certoparin in der Hälfte aller Verordnungsfälle zur Therapie eingesetzt wird und eine Applikation zweimal täglich erfolgt. Eine Verzerrung würde die Antragstellerin nur nachweisen, wenn sie darlegen könnte, dass die zweimal tägliche Applikation von Certoparin tatsächlich weitaus weniger häufig erfolgt, als von dem Beigeladenen bei der Bestimmung der Vergleichsgröße angenommen. Das ist ihr indessen nicht gelungen. Ihre Vermutung, dass Certoparin bei der Behandlung von nierenkranken Patienten auch zur Therapie nur einmal täglich gegeben wird, reicht dafür nicht aus. Weder ist die Anzahl aller Patienten glaubhaft gemacht, denen Certoparin zur Therapie verordnet worden ist, noch welchen Anteil die nierenkranken Patienten an dieser Gruppe haben. Die Antragstellerin möchte mit diesem Hinweis im Kern die vom Beigeladenen verwendete Methodik für die Bestimmung des Applikationsfaktors verbessern. Dabei verkennt sie aber, dass die Auswahl insoweit Sache des Beigeladenen ist und sie selbst auf eine Ergebniskontrolle beschränkt wird.

Eine Verzerrung wird schließlich nicht dadurch hinreichend belegt, dass auf die die Notwendigkeit der begleitenden Gabe von oralen Antikoagulantien bei bestimmten Wirkstoffen hingewiesen wird. Die Frage, ob durch die Verwendung eines bestimmten Wirkstoffes Folgekosten entstehen, weil der Einsatz anderer ergänzender Medikamente erforderlich wird, steht zunächst außerhalb des Verfahrens der Festbetragsbildung. Zuzugeben ist der Antragstellerin, dass es mit dem Gerechtigkeitsdenken nur schwer vereinbar wäre, wenn Einsparungen nicht berücksichtigt werden würden, welche durch die Verwendung bestimmter Wirkstoffe an anderer Stelle entstehen. Die grundsätzliche Frage, inwieweit und auf welchem Wege solche Einsparungen aus Billigkeitsgründen in die Berechnung von Festbeträgen eingehen müssen, kann aber nicht Gegenstand eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sein. Im Übrigen ist nicht glaubhaft gemacht, dass Certoparin tatsächlich ein Einsparpotenzial hat. Nach der Stellungnahme des Beigeladenen werden bei einer Versorgung mit Certoparin die oralen Antikoagulantien nur später gegeben, so dass keine dauerhafte Einsparung sondern nur eine zeitliche Verschiebung der entstehenden Kosten in Frage steht.

Nach alledem war der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Absatz 1 Satz 1 SGG iVm §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat ist dabei von dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der angegriffenen Festbetragsfestsetzung ausgegangen, das sie in Höhe von rund 6,389 Mio EUR beziffert hat. Da vorliegend nur eine vorläufige Regelung erstritten werden sollte, war nur die Hälfte des Betrages anzusetzen, der nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG auf den Maximalstreitwert in Höhe von 2,5 Mio zu kürzen war.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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